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Unschärferelation - Störungen beim Messvorgang
 
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Matthias Mauderer



Anmeldungsdatum: 29.06.2017
Beiträge: 1

Beitrag Matthias Mauderer Verfasst am: 29. Jun 2017 13:34    Titel: Unschärferelation - Störungen beim Messvorgang Antworten mit Zitat

Meine Frage:
In den letzten Tagen habe ich versucht, mir ein klares Bild von Heisenbergs Unschärferelation zu machen. Irgendwie hat das nicht funktioniert. Vielmehr habe ich jetzt das Gefühl, dass ich noch viel weniger weiß als vor meiner Surf-Tour. Die Gründe dafür kann ich benennen, was ich im Folgenden versuchen werde. Ich hoffe, in diesem Forum einige Guides im Dschungel der Unschärferelation zu finden.
Hauptsächlich habe ich mich mit der Frage beschäftigt, ob die Unbestimmtheit von beispielsweise Ort und Geschwindigkeit eine intrinsische Eigenschaft der Materie ist, oder ob es sich dabei um eine Störung bei der Messung handelt, die eine der beiden Eigenschaften (Ort / Geschwindigkeit) bei der Messung beeinflusst und so deren gleichzeitige Messung unmöglich macht.

In einem im Juni 2016 erschienenen Artikel auf der Seite www.phys.org mit dem Titel ?Experimental test verifies Heisenberg?s measurement uncertainty principle ist Folgendes zu lesen:

?His [Heisenberg?s] original proposal was somewhat different than how it is interpreted today. [?} Heisenberg?s original statement was about error and disturbance in a measurement process. Over the years, however, Heisenberg?s original proposal has been restated in terms of the uncertainties intrinsic to quantum states. This aspect of the uncertainty principle has been studied extensively with well-developed theories and verified experimentally.?

Es scheint also zwei Formulierungen der Heisenberg?schen Unschärferelation zu geben. Die ein beschäftigt sich mit der einem Quantenzustand intrinsischen Unbestimmtheit (HUP), während die andere sich mit Störungen bei der Messung beschäftigt (MDR). Der Text verweist auf experimentelle Nachweise dieser intrinsischen Unbestimmtheit von Quantenzuständen, nennt aber nichts Genaueres. Welche Experimente weisen tatsächlich die intrinsische Unbestimmtheit nach?

Weiter heißt es im Text:

?In his original proposal, Heisenberg predicted a tradeoff between error and disturbance. He suggested that when a gamma-ray microscope measures the position of an electron, the measurement inevitably disturbs the electron?s momentum. The smaller the measurement error, the larger the disturbance, and vice versa.?

Mittlerweile habe ich schon häufig gelesen, dass das Gedankenexperiment von Heisenberg?s Mikroskop sehr ungeeignet ist, um die Unbestimmtheit zu verstehen, da dieses im Prinzip Vorgänge in einem klassischen System beschreibt. Offensichtlich gibt es aber heute noch Physiker, die sich mit dem Störprozess bei Messungen beschäftigen (Jiangfeng Du et. al.: ?Experimental Test of Heisenberg?s Measurement Uncertainty Relation Based on Statistical Distances?).

Wenn aber doch die intrinsische Unbestimmtheit von Quantenzuständen experimentell nachgewiesen wurde, warum beschäftigen sich dann heute noch Physiker mit der irreführenden Sichtweise von Störungen im Messprozess? Was hat Heisenberg mit den Störungen im Messprozess gemeint, wenn es doch in der Natur der Materie liegt, dass diese unbestimmt ist? Die Unbestimmtheit liegt dann doch nicht im Messprozess begründet.

Die einzige sinnvolle Erklärung für mich ist diese, dass mit der Rede von Störungen nicht gemeint ist, dass man durch die Messung einer Messgrösse (Z.B. Geschwindigkeit) die andere Messgrösse (z.B. Ort) stört, so dass diese nicht mehr gemessen werden kann (aber objektiv vorhanden ist). Vielmehr stört man durch die Messung den ganzen Quantenzustand, so dass man die Überlagerung (Superposition) von den beiden Messgrössen (Geschwindigkeit / Ort) stört, wodurch eine Messgrösse übrig bleibt. Die andere ist im Prinzip objektiv nicht vorhanden.

Warum aber das Gedankenexperiment mit dem Mikroskop? Hat Heisenberg, als er das Experiment aufstellte, noch an einer klassischen Erklärung der quantenmechanischen Vorgänge festgehalten?

Ich freue mich auf viele Antworten und Ratschläge, die mir auf meinem Weg durch den Dschungel weiterhelfen. Die Fragen sind durchgängig im ganzen Text verteilt.

Vielen Dank.

Meine Ideen:
Meine Ideen stehen bereits im oberen Text und sind im Fliesstext eingefügt.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 29. Jun 2017 20:16    Titel: Antworten mit Zitat

Matthias Mauderer hat Folgendes geschrieben:

Hauptsächlich habe ich mich mit der Frage beschäftigt, ob die Unbestimmtheit von beispielsweise Ort und Geschwindigkeit eine intrinsische Eigenschaft der Materie ist, oder ob es sich dabei um eine Störung bei der Messung handelt, die eine der beiden Eigenschaften (Ort / Geschwindigkeit) bei der Messung beeinflusst und so deren gleichzeitige Messung unmöglich macht.


Obwohl gern zur Veranschaulichung verwendet, paßt die präzise Formulierung der Unschärferelation überhaupt nicht zu der Interpretation als Störeffekt (mehr dazu weiter unten).

Vielmehr handelt es sich um das Phänomen, daß es in jedem Zustand irgendeine Observable gibt, deren Meßwerte unkontrollierbaren Schwankungen unterliegen, also nicht mit beliebiger Präzision vorhergesagt werden können, selbst wenn die Wellenfunktion exakt bekannt ist.

Dies hat mit einer Störung durch eine vorausgehende Messung nichts zu tun, denn der Effekt tritt auch auf, wenn ich nach jeder Messung den Zustand wegwerfe und den Ausgangszustand neu präpariere.

Trotzdem wird dir niemand mit absoluter Sicherheit beantworten können, ob es sich bei dieser Unbestimmtheit um eine "intrinsische" Eigenschaft der Materie handelt oder um etwas anderes. (Eine Störung durch Messung ist nebenbei bemerkt nicht die einzige logische Alternative.) Die Möglichkeit, daß die Wellenfunktion keine vollständige Beschreibung des Zustands liefert, und somit die Unbestimmtheit auf die Unkenntnis weiterer ("versteckter") Parameter zurückzuführen ist, wurde intensiv untersucht (in theoretischer Hinsicht besonders von Bohm und Bell). Ausgeschlossen ist, daß sich die Auswirkung solcher Parameter auf Meßergebnisse irgendwie lokal beschränken ließe oder eine maximale Ausbreitungsgeschwindigkeit hätte, sie sich also so verhalten wie es von der Relativitätstheorie nahegelegt wird. (Ein wichtiges Experiment dazu stammt von Aspect et al.) Dies macht diese Option nicht gerade populärer und die Neigung der meisten Physiker dürfte deshalb schon eher in Richtung "intrinsische" Unsicherheit gehen.

Zitat:
Welche Experimente weisen tatsächlich die intrinsische Unbestimmtheit nach?


Ich kann dir leider keine tatsächlichen Experimente nennen, aber prinzipiell ist es nicht kompliziert sich so ein Experiment auszudenken: Betrachte zum Beispiel zwei hintereinander geschaltete Stern-Gerlach-Apparate: der erste präpariert fortlaufend Teilchen mit festem Spin 1/2 in z-Richtung, der zweite mißt abwechselnd den Spin in x- oder in y-Richtung, sagen wir je 1000 mal. Jetzt berechnest du die empirische Standardabweichung dieser x-Spins und y-Spins und das Produkt muß (unter Berücksichtigung der Meßfehler, der endlichen Stichprobengröße, etc.) größer als sein.

Zitat:

Weiter heißt es im Text:

?In his original proposal, Heisenberg predicted a tradeoff between error and disturbance. He suggested that when a gamma-ray microscope measures the position of an electron, the measurement inevitably disturbs the electron?s momentum. The smaller the measurement error, the larger the disturbance, and vice versa.?


Das ist mysteriös. Die beiden Unschärfen haben exakt dieselbe Bedeutung: es handelt sich um die Standardabweichungen der jeweiligen Observablen in ein und demselben Zustand. Ich sehe keine Grundlage für diese Asymmetrie, nach der eines davon eine Meßunsicherheit und das andere die Größe eines Störeffekts sein soll.

Zitat:

Mittlerweile habe ich schon häufig gelesen, dass das Gedankenexperiment von Heisenberg?s Mikroskop sehr ungeeignet ist, um die Unbestimmtheit zu verstehen, da dieses im Prinzip Vorgänge in einem klassischen System beschreibt. Offensichtlich gibt es aber heute noch Physiker, die sich mit dem Störprozess bei Messungen beschäftigen (Jiangfeng Du et. al.: ?Experimental Test of Heisenberg?s Measurement Uncertainty Relation Based on Statistical Distances?).


Dazu kann ich mangels Kenntnis des papers nichts sagen.

Zitat:

Wenn aber doch die intrinsische Unbestimmtheit von Quantenzuständen experimentell nachgewiesen wurde, warum beschäftigen sich dann heute noch Physiker mit der irreführenden Sichtweise von Störungen im Messprozess? Was hat Heisenberg mit den Störungen im Messprozess gemeint, wenn es doch in der Natur der Materie liegt, dass diese unbestimmt ist? Die Unbestimmtheit liegt dann doch nicht im Messprozess begründet.

Die einzige sinnvolle Erklärung für mich ist diese, dass mit der Rede von Störungen nicht gemeint ist, dass man durch die Messung einer Messgrösse (Z.B. Geschwindigkeit) die andere Messgrösse (z.B. Ort) stört, so dass diese nicht mehr gemessen werden kann (aber objektiv vorhanden ist). Vielmehr stört man durch die Messung den ganzen Quantenzustand, so dass man die Überlagerung (Superposition) von den beiden Messgrössen (Geschwindigkeit / Ort) stört, wodurch eine Messgrösse übrig bleibt. Die andere ist im Prinzip objektiv nicht vorhanden.


Nein, es ist auch keine Störung des gesamten Quantenzustands gemeint. Denn, wie gesagt, beziehen sich die beiden Unschärfen auf denselben Zustand.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jun 2017 08:33    Titel: Antworten mit Zitat

Ich denke, es gibt drei Sichtweisen.

1) Historisch hat Heisenberg das Bild des Gammastrahlen-Mikroskops verwendet, um zu erklären, warum Ort und Impuls nicht gleichzeitig scharf gemessen werden können (da diese Messung unweigerlich zu einer Störung führt, die gerade verhindert). Heisenberg hat dies m.W.n. nie konkret berechnet (wozu es der QED bedarf, die z.Zt. seiner Argumentation noch nicht formuliert war). Da dieses Bild auf Heisenberg zurückgeht, nennt man dies die Heisenbergsche Unschärfenrelation.

2) Einige Jahre später wurden die Unschärfenrelationen für nicht-vertauschende Observable mathematisch streng bewiesen (nicht von Heisenberg, sondern durch von Neumann; die Namensgebung nach Heisenberg blieb aber erhalten). In dieser Form handelt es sich bei der Unschärfe um eine Eigenschaft des mathematischen Zustandsvektors aufrund der Geometrie des Hilbertraumes und der darauf konstruierten selbstadjungierten Operatoren. Eine Messung wird in diesem Zusammenhang nicht diskutiert. Ob eine Eigenschaft des mathematischen Zustandsvektors nun auch einer realen Eigenschaft des physikalischen Systems entspricht ist eine philosophische Frage; viele Verfechter der QM (allen voran Bohr) lehnten (und lehnen es immer noch) ab, von nicht beobachtbaren Größen so zu sprechen, als ob diese tatsächlich real vorliegen würden (man kann das auch anders sehen). Wenn man dann aber von der Unschärfe des Zustandes ohne das Vorliegen einer Messung spricht, dann bedeutet dies zum einen, dass man eben eine philosophische Diskussion führt, und zum anderen, dass man dies gerade nicht experimentell entscheiden kann.

3) Und last-but-not-least kann man tatsächlich Unschärfenrelationen für die Messung selbst diskutieren. Soweit ich weiß (ich bin da kein Experte) erhält man teilweise von der Heisenbergschen Unschärfenrelation abweichende Ungleichungen.

M.E. sollte man (1) heute nicht mehr alleine darstellen, sondern im Wesentlichen (2) diskutieren - sowie auf den historischen Kontext (1) verweisen.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 02. Jul 2017 17:12    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

In dieser Form handelt es sich bei der Unschärfe um eine Eigenschaft des mathematischen Zustandsvektors aufrund der Geometrie des Hilbertraumes und der darauf konstruierten selbstadjungierten Operatoren. Eine Messung wird in diesem Zusammenhang nicht diskutiert. Ob eine Eigenschaft des mathematischen Zustandsvektors nun auch einer realen Eigenschaft des physikalischen Systems entspricht ist eine philosophische Frage;


Wie meinst du das? Messungen werden in diesem Zusammenhang durchaus diskutiert (unter anderem, wenn auch vollkommen unbedarft, von mir oben), und auch durchgeführt: Inzwischen bin ich auf die Beschreibung eines realen Experiments gestoßen, in dem mittels der Unschärferelation aus der Temperatur eines Festkörpers eine untere Grenze der Ortsunschärfe seiner Gitteratome abgeleitet wurde (Jauch, "Heisenberg's Uncertainty Relation and Thermal Vibrations in Crystals".) Die Ortsmessung der Atome mittels Neutronenstreuung hat eine deutlich höhere Genauigkeit als und erlaubt somit die Vorhersage der Unschärferelation experimentell zu prüfen. Die Impulsunschärfen hängen übrigens direkt mit der mittleren kinetischen Energie der Atome



und folglich mit der Temperatur zusammen, stellen also eine sehr reale Eigenschaft dar, die auch ziemlich direkt gemessen werden kann. Dies läßt m.E. kaum Spielraum für abweichende philosophische Ansichten.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jul 2017 22:58    Titel: Antworten mit Zitat

Ganz einfach:

Die mathematisch hergeleitete Unschärfe ist eine mathematische Eigenschaft des Zustandsvektors als mathematischen Objektes.

Die physikalisch gemessene Unschärfe ist eine physikalische Größe, die im Zuge einer Messung ermittelt wird. Ohne bzw. vor einer Messung existiert diese physikalisch gemessene Unschärfe nicht.

Setzt man den mathematischen Zustandsvektor als treue Beschreibung des physikalischen Zustandes eines Systems, dann ist die Identifizierung der mathematisch hergeleiteten mit der physikalisch gemessene Unschärfe die logische Konsequenz.

Aber es zwingt einen niemand, dies zu tun. Setzt man eine rein instrumentalistische Interpretation an, so wird der mathematische Zustandsvektor nicht als treue Beschreibung des physikalischen Zustandes eines Systems vor der Messung aufgefasst, sondern lediglich als Werkzeug zur Berechnung von Messwerten. Ähnlich verhält es sich mit der Ensemble-Interpretation, in der der Zustandsvektor überhaupt keinen Bezug zu einem einzelnen Quantensystem aufweist. Damit entfällt die Identifizierung von mathematischem Zustandsvektor und physikalischem Zustand vor der Messung. Und damit kann man nicht mehr davon sprechen, dass das physikalische System selbst diese Unschärfe unabhängig von einer Messung hat; insbs. kann man ohne Messung prinzipiell nicht überprüfen, was ohne bzw. vor einer Messung physikalisch der Fall war. Man kann lediglich davon sprechen, dass sich diese Unschärfe im Zuge einer Messung zeigt.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 04. Jul 2017 21:47    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ganz einfach:

Die mathematisch hergeleitete Unschärfe ist eine mathematische Eigenschaft des Zustandsvektors als mathematischen Objektes.

Die physikalisch gemessene Unschärfe ist eine physikalische Größe, die im Zuge einer Messung ermittelt wird. Ohne bzw. vor einer Messung existiert diese physikalisch gemessene Unschärfe nicht.


Diese Behauptung ("existiert vor der Messung nicht") erscheint mir nur bei solchen meßbaren Größen sinnvoll, die eben durch den Zustand nicht determiniert sind. Ansonsten kann man natürlich immer behaupten, irgendein berechneter Wert hätte so lange nichts mit der Realität zu tun, wie keiner nachmißt. (So, wie der Mond, der angeblich nicht da ist, wenn keiner hinsieht.)

Zitat:

Setzt man den mathematischen Zustandsvektor als treue Beschreibung des physikalischen Zustandes eines Systems, dann ist die Identifizierung der mathematisch hergeleiteten mit der physikalisch gemessene Unschärfe die logische Konsequenz.


Wahr, in genau demselben Sinne, daß, wenn die Schöpfungsgeschichte stimmt, die Falschheit großer Teile der Naturwissenschaften die logische Konsequenz ist. Soll heißen: die Voraussetzung erscheint mir so derart abwegig und ernsthafte Einwände zu vernachlässigen, daß ich nicht weiß warum man sie ernst nehmen sollte.

Ihre logische Konsequenz kann dafür nicht ausreichen, denn diese formuliert nur, was sowieso kein vernünftiger Mensch bestreiten sollte: Daß nämlich eindeutige und bestätigte Vorhersagen einer Theorie Aussagen über die Realität sind. Andererseits opfert sie wesentliche Teile des klassischen realistischen Weltbildes. Denn sie knüpft scheinbar keinerlei Bedingungen an diesen Zustandsvektor, auf Basis deren man die Vollständigkeit seiner Beschreibung beurteilen könnte. Wenn also jeglicher Zustandsvektor als treue Beschreibung der Realität gilt, dann existiert folglich kein Element der Realität, welches durch den Zustand nicht determiniert wird. Das heißt so viel wie: Was ich nicht beschreibe, existiert auch nicht. Dies als Voraussetzung zu verwenden, finde ich völlig inakzeptabel. Man kann nur anhand dessen, was der Zustandsvektor beschreibt und was er ausläßt, entscheiden ob man seine Beschreibung als treu akzeptiert oder nicht.

Zitat:

Aber es zwingt einen niemand, dies zu tun. Setzt man eine rein instrumentalistische Interpretation an, so wird der mathematische Zustandsvektor nicht als treue Beschreibung des physikalischen Zustandes eines Systems vor der Messung aufgefasst, sondern lediglich als Werkzeug zur Berechnung von Messwerten.


Du vergißt m.E. die Möglichkeit unvollständiger Beschreibungen. Diese können realistisch, nicht-realistisch, instrumentalistisch, ... aufgefaßt werden.

Zitat:

Ähnlich verhält es sich mit der Ensemble-Interpretation, in der der Zustandsvektor überhaupt keinen Bezug zu einem einzelnen Quantensystem aufweist. Damit entfällt die Identifizierung von mathematischem Zustandsvektor und physikalischem Zustand vor der Messung. Und damit kann man nicht mehr davon sprechen, dass das physikalische System selbst diese Unschärfe unabhängig von einer Messung hat;


Ein individuelles System hat weder abhängig noch unabhängig von einer Messung eine Unschärfe. Die Unschärfe ist natürlich eine Eigenschaft eines Ensembles von individuellen Systemen, so wie jede statistische Größe. Man spricht ja auch nicht davon, daß jeder individuelle IQ eine Unschärfe von 15 Punkten hat, nur weil dies der Varianz der gesamten Population entspricht. Im Gegenteil, so eine Aussage würde mit ziemlicher Sicherheit als falsch oder sinnlos angesehen werden.

Das Grundproblem der Ensemble-Interpretation ist allerdings, daß sie nicht verrät, woraus das Ensemble besteht, sondern nur welche statistischen Eigenschaften es hat.

Zitat:

insbs. kann man ohne Messung prinzipiell nicht überprüfen, was ohne bzw. vor einer Messung physikalisch der Fall war. Man kann lediglich davon sprechen, dass sich diese Unschärfe im Zuge einer Messung zeigt.


Keine Interpretation kann für alle meßbaren Größen und ohne jegliche Messung vorhersagen was der Fall ist. Jede Interpretation kann dies aber für alle durch determinierten Größen tun.
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