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Auffahrunfall PKW auf LKW
 
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Maverick666
Gast





Beitrag Maverick666 Verfasst am: 21. Jun 2017 19:40    Titel: Auffahrunfall PKW auf LKW Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo zusammen,

ich habe folgendes Szenario für euch:

Ein PKW fährt mit 160km/h ungebremst auf einen 80 km/h schnell fahrenden LKW (40t). Wäre der Aufprall in etwa vergleichbar mit einem Aufprall mit einem PKW gegen eine Mauer bei 80 km/h ?
Inwieweit ist es ein Vorteil, dass der LKW selbst in Bewegung ist?

Danke für eure Hilfe!

Meine Ideen:
Mein Gefühl sagt mir nämlich, dass ich lieber in dem PKW sitze, der mit 160 auf den fahrenden LKW fährt als in dem, der mit 80 auf die Mauer zufährt. Wir können dabei auch davon ausgehen, dass die Mauer genau soviel nachgibt, wie der LKW.
GvC



Anmeldungsdatum: 07.05.2009
Beiträge: 14861

Beitrag GvC Verfasst am: 21. Jun 2017 22:34    Titel: Antworten mit Zitat

Maverick666 hat Folgendes geschrieben:
Mein Gefühl sagt mir nämlich, dass ich lieber in dem PKW sitze, der mit 160 auf den fahrenden LKW fährt als in dem, der mit 80 auf die Mauer zufährt.


Das wünsch Dir lieber nicht. Wenn Du mit 160 km/h auf den 80km/h schnellen Lkw auffährst, steht etwa dreimal soviel Energie für die Verformung Deines Pkw zur Verfügung wie wenn Du mit 80 km/h gegen eine starre Mauer fährst.

Tatsächlich wird es etwas weniger als dreimal so viel sein, das hängt von der Masse Deines Pkw und der hinteren "Knautschzone" des Lkw ab. Wenn Du aber mal annimmst, dass beide Fahrzeuge nach dem Aufprall mit 80km/h weiterfahren (tatsächlich sind es bei einer Pkw-Masse von 1,5t etwa 83 km/h) und am Lkw keine Verformung stattfindet, dann ist es genau dreimal so viel.

Das kannst Du selber unter Anwendung des Energieerhaltungssatzes leicht nachrechnen. Beim Aufprall auf eine starre Mauer wird die kinetische Energie des Pkw



in Verformungsenergie umgesetzt. Beim Aufprall mit 2*v1 auf einen starren mit v1 fahrenden Lkw wird die Differenz der kinetischen Energie des Pkw vorher und nachher in Verformungsenergie umgesetzt (die kinetische Energie des Lkw bleibt ja erhalten):



Welche der beiden Energieen verursacht wohl den größeren Schaden?
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3399

Beitrag ML Verfasst am: 21. Jun 2017 23:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

GvC hat Folgendes geschrieben:
Maverick666 hat Folgendes geschrieben:
Mein Gefühl sagt mir nämlich, dass ich lieber in dem PKW sitze, der mit 160 auf den fahrenden LKW fährt als in dem, der mit 80 auf die Mauer zufährt.


Das wünsch Dir lieber nicht. Wenn Du mit 160 km/h auf den 80km/h schnellen Lkw auffährst, steht etwa dreimal soviel Energie für die Verformung Deines Pkw zur Verfügung wie wenn Du mit 80 km/h gegen eine starre Mauer fährst.

bist Du sicher, dass die Energiebetrachtung hier aussagekräftig ist? Ich hätte gedacht, dass das eher so etwas wie ein Rechenartefakt der Art "die Energie(differenz) hängt eben vom Bezugssystem ab" ist.

Konkret hierauf bezogen
Zitat:

Welche der beiden Energieen verursacht wohl den größeren Schaden?

wäre meine These:
"Es kommt hier nicht ausschließlich auf die Energiedifferenz an. Bei den genannten Geschwindigkeiten braucht man eben auch das dreifache an Energie, um den gleichen Schaden anzurichten wie bei einem von 80 km/h auf 0 abgestoppten Objekt."

Wir betrachten die beiden Fälle:
a) Ein PKW, der eine Geschwindigkeit von 160 km/h zur Straße hat, fährt gegen einen 80 km/h schnellen LKW.
vs.
b) Ein PKW, der eine Geschwindigkeit von 80 km/h zur Straße hat, fährt gegen einen ruhenden LKW.

Meines Erachtens kann der PKW-Fahrer beim Aufprall die beiden Situationen zunächst nicht unterscheiden, da aus dem Bezugssystem des PKW-Fahrers betrachtet jeweils ein 80km/h schneller PKW von vorne auf ihn zurast.

Der wesentliche Unterschied ist m. E. vielmehr die zu erwartende Wechselwirkung mit der Straße und herumstehenden Schildern, Leitplanken, Bäumen etc. Aus Sicht des PKW-Fahrers ist der wesentliche Unterschied ja der, dass im Fall a) der Boden und die am Boden befestigten Gegenstände mit 160 km/h auf ihn zukommen, während diese Gegenstände sich im Fall b) "nur" mit 80 km/h auf ihn zu bewegen.
Und aus der Sicht ist der Fall b) dann nicht ganz so gefährlich.


Viele Grüße
Michael
as_string
Moderator


Anmeldungsdatum: 09.12.2005
Beiträge: 5786
Wohnort: Heidelberg

Beitrag as_string Verfasst am: 22. Jun 2017 08:17    Titel: Antworten mit Zitat

GvC hat Folgendes geschrieben:
Wenn Du mit 160 km/h auf den 80km/h schnellen Lkw auffährst, steht etwa dreimal soviel Energie für die Verformung Deines Pkw zur Verfügung wie wenn Du mit 80 km/h gegen eine starre Mauer fährst.

Glaubst Du ernsthaft, dass die vernichtete Energiemenge bei einem inelastischen Stoß vom verwendeten Bezugssystem abhängt???

GvC hat Folgendes geschrieben:
(tatsächlich sind es bei einer Pkw-Masse von 1,5t etwa 83 km/h)

Eben! Und die Energie der großen LKW-Masse bei 83km/h ist so viel größer als bei 80km/h, dass es locker 3/4 der ursprünglichen PKW-Energie schluckt!

GvC hat Folgendes geschrieben:

Und warum ignorierst Du hier die Geschwindigkeitssteigerung wieder? Und was ist mit der Energie, die im LKW steckt? Die ist vorher und hinterher dann auch nicht gleich!
Rechne mal richtig, dann wirst Du auch sehen, dass das Blödsinn ist!

Das Verwirrende ist häufig das mit der starren Wand. Wenn man statt dem LKW eine mit 80km/h fahrende starre Wand betrachten wollte, dann müsste man eine Grenzwertbetrachtung mit der Masse gegen unendlich machen. Ich habe das mal durchgeführt und was kommt raus: Lustigerweise gerade die kinetische Energie des mit 80km/h fahrenden PKW!
Rechnung kann ich gerne nachreichen, wenn ich etwas mehr Zeit habe...

Gruß
Marco
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3399

Beitrag ML Verfasst am: 22. Jun 2017 10:11    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

as_string hat Folgendes geschrieben:
GvC hat Folgendes geschrieben:
Wenn Du mit 160 km/h auf den 80km/h schnellen Lkw auffährst, steht etwa dreimal soviel Energie für die Verformung Deines Pkw zur Verfügung wie wenn Du mit 80 km/h gegen eine starre Mauer fährst.

Glaubst Du ernsthaft, dass die vernichtete Energiemenge bei einem inelastischen Stoß vom verwendeten Bezugssystem abhängt???

Ich habe sowas noch nie richtig durchgedacht. Lass uns mal ein etwas einfacheres Rechenmodell durchspielen, bei dem wir statt eines Stoßes einen Bremsvorgang betrachten. Hoffentlich rede ich jetzt nicht völligen Blödsinn.

Betrachtung aus dem System "ruhende Straße"
Betrachten wir den Fall, dass ein Fahrzeug mit der Masse zunächst mit auf der Straße fährt, anschließend mit bremst und nach zum Stehen kommt ().
Die in der Bremse vernichtete Energie beträgt: .

Proberechnung über :
Für den Weg gilt . Einsetzen von ergibt: . Mit ergibt sich die gleiche Energie.

Bezugssystemwechsel zum gestrichenen System "bewegte Straße"
Wir betrachten nun den gleichen Vorgang, stehen jedoch nicht auf der Straße, sondern rollen auf einem reibungsfrei gelagerten Fahrzeug mit der Anfangsgeschwindigkeit in die gleiche Richtung, in der das Auto fährt. Im gestrichenen gestrichenen Bezugssystem sagen wir dann aber: "Ich ruhe, die Straße bewegt sich unter mir fort" und halten diese Ansicht bei, egal, ob sich die Erde unter uns irgendwann mal schneller dreht.

Aus diesem Bezugssystem betrachtet fährt das Auto zunächst von uns aus mit weg und beschleunigt durch das Betätigen des Bremspedals schließlich auf . Der Vorgang dauert wie zuvor drei Sekunden. Durch das Betätigen des Bremspedals erhält das Auto eine kinetische Energie von . Diese Energiedifferenz ist natürlich viel größer als im ungestrichenen Bezugssystem und hat außerdem noch ein anderes Vorzeichen.
Auch mit kommt dieses Ergebnis m. E. heraus. Die Kraft ist gleich groß wie zuvor, bloß der innerhalb der 3s zurückgelegte Weg ist größer.
Neben der Energie zum (betragsmäßigen) Beschleunigen erhält das Auto auch noch Energie zum Aufheizen der Bremsen.

Das klingt alles sehr unintuitiv, und es fragt sich, wo die Energie zum Beschleunigen des Wagens und dem Aufheizen der Bremse herkommt. M. E. liegt das aber nur daran, dass ich die (Rotations-)Energie der Erde nicht berücksichtigt habe.


Viele Grüße
Michael
as_string
Moderator


Anmeldungsdatum: 09.12.2005
Beiträge: 5786
Wohnort: Heidelberg

Beitrag as_string Verfasst am: 22. Jun 2017 13:24    Titel: Antworten mit Zitat

Warum nicht gleich allgemein?
Wenn die LKW-Geschwindigkeit ist und M die zugehörige Masse, der Geschwindigkeits-"überschuss" des PKW ist und m seine Masse. Dann ist die kin. Energie vorher:

Die kin Energie nachher (mit Ekin = p^2/(2m) ist das einfacher, weil ich da für den Gesamtimpuls gleich den Impuls von vorher einsetzen kann, der ja erhalten bleibt):

Davon dann die Differenz kommt man auf:

Da kommt aber gar kein v0 mehr vor, sondern nur noch das Delta-v. Daran ändert sich dann durch eine Grenzwertbetrachtung für M>>m auch nichts mehr. Da bleibt nur noch übrig.

Gruß
Marco
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