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Verständnisproblem kinetische Gastheorie
 
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MM95



Anmeldungsdatum: 16.01.2017
Beiträge: 55

Beitrag MM95 Verfasst am: 11. Mai 2017 14:52    Titel: Verständnisproblem kinetische Gastheorie Antworten mit Zitat

Hallo,

in der kinetischen Gastheorie ist die Temperatur definiert worden, als die durchschnittliche kinetische Energie aller Teilchen, bzw. als deren durchschnittliche Geschwindigkeit. Komprimiere ich nun ein ideales Gas, steigt die Temperatur, also auch die mittlere Geschwindigkeit. Nur ist jetzt meine Frage: Ist der Anstieg der Temperatur nicht Folge des nun höheren Druckes, da ich jetzt die gleiche mittlere Geschwindigkeit habe, aber auf eine Fläche pro Zeit mehr Kollisionen, also höheren Druck? Bzw. danach dürfte die Temperatur nicht steigen, sondern nur der Druck. Mein Überlegung dazu war folgende: Angenommen man hat ein Thermometer und man hält dieses in ein abgeschlossenes Gefäß, mit nur sehr wenigen Teilchen (z.B. einem Teilchen pro cm³). Es finden nun so wenige Kollisionen zwischen Thermometer und Teilchen des Gases im Behälter statt, dass ich sowas wie eine Temperatur gar nicht oder kaum messen könnte. Erhöhe ich nun die Dichte auf z.B. 10^6 Teilchen/cm³, und wäre die durchschnittliche kinetische Energie die gleiche, wie beim Temperaturmessen mit geringer Dichte, so fänden mehr Kollisionen pro Zeit statt und ich würde auch eine höhere Temperatur messen. Ergo hängt die Temperatur von der Dichte UND der durchschnittlichen kinetischen Energie ab. Dann wären aber die Begriffe Druck und Temperatur mehr oder weniger das selbe. Wo liegt mein Denkfehler?

Grüße grübelnd
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5866

Beitrag Myon Verfasst am: 11. Mai 2017 15:12    Titel: Re: Verständnisproblem kinetische Gastheorie Antworten mit Zitat

MM95 hat Folgendes geschrieben:
Erhöhe ich nun die Dichte auf z.B. 10^6 Teilchen/cm³, und wäre die durchschnittliche kinetische Energie die gleiche, wie beim Temperaturmessen mit geringer Dichte, so fänden mehr Kollisionen pro Zeit statt und ich würde auch eine höhere Temperatur messen. Ergo hängt die Temperatur von der Dichte UND der durchschnittlichen kinetischen Energie ab. Dann wären aber die Begriffe Druck und Temperatur mehr oder weniger das selbe. Wo liegt mein Denkfehler?


Nein, wenn Du die Dichte erhöhst, misst Du keine höhere Temperatur mit dem Thermometer. Durch die höhere Dichte kommt es allenfalls dazu, dass das Thermometer schneller die Temperatur des Gases annimmt, da mehr Kollisionen pro Zeit stattfinden und das thermische Gleichgewicht schneller erreicht ist. Solange aber das Gas wärmer ist als das Thermometer, übertragen die Gasmoleküle bei den Kollisionen mehr Impuls auf das Thermometer als umgekehrt, und das Thermometer erwärmt sich. Wenn die Wämekapazität des Thermometers gegenüber dem Gas vernachlässigbar ist, wird also die gleiche Temperatur angezeigt werden. Die Temperatur ist einzig ein Mass für die mittlere kinetische Energie der Gasteilchen.
Huggy



Anmeldungsdatum: 16.08.2012
Beiträge: 785

Beitrag Huggy Verfasst am: 11. Mai 2017 15:16    Titel: Re: Verständnisproblem kinetische Gastheorie Antworten mit Zitat

Da scheint bei dir einiges durcheinander zugehen:
MM95 hat Folgendes geschrieben:

in der kinetischen Gastheorie ist die Temperatur definiert worden, als die durchschnittliche kinetische Energie aller Teilchen

Richtig. Und in diese Definition geht die Anzahl der Teilchen nicht ein. Wenn man 1 Liter Kaffee mit 40 °C mit einem weiteren Liter Kaffee mit 40 °C zusammenschüttet, hat man zwar 2 Liter Kaffee, aber dessen Temperatur ist immer noch 40 °C und nicht 80 ° C. Das kann man leicht im Haushalt überprüfen.

Zitat:
Komprimiere ich nun ein ideales Gas, steigt die Temperatur, also auch die mittlere Geschwindigkeit. Nur ist jetzt meine Frage: Ist der Anstieg der Temperatur nicht Folge des nun höheren Druckes, da ich jetzt die gleiche mittlere Geschwindigkeit habe, aber auf eine Fläche pro Zeit mehr Kollisionen, also höheren Druck?

Nein!
Stell dir vor, das Gas befindet sich in einem Zylinder mit einem Kolben. Um das Gas zu komprimieren, wird der Kolben nach innen geschoben. Wenn nun Gasmoleküle auf diesen bewegten Kolben treffen, werden sie mit einer höheren Geschwindigkeit reflektiert, als wenn sie auf den unbewegten Kolben treffen würden. Es erhöht sich also die mittlere kinetische Energie der Gasmoleküle. Dadurch erhöht sich auch der Druck. Der Druck erhöht sich aber noch zusätzlich, weil jetzt pro Zeiteinheit mehr Moleküle auf die Umrandung des Volumens treffens.
MM95



Anmeldungsdatum: 16.01.2017
Beiträge: 55

Beitrag MM95 Verfasst am: 11. Mai 2017 18:07    Titel: Antworten mit Zitat

Ah ok danke smile

Thumbs up!

Eine Frage hätte ich dazu aber noch: Wenn die kinetische Energie aufgrund der nun höheren relativ-Geschwindigkeit der Teilchen zum Kolben und somit die Temperatur zunimmt, muss das heißen, dass die Geschwindigkeit desselben relativ hoch ist oder? Die Teilchen eines Gases bei beispielsweise 20° C haben doch ziemlich hohe Geschwindigkeiten...sagen wir einfach mal um die 1000 m/s. Der Kolben allerdings müsste doch, um auch nur annähend die Temperatur verändern zu können wenigstens etwas in die nähe dieser Zahl kommen. Wenn ich daran denke, ein Fahrradreifen aufzupumpen, dann ist die Geschwindigkeit des Kolbens in der Pumpe, gegenüber der Geschwindigkeit der Teilchen winzig. Wie kann eine dermaßende Diskrepanz dieser beiden Werte für eine trotzdem solch deutlich merkbare Temperaturveränderung verantwortlich sein?
Oder liegt das am Bernoullieffekt, das am Ventil die Strömungsgeschwindigkeit am stärksten zunimmt? Obwohl...diese Geschwindigkeitszunahme wäre immer noch extrem klein ggü. der Geschwindigkeit der Teilchen...Fragen über Fragen grübelnd Hammer

Grüße
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5866

Beitrag Myon Verfasst am: 11. Mai 2017 18:57    Titel: Antworten mit Zitat

Die Geschwindigkeit des Kolbens spielt gar keine Rolle, wenn in der Zeit der Bewegung keine Wärme mit der Umgebung ausgetauscht wird. Wenn der Kolben langsamer bewegt wird, so kollidiert jedes Teilchen entsprechend häufiger mit dem Kolben. Und da die mittlere Geschwindigkeit bei Raumtemperatur um die 500m/s ist, überlegt man sich leicht, dass ein Teilchen i.a. viele Kollisionen während der Kolbenbewegung vollführt.
MM95



Anmeldungsdatum: 16.01.2017
Beiträge: 55

Beitrag MM95 Verfasst am: 11. Mai 2017 19:12    Titel: Antworten mit Zitat

Mhm...also warum erhitzt sich nun ein Gas, wenn ich es schnell genug kompremiere? Bzw. warum kühlt es ab, wenn es expandiert? Tut mir leid, aber ich sehe es einfach nicht :/
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5866

Beitrag Myon Verfasst am: 11. Mai 2017 19:25    Titel: Antworten mit Zitat

Eben, da über die Kolbenbewegung die mittlere Geschwindigkeit der Gasteilchen erhöht wird - siehe auch Huggys Beitrag. Geschieht die Bewegung schnell, hat das Gas nicht die Möglichkeit, Wärme an die Umgebung abzugeben (adiabatischer Prozess), und die ganze Arbeit der Kolbenbewegung geht in die innere Energie des Gases.
MM95



Anmeldungsdatum: 16.01.2017
Beiträge: 55

Beitrag MM95 Verfasst am: 11. Mai 2017 20:19    Titel: Antworten mit Zitat

"Um das Gas zu komprimieren, wird der Kolben nach innen geschoben. Wenn nun Gasmoleküle auf diesen bewegten Kolben treffen, werden sie mit einer höheren Geschwindigkeit reflektiert, als wenn sie auf den unbewegten Kolben treffen würden. Es erhöht sich also die mittlere kinetische Energie der Gasmoleküle. "

"Wenn die kinetische Energie aufgrund der nun höheren relativ-Geschwindigkeit der Teilchen zum Kolben und somit die Temperatur zunimmt, ..."

"Die Geschwindigkeit des Kolbens spielt gar keine Rolle..."

"...da über die Kolbenbewegung die mittlere Geschwindigkeit der Gasteilchen erhöht wird... "

Ähm grübelnd
Wenn die Geschwindigkeit des Kolbens keine Rolle spielt, die Kolbenbewegung dann aber doch die Geschwindigkeit der Gasteilchen erhöht....worin liegt dann genau die Ursache dieser Geschwindigkeitszunahme? Ich bin wohl etwas schwer von Begriff grübelnd
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5866

Beitrag Myon Verfasst am: 11. Mai 2017 21:35    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn der Kolben mit der doppelten Geschwindigkeit bewegt wird, so ist die Zunahme des Impulsbetrags der Teilchen pro Kollision doppelt so hoch - dafür finden nur halb so viele Kollisionen statt während der Kolbenbewegung. Insgesamt ist die Änderung der mittleren Geschwindigkeit dieselbe.

Wir können ja mal ein einfaches Zahlenbeispiel rechnen:

Das Volumen sei ein Würfel von 1m^3, die Teilchen mögen eine Geschwindigkeit von 500m/s haben. Der Kolben bewege sich in einer Sekunde um 10cm. In dieser Zeit macht jedes Teilchen etwa 500 Kollisionen, davon jede 6. mit dem Kolben. Bei einer Kollision mit dem Kolben erhöht sich die Geschwindigkeit der Teilchen um die doppelte Kolbengeschwindigkeit. Die Geschwindigkeit der Gasteilchen steigt also auf etwa 500+500/6*0.2=517m/s. Die Temperatur steigt dadurch um den Faktor (517/500)^2=1.07. Dies ist in guter Übereinstimmung mit der Rechnung aus



wenn man für ein einatomiges Gas mit rechnet. Bei mehratomigen Gasen verteilt sich die Energiezunahme auch noch auf andere Freiheitsgrade, sodass die Geschwindigkeit und damit die Temperatur weniger stark steigt.
MM95



Anmeldungsdatum: 16.01.2017
Beiträge: 55

Beitrag MM95 Verfasst am: 12. Mai 2017 10:17    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für deine Ausführungen!

"Bei einer Kollision mit dem Kolben erhöht sich die Geschwindigkeit der Teilchen um die doppelte Kolbengeschwindigkeit."

Wenn ich die Impulserhaltung anwende, dann gilt für den ruhenden Kolben m1v1=m1v'1. Wenn sich der Kolben bewegt kann man die Regelgeschwindigkeit betrachten: 500m/s+0,1m/s. Dann gäbe es aber nur einen Zuwachs von einfacher Kolbengeschwindigkeit pro Stoß? grübelnd

Wenn sich der Kolben nun entfernt, bzw. das Gas expandiert, verringert sich umgekehrter Weise die Geschwindigkeit der Teilchen, da die Relativgeschwindigkeit nun durch eine Subtraktion, statt einer Addition gegeben ist und soz. jedesmal das Teilchen einen Impulsbetrag an den Kolben abgingt (Impulsfluss in Richtung des Kolbens), oder?

Grüße
as_string
Moderator


Anmeldungsdatum: 09.12.2005
Beiträge: 5786
Wohnort: Heidelberg

Beitrag as_string Verfasst am: 12. Mai 2017 13:48    Titel: Antworten mit Zitat

MM95 hat Folgendes geschrieben:
"Bei einer Kollision mit dem Kolben erhöht sich die Geschwindigkeit der Teilchen um die doppelte Kolbengeschwindigkeit."

Wenn ich die Impulserhaltung anwende, dann gilt für den ruhenden Kolben m1v1=m1v'1. Wenn sich der Kolben bewegt kann man die Regelgeschwindigkeit betrachten: 500m/s+0,1m/s. Dann gäbe es aber nur einen Zuwachs von einfacher Kolbengeschwindigkeit pro Stoß? grübelnd

Die Teilchen werden doch reflektiert. Wenn ein Teilchen direkt auf die Kolben-Fläche zufliegt, dann hat es im Ruhesystem des Kolben die 500m/s + 0,1m/s. Nach der Reflexion hat es diese Geschwindigkeit, aber in die andere Richtung.
Wenn Du jetzt wieder in das System zurück transformierst, indem das Teilchen 500m/s geflogen ist (also in dem die restlichen Wände des Volumens ruhen), dann hat sich die Geschwindigkeit um 0,2m/s erhöht.
Allerdings ist es etwas anders, wenn die Teilchen nicht direkt auf den Kolben zufliegen. Nur der zur Kolbenfläche senkrechte Anteil der Geschwindigkeit wird reflektiert (unter der vereinfachenden Annahme, das Teilchen gäbe beim Stoß keine Energie an den Kolben ab...).

Gruß
Marco
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5866

Beitrag Myon Verfasst am: 12. Mai 2017 14:31    Titel: Antworten mit Zitat

@as_string/Marco: Danke für die Antwort, ich kam erst jetzt dazu, ins Forum zu schauen. Wegen der Geschwindigkeit des reflektierten Teilchens musste ich gestern auch kurz überlegen, aber mit der einfachen Kolbengeschwindigkeit als Geschwindigkeitszuwachs wäre die Rechnung nicht aufgegangen;)
MM95



Anmeldungsdatum: 16.01.2017
Beiträge: 55

Beitrag MM95 Verfasst am: 13. Mai 2017 11:55    Titel: Antworten mit Zitat

Ahhh ok mit ner Transformation gehts tatsächlich auf..wow...intuitiv wär ich da aber nie drauf gekommen(kann man sich das überhaupt intuitiv erklären?)^^ Tanzen

Vielen Dank für Eure Hilfe! Thumbs up!
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5866

Beitrag Myon Verfasst am: 13. Mai 2017 14:08    Titel: Antworten mit Zitat

Jedenfalls kann es intuitiv auch nicht richtig sein, dass der Geschwindigkeitsbetrag um die einfache Kolbengeschwindigkeit zunimmt. Denn dann müsste ein ruhender Tischtennisball, der mit einem Schläger angestossen wird, mit der Geschwindigkeit des Schlägers wegfliegen. Das tut er erfahrungsgemäss nicht.

Betrachtet man das Aufschlagen als elastischen Stoss, so folgt aus Energie- und Impulserhaltung für die Geschwindigkeit des Balls



Im Grenzfall hat der Ball nach dem Aufschlag ebenfalls die doppelte Schlägergeschwindigkeit.
MM95



Anmeldungsdatum: 16.01.2017
Beiträge: 55

Beitrag MM95 Verfasst am: 14. Mai 2017 12:20    Titel: Antworten mit Zitat

Die eigentliche Frage ist ja schon beantwortet...aber gestatte mir noch eine letzte: Wie leitest du aus der Impulserhaltung deine letzte Gleichung ab?
Hab das nämlich auch versucht, bin aber immer auf Widersprüche gekommen.
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5866

Beitrag Myon Verfasst am: 14. Mai 2017 17:27    Titel: Antworten mit Zitat

Neben der Impulserhaltung wird auch die Energieerhaltung benötigt (gestrichene Variablen für die Grössen nach dem Aufschlag/Kollision):




Aus der 1. Gleichung folgt (letzten Summanden nach links nehmen und quadrieren):



Aus der zweiten Gleichung (mit multiplizieren und umordnen):



Dies setzt man in der vorletzten Gleichung ein und erhält



oder



und damit



(Die Lösung interessiert nicht, dies wäre der Fall ohne Kollision).
MM95



Anmeldungsdatum: 16.01.2017
Beiträge: 55

Beitrag MM95 Verfasst am: 15. Mai 2017 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

Nagut wertes Myon,

dann wäre jetzt alles klar^^ Prost

Ich bedanke ich mich nochmals für alle Antworten und Deine Geduld Augenzwinkern

Grüße
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