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physch94 Gast
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physch94 Verfasst am: 15. Dez 2012 14:31 Titel: Verständnisfrage Arbeit am System/vom System |
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Meine Frage:
Hallo,
ich habe ein kleines Verständnisproblem und hoffe, ihr könnt mir weiter helfen.
Ich stelle mir gerade ein System vor, welches aus einem Körper und der Erde besteht: Die Erde zieht den Körper an. Die Anziehung des Körpers auf die Erde will ich vernachlässigen.
Hebe ich den Körper, dann verrichte ich doch am System Arbeit? Ich muss Energie aufbringen, um die Potentielle Energie des Körpers zu erhöhen.
Aber was ist, wenn der Körper fallen gelassen wird? Kann man sagen, dass System verrichtet Arbeit? Ich kann mir es eigentlich gut vorstellen, finde aber für mich irgendwie keine Begründung.
Kann mir jemand helfen?
Danke!
Meine Ideen:
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GvC
Anmeldungsdatum: 07.05.2009 Beiträge: 14861
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GvC Verfasst am: 15. Dez 2012 15:12 Titel: |
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physch94 hat Folgendes geschrieben: | Die Anziehung des Körpers auf die Erde will ich vernachlässigen. |
Warum denn das? Dann würde das System nicht mehr funktionieren.
physch94 hat Folgendes geschrieben: | Aber was ist, wenn der Körper fallen gelassen wird? Kann man sagen, dass System verrichtet Arbeit? |
Ja, das kann man, denn das System gibt Energie ab, die zunächst in kinetischer Form vorliegt, letztlich aber in Verformungs- und Wärmenergie umgesetzt wird. |
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physch94 Gast
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physch94 Verfasst am: 15. Dez 2012 15:13 Titel: |
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Weiß wirklich keiner eine Antwort?
Ich habe noch einmal darüber nachgedacht: Kommt der Körper am Boden an, so hat isch ja seine Potentielle Energie in Kinetische umgewandelt. Aber woran sieht man dann, ob vom System Arbeit verrichtet wurde? |
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TomS Moderator
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 18163
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TomS Verfasst am: 15. Dez 2012 15:28 Titel: |
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Setzen wir die Masse der Erde gleich Unendlich, dann können wir die Rückwirkung des Körpers auf die Erde vernachlässigen. Nun setzen wir die potentielle Energie eines Körpers als
bezogen auf ein beliebiges Nullniveau h_0.
Heben wir den Körper um die Höhe h, dann verrichten wir eine eine Arbeit W(h), die genau dem Zuwachs der potentiellen Energie entspricht
Die Arbeit W wird also in potentielle Energie umgewandelt.
Lassen wir den Körper nun fallen (und zwar wieder um die selbe Höhe H), so wird diese Energie frei, sie wird hier in kinetische, also Bewegungsenergie umgewandelt:
Wir haben also zunächst die Arbeit W in das System hineingesteckt um den Körper um die Höhe h anzuheben; anschließend haben wir ihn fallen lassen und erhalten die investierte Arbeit als kinetische Energie zurück. _________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
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physch94 Gast
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physch94 Verfasst am: 15. Dez 2012 15:46 Titel: |
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Hallo Tom,
danke für deine Antwort. Gut, jetzt verstehe ich das schon wesentlich besser.
Ein was ist mir noch nicht klar:
Schreibe ich das so wie du formal auf, gilt doch:
1. Fall: heben:
W = m*g*h - 0 = m*g*h
2. Fall: fallen lassen
W = 1/2*m*v^2 - m*g*h.
(sorry, ich kann leider kein Latex. Ich habe immer Endenergie minus Anfangsenergie gerechnet.)
Im 2. Fall sehe ich aber keine Energieumwandlung an der Formel. Es müsste doch eine negative Arbeit herauskommen, damit das System Arbeit verrichtet hat? |
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Systemdynamiker
Anmeldungsdatum: 22.10.2008 Beiträge: 594 Wohnort: Flurlingen
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Systemdynamiker Verfasst am: 15. Dez 2012 15:48 Titel: Arbeit einer Kraft |
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Streng genommen darf der Begriff Arbeit nur auf eine Kraft oder ein Drehmoment angewendet werden (Arbeit einer Kraft oder eines Drehmoments).
Schneidet man den zu hebenden Körper frei, wirken auf ihn eine Oberlächenkraft und die Gewichtskraft ein. Die Arbeit der Oberflächenkraft ist dann die Energie, die dem System zugeführt wird. Minus die Arbeit der Gewichtskraft ist die Energie, die ans Gravitationsfeld weggeht und als Zuwachs von potentieller Energie bezeichnet wird.
Diese Zusammenhänge habe ich ausführlich in einem Video dargelegt: http://www.youtube.com/watch?v=9VhLTDSgf7o _________________ Herzliche Grüsse Werner Maurer |
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physch94 Gast
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physch94 Verfasst am: 15. Dez 2012 16:12 Titel: |
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Ich wende ja den begriff Arbeit auf eine Kraft an. Im zweiten Fall ist es ja die Gewichtskraft. Was meinst du mit der Oberflächenkraft? |
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TomS Moderator
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 18163
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TomS Verfasst am: 15. Dez 2012 16:35 Titel: |
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Also wir beginnen mit einem Körper mit potentieller Energie
sowie einem Energiereservoir (du, eine Maschine mit Motor, ...) mit Energie
Die Gesamtenergie ist dann
Nun entnehmen wir dem Energiereservoir Energie, z.B. indem ein Motor die Arbeit W an dem Körper verrichtet. D.h. wir haben
Der letzte Term entspricht gerade dem Anheben des Körpers, d.h.
Die Gesamtenergie des Reservoirs plus der des Körpers ist dabei gleichgeblieben.
Lassen wir den Körper nun fallen, so wird diese Energie frei, sie wird hier in kinetische, also Bewegungsenergie umgewandelt. Die Energie des Reservoirs ändert sich dabei nicht. Wir haben
D.h. die dem Reservoir zu Beginn entnommene Energiemenge W hat sich zuletzt in kinetische Energie verwandelt.
_________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
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physch94 Gast
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physch94 Verfasst am: 15. Dez 2012 16:45 Titel: |
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Ok, da brauchte ich einen Moment um das zu verstehen. Aber ich glaube, jetzt habe ichs. Irgendwie bin ich bei meinen Überlegungen ähnlich ran gegangen, aber ich konnte es nicht so ausdrücken und mir verständlich machen.
Danke dir, du hast mir echt geholfen! |
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TomS Moderator
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 18163
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TomS Verfasst am: 15. Dez 2012 16:56 Titel: |
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Vielleicht noch eine letzte Anmerkung zur Arbeit W: sie existiert nie als eigenständige Größe, sie ist immer nur eine gewisse Energiemenge, die in eine andere Form umgewandelt wird. Z.B. kann man im Zuge des Hebens des Körpoers diese Arbeit W zu keinem Zeitpunkt eigtl. "sehen" oder sagen, wo sie steckt.
Zu Beginn steckt sie z.B. in der Maschine, aber eben nicht als Arbeit, sondern z.B. als chemische Energie im Tank. Danach steckt sie als Bewegungsenergie im Motor. Und zu jedem Zeitpunkt während des Hebens steckt sie in der kontinuierliche anwachsenden potentiellen Energie.
Insofern ist der Begriff Arbeit und die Fokussierung darauf eigtl. didaktisch ungeschickt, denn es sieht so aus, als ob neben den bekannten Energieformen (potentiell, kinetisch, thermisch = eigtl. auch kinetisch, usw.) noch eine weitere Form, nämlich Arbeit, existieren würde. Das ist aber nicht der Fall.
Am einfachsten (und ganz ohne Verwendung von Arbeit) fasst man das ganze wie folgt zusammen
Man beginnt mit der Gesamtenergie
Nun entnehmen wir dem Energiereservoir Energie und wandeln diese in potentielle Energie um:
Zuletzt wandelt sich die potentielle Energie wieder in kinetische Energie um
und wir haben
_________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
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Systemdynamiker
Anmeldungsdatum: 22.10.2008 Beiträge: 594 Wohnort: Flurlingen
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Systemdynamiker Verfasst am: 15. Dez 2012 17:37 Titel: Energiespeicher |
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Man kann drei Energiespeicher unterscheiden:
innere Energei: Energie im System
Bewegungsenergie (kinetische und Rotationsenergie): Zusammen mit dem Impuls oder dem Drehimpuls gespeichert
potentielle Energie: im Gravitationsfeld und im elektromagnetischen Feld gespeichert.
Daneben gibt es verschiedene Energieübertragungsformen:
Arbeit einer Kraft oder eines Drehmomentes: zusammen mit Impuls und Drehimpuls übertragene Energie
elektrische Energie: zusammen mit der elektrischen Ladung übertragene Energie
Wärme: zusammen mit der Entropie übertragene Energie
So gesehen kann Energie nicht umgewandelt werden (Wandlung gibt es bei religiösen Handlungen wie etwa dem Abendmahl). Energie wird einfach von einem Träger auf einen andern umgeladen. Auch dazu habe ich schon ein Video gemacht: http://www.youtube.com/watch?v=T2QglLBdKXE _________________ Herzliche Grüsse Werner Maurer |
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TomS Moderator
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 18163
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TomS Verfasst am: 16. Dez 2012 10:31 Titel: Re: Energiespeicher |
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Systemdynamiker hat Folgendes geschrieben: | Man kann drei Energiespeicher unterscheiden: |
Nun, sobald man nicht-lineare Feldtheorie miteinbezieht wird das komplizierter; insbs. ist dann die Trennung von kinetischer und potentieller Energie nicht mehr anwendbar bzw. erscheint etwas künstlich. Ich würde in verschiedenen Kontexten verschiedene Energiearten zulassen, z.B. kann man in der Thermodynamik durchaus von thermischer Energie oder Wärme sprechen, obwohl man auf eine fundamentaleren Ebene argumentieren wird, dass es sich um kinetische Energie handelt
Systemdynamiker hat Folgendes geschrieben: | Daneben gibt es verschiedene Energieübertragungsformen ... So gesehen kann Energie nicht umgewandelt werden ... |
Das ist auch problematisch; natürlich hast du recht, wenn du über klar separierbare Enitäten wie verschiedene Körper, Körper und Feld usw. sprichst. Aber das ist letztlich nur Terminologie - und die Standardterminologie spricht durchaus von Energieumwandlung.
Betrachtet man jedoch (nichtlineare) Feldtheorien, so hast du teilweise keine klar separierbaren Entitäten mehr. Z.B. kannst du in der QCD nicht sagen, dass du Energie von einem Gluon auf ein Quark überträgst, da diese als isolierte Entitäten gar nicht existieren. Du hast einfach verschiedene Terme in der Energie (wie oben die kinetische, die potentielle usw.), aber du kannst nicht jedem Term auch eine eigenständige und jeweils von den anderen verschiedene Entität zuordnen (Körper mit kinetischer Energie, im Feld gespeicherte potentielle Energie). Daher kannst du auch nicht sagen, dass du Energie von einer Entität auf eine andere überträgst. Der Begriff "Energieumwandlung" bleibt dagegen weiterhin anwendbar. _________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
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