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Kosmologie - Hubble - messbare Expansion
 
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shesse



Anmeldungsdatum: 16.08.2010
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Beitrag shesse Verfasst am: 01. Sep 2010 00:34    Titel: Kosmologie - Hubble - messbare Expansion Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Manche Fragen traut man sich nicht zu stellen, weil es ja so "offensichtlich" ist. Inzwischen ist mir wohl das nicht mehr peinlich.
Kosmologie. Einfache Vorstellung eines expandierenden Universums nach einem Big-Bang (d.h. die Raum-Zeit dehnt sich aus).
Mir geht es um die Frage, ob man eine solche Expansion innerhalb dieses Universums beobachten kann.
In der Literatur gibt es oft Bilder eines Ballons, auf den Münzen geklebt sind, die dann mit dem aufpusten des Ballons einen größeren Abstand haben.
Das habe ich immer für ein schwaches Bild gehalten, da offenbar die Längeneinheit (Münze) "metaphysisch" konstant gehalten wird. Das korrektere Bild ist nach meiner Meinung ein Linienmuster, das auf den Ballon gemalt ist. Da es mit dem Ballon wächst, kann man die Expansion (meiner Meinung nach) nicht wirklich messen. Wenn die Einheit im gleichen Masse expandiert, wird man keine Expansion erkennen.



Meine Ideen:
Vermutlich hat die Hubble-Konstante Sinn: H=(75+/-25)km/s/Mpc. Aber welcher Effekt wird dadurch beschrieben? Das ist doch die Längenänderung mit der Zeit? Was misst man aber eigentlich konkret? Also behauptet wird etwas wie eine Geschwindigkeit proportional zum Abstand (v=H*d). Bedeutet das aber nicht einfach nur, dass wenn man die selben elementaren Prozesse untersucht (Licht, dass aus Fusion in Sternen entsteht), dass sich mit der Zeit / Entfernung in diesem Prozess die Wellenlänge / Frequenz geändert hat? Das wäre die Entsprechung zu einer Münze (deren Größe sich beim Aufblasen des Ballons nicht ändert): ein Prozess, der eine Länge definiert, die von der Metrik abweicht.
Findet Ihr meinen Denkfehler?
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 01. Sep 2010 01:51    Titel: Antworten mit Zitat

Stichwort: Dopplereffekt für Licht:

In einem sich ausdehnenden Universum sieht man: Je weiter eine Galaxie entfernt ist, desto schneller bewegt sie sich von uns weg. Diese Relativgeschwindigkeit kann man als Rotverschiebung des Lichtes messen, das uns von den Sternen dieser Galaxien erreicht.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 01. Sep 2010 07:21    Titel: Antworten mit Zitat

Kleine Korrektur: es handelt sich bei dieser kosmologischen Rotverschiebung nicht um den (relativistischen) Dopplereffekt.

Der Dopplereffekt trifft zu für relativ zueinander bewegte Lichtquelle und Empfänger; im Falle der kosmologischen Rotverschiebung wird die Streckung der Wellenlänge jedoch durch die Ausdehung des von dem Licht durcheilten Raum selbst hervorgerufen. Man kann zwar so tun, als ob man von einer gemessenen kosmologischen Rotverschiebungen auf die Relativgeschwindiugkeit zurückschließen kann, dies funktioniert jedoch nur dann korrekt, wenn es sich um eine immerwährende konstante Expansion handelt, was in der Praxis so nicht zutrifft. D.h. dass die Hubblekonstante eben leider keine Konstante ist sondern mit der Zeit abnimmt. Insbs. ist der Begriff der Relativgeschwindigkeit für weit voneinander entfernte Quelle und Empfänger in einem expandierenden Universum gar nicht mehr sinnvoll definierbar. Das wird insbs. dadurch klar, dass es Objekte geben kann, die sich gemäß dieser Betrachtunsgweise mit Überlichtgeschwindigkeit voneinander entfernen würden.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
dermarkus
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Beitrag dermarkus Verfasst am: 01. Sep 2010 07:47    Titel: Antworten mit Zitat

Einverstanden, Tom, bei meinem ersten Post oben handelt es sich "nur" um die einfachste Form einer von mehreren möglichen Messmethoden zur Bestimmung der Hubble-Konstante. Weil ich die für die am leichtesten nachvollziehbare halte, habe ich mal die Erklärungen damit angefangen. Sobald man mehr ins Detail gehen möchte, braucht man detailliertere Modelle wie zum Beispiel von Dir beschrieben. smile
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 01. Sep 2010 13:44    Titel: Antworten mit Zitat

Es geht gar nicht so sehr um das Modell im Detail, als vielmehr um die Problematik, dass gravitative Rotverschiebung und relativistischer Dopplereffekt zwei verschiedene Dinge sind die man besser nicht vermischt.
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dermarkus
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Anmeldungsdatum: 12.01.2006
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Beitrag dermarkus Verfasst am: 01. Sep 2010 19:32    Titel: Antworten mit Zitat

Okay, dann trifft das, was ich oben auf die Schnelle zu "Dopplereffekt als Ursache für die beobachtete Rotverschiebung der Galaxien" gesagt habe, den Nagel nicht auf den Kopf.

Wie würde man dann am besten versuchen, eine anschauliche Antwort auf shesse's Frage zu formulieren?

Vielleicht so?

Die Photonen, die von den Sternen der fernen Galaxie mit einer bestimmten Frequenz und damit auch einer bestimmten Wellenlänge ausgesandt werden (zum Beispiel weil sie aus einem uns bekannten Übergang zwischen Niveaus von Atomen entstammen), fliegen zu uns. Während sie fliegen, dehnt sich der Raum aus, und die Wellenlänge der Photonen mit ihm. Wenn die Photonen dann nach dem langen Flug bei uns ankommen, dann messen wir diese Wellenlänge deshalb als länger, als sie beim Aussenden war, und damit das Sternenlicht als rotverschoben.

Ist das die angesprochene "Streckung der Wellenlänge durch Ausdehnung des Raumes" ?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 01. Sep 2010 21:51    Titel: Antworten mit Zitat

Exakt!
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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 01. Sep 2010 21:52    Titel: Antworten mit Zitat

Eine hervorragende Seite dazu http://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/index.html
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shesse



Anmeldungsdatum: 16.08.2010
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Beitrag shesse Verfasst am: 01. Sep 2010 22:44    Titel: Antworten mit Zitat

Also, Markus, Deine letzte Antwort fasst ziemlich gut den Punkt zusammen, der mir zum Verständniss fehlt:
Zitat:
Die Photonen, die von den Sternen der fernen Galaxie mit einer bestimmten Frequenz und damit auch einer bestimmten Wellenlänge ausgesandt werden (zum Beispiel weil sie aus einem uns bekannten Übergang zwischen Niveaus von Atomen entstammen), fliegen zu uns. Während sie fliegen, dehnt sich der Raum aus, und die Wellenlänge der Photonen mit ihm. Wenn die Photonen dann nach dem langen Flug bei uns ankommen, dann messen wir diese Wellenlänge deshalb als länger, als sie beim Aussenden war, und damit das Sternenlicht als rotverschoben.


Mein Verständnisproblem: Wenn ich mal eine Wellenlänge als eine Längeneinheit betrachte, habe ich keinen (intrinsisch) beobachtbaren Effekt. Will sagen, wenn sich der Raum ausdehnt, dann damit auch die Definition von einer Längeneinheit, die Wellenlänge wächst im gleichen Maß, wie diese Längeneinheit.
Oder um genauer zu sein, was wir (tatsächlich) beobachten ist ein relativer Effekt. Bei gleichartigen Prozessen beobachtet man (heute) abweichende Wellenlängen (proportional zum vermuteten zeitlichen Abstand des Prozesses).

Eigentlich scheint mir die Aussage der Hubble-Ausdehnung zu sein, dass die Prozesse sich "mit der Zeit verändern".
Hmm, die Expansion wäre schon eleganter. Nur, wie erklärt sie diesen Effekt?

Mit intrinsisch beobachtbar, meine ich eine Messung innerhalb der Raumzeit. Von "außerhalb", etwa in einem einbettenden Euklidischen (oder auch Minskowski) Raum, könnte man die Längenänderung durch Expansion ja quasi direkt "beobachten".

okay, vielen Dank für Eure Bemühungen. Der Link sieht sehr spannend aus (obwohl ich vermute, meine Frage findet man nicht auf diesem Niveau). Ja, und ich verstehe vielleicht auch eine kompliziertere Antwort, auch wenn mein Studium inzwischen 20 Jahre her ist Big Laugh (und ich seither fast nichts mehr mit Physik zu hatte). Aber vielleicht denke ich einfach nur falsch...
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 01. Sep 2010 23:10    Titel: Antworten mit Zitat

shesse hat Folgendes geschrieben:

Mein Verständnisproblem: Wenn ich mal eine Wellenlänge als eine Längeneinheit betrachte, habe ich keinen (intrinsisch) beobachtbaren Effekt.

Einverstanden, das wäre so, wenn eine Wellenlänge von einem Photon eine gute Masseinheit bleiben würde, wenn es durch einen sich ausdehnenden Raum fliegt. Das ist aber nicht so.

Der Raum dehnt sich aus, aber die Maßstäbe, mit denen man das misst, nicht.

Vielleicht würde dir als realistische Längeneinheit, die auch noch in einem sich ausdehnenden Raum funktioniert, im Zusammenhang mit Photonen, am besten die Wellenlänge eines frisch von einem bestimmten atomaren Übergang emittierten Photons gefallen.

Oder die Strecke, die ein Photon innerhalb einer bestimmten Zeit hin und zurück zurücklegt, wenn es am Ende der Strecke von einem Spiegel zurückgeschickt wird.

Mit solchen Maßstäben gemessen, wird der Abstand zwischen zwei Punkten im Raum umso größer, je länger sich der Raum - und damit auch der Raum zwischen diesen beiden Punkten - ausgedehnt hat.

Die Angabe von oben für die Hubble-Konstante heißt ja, dass der Abstand zwischen zwei Punkten, die eben noch ein Megaparsec voneinander entfernt waren, innerhalb einer Sekunde um 75 km größer wird.
shesse



Anmeldungsdatum: 16.08.2010
Beiträge: 27
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Beitrag shesse Verfasst am: 01. Sep 2010 23:36    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Der Raum dehnt sich aus, aber die Maßstäbe, mit denen man das misst, nicht.

Hmm, das Bedarf wohl einer Erklärung. Wir befinden uns in einer Mannigfaltigkeit, aber solange wir auf einer Karte sind, haben wir Maßstäbe (Einheitslängen). Genau in diesem Sinne dehnen sich die Maßstäbe ganz genauso aus, wie der Raum (ist ja gerade dadurch bestimmt).

Mein Problem ist zu verstehen, dass die Wellenlänge mit der Expansion größer wird. Daher ist der Fall mit der Wellenlänge aus einem frischen Übergang im Vergleich zum "antiken" Übergang eher das Problem, als seine Lösung.
Der zweite Vorschlag mit dem Spiegel, klingt interessant. Ich muss erst noch mal darüber nachdenken, ob man darin eine Expansion erkennen könnte.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 02. Sep 2010 07:31    Titel: Antworten mit Zitat

Stell dir einen Luftballon vor, den man aufbläst. Wenn nun auf dem Luftballon aufgemalte Muster immer mitaufgeblasen würden, hättest du recht. Es gibt aber Muster, die eben nicht mit aufgeblasen werden, die also ihre eigene Skala definieren (Atome, Planetensysteme) etc. Diese definieren einen fixierten Maßstab. Lediglich der Raum zwischen diesen Mustern expandiert.

Zwei Atome in einem sonst leeren Universum (deren Gravitationswechselwirkung sicher an der Dynamik des Universums nichts ändert :-) würden also ihre Größe behalten, sich aber voneinander entfernen.

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Anmeldungsdatum: 16.08.2010
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Beitrag shesse Verfasst am: 02. Sep 2010 22:17    Titel: Antworten mit Zitat

Hmm, wenn etwas seine Länge unabhängig von der Größe des Luftballons "behält" ist es nicht Teil des Ballons. Etwa Münzen, die auf den Ballon geklebt sind (ein Bild das gerne für die Erklärung in Büchern zu sehen ist), deren Durchmesser verändert sich nicht durch die Ballongröße. Der Münzdurchmesser bleibt bestehen, der Abstand zwischen den Münzen durch das Aufblasen wächst.
Wenn das Bild stimmen würde, ergäbe eine Messung des Münzdurchmessers in den Ballon-Längeneinheiten eine fortlaufende Verkürzung. Bei der Hubblekonstante beobachten wir das Gegenteil, was dann einer Implosion des Universums entsprechen würde. Ich finde, ein Abstand, der von der Raumzeit losgelöst existiert, widerspricht einer intrinsischen Beschreibung.

Früher hatte ich das bizarre Bild im Kopf, das auf den Ballon durch das Aufpusten mehr Abstandslinien auftauchen. Das ist im Sinne von: Es gibt dann mehr "Punkte" pro Abstand. Es wird also nicht die Länge gestreckt, sondern sie quillt auf. Wenn der Abstand mal so grob durch die Anzahl der Punkte zwischen zwei Eckpunkten gemessen würde, wäre die Länge später vergrößert im vergleich zu der ursprünglichen Anzahl der Punkte dazwischen (und damit dem gleichen Vorgang der wiederholt würde).
Ja, so hat es wohl Sinn von Expansion zu sprechen.
shesse



Anmeldungsdatum: 16.08.2010
Beiträge: 27
Wohnort: Köln

Beitrag shesse Verfasst am: 03. Sep 2010 00:12    Titel: Antworten mit Zitat

Au weia, jetzt ist der Groschen gefallen. Hammer
Es geht ja gar nicht um das statische Vergleichen zweier Längen (was man tatsächlich nicht könnte), sondern um die relative Bewegung, die durch die Expansion verursacht wird, die dann proportional zum Abstand schneller wird, weil auf grosse Abstänge mehr Länge "verlängert" wird. Diese relative Bewegung zweier auseinander driftender Punkte macht die Rotverschiebung.

Na, irgendwie habt ihr das ja schon fast so erklärt. Vielen Dank!
(Ja und der Abstand und seine Entwicklung ist ein (anderes) sehr defiziles Problem.)
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 03. Sep 2010 02:00    Titel: Antworten mit Zitat

shesse hat Folgendes geschrieben:

Es geht [...] um die relative Bewegung, die durch die Expansion verursacht wird [...]

Ja, das sieht dann sehr ähnlich aus wie eine Auseinanderbewegung der zwei Punkte, daher hatte ich am Anfang ja auch mal auf die schnelle von der Rotverschiebung durch den Dopplereffekt gesprochen, weil das die auf den ersten Blick anschaulichste Erklärung zu sein scheint.

Nun bewegen sich sowohl der eine Punkt als auch der andere Punkt ja aber nicht wirklich "in ihrem Raum", sondern bleiben da sitzen, wo sie sind, und nur zwischen ihnen kommt immer mehr neuer Raum dazu. Damit wird der Abstand zwischen ihnen immer größer.

Und wenn man nicht wüsste, dass da neuer Raum zwischendrin dazukommt, dann würde man aus der Beobachtung, dass der Abstand zwischen den Punkten immer größer wird, natürlich anschaulicherweise folgern, dass sich die Punkte auseinanderbewegen.


Zuletzt bearbeitet von dermarkus am 03. Sep 2010 12:06, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Sep 2010 07:31    Titel: Antworten mit Zitat

So ist das.
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