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Entropie in der Chemie
 
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Nussschokolade
Gast





Beitrag Nussschokolade Verfasst am: 30. März 2010 16:24    Titel: Entropie in der Chemie Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo, ich schieß mal gleich los:

Bedeutet es wenn (lapidar formuliert) aus einem Molekül zwei werden immer, dass die Entropie zunimmt? Immer?

Meine Ideen:
Ich dachte ein Prozess bei der die Entropie zunimmt ist immer ein Prozess wo ein wahrscheinlicherer Zustand angenommen wird. Wenn aber Kräfte dagegen wirken, dass das Molekül zerfällt, dann ist der zerfall doch unwahrscheinlich und somit würde die Entropie doch sinken?

Zum Thema Entropie fand ich bisher immer nur Beispiele mit Gase oder Flüssigkeiten, die sich vermischen (ohne chemische Wechselwirkung). Hier erscheint es mir logisch, dass sich die Teilchen alle gleichmäßif verteilen, weil alle Teilchen ja irgendwie gleich und unabhängig voneinander sind, weshalb sich eine Gleichverteilung ergibt.
Aber wenn nun chemische Bindungen und andere Wechselwirkungen ins Spiel kommen, sollten diese doch Einfluss auf die Wahrscheinlichkeiten von Zuständen haben. Sodass man nicht einfach sagen kann: Mehr Teilchen, mehr Unordnung, mehr Entropie.

Ich hoffe ihr könnt mir Tips geben oder irgendwas hilfreiches zum Lesen
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 30. März 2010 17:13    Titel: Antworten mit Zitat

Das mit den Kräften ist Energie, nicht Entropie.

Wenn sich zwei Teilchen zusammentun, dann sparen sie auf der einen Seite Energie (die Bindungsenergie), das ist also energetisch günstig.

Wenn sich zwei Teilchen zusammentun, sinkt die Anzahl der Möglichkeiten, wo sich die Teilchen aufhalten können. Die Ordnung nimmt also zu, die Entropie sinkt dabei. Von der Entropie her gesehen ist das also ungünstig.

-----

Die innere Energie U eines Systems verrät also noch nicht alles darüber, wie günstig es für zwei Teilchen ist, sich zu einem Molekül zusammenzutun.

Um auch den Einfluß der Entropieänderung mit zu berücksichtigen, gibt es eine weitere Größe, die sogenannte Gibbs-Energie G, auch freie Enthalpie genannt, von der du bestimmt auch schon mal was gehört hast, vielleicht zum ersten Mal im Chemieunterricht beim Thema chemische Reaktionen?
Nussschokolade
Gast





Beitrag Nussschokolade Verfasst am: 30. März 2010 18:07    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, die Gleichung für die Gibbs Energie kenne ich. Wie gesagt, die Gleichung.


So 'ungefähr' ist mir das Konzept mit der Entropie ja klar, aber dann auch wieder doch nicht (Kann man es überhaupt richtig verstehen?)

Liege ich richtig, wenn ich sage: 'Die Entropie eines Systems ist bestrebt sich zu erhöhen. Dies ist gleichbedeutend damit, dass das System bestrebt ist, seinen wahrscheinlichsten Zustand anzunehmen'

Ist dieses Bestreben hin zum wahrscheinlichsten Zustand die treibende Kraft, die hinter der Entropie steckt?

Könnte ich sagen:
'Mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit bringt das Molekül AB die Energie auf, die Bindung zu spalten und zu A und B zu dissoziieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass A und B wieder zusammenfinden und sich vereinigen ist viel geringer (weil sich A und B ja im Raum verteilen). Zusammenfassend ist der Zustand des dissoziierten AB also viel wahrscheinlicher und hat demnach eine höhere Entropie'

(Ich befürchte das ist falscht, denn hier habe ich wegen der Bindungsenergie und der Boltzmann Energieverteilung ja wieder die Enthalpie miteinbezogen. Aber stimmt die Richtung so in etwa?)

Vielen Dank übrigens für den Versuch des Nachvollziehens meiner wirren Gedankengänge smile
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 30. März 2010 22:57    Titel: Antworten mit Zitat

Nussschokolade hat Folgendes geschrieben:

Liege ich richtig, wenn ich sage: 'Die Entropie eines Systems ist bestrebt sich zu erhöhen. Dies ist gleichbedeutend damit, dass das System bestrebt ist, seinen wahrscheinlichsten Zustand anzunehmen'

Ist dieses Bestreben hin zum wahrscheinlichsten Zustand die treibende Kraft, die hinter der Entropie steckt?

Ja, mit diesen Formulierungen wäre ich einverstanden smile

Vielleicht könnte man noch dazusagen, dass das System bestrebt ist, seinen wahrscheinlichsten Makrozustand anzunehmen. Und der wahrscheinlichste Makrozustand ist derjenige, für den es die meisten Mikrozustände gibt, die ihn realisieren.

Zitat:

Könnte ich sagen:
'Mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit bringt das Molekül AB die Energie auf, die Bindung zu spalten und zu A und B zu dissoziieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass A und B wieder zusammenfinden und sich vereinigen ist viel geringer (weil sich A und B ja im Raum verteilen). Zusammenfassend ist der Zustand des dissoziierten AB also viel wahrscheinlicher und hat demnach eine höhere Entropie'

Nicht so ganz, denn das mit den "Wahrscheinlichkeiten" würde ich nicht auf die Begegnungswahrscheinlichkeit zwischen zwei bestimmten Teilchen beziehen.

Vielleicht hilft statt dessen ein anschauliches Bild: Wenn es keinen gibt, der die Teilchen paarweise zusammenhält (Fall ohne Bindungsenergie oder mit sehr kleiner Bindungsenergie), dann ziehen es die Teilchen vor, sich individualistisch frei durch die Gegend zu bewegen, und sich nicht paarweise zusammenzutun. (und das um so mehr, je höher die Temperatur ist.) Denn als Einzelteilchen haben sie viel mehr Möglichkeiten, verschiedene Orte und Geschwindigkeiten zu haben, so dass das Gesamtsystem aus allen Teilchen viel mehr Mikrozustände hat, mit denen so ein Makrozustand realisiert werden kann.
Nussschokolade
Gast





Beitrag Nussschokolade Verfasst am: 30. März 2010 23:22    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für die Erklärung.

Ich habe mir noch einmal den Faden durchgelesen und gerade dein 'anschauliches Bild' zum Schluss war mir ein großer Denkanstoß: Wenn ich die Bindungsenergie weglasse, verteilen sich A und B ganz frei im Raum, so wie es die Wahrscheinlichkeit vorhersieht. 'Erzeuge' ich nun allmählich Bindungsenergie zwischen den beiden, dann nähern sie sich (Ursache ist Enthalpie) und nehmen einen geordneteren Zustand an. Die Entropie wirkt sozusagen als treibende Kraft dagegen.

lg
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 31. März 2010 03:45    Titel: Antworten mit Zitat

Einverstanden, Bindungsenergie und Entropie wirken hier einander entgegen.

Vielleicht würde ich nicht so sehr sagen, dass sich die Teilchen "immer mehr nähern", wenn die Bindungsenergie im Vergleich zur Entropie immer wichtiger wird. Denn da schwirren ja viele, viele von solchen Teilchen herum, und die sind entweder vogelfrei oder tun sich zu Paaren zusammen. Die Dichte und damit die Abstände bleiben also eher gleich, solange die Teilchen frei sind.

Wenn man die Bindungsenergie im Vergleich zur Wirkung der Entropie stärker macht (zum Beispiel indem man die Temperatur des Gases senkt, dann wird die Auswirkung der Entropie schwächer, weil es weniger Bewegungs-Mikrozustände gibt), dann bleiben die Gasatome freie Einzelteilchen, bis irgendwann die Temperatur niedrig genug geworden ist, damit die Molekülbildung insgesamt günstiger wird, und sich all die Einzelteilchen zu Paaren zusammentun.
Nussschokolade
Gast





Beitrag Nussschokolade Verfasst am: 02. Apr 2010 23:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo, ich bin's wieder smile

Ich hab' mich nun noch ein wenig mehr mit Entropie beschäftigt und bin in der Literatur auf ein Modell gestoßen, in dem auf drei Qantenoszillatoren drei Energiequanten übertragen wurden. Jetzt gibt es für die Verteilung mehrere Mikrozustände z.B: 3-0-0 oder: 2-1-0 oder 2-0-1 etc. Nun kann man jeden Mikrozustand einer bestimmten Konfigurationen zuordnen z.B: 'Konfiguration A enthält alle Mikrozustände, bei denen ein Oszillator die Energie 3 hat und die anderen beiden Oszillatoren die Energie 0'

Gut, die Wahrscheinlichkeit ist also für diejenige Konfiguration am größten, die die meisten Makrozustände enthält. Dies gilt aber meines Erachtens nur, wenn alle Mikrozustände die gleiche Wahrscheinlichkeit haben, einzutreten (-> Laplace). Das erstmal nur am Rande.

Jedenfalls würde ich dieses Modell gerne nocheinmal auf unser Molekül AB übertragen:

In einem abgeschlossenens System seien erstmal ausschließlich AB Moleküle und die Gesamtenergie des Systems ist ja konstant (und setzt sich zusammen aus Bindungsenergie und kinetischer Energie der Moleküle).

Mein Problem: Wie sehen die Mikrozustände aus?

Hier mal extreme Beispiele zweier Mikrozustände der Art wie ich sie mir momentan noch vorstelle:

Mikrozustand 1) Es sind ausschließlich AB Moleküle im System, alle haben einen definierten Ort und definierte kinetische Energie

Mikrozustand 2) Es sind nur A und B Atome im System, alle haben wieder einen definierten Ort und eine definierte kinetische Energie, aber die Summe dieser kinetischen Energien ist geringer als im Zustand 1), da ja Bindungsenergie überwunden werden musste.

Kann ich mir die Mikrozustände für unseren Fall wirklich in dieser Weise vorstellen? Aber wenn nicht, wie sonst?
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 29. Mai 2010 01:26    Titel: Antworten mit Zitat

Nussschokolade hat Folgendes geschrieben:

Mein Problem: Wie sehen die Mikrozustände aus?

Hier mal extreme Beispiele zweier Mikrozustände der Art wie ich sie mir momentan noch vorstelle:

Mikrozustand 1) Es sind ausschließlich AB Moleküle im System, alle haben einen definierten Ort und definierte kinetische Energie

Mikrozustand 2) Es sind nur A und B Atome im System, alle haben wieder einen definierten Ort und eine definierte kinetische Energie, aber die Summe dieser kinetischen Energien ist geringer als im Zustand 1), da ja Bindungsenergie überwunden werden musste.

Was du da schreibst, sind keine Mikrozustände, sondern eher Umschreibungen von Makrozuständen, die durch viele verschiedenen Mikrozustände beschrieben werden können.

Ein Mikrozustand ist viel eher so etwas wie eine Tabelle, in der drinsteht, in welchem Zustand sich jedes Teilchen des Systems befindet.

Nehmen wir der Einfachheit halber an, in einem System könne ein Teilchen nur vier mögliche Orte (P1,P2, P3 oder P4) haben und nur 3 mögliche Geschwindigkeiten (v1, v2 oder v3).

Dann wäre ein möglicher Mikrozustand:

* Teilchen 1 (ein Molekül AB) befindet sich an Ort P1 und hat die Geschwindigkeit v1
* Teilchen 2 (auch ein Molekül AB) befindet sich an Ort P2 und hat die Geschwindigkeit v3
* Teilchen 3 (auch ein Molekül AB) befindet sich an Ort P4 und hat die Geschwindigkeit v1

Das wäre einer von vielen möglichen Mikrozuständen eines 3-Teilchensystems, dessen Makrozustand neben anderen Eigenschaften (wie Temperatur, ...) auch die Eigenschaft hat, dass alle 3 Teilchen in ihm Moleküle AB sind.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 29. Mai 2010 08:47    Titel: Antworten mit Zitat

Betrachte zwei Münzen.

Die Makrozustände sind (2*Kopf), (1*Kopf, 1*Zahl), (2*Zahl)
Die Mikrozustände sind (Kopf, Kopf), (Kopf, Zahl), (Zahl, Kopf), (Zahl, Zahl)

Damit ist der Makrozustand (1*Kopf, 1*Zahl) wahrscheinlcher, da er durch zwei Mikrozustände realisiert werden kann.

Übrgens kannst du die Entropie dieses Systems direkt ausrechnen, wenn du für jeden Mikrozustand die Wsk. 1/4 ansetzt.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
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