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Roboter versus Qualia - Seite 5
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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 679

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 28. Jun 2023 18:02    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wenn eine Entität mit Physik P1 aber Qualia hat und eine Entität mit Physik P2 = P1 existiert, dann sollte auch Q2 = Q1 sein

Von welcher "Physik" sprichst du denn da?
Die Physik, wie wir sie (derzeit) kennen, beinhaltet und erklärt keine Qualia.
Wenn man Aussagen über Qualia physikalischer Systeme macht, was ja durchaus naheliegend ist, so kann man jene eben nicht (derzeit) "physikalisch" begründen

Ich benutze das Wort "Physik" abkürzend für den physikalischen Zustand, nicht für die Wissenschaft Physik.

Ja, man kann Qualia derzeit nicht physikalisch begründen. Es steht mir doch aber frei ad hoc eine Funktion Q=f(P) einzuführen, die zunächst völlig unbestimmt sagt, dass Qualia eine Funktion des physikalischen Zustandes ist.

Dieser Ansatz ist sehr allgemein, allerdings legt er fest, das gleiche P auch immer zu gleichen Q führen, sonst braucht man zusätzliche Parameter.

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Das Photon: Eine Geschichte voller Missverständnisse.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Jun 2023 18:20    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Ja, man kann Qualia derzeit nicht physikalisch begründen.

Ich denke, man kann das prinzipiell nicht.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Es steht mir doch aber frei ad hoc eine Funktion Q=f(P) einzuführen, die zunächst völlig unbestimmt sagt, dass Qualia eine Funktion des physikalischen Zustandes ist.

Zu



habe ich mehrere Fragen bzw. Einwände.

1) Die Funktion f wäre sicher extrem kompliziert, da wir in der Praxis immer verschieden Ps (Mikrozustände) haben, die zu im wesentlichen gleiche Qs (meine subjektive Wahrnehmung meiner mentalen Zustände) führen. Ich kenne zum Beispiel nicht überabzählbar viele verschiedene Durstzustände.

2) Wie gehst du mit



für verschiedene Personen i=1,2... um?

Die Ps sind sicher verschieden. In welchem Maß sind die Qs gleich, ähnlich oder völlig verschieden?

Dazu müssten wir Fragen wie



stellen.

Wir können jedoch nur Messergebnisse E im Sinne von



physikalisch überprüfen.

Einfaches Beispiel: "bist du durstiger als ich?"

Die Schussfolgerung



ist zwar naheliegend, aber wieder nicht überprüfbar.

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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 28. Jun 2023 19:21    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Damit setzt Du voraus, dass Qualia kein Teil der in der KI ablaufenden Prozesse sind.

Nein, das ist natürlich falsch, das setze ich nicht voraus.


Dann sprichst Du über etwas, das es prinzipiell nicht geben kann, weil identische Prozesse keinen wie auch immer gearteten Aspekt haben können, der nicht gleich ist.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Jun 2023 19:44    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Damit setzt Du voraus, dass Qualia kein Teil der in der KI ablaufenden Prozesse sind.

Nein, das ist natürlich falsch, das setze ich nicht voraus.


Dann sprichst Du über etwas, das es prinzipiell nicht geben kann, weil identische Prozesse keinen wie auch immer gearteten Aspekt haben können, der nicht gleich ist.

Du willst es nicht verstehen.

1. Bitte nenne deine Prämissen und beweise damit rein logisch, dass für physikalische Zustände phi und Qualia q die folgende Hypothese gilt:



2. Bitte nenne ein Experiment mit Ergebnissen E, aus dem eine Falsifizierung dieser Hypothese folgen kann, also



Ersteres erklärt, mittels welcher Prämissen du argumentierst; letzteres zeigt, dass deine (plausible!) Hypothesen einer wissenschaftlichen Überprüfung zugänglich ist.

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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 679

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 29. Jun 2023 17:21    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zu



habe ich mehrere Fragen bzw. Einwände.

1) Die Funktion f wäre sicher extrem kompliziert, da wir in der Praxis immer verschieden Ps (Mikrozustände) haben, die zu im wesentlichen gleiche Qs (meine subjektive Wahrnehmung meiner mentalen Zustände) führen. Ich kenne zum Beispiel nicht überabzählbar viele verschiedene Durstzustände.

Dass diese Funktion extrem kompliziert ist, das liegt in der Natur der Sache. Jede Interpretation hätte das gleiche Problem.

Dass es Funktionen gibt, die große Eingangsbereiche auf kleine Ausgangsbereiche abbilden, ist hingegen nicht ungewöhnlich z.B. f(x) = exp(-x²).

TomS hat Folgendes geschrieben:
2) Wie gehst du mit



für verschiedene Personen i=1,2... um?

Die Ps sind sicher verschieden. In welchem Maß sind die Qs gleich, ähnlich oder völlig verschieden?

Für praktische Zwecke lässt man die Personen ihren Q-Zustand abschätzen, hauptsächlich bezüglich ihres Wohlbefindens, z.B. hell/dunkel, laut/leise, warm/kalt und würde versuchen mittels eines riesigen neuronalen Netzes die Funktion Q(P) abzuschätzen. Was natürlich nur bei sprechenden Lebewesen geht, bei Tieren oder gar Pflanzen wird das schwer.

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Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 29. Jun 2023 22:47    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
1. Bitte nenne deine Prämissen und beweise damit rein logisch, dass für physikalische Zustände phi und Qualia q die folgende Hypothese gilt:



Physikalische Zustände bieten zu viele Schlupflöcher. Beschränken wir uns auf KIs, die auf einer deterministischen Turingmaschine laufen. Damit haben sie klar definierte Konfigurationen (in Analogie zum physikalischen Zustand), die sich nach klar definierten und immer gleichen Regeln ändern (in Analogie zu den Naturgesetzen). Sie werden durch keine weiteren Parameter über diese Konfiguration hinaus bestimmt (in Analogie zum Verzicht auf Annahmen über die Physik hinaus). Das heißt, alles was in diesen KIs abläuft, wird eindeutig durch ihre Konfiguration bestimmt. Und das war es auch schon, denn "alles" schließt eventuelle Qualia mit ein – völlig unabhängig davon, worum es sich dabei konkret handelt und ob man sie messen oder zwischen KIs vergleichen kann. Durch den Verzicht auf zusätzliche Parameter kann es keinen wie auch immer gearteten Aspekt geben, der nicht eindeutig von der Konfiguration bestimmt wird.

TomS hat Folgendes geschrieben:
2. Bitte nenne ein Experiment […]


In der Naturwissenschaft bräuchte man Experimente, aber die Informatik ist keine Naturwissenschaft.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jun 2023 00:09    Titel: Antworten mit Zitat

Du hast völlig recht, mit dem, was du sagst, aber du vermeidest die essentiellen Fragen. Das ist einer der Punkte, die Searle ausführlich diskutiert, nämlich die Reduzierung der Diskussion soweit, bis der Gegenstand der Diskussion wissenschaftlich oder mathematisch objektiv greifbar ist, jedoch der eigentliche Gegenstand, nämlich der subjektiv geistige Gehalt vollständig aus der Diskussion verschwunden ist.

Dass du es vermeidest, über ein Experiment zu reden, irritiert mich etwas. Wissenschaftliche Aussagen sind Aussagen über die Natur, die ich mittels Experimenten prüfen kann; kann ich sie nicht experimentell prüfen, sind sie unwissenschaftlich. Wenn jemand einer KI einen „gewissen mentalen Gehalt“ zusprechen möchte, dann gehört zu einer seriösen wissenschaftlichen Theorie eben die Falsifizierbarkeit der Theorie. Wie messe ich den Grad des subjektiven Verständnisses der chinesischen Sprache durch das chinesische Zimmer, durch eine KI und durch einen Menschen?

Andererseits bestätigst du natürlich nur meine Behauptung, dass sich subjektive Qualia derartigen objektiven Tests prinzipiell entziehen.

Die Essenz des Qualiaproblems, die „Erklärungslücke“, ist dabei epistemisch, nicht ontisch. Es ist unnötig, dass du ontisch argumentierst; erstens sind wir uns da völlig einig, und zweitens geht’s am Problem vorbei.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 30. Jun 2023 09:00, insgesamt 4-mal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jun 2023 00:41    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Für praktische Zwecke lässt man die Personen ihren Q-Zustand abschätzen, hauptsächlich bezüglich ihres Wohlbefindens, z.B. hell/dunkel, laut/leise, warm/kalt …

Das ist ein guter Punkt, um zu verstehen, was nicht funktioniert.

Nehmen wir an, wir sollen unsere Freude über den Urlaub auf einer Skala bewerten. Nehmen wir an, du bewertest mit 60, ich mit 80.

Und jetzt?

Wir haben in einigen Fällen derartige Skalen: Helligkeit, Farbe, Windgeschwindigkeit, Temperatur, Lautstärke. Diese fangen doch in nichts das ein, was wir tatsächlich empfinden. Sie erfassen nicht das, was unsere Wahrnehmung eines warmen Frühlingswindes ausmacht.

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Aruna



Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 806

Beitrag Aruna Verfasst am: 30. Jun 2023 06:43    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Nehmen wir an, wir sollen unsere Freude über den Urlaub auf einer Skala bewerten. Nehmen wir an, du bewertest mit 60, ich mit 80.

Und jetzt?


ich hab die Diskussion nicht mehr verfolgt, aber falls es hier noch darum geht , ob die Abbildung von Gehirnzustand auf mentale Zustände eindeutig ist,
dann würde ich durchaus erwarten, dass physikalisch 100% identische Gehirnzustände tatsächlich zu den identischen mentalen Zuständen führen.
Wenn nicht, müsste es ja nichtphysikalische Variablen geben, die die Unterschiede erklären...Oder die mentalen Zustände wären nur probabilistisch von den physikalischen Zuständen bedingt, so wie ein Quantenmessergebnis vom Zustand vor der Messung.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jun 2023 07:04    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna hat Folgendes geschrieben:
… aber falls es hier noch darum geht , ob die Abbildung von Gehirnzustand auf mentale Zustände eindeutig ist,
dann würde ich durchaus erwarten, dass physikalisch 100% identische Gehirnzustände tatsächlich zu den identischen mentalen Zuständen führen.
Wenn nicht, müsste es ja nichtphysikalische Variablen geben, die die Unterschiede erklären...Oder die mentalen Zustände wären nur probabilistisch von den physikalischen Zuständen bedingt, so wie ein Quantenmessergebnis vom Zustand vor der Messung.

Das ist - wie mehrfach betont - zunächst eine naturwissenschaftlich plausible Hypothese, die sich jedoch jeder wissenschaftlichen Überprüfung entzieht, weil wir beide Seiten - die physikalischen Gehirnzustände und die mentale Zustände unabhängig voneinander messen und die Hypothese anhand der Ergebnisse überprüfen müssten. Wir haben jedoch keinen objektiven messtechnischen Zugang zu den subjektiven mentalen Zustände.

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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 679

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 30. Jun 2023 08:50    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wir haben in einigen Fällen derartige Skalen: Helligkeit, Farbe, Windgeschwindigkeit, Temperatur, Lautstärke. Diese fangen doch in nichts das ein, was wir tatsächlich empfinden. Sie erfassen nicht das, was unsere Wahrnehmung eines warmen Frühlingswindes ausmacht.

Wir können aber über den Wohlbefindlichkeitsgrad eine Abschätzung geben. Es ist aber schwer zu beschreiben, wie sich subjektiv ein warmer Frühlingswind von einer warmen Dusche unterscheidet.

Diese Unterscheidung habe ich seltsamerweise in philosophischen Texten noch nicht gelesen. Qualia hat nämlich einen echten und einen unechten Teil. Über den unechten Teil können wir sprechen ("ich empfinde die Farbe als beruhigend"), er gehört zur P-Welt, aber der subjektive Eindruck ist nicht beschreibbar. Beschreibe einem Farbenblinden den Unterschied zwischen rosa und orange (also Qrosa und Qorange). Das gehört zur Q-Welt.

Ich sehe bei sprechenden Lebewesen deswegen auch nicht so das Problem. Wie finde ich aber heraus, ob es einer Pflanze gut geht, im Sinne ihrer Innensicht, gibt es die überhaupt?

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jun 2023 09:21    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Qualia hat nämlich einen echten und einen unechten Teil. Über den unechten Teil können wir sprechen ("ich empfinde die Farbe als beruhigend"), er gehört zur P-Welt aber der subjektive Eindruck ist nicht beschreibbar.

Das ist kein echtes Problem, es ist nur eine Konsequenz der Tatsache, Qualia nicht so präzise und trennscharf definieren zu können, also subjektive und objektive Gegebenheiten wie mit einem Skalpell trennen zu können.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wie finde ich aber heraus, ob es einer Pflanze gut geht, im Sinne ihrer Innensicht?

Genau das ist die Frage.

Und der Thread dreht sich die ganze Zeit darum, dass zwar niemand eine Antwort kennt - oder habe ich sie überlesen? - dass aber die Einsicht in diese Erklärungslücke für viele irgendwie nicht möglich ist.

Es geht um letztlich einfache Fragen:
A) Folgt gemäß eines universellen naturwissenschaftlichen Weltbildes alles im weitesten Sinne physikalischen Gesetzen? Ja.
B) Ist es gemäß dieses naturwissenschaftlichen Weltbildes zwingend der Fall, dass wir dies alles vollständig physikalisch verstehen können? Nein.
C) Stehen (A) und (B) zueinander in Widerspruch? Trivialerweise Nein.
D) Ist es naheliegend, dass die objektive wissenschaftliche Sichtweise (A) sowie die essentiell rein subjektive Wahrnehmung unserer Qualia bzgl. letzterer zu der Antwort „Nein“ in (B) führt? Ja.

Wo ist das Problem?

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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 679

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 30. Jun 2023 14:11    Titel: Antworten mit Zitat

Mir ist die Erklärungslücke schon klar, aus ihr folgt aber nicht, welchen ontologischen Status die Qualia hat. Fehlt da ein physikalisches Gesetz oder ein metaphysisches? Ist die Qualia der Materie immanent oder transzendent?

Eine andere Frage wäre die nach der Teilbarkeit der Qualia. Angenommen eine Hochtechnologie könnte Deinen Körper verdoppeln, aber das Gehirn wird nicht verdoppelt, sondern geteilt. TomSL mit der linken Hirnhälfte kommt nach Paris und TomSR mit der rechten Hirnhälfte nach Rom. Kannst Du versuchen, das Experiment aus der Innensicht zu beschreiben? Siehst Du eine Überlagerung beider Städte oder entscheidet sich die Qualia für einen der beiden Körper?

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jun 2023 14:17    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Mir ist die Erklärungslücke schon klar, aus ihr folgt aber nicht, welchen ontologischen Status die Qualia hat.

Stimmt, aber das ist ja auch nicht meine Aussage.

Die Aussage ist, dass auch unter der Voraussetzung eines naturwissenschaftlichen Weltbildes (A) für die Qualia eine Erklärungslücke (B) bzgl. derselben existiert, weil uns die Voraussetzung bzgl. der Ontologie für die Epistemik nichts nützt.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Eine andere Frage wäre die nach der Teilbarkeit der Qualia. Angenommen eine Hochtechnologie könnte Deinen Körper verdoppeln, aber das Gehirn wird nicht verdoppelt, sondern geteilt. TomSL mit der linken Hirnhälfte kommt nach Paris und TomSR mit der rechten Hirnhälfte nach Rom. Kannst Du versuchen, das Experiment aus der Innensicht zu beschreiben? Siehst Du eine Überlagerung beider Städte oder entscheidet sich die Qualia für einen der beiden Körper?

Ich denke, dazu wissen wir insgesamt zu wenig.

Bei einem neuronalen Netz könnte man das aber immerhin bzgl. seiner Funktionalität prüfen.

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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 30. Jun 2023 18:05    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Du hast völlig recht, mit dem, was du sagst, aber du vermeidest die essentiellen Fragen. Das ist einer der Punkte, die Searle ausführlich diskutiert, nämlich die Reduzierung der Diskussion soweit, bis der Gegenstand der Diskussion wissenschaftlich oder mathematisch objektiv greifbar ist, jedoch der eigentliche Gegenstand, nämlich der subjektiv geistige Gehalt vollständig aus der Diskussion verschwunden ist.


Er ist nicht verschwunden. Die Qualia stecken in den Konfigurationen der KIs und diese nehmen sie nach wie vor wahr. Ein Außenstehender kann sie in den Informationen zwar nicht erkennen, aber das war ja von vorn herein der Fall.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Dass du es vermeidest, über ein Experiment zu reden, irritiert mich etwas.


Erwartest Du ernsthaft ein Experiment, dass die Gleichheigt zweier gleicher Mengen falsifiziert? Da kannst Du ebensogut nach einem Experiment fragen, das 1=1 widerlegt.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wissenschaftliche Aussagen sind Aussagen über die Natur,
die ich mittels Experimenten prüfen kann; kann ich sie nicht experimentell prüfen, sind sie unwissenschaftlich.


Naturwissenschaftliche Aussagen sind Aussagen über die Natur, die Du mittels Experimenten prüfen kannst. Die oben beschriebene KI fällt aber in den Bereich der theoretischen Informatik. Das ist keine Naturwissenschaft, sondern eine Formalwissenschaft wie z.B. Mathematik, Logik und übrigens auch die allgemeine Lingusitik, welche die Grundlage für Sprachmodelle wie ChatGPT bildet. Du willst hier sicher nicht die Mathematik als unwissenschaftlich bezeichnen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Andererseits bestätigst du natürlich nur meine Behauptung, dass sich subjektive Qualia derartigen objektiven Tests prinzipiell entziehen.


Dass wir nicht wissen, wie das gehen könnte, heißt nicht, dass es nicht geht. Maschinen, die ohne zu wissen wovon sie reden mit hoher Trefferquote sprachlich und inhaltlich korrekte Texte verfassen können, hätte ich auch nicht für möglich gehalten - und doch gibt es sie. Immerhin kann man Qualia bei KIs auf eine endliche und vollständig bekannte Menge von Informationen eingrenzen. Das ist ein Schirtt in die richtige Richtung.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jun 2023 20:31    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Er ist nicht verschwunden. Die Qualia stecken in den Konfigurationen der KIs und diese nehmen sie nach wie vor wahr. Ein Außenstehender kann sie in den Informationen zwar nicht erkennen, aber das war ja von vorn herein der Fall.

Es muss schon sehr anstrengend sein, die Probleme nicht sehen zu wollen.

Wikipedia hat Folgendes geschrieben:
Qualia: der subjektiven Erlebnisgehalt eines mentalen Zustandes im Zusammenhang mit den auslösenden physiologischen Reizen.

Da du Qualia von außen nicht objektiv wahrnehmen kannst - weil sie per definitionem exakt das sind, was nur subjektiv wahrgenommen wird, ist es bzgl. der objektiven Wahrnehmung ein inhaltsleerer Begriff. Und ob und wie es von innen subjektiv wahrgenommen wird, kannst von außen nicht objektiv erkennen, bestätigen oder falsifizieren.

Nach
Karl Popper hat Folgendes geschrieben:
Ein empirisch-wissenschaftliches System muss an der Erfahrung scheitern können.

ist „Quale“ also kein Begriff im Rahmen eines vernünftigen empirisch-wissenschaftliches Systems.

Und aufgrund des per definitionem fehlenden objekiv empirischen Zugangs ist die Hypothese
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Qualia stecken in den Konfigurationen der KIs und diese nehmen sie nach wie vor wahr.

ein (sicherlich subjektiv sehr gut begründbarer) Glaube, mehr nicht. Es sei denn, du nennst ein Experiment.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Erwartest Du ernsthaft ein Experiment, dass die Gleichheit zweier gleicher Mengen falsifiziert?

Ja, ich hätte gerne von dir ein Experiment, das in der Lage ist, meine oben formulierte Hypothese zu falsifizieren; diese bezieht sich aber nicht auf mathematische Begriffe sondern links auf reale physikalische Systeme und rechts auf mentale Entitäten. (Nein, aus den o.g. Gründen erwarte ich natürlich von dir kein Experiment, da ich davon ausgehe, dass ein derartiges Experiment prinzipiell unmöglich ist; ich lasse mich aber gerne überraschen).

Wenn du behauptest, in einem Beutel wäre zwei physikalisch identische Gegenstände, die genau deswegen identisch aussehen, dann ist das Experiment einfach: nimm‘ beide heraus und schau sie dir an.

Warum zierst du dich bei den Qualia so?

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Wissenschaftliche Aussagen sind Aussagen über die Natur, die ich mittels Experimenten prüfen kann; kann ich sie nicht experimentell prüfen, sind sie unwissenschaftlich.

Naturwissenschaftliche Aussagen sind Aussagen über die Natur, die Du mittels Experimenten prüfen kannst. Die oben beschriebene KI fällt aber in den Bereich der theoretischen Informatik.

Die KI basiert auf Siliziumchips, das Gehirn auf Biochemie, und beide auf Physik.

Mach dich doch nicht lächerlich.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Immerhin kann man Qualia bei KIs auf eine endliche und vollständig bekannte Menge von Informationen eingrenzen. Das ist ein Schirtt in die richtige Richtung.

Also wäre die Hypothese für eine KI:



Du darfst gerne wieder ein Experiment vorschlagen, mittels dessen du überprüfen kannst, ob die Qualia eines neuronalen Netzes z.B. einer endlichen Menge entsprechen.

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Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 01. Jul 2023 17:31    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die KI basiert auf Siliziumchips, das Gehirn auf Biochemie, und beide auf Physik.


Nein, ich habe geschrieben, dass die KI auf einer deterministischen Turingmaschine basiert. Dabei scheinst Du an eine Art Computer zu denken. Dieser Irrtum ist weit verbreitet, aber es ist trotzdem ein Irrtum. Eine Turingmaschine hat rein gar nichts mit Physik zu tun. Sie ist nur ein Satz von Definitionen und vollkommen unabhängig davon, ob und wenn ja wie diese in der Praxis umgesetzt werden.

Als einfache Analogie kannst Du Dir die Funktion f(x)=x² vorstellen. Das ist auch ein rein theoretisches Konstrukt. Da wird einfach eine Menge eindeutig auf eine andere abgebildet. Wenn man das in der Praxis anwenden will, dann kommt natürlich zwangsläufig die Physik ins Spiel. Aber ob man die Funktionswerte jetzt z.B. mit einer mechanischen Rechenmaschine oder im Kopf berechnet, ist vollkommen egal. Wenn man sich an die Definition hält, dann ist das Ergebnis immer dasselbe. Niemand würde hier ein Experiment verlangen, mit dem man z.B. die Existenz eines Estremums falsifizieren kann.

Die Turingmaschine ist zwar komplexer, aber das Prinzip ist dasselbe. Sie ist auch nur ein Satz von Funktionen, die eine Konfiguration in eine andere überführen. Ob und wenn ja wie man das in der Praxis umsetzt ist genauso egal wie bei der Berechnung des Quadrats einer Zahl. Das kann man z.B. mit einem Computer machen oder per Hand mit Papier und Bleistift. Auch die Codierung der Konfigurationen ist egal. Man kann sie z.B. als Zahlen oder Buchstaben speichern oder Reiskörner auf einem gigantischen Schachbrett verteilen. Das ist alles vollkommen gleichgültig, solange man sich dabei streng an die Definitionen hält. Diese Definitionen SIND die Turingmaschine. Das lässt sich alles auf pure Mathematik reduzieren und hat nichts mit Physik zu tun.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 01. Jul 2023 17:52    Titel: Antworten mit Zitat

Ob und wie du die Turingmaschine tatsächlich realisierst, ist mir egal.

Entwickelt sie Qualia? *) Unter welchen Bedingungen? In wie weit sind diese mit den unseren vergleichbar oder gar identisch? In wie weit beweist du letzteres mathematisch, und was sind die zugrundeliegenden Annahmen? Und falls du sie physikalisch realisierst, wie zeigst du das experimentell?

*) Meiner Meinung hat sie Qualia allenfalls dann, wenn sie physikalisch realisiert wäre; als rein abstrakter Algorithmus würde die diese allenfalls repräsentieren.

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Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 01. Jul 2023 18:44    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ob und wie du die Turingmaschine tatsächlich realisierst, ist mir egal.


Warum redest Du dann über Physik?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Entwickelt sie Qualia? Unter welchen Bedingungen? In wie weit sind diese mit den unseren vergleichbar oder gar identisch? In wie weit beweist du letzteres mathematisch, und was sind die zugrundeliegenden Annahmen?


Warum willst Du alles auf einmal klären? So arbeitet man in der Wissenschaft nicht. Ich habe mich auf einen kleinen Teilaspekt beschränkt:

Wenn die KI Qualia entwickelt, dann sind diese vollständig in ihrer Konfiguration und deren Änderungen enthalten und identische KIs haben identische Qualia weil ihre Konfigurationen identisch sind.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Und falls du sie physikalisch realisierst, wie zeigst du das experimentell?


Du machst es schon wieder unnötig kompliziert. Das Thema dieser Diskussion heißt "Roboter versus Qualia". Roboter werden von KIs gesteuert. Damit haben wir die Möglichkeit, das Thema auf den Bereich der theoretischen Informatik zu beschränken und uns alle empirischen Probleme vom Hals zu schaffen. Natürlich besteht dabei das Risiko, dass Qualia in diesem Bereich nicht vorkommen. Aber welchen Unterschied macht es, ob man sie nicht beobachtet, weil sie nicht existieren oder weil sie empirisch nicht zugänglich sind?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 01. Jul 2023 21:30    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Warum willst Du alles auf einmal klären? So arbeitet man in der Wissenschaft nicht.

Ach komm, wo bleibt dein Anspruch.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wenn die KI Qualia entwickelt, dann sind diese vollständig in ihrer Konfiguration und deren Änderungen enthalten und identische KIs haben identische Qualia weil ihre Konfigurationen identisch sind.

Wenn man alles ordentlich aufschreibt, bleibt eine triviale Tautologie.

Wenn die mathematische Struktur einer KI Qualia umfasst, dann umfasst die mathematische Struktur einer KI Qualia. Klar.

Nur, was sagt das nun konkret über Qualia?

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Und falls du sie physikalisch realisierst, wie zeigst du das experimentell?

Du machst es schon wieder unnötig kompliziert. Das Thema dieser Diskussion heißt "Roboter versus Qualia". Roboter werden von KIs gesteuert. Damit haben wir die Möglichkeit, das Thema auf den Bereich der theoretischen Informatik zu beschränken und uns alle empirischen Probleme vom Hals zu schaffen. Natürlich besteht dabei das Risiko, dass Qualia in diesem Bereich nicht vorkommen. Aber welchen Unterschied macht es, ob man sie nicht beobachtet, weil sie nicht existieren oder weil sie empirisch nicht zugänglich sind?

Klingt nach einem Rückzugsgefecht deinerseits.

Du übersiehst eine Sache: wir wissen nichts über Qualia, außer unserer subjektiven Wahrnehmung. Was du da also theoretisch diskutierst, funktioniert genau so gut oder schlecht wie eine Diskussion über Boojums oder Doshes.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 01. Jul 2023 22:08, insgesamt einmal bearbeitet
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 01. Jul 2023 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wenn die mathematische Struktur einer KI Qualia umfasst, dann umfasst die mathematische Struktur einer KI Qualia. Klar.

Nur, sagt das nun konkret über Qualia?


Das sagt einer KI mit Qualia, dass ihre Zwillinge dieselben Qualia haben. Ihr ist damit etwas möglich, was Du für unmöglich hältst: Sie kann etwas über Qualia sagen, die nicht ihre eigenen sind.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 01. Jul 2023 22:08    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Wenn die mathematische Struktur einer KI Qualia umfasst, dann umfasst die mathematische Struktur einer KI Qualia. Klar.

Nur, was sagt das nun konkret über Qualia?


Das sagt einer KI mit Qualia, dass ihre Zwillinge dieselben Qualia haben. Ihr ist damit etwas möglich, was Du für unmöglich hältst: Sie kann etwas über Qualia sagen, die nicht ihre eigenen sind.

Die Aussage ist mathematisch trivial „wenn X=Y, dann X=Y“, und physikalisch nicht überprüfbar.

Ich präzisiere meine Frage: welche nicht-triviale Aussage folgt denn nun über Qualia?

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Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 02. Jul 2023 12:06    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Aussage ist mathematisch trivial „wenn X=Y, dann X=Y“, und physikalisch nicht überprüfbar.


Es ist zwar schon ein Fortschritt, dass Du die Unsinnigkeit einer physikalischen Überprüfung mathematischer Aussagen erkannt hast, aber über die Aussage müssen wir noch reden. Die Gleichheit der Qualia folgt nicht aus der Gleichheit der Qualia, sondern aus der Gleichheit der Konfigurationen (einschließlich ihrer Änderungen) und der Zusammenhang zwischen den Konfigurationen und den Qualia ist unbekannt und kann beliebig komplex sein.

Das ist nicht mehr so trivial, wie Du es oben darstellst, und folgt aus der Tatsache, dass die Turingmaschine keine Freiheitsgrade außer ihren Konfigurationen hat. Wenn die Konfigurationen zweier Maschinen gleich, aber die Qualia unterschiedlich wären, dann wären für diese unterschiedlichen Qulaia zusätzliche Freiheitsgrade nötig. Bei einem physikalischen System hätte man hier das Problem, dass man nie sicher sein kann, alle Freiheitsgrade zu kennen. Bei einer Turingmaschine weiß man, dass es sie nicht gibt.

Wenn Dir das nicht komplex genug ist, dann können wir auch zwei Turingmaschinen betrachten, die unterschiedliche Alphabete und unterschiedliche Überführungsfunktionen haben, aber trotzdem gleich arbeiten. Angenommen Maschine A kennt ein Wort xA und Maschine B ein Wort xB wobei Maschine B das Wort xB genauso verarbeitet wie Maschine A das Wort xA. Wenn jetzt die Konfiguration von A vollständig in die von B überführt werden kann, indem man alle xA durch xB ersetzt, dann wären eventuelle Qualia gleich, obwohl die Maschinen nicht gleich sind.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jul 2023 12:45    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Aussage ist mathematisch trivial „wenn X=Y, dann X=Y“, und physikalisch nicht überprüfbar.

Es ist zwar schon ein Fortschritt, dass Du die Unsinnigkeit einer physikalischen Überprüfung mathematischer Aussagen erkannt hast …

Jetzt fehlt nur noch, dass du die Unsinnigkeit einer rein abstrakten mathematischen Aussage angesichts der empirischen Fragestellung über die Qualia erkennst.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Die Gleichheit der Qualia folgt nicht aus der Gleichheit der Qualia, sondern aus der Gleichheit der Konfigurationen (einschließlich ihrer Änderungen) und der Zusammenhang zwischen den Konfigurationen und den Qualia ist unbekannt und kann beliebig komplex sein.

Du diskutierst letztlich die Isomorphie von Strukturen und ihrer Unterstrukturen, wobei deine „Qualia“ nur ein Name für etwas sind, was du nicht näher definieren und charakterisieren kannst (weil du die subjektive Perspektive nie diskutierst). Deine Aussage ist letztlich



Du hast noch nichts konkretes gesagt, was über diese triviale Konsequenz hinausgeht, weil du weder sagst, was konkret Qualia mathematisch sind, noch was sie ontisch und empirisch konkret bedeuten.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Das ist nicht mehr so trivial, wie Du es oben darstellst, und folgt aus der Tatsache, dass die Turingmaschine keine Freiheitsgrade außer ihren Konfigurationen hat. Wenn die Konfigurationen zweier Maschinen gleich, aber die Qualia unterschiedlich wären, dann wären für diese unterschiedlichen Qualia zusätzliche Freiheitsgrade nötig. Bei einem physikalischen System hätte man hier das Problem, dass man nie sicher sein kann, alle Freiheitsgrade zu kennen. Bei einer Turingmaschine weiß man, dass es sie nicht gibt.

Warum versuchst du ständig, mich von etwas zu überzeugen, von dem ich schon längst überzeugt bin, da es trivial ist? Ich sage seit Beginn dieser Diskussion, dass ich von derartigen ontischen Äquivalenzen auch bei realen Gehirnen *) und deren Qualia überzeugt bin, dass ich jedoch weder einen nicht-trivialen mathematischen Beweis *) noch eine konkrete empirische Überprüfung sehe.

*) weil mich diese mehr interessieren als abstrakte Turingmaschinen; und weil sich die Mathematik für diese auf die o.g. Trivialität reduziert


Vom 23.06.:
TomS hat Folgendes geschrieben:
… Dass der aktuelle Zustand unseres jeweiligen Gehirns den jeweiligen Bewusstseinsinhalt physikalisch hervorbringt? Ja, der Ansicht bin ich auch. Oder dass wir uns erklären und verstehen können, wie genau der aktuelle Zustand unseres jeweiligen Gehirns den jeweiligen Bewusstseinsinhalt physikalisch hervorbringt? Nein, das glaube ich nicht.



Tatsache ist, dass, selbst wenn wir eine perfekte physikalische Theorie der Echolotortung bei Fledermäusen hätten, uns diese nichts über das subjektive Empfinden der Fledermaus bei der Ortung sagt. Nun übertragen wir das auf den Menschen. Eine perfekte physikalische Theorie des menschlichen Gehirns würde es mir eventuell erlauben, diese Theorie auf mein subjektives Erleben anzuwenden. Es ist für mich jedoch unmöglich, sie auf dein subjektives Erleben anzuwenden. Dein subjektives Erleben ist immer nur deines, und daher nicht objektivierbar.



Versuch doch bitte mal, schlüssig zu erklären, wie du folgendes objektiv überprüfen willst:

Gegeben seien diverse Versuchspersonen, deren Aussagen bzgl. ihrer Gefühle, entsprechende Messungen von zig Parametern (Stoffwechsel, hochaufgelöste Hirnströme ..) , sowie Korrelationen der Form Messwerte (a, b, c ...) <==> "herrliches Glas Rotwein, erdig ... da denke ich an den letzten Sommerurlaub, wir waren einfach glücklich".

Du hast tausende derartiger Aussagen sowie eine präzise Theorie, die hervorragende Korrelationen zwischen Messwerten und Aussagen liefert; sie funktioniert in beide Richtungen, d.h. ausgehend von den Messdaten liefert sie Aussagen, denen die Testpersonen zustimmen; und umgekehrt kann die Theorie ausgehend von den Aussagen der Testpersonen sehr präzise die Messdaten vorhersagen: das funktioniert mittels präziser mathematischer Modellierung genügend hochauflösender Hirnzustände und -prozesse (nicht unbedingt je Atom, aber meinetwegen aber auch das).

Nun machen wir folgendes: wir suchen Cluster von Testpersonen mit sehr ähnlichen Aussagen und Messdaten, also z.B. alle, die dieses Glücksgefühl bzgl. des Glases Rotwein teilen.

Jetzt folgende Fragen zu den Personen innerhalb eines Clusters:
1) haben sie eng verwandte Hirnzustände?
2) stimmen ihre Aussagen (im Rahmen einer Metrik bzgl. deutscher Sprache) sehr gut überein?
3) weisen ihre "theoretischen Zwillinge" eng verwandte mathematische Zustände auf?
4) stimmen ihre inneren Empfindungen sehr gut überein?

Ich denke, du antwortest auf alle vier Fragen mit "ja". Ich jedenfalls tue das.

Auf Basis welcher Voraussetzungen] folgerst du logisch, dass dies bei (4) zutrifft, und wie überprüfst du (falsifizierst bzw. verifizierst du gemäß Popper) dies anhand welcher Experimente?

Im letzten Absatz steht die spannende Frage.

Über die Vorrede sind wir uns weitgehend einig, da musst du mich nicht überzeugen.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 02. Jul 2023 14:16, insgesamt einmal bearbeitet
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 02. Jul 2023 14:10    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Jetzt fehlt nur noch, dass du die Unsinnigkeit einer rein abstrakten mathematischen Aussage angesichts der empirischen Fragestellung über die Qualia erkennst.


Wenn Du es schon für unsinig hälst, das Problem auf eine abstrakten mathematischen Ebene zu reduzieren, dann ist es noch unsinnniger es im Bereich der Physik diskutieren zu wollen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Du hast noch nichts konkretes gesagt, was über diese triviale Konsequenz hinausgeht


Immerhin habe ich etwas Kontretes gesagt und ich habe gezeigt, wie das Thema möglicherweise von der Physik getrennt werden kann. Die Idee, dass Qualia in einer Folge von Zahlen stecken können, die man nach bestimmten Regeln auf Papier schreibt, finde ich zumindest interessant. Wenn das möglich sein sollte, dann gehen Diskussionen über physikalische Vorgänge in Computern der Gehirnen am Thema vorbei. Darüber sollte man doch zumindest mal nachdenken.

Du kannst ja streng genommen noch nicht einmal etwas über Deine eigenen Qualia sagen, weil Du Dich selbst ständig änderst. Am Ende eines Satzes bist Du nicht mehr derselbe wie am Anfang. Wenn Du nicht wenigstens in gewissen Grenzen davon ausgehst, dass ähnliche Zustände mit ähnlichen Qualia assoziiert sind, dann löst sich der Gegenstand dieser Diskussion komplett in Wohlgefallen auf, weil er dann noch nicht einmal einer subjektiven Beobachtung zugänglich sind.
Sonnenwind



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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 02. Jul 2023 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Du kannst ja streng genommen noch nicht einmal etwas über Deine eigenen Qualia sagen, weil Du Dich selbst ständig änderst. Am Ende eines Satzes bist Du nicht mehr derselbe wie am Anfang. Wenn Du nicht wenigstens in gewissen Grenzen davon ausgehst, dass ähnliche Zustände mit ähnlichen Qualia assoziiert sind, dann löst sich der Gegenstand dieser Diskussion komplett in Wohlgefallen auf, weil er dann noch nicht einmal einer subjektiven Beobachtung zugänglich sind.

Ein interessantes Argument. Ich würde sagen, dass ich eine Wiese schon immer als Qirgendwas wahrgenommen habe. Obwohl ich niemandem Qirgendwas erklären kann, so kann ich doch sagen, dass es immer gleich geblieben ist und niemals Qirgendwasanderes war.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 02. Jul 2023 15:27    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Ich würde sagen, dass ich eine Wiese schon immer als Qirgendwas wahrgenommen habe. Obwohl ich niemandem Qirgendwas erklären kann, so kann ich doch sagen, dass es immer gleich geblieben ist und niemals Qirgendwasanderes war.


Das Problem ist, dass Du hier die Wahrnehmung einer Wiese mit einer Erinnerung an die Wahrnehmung einer Wiese vergleichst. Selbst wenn Erinnerungen zuverlässig wären (was sie bekanntermaßen nicht sind), vergleichst Du da zwei verschiedene Dinge. Selbst wenn die Wahrnehmungen gleich sind, kann die Erinnerung daran anders sein. Vielleicht ist beides wirklich gleich, aber vielleicht resultiert dieser Eindruck auch nur aus der Art und Weise, wie die Erinnerung aus den gespeicherten Daten rekonstruiert wird. Und dieses Problem besteht leider auf jeder Zeitskala über die subjektive Gegenwart (maximal ein paar Sekunden) hinaus.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jul 2023 16:08    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wenn Du es schon für unsinig hälst, das Problem auf eine abstrakten mathematischen Ebene zu reduzieren, dann ist es noch unsinnniger es im Bereich der Physik diskutieren zu wollen.

Es ist genau umgekehrt. Das einzige, was ich mich sicher zu sagen traue, ist, dass mein Gehirn nach objektiven physikalischen Gesetzmäßigkeiten funktioniert, und dass ich subjektive mentale Phänomene wahrnehme.

Daher ist es nicht Unsinn sondern Notwendigkeit, davon auszugehen.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Immerhin habe ich … gezeigt, wie das Thema möglicherweise von der Physik getrennt werden kann.

Nur vordergründig.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Die Idee, dass Qualia in einer Folge von Zahlen stecken können, die man nach bestimmten Regeln auf Papier schreibt, finde ich zumindest interessant. Wenn das möglich sein sollte, dann gehen Diskussionen über physikalische Vorgänge in Computern der Gehirnen am Thema vorbei.

Warum? Die Folge von Zahlen sind nicht die Qualia, sie repräsentieren sie höchstens (nur weil ich F=ma hinschreibe, fällt ja auch nicht das iPad runter). Und die tatsächliche Realisierung der Zahlen und ihre Bedeutungen ist erstens nur teilweise emergent, zweitens dem Computer nicht vollständig immanent. Die Syntax steckt im Computerprogramm, die Semantik in deiner Interpretation desselben.

Deswegen geht das am Thema vorbei, da es für Computerprogramme deiner (unserer) zusätzlichen Interpretation bedarf, was für deine Qualia offensichtlich weder notwendig noch sinnvoll ist; es gibt keine separate Interpretation. Die Diskussion von KIs löst das Problem nicht, und vereinfacht es auch nicht, sie verkompliziert es. Und sie überdeckt, dass man die eigenen subjektiven Qualia nicht in KIs objektivieren kann.

Lies Searle, der dekonstruiert die Kognitionswissenschaften hier sehr schön.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Du kannst ja streng genommen noch nicht einmal etwas über Deine eigenen Qualia sagen, weil Du Dich selbst ständig änderst. Am Ende eines Satzes bist Du nicht mehr derselbe wie am Anfang. Wenn Du nicht wenigstens in gewissen Grenzen davon ausgehst, dass ähnliche Zustände mit ähnlichen Qualia assoziiert sind, dann löst sich der Gegenstand dieser Diskussion komplett in Wohlgefallen auf, weil er dann noch nicht einmal einer subjektiven Beobachtung zugänglich sind.

Das ist eine extrem interessante Frage, nämlich in wie weit eigene Qualia invariant sind. Ist für mich neu.

Umso sinnloser ist es aber, die Antwort im Computerprogrammen zu suchen. Ich gebe dir ja recht, dass sie mathematisch greifbarer sind und einfachere sowie präzisere Antworten zulassen - aber halt auf zu einfache und insbs. nur objektive d.h. bzgl. der subjektiven Phänomenen „Qualia“ völlig verfehlte Fragen.

Eine mathematische Repräsentative der Qualia ist nur dann sinnvoll, wenn wir ziemlich konkret sagen können, wie genau die Subjektivität enthalten ist; das ist der entscheidende Unterschied zwischen Qualia und irgendwelchen anderen objektiven Phänomene.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 03. Jul 2023 10:40    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das einzige, was ich mich sicher zu sagen traue, ist, dass mein Gehirn nach objektiven physikalischen Gesetzmäßigkeiten funktioniert, und dass ich subjektive mentale Phänomene wahrnehme.


Damit wird es nicht besser sondern schlimmer. Wenn es Dir nur um Deine subjektive Wahrnehmung geht, dann ist es sinnlos mit anderen darüber zu diskutieren - und doch bist Du hier. Wie passt das zusammen?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Folge von Zahlen sind nicht die Qualia, sie repräsentieren sie höchstens (nur weil ich F=ma hinschreibe, fällt ja auch nicht das iPad runter).


Wenn ich das Programm einer KI mit einem Bleistift auf einem Blatt Papier abarbeite, dann SIND die Daten auf dem Papier die KI. Es spielt keine Rolle auf welcher Hardware das Programm läuft und wie die Daten gespeichert werden. Entscheidend sind die Daten selbst.

Genau darin liegt doch der Vorteil von KIs - dass sie unabhängig von realen Vorgängen sind, die wir nicht vollständig beobachten können und deren Gesetze uns nicht vollständig bekannt sind. Über Funktionsweise und Zustand einer KI können wir jedes Detail wissen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Und die tatsächliche Realisierung der Zahlen und ihre Bedeutungen ist erstens nur teilweise emergent, zweitens dem Computer nicht vollständig immanent. Die Syntax steckt im Computerprogramm, die Semantik in deiner Interpretation desselben.


Na und? Du musst die Funktionsweise Deines Gehirns auch nicht kennen um Schmerz zu fühlen. Warum soll es dann für eine empfindungsfähige KI wichtig sein, Programm und Überführungsfunktionen zu kennen oder den Daten in ihrem Speicher irgend eine Bedeutung zu geben? Das kann ihr alles völlig egal sein.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Diskussion von KIs löst das Problem nicht, und vereinfacht es auch nicht, sie verkompliziert es.


Mal davon abgesehen, dass die KIs schon in der Überschrift dieser Diskussion stehen - was genau wird denn einfacher, wenn man zusätzlich zur reinen Informationsverarbeitung auch noch die Physik einer konkreten Umsetzung betrachtet?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das ist eine extrem interessante Frage, nämlich in wie weit eigene Qualia invariant sind. Ist für mich neu.


Wie kann das neu sein? Du reitest doch ständig darauf herum, dass über die triviale Aussage zur Identität hinaus nichts über Qualia gesagt werden kann. Da steckt das doch zwangsläufig mit drin. Entweder kann man nichts über seine eigenen Qualia sagen weil man nie derselbe bleibt oder man geht davon aus, dass kleine Änderungen des Zustandes zu kleinen Änderung der Qualia führen. Ersteres macht die Diskussion überflüssig und letzeres eröffnet die Möglichkeit, doch etwas über andere Qualia sagen zu können.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Umso sinnloser ist es aber, die Antwort im Computerprogrammen zu suchen.


Ich habe noch nicht verstanden, warum die Suche nach Antworten in einem Computerprogramm sinnloser sein soll als in physikalischen Systemen. Wenn Dein einziges Argument darin bestehen würde, dass sich Deine Qualia nur in deinem Gehirn abspielen, dann könnte eine KI mit demselben Recht darauf verweisen, dass ihre Qualia nur in ihren Daten zu suchen sind. Das kann es also nicht sein. Aber was dann?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Eine mathematische Repräsentative der Qualia ist nur dann sinnvoll, wenn wir ziemlich konkret sagen können, wie genau die Subjektivität enthalten ist


Können wir das denn für eine physikalisches System sagen?
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jul 2023 12:16    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wenn es Dir nur um Deine subjektive Wahrnehmung geht, dann ist es sinnlos mit anderen darüber zu diskutieren

Ich habe zig mal geschrieben, dass das Problem im Bezug zwischen der subjektiven und der objektiven Perspektive steckt.

Wenn du nicht lesen kannst oder willst, ist es sinnlos mit dir zu diskutieren.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich das Programm einer KI mit einem Bleistift auf einem Blatt Papier abarbeite, dann SIND die Daten auf dem Papier die KI. Es spielt keine Rolle auf welcher Hardware das Programm läuft und wie die Daten gespeichert werden. Entscheidend sind die Daten selbst.

Du verstehst offenbar nicht den Unterschied zwischen "ist" und "repäsentiert". Gemäß dieser absurden Schlussfolgerung hätte ein Lehrbuch der Neurowissenschaften dann selbst Schmerzen.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Genau darin liegt doch der Vorteil von KIs - dass sie unabhängig von realen Vorgängen sind, die wir nicht vollständig beobachten können und deren Gesetze uns nicht vollständig bekannt sind.

Wir wüssten dann tatsächlich alles über die mathematische Repräsentation ihrer Qualia, jedoch weiterhin nichts über ihre subjektiven Gefühle. Ersteres ist trivial, letzteres macht die Diskussion über Qualia sinn- und zwecklos.

Lies Searle u.a., dann verstehst du eventuell deine essentiellen sowie teilweise trivialen Denkfehler.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 03. Jul 2023 13:08    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Gemäß dieser absurden Schlussfolgerung hätte ein Lehrbuch der Neurowissenschaften dann selbst Schmerzen.


In einem Lehrbuch über Neurowissenschaften laufen keine Prozesse ab. Es beschreibt nur Beobachtungen. Ich rede hier aber nicht über die Beschreibung von Beobachtungen von Daten, sondern über die Daten selbst. Die Überführungsfunktionen der Turingmaschine wirken auf diese Daten und nicht auf Papier und darauf verteiles Graphit.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wir wüssten dann tatsächlich alles über die mathematische Repräsentation ihrer Qualia, jedoch weiterhin nichts über ihre subjektiven Gefühle.


Bei einem fremden Person wissen wir nicht alles über die physikalische Repräsentation ihrer Qualia und auch nichts über ihre subjektiven Gefühle.

Ich verstehe nicht, wie es besser sein kann, weniger zu wissen.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jul 2023 13:19    Titel: Antworten mit Zitat

Ich weiß ehrlich nicht, was ich noch sagen soll.
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Qubit



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Beitrag Qubit Verfasst am: 03. Jul 2023 20:59    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich weiß ehrlich nicht, was ich noch sagen soll.

Man sollte vielleicht mal einen einen kleinen Aufsatz schreiben, mit dem Titel:
"Diese Welt ist deine Welt"
Mit den Untertiteln:
"Was du nicht wissen kannst.
Von der Natur der Natur"

Vielleicht sieht man dann, dass sich alles, auch Computerprogramme, letztlich in der subjektiven Natur dieses Verstehens begründet.
So wird man sich eben auf einen "objektiven Kontext" einigen können, zB. nach naturwissenschaftlicher Methodik, aber immer auch eingebettet in einen subjektiven Kontext. Und so kann man einen solchen "subjektiven Kontext" selbst auch letztlich immer nur subjektiv beurteilen. Man kann anderen Menschen diesen subjektiven Kontext zugestehen, weil sie Menschen und ähnlich sind. Aber es fällt so schwer, einer KI (oder Ameise) objektiv einen subjektiven Kontext zuzugestehen, wenn man sie objektiv,, formal beschreiben muss.
So stimme ich dir zu, dass es gar keine objektiven Kriterien geben kann, einen subjektiven Kontext zu beurteilen ausserhalb des eigenen subjektiven Kontext.
So mag man daran subjektiv "glauben", dass eine KI selbst Subjektivität, zB. in Form von Qualia, hat oder auch nicht. Mit objektiven Kriterien alleine lässt sich es aber nicht begründen. Das ist das eigentliche Dilemma in dieser Frage.
Man wird also nie im objektiven Sinne feststellen können, ob ein Computer resp. ein Computerprogramm selbst Qualia hat. Weil man es eben letztlich nur in einem subjektiven Kontext beurteilen kann. Das ist -wenn man so sagen will- eine "Relativitätstheorie" des eigenen "Ichs".
TomS
Moderator


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Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jul 2023 21:49    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
So stimme ich dir zu, dass es gar keine objektiven Kriterien geben kann, einen subjektiven Kontext zu beurteilen ausserhalb des eigenen subjektiven Kontext.

Ich bin mir nicht sicher, ob wir tatsächlich exakt das selbe sagen, aber zumindest sind unsere Ansichten verwandt.

Qubit hat Folgendes geschrieben:
So mag man daran subjektiv "glauben", dass eine KI selbst Subjektivität, zB. in Form von Qualia, hat oder auch nicht. Mit objektiven Kriterien alleine lässt sich es aber nicht begründen … Man wird also nie im objektiven Sinne feststellen können, ob ein Computer resp. ein Computerprogramm selbst Qualia hat. Weil man es eben letztlich nur in einem subjektiven Kontext beurteilen kann.

Genau.

Es gibt sehr gut plausible Gründe, aber keine streng logischen, die nicht in Teilen lückenhaft oder zirkulär sind.

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Das ist das eigentliche Dilemma in dieser Frage.

Im Gegenteil, es ist führt ein gutes Stück in Richtung einer Lösung.

Zunächst mal erscheint der Gegensatz von Materialismus / Naturalismus / Physikalismus einerseits und mentalen Phänomenen andererseits unüberwindbar.

Aber
1. das sind zumeist Scheinprobleme, die aufgrund der (historisch bedingt) falschen Fragen entstehen;
2. werden oft Geist und Materie entweder als gegensätzlich oder gar widersprüchlich (im Sinne von etwas mystischen) aufgefasst, oder Geist wird zugunsten der Materie eliminiert; dabei übersieht man, dass
3. dieser Widerspruch nicht in den Dingen selbst sondern in unsereren Perspektiven steckt; nicht das Mentale an sich ist wesensverschieden von der Materie, lediglich die Perspektiven (du sprichst von Kontexten) sind es; d.h.
4. die Lösung steckt darin, das „Dilemma“ in unserer eigenen Sicht auf die Dinge zu verorten; aber damit ist es kein Dilemma mehr; nun könnte man meinen, dies sei nur ein Trick, jedoch
5. erscheint dies zumindest naheliegend; denn wenn unser Verstand (so wie eine KI / ein NN) im weitesten Sinne algorithmisch funktioniert, so wissen wir doch seit Gödel und Turing, dass ein Algorithmus beweisbar nicht in der Lage ist, alle Wahrheiten über sich selbst zu beweisen; anders gesprochen, warum sollte gerade die selbstbezügliche Frage unseres Verstandes bezüglich der Funktionsweise dieses Verstandes nicht in eine Sackgasse führen?

Das Dilemma steckt eher darin, dass diese Argumentation nicht als Lösungsansatz verstanden wird. Zumindest zeigt sich doch, wo das Problem nicht steckt.

Prost

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 03. Jul 2023 22:14    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Man wird also nie im objektiven Sinne feststellen können, ob ein Computer resp. ein Computerprogramm selbst Qualia hat.


Bei einem Menschen geht das genausowenig. Warum die Betrachtung von KIs hier weniger geeignet sein soll als die von Menschen, entzieht sich weiterhin meinem Verständnis. Aber vielleicht ist das auch nur subjektiv zugänglich.
Qubit



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Beitrag Qubit Verfasst am: 03. Jul 2023 22:39    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:
Man wird also nie im objektiven Sinne feststellen können, ob ein Computer resp. ein Computerprogramm selbst Qualia hat.


Bei einem Menschen geht das genausowenig. Warum die Betrachtung von KIs hier weniger geeignet sein soll als die von Menschen, entzieht sich weiterhin meinem Verständnis. Aber vielleicht ist das auch nur subjektiv zugänglich.


Der Grund ist eigentlich simpel:
einen Menschen zu "interpretieren" und ihm Subjektivität zuzueignen, liegt offenbar in der Natur des Menschen selbst und erfordert in der Analyse (nur) ein gewisses Maß an "Analogieschluss". Man schliesst hier von sich auf andere, so entwickelt sich der Mensch (und wohl genauer sein Gehirn) von Geburt an.
Die Verhältnisse liegen bei einem Computer & Computerprogramm (~KI) da ganz anders. Wenn ein Computer irgendwas produziert, eine Rechnung, ein Bild oder Texte oder was auch immer, dann sind das erstmal algorithmische Artefakte, die von Menschen selbst interpretiert werden müssen. Anzunehmen, dass ein Computer diese Artefakte, die Rechnungen, Bilder oder Texte wirklich so wahrnimmt oder gar "erlebt", mit der Subjektivität eines Menschen, liegt sehr fern. Eben weil Menschen Computer und ihre Programme objektiv & formal beschreiben (können). Wenn nun ein Computer zB. "kommunizert", dass es Musik oder Bilder emotional erlebt, so analysiert der Mensch das objektiv in den Daten und Algorithmen dieser Computer. Aber gerade wenn er diese nicht mehr versteht (weil vielleicht zu komplex geworden), desto weniger hat er eine rationale Begründung, einem Computer und/oder seinem Programm eine Subjektivität zuzusprechen. Was dann bleibt, ist ein "Anlogieschluss" oder auch nicht, resp. zu glauben, dass ein Computer Subjektivität hätte oder auch nicht. Das ist das Dilemma.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jul 2023 22:59    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:
Man wird also nie im objektiven Sinne feststellen können, ob ein Computer resp. ein Computerprogramm selbst Qualia hat.

Bei einem Menschen geht das genausowenig.

Stimmt, sage ich schon die ganze Zeit.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Warum die Betrachtung von KIs hier weniger geeignet sein soll als die von Menschen, entzieht sich weiterhin meinem Verständnis.

Das Problem meiner Qualia ist essentiell die Erklärungslücke bzgl. i) subjektiver / erste-Person-Perspektive und ii) objektiver / dritte-Person-Perspektive. Wenn ich nun mich selbst zugunsten einer KI aus der Gleichung nehme, eliminiere ich (i), verstümmele also die Problemstellung bis zur Unkenntlichkeit.

Wenn du einen Aufsatz über deine fehlende Wahrnehmung deines blinden Flecks schreiben sollst, wirst du mit einem Aufsatz über den Sensor deiner Kamera durchfallen.

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Anmeldungsdatum: 07.10.2009
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Beitrag DrStupid Verfasst am: 03. Jul 2023 23:26    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Man schliesst hier von sich auf andere, so entwickelt sich der Mensch (und wohl genauer sein Gehirn) von Geburt an.


Aber genau dieser Analogieschluss wird doch angezweifelt. Wenn man das zulässt, dann bleibt vom Problem nicht mehr viel übrig. Man geht einfach davon aus, zwei Menschen, die eine Schmerz gleich beschreiben, auch den gleichen Schmerz empfinden. Es gibt unzählige Studien, die genau darauf basieren. Hier geht es aber um die rein subjektive Sicht und nicht um Intersubjektivität oder gar Objektivität. Bei dieser restriktiven Betrachtung sind fremde Qualia bei Menschen genausowenig zugänglich wie bei KIs.

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Wenn ein Computer irgendwas produziert, eine Rechnung, ein Bild oder Texte oder was auch immer, dann sind das erstmal algorithmische Artefakte, die von Menschen selbst interpretiert werden müssen.


Für das, was Menschen produzieren, gilt dasselbe.

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Was dann bleibt, ist ein "Anlogieschluss" oder auch nicht, resp. zu glauben, dass ein Computer Subjektivität hätte oder auch nicht. Das ist das Dilemma.


Das ist nur ein Dilemma, wenn Du davon ausgehst, dass ein Mensch über die Sicht der KI urteilt. Ich spreche aber davon, dass die KI das selbst tut. Das geht doch gar nicht anders, wenn man das Thema auf die rein subjektive Sicht reduziert.

Für mich stellt es sich so dar:

Die subjektive Sicht ist nur dem Individuum selbst zugänglich. Ohne zusätzliche Annahmen kann ein Individdum nichts über die Qualia anderer Infividuen sagen, es sei denn, es wäre mit ihnen identisch. Zwei Menschen können nie identisch sein aber zwei KIs schon. Dieser Vorteil der KIs mag winzig sein, aber er ist vorhanden.

Wenn es obendrein um den Zusammenhang zwischen Qualia und objektiven Zustand geht, dann muss man diesen Zustand natürlich auch kennen. Beim Menschen kennt man ihn nicht, aber bei der KI schon. Hier sind die KIs ganz klar im Vorteil.

Warum soll die Betrachtung von KIs trotzdem nicht besser oder sogar schlechter sein?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18121

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jul 2023 06:39    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:
Was dann bleibt, ist ein "Anlogieschluss" oder auch nicht, resp. zu glauben, dass ein Computer Subjektivität hätte oder auch nicht. Das ist das Dilemma.

Das ist nur ein Dilemma, wenn Du davon ausgehst, dass ein Mensch über die Sicht der KI urteilt. Ich spreche aber davon, dass die KI das selbst tut. Das geht doch gar nicht anders, wenn man das Thema auf die rein subjektive Sicht reduziert …

Warum soll die Betrachtung von KIs trotzdem nicht besser oder sogar schlechter sein?

A) Das eigentlich interessante Problem ist die Beziehung zwischen
i) meinen subjektiv wahrgenommen Qualia sowie
ii) meinen objektiven, jedoch nur in Teilen verstanden physischen Hirnzuständen und -Prozessen und den emergenten höherwertigen Hirnfunktionen.
B) Dein Ansatz dreht sich um die Beziehung zwischen
i) den von mir nicht wahrnehmbaren (hypothetischen) Qualia sowie
ii) den bekannten höherwertigen Funktionen einer KI.

Du hast Recht, aus Sicht der KI wäre das ein vergleichbares Problem, aber mir nützt (B) zum Verständnis von (A) nichts.

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 04. Jul 2023 07:06    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht gibt es doch die Möglichkeit für eine Hochtechnologie die Qualia einer Fledermaus festzustellen. Man verbindet sich selbst (M) massiv über neuronale Verbindungen mit der Fledermaus (F), betäube dann den M-Teil und ist dann die Fledermaus. Dann wacht man wieder auf und trennt die Verbindung wieder. Ob man sich allerdings an die F-Qualia erinnern kann ist fraglich.
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