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Roboter versus Qualia - Seite 4
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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2023 06:56    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Kann man von der Funktion auf inneres Erleben schließen?

Nein, kann man schon rein logisch nicht.

Der behavioristische Fehlschluss war ja, den Zugang zum Bewusstsein mit essentiell innerem Erleben ausschließlich über das Verhalten zu suchen und in der Folge (siehe dann auch Funktionalismus, Turing-Test u.a.m.) den Untersuchungsgegenstand mit der Untersuchungsmethode zu verwechseln.

Liest man heute Texte über KI, so wird oft nicht zwischen Intelligenz und intelligenzartigem Verhalten unterschieden. Auch die Diskussion über Qualia wird teilweise so geführt, als ob man letztere zugunsten von Biochemie und Verhalten eliminieren könne, wobei das eigtl. Qualia-hafte aus der Diskussion verschwindet (was viele nicht bemerken oder was sie nicht stört).

Siehe auch hier: es fällt offensichtlich schwer, zu akzeptieren, dass eine offensichtlich subjektive Perspektive auf die je eigenen Qualia existiert, die nicht auf Biochemie und Verhalten reduziert werden kann. Der objektive Zugang eines Forschers zum Bewusstsein eines Menschen (mittels Biochemie, Neurobiologie, Verhalten …) eliminiert sicher nicht diese subjektive Perspektive - schon rein logisch nicht.

Es handelt sich um einen logischen und eigentlich offensichtlichen Fehler. Warum er immer wieder kopiert wird, kann nur vermutet werden. Wahrscheinlich fühlt sich die Diskussion über Qualia als epistemisch irreduzible, subjektiv geistige Gehalte für viele so an, als ob man ontisch Entitäten jenseits der Physik einführen würde; und der Begriff subjektiv scheint irgendwie negativ konnotiert zu sein. Das sind natürlich ebenfalls logische Fehlschlüsse. Siehe auch hier im Thread: meine Aussage, dass das Problem der subjektiven Qualia ein rein erkenntnistheoretisches Problem ohne Rückgriff auf etwas außer-physisches ist, passt offensichtlich nicht gut ins Weltbild.

EDIT: Ich hab's an andere Stelle schon mal geschrieben: Die Mathematik hat vor fast einem Jahrhundert erkannt, dass es nicht möglich ist, innerhalb hinreichend mächtiger mathematischer Systeme alle in diesen Systemen wahre, auf diese Systeme bezogenen Aussagen abzuleiten. Aber Philosophie und Naturwissenschaft rund um Bewusstsein, Geist usw. weigern sich, diese an sich triviale Möglichkeit zur Kenntnis zu nehmen, dass nämlich exakt das selbe für den Geist oder andere Bereiche der Physik zutreffen könnte; ersetze "hinreichend mächtige mathematische Systeme" durch "hinreichend mächtige physikalische Theorien", und die Analogie wird offensichtlich.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jun 2023 08:59    Titel: Antworten mit Zitat

antaris hat Folgendes geschrieben:
"Wie kann man wissen ob man nicht eigentlich wach ist, wenn man träumt und nicht träumt (schläft), wenn man wach ist?"


Üblicherweise weiß man das nicht. Es bringt nur nichts, ständig anzunehmen, dass man träumt.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jun 2023 09:25    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nun, er ist trivialerweise dadurch subjektiv, dass es sich um meinen Schmerz in meinem Hirn handelt.


Dann sind Deine Gehirnzellen auch subjektiv, weil sie Deine Gehirnzellen in Deinem Gehirn sind?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Subjektiv bezeichnet nur die Tatsache einer für mich ausgezeichneten Perspektive.


Sind dann Fotos subjektiv, weil Kameras aus Fermionen bestehen und deshalb nie zwei von ihnen zur gleichen Zeit am selben Ort sein können?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Im Gegensatz zur Wasserwelle kann ich Qualia als emergente Phänomen nicht von mikroskopisch zu makroskopisch u.u. analysieren und das genau Phänomen wie z.B. Oberflächenspannung identifizieren; ich kann Qualia ja nicht mal wirklich definieren.


Das allein machst sie aber nicht subjektiv. Sie sind da. Man kann sie beobachten - in begrenztem Maße sogar unabhängig reproduzierbar. Wenn das nicht so wäre, dann könnten wir uns hier z.B. nicht über Schmerz unterhalten. Wenn er völlig undefinierbar wäre, dann hätten wir nicht einmal ein Wort dafür. Die objektive Beobachtung ist hier nur eingeschränkt, aber nicht völlig unmöglich.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Stell dir doch einfach vor, dass KIs immer leistungsfähiger werden, nicht nur größere neuronale Netze, insbs. auch mehr Sensorik und Aktorik. Welche Komplexität genau wäre denn notwendig, damit du i) überzeugt bist, dass zumindest einige Qualias zwischen dir und dem NN identisch sind? und ii) wie genau würdest du diese Identität wissenschaftlich d.h. experimentell prüfen?


Wenn die KI physikalisch nicht von mir unterscheidbar ist, dann wären auch ihre Qualia mit meinen identisch.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2023 10:06    Titel: Antworten mit Zitat

Es täte dir gut, dich mal etwas mit Literatur zu dem Thema zu beschäftigten.

Und es würde helfen, wenn du versuchen würdest, Argumente in Summe zu verstehen, und nicht, Einzelteile rauszupicken und soweit zu deformieren, bis sie dir als vermeintliche Gegenargumente zu taugen scheinen.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Dann sind Deine Gehirnzellen auch subjektiv, weil sie Deine Gehirnzellen in Deinem Gehirn sind?

Nein, weil ich darauf keine subjektive Perspektive habe. Du auf deine übrigens auch nicht.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Sind dann Fotos subjektiv, weil Kameras aus Fermionen bestehen und deshalb nie zwei von ihnen zur gleichen Zeit am selben Ort sein können?

Blödsinn kommentiere ich eigentlich nicht.

Aber ja, die Wahrnehmung eines Photos ist tatsächlich subjektiv.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Das allein machst sie aber nicht subjektiv. Sie sind da. Man kann sie beobachten - in begrenztem Maße sogar unabhängig reproduzierbar.

Es geht auch nicht darum, dass etwas ausschließlich subjektiv ist. Natürlich gibt es am Hirn sowohl subjektive als auch objektive Aspekte. Ich habe nie etwas anderes behauptet.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wenn die KI physikalisch nicht von mir unterscheidbar ist, dann wären auch ihre Qualia mit meinen identisch.

Die Argumentation ist - wie schon vielfach geschrieben - absolut plausibel, jedoch weder logisch zwingend noch experimentell testbar.

Ich warte immer nicht auf
1) eine logische Schlussfolgerung, wie aus identischen physikalischen Zuständen und Prozessen identische Qualia entstehen, ohne im Rahmen eines Zirkelschlusses die vollständige Identität physikalischer Zustände und Prozessen und Qualia bereits vorauszusetzen
2) auf ein Experiment, das es erlaubt, Hypothesen wie "aus identischer Physik folgen identische Qualia" zu testen.
3) die Aufklärung, inwiefern die Diskussion der subjektiven vs. der objektiven Perspektive - die beide offensichtliche gegeben sind - irgendwie zu kompliziert ist und wie man sie vereinfachen könnte

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Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 27. Jun 2023 12:06    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Nun, er ist trivialerweise dadurch subjektiv, dass es sich um meinen Schmerz in meinem Hirn handelt.


Dann sind Deine Gehirnzellen auch subjektiv, weil sie Deine Gehirnzellen in Deinem Gehirn sind?


Was ist der Knackepunkt? Wenn ich TomS richtig verstehe, stehen wir vor folgendem Problem mit folgenden essentiellen Fakten:

1. Subjektivität mit Qualia ist eine Erfahrung. Aber eben eine subjektive Erfahrung. Man ist da auf sich selbst angewiesen.

2. Die Physik, als die grundlegendste Theorie der Natur, beschreibt aber keine Theorie dieser subjektiven Erfahrung. Diese ist in den physikalischen Theorien und Gleichungen nicht enthalten.

Was man da höchstens objektiv festellen kann, ist die "Supervenienz" mentaler Zustander in Hinsicht physikalischer Zustände, also insbesondere des Hirns. Wenn man also das Hirn physisch manipuliert, manipuliert man auch geistige/psychische Zustände, aber auch vice versa.

Die grosse Frage ist nun, ob es überhaupt eine solche physikalische Theorie geben kann!? Vermutlich nur dann, wenn man dann auch die Konzepte und Modelle physikalischer Theorien dahingehend erweitern kann. Aber das ist eine offene Frage.

Baut man aber eine metaphysische Theorie rein auf dieser primären subjektiven Erfahrung, dann ist man schnell bei Schopenhauer und der "Welt als Wille und Vorstellung". Die physische Welt ist da dann nur (noch) eine "äussere Erscheinung", die aber durchaus naturwissenschaftlichen Gesetzen folgt..
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2023 13:04    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich TomS richtig verstehe, stehen wir vor folgendem Problem mit folgenden essentiellen Fakten:

1. Subjektivität mit Qualia ist eine Erfahrung. Aber eben eine subjektive Erfahrung. Man ist da auf sich selbst angewiesen.

2. Die Physik, als die grundlegendste Theorie der Natur, beschreibt aber keine Theorie dieser subjektiven Erfahrung. Diese ist in den physikalischen Theorien und Gleichungen nicht enthalten.

Sehr gut. Danke.

Ergänzen könnte man noch, dass (1) offenbar einigen Leuten Probleme bereitet. Oder dass manche der Meinung sind, dass eine hypothetische Lösung zu (2) den Punkt (1) vollständig eliminiert. Nein, es müsste ihn erklären - aber deswegen tut es mir immer noch weh, wenn ich mich mir mit dem Hammer auf den Daumen klopfe.

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Was man da höchstens objektiv festsellen kann, ist die "Supervenienz" mentaler Zustander in Hinsicht physikalischer Zustände, also insbesondere des Hirns. Wenn man also das Hirn physisch manipuliert, manipuliert man auch geistige/psychische Zustände, aber auch vice versa.

Kompliziert.

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Die grosse Frage ist nun, ob es überhaupt eine solche physikalische Theorie geben kann!?

Nach meiner Erfahrung ist die zunächst größte Frage die, was der Gegenstandsbereich einer derartigen Theorie sein sollte. Solange man sich uneins über die Existenz subjektiver Aspekte ist, braucht man erst gar nicht darüber zu reden, wie man sie im Rahmen einer Theorie beschreiben könnte.

Der größte Denkfehler ist für mich der folgende: Das Problem sei Q. Schauen wir uns ein kleineres aber wichtiges Problem q an, an das wir mit unseren Methoden besser herankommen. Schaffen wir eine Community, in der die Erinnerung an Q langsam verblasst, oder stellen wir q als die wissenschaftliche Variante von Q dar ...

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Baut man aber eine metaphysische Theorie rein auf dieser primären subjektiven Erfahrung, dann ist man schnell bei Schopenhauer und der "Welt als Wille und Vorstellung" ...

Es gibt verschiedenen Methoden, das Kind mit dem Bade auszuschütten; das ist sicher eine davon.


Rock

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DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jun 2023 13:40    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
1) eine logische Schlussfolgerung, wie aus identischen physikalischen Zuständen und Prozessen identische Qualia entstehen, ohne im Rahmen eines Zirkelschlusses die vollständige Identität physikalischer Zustände und Prozessen und Qualia bereits vorauszusetzen
2) auf ein Experiment, das es erlaubt, Hypothesen wie "aus identischer Physik folgen identische Qualia" zu testen.
3) die Aufklärung, inwiefern die Diskussion der subjektiven vs. der objektiven Perspektive - die beide offensichtliche gegeben sind - irgendwie zu kompliziert ist und wie man sie vereinfachen könnte


Ich habe Dir bereits mehrfach gesagt, dass es hier nicht um die Unterscheidung zweier Alternativen, sondern um die Wahl einer von zwei nicht unterscheidbaren Alternativen geht:

1. Qualia sind identisch mit physikalischen Zuständen und Prozessen
2. Qualia existieren zumindest teilweise unabhängig physikalischen Zuständen und Prozessen

Wenn aus identischer Physik nicht identische Qualia folgen, dann hat man einen zusätzlchen Freiheitsgrad, der nicht unabhängig reproduzierbar zu beobachten ist. Sowas ist zu vermeiden.
Sonnenwind



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Beiträge: 679

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 27. Jun 2023 13:50    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
1) eine logische Schlussfolgerung, wie aus identischen physikalischen Zuständen und Prozessen identische Qualia entstehen, ohne im Rahmen eines Zirkelschlusses die vollständige Identität physikalischer Zustände und Prozessen und Qualia bereits vorauszusetzen
2) auf ein Experiment, das es erlaubt, Hypothesen wie "aus identischer Physik folgen identische Qualia" zu testen.

Ein Experiment wird es nach heutigem Wissensstand wohl nicht geben, aber die Argumentation von DrStupid, dass es einfacher ist, davon auszugehen, fand ich überzeugend.

Warum sollte man sich damit quälen, dass jemand bei Pgrün Qmagnenta empfinden sollte, das aber natürlich trotzdem "grün" nennt.

Außerdem gäbe es nicht meine Funktion Q=f(P), sondern das wäre eine Relation.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2023 13:57    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
1. Qualia sind identisch mit physikalischen Zuständen und Prozessen

Kategoriefehler.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
2. Qualia existieren zumindest teilweise unabhängig physikalischen Zuständen und Prozessen

Hatte ich so nie geschrieben, sondern immer ausgeschlossen.

Du redest also nicht von meiner Fragestellung.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wenn aus identischer Physik nicht identische Qualia folgen, dann ...

... hast du nicht wirklich aufgepasst.

Erstens liegt ein Kategoriefehler vor, wenn du trivialerweise gleichsetzt. Zweitens werden deine Folgerungen inhaltsleer, sobald man den Kategoriefehler beseitigt. Drittens hatte ich nie von einem zusätzlichen Freiheitsgrad gesprochen. Viertens vergisst du, dass ich von einem epistemischen Problem rede, d.h. Qualia werden nie als teilweise unabhängig von physikalischen Zuständen und Prozessen angesehen, sondern es ist von einer anderen Perspektive auf die selben physikalischen Zustände und Prozesse die Rede.

Ich denke, wir können uns trotzdem darauf einigen, dass wir beide der Meinung sind bzw. es für plausibel halten, dass identische (bzw. äquivalente) physikalischen Zustände und Prozesse zu identischen Qualia führen, dass sich diese Hypothese jedoch der experimentellen Überprüfbarkeit entzieht.

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Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 27. Jun 2023 13:59    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Wenn aus identischer Physik nicht identische Qualia folgen


Die Frage ist hier schon, was "identisch" meint..

1. "Seinsidentisch", schon in den Entitäten der Natur zeigt sich Subjektivität, also schon -sozusagen- in den elementarsten Elementen wie Atomen oder Subatomaren?

2. Identisch in der Struktur, komplexer Wirkungsgefüge, komplexe neuronale Systeme?

3. Identisch in der "Wirkung", indem Physisches mit Subjektivem, Geistigem/Psychischem, korreliert? Sozusagen in zwei "Substanzen"?

Oder anders?
DrStupid



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Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jun 2023 14:12    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
2. Qualia existieren zumindest teilweise unabhängig physikalischen Zuständen und Prozessen

Hatte ich so nie geschrieben, sondern immer ausgeschlossen.


Warum wartest Du dann auf ein Experiment, das es erlaubt, Hypothesen wie "aus identischer Physik folgen identische Qualia" zu testen? Wenn Du ausschließt, dass Qualia zumindest teilweise unabhängig physikalischen Zuständen und Prozessen existieren, dann kann es bei identischer Physik keine unterschiedlichen Qualia geben.

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wenn aus identischer Physik nicht identische Qualia folgen, dann ...

... hast du nicht wirklich aufgepasst.

Erstens liegt ein Kategoriefehler vor, wenn du trivialerweise gleichsetzt.


Die Formulierung "aus identischer Physik folgen identische Qualia" stammt von Dir.
as_string
Moderator


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Beitrag as_string Verfasst am: 27. Jun 2023 14:23    Titel: Antworten mit Zitat

@TomS:
Ich habe inzwischen den Eindruck, dass Du das subjektive Empfinden und Fühlen eines bestimmten Zustands des Gehirns/Körpers, also quasi die interne Perspektive, als "Qualia" definierst. Einfach als Definition oder Bezeichnung von diesem Aspekt, mehr nicht.
Aber das ist in meinen Augen erstens trivial und zweitens sagt es sonst nichts weiter über die Natur aus. Ich frag mich dann aber auch, über was wir überhaupt diskutieren.

Gruß
Marco
Sonnenwind



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Beiträge: 679

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 27. Jun 2023 14:53    Titel: Antworten mit Zitat

as_string hat Folgendes geschrieben:
@TomS:
Ich habe inzwischen den Eindruck, dass Du das subjektive Empfinden und Fühlen eines bestimmten Zustands des Gehirns/Körpers, also quasi die interne Perspektive, als "Qualia" definierst. Einfach als Definition oder Bezeichnung von diesem Aspekt, mehr nicht.

TomS darf doch wohl die geläufige Definition benutzen?

Zitat:
Aber das ist in meinen Augen erstens trivial und zweitens sagt es sonst nichts weiter über die Natur aus. Ich frag mich dann aber auch, über was wir überhaupt diskutieren.

Man darf nicht die ethische Implikation vergessen. Man erinnere sich an das Töten männlicher Küken. Wenn das nur kleine Biomaschinen wären und keine Qualia hätten, so wäre da ja kein ethisches Problem.

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Beitrag Qubit Verfasst am: 27. Jun 2023 14:59    Titel: Antworten mit Zitat

as_string hat Folgendes geschrieben:

Ich habe inzwischen den Eindruck, dass Du das subjektive Empfinden und Fühlen eines bestimmten Zustands des Gehirns/Körpers, also quasi die interne Perspektive, als "Qualia" definierst. Einfach als Definition oder Bezeichnung von diesem Aspekt, mehr nicht.
Aber das ist in meinen Augen erstens trivial und zweitens sagt es sonst nichts weiter über die Natur aus. Ich frag mich dann aber auch, über was wir überhaupt diskutieren.


Eine solche "interne Perspektive" ist keinesfalls trivial.
Kannst du aus der physikalischen Struktur und Theorie diese (subjektiven) Eigenschaften herleiten oder begründen? Du (und wohl wir alle) mögen das gerne "glauben", aber sicher begründen lässt sich das wohl nicht. Oder?
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2023 15:02    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Ein Experiment wird es nach heutigem Wissensstand wohl nicht geben, aber die Argumentation von DrStupid, dass es einfacher ist, davon auszugehen, fand ich überzeugend.

Es gibt diverse Argumentationen in diese Richtung. Ich mag diejenigen mittels zu vieler Gedankenexperimente nicht, aber das ist Geschmackssache.

Insgs. teile ich natürlich die Meinung, dass dies plausibel ist.

Ein Experiment schließe ich prinzipiell aus, da kein physikalisches Experiment meine subjektiven Qualia in den Blick nehmen kann, immer nur physikalische Zustände und Prozesse - außer natürlich, ich behaupte die Identität, aber genau das ist ja problematisch.

Führen wir physikalische Zustände phi sowie entsprechende Qualia q unterschiedlicher Gehirne B mittels der Abbildungen





ein, sowie Hypothesen bzw. quantitative Ergebnisse, kodiert in Aussagen bzw. allgemeinen Formeln A, B ... Z.B. könnte es Formeln geben, die besagen, dass



Also zwei (mikroskopisch) verschiedene physikalische Zustände links sind "genügend ähnlich" und damit "äquivalent" (bzgl. einer in einer detaillierten Theorie näher auszuführenden Äquivalenzrelation), so dass daraus die Identität der entsprechenden Qualia rechts folgt.

Angewandt auf typische rein physikalische Fragestellungen würden wir z.B. von physikalischen Eingangsgrößen links auf physikalischen Ausgangsgrößen rechts folgern, beide Seiten experimentell untersuchen, d.h. messen, und die Hypothese prüfen.

Tatsache ist aber, dass ich die Qualia rechts nicht messen kann!

Messen kann ich immer nur physikalische Größen links. Jede derart quantitative Theorie der Qualia müsste also voraussetzen, was ich erst überprüfen möchte, dass ich Qualia in irgendeiner Form mit physikalischen Größen identifizieren kann, so dass sich alle Aussagen über letztere auf erstere übertragen lassen.

Man beachte außerdem, dass für die q's rechts streng genommen eine weitere Abbildung notwendig ist, da ich sicher nicht mit meinen Qualia direkt mathematisch operieren kann, lediglich mit einer mathematischen Repräsentation derselben. D.h. eher etwas wie



wobei ich jetzt zwischen Qualia selbst und der theoretischen Repräsentation der Qualia unterscheide.

Wir hätten also im Erfolgsfall eine mathematisch präzise Entsprechung zwischen Aussagen über und Zusammenhänge zwischen Messungen sowie einen Bezug zu Aussagen über eine Theorie der Repräsentation der Qualia. Auch wenn eine derartige quantitative Theorie ein enormer wissenschaftlicher Erfolg wäre, so kann sie dennoch nicht unterscheiden, ob Identität oder "nur" eine Art Isomorphie zwischen den verschiedenen Gegenstandsbereichen vorliegt.

Zuletzt würden uns Formeln A, B ... auf physikalischen Zustände zwar den Grad und die genauen Charakteristika von Schmerzerfahrung liefern, aber nie meine subjektive Schmerzwahrnehmung. Die Aussage "wenn wir eine derartige Theorie hätten, dann würden wir Qualia vollständig verstehen", ist falsch. Um Qualia vollständig zu verstehen, muss man sie auch haben.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 27. Jun 2023 17:02, insgesamt 3-mal bearbeitet
as_string
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Beitrag as_string Verfasst am: 27. Jun 2023 15:03    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Man darf nicht die ethische Implikation vergessen. Man erinnere sich an das Töten männlicher Küken. Wenn das nur kleine Biomaschinen wären und keine Qualia hätten, so wäre da ja kein ethisches Problem.

Ich weiß, Du kommst immer wieder mit diesem Argument der Ethik und irgendwie scheinst Du die Antworten darauf auch komplett zu ignorieren.
So ist z. B. Ethik keine Naturwissenschaft, spielt also hier erstmal gar keine Rolle.
Zweitens habe ich schon mehrfach versucht zu erklären, wie sich aus meiner Sicht Moral und Ethik bilden können und in einer Gesellschaft durchaus wichtig sind, um die Gesellschaft zu erhalten. In dieser Hinsicht unterliegt sie (auch?) evolutionären Prozessen.
Drittens ändert sich die Ethik ja immer mal wieder. Vielleicht werden Menschen von heute, die künstlichen Intelligenzen absprechen, auch ein Recht auf ein Leben zu haben, irgendwann in der Zukunft als Rassisten betrachtet werden, wer weiß.
Bei Du siehst ja selbst, dass es auf solche Fragen letztlich keine definitiven Antworten gibt. Die einen sehen nichts weiter dabei, wenn Küken geschreddert werden, andere sind schockiert und bezeichnen es als "Mord".

Physik versucht das Ist zu beschreiben, Ethik das "Soll". Da sind wir direkt bei Hume's "is-ought problem". Egal, ob Du nun irgendetwas als "Qualia" definierst oder nicht, Du kommst der Moral da keinen Schritt näher.

Gruß
Marco


Zuletzt bearbeitet von as_string am 27. Jun 2023 15:11, insgesamt einmal bearbeitet
as_string
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Beitrag as_string Verfasst am: 27. Jun 2023 15:08    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:

Eine solche "interne Perspektive" ist keinesfalls trivial.
Kannst du aus der physikalischen Struktur und Theorie diese (subjektiven) Eigenschaften herleiten oder begründen? Du (und wohl wir alle) mögen das gerne "glauben", aber sicher begründen lässt sich das wohl nicht. Oder?

Ich weiß nicht, wie man das zweifelfrei zeigen soll, ohne bis jetzt technisch in der Lage zu sein, eine General AI zu bauen.
Aber umgekehrt: Wir beobachten doch nur physikalische Strukturen und es erscheint zumindest plausibel, dass die auch prinzipiell in der Lage sind. Warum sollte man überhaupt auf die Idee kommen, dass noch etwas anderes außerhalb der Physik benötigt wird, ohne darauf handfeste Hinweise zu haben? Du kannst doch nicht ohne Not irgendetwas annehmen und dann verlangen, dass man diese rein willkürliche Annahme irgendwie widerlegt...

Ich habe geschrieben, es ist trivial und offensichtlich, dass es so ein subjektives Erleben und Empfinden etc. gibt, weil wir das ja alle für uns erleben. Ich habe nicht gesagt, dass das Zustandekommen eines Bewusstseins trivial sei.

Gruß
Marco


Zuletzt bearbeitet von as_string am 27. Jun 2023 15:08, insgesamt einmal bearbeitet
DrStupid



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Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jun 2023 15:08    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Die Frage ist hier schon, was "identisch" meint..

1. "Seinsidentisch", schon in den Entitäten der Natur zeigt sich Subjektivität, also schon -sozusagen- in den elementarsten Elementen wie Atomen oder Subatomaren?

2. Identisch in der Struktur, komplexer Wirkungsgefüge, komplexe neuronale Systeme?

3. Identisch in der "Wirkung", indem Physisches mit Subjektivem, Geistigem/Psychischem, korreliert? Sozusagen in zwei "Substanzen"?


1. Scheidet aus, weil es um Prozesse geht. Es reicht nicht, dass Atome oder Subatomare Teilchen da sind. Es muss schon etwas mit ihnen passieren (es sei denn dass Qualia auch den Tod einschließen, aber damit würden wir endgültig den Bereich der Physik verlassen).

3. Scheidet auch aus, weil eine Trennung von Physischem und Subjektivem so ziemlich das Gegenteil von Identität ist.

Wenn ich hier von Identität spreche, dann meine ich 2. Qualia bestehen aus einer Teilmenge der im Gehirn ablaufenden Prozessee.

Wenn man eine deterministisches Computerprogramm hat, das etwas fühlt und davon eine Kopie macht, dann wird diese Kopie unter identischen Bedingungen dasselbe fühlen wie das Original. Die Annahme, dass sie etwas anderes fühlt, ist zwar nicht falsifizierbar, aber gemäß Ockhams Rasiermesser zu verwerfen. Man würde damit unnötigerweise etwas annehmen, was über die identischen Daten und Prozesse hinaus geht.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2023 15:15    Titel: Antworten mit Zitat

as_string hat Folgendes geschrieben:
Wir beobachten doch nur physikalische Strukturen und es erscheint zumindest plausibel, dass die auch prinzipiell in der Lage sind. Warum sollte man überhaupt auf die Idee kommen, dass noch etwas anderes außerhalb der Physik benötigt wird, ohne darauf handfeste Hinweise zu haben?

Zustimmung.

Ich sehe auch keine Notwendigkeit, etwas anderes außerhalb der Physik einzuführen, weil es erstens nur eine offene Frage durch ein unbekanntes X ohne Erklärungskraft ersetzt, und weil es zweitens genügend plausible Argumente gibt, warum Bewusstsein zwar insgs. rein physikalisch sein und funktionieren kann, wir es aber dennoch nicht vollständig verstehen können - s.o.

as_string hat Folgendes geschrieben:
Ich habe geschrieben, es ist trivial und offensichtlich, dass es so ein subjektives Erleben und Empfinden etc. gibt, weil wir das ja alle für uns erleben. Ich habe nicht gesagt, dass das Zustandekommen eines Bewusstseins trivial sei.

Bingo.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2023 15:24    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wenn man eine deterministisches Computerprogramm hat, das etwas fühlt und davon eine Kopie macht, dann wird diese Kopie unter identischen Bedingungen dasselbe fühlen wie das Original. Die Annahme, dass sie etwas anderes fühlt, ist zwar nicht falsifizierbar, aber gemäß Ockhams Rasiermesser zu verwerfen. Man würde damit unnötigerweise etwas annehmen, was über die identischen Daten und Prozesse hinaus geht.

Letzteres ist doch wieder extrem fragwürdig.

Erstens dient Ockhams Rasiermesser der Bewertung von Axiomen oder Postulaten einer Theorie, nicht der Entscheidung über die zugrundeliegende Ontologie. Und zweitens ist das Ganze - wie mehrfach gesagt - überhaupt keine ontologische sondern ein epistemische Fragestellung. Es geht nicht darum, was Qualia sind - nach einem naturwissenschaftlichen Weltbild subjektiv wahrgenommene, emergente physikalische Phänomene - sondern darum, was wir an diesen Phänomene erkennen können.

Ich dachte eigentlich, das sollte inzwischen klar sein.

Da es sich um subjektive wahrgenommene Phänomene handelt, und mein Verständnis meiner Qualia einen selbstbezüglichen Aspekt beinhaltet, ist es nur naheliegend, dass wir eben nicht alles darüber erkennen können. Von einem genügend komplizierten mathematischen Algorithmus wissen wir auch, dass er - der Algorithmus - im Allgemeinen nicht herausfinden kann, was er selbst tut und wie er selbst funktioniert.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 27. Jun 2023 16:10, insgesamt 2-mal bearbeitet
Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 679

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 27. Jun 2023 16:02    Titel: Antworten mit Zitat

as_string hat Folgendes geschrieben:
Die einen sehen nichts weiter dabei, wenn Küken geschreddert werden, andere sind schockiert und bezeichnen es als "Mord".

Physik versucht das Ist zu beschreiben, Ethik das "Soll". Da sind wir direkt bei Hume's "is-ought problem". Egal, ob Du nun irgendetwas als "Qualia" definierst oder nicht, Du kommst der Moral da keinen Schritt näher.

Es geht doch nicht darum, ob es manchen Menschen egal ist und anderen nicht. Es geht darum, ob diese Küken Qualia haben oder nicht. Auch wenn wir es nicht wissen, so ist es ja entweder so oder nicht.

Man kann nicht demokratisch entscheiden, ob Küken Qualia haben oder nicht. Haben sie keine, so sind sie ethisch wie Plüsch-Küken, irgendein Gegenstand. Haben sie Qualia, dann kann sie natürlich trotzdem töten, aber die ethische Komponente spielt mit.

Erst wenn irgendwo Qualia ist, kann man überhaupt anfangen über Sein-Sollen zu diskutieren (könnte eine kilometerlange Diskussion werden), vorher ist tatsächlich alles egal.

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Das Photon: Eine Geschichte voller Missverständnisse.
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jun 2023 16:14    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ockhams Rasiermesser dient der Bewertung von Axiomen oder Postulaten einer Theorie, nicht der Entscheidung über die zugrundeliegende Ontologie.


Dass die Gefühle der Programme ausschließlich durch die dazugehörigen Daten und Prozesse repräsentiert werden, ist ein Postulat. Es ist eine willkürliche Annahme, weil man es nicht experimentell prüfen kann und sich auf die Aussagen der KI verlassen muss. Es ist aber auch eine vernünftige Annahme, weil es hier außer den Daten und Prozessen nichts gibt, was Informationen trägt (zumindest im Rahmen der Physik) und die Aussagen unter gleichen Bedingungen auch immer gleich sind.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2023 16:44    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Dass die Gefühle der Programme ausschließlich durch die dazugehörigen Daten und Prozesse repräsentiert werden, ist ein Postulat ... Es ist aber auch eine vernünftige Annahme, weil es hier außer den Daten und Prozessen nichts gibt, was Informationen trägt (zumindest im Rahmen der Physik) und die Aussagen unter gleichen Bedingungen auch immer gleich sind.

Zustimmung - aber können wir es noch wie folgt modifizieren?

"Dass die Gefühle der Programme ausschließlich durch die dazugehörigen Daten und Prozesse verursacht werden ...".

Ja, ich behaupte nichts anderes.

Es geht um deinen Nachsatz oben

"Man würde damit unnötigerweise etwas annehmen, was über die identischen Daten und Prozesse hinaus geht."

Was denn?

Die subjektive Perspektive (eine epistemische Frage) wirst du ja wohl nicht meinen, die ist nun mal unmittelbar gegeben. Eine weitere ontische Entität möchtest du auch nicht haben.

Also bleibt es dabei,

"dass die Gefühle der Programme ausschließlich durch die dazugehörigen Daten und Prozesse verursacht werden ..."

und ich traue mich zu ergänzen,

"... dass dies logisch nicht impliziert oder auch nur plausibilisiert, dass Programme sich selbst einschließlich des Entstehens ihrer höherwertigen Funktionen und gewisser selbstbezüglicher Aspekte auch vollständig auf Basis der zugrundeliegenden Daten und Prozesse verstehen können ..."

Also wie gehabt, ontisch reine Physik, epistemisch eine gewisse Erklärungsglücke.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Es ist eine willkürliche Annahme, weil man es nicht experimentell prüfen kann ...

Nee, siehe oben.

Qualia sind experimentell nicht direkt zugänglich, immer nur indirekt über die Physik. Wenn ich in der Physik prüfe "diese Energie in dieser Energieform entspricht jener Energie in jener Energieform", dann messe ich die linke und die rechte Seite. Wenn ich prüfen möchte, "dieser Hirnprozess entspricht dieser Quale", dann müsste ich ebenfalls die linke und die rechte Seite messen. Ich messe jedoch immer nur die linke - oder hast du schon mal Qualia gemessen?

Siehe auch oben, wie man das etwas formaler darstellen kann.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 27. Jun 2023 16:53, insgesamt 2-mal bearbeitet
as_string
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Beitrag as_string Verfasst am: 27. Jun 2023 16:49    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Man kann nicht demokratisch entscheiden, ob Küken Qualia haben oder nicht. Haben sie keine, so sind sie ethisch wie Plüsch-Küken, irgendein Gegenstand. Haben sie Qualia, dann kann sie natürlich trotzdem töten, aber die ethische Komponente spielt mit.

Erst wenn irgendwo Qualia ist, kann man überhaupt anfangen über Sein-Sollen zu diskutieren (könnte eine kilometerlange Diskussion werden), vorher ist tatsächlich alles egal.

In erster Linie ist alles (und jeder) nur "irgendein Gegenstand".
Dass es für soetwas wie "Menschen" und eher bedingt auch anderen Tieren Gesetze und ethische Prinzipien gibt, die solche Dinge wie Quälen und Töten teilweise zumindest in Frage stellen, ist ein Menschliches Konstrukt, genau so wie die Frage nach dem Bewusstsein, ab wann etwas ein Bewusstsein hat oder wie die Qualität des Bewusstseins ist, etc. Nochmal eine andere Frage ist, ob auch Tiere (und auch Pflanzen), die nach irgendeiner Definition kein Bewusstsein haben, dann auch geschützt werden sollten oder nicht.

Dass ein Mensch mit einem Bewusstsein ein anderes "Ding" ist ("is"), als ein Felsblock, ist schon klar, aber ob man ihn dann auch unterschiedlich behandeln soll ("ought"), kannst Du rein daraus nicht schließen. Du meinst offenbar irgendein "ist" als Grundlage für ein "soll" verwenden zu wollen, aber das ergibt sich eben nicht direkt, sondern ist wiederum nur auf andere Überlegungen auf zu bauen, wie z. B. Empathie, die Menschen offenbar angeboren ist, weil sich das in der Evolution so entwickelt hat, weil es einen evolutionären Vorteil bringt (das Überleben der Gruppe verbessert).

Gruß
Marco
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jun 2023 17:13    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zustimmung - aber können wir es noch wie folgt modifizieren?

"Dass die Gefühle der Programme ausschließlich durch die dazugehörigen Daten und Prozesse verursacht werden ...".


Aber wo sollen sie sich dann abspielen? Im laufenden Programm gibt es nichts anderes als Daten und Prozesse. Wenn diese die Gefühle nicht beinhalten, sondern nur verursachen, dann würde man ja doch wieder etwas darüber hinaus annehmen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
"Man würde damit unnötigerweise etwas annehmen, was über die identischen Daten und Prozesse hinaus geht."

Was denn?


Woher soll ich das wissen? Ich brauche keine solche Zusamtzannahme weil ich davon ausgehe, dass die Gefühle bereits in den Daten und Prozessen stecken. Du bist derjenige, der sie davon nur verursacht sehen will. Also musst Du sagen, worauf die Daten und Prozesse wirken sollen.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2023 17:27    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Aber wo sollen sie sich dann abspielen? Im laufenden Programm gibt es nichts anderes als Daten und Prozesse. Wenn diese die Gefühle nicht beinhalten, sondern nur verursachen, dann würde man ja doch wieder etwas darüber hinaus annehmen.

Natürlich im Gehirn, wo sonst?

Es ging mir nur um das "repräsentieren". Das Gehirn repräsentiert nicht irgendwas für irgendwen. Das hört sich so an, als ob da noch jemand wäre.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Du bist derjenige, der sie davon nur verursacht sehen will. Also musst Du sagen, worauf die Daten und Prozesse wirken sollen.

Hä?

Da sind Prozesse, und die Gesamtheit dieser Prozesse entspricht letztlich dem Ich (bzw. das bewusste Ich ist in diesen Prozessen enthalten, neben anderen unbewussten Vorgängen)

Nur hat das Ich eben einen ganz anders gearteten Zugang zu seinen Prozessen, nämlich über seine Qualia, als auf die Prozesse anderer Ichs, nämlich mittels neurologischer Untersuchungen, physikalischer Experimente usw.

Möchtest du mir wirklich nicht glauben, dass du deinen Durst anders wahrnimmst, nämlich direkt als Durst, als du meinen Durst wahrnimmst, z.B. mittels EEG? Ich weiß wirklich nicht, wie oft ich noch auf den Unterschied zwischen Ontologie und Epistemik hinweisen muss, und dass das Problem in letzterer steckt.

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Sonnenwind



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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 27. Jun 2023 18:06    Titel: Antworten mit Zitat

as_string hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Man kann nicht demokratisch entscheiden, ob Küken Qualia haben oder nicht. Haben sie keine, so sind sie ethisch wie Plüsch-Küken, irgendein Gegenstand. Haben sie Qualia, dann kann sie natürlich trotzdem töten, aber die ethische Komponente spielt mit.

Erst wenn irgendwo Qualia ist, kann man überhaupt anfangen über Sein-Sollen zu diskutieren (könnte eine kilometerlange Diskussion werden), vorher ist tatsächlich alles egal.

In erster Linie ist alles (und jeder) nur "irgendein Gegenstand".
Dass es für soetwas wie "Menschen" und eher bedingt auch anderen Tieren Gesetze und ethische Prinzipien gibt, die solche Dinge wie Quälen und Töten teilweise zumindest in Frage stellen, ist ein Menschliches Konstrukt, genau so wie die Frage nach dem Bewusstsein, ab wann etwas ein Bewusstsein hat oder wie die Qualität des Bewusstseins ist, etc. Nochmal eine andere Frage ist, ob auch Tiere (und auch Pflanzen), die nach irgendeiner Definition kein Bewusstsein haben, dann auch geschützt werden sollten oder nicht.

Glaubst Du wirklich, das ein Mensch X definieren kann, ob ein Mensch Y oder ein Tier Z Qualia hat und nicht etwa, dass es eine immanente Eigenschaft von Y oder Z ist?

as_string hat Folgendes geschrieben:
Dass ein Mensch mit einem Bewusstsein ein anderes "Ding" ist ("is"), als ein Felsblock, ist schon klar, aber ob man ihn dann auch unterschiedlich behandeln soll ("ought"), kannst Du rein daraus nicht schließen. Du meinst offenbar irgendein "ist" als Grundlage für ein "soll" verwenden zu wollen, aber das ergibt sich eben nicht direkt, sondern ist wiederum nur auf andere Überlegungen auf zu bauen, wie z. B. Empathie, die Menschen offenbar angeboren ist, weil sich das in der Evolution so entwickelt hat, weil es einen evolutionären Vorteil bringt (das Überleben der Gruppe verbessert).

Der Sein-Sollen-Fehlschluss ist selbst teilweise ein Fehlschluss. Es gibt tatsächlich ethisch gebotene und ethisch verbotene Handlungen.

Ethisch gebotene Handlung: Mindestens einer Entität geht es besser, keiner geht es schlechter.
Ethisch verbotene Handlung: Mindestens einer Entität geht es schlechter, keiner geht es besser.

Zumindest die ethisch gebotenen Handlungen sind aber sehr selten, denn einer hat meistens was dagegen.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jun 2023 19:05    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Es ging mir nur um das "repräsentieren". Das Gehirn repräsentiert nicht irgendwas für irgendwen.


Ich meinte "räpresentieren" im Sinne von "etwas darstellen bzw. sein".

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Du bist derjenige, der sie davon nur verursacht sehen will. Also musst Du sagen, worauf die Daten und Prozesse wirken sollen.

Hä?


Oben schreibst Du, dass Daten und Prozesse die Ursache der Gefühle sein sollen:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zustimmung - aber können wir es noch wie folgt modifizieren?

"Dass die Gefühle der Programme ausschließlich durch die dazugehörigen Daten und Prozesse verursacht werden ...".


Im Computer gibt es nur Daten und Prozesse. Wenn die nur Ursache sind, wo findet dann die Wikung statt?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Da sind Prozesse, und die Gesamtheit dieser Prozesse entspricht letztlich dem Ich (bzw. das bewusste Ich ist in diesen Prozessen enthalten, neben anderen unbewussten Vorgängen)

Nur hat das Ich eben einen ganz anders gearteten Zugang zu seinen Prozessen, nämlich über seine Qualia


Wenn die Gesamtheit der Prozesse dem Ich entsprechen, warum dann nicht auch den Empfindungen? Und wozu brauchen sie Qualia um auf sich selbst zuzugreifen? Warum sollen sie überhaupt auf sich zugreifen? Sie sind doch mit sich selbst identisch. Ich versuche Dir ja zu folgen, aber es gelingt mir einfach nicht. Ich sehe überall unnötige Unterscheidungen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Möchtest du mir wirklich nicht glauben, dass du deinen Durst anders wahrnimmst, nämlich direkt als Durst, als du meinen Durst wahrnimmst, z.B. mittels EEG?


Natürlich glaube ich das. Ich würde auch meinen eigenen Durst mittels EEG anders wahrnehmen. Das ist trivial.

Hier geht es um etwas völlig anderes: Können zwei identische empfindungsfähige KIs unter gleichen Bedingungen etwas unterschiedliches fühlen? Wenn ja, wo ist die Information für diesen zusätzlichen Freiheitsgrad codiert?
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2023 23:22    Titel: Antworten mit Zitat

Die Verwirrung zu Beginn ist wahrscheinlich nur den Begriffen geschuldet.


DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Nur hat das Ich eben einen ganz anders gearteten Zugang zu seinen Prozessen, nämlich über seine Qualia

Wenn die Gesamtheit der Prozesse dem Ich entsprechen, warum dann nicht auch den Empfindungen?

Natürlich ontisch auch die Empfindungen.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Und wozu brauchen sie Qualia …

Weil diese ganz offensichtlich vorhanden und epistemisch in besonderer Weise ausgezeichnet sind, dem muss man wohl Rechnung tragen. Sie aus der Diskussion zu eliminieren, eliminiert sämtliche spezifisch mentalen Wahrnehmungen und suggeriert, das Problem durch Verstümmelung gelöst zu haben; "lass uns wegsehen, dann ist es nicht mehr da". Sie erfordern deswegen kein zusätzliches ontisches Konzept.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe überall unnötige Unterscheidungen.

Also ist der Unterschied zwischen deiner Wahrnehmung deines Schmerzes und deiner Wahrnehmung meines Schmerzes unnötig?

Das ist doch sinnlos. Du vereinfachst so lange, bis das dann verstümmelte Restproblem trivial lösbar ist.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Möchtest du mir wirklich nicht glauben, dass du deinen Durst anders wahrnimmst, nämlich direkt als Durst, als du meinen Durst wahrnimmst, z.B. mittels EEG?

Natürlich glaube ich das. Ich würde auch meinen eigenen Durst mittels EEG anders wahrnehmen. Das ist trivial.

Wenn es so trivial ist, warum bestehst du darauf, exakt das, was diesen Unterschied einfängt, zu eliminieren?

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Hier geht es um etwas völlig anderes: Können zwei identische empfindungsfähige KIs unter gleichen Bedingungen etwas unterschiedliches fühlen?

Die Frage reicht doch viel tiefer.

Können wir überhaupt im objektiv, wissenschaftlichen d.h. empirischen Sinne direkt etwas über Qualia in Erfahrung bringen? Verstehen, warum sie sich so anfühlen, wie sich anfühlen? Wie genau dieses "sich für mich so anfühlen ..." durch physikalische Prozesse hervorgerufen wird?

Nein, können wir absolut nicht, nullkommanullnullnull. Weil wir keinen objektiven wissenschaftlichen und insbs. quantitativen Zugang zu Qualia haben. Wir haben einen objektiven (epistemischen) Zugang zu empirischen Phänomenen, die mit den Qualia korrelieren (Hirnaktivitäten, Aktionen ...) und wir haben den rein subjektiven (epistemischen) Zugang zu den jeweils eigenen Qualia. Und diese Lücke lässt sich eben nicht schließen.

While I think this materialist response is right in the end, it does not suffice to put the mind-body problem to rest. Even if conceivability considerations do not establish that the mind is in fact distinct from the body, or that mental properties are metaphysically irreducible to physical properties, still they do demonstrate that we lack an explanation of the mental in terms of the physical ...
In the end, we are right back where we started. The explanatory gap argument doesn't demonstrate a gap in nature, but a gap in our understanding of nature. Of course, a plausible explanation for there being a gap in our understanding of nature is that there is a genuine gap in nature. But so long as we have countervailing reasons for doubting the latter, we have to look elsewhere for an explanation of the former.

J. Levine, "Conceivability, Identity, and the Explanatory Gap", nach Wikipedia

Ich habe bisher zwei Klassen von Ansätzen gesehen, das Problem zu lösen: Es in seiner Essenz zu verstehen und letztlich auf diese Erklärungslücke zu stoßen; oder den eigenen blinden Fleck der Erklärungslücke herauszuschneiden und zu glauben, die Lösung des verbleibenden Problems habe noch viel mit dem ursprünglichen zu tun.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 28. Jun 2023 09:19    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Also ist der Unterschied zwischen deiner Wahrnehmung deines Schmerzes und deiner Wahrnehmung meines Schmerzes unnötig?


Nur weil ich nicht zwischen meinem Schmerz und physikalischen Prozessen in meinem Gehirn unterscheide, wird die Unterscheidung zwischen meinem Schmerz und Deinem Schmerz nicht sinnlos. Wirf doch nicht alles durcheinander!

TomS hat Folgendes geschrieben:
Du vereinfachst so lange, bis das dann verstümmelte Restproblem trivial lösbar ist.


Das ist Deine Meinung. Für mich stellt es sich so dar, dass Du ein trivial lösbares Problem unnötig verkomplizierst.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wenn es so trivial ist, warum bestehst du darauf, exakt das, was diesen Unterschied einfängt, zu eliminieren?


Wo bestehe ich denn darauf? Habe ich irgendwo behauptet, dass es keinen Unterschied macht, ob es nur Gehirnaktivitäten gibt oder ob diese Gehirnaktivitäten mit einem externen Gerät gemessen werden und die Ergebnisse dann über sensorischen Input wieder neue Gehirnaktivitäten auslösen? Wenn ja, dann zitiere bitte die entsprechende Aussage.

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Hier geht es um etwas völlig anderes: Können zwei identische empfindungsfähige KIs unter gleichen Bedingungen etwas unterschiedliches fühlen?

Die Frage reicht doch viel tiefer. [...]


Und wieder machst Du ein Problem komplizierter. Beantworte die Frage doch erst einmal so, wie sie da steht. Dann sehen wir weiter.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 28. Jun 2023 10:01    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Vorab: Ich habe vor Jahrzehnten das Buch Die Wiederentdeckung des Geistes John Searle gelesen. Ich kann's nur empfehlen.


Solange du dich weigerst, das Problem zu verstehen, und stattdessen immer nur isolierte Sätze in den Raum wirfst, verstehst du auch nicht, warum deine Frage ...
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Können zwei identische empfindungsfähige KIs unter gleichen Bedingungen etwas Unterschiedliches fühlen?

... ob Qualia zweier verschiedener Subjekte gleich oder unterschiedlich sind, noch nicht mal definiert ist.

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as_string
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Beitrag as_string Verfasst am: 28. Jun 2023 15:21    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Glaubst Du wirklich, das ein Mensch X definieren kann, ob ein Mensch Y oder ein Tier Z Qualia hat und nicht etwa, dass es eine immanente Eigenschaft von Y oder Z ist?

Ich glaube, es gibt verschiedene Arten von Bewusstsein. Ab wann es als "schützenswert" angesehen wird oder nicht, ist eine "ought", das nicht a priori fix festgelegt ist. Es gibt in der Geschichte durchaus Beispiele, wo selbst Menschen anderer Kulturen, etc. als weniger Wert, eher Instinkt-getrieben, weniger bewusst besehen wurden.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Der Sein-Sollen-Fehlschluss ist selbst teilweise ein Fehlschluss. Es gibt tatsächlich ethisch gebotene und ethisch verbotene Handlungen.

Ethisch gebotene Handlung: Mindestens einer Entität geht es besser, keiner geht es schlechter.
Ethisch verbotene Handlung: Mindestens einer Entität geht es schlechter, keiner geht es besser.

Zumindest die ethisch gebotenen Handlungen sind aber sehr selten, denn einer hat meistens was dagegen.

Aber man kann ja gar nicht von einem Ist alleine sagen, was "besser" und was "schlechter gehen" ist.

Gruß
Marco
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 28. Jun 2023 15:56    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Solange du dich weigerst, das Problem zu verstehen, und stattdessen immer nur isolierte Sätze in den Raum wirfst, verstehst du auch nicht, warum deine Frage ...
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Können zwei identische empfindungsfähige KIs unter gleichen Bedingungen etwas Unterschiedliches fühlen?

... ob Qualia zweier verschiedener Subjekte gleich oder unterschiedlich sind, noch nicht mal definiert ist.


Rede nicht um den heißen Brei herum und werde konkret: Was muss definiert werden, damit Du die Frage beantworten kannst?
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 28. Jun 2023 16:24    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Rede nicht um den heißen Brei herum und werde konkret: Was muss definiert werden, damit Du die Frage beantworten kannst?

Lies bitte, was schon zigfach dasteht!

Qualia an sich sind rein subjektiv, nicht messbar und daher zwischen verschiedenen Gehirnen, KIs o.ä. auch nicht objektiv vergleichbar. Vergleichbar sind nur objektive physikalische Phänomene. Die Frage, ob zwei KIs die selben Empfindungen haben, ist daher zunächst völlig sinnlos.

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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 28. Jun 2023 16:44    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Qualia an sich sind rein subjektiv, nicht messbar und daher zwischen verschiedenen Gehirnen, KIs o.ä. auch nicht objektiv vergleichbar. Vergleichbar sind nur objektive physikalische Phänomene. Die Frage, ob zwei KIs die selben Empfindungen haben, ist daher zunächst völlig sinnlos.

Ich halte diese Frage auch für völlig sinnlos, aber aus einem anderen Grund: Ich glaube nicht, dass eine KI, mit normalen Computern aufgebaut, jemals Qualia haben kann.

Wenn eine Entität mit Physik P1 aber Qualia hat und eine Entität mit Physik P2 = P1 existiert, dann sollte auch Q2 = Q1 sein, sonst wäre Q=f(P) ja keine Funktion. Es würde sonst gelten Q=f(P,Zufall), das wäre komplizierter. Du bist doch so ein Fan von Formeln, schreibe doch dazu eine hin.

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TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 28. Jun 2023 16:58    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Qualia an sich sind rein subjektiv, nicht messbar und daher zwischen verschiedenen Gehirnen, KIs o.ä. auch nicht objektiv vergleichbar. Vergleichbar sind nur objektive physikalische Phänomene. Die Frage, ob zwei KIs die selben Empfindungen haben, ist daher zunächst völlig sinnlos.

Ich halte diese Frage auch für völlig sinnlos, aber aus einem anderen Grund: Ich glaube nicht, dass eine KI, mit normalen Computern aufgebaut, jemals Qualia haben kann.

Das ist doch nur eine andere Variante derselben Frage.

Es geht doch darum, ob zwei Qualia gleich sind. Sie sind ungleich, wenn sie unterschiedlich sind, oder wenn eines von beiden gar nicht da ist.

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Beitrag Qubit Verfasst am: 28. Jun 2023 17:04    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
[
Wenn eine Entität mit Physik P1 aber Qualia hat und eine Entität mit Physik P2 = P1 existiert, dann sollte auch Q2 = Q1 sein


Von welcher "Physik" sprichst du denn da?
Die Physik, wie wir sie (derzeit) kennen, beinhaltet und erklärt keine Qualia.
Wenn man Aussagen über Qualia physikalischer Systeme macht, was ja durchaus naheliegend ist, so kann man jene eben nicht (derzeit) "physikalisch" begründen
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 28. Jun 2023 17:18    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Qualia an sich sind rein subjektiv, nicht messbar und daher zwischen verschiedenen Gehirnen, KIs o.ä. auch nicht objektiv vergleichbar. Vergleichbar sind nur objektive physikalische Phänomene. Die Frage, ob zwei KIs die selben Empfindungen haben, ist daher zunächst völlig sinnlos.


Damit setzt Du voraus, dass Qualia kein Teil der in der KI ablaufenden Prozesse sind. Wenn das nämlich der Fall ist, dann sind gleiche Daten und Prozesse gleichbedeutend mit gleichen Qualia - völlig unabhängig davon, ob sie rein subjektiv sind oder nicht. Du unterliegst hier demselben Zirkelschluss wie bei Deiner Behauptung, dass sich Deine Empfindungen wie Deine Empfindungen und nicht wie Muster von Aktivierungen bestimmter Gehirn-Regionen anfühlen. Auch da setzt Du den Unterschied einfach voraus.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Jun 2023 17:43    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Qualia an sich sind rein subjektiv, nicht messbar und daher zwischen verschiedenen Gehirnen, KIs o.ä. auch nicht objektiv vergleichbar. Vergleichbar sind nur objektive physikalische Phänomene. Die Frage, ob zwei KIs die selben Empfindungen haben, ist daher zunächst völlig sinnlos.

Damit setzt Du voraus, dass Qualia kein Teil der in der KI ablaufenden Prozesse sind.

Nein, das ist natürlich falsch, das setze ich nicht voraus.

Ich habe aber keine Lust mehr, dir ständig die selben Denkfehler zu erklären. Lies es gerne wo anders nach, oder lass' es.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 28. Jun 2023 18:01    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wenn eine Entität mit Physik P1 aber Qualia hat und eine Entität mit Physik P2 = P1 existiert, dann sollte auch Q2 = Q1 sein

Von welcher "Physik" sprichst du denn da?
Die Physik, wie wir sie (derzeit) kennen, beinhaltet und erklärt keine Qualia.
Wenn man Aussagen über Qualia physikalischer Systeme macht, was ja durchaus naheliegend ist, so kann man jene eben nicht (derzeit) "physikalisch" begründen

Na ja, ich denke schon, dass man das im Rahmen eines physikalischen bzw. naturwissenschaftlichen Weltbildes plausibilisieren kann; man kann es nur nicht streng logisch begründen (was auch bei Induktionsschlüssen nicht funktioniert), und man kann es nicht nach Kriterien des kritischen Rationalismus (Poppers Logik der Forschung) überprüfen d.h. insbs. nicht falsifizieren.

Der Punkt ist, man kann Qualia nicht messen, um quantitative Korrelationen zwischen Qualia und physikalischen Prozessen zu untersuchen. Messen kann man immer nur die Physik.

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