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Doppelspaltversuch - Seite 2
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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 677

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 16. Mai 2022 18:23    Titel: Antworten mit Zitat

Irgendwie ist mir trotzdem was nicht klar.

Habe ich ein Messgerät an Spalt 1 und 2 und registriere jeweils das Teilchen oder auch nicht so gilt entweder:

|Messgeräte aus>|Welle durch beide Spalten>
oder
|Messgerät 1 registriert>|Welle durch Spalt 1>
oder
|Messgerät 2 registriert>|Welle durch Spalt 2>

Warum aber nicht
|Messgerät 1 registriert>|Welle durch beide Spalten>
und trotzdem Interferenz?

Wieso kann, wenn das Teilchen durch Spalt 1 festgestellt wurde, die Welle nicht trotzdem auch durch Spalt 2 gehen.

Nach deBB ist doch keine Wirkung des Teilchens auf die Welle vorhanden. Warum interessiert die Welle dann, wo ich zwischendurch das Teilchen sehe?

Ich stehe gerade auf dem Schlauch. grübelnd

_________________
Das Photon: Eine Geschichte voller Missverständnisse.
Aruna



Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 795

Beitrag Aruna Verfasst am: 16. Mai 2022 18:36    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Irgendwie ist mir trotzdem was nicht klar.

Habe ich ein Messgerät an Spalt 1 und 2 und registriere jeweils das Teilchen oder auch nicht so gilt entweder:

|Messgeräte aus>|Welle durch beide Spalten>
oder
|Messgerät 1 registriert>|Welle durch Spalt 1>
oder
|Messgerät 2 registriert>|Welle durch Spalt 2>

Warum aber nicht
|Messgerät 1 registriert>|Welle durch beide Spalten>
und trotzdem Interferenz?

Wieso kann, wenn das Teilchen durch Spalt 1 festgestellt wurde, die Welle nicht trotzdem auch durch Spalt 2 gehen.

Nach deBB ist doch keine Wirkung des Teilchens auf die Welle vorhanden. Warum interessiert die Welle dann, wo ich zwischendurch das Teilchen sehe?

Ich stehe gerade auf dem Schlauch. grübelnd


Du vermengst IMO wieder "Sehen" und "Messgerät an".
Ein eingeschaltetes Messgerät bedeutet IMO eine veränderte Schrödingergleichung, eine veränderte Lösung = veränderte Wellenfunktion und damit nach dBB veränderte Teilchentrajektorien.
Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 677

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 16. Mai 2022 18:45    Titel: Antworten mit Zitat

Wie soll ich mir das bildlich vorstellen? Nehmen wir eine Meereswelle, die auf zwei Öffnungen zuläuft. Dahinter machen die Wellen Interferenz. Auf den Wellen ist ein Surfer (das Teilchen), der sich entsprechend der Leitgleichung von deBB verhalten soll. Bei Öffnung 1 wird er fotografiert oder mit einer Lichtschranke aufgenommen oder von Zeugen beobachtet oder sonstwas. Warum sollte die Meereswelle dann keine Lust mehr haben durch Öffnung 2 zu gehen, zumal sie da gleichzeitig ankommt?
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willyengland



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Beiträge: 676

Beitrag willyengland Verfasst am: 16. Mai 2022 19:20    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht interessant in diesem Zusammenhang:

Zitat:
Doppelspalt-Experiment mit nur einem Teilchen

Das berühmte Doppelspalt-Experiment benötigt normalerweise mehrere Teilchen, um den Welle-Teilchen-Dualismus und die Quanten-Überlagerung zu belegen. Doch jetzt haben Physiker eine Methode entwickelt, bei der schon ein einziges Neutron reicht. Mithilfe eines Quantenteilers und einer Manipulation des Spins konnten sie nachweisen, dass das Neutron dank der Quantenüberlagerung tatsächlich beiden Pfaden gleichzeitig folgte – und zu welchen Anteilen.


https://www.scinexx.de/news/physik/doppelspalt-experiment-mit-nur-einem-teilchen/

Originalartikel (PDF):
https://journals.aps.org/prresearch/pdf/10.1103/PhysRevResearch.4.023075

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Gruß Willy
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Mai 2022 22:25    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wie soll ich mir das bildlich vorstellen? Nehmen wir eine Meereswelle, die auf zwei Öffnungen zuläuft. Dahinter machen die Wellen Interferenz. Auf den Wellen ist ein Surfer (das Teilchen), der sich entsprechend der Leitgleichung von deBB verhalten soll. Bei Öffnung 1 wird er fotografiert oder mit einer Lichtschranke aufgenommen oder von Zeugen beobachtet oder sonstwas. Warum sollte die Meereswelle dann keine Lust mehr haben durch Öffnung 2 zu gehen, zumal sie da gleichzeitig ankommt?

Nach dBB werden immer nur einzelne Teilchen wahrgenommen, die sich immer auf exakt definierten Bahnen bewegen, die durch die Wellenfunktion geführt werden. Die Wellenfunktion weist dabei im Falle des Doppelspaltexperimentes zunächst Interferenz auf. Wird ein Spalt geschlossen oder werden an den Spalten Detektoren angebracht, so ändert dies die Wellenfunktion, die Interferenz verschwindet und die Teilchen werden auf anderen Bahnen geführt.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 17. Mai 2022 07:02, insgesamt einmal bearbeitet
Aruna



Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 795

Beitrag Aruna Verfasst am: 16. Mai 2022 23:28    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Nach dBB werden immer nur einzelne Teilchen wahrgenommen, die sich immer auf exakt definierten Bahnen bewegen, die durch die Wellenfunktion geführt werden. Die Wellenfunktion weist dabei im Falle des Doppelspaltexperimentes immer Interferenz auf.


Das von den Teilcheneinschlägen gebildete Interferenzmuster verschwindet, obwohl die Wellenfunktion, die die Teilchen führt, noch Interferenz aufweist?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2022 06:52    Titel: Antworten mit Zitat

Sorry, war so Käse - hab‘s ergänzt.
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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 677

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 17. Mai 2022 08:40    Titel: Antworten mit Zitat

[quote="TomS"]
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wird ein Spalt geschlossen oder werden an den Spalten Detektoren angebracht, so ändert dies die Wellenfunktion, die Interferenz verschwindet und die Teilchen werden auf anderen Bahnen geführt.

Dass wenn man einen Spalt schließt keine Welle hindurchgeht ist ja subtrivial.

Warum geht die Welle nicht mehr durch Spalt 2, wenn ich das Teilchen an Spalt 1 messe?

Praktisch können man einen Photonenverdoppler an beiden Spalten anbringen. Es entsteht dann am Spalt jeweils ein "Zeugenphoton".

https://www.forphys.de/Website/qm/gloss/g14.html

Ich hätte gerne ein anschauliches Modell wie die mit der Meereswelle und dem Surfer. Wieso geht die Welle nicht mehr durch Öffnung 2, wenn der Surfer bei Öffnung 1 entdeckt wird?

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Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 795

Beitrag Aruna Verfasst am: 17. Mai 2022 09:07    Titel: Antworten mit Zitat

[quote="Sonnenwind"]
TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wird ein Spalt geschlossen oder werden an den Spalten Detektoren angebracht, so ändert dies die Wellenfunktion, die Interferenz verschwindet und die Teilchen werden auf anderen Bahnen geführt.

Dass wenn man einen Spalt schließt keine Welle hindurchgeht ist ja subtrivial.

Warum geht die Welle nicht mehr durch Spalt 2, wenn ich das Teilchen an Spalt 1 messe?


Das hat TomS m.E. nicht gesagt. Er hat gesagt, dass sich die Welle dergestalt ändert, dass das Interferenzmuster verschwindet.
Es ist mir nicht ganz klar, warum Ihr hier mit dBB argumentiert.
Wäre das mit Dekohärenz nicht einfacher?
Wenn man den Versuchsaufbau einer stärkeren WW mit der Umgebung aussetzt, verschwindet das Interferenzmuster doch auch, ohne dass einer guckt?
Das würde auch eventuell die Unklarheiten, was "Messen" oder "Sehen" bedeutet, ausräumen:
Im Surfermodell reichte es IMO, wenn der Surfer ausreichend beleuchtet wird, dass man ihn fotografieren oder sehen könnte. Die Wechselwirkung des Surfers mit den Photonen würden ihn mit der Umgebung und dem Beobachter verschränken und dem lokalen Beobachter sind dann keine Interferenzterme mehr zugänglich.
Sonnenwind



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Beiträge: 677

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 17. Mai 2022 09:46    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Das würde auch eventuell die Unklarheiten, was "Messen" oder "Sehen" bedeutet, ausräumen:
Im Surfermodell reichte es IMO, wenn der Surfer ausreichend beleuchtet wird, dass man ihn fotografieren oder sehen könnte. Die Wechselwirkung des Surfers mit den Photonen würden ihn mit der Umgebung und dem Beobachter verschränken und dem lokalen Beobachter sind dann keine Interferenzterme mehr zugänglich.

Das ist doch genau, was ich meine. Der Surfer wird gesehen, das beeinflusst aber doch nicht die Meereswellen, die trotzdem durch beide Öffnungen gehen. Weder bei Öffnung 1 noch bei Öffnung 2 verändert sich das Wellenbild merklich durch die Beobachtung des Surfers.

Meinetwegen kann der Surfer an der entsprechenden Öffnung auch seine Sonnenbrille verlieren. Dann könnte man hinterher feststellen wo er hindurch surfte und trotzdem interferierten die Wellen.

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TomS
Moderator


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Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2022 09:57    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Es ist mir nicht ganz klar, warum Ihr hier mit dBB argumentiert.
Wäre das mit Dekohärenz nicht einfacher?
Wenn man den Versuchsaufbau einer stärkeren WW mit der Umgebung aussetzt, verschwindet das Interferenzmuster doch auch, ohne dass einer guckt?

Ausgangspunkt war

TomS hat Folgendes geschrieben:
1) Nach Bohr et al. liefert der Formalismus der Quantenmechanik die Methode zur Berechnung von Messergebnissen und deren Wahrscheinlichkeiten. Die Messung oder Beobachtung wird durch klassische Begriffe beschrieben. Weder beschreibt die Quantenmechanik die Messung, noch beschreibt sie überhaut, was tatsächlich geschieht. Nach Bohr ist also weder der Vorgang der Entstehung des Interferenzmusters Gegenstand der Quantenmechanik, noch beschreibt dies die Messung.

2) Nach einer realistischen Auffassung der Quantenmechanik würde die Entstehung des Musters tatsächlich durch die Quantenmechanik beschrieben werden. Man müsste dann aber nicht mehr von einer "Messung" als irgend etwas besonderem sprechen, es wäre einfach ein ganz normaler Prozess.

Mittels Dekohärenz erhält man im Falle der Ortsmessung an den Spalten für ein einzelnes Teilchen eine reduzierte *) Dichtematrix der Form **)



die einem Ensemble klassischer Wahrscheinlichkeitsdichten entspricht. Für sich betrachtet fällt das in die Kategorie (1)

*) durch Ausspuren der Umgebung
**) wobei die Nebendiagonalelemente nicht exakt Null sind

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Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 677

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 17. Mai 2022 10:04    Titel: Antworten mit Zitat

Es wäre zum Verständnis für die Amateure schön zu sehen, warum die psi-Funktion bei Interaktion mit einem klassischen Objekt (Ortsmessung am Spalt) in eine Dichtematrix übergeht und die nahezu diagonal wird. Gibt es dafür eine Gleichung oder nur eine verbale Erklärung?
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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2022 10:18    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Das ist doch genau, was ich meine. Der Surfer wird gesehen, das beeinflusst aber doch nicht die Meereswellen, die trotzdem durch beide Öffnungen gehen. Weder bei Öffnung 1 noch bei Öffnung 2 verändert sich das Wellenbild merklich durch die Beobachtung des Surfers.

Nach dBB wirkt ein Teilchen nie irgendwie auf die Wellenfunktion zurück. Diese wird immer vollständig durch die Schrödingergleichung beschrieben.

Genauer: Der konkrete Akt einer einzelnen Messung eines einzelnen Teilchens an einem Spalt ändert nicht die Wellenfunktion. Die Wellenfunktion wird geändert durch die Anbringung der Detektoren - unabhängig von einer konkreten Messung.

In Analogie zum Surfer:

An einem riesigen vorgelagertem Deich seien zwei Tore (Deichscharten) angebracht; durch diese hindurch laufen die Wellen und verursachen Interferenzmuster. Auf diesen Wellen befindet sich ein reales Ensemble von Surfern. Im Gegensatz zur tatsächlichen Situation am Meer werden die Wellen nie beobachtet - immer nur die Surfer. Diese folgen auf wohldefinierten Bahnen den Wellen durch die Tore und treffen auf den Strand. Die Verteilung der Surfer am Strand entspricht der Intensitätsverteilung des Interferenzmusters. Dies folgt aus der Tatsache, dass die Surfer nicht der klassischen Newtonschen Bewegungsgleichungen folgen sondern der modifizierten inklusive Quantenpotential (siehe oben).

Installiert man nun Photoapparate an den Toren, so verändern sich die Wellen dergestalt, dass die Interferenzen der Wellen verschwinden. Dies gilt unabhängig davon, ob gerade ein Surfer unterwegs ist oder nicht, und - falls ersteres - unabhängig davon, an welchem Tor er photographiert wird. Nicht der Surfer oder das Photo stören die Wellen sondern das Anbringen der Photoapparate.

Mit Photoapparaten folgen die Surfer jetzt anderen Wellen, d.h. man findet eine andere Verteilung der Surfer am Strand.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2022 11:07    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Es wäre zum Verständnis für die Amateure schön zu sehen, warum die psi-Funktion bei Interaktion mit einem klassischen Objekt (Ortsmessung am Spalt) in eine Dichtematrix übergeht und die nahezu diagonal wird. Gibt es dafür eine Gleichung oder nur eine verbale Erklärung?

Die reduzierte Dichtematrix ist eine Vereinfachung, die man erhält, wenn man unbeobachtbare Freiheitsgrade wie Luftmoleküle, Photonen usw. mathematisch auf eine bestimmte Weise eliminiert - das sogenannte Ausspuren - und nur noch die interessanten Freiheitsgrade des einen Teilchens zurückbehält.

Das vollständige System sei zunächst gegeben durch ein isoliertes Teilchen in einem Superpositionszustand



Nach Wechselwirkung mit einem zunächst isolierten Luftmolekül



erhält man einen verschränkten Zustand aus Teilchen und Luftmolekül, d.h.







„int left“ steht dabei für „interagierte mit der Komponente ‚links‘ des Teilchens“.

Die beiden rechts stehenden Komponenten sind in guter Näherung orthogonal.

Bei vielen Luftmolekülen erhält man soetwas wie



Je mehr Luftmoleküle man hinzunimmt, desto besser ist die Näherung, dass beide Komponente orthogonal und untereinander nicht mehr interferenzfähig sind. Das Einführen der exakten Dichtematrix und das Ausspuren zur reduzierten Dichtematrix zeigt mathematisch diese Struktur in vereinfachter Form auf. Es bedeutet, dass man gewissermaßen ein Ensemble zweier klassisch verschiedener Möglichkeiten betrachten darf.

Diese Struktur ist außerdem der Ausgangspunkt für die „vielen Welten“.

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Aruna



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Beiträge: 795

Beitrag Aruna Verfasst am: 17. Mai 2022 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Es wäre zum Verständnis für die Amateure schön zu sehen, warum die psi-Funktion bei Interaktion mit einem klassischen Objekt (Ortsmessung am Spalt) in eine Dichtematrix übergeht und die nahezu diagonal wird. Gibt es dafür eine Gleichung oder nur eine verbale Erklärung?


Achtung, hier geht es IMO nicht um dBB sondern die Quantenmechanischen Objekte werden vollständig durch die Wellenfunktion beschrieben.

TomS, hat von der reduzierten Dichtematrix gesprochen.

guckst Du hier:

https://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/Quantentheorie/Dekohaerenz/

Vor der Wechselwirkung mit dem Photon, ist das Teilchen in einem Überlagerungszustand von Teilchen links und Teilchen rechts. In der QT-Beschreibung also sowohl links, als auch rechts (Gleichung (1))
Die Wechselwirkung mit dem Umgebungs-Photon verändert nun nicht das Teilchen, sondern das Photon.
Das wird mit dem Überlagerten Teilchenzustand verschränkt, so dass die Gleichung (2) in Gleichung (3) übergeht:
Das System Teilchen Photon ist nun einem Überlagerungszustand zwischen
(TeilchenLinks, Photon wird reflektiert) und (Teilchen rechts, Photon geht durch).
Die Dichtematrix ist das Matrixprodukt der entsprechenden Wellenfunktion und sollte m.E. noch die Überlagerungszustände beinhalten.
Die reduzierte Dichtematrix ist die ist die [partielle] Spur dieser Matrix,[zu nehmen über die unbeobachteten Freiheitsgrade.]
Die Spurbildung über die orthogonale Umgebungsbasis der beiden Photonenzustände. Und da steckt drin, dass das Skalarprodukt von Photon nach oben und Photon nach unten verschwindet. Das Skalarprodukt von Photon nach oben und Photon nach oben oder umgekehrt ist eins.
D.h. nach dem Ausspuren ist die Umgebung aus der Matrix verschwunden und
(IMO hab's jetzt nicht nachgerechnet) durch die Orthogonaltiätsbedingung (4) wurden die gemischten Terme (Teilchen links + Teilchen rechts) eliminiert.
Es bleibt noch ein Gemisch übrig zwischen Zuständen Teilchen links und Zuständen Teilchen rechts, die bedeuten, dass beides mit gleicher Wahrscheinlichkeit gemessen wird, aber nie ein Superpositionszustand (10)

So. Ich verstehe das aber so, dass die Spurbildung eben das Messergebnis reproduziert. Man misst ja kein Teilchen rechts und links gleichzeitig sondern immer entweder oder.
D.h. der Formalismus der Spurbildung liefert die messbare Wirklichkeit.
Steht auch im Text:

Zitat:
Die Dichtematrix eines Teilsystems geht aus der Dichtematrix für das Gesamtsystem durch Bildung der partiellen Spur über das andere (nicht beobachtete) Teilsystem hervor (und heißt "reduzierte Dichtematrix"). Der Vorgang wird manchmal auch TOU (trace over unobservables) genannt.


Die reduzierte Dichtematrix beschreibt also nicht das Gesamtsystem, sondern nur ein beobachtbares Teilsystem.

Einer der Begründer der Dekohärenz schreibt dazu:

Zitat:
Die Dichtematrix wurde eingeführt als eine Größe, die alle am Subsystem zu messenden Eigenschaften im Sinne der Wahrscheinlichkeitsinterpretation richtig und vollständig wiedergeben kann. Sie würde zu deren Begründung selber aber auf ein zirkuläres Argument führen
[...]
Dekohärenz beschreibt also einen scheinbaren Kollaps in quasi-klassische Zustände.
Die Frage ist: Genügt das, wenn wir nur beschreiben wollen, was wir beobachten? Dazu müssen wir zwar akzeptieren, daß wir nur eine der n-Komponenten wahrnehmen, aber ob und wann die übrigen durch einen Kollaps aus der Realität verschwinden, bleibt uns verborgen.
Das Postulat irgendeines (späteren) Kollaps-Prozesses dient somit nur der Vermeidung der ansonsten unvermeidbaren aber ungeliebten Everettschen Konsequenz “Vieler Welten”, während sich die Dekohärenz aus der unitären Dynamik ergab, die diese gerade verlangen.

http://www.thp.uni-koeln.de/gravitation/zeh/KarlsruheText.pdf


Das interpretiere ich so: Durch die Verschränkung mit dem zu messenden Teilchen wird die Umgebung inklusive Beobachter Teil des Überlagerungszustandes. Das Gesamtsystem besteht aus zwei Welten. In einer ist das Teilchen links, das Photon wird reflektiert und der Beobachter sieht das Teilchen links.
In der anderen ist das Teilchen rechts, das Photon wird nicht reflektiert und der Beobachter in dieser Welt schließt daraus, dass das Teilchen rechts ist.
Für die lokalen Beobachter in den zwei Welten ist die andere Welt nicht zugänglich obwohl in der Gesamtwellenfunktion beide gleichzeitig existieren.
Die Spurbildung ist nun ein mathematisches Instrument, um die Gesamtwellenfunktion auf ein Gemisch von beobachtbaren Teilwelten zu reduzieren.

(Ich habe gerade gesehen, das TomS inzwischen auch was geschrieben hat, ich schick das trotzdem mal ab, TomS kann ja eventuelle Denkfehler meinerseits korrigieren)


Zuletzt bearbeitet von Aruna am 17. Mai 2022 12:09, insgesamt 3-mal bearbeitet
Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 677

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 17. Mai 2022 11:43    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Installiert man nun Photoapparate an den Toren, so verändern sich die Wellen dergestalt, dass die Interferenzen der Wellen verschwinden.

Hammer Hammer Hammer

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2022 11:58    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank, nur einige Kleinigkeiten …

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Die reduzierte Dichtematrix ist die Spur dieser Matrix.

Die reduzierte Dichtematrix ist die partielle Spur dieser Matrix, zu nehmen über die unbeobachteten Freiheitsgrade.

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Es bleibt noch ein Gemisch übrig zwischen Zuständen Teilchen links und Zuständen Teilchen rechts, die bedeuten, dass beides mit gleicher Wahrscheinlichkeit gemessen wird, aber nie ein gemischter Zustand.

… aber nie ein Superpositionszustand.

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Einer der Begründer der Dekohärenz schreibt dazu:

Zitat:
Die Dichtematrix wurde eingeführt als eine Größe, die alle am Subsystem zu messenden Eigenschaften im Sinne der Wahrscheinlichkeitsinterpretation richtig und vollständig wiedergeben kann. Sie würde zu deren Begründung selber aber auf ein zirkuläres Argument führen
[...]
Dekohärenz beschreibt also einen scheinbaren Kollaps in quasi-klassische Zustände.
Die Frage ist: Genügt das, wenn wir nur beschreiben wollen, was wir beobachten? Dazu müssen wir zwar akzeptieren, daß wir nur eine der n-Komponenten wahrnehmen, aber ob und wann die übrigen durch einen Kollaps aus der Realität verschwinden, bleibt uns verborgen.
Das Postulat irgendeines (späteren) Kollaps-Prozesses dient somit nur der Vermeidung der ansonsten unvermeidbaren aber ungeliebten Everettschen Konsequenz “Vieler Welten”, während sich die Dekohärenz aus der unitären Dynamik ergab, die diese gerade verlangen.

Der hervorgehobene Satz ist falsch.

Dekohärenz beschreibt nicht einen (scheinbaren) Kollaps in quasi-klassische Zustände, sondern das Entstehen eines statistischen Gemisches mehrerer jeweils für sich klassisch erscheinender Zustände.

Natürlich ist Zeh das alles klar; ich finde nur, dass er manchmal etwas unklar formuliert hat.

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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 677

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 17. Mai 2022 12:16    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Bei vielen Luftmolekülen erhält man soetwas wie



Da entsteht doch keine Matrix, sondern ein Tensor.
Und welcher Datentyp hat |int left>? Ist das ein Hilbert-Vektor oder ein Operator-Vektor?

Und braucht man für alles nun doch die Viele Welten?

Ich kann mir das alles nicht mehr vorstellen.

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Aruna



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Beitrag Aruna Verfasst am: 17. Mai 2022 13:23    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Vielen Dank, nur einige Kleinigkeiten …


Danke, hab's ergänzt/korrigiert. :-)
(das Zitat von Zeh natürlich nicht)

TomS hat Folgendes geschrieben:

Dekohärenz beschreibt nicht einen (scheinbaren) Kollaps in quasi-klassische Zustände, sondern das Entstehen eines statistischen Gemisches mehrerer jeweils für sich klassisch erscheinender Zustände.


Mir ist der Unterschied nicht ganz klar?
Die reduzierte Dichtematrix ist ein statistisches Gemisch klassisch erscheinender Zustände, das dem Ergebnis vieler Messungen entspricht(?)
Bei einer einzelnen Messung bekomme ich einen Zustand davon.
Sieht das dann nicht so aus, als würde bei einer einzelnen Messung die Wellenfunktion in diesen Zustand kollabieren? grübelnd
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2022 13:45    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Dekohärenz beschreibt nicht einen (scheinbaren) Kollaps in quasi-klassische Zustände, sondern das Entstehen eines statistischen Gemisches mehrerer jeweils für sich klassisch erscheinender Zustände.

Mir ist der Unterschied nicht ganz klar

Die Dekohärenz liefert zunächst nicht eine reduzierte Dichtematrix als Ensemble klassischer Wahrscheinlichkeitsdichten



denn weiterhin wird ein vollständiges Quantensystem durch einen Zustand wie z.B.



beschrieben. Die reduzierte Dichtematrix ist nur das Ergebnis einer Näherung.

Aber in dem genannten Zustand ist nichts kollabiert, es liegt weiterhin eine Superposition beider Möglichkeiten vor.

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Bei einer einzelnen Messung bekomme ich einen Zustand davon.

Ja. Obwohl beiden Möglichkeiten mathematisch präsent sind.

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Sieht das dann nicht so aus, als würde bei einer einzelnen Messung die Wellenfunktion in diesen Zustand kollabieren?

Dekohärenz beschreibt nicht einen scheinbaren Kollaps in quasi-klassische Zustände, denn zunächst führt ein Kollaps definitionsgemäß zu genau einem Zustand; das Vorhandensein mehrerer quasi-klassischer Zustände widerspricht also dem Begriff bzw. dem Verständnisses des Kollapses.

Die Dekohärenz liefert aus der "Innensicht einer Komponente" für weitere Beobachtungen Ergebnisse, die von denjenigen, die unter der Annahme eines "Kollapses auf genau diese realisierte Komponente" erzielt werden, nicht unterschieden werden können. Aber genau diesen "Kollaps auf genau diese eine realisierte Komponente" liefert die Dekohärenz nicht, sie liefert beide Komponenten, und sie legt im Gegenteil sogar nahe, auf ein zusätzliches Kollapspostulat zu verzichten, da dies nichts an den experimentell überprüfbaren Vorhersagen der Theorie ändert.

Will ich die Theorie jedoch interpretieren ...

TomS hat Folgendes geschrieben:
1) Nach Bohr et al. liefert der Formalismus der Quantenmechanik die Methode zur Berechnung von Messergebnissen und deren Wahrscheinlichkeiten. Die Messung oder Beobachtung wird durch klassische Begriffe beschrieben. Weder beschreibt die Quantenmechanik die Messung, noch beschreibt sie überhaut, was tatsächlich geschieht. Nach Bohr ist also weder der Vorgang der Entstehung des Interferenzmusters Gegenstand der Quantenmechanik, noch beschreibt dies die Messung.

2) Nach einer realistischen Auffassung der Quantenmechanik würde die Entstehung des Musters tatsächlich durch die Quantenmechanik beschrieben werden. Man müsste dann aber nicht mehr von einer "Messung" als irgend etwas besonderem sprechen, es wäre einfach ein ganz normaler Prozess.

... muss ich Farbe bekennen.

Bei (1) bin ich fein raus, insbs. erlaubt mir die Dekohärenz, auf das Kollapspostulat zu verzichten. Bei (2) habe ich weiterhin ein Problem, denn das Kollapspostulat bleibt mathematisch/logisch unvereinbar mit der unitären Dynamik. Konsistent bleibt der Formalismus nur unter Verzicht auf das Kollapspostulat, was jedoch erzwingt, die beiden Komponenten als real existierende zu akzeptieren.

Ich hoffe, damit wird klar, warum ich den Satz "Dekohärenz beschreibt also einen scheinbaren Kollaps in quasi-klassische Zustände." für zumindest schwierig und missverständlich halte.

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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2022 14:45    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Da entsteht doch keine Matrix, sondern ein Tensor.

Der Zustand eines n-Teilchensystems



kann mathematisch äquivalent dargestellt werden mittels des Dichteoperators



Der partielle Dichteoperator entspricht dann z.B. dem Ausspuren aller unbeobachtbaren Teilchen 2..n



Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Und welcher Datentyp hat |int left>? Ist das ein Hilbert-Vektor oder ein Operator-Vektor?

Eine symbolische Notation für einen Vektor im Hilbertraum. Im Falle von Wellenpaketen wäre dies z.B.



Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Und braucht man für alles nun doch die Viele Welten?

Für eine realistische Interpretation ist das eine naheliegende Option - siehe oben.

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Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 677

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 17. Mai 2022 15:11    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Da entsteht doch keine Matrix, sondern ein Tensor.

Der Zustand eines n-Teilchensystems



kann mathematisch äquivalent dargestellt werden mittels des Dichteoperators



Der partielle Dichteoperator entspricht dann z.B. dem Ausspuren aller unbeobachtbaren Teilchen 2..n


Ich verstehe, dass durch das dyadische Produkt die Produktwellenfunktion des Teilchens meinetwegen mit den Luftmolekülen entsteht.

Es muss aber irgendwie eine Wechselwirkung dazukommen, denn ohne Wechselwirkung gibt es keine Beobachtung und das Interferenzmuster bleibt.

Außerdem muss die Wechselwirkung eine Mindestwirkung haben, da Wechselwirkung z.B. mit der Infrarotstrahlung immer vorhanden ist, aber trotzdem Interferenz entsteht.

All das kann ich in dem Formalismus nicht erkennen.

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Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 795

Beitrag Aruna Verfasst am: 17. Mai 2022 15:57    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Dekohärenz beschreibt nicht einen scheinbaren Kollaps in quasi-klassische Zustände, denn zunächst führt ein Kollaps definitionsgemäß zu genau einem Zustand; das Vorhandensein mehrerer quasi-klassischer Zustände widerspricht also dem Begriff bzw. dem Verständnisses des Kollapses.

Die Dekohärenz liefert aus der "Innensicht einer Komponente" für weitere Beobachtungen Ergebnisse, die von denjenigen, die unter der Annahme eines "Kollapses auf genau diese realisierte Komponente" erzielt werden, nicht unterschieden werden können. Aber genau diesen "Kollaps auf genau diese eine realisierte Komponente" liefert die Dekohärenz nicht, sie liefert beide Komponenten, und sie legt im Gegenteil sogar nahe, auf ein zusätzliches Kollapspostulat zu verzichten, da dies nichts an den experimentell überprüfbaren Vorhersagen der Theorie ändert.
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Ich hoffe, damit wird klar, warum ich den Satz "Dekohärenz beschreibt also einen scheinbaren Kollaps in quasi-klassische Zustände." für zumindest schwierig und missverständlich halte.


Hast Du nur das von mir zitierte gelesen, oder auch das von mir ausgelassene?

Zitat:
Die reduzierte Dichtematrix sieht genau so aus, als ob sie das gewünschte statistische Ensemble von Zeigerstellungen ψAn darstellte. Damit scheint das Problem des Meßprozesses gelöst! Diese plausibel erscheinende Interpretation stellt aber vielmehr das verbreitetste Mißverständnis über die Dekohärenztheorie dar.

Zwar ist es richtig, daß
1. die Orthogonalisierung der Umgebung sehr schnell erfolgt, so daß sie trotz ihres kontinuierlichen Charakters einen Quantensprung vortäuscht, und
2. die normale Wechselwirkung zwischen Apparat und Umgebung die Ortsdarstellung bevorzugt, so daß dies zu quasiklassischen Zeigerstellungen führt, aber
3. schon die Spur über das System S allein würde danach ausreichen, wenn nach der Messung nur der Apparat A betrachtet wird. Wozu braucht man dann noch die Umgebung? Der Grund für das Mißverständnis rührt daher, daß
4. eine Dichtematrix schlichtweg nicht zwischen Verschränkung und einem Ensemble unterscheiden kann, wie man an der globalen Wellenfunktion ersieht.
Die Dichtematrix wurde eingeführt als eine Größe, die alle am Subsystem zu messenden Eigenschaften im Sinne der Wahrscheinlichkeitsinterpretation richtig und vollständig
wiedergeben kann. Sie würde zu deren Begründung selber aber auf ein zirkuläres Argument
führen und unzutreffende Voraussagen für solche Messungen machen, die nicht nur das Subsystem betreffen (wie etwa bei Bellschen Experimenten). Anderseits bleibt aber festzustellen, daß
5. die Dichtematrix für alle praktischen Zwecke im genannten Sinne ein gerechtfertigtes Instrument ist,
6. die Wechselwirkung mit der Umgebung praktisch irreversibel ist (sich in dieser Beziehung also wie ein echter Kollapsprozess verhält), wodurch sie nachfolgende state vector revival, delayed choice oder Quantenradierer-Experimente unmöglich macht und
7. die dekohärierten n-Komponenten der obigen globalen Wellenfunktion fortan dynamisch völlig unabhängig voneinander (“autonom”) sind.
8. Man darf also so tun, als ob ein Kollaps in eine der autonomen Komponenten schon beim ersten irreversiblen Dekohärenzvorgang stattgefunden hätte.

Dekohärenz beschreibt also einen scheinbaren Kollaps in quasi-klassische Zustände.
Die Frage ist: Genügt das, wenn wir nur beschreiben wollen, was wir beobachten? Dazu müssen wir zwar akzeptieren, daß wir nur eine der n-Komponenten wahrnehmen, aber ob und
wann die übrigen durch einen Kollaps aus der Realität verschwinden, bleibt uns verborgen.


Z.B. die von mir markierten Punkte 7. und 8.zeigen doch, dass die anderen Komponenten weiterhin exisitieren und man "so tun kann" als ob ein Kollaps in eine der Komponenten stattgefunden hätte?
Und die Frage: "Genügt das, wenn wir nur beschreiben wollen, was wir beobachten?" scheint mir gerade in die Richtung zu gehen, ob ich den restlichen unbeobachtbaren Zweigen der Wellenfunktion eine Realität zugestehe, oder ob ich über Dinge, die ich nicht beobachten kann keine Aussage treffen und dann so tue als wären die halt verschwunden.
Der ganze Aufsatz scheint mir dazu angelegt, zu zeigen, dass da im Formalismus nix verschwindet und nix kollabiert. Man kann halt so tun, sonst wären die anderen Deutungen ja entscheidbar falsch.
Aruna



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Beitrag Aruna Verfasst am: 17. Mai 2022 16:18    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Es muss aber irgendwie eine Wechselwirkung dazukommen, denn ohne Wechselwirkung gibt es keine Beobachtung und das Interferenzmuster bleibt.


hast Du Dir den von mir verlinkten Artikel angeschaut und den Übergang von
Gleichung (2) nach Gleichung (3)

https://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/Quantentheorie/Dekohaerenz/

dazwischen ist doch genau die Wechselwirkung.
Ein Beobachtung ist nicht nötig, es reicht, dass die Umgebung nach der Wechselwirkung mit dem Teilchenzustand verschränkt ist.
Alles was in dauernder Wechselwirkung mit der Umgebung steht ist ebenfalls verschränkt und ein solcher Beobachter kann nur noch einen Zweig der Gesamtwellenfunktion wahrnehmen.
Erst wenn man ein System ausreichend isoliert, kann man die Überlagerungszustände wahrnehmen.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Außerdem muss die Wechselwirkung eine Mindestwirkung haben, da Wechselwirkung z.B. mit der Infrarotstrahlung immer vorhanden ist, aber trotzdem Interferenz entsteht.


Das scheint mir eher graduell.
Wenn man den Einfluss der Umgebung hochdreht, verschmiert meines Wissens das Interferenzmuster eher kontinuierlich als dass sprunghaft verschwindet.
In dem Wikiartikel zu Dekohärenz sind Dekohärenzzeiten angegeben

https://de.wikipedia.org/wiki/Dekoh%C3%A4renz#Typische_Dekoh%C3%A4renzzeiten

Da verliert ein Elektron, das kosmischer Hintergrundstrahlung ausgesetzt ist, seine Kohärenz innerhalb von 10^-9 Sekunden. Im Ultrahochvakuum nach 10 Sekunden.
Aruna



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Beiträge: 795

Beitrag Aruna Verfasst am: 17. Mai 2022 17:22    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Bei vielen Luftmolekülen erhält man soetwas wie



Je mehr Luftmoleküle man hinzunimmt, desto besser ist die Näherung, dass beide Komponente orthogonal und untereinander nicht mehr interferenzfähig sind. Das Einführen der exakten Dichtematrix und das Ausspuren zur reduzierten Dichtematrix zeigt mathematisch diese Struktur in vereinfachter Form auf. Es bedeutet, dass man gewissermaßen ein Ensemble zweier klassisch verschiedener Möglichkeiten betrachten darf.


Ich hab nun untiges Video gefunden.
Wenn ich das richtig verstanden habe, wird mit zunehmender Interaktion mit der Umgebung die Nichtdiagonalelemente der Dichtematrix gegen 0 gehen, wegen den zufälligen Veränderung der Phase.
Es entsteht dann eine Dichtematrix, die eben eine statistische Verteilung klassischer Zustände:

https://www.youtube.com/watch?v=igsuIuI_HAQ&t=397s

ist das das Gleiche, was Du in obigem Beitrag beschrieben hast?


Zuletzt bearbeitet von Aruna am 18. Mai 2022 00:00, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
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Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2022 17:33    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Hast Du nur das von mir zitierte gelesen, oder auch das von mir ausgelassene?

Ja - früher mal ;-)

Aruna hat Folgendes geschrieben:
7. die dekohärierten n-Komponenten der obigen globalen Wellenfunktion fortan dynamisch völlig unabhängig voneinander (“autonom”) sind.
8. Man darf also so tun, als ob ein Kollaps in eine der autonomen Komponenten schon beim ersten irreversiblen Dekohärenzvorgang stattgefunden hätte.[/b]
Dekohärenz beschreibt also einen scheinbaren Kollaps in quasi-klassische Zustände.

Z.B. die von mir markierten Punkte 7. und 8.zeigen doch, dass die anderen Komponenten weiterhin exisitieren und man "so tun kann" als ob ein Kollaps in eine der Komponenten stattgefunden hätte?

Ja, so ergibt das mehr Sinn.

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Und die Frage: "Genügt das, wenn wir nur beschreiben wollen, was wir beobachten?" scheint mir gerade in die Richtung zu gehen, ob ich den restlichen unbeobachtbaren Zweigen der Wellenfunktion eine Realität zugestehe, oder ob ich über Dinge, die ich nicht beobachten kann keine Aussage treffen und dann so tue als wären die halt verschwunden.
Der ganze Aufsatz scheint mir dazu angelegt, zu zeigen, dass da im Formalismus nix verschwindet und nix kollabiert. Man kann halt so tun, sonst wären die anderen Deutungen ja entscheidbar falsch.

Ja, so hatte ich Zeh immer verstanden. Deswegen erschien mir der einzelne Satz etwas fragwürdig.

Ich wollte nicht gegen Zehs Darstellung generell argumentieren.

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Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2022 17:37    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Es muss aber irgendwie eine Wechselwirkung dazukommen, denn ohne Wechselwirkung gibt es keine Beobachtung und das Interferenzmuster bleibt.

Ja.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Außerdem muss die Wechselwirkung eine Mindestwirkung haben, da Wechselwirkung z.B. mit der Infrarotstrahlung immer vorhanden ist, aber trotzdem Interferenz entsteht.

Ja.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
All das kann ich in dem Formalismus nicht erkennen.

Nicht in den kurzen Fragmenten hier im Forum. In ausführlicheren Darstellungen natürlich schon ;-)

Siehe auch Aruna's Beitrag.

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