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Der Urknall - aus dem Nichts?
 
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Hawking42
Gast





Beitrag Hawking42 Verfasst am: 04. März 2021 12:36    Titel: Der Urknall - aus dem Nichts? Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

habe mir ein paar Überlegungen zum Urknall gemacht und bin durch Literatur von Stephen Hawking auf einige Gedanken gekommen.

Die Quantenphysik ist unglaublich komplex und schwer beschreibbar, wir verstehen vielleicht ein Minimum von dem, was da teilweise abläuft.

Ein Mysterium ist ja das "plötzliche" entstehen von Teilchen und Antiteilchen, wenn z.B. scheinbar aus dem Nichts Elektronen/Positronen erscheinen und sich annihilieren.

Wir können ja theoretisch alles mit quantenmechanischen Zuständen beschreiben.
Wäre es nicht also auch denkbar, dass es keine logische Erklärung geben MUSS, um den Urknall zu erklären? Dass es einfach "Nichts" gab und dieser dann, wie jedes "Teilchen" in der Quantenphysik, einfach so passiert ist?

Demnach könnte ja jederzeit wieder ein Urknall passieren, vielleicht sogar jetzt gerade oder in den nächste Minuten. Auch wenn es, betrachtet man die gewaltigen Zeitdimensionen des Universums, eher unwahrscheinlich ist, dass das ganze jetzt passiert...

Ich bin auf eure Antworten/Expertise/Meinungen gespannt!
Brillant



Anmeldungsdatum: 12.02.2013
Beiträge: 1973
Wohnort: Hessen

Beitrag Brillant Verfasst am: 04. März 2021 20:54    Titel: Re: Der Urknall - aus dem Nichts? Antworten mit Zitat

Hawking42 hat Folgendes geschrieben:
Ich bin auf eure Antworten/Expertise/Meinungen gespannt!

Seit Menschengedenken wird das Unerklärliche den Göttern zugeschrieben. Ich denke, der Urknall ist eine Theorie, die wissenschaftlich nie bewiesen oder widerlegt werden kann.

Man kann ihn nicht wiederholen und nicht beobachten, nicht messen.

Wenn tatsächlich Teilchen aus dem Nichts auftauchen und bestehen bleiben, würde ich das einer göttlichen Kraft zuchreiben, obwohl ich Agnostiker bin. Es mag Götter geben oder nicht. Je nachdem, wie man „Götter“ definiert. Wissenschaft und Glaube schließen sich nicht aus, ergänzen sich womöglich.

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Glaubt nicht dem Hörensagen ... oder eingewurzelten Anschauungen, auch nicht den Worten eines verehrten Meisters; sondern was ihr selbst gründlich geprüft und als euch selbst und anderen zum Wohle dienend erkannt habt, das nehmt an. Siddhartha Gautama
masterpie



Anmeldungsdatum: 13.11.2019
Beiträge: 406

Beitrag masterpie Verfasst am: 04. März 2021 22:11    Titel: Antworten mit Zitat

Sollte es Multiversen geben, dann hat es noch etliche male mehr "geknallt".

So endgültig würde ich die Nicht-Nachweisbarkeit des "Urknalls" nicht sehen. Vor 100 Jahren konnte sich keiner vorstellen, das Gravitationswellen nachweisbar wären. Weitere 1000 Beispiele möge jeder selbst suchen.

Momentan ist der "Urknall" die Lösung mit der größten Wahrscheinlichkeit. Viele Meßergebnisse sprechen für den Urknall. Die Hintergrundstrahlung ist da wohl eines der wichtigsten Ergebnisse. Wenn die Gravitationswellenastronomie noch um einiges weiter ist, wird man vielleicht auch vor die Zeit von 360.000 Jahren nach dem Urknall sehen können.

Sicher war und ist es so, wenn es nicht erklär- oder verstehbar ist, muss schnell etwas Überirdisches herhalten. Doch wieviele solche unerklärten Dinge wurden schon erklärt und warum sollte es nicht in Zukunft weiterhin Lösungen für Fragen geben, die heute noch nicht, aber vielleicht schon morgen oder in 30 Jahren geklärt werden können?

Mit Optimismus, Masterpie

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Wir denken zu viel und fühlen zu wenig. (Charlie Chaplin)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18026

Beitrag TomS Verfasst am: 05. März 2021 07:47    Titel: Re: Der Urknall - aus dem Nichts? Antworten mit Zitat

Hawking42 hat Folgendes geschrieben:
Die Quantenphysik ist unglaublich komplex und schwer beschreibbar, wir verstehen vielleicht ein Minimum von dem, was da teilweise abläuft.

Das muss man präzisieren.

Die Quantenphysik ist keineswegs “unglaublich komplex”. Die mathematische Struktur ist vergleichsweise einfach, seit knapp 100 Jahren verstanden und im wesentlichen unverändert.

Es ist jedoch richtig, dass wir nicht wissen, “was da abläuft”, weil wir es nicht beobachten können, ohne den Ablauf zu stören. D.h. wir haben einen mathematischen Formalismus, der präzise und immer wieder experimentell bestätigte Vorhersagen ermöglicht, jedoch damit noch keine gesicherte Erkenntnis darüber, “was tatsächlich real geschieht”.

Hawking42 hat Folgendes geschrieben:
Ein Mysterium ist ja das "plötzliche" entstehen von Teilchen und Antiteilchen, wenn z.B. scheinbar aus dem Nichts Elektronen/Positronen erscheinen und sich annihilieren.

Nein, das ist keineswegs ein Mysterium, lediglich ein anschaulicher und leider verwirrender Erklärungsversuch für einen Formelapparat.

Wir können Quantenphänomene nicht anschaulich und zugleich korrekt beschrieben. Das ist jedoch kein Mysterium der Quantenphänomene, lediglich ein Problem unserer Alltagssprache und Vorstellungskraft.

Vereinfacht gesprochen- aber nicht anschaulich - resultieren die von dir genannten Prozesse aus einer Näherung: man definiert zunächst mathematisch einen “perturbativen Vakuumzustand” der Theorie, d.h. man betrachtet eine Theorie ohne jegliche Wechselwirkung zwischen den Feldern; dieser perturbative Vakuumzustand entspricht nicht dem physikalisch relevanten Vakuumzustand bei Anwesenheit von Wechselwirkungen. D.h. das Vakuum bei Abwesenheit aller Anregungen der Felder = bei “Abwesenheit von Teilchen” wird durch die Wechselwirkungen der Felder beeinflusst. Die von dir genannten Prozesse erscheinen als rein mathematische Terme dann, wenn man - ausgehend vom perturbative Vakuum - das reale Vakuum beschreiben möchte. Letztlich sind diese Terme Artefakte einer Näherung.

Das ist bereits mathematisch nicht einfach zu verstehen, es führt jedoch teilweise schlicht in die Irre, sich ein anschauliches Bild davon machen zu wollen.

Man kann jedoch sehr handfeste Physik damit treiben. Z.B. weist die QCD formal eine sogenannte chiralen Symmetrie zwischen Teilchen verschiedener Händigkeit auf. Diese Symmetrie ist im Vakuum spontan gebrochen. Ein Maß für diese Brechung ist das sogenannte Quark-Kondensat, d.h. salopp gesprochen, eine Größe, die uns etwas über die Anwesenheit von Quark-Antiquark-Paaren im Vakuum sagt. Diese Größe ist nicht direkt messbar, steht jedoch im Zusammenhang mit anderen direkt messbaren Größen, insbs. Quarkmassen, der Pionmasse sowie der Pion-Zerfallskonstante. Wir können also die Anwesenheit von Quark-Antiquark-Paaren im Vakuum über Experimente indirekt bestimmen. Ein anschauliches Bild haben wir damit aber nicht.

Hawking42 hat Folgendes geschrieben:
Wir können ja theoretisch alles mit quantenmechanischen Zuständen beschreiben.
Wäre es nicht also auch denkbar, dass es keine logische Erklärung geben MUSS, um den Urknall zu erklären? Dass es einfach "Nichts" gab und dieser dann, wie jedes "Teilchen" in der Quantenphysik, einfach so passiert ist?

Rein logisch können wir hier gar nichts erklären. Zwar müssen die mathematischen Methoden in sich logisch konsistent sein, jedoch können physikalische Theorien nicht rein logisch begründet werden. Zum Beispiel hat Einstein einige Postulate an den Beginn seiner Arbeiten zur Allgemeinen Relativitätstheorie gesetzt - nur eines davon können wir experimentell zu überprüfen, nämlich die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit - aber aus einigen Experimenten folgt weder rein logisch die universelle Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, noch die anderen Postulate. Sie werden lediglich ex post dadurch gerechtfertigt, dass die resultierende Theorie funktioniert, d.h. zu experimentell überprüfbaren und bestätigten Aussagen führt.

Dann muss man darauf hinweisen, dass es beim Urknall eben nicht möglich ist, diesen mittels etablierter quantenmechanischer Methoden zu beschreiben, da wir die dazu notwendige Theorie der Quantengravitation nur in Ansätzen verstehen. Es gibt durchaus plausible Modelle, die ein quantenmechanisches Modell des Urknalls entwerfen, jedoch sind wir weit davon entfernt, dass diese sich in eins und allgemein akzeptiertes Theoriegebäude einfügen - geschweige denn, dass wir dies experimentell überprüfen könnten.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
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