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Doppelspalt und Quantenverschränkung
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Mrs Quantum
Gast





Beitrag Mrs Quantum Verfasst am: 23. Sep 2020 17:01    Titel: Doppelspalt und Quantenverschränkung Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo,

ich habe ein paar fragen zum Doppelspalt und zur Quantenverschränkung.
Wir hatten das Thema in der Schule und ich habe jetzt ein paar Videos und Artikel darüber gelesen, aber irgendwie glaube ich die wiedersprechen sich teilweise...

Also:
Wenn wir ein Teilchen durch den Doppelspalt schicken, geht es durch beide Spalten gleichzeitig, da es sich wie eine Welle verhält. OK!
Wenn wir jetzt jedoch ein Messgerät an den Spalten aufstellen um zu überprüfen welchen Spalt es jetzt durchquert, verhält es sich nicht mehr wie eine Welle und entscheidet sich für einen Spalt... OK, nehme ich mal so hin Big Laugh

Eine Messung ist ja jetzt aber nichts anderes als eine Wechselwirkung. Das bedeutet doch das das Teilchen, zum Beispiel ein Elektron ständig mit seiner Umgebung wechselwirkt. Also durch Elektromagnetismus zum Beispiel, oder durch Gravitation. Das bedeutet das das Elektron doch irgendeinen einfluss auf die Atome auswirkt vom zum Beispiel dem Doppelspalt selbst. Warum ist das jetzt keine Messung, die das Teilchen in der Position zum festlegen seines Ortes zwingt?

Wenn ich jetzt zum Beispiel auf den Doppelspalt ein Photon losschicke und hinter jeden Spalt ein Spiegel oder eine Glassphaserleitung lege die in unterschiedliche Richtungen zeigen, habe ich dann ein verschränktes Phothon, also zwei das jetzt doch irgendwie eins ist?

Wie erzeugt man verschränkte Teilchen, in den Videos und Artikeln wird immer nur von einem Kristall geredet, was ist das für ein Magisches ding?

Wenn ich ein verschränktes Teilchen habe, kann ich durch Messen einen Quantenzustand jetzt festlegen oder nur Bestimmen? Also mein Lehrer sagte mal das man durch Messen den Zustand festlegen kann, also das man damit bestimmen kann ob ein Teilchen einen Up oder Down Spin hat. Warum ist damit dann trotzdem keine Informationsübertragung möglich?

In einigen Videos heißt es, dass jeder einfluss auf ein Verschränktes Teilchen die Verschränkung beendet. Heißt das aus einem Teilchen werden dann plötzlich zwei?
Wie kann man dann überhaupt eine Verschränkung aufrechterhalten, eine Wechselwirkung gibt es doch ständig durch Gravitation oder Strahlung?

danke

Meine Ideen:
Es ist Quantenmechanik!
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 23. Sep 2020 19:39    Titel: Re: Fragen zum Doppelspalt und Quantenverschränkung Antworten mit Zitat

Mrs Quantum hat Folgendes geschrieben:
Wenn wir ein Teilchen durch den Doppelspalt schicken, geht es durch beide Spalten gleichzeitig, da es sich wie eine Welle verhält. OK!
Wenn wir jetzt jedoch ein Messgerät an den Spalten aufstellen um zu überprüfen welchen Spalt es jetzt durchquert, verhält es sich nicht mehr wie eine Welle und entscheidet sich für einen Spalt... OK, nehme ich mal so hin

Sagen wir etwas vorsichter:

Wenn wir ein Teilchen durch den Doppelspalt schicken, beschreiben wir es mathematisch als Welle, und damit so, wie wenn es durch beide Spalten gleichzeitig hindurchgehen würde. Wenn wir ein Messgerät aufstellen um zu überprüfen welchen Spalt es durchquert, beschreiben wir es im Zuge der Messung nicht als eine Welle ...

Wir wissen nicht, was das Teilchen tatsächlich tut, wenn wir es nicht beobachten. Wir wissen lediglich, dass eine bestimmte Beschreibung, d.h. ein mathematisches Modell funktioniert oder nicht funktioniert. Realität und Modell der Realität sind nicht zwingend das selbe.

Mrs Quantum hat Folgendes geschrieben:
Eine Messung ist ja jetzt aber nichts anderes als eine Wechselwirkung.

Das ist nach allem was wir wissen zumindest nicht so einfach wie dargestellt, evtl. sogar falsch!

Es gibt nach der “orthodoxen Interpretation” der Quantenmechanik zwei verschiedene Regeln für die Beschreibung eines Teilchens: Wenn es nicht beobachtet wird, beschreiben wir es als Welle mittels der sogenannten Schrödingergleichung. Wenn wir es beobachten bzw. messen, zeigt es sich als unteilbares, lokalisiertes Teilchen, und wir dürfen es nicht mittels der Schrödingergleichung beschreiben; beide Regeln widersprechen sich.

Daraus resultieren diverse Probleme.
A) Es bleibt unklar, was genau eine Messung von einer gewöhnlichen Messung unterscheidet.
B) Es wird nicht erklärt, wann und warum das Messgerät - aus Atomen zusammengesetzt - nach den Regeln der Schrödingergleichung funktioniert, außer wenn es zum Beispiel ein Atom misst.
C) Diese Lesart der Quantenmechanik liefert gerade keine Beschreibung der Vorgänge in der Realität, lediglich eine mathematisches Berechnungsmethode.

Dies ist das sogenannte Messproblem - und es ist bis heute nicht zur allgemeinen Zufriedenheit gelöst.

Mrs Quantum hat Folgendes geschrieben:
Das bedeutet doch das das Teilchen, zum Beispiel ein Elektron ständig mit seiner Umgebung wechselwirkt. Also durch Elektromagnetismus zum Beispiel, oder durch Gravitation. Das bedeutet das das Elektron doch irgendeinen einfluss auf die Atome auswirkt vom zum Beispiel dem Doppelspalt selbst. Warum ist das jetzt keine Messung, die das Teilchen in der Position zum festlegen seines Ortes zwingt?

Weil wir den Begriff “Messung” auf die Situationen beschränken, wo es um eine Messung geht. Das ist bewusst so formuliert, um zu zeigen, dass hier ein logischer Bruch besteht ;-)

Mrs Quantum hat Folgendes geschrieben:
Wie erzeugt man verschränkte Teilchen, in den Videos und Artikeln wird immer nur von einem Kristall geredet, was ist das für ein Magisches Ding?

Zwei Teilchen sind immer verschränkt, wenn sie in einem gemeinsamen Prozess entstehen oder wenn sie miteinander wechselwirken, d.h. zum Beispiel streuen.

Die genannten Kristalle sind lediglich eine besonders effiziente bzw. praktische Quellen verschränkter Teilchen.

Mrs Quantum hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich ein verschränktes Teilchen habe, kann ich durch Messen einen Quantenzustand jetzt festlegen oder nur Bestimmen? Also mein Lehrer sagte mal das man durch Messen den Zustand festlegen kann, also das man damit bestimmen kann ob ein Teilchen einen Up oder Down Spin hat.

Man misst den Spin eines der beiden spin-verschränkten Teilchen im Messgerät bei A; damit ist das Ergebnis für die Messung des Spins des anderen Teilchens in einem Messgerät bei B festgelegt.

Mrs Quantum hat Folgendes geschrieben:
Warum ist damit dann trotzdem keine Informationsübertragung möglich?

Weil man durch die Spinmessung bei A noch keine Information zu B transportiert hat. Außerdem verändert man das Messergebnis bei B nicht, d.h. ein Physiker kann durch seine Beobachtung bei B nicht erkennen, ob wir bei A gemessen haben oder nicht. Alles was er weiß ist, dass wenn wir bei A gemessen haben, welchen Spin wir gemessen haben - mehr nicht.

Ein klassisches, jedoch in gewissen Aspekten leider falsches Beispiel sind ein Paar Schuhe: Ein Paar Schuhe besteht aus einem rechten und einem linken Schuh. Nun packen wir je einen Schuh in einen Karton und schicken diese zu Empfänger A bzw. B. Wenn der Karton bei A geöffnet und zum Beispiel der linken Schuh sichtbar wird, dann weiß der Beobachter bei A, dass B im Falle einer Beobachtung sicher den rechten Schuh sehen wird. Damit ist jedoch keine Information von A an B übertragen worden: weder weiß B, was A beobachtet hat bzw. ob A überhaupt den Karton geöffnet hat, noch gar die Beobachtung bei A irgendetwas am Inhalt des Kartons bei B geändert. Aber wie gesagt, dieses Beispiel wird vielen Aspekten verschränkter Teilchenpaare nicht gerecht.

Ich habe übrigens gerade einen - ziemlich mathematischen - FAQ-Artikel dazu begonnen:

https://www.physikerboard.de/topic,62447,-faq---quantenmechanik-und-lokaler-realismus%2C-bell%2C-.html

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 26. Dez 2023 21:21, insgesamt einmal bearbeitet
Mrs Quantum
Gast





Beitrag Mrs Quantum Verfasst am: 24. Sep 2020 09:30    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für deine Antwort, das hilft wirklich weiter einmal aufzuräumen.

Die Erklärung zum Messen ist nicht wirklich Befriedigend, das zeigt irgendwie wie wenig wir noch verstehen... Das Klingt so als, wenn die Aussage: "Ist der Mond nicht da, wenn keiner hinsieht" irgendwie passen ist...


Wie kann ich den überhaupt ireversibel ein Photon Messen? Also es gibt ja den Comptom-Effekt, aber da löst sich das Photon ja auf und es entsteht ein Neues. Das würde doch aber schon den gesamten Messaufbau beeinflussen oder?


Zitat:
Weil man durch die Spinmessung bei A noch keine Information zu B transportiert hat. Außerdem verändert man das Messergebnis bei B nicht, d.h. ein Physiker kann durch seine Beobachtung bei B nicht erkennen, ob wir bei A gemessen haben oder nicht. Alles was er weiß ist, dass wenn wir bei A gemessen haben, welchen Spin wir gemessen haben - mehr nicht.

Ein klassisches, nicht in allen Aspekten zutreffendes jedoch anschauliches Beispiel sind ein Paar Schuhe: Ein Paar Schuhe besteht aus einem rechten und einem linken Schuh. Nun packen wir je einen Schuh in einen Karton und schicken diese zu Empfänger A bzw. B. Wenn der Karton bei A geöffnet und zum Beispiel der linken Schuh sichtbar wird, dann weiß der Beobachter bei A, dass B im Falle einer Beobachtung sicher den rechten Schuh sehen wird. Damit ist jedoch keine Information von A an B übertragen worden: weder weiß B, was A beobachtet hat bzw. ob A überhaupt den Karton geöffnet hat, noch gar die Beobachtung bei A irgendetwas am Inhalt des Kartons bei B geändert. Aber wie gesagt, dieses Beispiel wird vielen Aspekten verschränkter Teilchenpaare nicht gerecht.


Ich muss hier nochmal nachfragen. Bleiben wir bei dem Schuhkarton.
Ich gebe dir einen Mit. Ist jetzt in deinem automatisch ein linker oder rechter Schuh drin oder Wechselt er die ganze Zeit? Also steht das Messergebniss schon in dem Moment fest wo ich dir ein Schuh gebe und wir kennen das Ergebniss nur noch nicht, oder steht das wirklich noch nicht fest, da das Schuhpaar ständig die Kisten wechselt?

Ich hatte das immer so verstanden: Das Schupaar wechselt ständig die Kiste, also solange wir nicht Nachsehen, steht auch nicht fest welchen Schuh wir haben. Schauen wir nach und es ist der Rechte wissen wir das der andere den Linken hat. Machen wir jetzt eine Zeitreise zurück und schauen etwas früher nach, könnten wir plötzlich den Linken haben und der andere den Rechten.

Oder ist das eine rein philosophischbetrachtung, da es keinen unterschied macht ob man den up oder down spin hat, solange es einer von beiden ist?

Jetzt gibt es ja das Experiment mit verschränkten Photonen, wo diese eine unterschiedliche Polarisation besitzen. Wenn ich das Experiment richtig verstehe, gehen entweder beide durch ihre Polarisationsfilter durch oder nicht. Wenn ich jetzt aber weiß, welche Einstellung der andere Polarisationsfilter habe kann ich doch Informationen übertragen. Denn ich kann mit meinen Filter beeinflussen ob das andere Photon überhaupt (eine Wahrscheinlichkeit > 0) durch den Filter kommt oder garnicht durchkommen kann (Wahrscheinlichkeit = 0). oder nicht?

Danke für den FAQ ich versuche den mal zu verstehen...
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Sep 2020 10:09    Titel: Antworten mit Zitat

Mrs Quantum hat Folgendes geschrieben:
Die Erklärung zum Messen ist nicht wirklich Befriedigend, das zeigt irgendwie wie wenig wir noch verstehen... Das Klingt so als, wenn die Aussage: "Ist der Mond nicht da, wenn keiner hinsieht" irgendwie passen ist...

Das ist genau der Punkt.

Viele sogenannte Erklärungen oder Interpretation mogeln sich letztlich darum herum oder bezeichnen diese Frage als “unphysikalisch”; es sei lediglich Aufgabe der Physik, Messergebnisse zu berechnen, nicht jedoch, die Realität zu erklären.

Allerdings erkennen auch namhafte Physiker durchaus die Notwendigkeit einer präzisen Interpretation sowie der Existenz offener Fragen der Theorie - siehe z.B. meine Signatur.

Mrs Quantum hat Folgendes geschrieben:
Wie kann ich den überhaupt ireversibel ein Photon Messen? Also es gibt ja den Comptom-Effekt, aber da löst sich das Photon ja auf und es entsteht ein Neues. Das würde doch aber schon den gesamten Messaufbau beeinflussen oder?

Der Compton-Effekt gehorcht einer relativistischen und quantenfeldtheoretischen Verallgemeinerung der Schrödingergleichung und entspricht daher keiner Messung. Auch die Absorption eines Photons durch ein Atom ist keine Messung.

Irreversible Messvorgänge kann man mittels der Dekohärenz beschreiben, die aus der Anwendung der Quantenmechanik auf die Wechselwirkung eines (zu messenden) Quantensystems mit dem Messgerät sowie den Umgebungsfreiheitsgraden (Luft ...) resultiert. Dabei sind einige Probleme zu lösen bzw. Fragen zu erklären: Was ist eine Messung bzw. ein Messgerät? Was unterscheidet die Messung von einer gewöhnlichen Wechselwirkung? Wie resultieren aus quantenmechanischen Superpositionen die uns vertrauten klassischen Zustände? Welches Messergebnis wird letztlich angezeigt?

Ein Messgerät ist ein makroskopisches Quantensystem, das gerade so konstruiert ist, dass es im Falle einer Wechselwirkung mit einem anderen quantenmechanischen (meist mikroskopischen) System gerade die möglichen Messwerte einer Messgröße zu diesem System anzeigt. Eine Messung ist demnach zunächst eine gewöhnliche quantenmechanische Wechselwirkung, die sich lediglich dadurch auszeichnet, dass sie bestimmte Eigenschaften des Quantensystems dem Messgerät einprägt. Die Wechselwirkung des Quantensystems mit Messgerät und insbesondere mit den unbeobachteten Umgebungsfreiheitsgraden führt zu einer Verschränkung von Quantensystem, Messgerät und Umgebung. Der resultierende Zustand umfasst alle möglichen klassischen Anzeigen des Messgerätes. Dabei handelt es sich jedoch effektiv nicht mehr um eine Superposition unscharfer Quantenzustände, sondern um “klassische, getrennte Zweige“, wobei jeder einzelne Zweig einem uns vertrauten (fast) scharfen Messwert beziehungsweise dessen im Orts- und Impulsraum (fast) scharfen Zeigerstellung am Messgerätes entspricht. Die quantenmechanische Superposition wird durch die parallele Existenz aller möglichen jeweils klassisch erscheinenden „Zweige“ ersetzt (wobei letzteres nur eine Näherung darstellt, die letztlich daraus resultiert, dass wir die o.g. Umgebungsfreiheitsgrade nicht beobachten; insgs. liegen die o.g. quantenmechanischen Verschränkung weiterhin vor, jedoch unbeobachtbar in der Umgebung). Die “klassischen, getrennten Zweige“ bleiben stabil und sind füreinander wechselweise „unsichtbar“.

Die Dekohärenz erklärt demnach das Entstehen klassisch erscheinender „Zweige“ aus der zugrundeliegenden Quantenebene. Damit löst die Dekohärenz alle Probleme – bis auf eines. Sie erklärt nicht, welchen einen Messwert man abliest, denn aus der Dekohärenz bzw. Quantenmechanik folgt eben die parallele Existenz aller möglichen „Zweige“.

Hier hat man letztlich zwei Optionen:
1) man verzichtet auf eine Interpretation der Wellenfunktion als Beschreibung der Realität und wendet sie ausschließlich als Instrument zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten (je Zweig bzw. Messwert) an. Das funktioniert rein praktisch, jedoch wird das Messproblem nicht gelöst sondern lediglich nicht diskutiert.
2) man interpretiert die Wellenfunktion als Beschreibung dessen, was tatsächlich existiert, und akzeptiert damit die Vorhersagen der Quantenmechanik – insbesondere die parallele Existenz alle diese Zweige; diese werden nicht postuliert sondern folgen mathematisch aus der Theorie.

(2) Entspricht der Everettschen Quantenmechanik (1956) bzw. der modernen Fassung, die diese Ergebnisse auf Basis der Dekohärenz (Zeh, 1970) ableitet. (2) wird nach de Witt auch als Viele-Welten-Interpretation bezeichnet. Diese löst das Messproblem im Wesentlichen - d.h. unter der Voraussetzung, dass die Vorhersage der Existenz dieser “vielen Welten” akzeptiert wird, sowie einiger weiterer strittiger Punkte, die wir noch diskutieren können.

Mrs Quantum hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Weil man durch die Spinmessung bei A noch keine Information zu B transportiert hat. Außerdem verändert man das Messergebnis bei B nicht, d.h. ein Physiker kann durch seine Beobachtung bei B nicht erkennen, ob wir bei A gemessen haben oder nicht. Alles was er weiß ist, dass wenn wir bei A gemessen haben, welchen Spin wir gemessen haben - mehr nicht.

Ein klassisches, nicht in allen Aspekten zutreffendes jedoch anschauliches Beispiel sind ein Paar Schuhe: Ein Paar Schuhe besteht aus einem rechten und einem linken Schuh. Nun packen wir je einen Schuh in einen Karton und schicken diese zu Empfänger A bzw. B. Wenn der Karton bei A geöffnet und zum Beispiel der linken Schuh sichtbar wird, dann weiß der Beobachter bei A, dass B im Falle einer Beobachtung sicher den rechten Schuh sehen wird. Damit ist jedoch keine Information von A an B übertragen worden: weder weiß B, was A beobachtet hat bzw. ob A überhaupt den Karton geöffnet hat, noch gar die Beobachtung bei A irgendetwas am Inhalt des Kartons bei B geändert. Aber wie gesagt, dieses Beispiel wird vielen Aspekten verschränkter Teilchenpaare nicht gerecht.

Ich muss hier nochmal nachfragen. Bleiben wir bei dem Schuhkarton.
Ich gebe dir einen Mit. Ist jetzt in deinem automatisch ein linker oder rechter Schuh drin oder Wechselt er die ganze Zeit? Also steht das Messergebniss schon in dem Moment fest wo ich dir ein Schuh gebe und wir kennen das Ergebniss nur noch nicht, oder steht das wirklich noch nicht fest, da das Schuhpaar ständig die Kisten wechselt?

Nein, das Messergebnis steht noch nicht fest. Ich sagte ja, „ein nicht in allen Aspekten zutreffendes Beispiel“. Mir ging es nur darum, zu erklären, warum kein Signalaustausch existiert.

Mrs Quantum hat Folgendes geschrieben:
Ich hatte das immer so verstanden: Das Schupaar wechselt ständig die Kiste ...

Das verdeutlicht das Problem etwas besser, das Beispiel trifft dennoch nicht in allen Aspekten zu.

Mrs Quantum hat Folgendes geschrieben:
Jetzt gibt es ja das Experiment mit verschränkten Photonen, wo diese eine unterschiedliche Polarisation besitzen. Wenn ich das Experiment richtig verstehe, gehen entweder beide durch ihre Polarisationsfilter durch oder nicht. Wenn ich jetzt aber weiß, welche Einstellung der andere Polarisationsfilter habe kann ich doch Informationen übertragen. Denn ich kann mit meinen Filter beeinflussen ob das andere Photon überhaupt (eine Wahrscheinlichkeit > 0) durch den Filter kommt oder garnicht durchkommen kann (Wahrscheinlichkeit = 0). oder nicht?

Nein, du kannst die Wahrscheinlichkeit nicht beeinflussen.

Nehmen wir an, die einzelne Wahrscheinlichkeit je Teilchen für „Spin up“ sei 1/2, die für 1/2 ebenso. Das heißt, die Wahrscheinlichkeiten für die Messungen lauten

P(Spin up bei A und Spin up bei B) = P(Spin down bei A und Spin down bei B) = 0

P(Spin up bei A und Spin down bei B) = P(Spin down bei A und Spin up bei B) = 1/2

P(Spin up bei A | ohne Betrachtung der Messung bei B) = P(Spin down bei A | ohne Betrachtung der Messung bei B) = 1/2

Es gilt ebenfalls

P(Spin up bei A | unter der Voraussetzung der Messung von Spin up B) = ... = 0

Aber dieses „unter der Voraussetzung“ bedeutet, dass die Berechnung von P durchgeführt wird, unter der Voraussetzung, dass das Ergebnis bei B für die Berechnung von A bekannt ist. Dann wäre jedoch dieses Ergebnis von B nach A kommuniziert worden, und zwar ganz normal unter Berücksichtigung der Relativitätstheorie.

Wenn das Messergebnis dagegen nicht bekannt ist, oder wenn nicht mal bekannt ist, dass überhaupt gemessen wurde, dann gilt das „ohne Betrachtung der Messung bei B“, und damit eine unveränderte Wahrscheinlichkeit.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
terminus



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Beitrag terminus Verfasst am: 17. Okt 2020 10:40    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Das Klingt so als, wenn die Aussage: "Ist der Mond nicht da, wenn keiner hinsieht" irgendwie passen ist...

kann man es vlt besser so formulieren (abgesehen davon, dass der Mond viel zu groß und komplex ist, um ihn als Quantensystem zu betrachten):
"Wir wissen nicht, in welchem Zustand der Mond ist, solange wir nicht gemessen haben".
Das Messen allerdings interagiert mit dem Messobjekt, d.h.:
Bei Quantensystemen bleibt im Gegensatz zur Makrophysik der Zustand des "Mondes" nicht unverändert, sondern der Zustand wird durchs Messen verändert oder "präpariert".
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Okt 2020 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Das Klingt so als, wenn die Aussage: "Ist der Mond nicht da, wenn keiner hinsieht" irgendwie passen ist...

kann man es vlt besser so formulieren [...]:
"Wir wissen nicht, in welchem Zustand der Mond ist, solange wir nicht gemessen haben".


Nein, man kann quantenmechanische Wahrscheinlichkeiten nicht als Unkenntnis des wahren Zustands interpretieren. Das ist eine Folge aus dem Kochen-Specker-Theorem. Dieses Theorem beweist im Prinzip, daß man nicht allen Observablen vorherbestimmte Werte zuordnen kann, die unabhängig von jeglicher Messung festliegen.
terminus



Anmeldungsdatum: 17.10.2020
Beiträge: 555

Beitrag terminus Verfasst am: 17. Okt 2020 12:08    Titel: Antworten mit Zitat

das Kochen-Specker-Theorem setzt doch vorraus, dass es "verborgene Variablen" gäbe.
Hat denn überhaupt jemals jemand bewiesen, dass es diese "verborgenen Variablen" tatsächlich unzweifelbar gibt?
Zumindest scheinen einige Physiker deren Existenz anzuzweifeln.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Okt 2020 12:17    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
das Kochen-Specker-Theorem setzt doch vorraus, dass es "verborgene Variablen" gäbe.


Nein, das Kochen-Specker-Theorem setzt nichts weiter als den normalen quantenmechanischen Formalismus voraus, keine verborgenen Variablen. Siehe z.B. diese Formulierung: Voraussetzung ist ein Hilbertraum mit Dimension größer 2, mehr nicht.
terminus



Anmeldungsdatum: 17.10.2020
Beiträge: 555

Beitrag terminus Verfasst am: 17. Okt 2020 12:29    Titel: Antworten mit Zitat

ok, dann habe ich dieses Zitat offenbar falsch verstanden, scheint wohl genau anders herum zu sein:
"Das Kochen-Specker-Theorem (KS-Theorem) ist ein Satz aus dem Bereich der Grundlagen der Quantenmechanik, der die Unmöglichkeit eines nicht kontextuellen Modells mit verborgenen Variablen der Quantenmechanik beweist. " https://de.wikipedia.org/wiki/Kochen-Specker-Theorem
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Okt 2020 12:51    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
ok, dann habe ich dieses Zitat offenbar falsch verstanden, scheint wohl genau anders herum zu sein:
"Das Kochen-Specker-Theorem (KS-Theorem) ist ein Satz aus dem Bereich der Grundlagen der Quantenmechanik, der die Unmöglichkeit eines nicht kontextuellen Modells mit verborgenen Variablen der Quantenmechanik beweist. " https://de.wikipedia.org/wiki/Kochen-Specker-Theorem


Genau, mit anderen Worten: mit den quantenmechanischen Unsicherheiten ist es ist nicht lediglich so, daß wir den genauen Zustand nicht kennen, bevor wir gemessen haben. Es ist viel grundlegender als das. Die QM erlaubt keine beliebig detaillierte und gleichzeitig vom Meßkontext unabhängige Beschreibung des Zustands.
terminus



Anmeldungsdatum: 17.10.2020
Beiträge: 555

Beitrag terminus Verfasst am: 17. Okt 2020 13:04    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Die QM erlaubt keine beliebig detaillierte und gleichzeitig vom Meßkontext unabhängige Beschreibung des Zustands.

das meinte ich aber ähnlich:
Wir kennen nicht den "echten" Zustand vor einer Messung oder ohne eine Messung und können ihn auch niemals kennen. Wir können nur den Zustand NACH einer Messung kennen, und wenn wir gemessen haben, dann haben wir das System bereits dadurch verändert und selbst dann kennen wir noch nicht auch ALLE anderen Zustands-Variablen (wie bei Ort vs Impuls).
Oder was meinst du anderes?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Okt 2020 13:29    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Die QM erlaubt keine beliebig detaillierte und gleichzeitig vom Meßkontext unabhängige Beschreibung des Zustands.

das meinte ich aber ähnlich:
Wir kennen nicht den "echten" Zustand vor einer Messung oder ohne eine Messung und können ihn auch niemals kennen.
Wir können nur den Zustand NACH einer Messung kennen, und wenn wir gemessen haben, dann haben wir das System bereits dadurch verändert.
Oder was meinst du anderes?


Ich meine, daß eine Messung nicht als Prozeß interpretiert werden kann, der die unvollständige Information über den Zustand des Systems vervollständigt. So scheinst du dir das vorzustellen, zumindest klingt deine Schilderung hier so und auch deine ursprüngliche Aussage über den Mond. Aber diese Auffassung widerspricht dem KS-Theorem.

(Zumindest, wenn man als "mögliche Information über das System" Eigenwerte von Operatoren betrachtet, wie man es in diesem Zusammenhang meistens tut. Ohne diese Annahme erscheint mir die Aussage des KS-Theorems weniger klar.)
terminus



Anmeldungsdatum: 17.10.2020
Beiträge: 555

Beitrag terminus Verfasst am: 17. Okt 2020 14:29    Titel: Antworten mit Zitat

also der "Mond" stammt ja nur aus dem zitierten Post, ich selber rede über Quanten wie Elektronen mit Spin, Ort, Impuls (was gibt's noch mehr?).
Ich meine es auch nicht als "Prozess", der eine Beschreibung "vervollständigt", sondern nur als eine Einwirkung eines Messsystems auf einen Quanten, der eine bestimmte Eigenschaft "einfriert" oder "präpariert", und wenn man das öfter hintereinander macht, dann kann man vielleicht sogar Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit ziehen, mit der der Quant (das Elektron) eine bestimmte Eigenschaft bei solchen Messungen präsentiert (also Wahrscheinlichkeit 1 oder immer 0 oder 1/2 oder was auch immer). Ohne zu messen weiß ich aber nichts drüber, da mag der Spin immer +1 oder -1 sein oder mal so, mal so, ich kenne ihn schlicht nicht.
Ähnlich wie beim Elektron beim Doppelspaltversuch:
Ich verstehe den Doppelspalt als Messsystem, mit dem ich das Elektron quasi zwinge, sich wie eine Welle zu vehalten und so dahinter das Interferenzmuster zu präsentieren.
Positioniere ich eine weitere Messapparatur vor dem linken Spalt, um zu sehen, ob es da durchfliegen würde, so zwinge ich durch das Messen das Elektron bereits vor dem Spalt in einen bestimmten Zustand, sodass es sich danach ggf. nicht mehr so verhält wie ohne diese vorgeschaltete Messung: durch die kann es sich dann, wenn ich es messe, auch als Teilchen mit Teilcheneigenschaften entpuppen, und dann gibt es hinter dem Doppelspalt kein Interferenzmuster mehr.
Ohne jegliche Messung aber befindet sich das Elektron in einem unbestimmten Zustand, der beides möglich macht, nennen wir sie "Superposition".
Die Frage ist also nicht, ob es den Mond (oder den Quant) gibt oder nicht, solange keiner hinschaut, sondern was sich zeigt, sobald ich mit bestimmten oder unterschiedlichen Apparaten messe.
Laienhaft formuliert, zugegebenermaßen.


Zuletzt bearbeitet von terminus am 17. Okt 2020 14:57, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Okt 2020 14:53    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
also der "Mond" stammt ja nur aus dem zitierten Post, ich selber rede über Quanten wie Elektronen mit Spin, Ort, Impuls (was gibt's noch mehr?).


Das spielt doch keine Rolle. Es macht höchstens einen quantitativen Unterschied.

Zitat:

Ich meine es auch nicht als "Prozess", der eine Beschreibung "vervollständigt", sondern nur als eine Einwirkung eines Messsystems auf einen Quanten, der eine bestimmte Eigenschaft "einfriert" oder "präpariert",


Egal, wie du es formulierst, das Grundproblem bleibt: es wird nicht eine objektiv vorhandene Eigenschaft "eingefroren". Die Zuordnung von objektiven Eigenschaften auf die Meßwerte funktioniert eben nicht, sondern hängt vom Kontext ab.

Auch die Einwirkung auf das System ist kein notwendiger Bestandteil der Messung: bei einem EPR-Experiment führt man eine Messung durch ohne das System zu stören. (Zumindest wenn man nichtlokale Einflüsse ausschließt.)

Zitat:

und wenn man das öfter hintereinander macht, dann kann man vielleicht sogar Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit ziehen, mit der der Quant (das Elektron) eine bestimmte Eigenschaft bei solchen Messungen präsentiert (also Wahrscheinlichkeit 1 oder 0 oder 1/2 oder was auch immer). Ohne zu messen weiß ich aber nichts drüber, da mag der Spin immer 0 oder 1 sein oder mal so, mal so, ich kenne ihn schlicht nicht.


Nein, eben nicht. Der Spin mag weder 0 noch 1 noch sonst irgendwas sein. Die Meßwahrscheinlichkeiten haben nichts mit Unkenntnis objektiver Eigenschaften zu tun. Das ist ja gerade der Punkt.

Wenn du von "bestimmten Eigenschaften" redest, die bei der Messung mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit "präsentiert" werden, bist du schon auf dem falschen Dampfer. Diese Interpretation von Wahrscheinlichkeiten ist in der QM nicht möglich. Lies dir mal genau durch was im oben verlinkten SEP-Artikel über Value Definiteness, Value Reality und Non-contextuality steht, und in welchem Zusammenhang sie zum KS-Theorem stehen. Mir scheint du hast das Grundproblem nicht ganz erkannt.
terminus



Anmeldungsdatum: 17.10.2020
Beiträge: 555

Beitrag terminus Verfasst am: 17. Okt 2020 14:56    Titel: Antworten mit Zitat

hatte mich verschrieben
ich meinte, der Spin kann (grundsätzlich) immer nur 2 mögliche Werte annehmen, wie +1 oder -1.
Solange ich ihn nicht messe, kenne ich ihn nicht.
Erst wenn ich ihn messe, bekomme ich ein Messergebnis, und das mag immer +1 zeigen, oder immer -1, oder mal so mal so, mit best. Häufigkeiten, und die zeigt sich oder entsteht nur durch eine Interaktion mit dem Messapparat (was nicht heißt, dass sie "vorher" schon so gewesen wäre!)
Was ist daran falsch?

(englische Fachartikel verstehe ich nicht)
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Okt 2020 15:15    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
hatte mich verschrieben
ich meinte, der Spin kann nur +1 oder -1 sein, was anderes ist ja nicht möglich.


Du denkst wahrscheinlich an Photonen. Im allgemeinen stimmt deine Aussage nicht. Massive Spin-1-Teilchen, wie W-Bosonen, können in jeder Richtung einen Spin von -1, 0, oder 1 haben. Aber es spielt für das KS-Theorem ohnehin keine Rolle, welche definitiven Werte man einer Observablen zuordnen möchte.

Zitat:

Solange ich ihn nicht messe, kenne ich ihn nicht.
Erst wenn ich ihn messe, bekomme ich ein Messergebnis, und das mag immer +1 zeigen, oder immer -1, oder mal so mal so, mit best. Häufigkeiten und die zeigt sich nur durch eine Interaktion mit dem Messapparat (was nicht heißt, dass sie "vorher" schon so gewesen wäre!)
Was ist daran falsch?


Falsch war deine Behauptung die Unkenntnis einzelner Observablen wie dem Spin vor der Messung sei auf die Unkenntnis des Zustands zurückzuführen.
terminus



Anmeldungsdatum: 17.10.2020
Beiträge: 555

Beitrag terminus Verfasst am: 17. Okt 2020 15:20    Titel: Antworten mit Zitat

PS,
Wie auch ein Photon oder ein Elektron durch eine Messung Teilcheneigenschaften zeigen kann (Schwärzung einer Photoplatte oder Teilchenimpuls) und in anderen Messungen Welleneigenschaften (Beugung am Spalt), das Ergebnis manifestiert sich verschieden je nach Messung und erst durch eine Messung, so oder so. Vor der Messung war es weder fest das eine oder andere, beides ist möglich. Ich hatte nie gemeint, dass die eine oder die andere Eigenschaft "vorher" "objektiv" vorhanden gewesen wäre.
Nicht richtig?
(es ist nicht einfach, das sprachlich korrekt zu formulieren)
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Okt 2020 15:33    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
Ich hatte nie gemeint, dass die eine oder die andere Eigenschaft "vorher" "objektiv" vorhanden gewesen wäre.


Damit ist völlig unklar, was du denn nun eigentlich gemeint hast. Du redest von der Unkenntnis des Zustands vor der Messung. Was soll das bedeuten? Wenn es sich um "Unkenntnis" handelt, dann muß es vor der Messung einen Fakt geben, den man nicht kennt. Welcher soll das sein?
terminus



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Beitrag terminus Verfasst am: 17. Okt 2020 15:42    Titel: Antworten mit Zitat

ich meinte,ich kann einen Zustand ohne eine Messung und unabhängig von einer Messung nicht kennen.
Im Falle des Teilchen/Welle Dualismus gibt es diesen "objektiven" Zustand "vorher" auch gar nicht, wie ich schrieb.

Aber statt dauernd zu schreiben, dies oder jenes, wie ich es formuliert habe, sei falsch oder unklar, sei doch mal konstruktiv und formuliere es ohne Fachkauderwelsch in einfachen Worten so, wie du es richtig verstehst.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Okt 2020 16:20    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
ich meinte,ich kann einen Zustand ohne eine Messung und unabhängig von einer Messung nicht kennen.

Aber statt dauernd zu schreiben, dies oder jenes, wie ich es formuliert habe, sei falsch oder unklar, sei doch mal konstruktiv und formuliere es ohne Fachkauderwelsch in einfachen Worten so, wie du es richtig verstehst.


Du hast oben selbst diesen Fachkauderwelsch von wikipedia zitiert. Woher soll ich wissen, daß du ihn gar nicht verstehst?

Man kennt den Zustand vor der Messung aus den Anfangsbedingungen und der Schrödingergleichung. (Diese Situation ist im Prinzip nicht anders als in der klassischen Mechanik nur komplizierter.)

Dieser Zustand erlaubt die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Werte. Diese Werte sind nicht objektive Eigenschaften des Systems und die berechneten Wahrscheinlichkeiten drücken nicht die Unkenntnis dieser Eigenschaften aus.

Wenn du also die quantenmechanische Unbestimmtheit als "Unkenntnis des Zustands vor der Messung" interpretierst, ist das falsch. Das kann ich leider nicht anders ausdrücken. Wenn du lediglich meinst, daß man irgendwann mal irgendwas gemessen haben muß um irgendwas über ein System zu wissen, ist das zwar nicht falsch, hat aber auch nicht mehr viel mit Quantenmechanik zu tun.
terminus



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Beitrag terminus Verfasst am: 17. Okt 2020 16:28    Titel: Antworten mit Zitat

naja, vielleicht kann ja mal jemand anderes mit verständlichen Worten und auch konstruktiver etwas mehr Licht ins hiesige Dunkel bringen...
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 17. Okt 2020 18:35    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
ich meinte,ich kann einen Zustand ohne eine Messung und unabhängig von einer Messung nicht kennen.

Doch, das ist unter bestimmten Umständen schon möglich.

Wenn du an vielen identischen Quantensystemen den Zustand identisch präparierst und bei einer darauffolgenden Messung einer Observablen A streuungsfrei immer den selben Messwert a erhältst, dann kannst du davon ausgehen, dass die Systeme - insbs. auch die noch nicht gemessen - im Eigenzustand |a> präpariert sind.

terminus hat Folgendes geschrieben:
Im Falle des Teilchen/Welle Dualismus gibt es diesen "objektiven" Zustand "vorher" auch gar nicht, wie ich schrieb.

Das hat nichts mit Welle-Teilchen-Dualismus zu tun; das ist ohnehin ein veraltetes Konzept, das nichts erklärt.

Es kann einen objektiven Zustand “vorher” durchaus geben. Das bedeutet jedoch nicht, dass für jede beliebige Observable auch ein objektiver Wert vorliegt; das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
terminus



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Beitrag terminus Verfasst am: 18. Okt 2020 10:08    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Wenn du an vielen identischen Quantensystemen den Zustand identisch präparierst und bei einer darauffolgenden Messung einer Observablen A streuungsfrei immer den selben Messwert a erhältst, dann kannst du davon ausgehen, dass die Systeme - insbs. auch die noch nicht gemessen - im Eigenzustand |a> präpariert sind.

das ist aber jetzt ein sehr spezieller Spezialfall wie bei der Verschränkung, das meinte ich natürlich nicht, sondern ich meinte z.B. "unbekannte" Quanten, die vorher noch nicht gemessen wurden.
Beispiel: Ich habe z.B. eine Quelle, die einzelne Photonen emittiert (z.B. aus radioaktivem Zerfall), und bei denen eine Eigenschaft gemessen werden soll (Spin oder was auch immer).
Wenn ich tausendmal messe, und erhalte 500mal +1 und 500mal -1, dann kann ich zwar bei der 1001. Messung mit 50% Wahrscheinlichkeit eine +1 oder -1 erwarten; wenn ich aber das 1001. Photon tatsächlich vor mir habe, kann ich den Spin nicht kennen, er ist noch unbestimmt bzw. in einer Superposition; erst wenn ich messe, kommt es zu einer Interaktion mit dem Messgerät und es zeigt sich erst dann +1 oder -1.

Was wäre an dieser Vorstellung falsch?
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 18. Okt 2020 10:30    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
wenn ich aber das 1001. Photon tatsächlich vor mir habe, kann ich den Spin nicht kennen, er ist noch unbestimmt bzw. in einer Superposition; erst wenn ich messe, kommt es zu einer Interaktion mit dem Messgerät und es zeigt sich erst dann +1 oder -1.

Was wäre an dieser Vorstellung falsch?


Solange du nicht verrätst, wie diese Wechselwirkung aussehen soll, ist sie noch nicht mal falsch.

Es wird sich bestenfalls um eine Art stochastischen Prozeß handeln können, denn wenn du -- wie in der Quantenmechanik üblich -- die Wechselwirkung mit der normalen Schrödingergleichung beschreibst, landet dein Meßgerät ebenfalls in einer Superposition.

Und davon abgesehen, um wirklich alle möglichen Meßwerte auf diese Art zu erklären, muß die Wechselwirkung wohl auf jeden Fall nichtlokal sein. Verschränkung erlaubt nämlich auch prinzipiell die Messung an Systemen, die beliebig weit entfernt sind.
terminus



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Beitrag terminus Verfasst am: 18. Okt 2020 10:55    Titel: Antworten mit Zitat

also, halten wir fest: nicht falsch - das war i.P. aber genau das Szenario, was ich in meinen obigen Posts meinte.
Wie das Messgerät genau misst, interessiert mich allerdings hier gar nicht (und ich weiß es auch nicht), daher interessiert mich momentan auch nicht die genaue physikalische Art des Messvorgangs bzw. die Details der "Wechslewirkung", und das will ich daher erst mal außen vor lassen; mich interssiert momentan nur das, was das Messgerät "anzeigt"


Zuletzt bearbeitet von terminus am 18. Okt 2020 11:02, insgesamt 2-mal bearbeitet
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 18. Okt 2020 10:56    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
... ich meinte z.B. "unbekannte" Quanten, die vorher noch nicht gemessen wurden.
Beispiel: Ich habe z.B. eine Quelle, die einzelne Photonen emittiert (z.B. aus radioaktivem Zerfall), und bei denen eine Eigenschaft gemessen werden soll (Spin oder was auch immer).

Zunächst mal bedeutet die Tatsache, dass weder präpariert noch gemessen wurde, nichts anderes als in der klassischen Physik: der Zustand ist unbekannt. Daran ist nichts rätselhaft.

Dann weiß nicht, ob du den o.g. Satz wirklich ernst genommen hast:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Es kann einen objektiven Zustand “vorher” durchaus geben. Das bedeutet jedoch nicht, dass für jede beliebige Observable auch ein objektiver Wert vorliegt; das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.


Nehmen wir einen Atomkern X* bekannter Masse m* sowie bekanntem Gesamtspin s, der sich in einem angeregten Zustand befinde und unter Aussendung eines Gamma-Quants in den Grundzustand mit bekannter Masse m zerfalle; außerdem befinde er sich im Laborsystem in Ruhe, d.h. habe Impuls Null



Symbolisch





Niemand hindert dich daran, den linken sowie den rechten Zustand des Gesamtsystems als objektiv zu betrachten. Alle Physiker stimmen bzgl. dieser Zustände überein, demnach ist m.E. das Kriterium für Objektivität erfüllt: eine unabhängig vom Beobachter vorliegende Eigenschaft der Realität; diese lässt sich durch diese Zustände zutreffend beschreiben.

Darüberhinaus haben beide Zustände - vorher und nachher - einige objektiv gültige Eigenschaften, z.B. für Massen, Gesamtimpulse











sowie weitere aufgrund der Drehimpulskopplung.

D.h. neben dem objektiv gegebenen Zustand liegen auch objektive Werte von Observablen vor, die ohne Messung bekannt sind und für die keine Unschärfe vorliegt.

Du hast recht, nicht für alle Observablen sind die Werte objektiv gegeben, insbs. nicht für die Richtung der Impulse sowie die der Spins. Das bedeutet jedoch nicht, dass ohne Messung nichts bekannt bzw. nichts objektiv gegeben wäre.

Du begehst m.M.n. den Denkfehler, dich der Quantenmechanik über die klassischen Eigenschaften bzw. die Werte von Observablen zu nähern. Das ist jedoch nicht das, was uns der Formalismus nahelegt; primär gegeben sind nicht diese klassischen Eigenschaften sondern der quantenmechanische Zustandsvektor, und der hat durchaus objektiven Charakter, auch wenn aus ihm nicht für alle Observablen scharf definierte Werte folgen.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 18. Okt 2020 12:14, insgesamt 10-mal bearbeitet
terminus



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Beitrag terminus Verfasst am: 18. Okt 2020 10:58    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
terminus hat Folgendes geschrieben:
... ich meinte z.B. "unbekannte" Quanten, die vorher noch nicht gemessen wurden.
Beispiel: Ich habe z.B. eine Quelle, die einzelne Photonen emittiert (z.B. aus radioaktivem Zerfall), und bei denen eine Eigenschaft gemessen werden soll (Spin oder was auch immer).

Ich weiß nicht, ob du den o.g. Satz wirklich ernst genommen hast:


welchen Satz?
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 18. Okt 2020 11:15    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
also, halten wir fest: nicht falsch - das war i.P. aber genau das Szenario, was ich in meinen obigen Posts meinte.


Der Ausdruck "noch nicht einmal falsch" geht auf Pauli zurück. Was damit gemeint ist, kannst du hier nachlesen.

Zitat:

Wie das Messgerät genau misst, interessiert mich allerdings hier gar nicht (und ich weiß es auch nicht), daher interessiert mich momentan auch nicht die genaue physikalische Art des Messvorgangs bzw. die Details der "Wechslewirkung", es ist für mich eine "Black Box" und das will ich daher erst mal außen vor lassen;


Es geht auch nicht um die Details. Es geht darum, daß eine Wechselwirkung in der Quantenmechanik das Resultat ergibt, was allgemein als "Schrödingers Katze" bekannt ist, also eine Superposition makroskopisch unterscheidbarer Zustände.

Für eine Messung bedeutet das: Wenn du eine Zeigerstellung für Spin up und eine andere für Spin down hast, dann liefert dir eine Messung an einem Superpositionszustand auch eine Superposition dieser beiden Zeigerzustände.

Zitat:

mich interssiert nur das, was das Messgerät "anzeigt"..


Ja und? Was zeigt eine Superposition von makroskopisch unterscheidbaren Zeigerzuständen an?
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 18. Okt 2020 11:47    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
welchen Satz?

s.o. - ich war noch am Schreiben

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terminus



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Beitrag terminus Verfasst am: 18. Okt 2020 12:28    Titel: Antworten mit Zitat

ich bezog mich nur auf Zustände, von denen ich (noch) nichts weiß und speziell in diesem Zusammenhang auf das Zitat
Zitat:
Das Klingt so als, wenn die Aussage: "Ist der Mond nicht da, wenn keiner hinsieht" irgendwie passen ist...

und hier ging es mir darum zum Ausdruck zu bringen, dass der "Mond" nicht weg ist sondern sehr wohl da ist, und es nichts mit "hingucken oder nicht" zu tun hat, sondern dass man nur noch nichts darüber weiß und daher messen muss.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 18. Okt 2020 12:38    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist mir zu fragmentarisch.

Du schreibst über den Mond und Quanten, Welle-Teilchen-Dualismus, Verschränkung, Messen bzw. Beobachten, Kochen-Specker, ... Was genau meinst du denn nun?

terminus hat Folgendes geschrieben:
naja, vielleicht kann ja mal jemand anderes mit verständlichen Worten und auch konstruktiver etwas mehr Licht ins hiesige Dunkel bringen...

Würde ich gerne, aber dazu musst du m.E. konkreter und präziser werden.

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Beitrag terminus Verfasst am: 18. Okt 2020 12:49    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das ist mir zu fragmentarisch. Du schreibst über den Mond und Quanten, Welle-Teilchen-Dualismus, Verschränkung, Messen bzw. Beobachten, Kochen-Specker, ...

Was genau meinst du denn nun?


ich habe bis auf "Mond", der wohl stellvertretend für einen Quantenzustand stehen sollte, ursprünglich nichts von all dem geschrieben.
Der Doppelspalt und Welle-Teilchen-Dualismus stammen vom TOP, ansonsten war das jemand anderes, mit einer etwas abgehobenen Attitüde und nicht zielführenden Einwürfen gespickt mit superschlauen Zitat-Anspielungen, auf die ich mich (leider) genötigt sah, zu antworten, um sie auf das ursprüngliche Zitat zurück zu führen (gut, ok, da kamen wir von Hölzken auf Stöcksken).
Ich habe mich nur auf das obige Zitat bezogen (und beziehe mich auch jetzt nur darauf), in dem vom Mond die Rede war, der angeblich weg sei, so lange man nicht hinschaut - das ist ganz präzise das, was ich meinte.
Vergessen wir also am besten alles, was seit dem geschrieben wurde, und fangen noch mal ganz neu genau bei diesem Zitat an...


Zuletzt bearbeitet von terminus am 18. Okt 2020 19:48, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 18. Okt 2020 13:39    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Das ist mir zu fragmentarisch. Du schreibst über den Mond und Quanten, Welle-Teilchen-Dualismus, Verschränkung, Messen bzw. Beobachten, Kochen-Specker, ...

Was genau meinst du denn nun?


ich habe bis auf "Mond", der wohl stellvertretend für einen Quantenzustand stehen sollte,


In der Aussage über den Mond ging es doch lediglich um die Frage wie aus einer Wahrscheinlichkeitsamplitude ein konkreter Meßwert wird. Daraufhin schriebst du:

Zitat:

kann man es vlt besser so formulieren [...]: "Wir wissen nicht, in welchem Zustand der Mond ist, solange wir nicht gemessen haben".


Die Wahrscheinlichkeitsamplitude vor der Messung ist der Zustand. Wir können sehr wohl (prinzipiell) wissen, wie dieser Zustand aussieht. Das hat aber nichts mit dem eigentlichen Problem zu tun. Wir wissen trotzdem nicht, welchen Wert eine zukünftige Messung ergeben wird. Wir können aber nicht einfach, so wie in deiner Formulierung, unterstellen, daß die gegebene Wahrscheinlichkeitsamplitude unvollständige Information über den "wahren" Zustand repräsentiert. Warum wir das nicht können, ist Gegenstand einiger Unmöglichkeitsbeweise, wie z.B. dem KS-Theorem. (Es gibt natürlich Theorien mit verborgenen Variablen, in denen die Wellenfunktion nicht den kompletten Zustand beschreibt. Aber die haben trotzdem die von KS bewiesenen Eigenschaften, was vermutlich erheblich dazu beitragen dürfte, daß sie nicht besonders populär sind.)

Zitat:

Das Messen allerdings interagiert mit dem Messobjekt, d.h.:
Bei Quantensystemen bleibt im Gegensatz zur Makrophysik der Zustand des "Mondes" nicht unverändert, sondern der Zustand wird durchs Messen verändert oder "präpariert".


Daß eine Messung eine Wechselwirkung zwischen System und Meßgerät ist, ist doch nicht die Frage. Das Problem ist 1) welchen Zustand diese Wechselwirkung ergibt und 2) wie man ihn interpretiert. Die Antwort auf 1) ist allgemein bekannt: es ergibt sich wieder eine Superposition aus makroskopisch unterscheidbaren Zuständen. Das ist der Ausgangspunkt des Meßproblems, nicht die Lösung.

Zitat:

nichts von all dem geschrieben, das war jemand anderes, mit einer etwas abgehobenen Attitüde und nicht zielführenden Einwürfen gespickt mit superschlauen Zitat-Anspielungen, auf die ich mich (leider) genötigt sah, zu antworten, um sie auf das ursprüngliche Zitat zurück zu führen


Der Zusammenhang zu diesen "superschlauen Zitat-Anspielungen" ist vielleicht nicht ganz offensichtlich. Zielführend wäre es also gewesen, wenn du mal klipp und klar geschrieben hättest, was dir daran unklar ist, anstatt gleich einzuschnappen.

(P.S.: von mir stammt übrigens in der obigen Aufzählung nur der Verweis auf Kochen-Specker, der durchaus relevant ist. Den "Welle-Teilchen-Dualismus" hast sehr wohl du ins Spiel gebracht. Um den Rest ging es bereits in der Originalfrage.)
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 18. Okt 2020 14:47    Titel: Antworten mit Zitat

@terminus -

Wenn du dich nur auf den Mund beziehst - unabhängig von anderen Diskussionen:

Der Quantenzustand ist nicht identisch mit dem Mond, der Zustand – genauer: der Zustandsvektor – beschreibt den Mond als makroskopisches Quantensystem. Das eine wäre also ein in der Realität existierendes System, dass andere seine mathematischen Beschreibung; daher sind beide sicher nicht identisch.

Der Zustandsvektor existiert immer dann, wenn ein Physiker ihn zur Beschreibung benutzt, damit rechnet, ihn im Rahmen einer Vorlesung an die Tafel schreibt etc.

Ob der Mond als reales System nun existiert, wenn niemand hinschaut, ist im engeren Sinne eine philosophische und keine physikalische Fragestellung. Da Physik eine empirische Wissenschaft ist, kann sie zunächst nichts darüber aussagen, was tatsächlich existiert, solange keine empirische Beobachtung vorliegt.

Dass der Mond existiert, auch wenn niemand hinschaut, entspricht der philosophischen Position des objektiven Realismus; ich denke diese Position wird von den meisten Naturwissenschaftlern heute vertreten. Dass der Mond nicht existiert , wenn niemand hinschaut, wäre eine idealistische Position; sie wurde in präziser Form dargelegt von dem Philosophen Berkeley. Auch wenn uns diese Philosophie fremdartig erscheinen mag, kann sie denn noch logisch konsistent formuliert werden. Eine sicher weit verbreitete Ansicht unter Physikern ist, dass der mathematischen Formalismus nichts bezüglich der Realität beziehungsweise der Existenz des Mondes aussagt, sondern dass der Formalismus rein der Berechnung von Messergebnissen dient. Diese Haltung wird insbesondere im Rahmen der Quantenmechanik als Instrumentalismus bezeichnet.

Welche Haltung bezüglich der Existenz des Mondes unabhängig von seiner Beobachtungen und unabhängig von physikalischen Theorien einnimmst, ist s also eine Frage der Philosophie.

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TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 18. Okt 2020 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

Bezüglich Attitüde, superschlau etc.: ich bin schon der Meinung, dass du da auch ein bisschen selbst in der Verantwortung bist; deine Anmerkungen waren teilweise nicht wirklich präzise und nicht unbedingt erkennbar richtig.
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Beitrag terminus Verfasst am: 18. Okt 2020 15:11    Titel: Antworten mit Zitat

es geht nicht um meine Aussage, es geht um die Aussage "Das Klingt so als, wenn die Aussage: "Ist der Mond nicht da, wenn keiner hinsieht" irgendwie passen ist..."
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 18. Okt 2020 15:17    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
es geht nicht um meine Aussage, es geht um die Aussage "Das Klingt so als, wenn die Aussage: "Ist der Mond nicht da, wenn keiner hinsieht" irgendwie passen ist..."


Diese Aussage stimmt so sicher nicht. Aber deine eben auch nicht. Welche Aussagen über Quantensysteme zutreffend sind, ist eine subtile Frage.
terminus



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Beitrag terminus Verfasst am: 18. Okt 2020 15:21    Titel: Antworten mit Zitat

von meiner Aussage ist hier nicht de Rede, es geht nur um die Aussage
"Das Klingt so als, wenn die Aussage: "Ist der Mond nicht da, wenn keiner hinsieht" irgendwie passen ist..."

Dass die nicht stimmt, sehe ich ebenso, aber statt immer nur hochnäsig zu scheiben, was alles nicht stimmt, schreib doch mal lieber, was stimmt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 18. Okt 2020 15:21    Titel: Antworten mit Zitat

terminus hat Folgendes geschrieben:
es geht nicht um meine Aussage, es geht um die Aussage "Das Klingt so als, wenn die Aussage: "Ist der Mond nicht da, wenn keiner hinsieht" irgendwie passen ist..."

Es geht um meine Aussage
TomS hat Folgendes geschrieben:
... deine Anmerkungen waren teilweise nicht wirklich präzise und nicht unbedingt erkennbar richtig.

denn
terminus hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Das Klingt so als, wenn die Aussage: "Ist der Mond nicht da, wenn keiner hinsieht" irgendwie passen ist...

kann man es vlt besser so formulieren (abgesehen davon, dass der Mond viel zu groß und komplex ist, um ihn als Quantensystem zu betrachten):
"Wir wissen nicht, in welchem Zustand der Mond ist, solange wir nicht gemessen haben".

Deine Aussage ist eben keine einfache Umformulierung sondern besagt etwas völlig anderes. Dann habe ich oben erklärt, dass es nicht das selbe ist, ob wir den Zustand kennen (oder nicht kennen), oder ob wir Eigenschaften des Zustandes kennen. Beides hat außerdem nichts mit der Existenz zu tun, diese ist - habe ich auch erklärt - keine Frage der Physik. Und zuletzt ist der Mond nicht zu groß, um als Quantensystem aufgefasst zu werden; die Dekohärenz befasst sich exakt damit: mit makroskopischen Quantensystemen.

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Beitrag terminus Verfasst am: 18. Okt 2020 15:28    Titel: Antworten mit Zitat

wie gesagt, es geht nicht um meine Aussage, es geht um die Aussage "Das Klingt so als, wenn die Aussage: "Ist der Mond nicht da, wenn keiner hinsieht" irgendwie passen ist..."
Ich habe den Versuch unternommen, eine Verbesserung der Aussage zu spendieren, aber auch wenn die nicht ins Schwarze getroffen hat, bin ich dennoch nur an einer korrekten Formulierung der Aussage interessiert:
"Ist der Mond nicht da, wenn keiner hinsieht" irgendwie passen ist..."


Zuletzt bearbeitet von terminus am 18. Okt 2020 15:35, insgesamt einmal bearbeitet
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