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Elektrostatik in der QED
 
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Corbi



Anmeldungsdatum: 17.07.2018
Beiträge: 296

Beitrag Corbi Verfasst am: 16. Aug 2020 13:19    Titel: Elektrostatik in der QED Antworten mit Zitat

Wie beschreibt man Elektrostatische oder Magnetostatische Probleme in der Quantenelektrodynamik ?

Also z.B. ein Elektron in einem homogenen elektrischen Felds eines Kondensators. Werden dabei ständig Photonen vom Elektron aufgenommen? Photonen sind ja eigentlich kein Elektrostatisches Phänomen also wie findet hier der Energieaustausch auf QED-Ebene statt?

Wie ist das im Wasserstoff-Atom? Werden dabei ständig Photonen zwischen Kern und Hülle ausgestauscht ?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18026

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2020 16:23    Titel: Antworten mit Zitat

1) Die bekannteste Darstellung der QED beruht auf den Feynmandiagrammen, die als Austausch sogenannter „virtueller Teilchen“ interpretiert werden. Das führt häufig zu irreführenden Vorstellungen; es wäre besser, Feynmandiagrammen als Hilfsmittel für Berechnung zu betrachten und insbs. den Begriff „virtuelle Teilchen“ zu vermeiden (viele, insbs. gute Bücher zur Quantenfeldtheorie tun dies, und es ist kein Schaden ;-)

2) Ein („reales“ - im Gegensatz zum „virtuellen“) Photon ist die quantisierte Anregung eines Feldes. Damit ist ein „Photon“ nicht eindeutig definiert; je nach Kontext können verschiedene Definitionen sinnvoll sein.

Im Vakuum: Das klassische elektomagnetische Feld ist Null, ein Photon wird definiert als ein Zustand, der genau eine elementare ebene Welle enthält (das funktioniert mathematisch präzise mittels sogenannter Feldoperatoren).

Im Wasserstoffatom: Hier ist der zuvor genannte Ansatz wenig hilfreich. Das elektomagnetische Feld bzw. das Potential wird aufgespalten in einen klassischen Anteil





sowie Fluktuationen, die anschließend mittels Quantenfeldtheorie betrachtet werden:



Das selbe gilt für die Energie bzw. den sogenannten Hamiltonoperator.

Photonen - in einem bestimmten Kontext - entsprechen diesen Fluktuationen nach deren Quantisierung. Bei der Berechnung der Lamb-Shift für das Wasserstoffatom treten keine („realen“ - im Gegensatz zu „virtuellen“) Photonen auf. Dennoch resultieren aus den Fluktuationen Zusatzterme im Hamiltonoperator, die sich mittels Störungstheorie berechnen lassen. Daraus erhält man die QED-Korrekturen zur Energie der Energieniveaus aus der QM (Dirac-Gleichung).

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Corbi



Anmeldungsdatum: 17.07.2018
Beiträge: 296

Beitrag Corbi Verfasst am: 16. Aug 2020 18:57    Titel: Antworten mit Zitat

Ok.
Kann man denn ein beschleunigtes Elektron im homogenen E-Feld durch Feynman-Diagramme beschreiben? Wir würden die aussehen ?

(Die groben Basics in der QED habe ich gelernt)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18026

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2020 21:27    Titel: Antworten mit Zitat

Schwierig, weil ein homogenes E-Feld keinen nach unten beschränkten Hamiltonian bzw. keine normierbaren Lösungen der Dirac-Gleichung zulässt (für die 1-dim. Schrödingergleichung erhält man Airy-Funktionen).

Ansonsten funktioniert das wie für die Photonen:





Evtl. sind andere Darstellungen nützlicher, z.B.



wobei die Matrizen S mittels Clifford-Algebra analog zu Lorentz-Transformationen konstruiert werden. Der Vorteil wäre, dass man besser nach Zero-Modes der Symmetrien = kollektiven Freiheitsgraden sowie „echten“ Fluktuationen unterscheiden kann:



wobei letztere einfach eine existierende klassische Lösung boosten oder rotieren, und erstere tatsächlich quantenfeldtheoretische Freiheitsgrade sind.

Das wären Details, aber evtl. wichtig. Ich kenne das für Pion-Felder mit einen klassischen Anteil, der ein Nukleon beschreibt; die kollektiven Freiheitsgrade sind gerade Rotation / Isospin-Rotation und Boost. Für Fermionen habe ich das noch nie durchgeführt.


Dann schreibst du deinen Lagrangian hin und quantisierst die Fluktuationen von sowohl Photon- als auch Elektronfeld.

Im zweiten Fall würdest du auch eine Entwicklung in hquer durchführen und die e-Funktionen der Fluktuationen nur bis z.B. zweiter Ordnung betrachten. Gefühlt klingt das komplizierter als der erste Fall, aber dafür erfasst man die Symmetrien besser; im o.g. Fall der effektiven Feldtheorien tragen die Zero-Modes der Symmetrien kaum zur Energie jedoch maßgeblich zu anderen Observablen bei.

Für die Darstellung der Fluktuationen verwendest du keine ebenen Wellen



sondern - wenn möglich - „distorted waves“, die die Dirac-Gleichung mit dem klassischen Background lösen und die Symmetrie geeignet berücksichtigen



Dann darfst du den Hamiltonian aufstellen, normalordnen, renormieren ...

Alternativ natürlich die Pfadintegralquantisierung, wobei ich diese mit klassischem Background nie selbst angewandt habe; es gibt aber ziemlich sicher Literatur dazu.

In beiden Fällen könnte die Eichfixierung komplizierter werden als mit verschwindendem Background. Aktuell sieht das für mich jedoch nicht so aus, da sowohl klassischer Background als auch Fluktuationen die selbe Eichbedingung erfüllen sollten. Allerdings ist das nicht mehr Standard-Textbuch.

Du erhältst natürlich andere Feynman-Regeln. Zum ersten sind ein- und auslaufende Felder nicht unbedingt ebene Wellen sondern distorted waves (entsprechend der Quantisierung mit anderen Erzeugern). Zum zweiten wirst du andere Propagatoren und Vertexfunktionen erhalten.

Wenn‘s nicht schon jemand gemacht hat, würde ich sagen, sehr anspruchsvolle Diplomarbeit, oder Teil einer Diss.

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Corbi



Anmeldungsdatum: 17.07.2018
Beiträge: 296

Beitrag Corbi Verfasst am: 16. Aug 2020 23:17    Titel: Antworten mit Zitat

Oh wow, okay das klingt schon sehr kompliziert.
Vielen Dank, dass du dir die Mühe machst so ausführlich zu antworten!
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