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Supraleiter Ring
 
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Winny



Anmeldungsdatum: 17.02.2020
Beiträge: 4

Beitrag Winny Verfasst am: 18. Feb 2020 21:37    Titel: Supraleiter Ring Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo Leute,

hätte da eine Frage zu einem Mechanismus, der bei Supraleitern auftritt (und perfekten Leitern - ist ja nicht dasselbe Augenzwinkern wenn die Temperatur unterhalb kritischer Temperatur heruntergefahren wird.


Genauer geht es darum den Mechanismus zu verstehen, der Dauerstrom in einem Supraleiterring induziert. Ich beziehe mich auf Erklärungen aus dieser Quelle http://physik.uni-graz.at/~uxh/teaching/supraleitung/SL.pdf auf Seite 3.

(alternativ www.wiley-vch.de/books/sample/3527403493_c01.pdf auf englisch)

Zunächst allgemeines zu Supraleitern. Ein Supraleiter erhält seine besondere Eigenschaften (wird ein perfekter Leiter und Diamagnet), nachdem er unter der charakteristischen Temperatur abgekühlt worden ist.


Betrachten nun folgenden Versuch (siehe dazu Bildchen unten):

Wir betrachten einen Ring aus einem Material, dass unterhalb krit. Temperatur Supraleiter wird. Zunächst liegt eine Temperatur vor und das Material besitzt einen ?normalen? Widerstand gegen jeden elektrischen Strom, der durch es fließt. Dann lassen wir einen Magnetstab in die Ringöffnung eindringen; vgl. Bild. Während des Eindringens nimmt der Ring ein nicht konstantes Magnetfeld wahr, dh (das ist im forlgenden sehr wichtig! Für magnetische Induktion bzw. Lenz-Regel)

und nach dem Induktionsgesetz induziert dies einen elektrischen Strom entlang des Rings. Wenn wir aufhören, den Magnetstab zu bewegen, wird der Stromfluss durch den Ring gedämpft, da der Ring im Moment einen elektrischen Widerstandswert ungleich Null hat und nur ein nicht konstantes Magnetfeld weiteren Strom induzieren kann.


Jetzt kühlen wir die Temperatur auf ab

und ziehen dann den Magnetstab weg. Dies induziert wieder durch das Induktionsgesetz einen Strom im Ring und es wird behauptet, dass dieser Strom dauerhaft bleibt, also nicht abklingt.

Das verstehe ich nicht ganz aus mehreren Gründen. Das Problem ist das folgende: Durch das Rausziehen des Magnets werden in der Tat die Elektronen durch Induktion beschleunigt (=entsteht Stromfluss) und da nun besagt die Supraleitereigenschaft, dass es keinen elektrischen Widerstand gegen den Elektronenfluss gibt, dh die bewegten Elektronen werden nicht durch die Materie verlangsamt.


Das Problem ist die Flugbahn der Elektronen, die wir betrachten. Wenn sich solche Elektronen geradlinig bewegen würden, dann verstehe ich das. Es gibt keinen Widerstand, also bewegt sich das Elektron daher geradlinig mit konstanter Geschwindigkeit durch den Supraleiter ohne irgendwelche Abbremsungen zu erfahren.

Wir betrachten jedoch eine kreisförmige Flugbahn im Supraleiterring. Das bedeutet um sich auf dieser Kreisbahn mit ungefähr konstanter Geschwindigkeit zu bewegen, muss das Elektron die ganze Zeit ununterbrochen beschleunigt werden, damit es auf der ?Kreisbahn? bleibt, denn seiner Richtung ändert sich ja ständig.

Tja und die Frage ist, woher diese dauerhafte Beschleunigung kommt. Die Beschleunigung erfährt es ja nur durch Induktion beim Rausziehen des Magnets.


Meine Ideen:

Was passiert, sobald das Magnet rausgezogen wurde? Nochmal, dann hat das Elektron gewisse Geschwindigkeit (die er während des Beschleunigungsvorgangs erhalten hat) und solange es sich auf gerader Bahn bewegen würde, wäre es kein Problem.

Es wird aber behauptet, dass es ein ein nicht-verschwindender Dauerstom im Ring vorliegt, ergo die Elektronen bewegen sich aus Kreisbahnen und da kommen wir zurück zur Frage, was ihre dauerhafte Beschleunigung/Richtungsänderung bewirkt.


Nach dem Entfernen des Magnetstabs gibt es jedoch keine zusätzliche Kraft, die das Elektron beschleunigt, um seine Richtung zu ändern (da seine Flugbahn kreisförmig sein muss). Wo mache ich hier einen Denkfehler?

p.s. habe ein paar Tage zuvor dieselbe Frage auf dem Mathe-Planeten gestellt, allerdings stieß sie leider auf keine Resonanz.



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ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3400

Beitrag ML Verfasst am: 19. Feb 2020 12:20    Titel: Re: Supraleiter Ring Antworten mit Zitat

Hallo,

Winny hat Folgendes geschrieben:

Tja und die Frage ist, woher diese dauerhafte Beschleunigung kommt. Die Beschleunigung erfährt es ja nur durch Induktion beim Rausziehen des Magnets.

die Zentripetalbeschleunigung, die Du suchst, verrichtet keinerlei Arbeit und hat aufgrund der typischerweise kleinen Driftgeschwindigkeiten der Elektronen eine nur geringe Stärke. Ich denke, die Elektronen verlassen das Material nicht, da sie die erforderliche Austrittsenergie nicht besitzen.

Eine besonders anschauliche Vorstellung von den Vorgängen habe ich nicht; vielleicht kann man sich die Kraft als Stöße an der Grenzfläche zwischen Supaleiter und Umgebung vorstellen.

Zitat:
p.s. habe ein paar Tage zuvor dieselbe Frage auf dem Mathe-Planeten gestellt, allerdings stieß sie leider auf keine Resonanz.

Kein Wunder. Dein Text ist ewig lang und hat mit Deiner Frage kaum etwas zu tun.


Viele Grüße
Michael
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 19. Feb 2020 20:25    Titel: Antworten mit Zitat

Supraleitung ist ein intrinsisch quantenmechanisches Phänomen und kann nicht mittels eines klassischen Teilchenbegriffs erklärt werden; damit entfällt auch der klassische Kraftbegriff.

Ein quantenmechanischer Einteilchenzustand im Supraleiter beruht auf sogenannten Bloch-Zuständen, d.h. Wellenfunktion, die die selbe Symmetrie wie der Festkörper selbst aufweisen. In einem ringförmigen Körper wären dies Elektronenzustände mit (anti-)symmetrischen Randbedingungen entsprechend der toroidalen Symmetrie des Kristallgitters. Wellenfunktionen der Cooper-Paare = der Quasiteilchenzustände, die den Suprastrom tragen, werden ebenfalls diese Symmetrie aufweisen.

Damit - behaupte ich - entfällt die Notwendigkeit, eine Zentripedalkraft zu diskutieren, genauso wie diese im Wasserstoffatom bei Zuständen mit Drehimpuls ungleich Null entfällt.

Ich würde jedoch dazu raten, diese Argumentation mit einem Experten in theoretischer Festkörperphysik zu besprechen.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Winny



Anmeldungsdatum: 17.02.2020
Beiträge: 4

Beitrag Winny Verfasst am: 19. Feb 2020 22:26    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, das stimmt, das es naheliegend sei das Problem qmechanisch und nicht klassisch zu behandeln, ist natürlich plausibel. Der Grund für meine anfängliche Hoffnungen das Phänomen doch hand wavy klasisch erklären zu können, beruhte auf dem verlinkten Bildchen. Irgendwie scheint der Autor das irgendwo doch klassisch genähert zu haben, wenn man die Linien des induzierten Magnetfeldes ringsum die "Bahn" der Stromlinien von anschaut. Ich meine, die Form der Kreise des induzierten B-Feldes lässt eine Anwendung des Ampereschen Gesetzes auf Strom vermuten, was im Umkehrschluss hieße, er habe doch eine "Kreisbahn" zugeordnet, wenn man wieder die Form der Kreise des induzierten B-Feldes im verlinkten Bild anschaut.

Das Bildchen verwirrt mich immer mehr
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 19. Feb 2020 23:00    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn du das klassisch betrachten möchtest, führt das nicht auf ein Teilchenbild, sondern auf die London-Gleichungen

https://en.m.wikipedia.org/wiki/London_equations

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Winny



Anmeldungsdatum: 17.02.2020
Beiträge: 4

Beitrag Winny Verfasst am: 20. Feb 2020 00:00    Titel: Antworten mit Zitat

Also diese London-Gleichungen erklären den Meissner-Effekt. Das ist im Wesentlichen der Effekt, der einen Supraleiter (=perfekter Diamagnet) vom perfekten elektischen Leiter unterscheidet. Ich hab das durchgelesen, aber dieses Modell erklärt nicht meine ursprünglich gestellte Frage zum Dauerstrom. Bei der Durchführung des Experiments oben kann überall "Supraleiter" durch "Festkörper, der unter perfekter Leiter wird" ersetzt werden. Bzw. ich sehe nicht, wieso der Dauerstom, der im Expermnent entsteht, eine direkte Konsequenz aus dem Meissner-Effekt sein soll.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 20. Feb 2020 00:45    Titel: Antworten mit Zitat

Was genau ist deine Frage?

Ich hatte dich so verstanden, dass es darum geht, dass es „nach dem Entfernen des Magnetstabs ... keine zusätzliche Kraft gibt, die das Elektron beschleunigt, um seine Richtung zu ändern“.

Meine erste Antwort war, dass du die Elektronen nicht als Teilchen auffassen darfst. Wenn du das Teilchenbild fallen lässt, entfällt m.E. das Problem der zusätzlichen Kraft.

Dann habe ich argumentiert, dass der konstante Strom aus Symmetrieüberlegungen resultieren sollte.

Dann wolltest du nochmal eine klassische Erklärung diskutieren. Dazu habe ich dann auf die London-Gleichungen verwiesen. Diese betrachten letztlich makroskopische Felder und Stromdichten, ohne die Frage der Ladungsträger zu diskutieren (eine Herleitung der London-Gleichungen mit einer gewissen Erklärungskraft erfordert die Anwendung der BCS-Theorie). Bei den London-Gleichungen ging es mir nicht um den Meissner-Ochsenfeld-Effekt, sondern ausschließlich um die Betrachtung der Symmetrie. Der Festkörper, das elektrische Feld und damit die Stromdichte weisen alle die selbe toroidale Symmetrie auf. Damit beschrieben diese Gleichungen offenbar diesen verlustfreien Kreisstrom (sie erklären ihn nicht wirklich, das kann erst die BCS-Theorie).

Was genau fehlt dir jetzt noch?

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Winny



Anmeldungsdatum: 17.02.2020
Beiträge: 4

Beitrag Winny Verfasst am: 20. Feb 2020 01:11    Titel: Antworten mit Zitat

Genau, meine Frage richtete sich nach einer klasschen Erklärung (so bisschen im Drude-Stil https://de.wikipedia.org/wiki/Drude-Theorie) für den verlustfreien Dauerstom im SL-Ring. Ok, sorry, dann habe ich dich missverstanden, dein letzter Post suggerierte mir zunächst, dass die London-Gleichung eben jene "(semi-)klasische" Erklärung liefern würden, wohingegen wie du es sagtest diese es nur beschreiben und keinen "Grund" bzw. "Herleitung" dafür liefern.

Bemerkung zum Drude-Theorie: Ich weiß, dass sie sich als falsch herausgestellt hat, ich meinte genauer, dass unter bestimmten Annahmen über die Längenskala(z.B. für ausreichend große Gitterabstände) "in Maßen rechtfertigbar" sei, die Dynamik von Elektronen in einem Festkörper semiklasisch zu beschreiben. Wann das der Fall ist, muss natürlich von Fall zu Fall genau diskutiert werden, aber ich hab etwas lasch angenommen, das wir es im vorliegenden könnten. (vgl. im Gross' & Marx' Buch "Festkörperphysik" Diskussion auf S. 371: Semiklassisches Modell, jedenfalls war das die Motivation für mich, wieso der semiklasischen Ansatz hier vielleicht doch nicht total sinnfrei ist).
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 20. Feb 2020 13:05    Titel: Antworten mit Zitat

Also ich habe nie mehr Festkörperphysik gelernt, als ich für das Diplom gebraucht habe, daher evtl. besser nochmal bei Experten nachfragen: ich kenne kein klassisches Teilchenmodell für die Supraleitung, lediglich die London-Gleichungen, die man aus der QM motivieren und aus der der BCS-Theorie konkret herleiten kann (das heißt nicht, dass es das nicht geben kann ;-)

Ich kann mir aber kein klassisches Modell vorstellen: verlustfreie Leitung von Teilchen = kräftefrei.

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