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Born, Bohm, Everett - pragmatisch, realistisch, abgefahren? - Seite 2
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Cuby



Anmeldungsdatum: 21.11.2019
Beiträge: 29

Beitrag Cuby Verfasst am: 02. Jan 2020 19:55    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Du vergißt fast durchgehend die Betragsbildung vor dem Quadrieren. Die Wahrscheinlichkeit ist . Denke daran, daß es sich bei den Entwicklungskoeffizienten und Wellenfunktionen um komplexe Größen handelt.

Ok. Mit dem Formalismus werde ich wohl noch etwas üben müssen.

Zitat:
Ohne Kontext ist die Aussage unverständlich.

Verstehe. Die nächsten Zitate sind sauberer! Aber wenn man unterschiedliche Literatur benutzt, findet man oft verschiedene Formulierungen für denselben Sachverhalt - ist etwas verwirrend...

Zitat:
Ob es ein Meßproblem gibt und insbesondere worin es besteht, hängt aber vermutlich von der Interpretation ab.

Was in der QM hängt nicht von der Interpretation ab? :)
Ja schön. Danke für die Korrekturen.

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"Doch sah ich das Unmögliche vollbracht." [John Bell zur Bohm'schen QM]
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 02. Jan 2020 20:12    Titel: Antworten mit Zitat

Cuby hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
Ob es ein Meßproblem gibt und insbesondere worin es besteht, hängt aber vermutlich von der Interpretation ab.

Was in der QM hängt nicht von der Interpretation ab? :)


Ich würde sagen deine Postulate Q1-Q3 gehören zum formalen interpretationsunabhängigen Kern der QM (zumindest nach Ergänzung einiger qualifizierender Bemerkungen, daß es sich nur um Spezialfälle handelt, was aber vermutlich für deine Belange keine große Rolle spielt).

Q4 wird praktisch von allen Interpretationen akzeptiert, ist aber ebenfalls nur ein Spezialfall bzw. eine Idealisierung und wegen des undefinierten Bezugs auf "Messungen" o.ä. wohl auch stark interpretationsabhängig, zumindest nicht Teil des formalen Kerns.

Q5 gehört für mich klar zur Kopenhagener Interpretation und wird von allen anderen gängigen Interpretationen nicht akzeptiert.
Cuby



Anmeldungsdatum: 21.11.2019
Beiträge: 29

Beitrag Cuby Verfasst am: 02. Jan 2020 22:55    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Cuby hat Folgendes geschrieben:
Heisenberg und von-Weizsäcker zB kannten die Kritik von Frau (Name entfallen, wird nachgeliefert) aus den 30-er Jahren, die den Fehler in von-Neumanns Arbeit entdeckte, den Bell später noch einmal ganz deutlich herausstellte, und sie haben stillgehalten, weil nicht sein kann, was nicht sein darf!

Es war Grete Hermann, die 1935 nachwies, dass bei von Neumann in seinem "Beweis" der Widerlegung von Theorien Verborgener Variabler das Resultat schon implizit in den Voraussetzungen steckte, was Bell '66 bestätigte.

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Zuletzt bearbeitet von Cuby am 04. Jan 2020 12:04, insgesamt einmal bearbeitet
Cuby



Anmeldungsdatum: 21.11.2019
Beiträge: 29

Beitrag Cuby Verfasst am: 02. Jan 2020 23:25    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Cuby hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
Ob es ein Meßproblem gibt und insbesondere worin es besteht, hängt aber vermutlich von der Interpretation ab.

Was in der QM hängt nicht von der Interpretation ab? :)


Ich würde sagen deine Postulate Q1-Q3 gehören zum formalen interpretationsunabhängigen Kern der QM (zumindest nach Ergänzung einiger qualifizierender Bemerkungen, daß es sich nur um Spezialfälle handelt, was aber vermutlich für deine Belange keine große Rolle spielt).

Q4 wird praktisch von allen Interpretationen akzeptiert, ist aber ebenfalls nur ein Spezialfall bzw. eine Idealisierung und wegen des undefinierten Bezugs auf "Messungen" o.ä. wohl auch stark interpretationsabhängig, zumindest nicht Teil des formalen Kerns.

Q5 gehört für mich klar zur Kopenhagener Interpretation und wird von allen anderen gängigen Interpretationen nicht akzeptiert.


Ich hatte mir danach auch nochmal die Postulate angeschaut und Q1-Q3 auch als unstrittig und Q4 als problematisch gesehen, bei Q5 war ich mir unsicher und verstehe deine Einschätzung auch noch nicht so ganz - muss ich mir nochmal genauer anschauen.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18075

Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jan 2020 23:43    Titel: Antworten mit Zitat

Vorab: du hattest etwas zu Kopenhagen- bzw. Kollapsinterpretation geschrieben. Mein Ziel war es hier nicht, diese zu kritisieren, sondern lediglich, deine Darstellung zu präzisieren bzw. zu hinterfragen.

Cuby hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Cuby hat Folgendes geschrieben:

Kommentar

Kann es sein, dass die Quantenmechanik weniger ein spezielles Messproblem hat, als vielmehr das allgemeine Problem, spontane Wechselwirkungsprozesse zu beschreiben, die die Kontinuität der Schrödinger-Glg. unterbrechen?

Nein, wenigstens nicht nach dem üblichen Sprachgebrauch.

Eine Messung prägt dem Messgerät eine im Quantenzustand enthaltene Komponente im Sinne eines Messwertes ein.

Eine Wechselwirkung folgt dagegen der Schrödingergleichung.


Worin besteht der prinzipielle Unterschied für ein Quantensystem zwischen einem Messakt und einer Wechselwirkung?

Gemäß KI genau darin: eine Messung ist ein nicht weiter definierbarer oder quantenmechanisch erklärbarer Vorgang - im Gegensatz zu einer Wechselwirkung.

Cuby hat Folgendes geschrieben:
... sondern dass die Wechselwirkung von Q-Sytem und Messgerät das Ereignis auslöst, das die Zeigerstellung, den Click oder die Schwärzung bewirkt. Die WW prägt - " Messung" ist mE nur die Bezeichnung für den Gesamtvorgang.

Zudem braucht man für die Definition eines Terminus' den Oberbegriff und der kann hier bzgl. "Messung" doch nur die WW sein, oder?

Sieht Everett das nicht ähnlich so?

Ja, tut er.

Er hat das konsequent zu Ende gedacht und landet dann eben nicht bei Bohr et al.

Cuby hat Folgendes geschrieben:
Das ist eine unpräzise Terminologie, das kannst du ruhig zugeben, wo du sonst so sehr Wert auf Präzision legst und mit Kritik nicht gerade zimperlich bist! :)

Ja, kann ich.

Aber dann landest du eben wieder nicht bei Bohr et al.

Cuby hat Folgendes geschrieben:
Der "Start" dauert mittlerweile über 100 Jahre und hat dich dazu veranlasst, Murray Gell-Manns Zitat in dein Profil aufzunehmen. Wenn die KI so widersprüchlich und inkonsistent ist, wie du nicht nur einmal ausführst, dann stellt sich doch die Frage, wieso sie so hartnäckig immer noch die tonangebende Interpretation ist ... Aber gut, das ist jetzt mehr Wissenschaftssoziologie und gehört wohl nicht hierher.

Das gehört wahrscheinlich schon hierher.

Versetze dich mal in die Situation eines Professors, Tutors oder Autors, der Studenten in kurzer Zeit - neben der notwendigen Mathematik - ein bisschen Quantenmechanik beibringen muss, also Schrödingergleichung, Eigenwertprobleme, Atomphysik, Streu- und Störungstheorie, Mehrteilchensysteme, ... Der folgt ausgetretenen Pfaden und stellt Interpretationen hinten an.

Gegenfrage: warum wird das Bohrsche Atommodell noch gelehrt?

Cuby hat Folgendes geschrieben:
Ist das jetzt sowas wie eine Fangfrage? Du selbst bekundest immer wieder dein Bedürfnis nach einer konsistenten logisch begründbaren Theorie! Ich meine, was soll denn deine ganze Polemik gegen die KI, wenn du deren Widersprüche nicht philosophisch unbefriedigend findest?

dito

Cuby hat Folgendes geschrieben:
... und [ich] finde es eigentlich selbstverständlich, dass eine Theorie sich nicht nur durch positive Laborresultate legitimiert, sondern auf festem Fundament steht.

dito

Cuby hat Folgendes geschrieben:
Warum bevorzugst du die Everettsche QM?

dito

Cuby hat Folgendes geschrieben:
... wenn sich die Wellenfunktion eine Zeit lang kontinuierlich verhält und dann plötzlich "brutal" aufgrund der WW mit dem Messgerät aus dieser Kontinuität gerissen wird, dann ist das doch eine zeitlich extrem komprimierte Zustandsänderung, also etwas Bruchhaftes, Radikales; oder habe ich da eine völlig falsche Vorstellung?

Die Schrödingergleichung ist unitär, die Zeitentwicklung stetig und invertierbar; ein Kollaps ist dagegen nicht-unitär, unstetig und nicht-invertierbar. Man benötigt also schon etwas sehr cleveres, um zu verstehen, wie eine prinzipiell stetige und invertierbare Zeitentwicklung nicht-unitär, unstetig und nicht-invertierbar erscheinen kann. Das liefert die Dekohärenz. Und die wiederum liefert logisch zwingend viele Welten.

Daraus gibt es letztlich drei wesentliche Auswege:
1) du lehnst eine ontische Interpretation ab und vermeidest das Problem
2) du lehnst Everett ab, redest aber trotzdem irgendwie ontisch
3) du akzeptierst Everett

Mit (1) landest du bei QBism, der Ensemble-Interpretation u.ä. Mit (2) befindest du dich im Dunstkreis von Kopenhagen.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Cuby



Anmeldungsdatum: 21.11.2019
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Beitrag Cuby Verfasst am: 03. Jan 2020 04:01    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Vorab: du hattest etwas zu Kopenhagen- bzw. Kollapsinterpretation geschrieben. Mein Ziel war es hier nicht, diese zu kritisieren, sondern lediglich, deine Darstellung zu präzisieren bzw. zu hinterfragen.

Ja, klar! Da bin ich mit der Rollenverteilung wohl etwas ins Schleudern gekommen.

Zitat:
Gemäß KI genau darin: eine Messung ist ein nicht weiter definierbarer oder quantenmechanisch erklärbarer Vorgang - im Gegensatz zu einer Wechselwirkung.

Ok. jetzt hab ich's.

Zitat:
Aber dann landest du eben wieder nicht bei Bohr et al.

Auch klar.

Zitat:
Versetze dich mal in die Situation eines Professors, Tutors oder Autors, der Studenten in kurzer Zeit - neben der notwendigen Mathematik - ein bisschen Quantenmechanik beibringen muss, also Schrödingergleichung, Eigenwertprobleme, Atomphysik, Streu- und Störungstheorie, Mehrteilchensysteme, ... Der folgt ausgetretenen Pfaden und stellt Interpretationen hinten an.


Da ist 'was dran. Ich habe selbst mal an Vorlesungen über QM teilgenommen: in der Einführung der Hinweis auf Feynmans Feststellung, dass niemand die QM versteht, dann nicht ein kritisches Wort, nicht eine kritische Frage (bei der frustrierenden Eröffnung nicht verwunderlich), die KI durchgezogen, dann die Aufgaben verteilt - und Schicht!

Zitat:
Gegenfrage: warum wird das Bohrsche Atommodell noch gelehrt?

Ich würde meinen, entweder eine didaktische Reduktion oder als Anschauung für das Ringen des menschlichen Geistes mit den "Raffinessen - aber nicht Bosheiten - des Alten."

Ich denke, irgendwo ist es schon verständlich, dass diese Pioniere an der einen oder anderen Stelle schwer ins Schleudern gekommen sind. Wie sollte Bohr aus dieser Klemme zwischen eigentlich instabilen umlaufenden Elektronen und offensichtlich stabilen Atomen ohne sein Postulat kommen?

Zitat:
Die Schrödingergleichung ist unitär, die Zeitentwicklung stetig und invertierbar; ein Kollaps ist dagegen nicht-unitär, unstetig und nicht-invertierbar. Man benötigt also schon etwas sehr cleveres, um zu verstehen, wie eine prinzipiell stetige und invertierbare Zeitentwicklung nicht-unitär, unstetig und nicht-invertierbar erscheinen kann. Das liefert die Dekohärenz. Und die wiederum liefert logisch zwingend viele Welten.


Damit bin ich noch nicht ganz durch - muss ich in meinem Schädel nochmal hin- und herbewegen...

-***-

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index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 03. Jan 2020 10:33    Titel: Antworten mit Zitat

Cuby hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Q5 gehört für mich klar zur Kopenhagener Interpretation und wird von allen anderen gängigen Interpretationen nicht akzeptiert.


Ich hatte mir danach auch nochmal die Postulate angeschaut und Q1-Q3 auch als unstrittig und Q4 als problematisch gesehen, bei Q5 war ich mir unsicher und verstehe deine Einschätzung auch noch nicht so ganz - muss ich mir nochmal genauer anschauen.


Vielleicht muß ich meine Aussage auch etwas vorsichtiger formulieren: mit "gängigen Interpretationen" meine ich nämlich nur MWI, Ensemble Interpretation, Bohmsche Mechanik und Kopenhagener Interpretation (welch letztere meines Wissens als einzige in dieser Aufzählung den Kollaps akzeptiert). Die exotischeren Interpretationen kenne ich zu wenig.

Zur Kritik am Kollapspostulat gibt es einen lesenwerten Artikel von Ballentine, L.E. Found Phys (1990) 20: 1329. https://doi.org/10.1007/BF01883489 .

Die Bornsche Regel Q4 wird von den aufgezählten Interpretationen zumindest unter bestimmten Voraussetzungen als wahr akzeptiert, wobei die MWI-Vertreter einen irgendwie seltsamen Eiertanz darum veranstalten: sie wollen sie nicht postulieren, sondern stattdessen logisch ableiten, was bedeutet, daß sie anstelle von Q4 entweder logisch stärkere oder zumidest äquivalente Voraussetzungen postulieren müßten. Da die Bornsche Regel nicht universell gültig sein kann, erscheint mir dieses Vorhaben zweifelhaft. Ich kenne allerdings auch die Versuche in dieser Richtung nicht.

Zur Kritik an der Bornschen Regel gibt es ein paar interessante Artikel von Arnold Neumaier, https://arxiv.org/abs/1912.09906 und https://arxiv.org/abs/1902.10778 . Letzterer Artikel ist erster Teil einer Serie, in der Neumaier eine eigene "thermal interpretation" der QM vorschlägt.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18075

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jan 2020 11:05    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die Bornsche Regel Q4 wird von den aufgezählten Interpretationen zumindest unter bestimmten Voraussetzungen als wahr akzeptiert, wobei die MWI-Vertreter einen irgendwie seltsamen Eiertanz darum veranstalten: sie wollen sie nicht postulieren, sondern stattdessen logisch ableiten, was bedeutet, daß sie anstelle von Q4 entweder logisch stärkere oder zumidest äquivalente Voraussetzungen postulieren müßten. Da die Bornsche Regel nicht universell gültig sein kann, erscheint mir dieses Vorhaben zweifelhaft. Ich kenne allerdings auch die Versuche in dieser Richtung nicht.

Warum soll es ein seltsamer Eiertanz sein, Alternativen zu diskutieren?

Ich weiß nicht, ob logisch stärker oder äquivalent wirklich treffende Bezeichnungen sind.

Ein Beispiel aus der Biologie:

P: Pflanzen bilden Äste und Zweige aus
Q: für die Biologie gelten die Gesetze der Physik

Nun besteht die Aufgabe der Biochemiker, Molekularbiologen usw. darin, zu zeigen, wie, wann und warum P unter der Voraussetzung Q zutreffend ist. Ich würde Q aber nicht logisch auf einer Ebene mit P sehen, das führt zu nichts.

Der Begriff Zweig ist weder im Falle der Everettschen Quantenmechanik noch im Falle der Biologie rein logisch ableitbar.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 03. Jan 2020 13:34    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die Bornsche Regel Q4 wird von den aufgezählten Interpretationen zumindest unter bestimmten Voraussetzungen als wahr akzeptiert, wobei die MWI-Vertreter einen irgendwie seltsamen Eiertanz darum veranstalten: sie wollen sie nicht postulieren, sondern stattdessen logisch ableiten, was bedeutet, daß sie anstelle von Q4 entweder logisch stärkere oder zumidest äquivalente Voraussetzungen postulieren müßten. Da die Bornsche Regel nicht universell gültig sein kann, erscheint mir dieses Vorhaben zweifelhaft. Ich kenne allerdings auch die Versuche in dieser Richtung nicht.

Warum soll es ein seltsamer Eiertanz sein, Alternativen zu diskutieren?

Ich weiß nicht, ob logisch stärker oder äquivalent wirklich treffende Bezeichnungen sind.


Ein Postulat P nenne ich logisch äquivalent zur Bornschen Regel B, wenn P aus B und B aus P ableitbar ist (zumindest unter Zuhilfenahme der übrigen Postulate, die unverändert bleiben sollen). P ist logisch stärker als B, wenn B aus P ableitbar ist, aber nicht umgekehrt. Entweder das eine oder das andere muß ja gelten, wenn ich B ableiten will.

Zitat:

Ein Beispiel aus der Biologie:

P: Pflanzen bilden Äste und Zweige aus
Q: für die Biologie gelten die Gesetze der Physik

Nun besteht die Aufgabe der Biochemiker, Molekularbiologen usw. darin, zu zeigen, wie, wann und warum P unter der Voraussetzung Q zutreffend ist. Ich würde Q aber nicht logisch auf einer Ebene mit P sehen, das führt zu nichts.


Also gut, ich habe keine Einwände gegen das Vorhaben den Gültigkeitsbereich der Bornschen Regel zu untersuchen, indem man ihre logischen Beziehungen zu anderen Annahmen aufklärt.

Aussage P wird man in deinem Beispiel sicher auch nicht aus Q allein ableiten können, denn die Gesetze der Physik gelten für alle Lebewesen, nicht nur für solche mit Ästen und Zweigen. Also wird man weitere Annahmen A,B,... brauchen, die zusammen mit Q logisch stärker sind als Q allein. Und gerade aus diesem Grund sind A, B, ... keine allgmeingültigen (fundamentalen) Annahmen über die Natur, sondern lediglich Näherungen mit eingeschränktem Gültigkeitsbereich, der sich daher auf alle ihre Schlußfolgerungen überträgt. Solche Näherungsaussagen abzuleiten ist natürlich absolut legitim und sinnvoll.

In diesem Sinne habe ich aber die Absichten der MWI-Anhänger in Bezug auf die Bornsche Regel nicht verstanden. Ich dachte es ginge da um die Ableitung aus fundamentalen Postulaten. Nimm z.B. das Paper von Carroll, das du irgendwann mal verlinkt hattest. Ich glaube es war https://arxiv.org/pdf/1405.7907.pdf . Dort wird zur Ableitung ein "Epistemic Separability Principle" (ESP) herangezogen, von dem man sich nun fragen darf wie plausibel man es finden soll. Nach einer Näherung sieht das ganze Argument jedenfalls nicht aus. Ist das Prinzip also allgemeingültig? Das kann m.E. nicht sein, da die Bornsche Regel nicht allgemeingültig ist. Was genau bringt mir also das Argument? Die Gültigkeit der Bornschen Regel kann ich viel leichter direkt an einem konkreten System prüfen, als das dort verwendete ESP, welches Voraussetzungen über alle "anderen Teile des Universums" benötigt.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 03. Jan 2020 17:08    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Die Schrödingergleichung ist unitär, die Zeitentwicklung stetig und invertierbar; ein Kollaps ist dagegen nicht-unitär, unstetig und nicht-invertierbar. Man benötigt also schon etwas sehr cleveres, um zu verstehen, wie eine prinzipiell stetige und invertierbare Zeitentwicklung nicht-unitär, unstetig und nicht-invertierbar erscheinen kann. Das liefert die Dekohärenz.


Dekohärenz ist aber ein linearer Prozeß. Er "erscheint" auch nicht nicht-linear, hat also mit dem Kollaps überhaupt nichts zu tun. Um es deutlicher zu machen: im Zuge der Dekohärenz bleiben die Diagnonalelemente der Dichtematrix bzgl. der Zeigerbasis erhalten, während es die charakteristische Eigenschaft des Kollaps ist, alle bis auf eines dieser Diagonalemente auszulöschen. Den Kollaps kann man mit oder ohne Dekohärenz fordern, aber fordern muß man ihn explizit, wenn man meint ihn zu benötigen. Dekohärenz liefert nicht dasselbe Ergebnis.

Was aus Sicht der MWI noch fehlt, ist der Übergang zum relativen Zustand. Dieser ist allerdings keine logische Folge aus der Dekohärenz.

Zitat:

Und die [Dekohärenz] wiederum liefert logisch zwingend viele Welten.


Es ist genau umgekehrt: MWI-Freunde machen deshalb so ein Aufhebens um Dekohärenz, weil ein stabiler dekohärenter Zustand bzgl. einer ausgezeichneten Basis die einzige Situation ist, in der man es mit einer wohldefinierten Zweigstruktur zu tun hat. Gäbe es Dekohärenz nicht, wäre es deutlich schwieriger die MWI-Zweige ontologisch aufzufassen. Sie wären nämlich basisabhängig.

Man kann einen dekohärenten Zustand bzgl. ausgezeichneter Basis aber natürlich auch problemlos als statistisches Ensemble, so wie in der klassischen Thermodynamik auffassen. Daß hier also irgendwas "logisch zwingend" auf viele Welten führe, ist eine maßlose Übertreibung.

Zitat:

Daraus gibt es letztlich drei wesentliche Auswege:
1) du lehnst eine ontische Interpretation ab und vermeidest das Problem
2) du lehnst Everett ab, redest aber trotzdem irgendwie ontisch
3) du akzeptierst Everett

Mit (1) landest du bei QBism, der Ensemble-Interpretation u.ä. Mit (2) befindest du dich im Dunstkreis von Kopenhagen.


Ich denke du schätzt die Möglichkeiten von 2) vollkommen falsch ein, vermutlich weil du voraussetzt, daß jede ontische Interpretation die Wellenfunktion als Element der Realität auffassen müßte. Die ist aber von vornherein kein besonders geeigneter Kandidat, da sie bildabhängig ist und man ohne Observablenalgebra ohnehin nicht viel mit ihr anfangen kann.

Man kann aber stattdessen die Größen ontisch auffassen, über die die QM unzweideutige und deterministische Aussagen macht. Setzt man für A die Elemente der durch die klassischen Observablen wie Ort, Impuls, Energie etc. erzeugten Algebra ein, erhält man im wesentlichen die klassische Ontologie als Teilmenge. Da dies keinen Kollaps erfordert, befindet man sich auch nicht im Dunstkreis der Kopenhagener Interpretation.
Cuby



Anmeldungsdatum: 21.11.2019
Beiträge: 29

Beitrag Cuby Verfasst am: 04. Jan 2020 11:32    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Vielleicht muß ich meine Aussage auch etwas vorsichtiger formulieren: mit "gängigen Interpretationen" meine ich nämlich nur MWI, Ensemble Interpretation, Bohmsche Mechanik und Kopenhagener Interpretation

Davon bin ich auch ausgegangen - bis auf die Ensemble I.


Zitat:
Die Bornsche Regel Q4 wird von den aufgezählten Interpretationen zumindest unter bestimmten Voraussetzungen als wahr akzeptiert, wobei die MWI-Vertreter einen irgendwie seltsamen Eiertanz darum veranstalten:

...würde ich dann gerne im nächsten Abschnitt (VWI) nochmal thematisieren.

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Cuby



Anmeldungsdatum: 21.11.2019
Beiträge: 29

Beitrag Cuby Verfasst am: 04. Jan 2020 11:50    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Daraus gibt es letztlich drei wesentliche Auswege:
1) du lehnst eine ontische Interpretation ab und vermeidest das Problem
2) du lehnst Everett ab, redest aber trotzdem irgendwie ontisch
3) du akzeptierst Everett

Mit (1) landest du bei QBism, der Ensemble-Interpretation u.ä. Mit (2) befindest du dich im Dunstkreis von Kopenhagen.

Dann würde ich jetzt für mich ein Fazit bzgl. KI ziehen und, wenn das soweit korrekt ist und du den Eindruck hast, dass die Problematik der KI prinzipiell von mir verstanden wurde, überleiten zur Everettschen QM. Wäre das ok?

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Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 05. Jan 2020 11:32    Titel: Antworten mit Zitat

Cuby hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Cuby hat Folgendes geschrieben:
Heisenberg und von-Weizsäcker zB kannten die Kritik von Frau (Name entfallen, wird nachgeliefert) aus den 30-er Jahren, die den Fehler in von-Neumanns Arbeit entdeckte, den Bell später noch einmal ganz deutlich herausstellte, und sie haben stillgehalten, weil nicht sein kann, was nicht sein darf!

Es war Grete Hermann, die 1935 nachwies, dass bei von Neumann in seinem "Beweis" der Widerlegung von Theorien Verborgener Variabler das Resultat schon implizit in den Voraussetzungen steckte, was Bell '66 bestätigte.



Da mir die Geschichte weitgehend unbekannt war (ich kenne nur Bells Bemerkungen zu von Neumanns Beweis aus "On the Problem of Hidden Variables..."), habe ich mal, zwecks eigener Beurteilung, mit google eine Reproduktion von von Neumanns Beweis gesucht. Gefunden habe ich die zwar nicht, dafür aber diesen Artikel von Dennis Dieks, der eine detailliertere -- und m.E. deutlich plausiblere -- historische Darstellung gibt (keine Räuberpistole über Engstirnigkeit und Wahrheitsunterdrückung).

Er enthält auch eine genaue Analyse von von Neumanns Voraussetzungen basierend auf einem früheren Artikel von Jeffrey Bub und liefert Hinweise, daß sowohl Bell als auch Hermann ein paar subtile, aber wesentliche Punkte in der Argumentation entgangen sind. In dieser durch Zitate aus von Neumanns Buch belegten Lesart ist der Beweis überhaupt nicht trivial. Nach Bub handelt es sich im wesentlichen um eine abgeschwächte Form von Gleasons Theorem, weswegen ich davon ausgehe, daß er auch formal korrekt ist. (Weder Bell noch Hermann scheinen auch irgendwelche mathematischen Einwände zu haben.) Die Implikation für versteckte Variablen besteht lediglich darin, daß diese das "Quantenprinzip" verletzen müssen, also nicht durch hermitesche Operatoren auf einem Hilbertraum darstellbar sein können. (Es dürfte zumindest Einigkeit bestehen, daß auch die Bohmsche Mechanik dieses "Unmögliche" keineswegs "vollbracht" hat.)

(Mermin et al. kritisieren die Analyse von Dieks und Bub in diesem Artikel, in dem den Autoren allerdings, wie mir scheint, exakt derselbe Punkt entgeht wie Bell.)
Cuby



Anmeldungsdatum: 21.11.2019
Beiträge: 29

Beitrag Cuby Verfasst am: 05. Jan 2020 17:33    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Er enthält auch eine genaue Analyse von von Neumanns Voraussetzungen basierend auf einem früheren Artikel von Jeffrey Bub und liefert Hinweise, daß sowohl Bell als auch Hermann ein paar subtile, aber wesentliche Punkte in der Argumentation entgangen sind.

Das scheint wieder eine Situation zu sein, in der ein Gutachten das andere jagt, ohne letztendlich Klarheit zu schaffen; darüber kann ich mir aber kein Urteil erlauben.

Hins. Bohm steht hier noch meine Auseinandersetzung mit seiner QM aus, aber nach allem, was ich davon weiß, verstehe ich - vorerst rein intuitiv - das ganze Theater um verborgene Variable in Bezug auf die Bohm'sche QM nicht; wenn sie exakt zu den gleichen Ergebnissen kommt, wie die KI, ist sie doch erstmal zumindest richtig!? Und nachdem ich hier eine Ahnung von der Potenz & Geschmeidigkeit der Mathematik bekommen habe, denke ich mal, lässt die relativistische Fassung vllt. nicht mehr lange auf sich warten. Kann aber gut sein, dass ich nach der Auseinandersetzung (auch meine Signatur) revidieren muss... :-)

Du scheinst hingegen die KI zu bevorzugen!?

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 05. Jan 2020 22:00    Titel: Antworten mit Zitat

Cuby hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Er enthält auch eine genaue Analyse von von Neumanns Voraussetzungen basierend auf einem früheren Artikel von Jeffrey Bub und liefert Hinweise, daß sowohl Bell als auch Hermann ein paar subtile, aber wesentliche Punkte in der Argumentation entgangen sind.

Das scheint wieder eine Situation zu sein, in der ein Gutachten das andere jagt, ohne letztendlich Klarheit zu schaffen; darüber kann ich mir aber kein Urteil erlauben.


Leicht zu beurteilen ist das ganze auch nicht. Inzwischen habe ich mir mal das Kapitel in von Neumanns Buch durchgelesen. Fest steht für mich, daß an dem eigentlichen Beweis nichts zu beanstanden ist. Die Kritik kann sich ausschließlich gegen die informellen Schlußfolgerungen richten, die von Neumann im Anschluß aus seinem Beweis zieht. Sie allein haben Implikationen für verborgene Parameter. Die wesentliche Passage ist:

"Man beachte, daß wir hier gar nicht näher auf die Einzelheiten des Mechanismus der "verborgenen Parameter" eingehen mußten: die sichergestellten Resultate der Quantenmechanik können mit ihrer Hilfe keinesfalls wiedergewonnen werden, ja es ist sogar ausgeschlossen, daß dieselben physikalischen Größen mit denselben Verknüpfungen vorhanden sind (d. i. daß I., II. gelten), wenn neben der Wellenfunktion noch andere Bestimmungsstücke ("verborgene Parameter") existieren sollen."

Ist die Bohmsche Mechanik ein Gegenbeispiel zu dieser Behauptung? Dazu muß man noch wissen was die Annahmen I. und II. besagen:

"I. Wenn die Größe den Operator hat, so hat die Größe den Operator

II. Wenn die Größen , , ... die Operatoren haben, so hat die Größe den Operator . (Die gleichzeitige Meßbarkeit von wird nicht vorausgesetzt, [...])"


Meines Wissens ist die Energie eines Teilchens in der Bohmschen Mechanik die Summe aus kinetischer Energie T, potentieller Energie V und Quantenpotential . Es gibt aber weder einen Operator für das Quantenpotential noch enthält die mittlere Energie eines Teilchens mit Wellenfunktion einen Term .

Belegt das nicht genau die Behauptung von Neumanns im oben zitierten Abschnitt? Natürlich schließt das Theorien mit verborgenen Parametern nicht aus, aber das war auch nicht die Absicht. Es zeigt nur welche Eigenschaften sie haben müssen, insbesondere, daß das "Quantenprinzip" nicht für alle physikalischen Größen gelten kann. Und genau dies scheint sich hier doch zu bestätigen.

Zitat:

Hins. Bohm steht hier noch meine Auseinandersetzung mit seiner QM aus, aber nach allem, was ich davon weiß, verstehe ich - vorerst rein intuitiv - das ganze Theater um verborgene Variable in Bezug auf die Bohm'sche QM nicht; wenn sie exakt zu den gleichen Ergebnissen kommt, wie die KI, ist sie doch erstmal zumindest richtig!?


Ich denke das Theater dreht sich hauptsächlich um Bells Theorem. Viele Physiker, die überhaupt auf Realismus im Sinne Einstein-Podolsky-Rosens wert legen, finden Lokalität noch wichtiger. Die anderen sehen keinen Sinn darin, der Standard-QM irgendwelche Bahnen hinzuzufügen, wenn am Ende doch dieselben Resultate rauskommen.

Zitat:

Du scheinst hingegen die KI zu bevorzugen!?


Nein, wie gesagt ist für mich der Kollaps das Charakteristikum der Kopenhagener Interpretation. Ich halte aber auf Grund von Ballentines Kritik das Kollapspostulat für unhaltbar.
Cuby



Anmeldungsdatum: 21.11.2019
Beiträge: 29

Beitrag Cuby Verfasst am: 08. Jan 2020 19:08    Titel: Antworten mit Zitat

TomS schrieb:
Zitat:
Die Schrödingergleichung ist unitär, die Zeitentwicklung stetig und invertierbar; ein Kollaps ist dagegen nicht-unitär, unstetig und nicht-invertierbar. Man benötigt also schon etwas sehr cleveres, um zu verstehen, wie eine prinzipiell stetige und invertierbare Zeitentwicklung nicht-unitär, unstetig und nicht-invertierbar erscheinen kann.

Dann würde ich mal folgendes Fazit ziehen:


ad Q1. Schrödinger-Gleichung |ψ〉
Interpretation epistemisch: |𝝍〉 repräsentiert die Superposition als die Menge der Möglichkeiten des Systems, in einen wahrscheinlichen Zustand zu evolvieren; pragmatisch dient sie nur der Berechnung u.a. von Wahrscheinlichkeiten in Form des Skalarproduktes. Keinen Bezug zur Realität, infolgedessen auch keine Aussagen möglich.

ad Q2. Operator  ∈ ℋ, Spektrum σ (Â), Eigenvektor 𝝍i (Â) und Eigenwert a
Interpretation epistemisch: Hilfsmittel für Berechnungen; Ausnahme: Eigenwert a

ad Q3. Unitäre Zeitentwicklung 𝝍 (t) = U (t) 𝝍 (t0)
Interpretation epistemisch: Die Wechselwirkung von Quantensystemen wird von dem in der Schrödinger-Glg. enthaltenen Hamilton-Operator (bzw. deren Wirkungstermen) beschrieben, können aber nicht beobachtet werden und sind daher ontologisch unbestimmt; zudem ist U(t) kein selbstadjungierter Operator.
Eigenschaften von 𝝍 (t): unitär, linear, kontinuierlich, reversibel,

ad Q4. Born‘sche Regel, Wahrscheinlichkeit P(a)
Interpretation ontologisch: Zweiter Formalismus für P(a);
Eigenschaften von P(a): nicht-unitär, nicht-linear, diskret, irreversibel,
=> Q4 kollidiert mit Q3!

ad Q5. Projektionsoperator
Interpretation ontologisch: Messvorgang, Kollaps
Da eine Superposition von Quantensystem & Messapparatur nicht beobachtet werden kann, wohl aber das spontane Erscheinen des Messresultates, wird der Vorgang in einen epistemischen, unitären (𝝍 (t)) und einen ontologischen, stochastischen Teil 𝝍 (t‘ > t) aufgetrennt; Letzterer versucht diesen Widerspruch mittels des von Neumann’schen Projektionspostulates sowie der Born‘schen Regel aufzulösen (Q4/5), nämlich:
Der Projektionsoperator P projiziert auf den Eigenvektor 𝝍i zum Eigenwert ai so dass sich das System „unmittelbar“ danach im Zustand 𝝍 (ai) befindet. Der Vorgang wird durch das Messgerät induziert.

Die m.E. kritischen Punkte

A. Der „gewaltsame“ H-Schnitt und die Forderung des Projektionspostulates im Zuge der Messung führt zu einem Bruch der Unitarität / Kontinuität, was einen Widerspruch darstellt, mind. aber inkonsistent ist.

B. Der Messprozess bei t‘ > t und der Ausdruck „unmittelbar danach“ sind nicht definiert und ohne Anschluss an (𝝍 (t).

C. Da nicht bekannt ist, nach welchem Mechanismus / Kriterium die Auswahl eines Eigenwertes ai aus dem Spektrum σ erfolgt, wird der Zufall in die Theorie eingeführt und - um die Vollständigkeit zu erhalten - als objektives Element der quantenmechanischen Realität „festgelegt“.

D. Wenn dem Messgerät eine derartig bindende Bedeutung zugemessen wird, kann eine normale Wechselwirkung zwischen Objekten (ohne Messgerät) nicht erklärt werden.

E. Wenn C. und D. im Zusammenhang betrachtet werden, erklärt sich auch die schon hart an der Kante zum Subjektivismus lavierende Beobachterabhängigkeit: wenn nämlich mathematisch nicht mit einer Messtheorie beschrieben werden kann, wie das Resultat zustande kommt, ist der Beobachter erforderlich, der durch seine Registrierung am Messgerät dieses Resultat erst als real legitimiert und als Erkenntnis freigibt!

F. Durch die das Argument der Vollständigkeit der KI scheinbar legitimierende Akzentuierung des Messvorganges in Q4 erhält dieser einen „höheren“ Realitätsstatus als das Quantensystem selbst; denn die Betonung des Zusatzes „bei einer Messung“ in Q4 bedeutet, dass das mikroskopische Quantensystem in der Regel keineswegs schon zeitlich vor der Messung von  die entsprechende Eigenschaft ai hat, sondern dass es sie erst durch die Messung bekommt, maW: das mikroskopische Quantensystem ist ontologisch vom makroskopischen Messsystem abhängig - philosophisch verallgemeinert: die Messung erst erzeugt „Realität“, das führt zur…

G. Umkehrung des Realitäts-Verhältnisses: die Realität (der Eigenschaften) des Quantensystems wird nachgeordnet aus der primordialen Realität des Messsystems abgeleitet, statt dass die unabhängige Realität (der Eigenschaften) ursächlich zu einer nachgeordneten Messung führt.
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Anm.: Kritik ist von jedem Leser erwünscht.

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"Doch sah ich das Unmögliche vollbracht." [John Bell zur Bohm'schen QM]
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