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Differentiation und Integralsätze für unstetige Vektorfelder
 
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Marium
Gast





Beitrag Marium Verfasst am: 06. März 2016 14:17    Titel: Differentiation und Integralsätze für unstetige Vektorfelder Antworten mit Zitat

Hallo,
in der Eektrodynamik rechnet man oft mit Feldern, die Unstetigkeiten enthalten. Beispielweise , also eine homogen magnetisierte in z-Richtung Kugel. Obwohl diese Felder eigentlich nicht stetig diffbar sind, wendet man Differentialoperatoren oder Integralsätze auf sie an. Zb für obiges Beispiel:
und

Was ist die Grundlage für solche Rechnungen und wann sind sie erlaubt?
Äther



Anmeldungsdatum: 22.12.2011
Beiträge: 387

Beitrag Äther Verfasst am: 06. März 2016 15:01    Titel: Antworten mit Zitat

Die Grundlage solcher Rechnungen bildet die Theorie der Distributionen, eine Teilgebiet der Funktionalanalysis.
Physiker interessieren sich oft nicht sonderlich für mathematische Korrektheit. Sie machen solche Rechnugen einfach, wenn sie gebraucht werden. Meistens spricht mathematisch auch nichts dagegen smile
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 06. März 2016 15:13    Titel: Antworten mit Zitat

Marium hat Folgendes geschrieben:
Hallo,
in der Eektrodynamik rechnet man oft mit Feldern, die Unstetigkeiten enthalten. Beispielweise , also eine homogen magnetisierte in z-Richtung Kugel. Obwohl diese Felder eigentlich nicht stetig diffbar sind, wendet man Differentialoperatoren oder Integralsätze auf sie an. Zb für obiges Beispiel:
und

Was ist die Grundlage für solche Rechnungen und wann sind sie erlaubt?


Die Grundlage ist die Glättung der unstetigen Funktionen F mit hinreichend oft differenzierbaren und hinreichend schnell gegen unendlich abfallenden "Testfunktionen"



und Abwälzen der Ableitungen auf die glatten Funktionen mittels partieller Integration. Sinnvoll ist das ganze, wenn die Gleichungen dann unabhängig von der Testfunktion sind.

Wenn es also eine Ableitung F' gäbe, so müßte nach Glättung und partieller Integration die Beziehung



für eine Testfunktion mit den obigen Eigenschaften gelten. Die linke Seite ergibt für unstetige Funktionen natürlich keinen Sinn, die rechte aber schon. Also benutzt man die rechte einfach zur Definition dessen was die linke bedeutet, d.h. wenn für alle Testfunktionen



gilt, ist G die Ableitung von F, und man schreibt einfach . (Eindeutigkeit muß man natürlich auch noch zeigen.)

Das ganze läuft unter den Stichworten Distributionentheorie, schwache Ableitung etc.
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 06. März 2016 16:03    Titel: Antworten mit Zitat

@Marium: Sorry, aber ich verstehe Deine Rechnung unten nicht ganz. Was hat das mit dem Gaußschen Satz zu tun?

Ganz allgemein: Solche Rechnungen würde ich immer im Kontext betrachten. Schau mal in ein Lehrbuch oder ein Skript über partielle Differentialgleichungen (z.B. in den Evans), da wirst Du viele Beispiele finden (speziell, wenn es um Greensche Funktionen geht). Greensche Identitäten sind da oft hilfreich.
Generell würde ich Dir empfehlen, mal eine PDE-Vorlesung zu hören, wenn Du Dich dafür interessierst, wie man die Ergebnisse der Elektrostatik exakt bekommt.

Infrage kämen außerdem de Rhamsche Ströme (das sind Zwitter aus Distributionen und Differentialformen). Solche Objekte werden in der geometrischen Maßtheorie betrachtet. Wenn Du Dich schon mit Distributionen und Differentialformen auskennst, kannst Du mal einen Blick in "Analysis, Manifolds and Physics" (Choquet-Bruhat et al.) werfen, dort werden die recht unkompliziert eingeführt. Meiner Meinung nach lohnt es sich aber nicht, sich "einfach so" damit zu beschäftigen.
Distributionen werden übrigens auch in vielen PDE-Vorlesungen behandelt.
Marium
Gast





Beitrag Marium Verfasst am: 06. März 2016 23:28    Titel: Antworten mit Zitat

@Jayk In der Tat, meine Rechnung beinhaltet noch ein,zwei Zwischenschritte.
Leider scheint Funktionalanalysis hier in Heidelberg keine Distributionstheorie zu enthalten. Habs auch nicht in der Studienordnung gefunden. Wo könnte es denn noch untergebracht sein?
Könnte mir jemand bitte mal die Divergenz von M aus meinem Beispiel korrekt vorrechnen?

Danke schon mal für eure Hilfe Thumbs up!
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 07. März 2016 03:14    Titel: Antworten mit Zitat

Ach, Du bist auch aus Heidelberg? smile Dann würde ich Dir die Vorlesung Methoden der Mathematischen Physik (MMP1+2) ans Herz legen (Bachelor -> Wahlpflichtbereich -> Theoretische Physik). Im zweiten Teil im Wintersemester spielen Distributionen die Hauptrolle.
Teil 1 im Sommersemester behandelt im Wesentlichen Grundlagen der Funktionentheorie und Funktionalanalysis (Banach- und Hilberträume).

Davon mal abgesehen, würde es mich nicht wundern, wenn Distributionen in der Analysisvorlesung von Herrn Weissauer vorkämen.^^

Distributionen gehören zwar im Prinzip auch zur FA, aber eine richtig krasse funktionalanalytische Beschreibung setzt eigentlich die Theorie lokalkonvexer topologischer Vektorräume voraus. Sowas findest Du z.B. in den FA-Büchern von Werner oder Reed/Simon, aber sicher nicht in einer Einführungsvorlesung (mit 99%iger Wahrscheinlichkeit auch nicht bei anderen Dozenten oder an anderen Universitäten).
Die Behandlung in oben genannter Vorlesung wird eher elementar sein, ebenso eine etwaige Behandlung in einer PDE-Vorlesung. Elementar heißt: Anstatt eine Topologie auf den Testfunktionenraum einzuführen, wird Konvergenz und Stetigkeit von Folgen ad hoc definiert werden. Der Vorteil ist, daß man so Zeit spart, die Darstellung einfacher verständlich und übersichtlicher ist und die Vorgehensweise auch tatsächlich gerechtfertigt ist [wie sich zeigen läßt, wenn man einmal eine Topologie hat]. Der Haken ist, daß in allgemeinen topologischen Vektorräumen Konvergenz und Stetigkeit nicht durch Folgen charakterisiert werden können (sondern durch Netze) und daher auch a priori überhaupt nicht klar ist, ob man mit den so definierten Begriffen irgendwas machen kann, was man normalerweise als selbstverständlich ansieht.

Eine Warnung noch: Distributionen sind ein sehr schönes Konzept, aber in den seltensten Fällen ein Beweismittel. Man kann mit Distributionen ein paar sehr nette Dinge tun: Man kann Fundamentallösungen für partielle Differentialgleichungen herleiten und man kann z.B. den Formfaktor des Coulombpotentials in einer Zeile herleiten. Solche Rechnungen sind aber heuristisch, also sie helfen, die richtige Lösung zu finden, beweisen sie aber nicht. Für rigorose Beweise braucht man in der Regel nach wie vor elementare Analysis (selbst, wenn man das Ergebnis mit Distributionen formuliert). Z.B. (in ) oder sind Gleichungen, die einen sehr genauen Sinn haben. Aber um diese Identitäten zu beweisen, hilft Dir die Distributionentheorie nicht, sondern Du brauchst elementare Analysis (im Falle der ersten Gleichung die Greenschen Identitäten, im Falle der zweiten Gleichung Standard-).
Marium
Gast





Beitrag Marium Verfasst am: 08. März 2016 12:22    Titel: Antworten mit Zitat

Danke dir. Ich mache mir zur Zeit sowieso Gedanken darüber, was ich im nächsten Semester an Mathevorlesungen wählen soll. Wie ist denn die MMP Vorlesung so? Wahrscheinlich vom Stil her wie Höma oder? Macht es Sinn PDE und MMP1 gleichzeitig zu hören, immerhin ist Funktionalanalysis für pde doch schon recht wichtig. Deckt denn MMP1 die Bereiche Funktheo und Funktionalanalysis adäquat ab? Viele hören ja auch die MatheVl Funktheo...
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 09. März 2016 02:49    Titel: Antworten mit Zitat

MMP: Eine sehr gute, nützliche, didaktisch und inhaltlich hervorragende Vorlesung. Das Abstraktionsniveau und der Anspruch ist aber deutlich niedriger als bei reinen Mathevorlesungen. Ich habe nie HöMa gehört und kann daher nicht sagen, ob der Stil ähnlich ist. Ein entscheidender Unterschied ist aber, daß HöMa in der Regel von Mathematikern gehalten wird (nächstes Semester wird eine Ausnahme). MMP wird von einem mathematischen Physiker gehalten, der wirklich mit vollem Herzen hinter beiden Fächern steht. Allerdings finde ich den Namen etwas irreführend: Es handelt sich um eine reine Analysis-Vorlesung (und im zweiten Teil noch etwas über stochastische Prozesse). Algebraische, geometrische und topologische Methoden wirst Du dort nicht bekommen.

Funktheo: In Funktheo1 geht es im wesentlichen darum, irgendwie an den Residuensatz zu kommen, der dann zwei wesentliche Sätze, die zu seiner Herleitung verwendet wurden (Cauchysche Integralformel und Cauchyscher Integralsatz), als Spezialfälle enthält. Grob kann man sagen: Wenn Du den Residuensatz verstanden hast, hast Du fast die ganze Funktionentheorie 1 verstanden. Funktheo enthält halt etwas mehr Drumherum, das aber nicht unbedingt so wichtig ist. Funktheo ist auf jeden Fall eine Vorlesung, die sehr viel Spaß macht, aber wirklich wichtig ist eigentlich nur der Residuensatz. Und vielleicht noch etwas Wissen über konforme Äquivalenz.

PDE: Nächstes Semester wird doch gar keine Vorlesung angeboten, oder? Also PDE2 schon, aber doch PDE1 nicht... Aber PDE ist eine sehr, sehr sinnvolle Vorlesung! Achtung: Im Gegensatz zu Funktheo und Funkana ist das eine Vorlesung über angewandte Mathematik, d.h., daß die einzelnen Abschnitte der Vorlesung nicht so sehr aufeinander aufbauen. Es ist halt mehr eine Sammlung (sehr nützlicher!) Briefmarken.

Funkana: Wenn es Dich interessiert, hör die Vorlesung. Es ist aber auch nicht so schlimm, wenn Du es nicht machst. Funkana ist auf jeden Fall mehr als formales Rechnen mit Bras und Kets. Je nach dem, wie wichtig es Dir persönlich ist, dort ein rigoroses Verständnis zu haben, solltest Du die Vorlesung hören oder nicht. Die wichtigsten Dinge, die Dich aber während einer QM-Vorlesung ruhig schlafen lassen, wirst Du auch in MMP lernen. Und Distributionen wirst Du in der Funkana-Vorlesung nicht bekommen (und wie gesagt: In MMP wirst Du "nur" eine elementare Darstellung bekommen... ob Du mehr Background dazu brauchst, hängt von Deinem persönlichem Interesse ab).
Ich persönlich finde Funkana ein unglaublich spannendes Gebiet der Mathematik! Allerdings kann ich die Vorlesung bei Frau Marciniak nicht wirklich empfehlen.^^

Als Anregung: Differentialgeometrie ist sehr wichtig (sowohl für ART, als auch für Eichtheorien). Wenn Du vorhast, jemals diese Vorlesung zu hören, mach es jetzt! Denn: In den letzten drei Semestern wurde zweimal die Funktionalanalysis gehalten. Die Differentialgeometrie 1 wurde das letzte Mal vor zwei Jahren gehalten. Und es gibt genau eine Professur für Differentialgeometrie in Heidelberg.
Marium
Gast





Beitrag Marium Verfasst am: 11. März 2016 18:58    Titel: Antworten mit Zitat

Danke, das war schon sehr hilfreich. Ich habe in der Tat wegen ART auch schon an Diffgeo gedacht.. Kommt man hier denn zu recht ohne je Topologie gehört zu haben?
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 11. März 2016 19:29    Titel: Antworten mit Zitat

Topologie sollte nicht das Problem sein für Diffgeo, denke ich. Also ein bißchen mengentheoretische Topologie (auf dem Niveau, wie man sie normalerweise in Analysis mitbekommt) ist natürlich Pflicht. Am Ende wird in der Vorlesung wohl ein bißchen algebraische Topologie gemacht, aber ich denke, daß die Grundlagen dafür (Überdeckungsräume, Fundamentalgruppe, Liftungslemma) in der Vorlesung bereitgestellt werden. Schau mal auf der Website der Diffgeo-Forschungsgruppe, da gibt es ein Skript von der letzten Diffgeo1.
Wann das nächste Mal eine Topologie-Vorlesung gehalten wird, weiß auch der liebe Gott allein... Augenzwinkern Wenn überhaupt.
Marium
Gast





Beitrag Marium Verfasst am: 12. März 2016 00:25    Titel: Antworten mit Zitat

Sehr gut, danke Thumbs up!
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