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Ungewissheit mit Physikstudium
 
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Serenade



Anmeldungsdatum: 06.02.2015
Beiträge: 4

Beitrag Serenade Verfasst am: 06. Feb 2015 23:05    Titel: Ungewissheit mit Physikstudium Antworten mit Zitat

Kann gelöscht werden - danke für die antworten!


Zuletzt bearbeitet von Serenade am 06. März 2015 04:50, insgesamt einmal bearbeitet
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 07. Feb 2015 00:31    Titel: Re: Ungewissheit mit Physikstudium Antworten mit Zitat

Serenade hat Folgendes geschrieben:
Vermutlich ist das der 0,480*10^34 Thread in den weiten des Internets, der sich mit diesem Thema beschäftigt, aber ich habe da teilweise doch etwas spezielle Fragen und habe einfach mal einen eröffnet.


Ja, das denken alle. Big Laugh Nichts für ungut, denn es ist ja richtig, sich Gedanken zu machen (vor allem, wenn man einen eher ungewöhnlichen Weg geht). Aber die Antworten sind doch fast immer dieselben.

Zitat:

1. Ich weiß nicht, ob ich ein Physikstudium packen würde. Ich weiß, dass es eine unglaublich hohe Abbrecherquote gibt und ich habe einfach Respekt vor dem Studiengang. Das Gleiche gilt übrigens auch für ein Mathematik Studium.

2. Ich will nicht nach ein bis zwei Semester merken, dass es mir zu viel wird und abbrechen. Ich bin "schon" 23 und im WS für 15/16 bereits 24 und habe mehr oder weniger nichts in der Hand, da ich nicht in mein altes Berufsfeld zurückkehren möchte.

3. Ich weiß absolut nicht, was ich alles mit einem abgeschlossenen Physik/Mathematik Studium machen soll. Ich höre immer wieder Versicherungsbranchen, in Banken, blabla, aber wenn ich da rein wollen würde, dann könnte ich auch direkt Wirtschaft studieren und die interessiert mich zugegebenermaßen eher weniger.


Zu 1.: Die Abbrecherquote ist in der Tat sehr hoch, aber das liegt nach meiner Erfahrung auch sehr häufig daran, dass Leute merken, dass das Studium ihnen doch nicht gefällt (oder dass sie zwar irgendwie durch die Prüfungen kommen, aber doch irgendwie das Gefühl haben, nicht wirklich gut zu sein). Deine Voraussetzungen klingen jedenfalls sehr gut.

Zu 2.: Verständlich. Aber das Risiko ist nun einmal da und du musst abwägen, ob du es eingehen willst.

Zu 3.: Ebenfalls verständlich, geht mir genauso.

Zitat:

Wie genau unterscheiden sich Vorlesungen von experimental und theoretischer Physik? Und ein noch größeres Fragezeichen habe ich dabei, wo sich da genau die Prüfung unterscheidet? Das eine ohne das andere geht doch gar nicht so wirklich.


Das ist richtig, das eine geht nicht ohne das andere. Es gibt durchaus Leute, die Experimente und Theorie zugleich machen (ich habe mal so einen im Kolloquium erlebt), aber das ist wohl wirklich die Ausnahme. Die Vorlesungen in Experimentalphysik sollten eigentlich besser Anfängervorlesungen heißen. Die Theorie wird dort nur so weit entwickelt, wie es nötig ist, um Experimente grob zu verstehen. Es geht im Wesentlichen darum, die grundlegenden Gleichungen und Prinzipien aus Experimenten abzuleiten und zu verifizieren. In Theoretischer Physik werden die grundlegenden Gleichungen und Prinzipien postuliert und vertieft, auf ihre mathematischen Eigenschaften hin untersucht und angewandt. Man kann sich streiten, ob dieser Aufbau sinnvoll ist, aber in Deutschland ist das so Tradition und ich glaube ehrlich gesagt auch, dass das Niveau des Physikstudiums in Deutschland im internationalen Vergleich sehr hoch ist (neben dieser Teilung spielt aber sicher auch der Unterrichtsstil eine Rolle: vor allem Theorie-Vorlesungen sind oftmals nicht didaktisch aufgebaut, sondern es geht darum, so viel Stoff wie möglich zu behandeln, wobei bewusst in Kauf genommen wird, dass Studenten nur abschreiben und den Stoff erst beim Nacharbeiten zu Hause bzw. beim Lösen der Übungsaufgaben verstehen; in Irland z.B. gibt es überhaupt keine Übungsaufgaben). Außerdem sollen die Experimentalphysik-Vorlesungen einen sehr breiten Einblick bieten. Thematisch decken sie definitiv mehr ab als die Theorie-Vorlesungen. Bestimmte Themen hört man nur in Experimentalphysik bzw. nur dann in der Theorie nochmal, wenn man entsprechende Spezial-/Vertiefungsvorlesungen hört.

Zu den Prüfungen ist nichts Tiefsinniges zu sagen: Beide sind theoretisch. Experimentalphysikklausuren sind einfacher, Punkt. Ich weiß nicht, ob das überall so ist: In Heidelberg ersetzt die Experimentalphysik I die Zwischenprüfung, die es in anderen Fächern gibt. Sie muss also beim ersten Mal (glaube ich, bin nicht so fest im Thema) bestanden werden, sonst ist man raus. Die Prüfungen sind so ausgelegt, dass sie von fast allen bestanden werden: Die Durchfallquoten in Experimentalphysik liegen im unteren einstelligen Prozentbereich (bei uns jedenfalls). Es gibt keine komplizierten Integrale zu berechnen, keine schwierigen Differentialgleichungen zu lösen, die Fragen zielen auf reines Verständnis ab. In Theoretischer Physik hingegen hat man zu rechnen: Da geht es nicht nur um Verständnis, sondern auch um Fähigkeiten (Ausdruck eines Experimentalphysik-Profs von mir: "Kampfrechnen").

Viel habe ich nicht zu sagen. Wenn deine Motivation da ist, sehr gut. Wenn du sagst, du kannst dich stundenlang an eine Aufgabe setzen: sehr gut, denn das wirst du müssen. Deine Noten in Mathe und Physik sind sehr gut. Das klingt, als hättest du eine gute Chance, ein Physikstudium zu bewältigen. Deine Zweifel sind berechtigt und nur du kannst abwägen, ob du das Risiko eingehst.

Maschinenbau (bzw. Ingenieurwesen generell) wäre mir persönlich zu langweilig. Das Niveau hängt wohl auch etwas davon ab, ob FH oder TU. Ein Freund von mir studiert Maschinenbau und nach dem, was ich höre, ist der Matheanteil nicht mit Physik vergleichbar (und der Physikanteil sowieso nicht). Der Praxisanteil ist aber viel größer. Da Ingenieure die Gesundheit von Menschen zu verantworten haben, werden z.B. keine Folgefehler in Klausuren angerechnet: Eine falsche Lösung ist falsch (=funktioniert nicht). Die Theorie wird im Physikstudium viel tiefer behandelt (Gleichungen werden hergeleitet!), dafür werden aber z.B. in der technischen Mechanik ganz andere Techniken eingeübt (viele leider kochrezeptartig). Mir ist bewusst, dass das hier von mir dargestellte Bild etwas einseitig ist. Der Vorteil eines Ingenieurstudiums ist ganz klar, dass du ein klares Berufsbild und eine darauf ausgerichtete, praxisnahe Ausbildung hast, was man von einem Physikstudium einfach nicht behaupten kann.


Zuletzt bearbeitet von Jayk am 07. Feb 2015 01:26, insgesamt einmal bearbeitet
shipwater



Anmeldungsdatum: 18.02.2013
Beiträge: 13

Beitrag shipwater Verfasst am: 07. Feb 2015 00:48    Titel: Antworten mit Zitat

Hi,

ich studiere Mathe mit Nebenfach Physik, daher kann ich dir ein paar Eindrücke weitergeben. Das Mathestudium hat in der Tat sehr wenig mit Schulmathematik zu tun. Es wird deutlich abstrakter und sehr viel Wert auf Exaktheit gelegt. Wenn du schon die Einsteigervorlesungen "unglaublich trocken" findest (ich gehe mal davon aus, dass du dir diese angesehen hast und nicht gleich höhere Sachen) dann ist das eventuell nicht das richtige für dich. Andererseits gewöhnt man sich mit der Zeit daran und kann später auch in weniger abstrakte Richtungen gehen, zum Beispiel Stochastik anstatt Algebra. Ich denke so gut wie niemand kann von vorne herein sagen, ob ein Mathestudium das richtige für einen ist. Man findet es erst im Laufe der Zeit heraus.
Zum Physikstudium kann ich nicht ganz so viel sagen, aber zumindest die Anfängervorlesungen sind nicht so abstrakt. Experimentalphysik unterscheidet sich (anfangs) nicht groß von Schulmathematik. Bei Theo ist das schon etwas anders, da haben auch viele am Anfang Probleme mit, da wird ein eher mathematischer Zugang gewählt. Daher braucht man in den fortgeschrittenen Theo-Vorlesungen auch gewisse mathematische Technicken, wo wir wieder bei der Abstraktheit wären.
Auch hier muss man wohl erstmal anfangen zu studieren, um zu sehen, ob es das richtige für einen ist. Ich würde ja sagen, wenn du anfängst Mathe mit Nebenfach Physik zu studieren dann kannst du nicht so viel falsch machen, weil das Mathe-Wissen dir auch später weiterhilft, wenn du den Studiengang noch wechselst. Umgekehrt ist das nicht so. Aber natürlich wäre es auch sinnvoll gleich Physik zu studieren, wenn du dann später eh wechselst. Ein gewisses Risiko hat man halt immer, das kannst letztendlich nur du selbst entscheiden. Vielleicht holst du dir nochmal Materialien zu den Anfängervorlesungen der beiden Studiengänge und schnupperst da mal rein, was dir besser gefällt.

Gruß Shipwater
Serenade



Anmeldungsdatum: 06.02.2015
Beiträge: 4

Beitrag Serenade Verfasst am: 07. Feb 2015 01:10    Titel: Antworten mit Zitat

@Jayk, danke auf jeden Fall, hast mir definitiv ein etwas genaueres Bild von dem Studium gemacht. Und vor Herleitungen fürchte ich mich nicht. Finde die immer ganz interessant und mein Lehrer hat die Angewohnheit uns immer vorzuführen wie Physiker bei sowas rangehen ... teilweise machen wir Herleitungen, die wir gar nicht benötigen für die Prüfung. Aber er meint, damit hat man eine bessere Vorstellung darüber, was man eigentlich macht und irgendwo hat er auch recht.

@shipwater, allzu tief habe ich nicht reingeschaut. Vollständige Induktion habe ich mir mal aus Langeweile bisschen beigebracht und allgemein in Themen vom ersten Semester reingeschnuppert. Auf Exaktheit lege ich durchaus viel Wert...da hab ich schon das ein oder andere mal innere Konflikte im Physikunterricht bekommen... Big Laugh Bin halt immer noch stark mathematisch veranlagt.
Gegen abstraktes Denken habe ich nicht viel einzuwenden, jedoch fehlt mir bei der puren Mathematik einfach irgendwie der Bezug zur Realität, auch wenn dieser in der Physik auch mal zu wünschen übrig lässt...
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 07. Feb 2015 02:27    Titel: Antworten mit Zitat

Serenade hat Folgendes geschrieben:

Aber er meint, damit hat man eine bessere Vorstellung darüber, was man eigentlich macht und irgendwo hat er auch recht.


Absolut. Walter Thirring hat mal gesagt, man sollte eine Aussage erst als verstanden betrachten, wenn man den Weg zu ihr vollständig aus dem Gedächtnis reproduzieren kann.

Serenade hat Folgendes geschrieben:

Gegen abstraktes Denken habe ich nicht viel einzuwenden, jedoch fehlt mir bei der puren Mathematik einfach irgendwie der Bezug zur Realität, auch wenn dieser in der Physik auch mal zu wünschen übrig lässt...


Das kann ich ganz gut verstehen. Zwischen (Angewandter) Mathematik und (Theoretischer) Physik gibt es ja noch die Mathematische Physik.
Leider wird auch auch in den Kursvorlesungen über Theoretische Physik nicht immer alles ganz exakt gemacht. So wird zum Beispiel in kaum einer Mechanik-Vorlesung definiert, was verallgemeinerte Koordinaten sein sollen, viele Quantenmechanik-Vorlesungen unterscheiden nicht zwischen hermiteschen und selbstadjungierten Operatoren und von der Delta-Funktion reden wir besser gar nicht erst. Wer ein Anliegen bezüglich mathematischer Strenge hat, muss sich schon ein dickes Fell wachsen lassen und bestimmte Dinge ins Selbststudium verlagern.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18026

Beitrag TomS Verfasst am: 07. Feb 2015 09:00    Titel: Antworten mit Zitat

Nun, die Fragestellung ist doch, welchen Anspruch die Physik hat; und da sehe ich zum einen die möglichst exakte Vorhersage experimentell überprüfbarer Phänomene (und das liefert dir die theoretische Physik mit hinreichender mathematischer Strenge) sowie zum anderen die tatsächliche experimentelle Überprüfung. Die mathematische Physik kann sich dann durchaus weit von der Realität entfernen.

In allen Fällen benötigst du jedoch physikalische Intuition! Und die lernst du nur, in dem du Gedankengänge nachvollziehst, dir eine eigene Meinung bildest, Plausibilitätsbetrachtungen anstellst usw. Ist ein bisschen wie Schachspielen: der Großmeister sieht die Gewinnstrategie, muss sie dann jedoch noch detailliert Zug für Zug durchdenken; aber zuerst sieht er sie!

Ich war mal auf einer Tagung, auf der ein bekannter theoretischer Physiker die Frage, warum er den Weg gerade so und so beschritten habe, keine Antwort hatte. Er rechtfertigte sich sozusagen von der Ergebnisbetrachtung her: How shall I do the calculation if I don't know the result?

Wenn du es in Physik zu etwas bringen willst, dann musst du dein Handwerkszeug verstehen (da sehe ich bei dir in Mathematik überhaupt keine Probleme, die experimentelle Seite musst du selbst beurteilen). Und du benötigst die richtige Denkweise; die lernst du nur in der Praxis kennen. Du kannst nicht wissen, ob du ein guter Sänger wirst, bevor du das erste Mal gesungen hast.

Also tu's.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
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