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Heisenbergsche Unschärfe und Zeit-Bandbreite-Produkt
 
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wumbo2000



Anmeldungsdatum: 04.06.2014
Beiträge: 1

Beitrag wumbo2000 Verfasst am: 04. Jun 2014 17:04    Titel: Heisenbergsche Unschärfe und Zeit-Bandbreite-Produkt Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo zusammen,

ich habe vielerorts gelesen, dass das Zeit-Bandbreite-Produkt, das ja einen antiproportionalen Zusammenhang bspw. der Pulsdauer eines Laserpulses und der Bandbreite seines Frequenzspektrums beschreibt, in einer Weise aus der Heisenbergschen Unschärferelation hervorgeht. Beide Relationen seien analog zueinander.

Ist das der Fall, und wenn ja, inwiefern?

Danke für eure Ideen!

Meine Ideen:
Ich meine, die Unschärfe geht ja auf die Wahrscheinlichkeitsinterpretation zurück, während das Zeit-Bandbreite-Produkt ja aus der Fourier-Trafo herrührt. Oder sind das zwei Schreibweisen des selben Sachverhalts? Wenn ja, wie kommt man von einer zur anderen?
MI



Anmeldungsdatum: 03.11.2004
Beiträge: 828
Wohnort: München

Beitrag MI Verfasst am: 04. Jun 2014 17:37    Titel: Antworten mit Zitat

Nein, die Wahrscheinlichkeitsinterpretation hat mit der Unschärferelation eher nichts zu tun. Diese wäre auch OHNE Unschärferelation gültig. Konkret kannst du auch klassischen Zuständen eine Wahrscheinlichkeitsverteilung zuweisen (im Phasenraum), meistens ist das dann aber eine Deltaverteilung und somit eher uninteressant. Die Unschärferelation sagt lediglich, dass diese Deltaverteilungen in der Quantenmechanik nicht möglich sind und gibt stattdessen untere Schranken an die Kovarianzen.

Die Heisenbergsche Unschärferelation zwischen Ort und Impuls beruht im Wesentlichen auf dem nichtverschwindenden Kommutator zwischen den beiden Operatoren, was wieder (auch) darauf beruht, dass der Impuls als Fouriertransformation aus dem Ortsoperator hervorgeht.

Insofern gehen beide Gleichungen auf die Eigenschaften der Fouriertransformation zurück.

Woher kommt das aber? Das ist alles nicht ganz so einfach, aber wenn du noch weiter hinschaust, könntest du behaupten, dass beides, die Heisenbergsche Unschärferelation und die Hardy-Unschärferelation (das ist eine formale Version der "Bandbreite-Zeit-Unschärfe") auf die Rigidität der symplektischen Struktur der unterliegenden Räume und die Vorhandenheit gewisser physikalischer Randbedingungen zurückgeht.

Konkret, aber vielleicht etwas zu mathematisch: Der Phasenraum ist eine symplektische Mannigfaltigkeit, alle physikalischen Aktionen (Hamiltonoperatoren, kanonische Transformationen) definieren sogenannte Symplektomorphismen (Abbildungen, die die symplektische Struktur erhalten). Die Unschärferelation drückt sich jetzt darüber aus, dass die Projektion der Wahrscheinlichkeitsverteilung auf ein Paar von Orts- und Impulsvariablen (x,p) auf einer bestimmten Fläche von Null verschieden ist und diese Fläche durch Symplektomorphismen NICHT verringert werden kann (das ist das sog. Non-Squeezing-Theorem von Gromov). Dasselbe gilt für die Hardysche Unschärferelation, d.h.: was auch immer du mit deinen Daten anstellst, du kannst diese Unschärfe nicht verringern.
Die einzige Frage, die bleibt, ist, warum ein Quantenzustand die Unschärferelation nach "Entstehung" schon erfüllt (ebenso Funktionen und ihre Fourier-Transformierte in der Hardy-Ungleichung), und um das zu Beweisen, braucht man zusätzlich die physikalischen Randbedingungen: eine quantenmechanische Dichtematrix muss positiv semidefinit sein (bei Hardy bin ich mir gerade nicht sicher, aber das könnte auch aus der Positivität folgen).

Es gibt da einen Übersichtsartikel von de Gosson und Luel zu: "Symplectic Capacities and the Geometry of Uncertainty: The Irruption of Symplectic Topology in Classical and Quantum Mechanics"
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17900

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jun 2014 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

MI hat Folgendes geschrieben:
Insofern gehen beide Gleichungen auf die Eigenschaften der Fouriertransformation zurück.

Genau.

MI hat Folgendes geschrieben:
was auch immer du ... anstellst, du kannst diese Unschärfe nicht verringern.

Genau.

MI hat Folgendes geschrieben:
Die einzige Frage, die bleibt, ist, warum ein Quantenzustand die Unschärferelation nach "Entstehung" schon erfüllt ... um das zu beweisen, braucht man zusätzlich die physikalischen Randbedingungen ...

Verstehe ich nicht. Wenn ein Quantenzustand als Einheitsvektor in einem separablen Hilbertraum definiert ist und wenn man in diesem Hilbertraum selbstadjungierte Operatoren A und B sowie deren Unschärfe mittels



definiert, dann gilt zwingend



wobei diese Relation allgemeiner ist als die für x und p (und auch unabhängig von der Fouriertransformation bewiesen werden kann).

Warum sollte man da noch weitere Bedingungen benötigen?

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
MI



Anmeldungsdatum: 03.11.2004
Beiträge: 828
Wohnort: München

Beitrag MI Verfasst am: 04. Jun 2014 23:36    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
wobei diese Relation allgemeiner ist als die für x und p (und auch unabhängig von der Fouriertransformation bewiesen werden kann).

Warum sollte man da noch weitere Bedingungen benötigen?


Du hast natürlich völlig Recht. Aber du brauchst diese "zusätzliche" Bedingung auch: Die Definition des Quantenzustands als Einheitsvektor im Hilbertraum.

Worauf ich nur hinauswollte ist, dass es neben der herkömmlichen Erklärung (die ich hätte aufzeigen müssen) zusätzlich noch eine geometrische Interpretation gibt, auf die man, wenn man möchte, die Unumgänglichkeit der Impuls-Raum-Unschärfe und die Hardy-Unschärfe zurückführen kann. Im Sinne der Analogie halte ich das für interessant.
Wenn du aber im Phasenraum argumentierst und deine Zustände dort definierst, siehst du den Hilbertraum nicht sofort (zumal sowieso mit Dichtematrizen gearbeitet warden muss) und entsprechend ist die herkömmliche Robertson-Schrödinger-Ungleichung nicht sofort offensichtlich. Das ist der Punkt, den ich hätte dazuschreiben müssen.
Aber am Ende sage ich dasselbe: Die Bedingungen, die du an einen Quantenzustand + Observablen stellst reichen aus, um diese Unschärferelation zu beweisen, ob du den Quantenzustand jetzt als Einheitsvektor in einem Hilbertraum definierst mit Observablen als selbstadjungierten Operatoren oder als lineare Funktionale auf einer C*-Algebra oder mit charakteristischen Funktionen, etc. spielt keine Rolle:
Die Unschärferelation ist intrinsisch drin, insofern die Ansätze irgendwie äquivalent sind.

Ich hätte allerdings dazuschreiben müssen, dass das doch nicht unbedingt nach Textbuch gedacht ist... Das kommt davon, wenn man da in den letzten Tagen ein bisschen zu viel drüber gelesen hat Augenzwinkern .

Hoffentlich ist so verständlicher, worauf ich hinaus will.
Danke fur's nachstochern!
MI
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17900

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jun 2014 23:46    Titel: Antworten mit Zitat

OK, verstanden.
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