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ART: Geschichte, Philosophie, ... - Seite 2
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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 24. März 2011 19:02    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sorry, das sehe ich nicht. Ich hätte erwartet, dass du einen Potentialterm der Form



einführst und die Dynamik der Staubwolke aus einer partiellen Differentialgleichung für die Eigengravitation der Staubwolke herleitest. Evtl. übersehe ich was.


Du hast die Potentielle Energie



übersehen. Das ist nämlich die Lösung des obigen Integrals über eine homogene Vollkugel.

Ich kann das Ganze ja noch mal auf einem anderen Weg herleiten - nämlich über die Kraft und nicht über die Energie. Dabei setze ich als bekannt voraus, dass eine homogene Kugelschale auf Körper in ihrem Inneren keine Gravitationskräfte ausübt und dass ihr äußeres Gravitationsfeld dem einer gleich großen Punktmasse entspricht. Wenn ich also die an einem bestimmten Ort innerhalb einer homogenen Vollkugel wirkende Fallbeschleunigung berechnen will, dann kann ich alles vernachlässigen, was weiter vom Zentrum entfernt ist und den Rest wie eine Punktmasse behandeln:



Dabei ist M die Gesamtmasse, die bei den jeweiligen Startbedingungen in einer Kugel mit dem Radius r enthalten ist. Mit



wird daraus



Die Beschleunigung ist also proportional zum Abstand vom Zentrum, was zusammen mit den Anfangsbedingungen (Hubble-Gesetz) bedeutet, dass ein Teilchen bei der Expansion der weiter innen befindlichen Masse immer vorauseilt und der weiter außerhalb befindlichen hinterher fliegt. Beim Kollaps ist es umgekehrt. Alle Teilchen werden durch die Gezeitenkräfte der Masseverteilung voneinander weg beschleunigt. Das hat zur Folge, dass die innen befindliche Masse M zeitlich konstant bleibt und die Bewegung jedes Teilchens dem freien Fall im Gravitationsfeld einer Punktmasse entspricht. Um die Bewegungsgleichung zu ermitteln, muss ich also obige Differentialgleichung lösen. Dazu multipliziere ich erst einmal beide Seiten mit :



Wegen



und



liefert die Integration über die Zeit



Die Integrationskonstante K entscheidet darüber, ob es sich um ein offenes (K>0), flaches (K=0) oder geschlossenes (K<0) Universum handelt. Diese Gleichung habe ich ja bereits über die Energieerhaltung hergeleitet. Deshalb brauche ich hier auch nicht mehr darauf eingehen, wie es für K=0 weitergeht. Das kannst Du oben nachlesen. Als Ergebnis kommt exakt dasselbe Zeitgesetz wie beim Einstein-de Sitter-Modell heraus. Da bei diesem Modell wohl außer Zweifel steht, dass es dem Hubble-Gesetz genügt, brauche ich das nicht überprüfen. Ich tue es aber trotzdem:

Aus der Bewegungsgleichung



folgt für die Geschwindigkeit:



und das ist offensichtlich wieder das Hubble-Gesetz mit dem Hubble-Parameter



Dass eine solche Geschwindigkeitsverteilung in jedem mitbewegten Bezugssystem dieselbe ist, habe ich ja bereits demonstriert.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18022

Beitrag TomS Verfasst am: 24. März 2011 22:28    Titel: Antworten mit Zitat

Ich fasse das mal zusammen:

Die potentielle Energie einer Vollkugel der Masse M und Radius r mit homogener Dichte



Die Beschleunigung (eigtl. die Kraft) auf eine Masse m im Abstand r; definiert durch die innerhalb von r befindliche Masse M(r)





Eingesetzt



Die Beschleunigung ist also proportional zum Abstand vom Zentrum ...

Du berechnest die Bewegungsgleichung einer Testmasse m (kürzt sich oben weg), im Gravitationsfeld der Kugel mit Radius r und Masse M(r). Dabei handelt es sich eigtl. nicht um eine Kugel, aber nur die im Inneren der Kugel befindliche Masse ist für die Gravitatiosnkraft relevant.

OK.

Den nächsten Schritt verstehe ich nicht. Wir wirst du die Dichte jetzt los, so dass dann doch wieder die Masse dasteht? Die Idee scheint ja zu sein, dass zwar die Dichte abnimmt, aber die auf das Teilchen gravitativ wirkende Masse kosntant bleibt, da das Teilchen "mit der expandierenden Kugel mitbewegt ist". D.h. die Dichte im Inneren der Kugel mit Radius r nimmt ab, die Masse bleibt allerdings gleich. Richtig verstanden?

Trotzdem:

Ich habe die Befürchtung, dass wir so nicht weiterkommen. Deine Rechnungen sehen sehr durchdacht aus, aber ich habe den Eindruck, dass (mir) da irgendetwas Grundsätzliches fehlt. Wahrscheinlich kannst du's noch ein paar mal probieren, aber ich krieg's immer noch nicht auf die Reihe, deswegen mal eine andere Idee (warum ich mit dem o.g. Integral begonnen habe)

Ich denke mir eine gravitierende Staubwolke. Dann ist meine Erwartungshaltung, dass daraus partielle Differentialgleichungen für die Dichte (und die Geschwindigkeitsdichte) der Staubwolke abzuleiten sind, z.B. die Eulergleichungen für kompressible Flüssigkeiten. Dazu kommt aber noch ein Term, der die Eigengravitation der Wolke berücksichtigt, den gibt es in der Fluiddynamik üblicherweise nicht. Die Gleichungen vereinfachen sich drastisch, da man Rotationsinvarianz annehmen kann.

Wenn man diese Gleichungen gelöst hat, dann ergibt sich daraus ein radialer "Massenfluss". Auf jeden Fall ergibt sich eine mit der Zeit abnehmende Dichte, da ja Expansion vorliegt.

Als nächstes käme dann die Lösung der Bewegungsgleichung eines Testteilches in dieser radial expandierenden (aber unendlich ausgedehnten) Wolke.

Was du tust (scheint genial zu sein, ich sehe aber nicht, wie das im Detail funktioniert) ist, dass du statt dessen direkt die Bewegungsgleichung für ein Teilchen aufstellst, das sich auf einer expandierenden Kugelschale befindet. Dieses Teilchen sieht natürlich die Gravitation der Masse innerhalb der Kugelschale, und diese ist wiederum durch den Radius und die Massendichte gegeben.

Das ist richtig, das muss man tun, aber du schaffst es, dass du den ersten Schritt, die Lösung für die Dichte, übergehst und geich die Bewegungsgleichung für das Testteilchen löst. Wenn du das darfst (und mir ist nicht klar, ob du das darfst) ist das genial und du hast sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Wenn du das aber nicht darfst, hast du nicht gezeigt, dass die Lösung selbstkonsistent ist, dass also die Lösung der Bewegungsgleichung für die Dichte einen identischen radialen Massenfluss produziert, wie die fürdas Testteilchen.

Ich glaube, das ist mein zentrales Problem: die selbstkonsistente Lösung fürdie Dichte

Dann noch etwas grundsätzliches, warum ich deine Lösung anzweifle: In deiner gesamte Rechnung wird ausschlielßlich die Gravitationskraft der im Inneren der Kugel r befindlichen Masse M(r) berücksichtigt; die außen liegende Masse wirkt (korrekterweise) nicht gravitativ. Das Ergebnis ist aber eine beschleunigt expandierende Massenverteilung. Woher stammt diese Beschleunigung (jetzt sag nicht, aus der Bewegungsleichung :-) Wenn nur die im Inneren der Kugel befindliche Materie gravitativ wirkt, dann folgt daraus zwingend eine Verlangsamung der Expansion. Eine Beschleunigung könnte ich mir dann vorstellen, wenn die außen liegende Materie doch gravitativ wirken würde - aber das tut sie ja im Mittel nicht.

Das sieht zunächst widersprüchlich aus.

Warum ich so darauf rumreite: du behauptest, das mitbewegte Testteilchen befinde sich im freien Fall. D.h. die "selbstkonsistente Lösung der gravitierenden Dichte" und die Lösung der Bewegungsleichung für das Testteilchen müssen übereinstimmen (bzw. zusammenpassen). Wenn nur eines von beiden nicht passt, dann hast du zwar eine Lösung einer Bewegungsgleichung, aber es ist nicht klar, dass die Testteilchen sozusagen "frei fallen".

Kennst du dazu irgendeine Referenz, die die Lösung der Bewegungsleichung für die Dichte demonstriert?

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 24. März 2011 23:33    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wir wirst du die Dichte jetzt los, so dass dann doch wieder die Masse dasteht?


Ich verwende einfach die ursprüngliche Gleichung, in der nur die Masse steht. Den Ausflug zur Dichte habe ich nur gemacht, um zu zeigen, dass die unterhalb des Testteilchens befindliche Masse M konstant bleibt. Damit gilt



TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Idee scheint ja zu sein, dass zwar die Dichte abnimmt, aber die auf das Teilchen gravitativ wirkende Masse kosntant bleibt, da das Teilchen "mit der expandierenden Kugel mitbewegt ist". D.h. die Dichte im Inneren der Kugel mit Radius r nimmt ab, die Masse bleibt allerdings gleich. Richtig verstanden?


Genau.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich denke mir eine gravitierende Staubwolke. Dann ist meine Erwartungshaltung, dass daraus partielle Differentialgleichungen für die Dichte (und die Geschwindigkeitsdichte) der Staubwolke abzuleiten sind, z.B. die Eulergleichungen für kompressible Flüssigkeiten. Dazu kommt aber noch ein Term, der die Eigengravitation der Wolke berücksichtigt, den gibt es in der Fluiddynamik üblicherweise nicht. Die Gleichungen vereinfachen sich drastisch, da man Rotationsinvarianz annehmen kann.


Mit etwas ähnlichem habe ich ja schon angefangen. Allerdings habe ich mich dabei auf die Kontinuitätsbedingung beschränkt. Die Lösung der kompletten Eulergleichungen erschien mir zu komplziert. Aber versuchen könnte man es ja mal.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Als nächstes käme dann die Lösung der Bewegungsgleichung eines Testteilches in dieser radial expandierenden (aber unendlich ausgedehnten) Wolke.


Da gibt es ein Problem: Bei einer unendlich ausgedehnten Masseverteilung divergiert das Newtonsche Gravitationspotential. Die Masseansammlung muss also endlich sein. Da ansonsten die gleiche Lösung rauskommt, wie in der ART, gehe ich aber davon aus, dass es sich bei diesem Problem um ein Artefakt handelt, das sich mit einem geeigneten mathematischen Verfahren umgehen lässt. Dafür spricht auch die Tatsache, dass die Lösung unabhängig von der Größe der Masseverteilung ist. Ich habe allerdings keine idee, wie man das anstellt.

TomS hat Folgendes geschrieben:
In deiner gesamte Rechnung wird ausschlielßlich die Gravitationskraft der im Inneren der Kugel r befindlichen Masse M(r) berücksichtigt; die außen liegende Masse wirkt (korrekterweise) nicht gravitativ. Das Ergebnis ist aber eine beschleunigt expandierende Massenverteilung.


Hast Du das negative Vorzeichen der Beschleunigung übersehen? Die Expansion ist natürlich nicht beschleunigt, sondern sie wird durch die Gravitation gebremst.

TomS hat Folgendes geschrieben:
du behauptest, das mitbewegte Testteilchen befinde sich im freien Fall.


Das behaupte ich nicht nur, sondern das ist die Grundlage meiner Rechnung. Außer der Gravitation gibt es keine weiteren Wechselwirkungen. So ist der freie Fall definiert.

TomS hat Folgendes geschrieben:
D.h. die "selbstkonsistente Lösung der gravitierenden Dichte" und die Lösung der Bewegungsleichung für das Testteilchen müssen übereinstimmen (bzw. zusammenpassen). Wenn nur eines von beiden nicht passt, dann hast du zwar eine Lösung einer Bewegungsgleichung, aber es ist nicht klar, dass die Testteilchen sozusagen "frei fallen".


Was da gravitiert ist ja nicht die Dichte, sondern die Masse und die bleibt aus Sicht jedes Teilchens konstant. Die Dichte brauche ich also gar nicht für die Berechnung der Bewegungsgleichung und bringe sie erst wieder ins Spiel, wenn ich damit fertig bin. Da sich die Dichte dabei aus der Bewegungsgleichung ergibt, passt beides automatisch zusammen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Kennst du dazu irgendeine Referenz, die die Lösung der Bewegungsleichung für die Dichte demonstriert?


Ich werde mal danach suchen. Am besten wäre es, wenn ich die Arbeiten von Friedmann finden könnte, der das alles vor rund hundert Jahren als erster durchgerechnet hat. Wenn man danach sucht, findet man aber immer nur seine relativistischen Modelle. Dass er das Ganze vor Entwicklung der ART klassisch berechnet hat, scheint völlig in Vergessenheit geraten zu sein.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 25. März 2011 17:07    Titel: Antworten mit Zitat

Mir ist es jetzt gelungen, eine Differentialgleichung für die Dichte herzuleiten. Dabei verwende ich viele der Gleichungen, die ich hier schon an anderer Stelle gepostet habe. Auch diesmal gehe ich wieder vom kosmologischen Prinzip und dem Hubble-Gesetz



als Startbedingung aus. Die Ableitung nach der Zeit liefert die Beschleunigung:



Zusammen mit der Fallbeschleunigung innerhalb der homogenen Vollkugel



ergibt das zunächst



Das sagt mir schon mal, dass die zeitliche Änderung des Hubble-Parameters ortsunabhängig ist, wenn Hubble-Parameter und Dichte ortsunabhängig sind.

Als nächstes nehme ich mir wieder die Kontinuitätsbedingung für kompressible Medien vor:



zusammen mit Homogenität und Hubble-Gesetz folgt daraus



Das sagt mir, dass auch die zeitliche Änderung der Dichte ortsunabhängig ist, wenn Hubble-Parameter und Dichte ortsunabhängig sind. Wenn also einmal Homogenität und Hubble-Gesetz gelten (und das lege ich ja als Startbedingung fest), dann bleiben beide auch während der gesamten weiteren Entwicklung erhalten.

Außerdem folgt aus dieser Gleichung



Jetzt muss ich die obige Zeitabhängigkeit der Dichte nur noch ein weiteres mal ableiten:



und H substituieren:



Fertig ist die Differentialgleichung zweiter Ordnung für die Dichte. Gelöst habe ich sie zwar nicht, aber ich habe die Zeitabhängigkeit der Dichte



die ich am 21.03. hergeleitet habe, sowie ihre Ableitungen





eingesetzt und festgestellt, dass sie tatsächlich eine Lösung dieser Differentialgleichung ist.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18022

Beitrag TomS Verfasst am: 25. März 2011 17:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hi,

danke für deine Mühen.

Ich habe mir jetzt mal eine Kopie des Buches "Introduction to Modern Cosmology" von Liddle besorgt (hab' ein PDF im Internet gefunden). Deine Ableitung passt soweit zu dem, was der Herr (offensichtlich ebenfalls auf Basis älterer Arbeiten) schreibt.

Er beginnt mit der Energie eines infinitesimalen Volumens der Masse m in einem Gravitationsfeld einer homogene Kugel der Masse M(r) mit Radius r; das entspricht auch deinem Ansatz. Ab da sehen die Herleitungen denen der ART bzw. der Friedmann-Gleichungen sehr ähnlich.

Ich denke, der wesentliche Knackpunkt ist die Annahme, man könne die Energie der Masse m als Ausgangspunkt nehmen. Diese Energie ist (das schreibst du ja auch oben) streng genommen undefiniert, was an dem divergenten Integral über das instantane Potenial 1/r liegt.

Ich komme zu der Ansicht, dass unter der Annahme, das würde doch irgendwie Sinn machen, eine "expandierende" Massenverteilung in der Newtonschen Mechanik vorliegt. Damit reihe ich diese Herleitung in die Liste derer ein, die streng genommen im Rahmen der Newtonschen Mechnaik sinnlos sind, allerdings trotzdem auf qualitative oder quantitativ sinnvolle Ergebnisse führen (Schwarzschildradius aus Fluchtgeschwindigkeit; Lichtablenkung)

Interessant - wieder was gelernt.

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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 25. März 2011 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Damit reihe ich diese Herleitung in die Liste derer ein, die streng genommen im Rahmen der Newtonschen Mechnaik sinnlos sind, allerdings trotzdem auf qualitative oder quantitativ sinnvolle Ergebnisse führen (Schwarzschildradius aus Fluchtgeschwindigkeit; Lichtablenkung)


Das ist keineswegs sinnlos. Eine der Lösungen beschreibt z.B. den Gravitationskollaps einer (in guter Näherung) nicht rotierenden homogenen Masseverteilung, mit dem u.a. die Entstehung eines Sterns aus einer protostellaren Wolke beginnt. Und im Gegensatz zur Lichtablenkung an der Sonne stimmen die Ergebnisse für die Expansion eines flachen Universums sogar quantitativ mit der ART überein. Ich gehe nicht davon aus, dass das Zufall ist. Die Tatsache, dass das Newtonsche Gravitatonsgesetz im nichtrelativistischen Bereich hervorragende Ergebnisse liefert zeigt ja, dass es Bedingungen gibt, unter denen die ART in die klassische Mechanik übergeht. Möglicherweise ist Newton hier sogar ein Spezialfall der ART. Die unterschiedliche theoretische Beschreibung spielt dabei keine Rolle. Physikalisch relevant sind nur die experimentell überprüfbaren Aussagen und die sind in diesem Fall identisch.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18022

Beitrag TomS Verfasst am: 26. März 2011 11:19    Titel: Antworten mit Zitat

Man muss unterscheiden zwischen Grenzfällen, die sich sinnvoll aus der ART ableiten lassen, und ad hoc Annahmen in der Newtonschen Theorie (die sich evtl. im Nachhinein durch die ART bestätigen lassen). Das ist in etwa so wie beim Bohrschen Atommodell, das einige vernünftige Vorhersagen produziert, obwohl man letztlich a) nicht versteht, wieso es überhaupt funktionieren kann und b) aus dem Modell selbst seine Gültgkeitsgrenze nicht ermitten kann.

Die Newtonsche Mechanik kann letztlich nicht mit masselosen (Ruhemasse Null) Teilchen, d.h. Photonen umgehen, deswegen ist es zunächst Zufall, dass sich ein sinnvoller Schwarzschildradius ergibt.

Die Newtonsche Mechanik produziert ein divergentes, mathematisch nicht definiertes Gravitationspotential einer unendlich ausgedehnten Materieverteilung (mein obiges Integral). Dennoch kann man daraus offensichtlich eine vernünftige kosmologische Lösung ableiten.

Der Punkt ist nicht, dass die Lösung falsch wäre, sondern dass letztlich im Dunklen bleibt, warum das Ergebnis so vernünftig ist. Die Herleitung ist mathematisch tatsächlich sinnlos (da mit nicht definierten Größen gearbeitet wird). Erst im Nachhinein (mit Kenntnis der ART) wird das Ergebnis sozusagen gerechtfertigt.

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Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 26. März 2011 14:47    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Newtonsche Mechanik kann letztlich nicht mit masselosen (Ruhemasse Null) Teilchen, d.h. Photonen umgehen


Warum nicht? Zusammen mit dem Newtonschen Gravitationsgesetz gibt es bei m=0 lediglich eine hebbare Definitionslücke. In solchen Fällen ist es in der Naturwissenschaft volkommen legitim, die stetige Fortsetzung zu verwenden, weil Null und beliebig klein experimentell nicht unterscheidbar sind.

TomS hat Folgendes geschrieben:
deswegen ist es zunächst Zufall, dass sich ein sinnvoller Schwarzschildradius ergibt.


Das ist in der Tat Zufall. Aber während es am Ereignishorizont schwarzer Löcher unstrittig ist, dass die Newtonsche Mechanik nicht mehr gilt, reden wir beim Einstein-de Sitter-Modell über einen flachen Raum. Fernab von großen Masseansammlungen wird auch in der ART näherungsweise mit dem Newtonsche Gravitationspotential gearbeitet. Bei vollkommen homogener Masseverteilung sollte es sogar exakt gelten.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Newtonsche Mechanik produziert ein divergentes, mathematisch nicht definiertes Gravitationspotential einer unendlich ausgedehnten Materieverteilung (mein obiges Integral). Dennoch kann man daraus offensichtlich eine vernünftge kosmologsiche Lösung ableiten.


Ich bin von einer endlichen Masseverteilung ausgegangen und damit hat Newton kein Problem. Deshalb ist dieser Einwand gegenstandslos.

Ich habe lediglich laut darüber spekuliert, ob man das Ganze auf einen unendlichen Raum verallgemeinern kann. Die Tatsache, dass die Größe der Verteilung überhaupt keinen Einfluss auf die Lösung hat, spricht zwar dafür, aber ich habe klar gesagt, dass ich nicht weiß, ob und wenn ja wie man das mathematisch handhaben kann.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Der Punkt ist nicht, dass die Lösung falsch wäre, sondern dass letztlich im Dunklen bleibt, warum das Ergebnis so vernünftig ist. Die Herleitung ist mathematisch tatsächlich sinnlos (da mit nicht definierten Größen gearbeitet wird). Erst im Nachhinein (mit Kenntnis der ART) wird das Ergebnis sozusagen gerechtfertigt.


Dafür erwarte ich eine nachvollziehbare Erklärung. Was bleibt da warum im Dunkeln? Welche Größen sind nicht definiert?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18022

Beitrag TomS Verfasst am: 26. März 2011 20:50    Titel: Antworten mit Zitat

Nochmal ganz kurz, dann sollten wir das Thema schließen:

1) die Newtonsche Mechanik setzt F=ma; das funktioniert natürlich für m=0 und F != 0 nicht
2) du gehst in deiner Herleitung von einer endlichen Massenverteilung aus, erhältst aber eine homogene Lösung; diese Extrapolation (physikalisch offensichtlich sinnvoll) kann nicht erklärt werden
3) dass die Herleitung mathematisch sinnlos ist, mache ich ausschließlich am Ausgangspunkt fest; dieser ist ein unendliches (undefiniertes) Gravitationspotential - das von mir genannte Integral.

Und dabei sollten wir es belassen, dann ansonsten ist deine Herleitung ja sehr interessant.

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Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 26. März 2011 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
1) die Newtonsche Mechanik setzt F=ma; das funktioniert natürlich für m=0 und F != 0 nicht


Kannst Du mir ein Beispiel nennen, in dem sowas vorkommt. Ich kennen nur Fälle mit m=0 und F=0 und damit hat die Newtonsche Mechanik kein Problem.

TomS hat Folgendes geschrieben:
2) du gehst in deiner Herleitung von einer endlichen Massenverteilung aus, erhältst aber eine homogene Lösung; diese Extrapolation (physikalisch offensichtlich sinnvoll) kann nicht erklärt werden


Das ist keine Extrapolation. Die Masseverteilung ist endlich und homogen. Das habe ich als Startbedingung festgelegt und vorgerechnet, dass das auch so bleibt.

TomS hat Folgendes geschrieben:
3) dass die Herleitung mathematisch sinnlos ist, mache ich ausschließlich am Ausgangspunkt fest; dieser ist ein unendliches (undefiniertes) Gravitationspotential - das von mir genannte Integral.


Der Ausgangspunkt ist eine endliche kugelförmige homogene Masseverteilung die sich gemäß Hubble-Gesetz bewegt. Da ist nichts undefiniert - auch nicht das Gravitationspotential.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18022

Beitrag TomS Verfasst am: 27. März 2011 09:43    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
2) du gehst in deiner Herleitung von einer endlichen Massenverteilung aus, erhältst aber eine homogene Lösung; diese Extrapolation (physikalisch offensichtlich sinnvoll) kann nicht erklärt werden


Das ist keine Extrapolation. Die Masseverteilung ist endlich und homogen. Das habe ich als Startbedingung festgelegt und vorgerechnet, dass das auch so bleibt.

Dann hast du ein Problem mit der Homogenität. Deine Lösung ist inhomogen und hat ein Zentrum. Wir wollten jedoch eine homogene Lösung haben. Deine Koordinatentransformation, mit der du die Homogenität zeigst, führt dich außerhalb der Kugel, ist also unzulässig.

Schau dir mal das von mir zitierte Buch an. Da wird deine Rechnung ebenfalls vorgeführt, auf Basis einer unendlich ausgedehnten, homogenen Massenverteilung. Das Problem mit der Homogenität ist verschwunden, allerdings handelt man sich dafür das Problem der undefinieren potentiellen Energie ein.

Du kannst offensichtlich nicht beides haben.

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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. März 2011 17:29    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Das ist keine Extrapolation. Die Masseverteilung ist endlich und homogen. Das habe ich als Startbedingung festgelegt und vorgerechnet, dass das auch so bleibt.

Dann hast du ein Problem mit der Homogenität. Deine Lösung ist inhomogen und hat ein Zentrum. Wir wollten jedoch eine homogene Lösung haben.


Die Lösung ist für die gesamte Masseverteilung homogen. Dass die Verteilung endlich ist und ein Zentrum hat, spielt dabei keine Rolle. Da wir uns in der Naturwissenschaft befinden, sind die experimentell überprüfbaren Aussagen entscheidend und die sind für einen Beobachter im Inneren der Verteilung dieselben wie beim Einstein-de Sitter-Modell.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Deine Koordinatentransformation, mit der du die Homogenität zeigst, führt dich außerhalb der Kugel, ist also unzulässig.


Die Koordinatentransformation gilt für Koordinatensysteme, deren Ursprung mit der Masseverteilung mitbewegt werden. Außerhalb der Verteilung ist sie also nicht definiert, weil da nichts ist, mit dem der Koordinatenursprung mitbewegt werden könnte.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Schau dir mal das von mir zitierte Buch an. Da wird deine Rechnung ebenfalls vorgeführt, auf Basis einer unendlich ausgedehnten, homogenen Massenverteilung. Das Problem mit der Homogenität ist verschwunden, allerdings handelt man sich dafür das Problem der undefinieren potentiellen Energie ein.


Genau aus diesem Grund habe ich das bewusst vermieden.


Um zum eigentlichen Thema dieser Diskussion zurückzukehren:

Das Urknallmodel ist kein Verdienst der ART. Sie war dazu nicht notwendig, weil die Newtonsche Mechanik die Galaxienflucht genauso gut beschreibt. Und sie war dabei noch nicht einmal besonders hilfreich, weil sie zusätzliche Lösungen liefert, die unser Universum nicht beschreiben und Einstein ist mit seiner berühmten Eselei prompt in eine solche Falle hinein getappt. Die Newtonsche Mechanik lässt stationäre Lösungen gar nicht erst zu.

Letztendlich geht das Urknallmodell weder auf die Netonsche Mechanik noch auf die ART zurück, sondern auf astronomische Beobachtungen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18022

Beitrag TomS Verfasst am: 27. März 2011 17:32    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Die Lösung ist für die gesamte Masseverteilung homogen. Dass die Verteilung endlich ist und ein Zentrum hat, spielt dabei keine Rolle.

Die Koordinatentransformation gilt für Koordinatensysteme, deren Ursprung mit der Masseverteilung mitbewegt werden. Außerhalb der Verteilung ist sie also nicht definiert, weil da nichts ist, mit dem der Koordinatenursprung mitbewegt werden könnte.

Du hast das Prinzip der Homogenität sowie der Koordinatenunabhängigkeit nicht verstanden.

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Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. März 2011 19:13    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Du hast das Prinzip der Homogenität sowie der Koordinatenunabhängigkeit nicht verstanden.


Wikipedia ist zwar keine besonders gute Quelle, aber besser als gar keine:

"Homogenität [...] bezeichnet die Gleichheit einer Eigenschaft über die gesamte Ausdehnung eines Systems [...]."
[ http://de.wikipedia.org/wiki/Homogenität ]

Das trifft für die von mir angenommene Materieverteilung zu.

Das gleiche gilt für die Koordinatenunabhängigkeit. Alle Bestandteile der Meteriansammlung haben in allen mitbewegten Koordinatensystemen die gleiche Geschwindigkeitsverteilung.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18022

Beitrag TomS Verfasst am: 27. März 2011 23:17    Titel: Antworten mit Zitat

Die Homogenität trifft auf deine (endliche, kugelförmige) Massenverteilung nicht zu. Es geht nicht um die Homogenität einer endlichen Massenverteilung. Möglicherweise ist der Wikipedia-Artikel fehlerhaft oder irreführend.

Du musst eine unendlich ausgedehnte Materieverteilung annehmen. Sonst spürt ein Teilchen auf der Oberfläche die kugelförmige Massenverteilung als Quelle der von dir genannten Gravitation, ein Teilchen im Zentrum dagegen gar keine Kraft, während es ein Teilchen außerhalb der Kugel gar nicht gibt. Damit ist das System und seine Lösung nicht homogen (es liegt eine Berandung vor). Die Inhomogenität kannst du anhand der auf ein Testteilchens wirkende Kraft (die durch die Materieverteilung erzeugt wird) erkennen.

Damit gilt eben auch keine Koordinatenunabhängigkeit. Die Expansion einer Materieverteilung mit einer (i.A.) ortsabhängigen Massendichte ist nur dann homogen, wenn die Massendichte eben nicht ortsunabhängig ist, d.h. wenn eine beliebige Translation des Bezugssystems (Galilei-Invarianz) dieselbe Massendichte liefert; das ist bei dir nicht der Fall.

Konkret meine ich damit, dass



für beliebige Orte erfüllt sein soll.

Man kann das Argument retten (schau bitte in dem von mir zitierten Buch nach; da wird das explizit vorgeführt), aber um den Preis, dass eben die Grundgleichungen keine wohldefinierte potentielle Energie mehr zulassen. Ich sage ja gar nicht, dass deine Lösung völlig falsch ist, sie ist nur in gewisser Weise unvollständig, weil sie entweder die Homogenität opfern, oder den Gedanken einer sinnvollen potentiellen Energie aufgeben muss.

Dass du nicht beides haben kannst, liegt offensichtlich in der Beschränktheit des Newtonschen absoluten Raumes sowie des instantanten 1/r Potentials begründet. D.h. dass die ART hier eines leistet, nämlich eine mathematisch saubere Formulierung desselben Problems, mit einer Untermenge einander entsprechender Lösungen, d.h. der Bestätigung, dass gewisse Lösungen als Grenz- oder Spezialfälle der ART angesehen werden können.

Du wirst diesen Fortschritt aber nicht erkennen, solange du die Defizite der Newtonschen Mechanik hier leugnest - die ja nicht deine Defizite sind. Ich verstehe deine Vorbehalte nicht.

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Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 28. März 2011 18:32    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Möglicherweise ist der Wikipedia-Artikel fehlerhaft oder irreführend.


Dann nenne mir eine Quelle für die fehlerfreie Definition.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Du musst eine unendlich ausgedehnte Materieverteilung annehmen. Sonst spürt ein Teilchen auf der Oberfläche die kugelförmige Massenverteilung als Quelle der von dir genannten Gravitation, ein Teilchen im Zentrum dagegen gar keine Kraft


Da sich alle Teilchen im freien Fall befinden, spürt keines von ihnen eine Kraft. Welche Kräfte wirken, hängt vom Bezugssystem ab und die Kräfteverteilung ist in allen mitbewegten Bezugssystemen dieselbe. Für einen Beobachter im Inneren der Verteilung ist es nicht möglich, diese Bezugssysteme voneinander zu unterscheiden, wenn er sich nicht dicht genug am Rand befindet, um ihn zu sehen. In einer beliebig großen Verteilung ist letzteres beliebig unwahrscheinlich. Das haben wir aber alles schon diskutiert.

TomS hat Folgendes geschrieben:
während es ein Teilchen außerhalb der Kugel gar nicht gibt. Damit ist das System und seine Lösung nicht homogen (es liegt eine Berandung vor).


Das System besteht nur aus der Materieansammlung. Der leere Raum drum herum ist nicht Teil des Systems. Deshalb hängt an dieser Stelle alles von der Definition der Homogenität ab. Nach der Definition in Wikipedia ist das von mir beschriebe System homogen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Inhomogenität kannst du anhand der auf ein Testteilchens wirkende Kraft (die durch die Materieverteilung erzeugt wird) erkennen.


Etwas ähnliches hast Du schon einmal behauptet, aber bisher hast Du noch nicht verraten, wie man das anstellt.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Konkret meine ich damit, dass



für beliebige Orte erfüllt sein soll.


Das ist innerhalb der Materieverteilung der Fall.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Dass du nicht beides haben kannst, liegt offensichtlich in der Beschränktheit des Newtonschen absoluten Raumes sowie des instantanten 1/r Potentials begründet.


Wenn das für Dich offensichtlich ist, dann kannst Du das sicher nachvollziehbar begründen. Ich kann das nicht erkennen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Du wirst diesen Fortschritt aber nicht erkennen, solange du die Defizite der Newtonschen Mechanik hier leugnest - die ja nicht deine Defizite sind. Ich verstehe deine Vorbehalte nicht.


Das ist hier keine Diskussion über die Defizite der Newtonschen Mechanik, sondern um den Anteil der ART an der Urknalltheorie. Die Behauptung, die ART hätte in diesem Punkt das Weltbild des Menschen verändert, ist wissenschaftshistorisch einfach falsch. Sie war bei der Entwicklung der Urknalltheorie weder notwendig, noch hilfreich. Wäre die Galaxienflucht vor der ART entdeckt worden, dann hätte man sie im Rahmen der Newtonschen Mechanik beschrieben und wäre - gemessen am Wahrheitskriterium der Naturwissenschaft - zum selben Ergebnis gekommen.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 28. März 2011 21:41    Titel: Antworten mit Zitat

Du verstehst immer noch nicht, was eine homogene Lösung ist. Du kannst nicht ein Subsystem herausgreifen, darin eine homogene Lösung konstruieren und dann behaupten, die Lösung für das Gesamtsystem wäre homogen. Deine Aussage "Der leere Raum drum herum ist nicht Teil des Systems" ist willkürlch und in der Kosmologie unangebracht.

Im von dir genannten Artikel der Wikipedia steht, "[Homogenität] ... bezeichnet die Gleichheit einer Eigenschaft über die gesamte Ausdehnung eines Systems" - womit im Kontext der Kosmologie selbstverständlich immer das gesamte Universum gemeint ist, nicht ein willkürlich herausgepickter Raumbereich. Ich nehme also das "möglicherweise unkorrekt" zurück, Wikipedia ist da OK, deine Interpretation nicht. Allerdings ist eben die Definitiom des Begriffs "System" nicht willkürlich.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Das ist hier keine Diskussion über die Defizite der Newtonschen Mechanik, sondern um den Anteil der ART an der Urknalltheorie. Die Behauptung, die ART hätte in diesem Punkt das Weltbild des Menschen verändert, ist wissenschaftshistorisch einfach falsch. Sie war bei der Entwicklung der Urknalltheorie weder notwendig, noch hilfreich. Wäre die Galaxienflucht vor der ART entdeckt worden, dann hätte man sie im Rahmen der Newtonschen Mechanik beschrieben und wäre - gemessen am Wahrheitskriterium der Naturwissenschaft - zum selben Ergebnis gekommen.

Ich kann das wissenschaftshistorisch nicht nachvollziehen. Im Rahmen der Newtonschen Mechanik ist ein statischer Kosmos tatsächlich nicht möglich, allerdings ist aus den genannten Gründen auch ein nicht-statischer, homogener Kosmos mit mathematischen Schwierigkeiten behaftet. Mit der ART hatte man erstmals eine Theorie in der Hand, mit der man eine große Klasse kosmologischer Modelle mathematisch widerspruchsfrei und ohne ad-hoc Annahmen formulieren kann.

Die Galaxienflucht wurde nach der ART entdeckt (Hubble) und damit auch in diesem Kontext diskutiert. Hubble selbst hat jedoch nie etwas über ein expandierendes Universum verlauten lassen, dies ist einzig in den im Kontext der ART verfassten Arbeiten, d.h. insbs. nicht erst durch experimentelle Befunde (1929) sondern bereits vorher (Friedmann; Lemaitre 1927, darin auch v=Hr) geschehen.

Du schreibst, "wäre die Galaxienflucht vor der ART entdeckt worden, dann hätte man sie im Rahmen der Newtonschen Mechanik beschrieben und wäre ...". Ziemlich viel Konjunktiv. Das könnte so sein, muss aber nicht, und da die Geschichte nunmal anders verlaufen ist, ist es wissenschaftshistorisch nicht sinnvoll, eine andere Reihenfolge anzunehmen. (Ich kenne kein Geschichtsbuch, das die europäische Geschichte unter der Annahme, Napoleon habe nicht gelebt, diskutiert). Tatsache ist, dass insbs. durch die Veröffentlichung von Friedmann, Lemaitre (und anderen), die klärenden Diskussionen auch mit Einstein und deSitter, sowie die Ergebnisse Hubbles, das expandierende Universum als etabliert gelten dürfen - nicht vorher.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 28. März 2011 23:09    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Du verstehst immer noch nicht, was eine homogene Lösung ist. Du kannst nicht ein Subsystem herausgreifen, darin eine homogene Lösung konstruieren und dann behaupten, die Lösung für das Gesamtsystem wäre homogen.


Seit wann darf man die Systemgrenzen nicht frei wählen? Ich habe sie an den Rand der Masseverteilung gelegt. Die Masseverteilung ist das Gesamtsystem. Woran soll das scheitern?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Im von dir genannten Artikel der Wikipedia steht, "[Homogenität] ... bezeichnet die Gleichheit einer Eigenschaft über die gesamte Ausdehnung eines Systems" - womit im Kontext der Kosmologie selbstverständlich immer das gesamte Universum gemeint ist, nicht ein willkürlich herausgepickter Raumbereich.


Meine Rechnung basiert auf der Newtonschen Mechanik. Im Gegensatz zur ART ist der Raum hier kein Objekt experimenteller Beobachtung, sondern lediglich die Bühne auf der sich das physikalische Geschehen abspielt. Er ist weder daran beteiligt, noch Teil davon. Das Universum - die Menge aller Dinge - ist also auf die Masseansammlung beschrängt. Willkür sieht anders aus.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Allerdings ist eben die Definitiom des Begriffs "System" nicht willkürlich.


Dann liefere halt dafür eine Definition die mich in der Wahl der Systemgrenzen einschränkt. Mir ist sowas nicht bekannt und es würde mich auch sehr wundern, wenn es sowas gäbe.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Im Rahmen der Newtonschen Mechanik ist ein statischer Kosmos tatsächlich nicht möglich, allerdings ist aus den genannten Gründen auch ein nicht-statischer, homogener Kosmos mit mathematischen Schwierigkeiten behaftet. Mit der ART hatte man erstmals eine Theorie in der Hand, mit der man eine große Klasse kosmologischer Modelle mathematisch widerspruchsfrei und ohne ad-hoc Annahmen formulieren kann.


Ich fürchte wir kommen hier nicht weiter. Ich habe Dir vorgerechnet, dass die Newtonsche Mechanik ein kosmologisches Modell liefert, das sich vom Einstein-de Sitter Modell allein dadurch unterscheidet, dass es eine beliebig große aber nicht unendliche Materieansammlung beschreibt. Da dieser Unterschied experimentell nicht erkennbar ist, hat er aus naturwissenschaftlicher Sicht keine Bedeutung. Alle experimentell überprüfbaren Aussagen sind identisch. Ich kann Deinen Einwand deshalb nicht akzeptieren. Was Du da bemängelst ist doch gar nicht am Wahrheitskriterium der Naturwissenschaft messbar.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Du schreibst, "wäre die Galaxienflucht vor der ART entdeckt worden, dann hätte man sie im Rahmen der Newtonschen Mechanik beschrieben und wäre ...". Ziemlich viel Konjunktiv. Das könnte so sein, muss aber nicht


Alles andere ist nicht glaubhaft - insbesondere weil die Lösung bereits existierte. Hubbles Beobachtung wurde mit der Theorie beschrieben, die damals etabliert war. Das war zufällig die ART. Ohne die ART wäre es die Newtonsche Mechanik gewesen. Du kannst ja meinetwegen glauben, dass die Beobachtung nicht mit der klassischen Mechanik beschrieben worden wäre, obwohl es nachweislich möglich war. Du darfst aber nicht erwarten, dass ich dem zustimme.

Davon abgesehen gilt der Konjunktiv auch für die ART. Die hätte der Astronomie zwar den Urknall bescheren können, aber tatsächlich war es umgekehrt.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Tatsache ist, dass insbs. durch die Veröffentlichung von Friedmann, Lemaitre (und anderen), die klärenden Diskussionen auch mit Einstein und deSitter, sowie die Ergebnisse Hubbles, das expandierende Universum als etabliert gelten dürfen - nicht vorher.


Natürlich konnte es vorher nicht als etabliert gelten, weil damals alle von einem statischen Universum ausgegangen sind. Mit Hubbles Beobachtung war klar, dass diese Annahme nicht zutrifft und damit war auch klar, wo die Reise hin geht - egal ob mit Newton oder mit der ART.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 28. März 2011 23:42    Titel: Antworten mit Zitat

Es ist gut; wir drehen uns im Kreis. Du bist offensichtlich nicht dazu in der Lage, differenziert zu argumentieren.

Ich habe an keiner Stelle deine gesamte Rechnung in Zweifel gezogen, ich habe lediglich auf einige Schwächen (wie wir sie heute kennen) hingewiesen, ohne zu behaupten dass es deine Schwächen wären (es ist ja auch nicht ursprünglich deine Rechnung). Das sagt nicht, dass deine Rechnung nicht interessant wäre, zeigt sie doch, dass die Newtonsche Mechanik einiges teilweise vorwegnehmen kann, was die ART dann später nachliefert. Nur: deine Rechnung zeigt eben auch auf, wo die Newtonsche Mechanik scheitert. Das ist jedoch kein "Fehler", sondern eine wertvolle Erkenntnis! Ich verstehe nicht, weswegen du dich so dagegen wehrst.

Die Annahme eines endlichen System scheitert an vielen Stellen. Sie verletzt die Homogenität des Raumes; sie bricht die Translationsinvarianz (und damit z.B. die Impulserhaltung); sie ist physikalisch von einer absolut homogenen Lösung unterscheidbar (für einen Beobachter an der Grenze zwischen Materiewolke und Vakuum; für einen Beobchter, der die Wolke verlässt bzw. in sie eintritt); sie ist willkürlich, wenn zunächst der R³ als statischer, absoluter Raum eingeführt wird; sie entspricht nicht den gängigen Gepflogenheiten der Physiker; sie ist auch für deine Problemsteung nicht akzeptiert (die Quellen, die ich kenne, argumentieren im wesentlichen ähnlich wie ich, aber du hast das von mir genannte Buch offensichtlich noch nicht zu Rate gezogen).

Bzgl. der ART argumentierst du wieder im Konjunktiv. Fakt ist, dass kosmologische Lösungen mit expandierendem Universum hauptsächlich nach 1915 diskutiert wurden (deSitter, Friedmann, Lemaitre, Robertson & Walker). Nach Entdeckung der SRT war klar, dass die Newtonsche Mechanik nicht mehr der geeignete begriffliche und matematische Rahmen für eine Theorie der Gravitation sein kann, da die Newtoscneh Mechanik mit der SRT nicht vereinbar ist. Insofern sind alle Arbeiten zwischen 1905 und ca. 1915 zur Gravitation höchstens als vorläufig zu bezeichnen.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 29. März 2011 17:56    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Annahme eines endlichen System scheitert an vielen Stellen.


Dann machen wir es halt unendlich. Mir ist heute aufgefallen, dass ich das Potential gar nicht brauche. Ich habe das Ganze ja auch mit Kräften berechnet und das Integral der auf ein Volumenelement wirkenden Gravitationskräfte ist in einer homogenen Masseverteilung über den kompletten R³ endlich und die Gezeitenkraft auch bezugssystemabhängig:



Wie ich von dieser Beschleunigungsverteilung zum kosmologischen Modell komme, habe ich ja schon vorgeführt. Damit löst sich dieses vermeintliche Problem in Luft auf. Aber du wirst Dir sicher gleich ein neues ausdenken.
Günther



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Beitrag Günther Verfasst am: 31. März 2011 16:06    Titel: Antworten mit Zitat

Frage an DrStupid:

Wäre es möglich Dein Modell einem interessierten Laien zu erläutern?

Offenbar geht es von einer unendlich ausgedehnten homogenen und isotropen Materieverteilung aus. Wie habe ich mir die Expansion vorzustellen und wie kommt sie in Gang. Müßte bei diesen Bedingungen das Gravitationspotential nicht überall gleich sein? Aber welche Rolle kann die Gravitation dann spielen?
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 31. März 2011 22:00    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
Offenbar geht es von einer unendlich ausgedehnten homogenen ... Materieverteilung aus.

Genau das tut er nicht. Er argumentiert mit einer endlichen, kugelförmigen Materieverteilung.

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Günther



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Beitrag Günther Verfasst am: 01. Apr 2011 09:37    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Günther hat Folgendes geschrieben:
Offenbar geht es von einer unendlich ausgedehnten homogenen ... Materieverteilung aus.

Genau das tut er nicht. Er argumentiert mit einer endlichen, kugelförmigen Materieverteilung.

Aber im letzten Beitrag steht:

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Annahme eines endlichen System scheitert an vielen Stellen.


Dann machen wir es halt unendlich.

Ob nun unendlich oder endlich, leider kann ich dem mathematischen Formalismus nicht folgen.

Im Fall unendlich habe ich keinerlei Vorstellung, wie eine globale dynamische Entwicklung zustande kommen soll.

Im Falle einer kugelförmigen, endlichen und homogenen Materieverteilung kann ich mir nur einen radialsymmetrischen Kollaps vorstellen. Das kosmologische Prinzip wäre nur lokal gültig.
Eine Variante wäre, kugelförmige und perfekt elastische Teilchen anzunehmen. Dann könnte man zu einem zyklischen Universum kommen. Vielleicht würden sich in einem solchen Fall Abweichungen von der Radialsymmetrie herausmitteln. Aber ich kann auch völlig verkehrt liegen, es sind laienhafte Überlegungen.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 01. Apr 2011 12:48    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
Aber im letzten Beitrag steht:

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Dann machen wir es halt unendlich.

Stimmt, für die Kraft klappt das. Es liegt dennoch ein komischer Trick vor, da man immer noch mit einer kugelförmigen Dichte argumentiert und rechnet, wobei man diese Kugel jedoch an beliebigen Stellen platzieren kann.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Im Fall unendlich habe ich keinerlei Vorstellung, wie eine globale dynamische Entwicklung zustande kommen soll.

Man muss zwei Dinge auseinanderhalten: zum einen eine kontinuierliche, sich ausdehnende "Wolke", zum anderen die Bewegung eines Testteilchens in dieser Wolke. Das wird in den Beiträgen nicht so ganz klar. Die Wolke wirkt gravitativ auf sich selbst, dadurch ergibt sich auch eine Abbremsung der Expansion. Das Testteilchen beeinflusst die Wolke dagegen nicht. Natürlich ist die Wolke letztlich wieder nur eine Näherung für sehr sehr viele einzelne Teilchen.

Man darf sich nun vorstellen, dass die Dichte der Wolke sozusagen überall gleichmäßig abnimmt und dass jedes einzelne Testteilchen sich im freien Fall befindet, sich sozusagen mit der Wolke mitbewegt. Wenn das so ist, dann liegt wiederum Homogenität und Isotropie vor, da kein Teilchen irgendeine Kraft in irgendeine Richtung spürt (es liegt durchaus eine Kraft vor - eben die des Schwerefeldes der Wolke - aber das Teilchen folgt dieser Kraft im freien Fall und ist damit masselos).

Der Punkt ist, dass man in der Newtonschen Mechanik eigtl. zu einem Trick greifen muss, da hier ein absoluter, nicht-dynamischer Raum vorliegt, auf dem sich alles wie auf einer Bühne abspielt. In der ART gibt man dieses Konzept zugunsten eines dynamischen Raumes auf.

In der Newtonschen Mechanik bewegen sich Teilchen grundsätzlich bezogen auf eine absoluten Raum und können dadurch auch eine Beschleunigung bzgl. dieses absoluten Raumes spüren. Die Testteilchen werden tatsächlich beschleunigt. In der ART dagegen dehnt sich der Raum selbst aus, wie ein Luftballon, der aufgeblasen wird, und die Testteilchen bewegen sich mit diesem Raum unbeschleunigt mit.

Die Mathematik ist natürlich in der ART wesentlich komplizierter, aber die Expansion des Raumes selbst erscheint m.E. natürlicher als die Expansion einer Wolke im Raum. In der Newtonschen Version schleppt man den absoluten Raum sozusagen als Ballast mit sich herum, in der ART gibt es ihn schlichtweg nicht.

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Beitrag Günther Verfasst am: 01. Apr 2011 20:02    Titel: Antworten mit Zitat

Zunächst mal vielen Dank für die Mühe einer ausführlichen Antwort.
TomS hat Folgendes geschrieben:
Stimmt, für die Kraft klappt das. Es liegt dennoch ein komischer Trick vor, da man immer noch mit einer kugelförmigen Dichte argumentiert und rechnet, wobei man diese Kugel jedoch an beliebigen Stellen platzieren kann..

Pars pro toto? Ein Modelluniversum also. Kann man bei einer beliebig ausgewählten Kugel das Teilchen im Zentrum als ruhen ansehen, obwohl es relativ zum absoluten Raum nicht ruht? Ev. durch Koordinatentransformation?
Was ist der Sinn des Tricks? Bewegungsgleichungen? Wie kann man überhaupt eine Bewegung relativ zum absoluten Newton'schen Raum dingfest machen?

TomS hat Folgendes geschrieben:

Man muss zwei Dinge auseinanderhalten: zum einen eine kontinuierliche, sich ausdehnende "Wolke", zum anderen die Bewegung eines Testteilchens in dieser Wolke. Das wird in den Beiträgen nicht so ganz klar. Die Wolke wirkt gravitativ auf sich selbst, dadurch ergibt sich auch eine Abbremsung der Expansion.

Das macht mir die meisten Kopfschmerzen.
Wenn die Expansion gravitativ gebremst wird, muß sie vorher entgegen der Gravitation in Gang gesetzt worden sein. Ist das die Grundannahme eines solchen Modells, Expansion ohne physikalischen Hintergrund (gibt's bei Milne auch)?
Aber wie kommt überhaupt eine gravitative Vorzugsrichtung zustande, wenn die Materiedichte und damit die Gravitation über den gesamten Bereich der unendlich ausgedehnten Wolke konstant ist. Man kann ja nicht so tun, als gäbe es außerhalb der betrachteten Kugel nicht die homogene Fortsetzung der Materieverteilung. Habe ich da irgendeinen Denkfehler?

TomS hat Folgendes geschrieben:

Man darf sich nun vorstellen, dass die Dichte der Wolke sozusagen überall gleichmäßig abnimmt und dass jedes einzelne Testteilchen sich im freien Fall befindet, sich sozusagen mit der Wolke mitbewegt. Wenn das so ist, dann liegt wiederum Homogenität und Isotropie vor, da kein Teilchen irgendeine Kraft in irgendeine Richtung spürt (es liegt durchaus eine Kraft vor - eben die des Schwerefeldes der Wolke - aber das Teilchen folgt dieser Kraft im freien Fall und ist damit masselos)..

Das wiederum kann ich bei einer wie auch immer in Gang gesetzten Expansion nachvollziehen. Von einem beliebigen Teilchen aus gesehen entfernen sich alle anderen mit v = Hr.
Aber: Welcher Kraft folgt das Teilchen trägheitslos? Wie kommt eine gravitative Vorzugsrichtung bei gleichzeitig global gleicher Dichte zustande, s.o.? Das Schwerefeld der Wolke ist doch global konstant, oder nicht?

P.S. Das Feld einer Newton'schen kugelsymmetrischen Masssenverteilung ist lt. Fließbach - GM/r, mit M innerhalb von r. Welchen Sinn macht es dann überhaupt M und r als unendlich anzusehen? Das Feld ist undefiniert.
RT



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Beitrag RT Verfasst am: 02. Apr 2011 11:28    Titel: Antworten mit Zitat

grüßt euch

Endlich habe jene Menschen gefunden, die Physik mögen und sehr gerne darüber diskutieren. Ich bin jedoch nicht soweit, dass ich an so einer tiefen Diskussion teilnehmen kann. Ich nehme an, ihr alle besucht Unis ??

bitte habe verständnis, wenn irgendwelche dumme Fragen von mir kommen.


----------------------------------------------------------------------------
Ich habe an meiner Präsentation gearbeitet und bin ziemlich weit gekommen Und nun möchte ich eine kurze Zusammenfassung hier posten.

Aristoteles und Ptolemäus = geozentirisches Weltbild.

Kopernikus = heliozentirsches Weltbild.

Kepler = elliptische Bahnen.

Galileo = unterstüzt das heliozentisches Weltbild und weist es anhand seinem Fernrohr nach.

Newton = Ruam und zeit sind absolut und c ist unendlich. Steht aber im Widerspruch zur maxwellschen Gleichung, die das c konstant bezeichenen, da es um eine elektromagnetischen Welle handelt.

Einstein = löst dieses Problem auf.
Haupaussagen der RT = c ist konstant
zeitdelitation und Raumkontraktion wegen der höhen gravitativen Masse. Damit stellt er die Ursahe der Gravitationskraft fest.
Raum und Zeit sind relativ.


Wie steht die Religion dazu ?
meiner Meinung nach ist die Beziehung zwsichen der Relegion und der RT genauso wie ihre Beziehung zur Wissenschaft überhaupt, da es auch einen Zweig der Wissenschaft ist und nicht anders.
religiöse Christen lehnen es ab wegen ihrer Schöpfungsgeschichte.
Manche Muslime hingegen behaupten sogar, dass der Urkanll, was eigentlich inderkt aus der RT hervorgeht, schon im Koran vorausgesagt worden ist.

Das Weltbild der Menschen ?
schwer zu sagen, da viele partout nicht verstehen, was eine Raumzeit Gewebe ist und außerdem wir haben keinen Sinnesorgan für die Zeit, deshalb fällt fast allen schwer sie als 4. Dimension darzustellen, was widerum die Basis der RT darstellt.
Sowohl für die Kosmologie als auch für die Astronomie, sogar für die ganze Wissenschaft, ist die RT von großer Bedeutung und was aber die normalen Menschen Betrifft, wissen nur wenige davon. Wenn, nun wir das mit der kopernikansiche Wende vergleichen, sehen wir, dass Kopernikus eine erhebliche Resonanz in der Gesellschaft hervorgerufen hat als Einstein.


Ich bitte euch, korrigiere mich und fügt hinzu, wenn ihr denkt, dass da oder da etwas fehlt oder etwas bezüglich der von mir auf der ersten Seite gestellten Frage nicht stimmt. Und achte bitte besonderes auf die Newtons Aussagen und Einsteins.
Ich wäre euch sehr dankbar sein.
ein großes Dankeschön im Vorraus.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
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Beitrag DrStupid Verfasst am: 03. Apr 2011 20:17    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Stimmt, für die Kraft klappt das. Es liegt dennoch ein komischer Trick vor, da man immer noch mit einer kugelförmigen Dichte argumentiert und rechnet, wobei man diese Kugel jedoch an beliebigen Stellen platzieren kann.


Die Integration unter Verwendung von Kugelkoordinaten ist kein komischer Trick - auch dann nicht, wenn man für das Integral über die Winkel die bereits bekannte Lösung für Kugelschalen einsetzt. Das Ergebnis ist natürlich unabhängig davon, von welchem Punkt aus man mit der Integration beginnt.

Die Probleme liegen an ganz anderer Stelle. Die klassische Mechanik hat es nie geschafft, eine vollständige Theorie der Lichtausbreitung auf die Beine zu stellen. Die bräuchte man aber, um aus dem kosmologischen Modell auf astronomische Beobchtungen zu schließen. Um beides unter einen Hut zu bringen, muss man im Rahmen der Äthertheorie beispielsweise annehmen, dass der Äther sich mit der Materieverteilung ausdehnt. Das würde dann alle astronomischen Beobachtungen, einschließlich kosmologischer Rotverschiebung, korrekt beschreiben. Allerdings gäbe es keine Möglichkeit, dieses Verhalten des Lichtäthers theoretisch zu begründen. Die ART liefert die Vorhersage für die Lichtausbreitung in einem expandierenden Kosmos dagegen gratis dazu.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 03. Apr 2011 20:25    Titel: Antworten mit Zitat

RT hat Folgendes geschrieben:
Newton = Ruam und zeit sind absolut und c ist unendlich.


Es ist zwar richtig, dass die Lorentz-Transformation für c->oo in die Galilei-Transformation übergeht, aber davon ist man in der klassischen Mechanik nicht ausgegangen. Newton selbst war beispielsweise Anhänger der ballistischen Lichttheorie, nach der das Licht aus Teilchen besteht, die sich genauso bewegen, wie Materie. Am weitesten verbreitet war die Äther-Theorie, nach der sich das Licht wie eine mechanische Welle in einem Ausbreitungsmedium fortpflanzt. Eine unendlich schnelle Ausbreitung des Lichtes wurde zwar auch diskutiert, aber meines Wissens nicht ernsthaft in Betracht gezogen.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 03. Apr 2011 20:45    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
Wenn die Expansion gravitativ gebremst wird, muß sie vorher entgegen der Gravitation in Gang gesetzt worden sein.


Das erledigt der Urknall. Eine Ursache lässt sich dafür genauso wenig angeben, wie für die Expansion des Raumes in relativistischen Modellen.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Aber wie kommt überhaupt eine gravitative Vorzugsrichtung zustande, wenn die Materiedichte und damit die Gravitation über den gesamten Bereich der unendlich ausgedehnten Wolke konstant ist.


Es gibt keine Vorzugsrichtung. Alle Teilchen in der Materieverteilung ziehen sich gegenseitig an und werden dabei entlang ihrer jeweiligen Verbindungslinie und proportional zu ihrem jeweiligen Abstand aufeinander zu beschleunigt. Das tun sie in allen mitbeschleunigten Bezugssystemen auf die gleiche Weise.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Man kann ja nicht so tun, als gäbe es außerhalb der betrachteten Kugel nicht die homogene Fortsetzung der Materieverteilung.


Doch, man kann so tun, weil es für das Verhalten einer homogenen Materieverteilung keinen Unterschied macht, ob sie endlich und kugelförmig oder unendlich ist. Die Integration der Gezeitenkräfte über die gesamte Verteilung führt in beiden Fällen zum selben Ergebnis.

Günther hat Folgendes geschrieben:
P.S. Das Feld einer Newton'schen kugelsymmetrischen Masssenverteilung ist lt. Fließbach - GM/r, mit M innerhalb von r. Welchen Sinn macht es dann überhaupt M und r als unendlich anzusehen? Das Feld ist undefiniert.


Das hat natürlich keinen Sinn. Das ist hier aber auch nicht notwendig. Ich bin auch mit den Gezeitenkräften zum Ziel gekommen und die sind im Unendlichen nicht undefiniert.
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
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Beitrag dermarkus Verfasst am: 03. Apr 2011 21:03    Titel: Antworten mit Zitat

RT hat Folgendes geschrieben:

Ich habe an meiner Präsentation gearbeitet und bin ziemlich weit gekommen Und nun möchte ich eine kurze Zusammenfassung hier posten.

Aristoteles und Ptolemäus = geozentirisches Weltbild.

Kopernikus = heliozentirsches Weltbild.

Kepler = elliptische Bahnen.

Galileo = unterstüzt das heliozentisches Weltbild und weist es anhand seinem Fernrohr nach.

Newton = Ruam und zeit sind absolut und c ist unendlich. Steht aber im Widerspruch zur maxwellschen Gleichung, die das c konstant bezeichenen, da es um eine elektromagnetischen Welle handelt.

Einstein = löst dieses Problem auf.
Haupaussagen der RT = c ist konstant
zeitdelitation und Raumkontraktion wegen der höhen gravitativen Masse. Damit stellt er die Ursahe der Gravitationskraft fest.
Raum und Zeit sind relativ.

Diese Recherchen zum Geschichtlichen klingen schon mal relativ gut, ich würde sagen, das ist bisher klar der stärkste Teil deiner Präsentation smile

Zitat:

Wie steht die Religion dazu ?
meiner Meinung nach ist die Beziehung zwsichen der Relegion und der RT genauso wie ihre Beziehung zur Wissenschaft überhaupt, da es auch einen Zweig der Wissenschaft ist und nicht anders.
religiöse Christen lehnen es ab wegen ihrer Schöpfungsgeschichte.
Manche Muslime hingegen behaupten sogar, dass der Urkanll, was eigentlich inderkt aus der RT hervorgeht, schon im Koran vorausgesagt worden ist.

Vorsicht, da hast du bisher noch einiges durcheinandergebracht oder noch nicht so richtig recherchiert. Religiöse Christen gibt es sehr viele, die allermeisten von denen haben nichts gegen Wissenschaft und Darwins Evolutionstheorie. Und du meinst ja sicher nicht wirklich, dass der Koran den Urknall vorausgesagt hat, denn der Urknall war ja bevor der Koran geschrieben wurde.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 04. Apr 2011 09:09    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo RT,

einige Gedanken zu deinem letzten Beitrag:

Religiöse Christen glauben i.A. nicht im enegern Sinen an die Schöpfungsgeschichte, sondern verstehen sie als Metapher. Ich denke, dass das sogar katholische Theologen sowie der Vatikan letztlich nicht fordern würden.

Die Raumzeit führt zu großen Verwirrungen. Diese ist aber nicht wirklich die große Errungenschaft der Relativitätstheorie, sie ist lediglich ein mathematsiches Werkzeug. Häufig wird aber auch in Physikvorlesungen und Büchern nicht genügend Wert darauf gelegt, was denn die ART in ihrem Kern von allen anderen Theorien, die wir kennen, unterscheidet.

Die ART ernstgenommen besagt, dass es keine Raumzeit im eigentlichen Sinne gibt, sondern nur ein Beziehungsgeflecht von Ereignissen.

Die Raumzeit selbst ist ein Hilfsmittel, das sich immer wieder in den Vordergrund drängt, das uns aber letztlich in die Irre führt. Aber sämtliche physikalische Aussagen, die wir treffen, beziehen sich auf Ereignisse (der Abstand von mir jetzt und hier zu dem Ereignis, dass mir später der Bus wegfahren wird). Im Zuge der Konstruktion von Quantengravitationstheorien wird versucht, dieser "Ereignisstruktur" besser Rechnung zu tragen, aber letztlich verstanden hat man das noch nicht.

Und daher sollte man sich auch nicht wundern, dass diese Aspekte noch keinen Einzug in Philosophie und Wissenschaft gehalten haben.

Galileo Galilei und Kepler haben das Weltbild ihrer Zeit auch nicht umgewälzt, zumindest nicht das in der breiten Masse der Bevölkerung. Sie haben sich aber mit Dingen beschäftigt, die noch einigermaßen mit dem normalen Sprachgebrauch und Denkmustern erfassbar waren. Leider ist dies seit Einstein durchaus anders; die wesentlichen Erkenntnisse sind gerade nicht z.B. die Periheldrehung (die man zeichnerisch ganz gut darstellen kann). Die fundamentalen Aussagen liegen tiefer.

Ein Gedanke: in einem unendlich ausgedehnten Universum mit unendlich vielen Planeten und mit einer von Null verschiedenen Wahrscheinlichkeit für die Entstehung menschlichem Lebens gibt es rein mathematisch auf unendlich vielen Planeten unendlich viele, (nahezu) identische Kopien von dir und mir. Daraus folgen zwingend zwei jeweils für sich bestürzende Einsichten:
a) entweder sind wir beide doch einzigartig im Universum, d.h. also wirklich Teil der Krone der Schöpfung; Gott hätte die Stochastik außer Kraft gesetzt
b) jede unserer Kopien ist statistisch gleichwertig, auch die unendlich vielen von mir, die gerade eben ein Verbrechen begehen (was statistisch ebenfalls naheliegend ist)

Wie willst du in einem derartigen Universum eine Ethik oder eine Religion formulieren?

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Anmeldungsdatum: 23.11.2010
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Beitrag Günther Verfasst am: 04. Apr 2011 19:11    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Das erledigt der Urknall.

Wie habe ich mir den Urknall vorzustellen?
Beginnt er mit einer endlichen kugelförmigen homogenen Materieverteilung beliebig hoher endlicher Dichte, die bei t = 0 einen einmaligen "Expansionsschub" erhält, wobei alle Abstände gleichzeilig wachsen, damit die Homogenität gewahrt bleibt? Die dann sich selbst überlassen in den absoluten Raum hinein gravitativ gebremst expandiert und irgendwann wieder kollabiert? Allerdings hätte dieses Universum ein geometrisches Zentrum und einen Rand.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Es gibt keine Vorzugsrichtung. Alle Teilchen in der Materieverteilung ziehen sich gegenseitig an und werden dabei entlang ihrer jeweiligen Verbindungslinie und proportional zu ihrem jeweiligen Abstand aufeinander zu beschleunigt. Das tun sie in allen mitbeschleunigten Bezugssystemen auf die gleiche Weise.

Ein Newton'scher kugelförmiger Körper verhält sich so, als wäre die gesamte Masse im Mittelpunkt vereinigt. Eine Newton'sche kugelförmige und homogene Wolke sollte in Richtung ihres Zentrums kollabieren.
Was verstehe ich falsch? Ich kann doch statt der mitbeschleunigten Bezugssysteme das Bezugssystem betrachten, in dem der geometrische Mittelpunkt der Materieverteilung ruht (außer im Fall oo).

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Doch, man kann so tun, weil es für das Verhalten einer homogenen Materieverteilung keinen Unterschied macht, ob sie endlich und kugelförmig oder unendlich ist. Die Integration der Gezeitenkräfte über die gesamte Verteilung führt in beiden Fällen zum selben Ergebnis..

Nun sind aber doch Gezeitenkräfte die Wirkung eines Gravitationszentrums. Wenn sich alle Teilchen einer Materieverteilung gegenseitig anziehen, gibt es ein solches Zentrum doch nicht? Nach meiner obigen Interpretation allerdings doch.

Ich hoffe, daß ich meine Verständnisprobleme klar gemacht habe. Für weitere Hilfe bin ich dankbar.
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 04. Apr 2011 21:23    Titel: Antworten mit Zitat

M.E. hast du mit deinen Einwänden vollkommen recht, aber der Kollege wird sicher argumentieren, dass er bereits gezeigt hat, dass es kein Problem mit der kugelförmigen Massenverteilung gibt.
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Anmeldungsdatum: 23.11.2010
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Beitrag Günther Verfasst am: 06. Apr 2011 17:48    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für Deine Einschätzung meiner Überlegungen.
Vielleicht meldet sich auch noch DrStupid.
Mir geht es primär darum, etwas dazu zulernen.

In diesem Sinne würde ich gerne die Möglichkeit diskutieren, ob in Abwandlung von Milne ein dynamisches massehaltiges Newton'sches Universum möglich ist, das das kosmologische Prinzip erfüllt. Wie hier http://www.publish.csiro.au/?act=view_file&file_id=AS05016.pdf in Fig 1 dargestellt ist, liegt die Vorhersage nach Milne sehr nahe an der Beobachtung. Davis & Liniweaver scheint eine Rechenfehler unterlaufen zu sein. Die Übereinstimmung des masselosen SRT-Universums (das keinen CMB kennt) mit unserem ist verblüffend.

Die Modifikation sähe so aus, daß bei der Urknall Explosion das Geschwindigkeitsspektrum nicht auf 0 - c beschränkt wäre (Milne), da es diese Grenzgeschwindigkeit bei Newton nicht gibt. Ab der Explosion bewegen sich die Testpartikel kräftefrei auf Kugelschalen mit Geschwindigkeiten proportional zu deren Radien. Die Explosion erfogt nicht in den flachen Minkowski-Raum (Milne), sondern in den absoluten Raum Newtons. Ferner bewegt sich jedes Testpartikel nicht mit konstanter Geschwindigkeit (Milne), sondern (Newton) gravitativ gebremst.
Im Unterschied hierzu expandiert in DrStupid's Modell (falls ich ihn richtig deute) eine präexistente homogene und isotrope Urknall-Materieverteilung.

Es soll hier nicht interessieren, daß das Milne Modell später als masseloses ART Universum interpretiert wurde. Auch Mile Orginal ist homogen und isotrop. Ein Beobachter auf einem beliebigen Partikel sieht ein gleichförmig beschleunigtes Zurückweichen aller anderen. Er kann nicht zwischen radialen und transversalen Bewegungen unterscheiden.

Vermutlich liegt das Problem beim Newton Modell bei der radialen gravitativen Bremsung der Expansion. Zwar sehe ich keins in einer daraus folgenden Zeitabhängigkeit des Geschwindigkeits-Entfernungsgesetzes. Aber dieses könnte eine radiale Vorzugsrichtung offenbaren, die bei der ungebremsten radialen Expansion verborgen bleibt.
Zerstört allein die Abbremsung der Expansion tatsächlich die Homogenität und Isotropie?
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 06. Apr 2011 20:30    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
Wie habe ich mir den Urknall vorzustellen?


Da die Lösung mit dem Einstein-de Sitter-Modell übereinstimmt, muss man sich auch den Urknall genauso vorstellen: Zu jedem beliebigen Zeitpunkt t>0 ist die Materie im unendlichen flachen Raum homogen verteilt und gehorcht dem Hubble-Gesetz. Die Extrapolation für t=0 führt zu einer unendlichen Singularität mit unendlicher Energiedichte.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Eine Newton'sche kugelförmige und homogene Wolke sollte in Richtung ihres Zentrums kollabieren.
Was verstehe ich falsch?


Ich habe gezeigt, dass die Lösung nicht auf homogene Kugeln beschränkt ist, sondern auch für unendliche Masseverteilungen gilt und die haben kein Zentrum.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Nun sind aber doch Gezeitenkräfte die Wirkung eines Gravitationszentrums.


Die Gezeitenkräfte resultieren aus der Gravitationswirkung der gesamten Masseverteilung und nicht irgend eines beliebig wählbaren Zentrums. Dass man bei der Integration den gesamten Raum, bis auf ein endliches Volumen (das davon abhängt, an welchem Punkt man die Integration beginnt) vernachlässigen kann, ändert daran auch nichts.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Ich hoffe, daß ich meine Verständnisprobleme klar gemacht habe. Für weitere Hilfe bin ich dankbar.


Anscheinend hast Du einfach übersehen, dass die Lösung auch für unendliche Masseverteilungen gilt. Das hatte ich ja schon von Anfang an vermutet, weil sie von der Größe der Verteilung unabhängig und mit der relativistischen Lösung mathematich identisch ist. Da das Integral der Gezeitenkräfte über den gesamten Raum eineutig definiert ist, ist diese Extrapolatrion der Lösung ins Unendliche tatsächlich zulässig. Die Divergenz des Gravitationspotentials ist dabei kein Problem, weil die Gravitation bei Newton nicht über das Potential, sondern über die Kraft definiert wird und die divergiert nicht.
Günther



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Beitrag Günther Verfasst am: 07. Apr 2011 17:31    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Günther hat Folgendes geschrieben:
Wie habe ich mir den Urknall vorzustellen?


Da die Lösung mit dem Einstein-de Sitter-Modell übereinstimmt, muss man sich auch den Urknall genauso vorstellen: Zu jedem beliebigen Zeitpunkt t>0 ist die Materie im unendlichen flachen Raum homogen verteilt und gehorcht dem Hubble-Gesetz. Die Extrapolation für t=0 führt zu einer unendlichen Singularität mit unendlicher Energiedichte.

Meines Wissens handelt es sich bei Einstein-de-Sitter um Lösungen der Einstein'schen Feldgleichungen, die eine flache (k=0) expandierende Raumzeit beschreiben (ursprünglich lambda=0). Damit stimmt offenbar Deine Newton'sche Lösung überein. Da bei dieser nicht der Raum expandiert, kann es sich wohl nur um ein Explosionszenario handeln. Dieses kann man sich andererseits, wie Du sagst, als eine expandierende Raumzeit vorstellen. So etwa habe ich Dich jetzt verstanden.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Günther hat Folgendes geschrieben:
Nun sind aber doch Gezeitenkräfte die Wirkung eines Gravitationszentrums.

Die Gezeitenkräfte resultieren aus der Gravitationswirkung der gesamten Masseverteilung und nicht irgend eines beliebig wählbaren Zentrums.

http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Gezeitenkraft.html
Zitat:
Eine Gezeitenkraft wird durch die Gravitationswirkung eines schweren (Himmels)körpers verursacht und wirkt auf ein ausgedehntes Objekt in diesem Gravitationsfeld.

Nach meiner Auffassung sind Gezeitenkräfte auf inhomogene Gravitationsfelder beschränkt, weshalb ich Deine Aussage nicht verstehe.
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 07. Apr 2011 22:51    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
Meines Wissens handelt es sich bei Einstein-de-Sitter um Lösungen der Einstein'schen Feldgleichungen, die eine flache (k=0) expandierende Raumzeit beschreiben (ursprünglich lambda=0). Damit stimmt offenbar Deine Newton'sche Lösung überein.


So ist es. Newton liefert zwar auch Lösungen für offene und geschlossene Universen, aber die habe ich nicht komplett berechnet, weil sie zu ziemlich hässlichen Integralen führen.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Da bei dieser nicht der Raum expandiert, kann es sich wohl nur um ein Explosionszenario handeln. Dieses kann man sich andererseits, wie Du sagst, als eine expandierende Raumzeit vorstellen.


Das kommt darauf an, was Du damit meinst. Richtig ist, dass das Newtonsche Modell, bei dem die Materieverteilung im Raum expandiert und das relativistische, bei dem der Raum selbst expandiert, zu denselben experimentell überprüfbaren Aussagen führen. Man kann entsprechende experimentelle Beobachtungen also mit beiden Modellen gleich gut beschreiben. Welches Modell man wählt, hängt natürlich von der Theorie ab, in der man sich bewegt. Die Newtonsche Mechanik schreibt eine statische Raumzeit vor und die ART verbietet die überlichtschnelle Bewegung der Materie im Raum.

Günther hat Folgendes geschrieben:

http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Gezeitenkraft.html
Zitat:
Eine Gezeitenkraft wird durch die Gravitationswirkung eines schweren (Himmels)körpers verursacht und wirkt auf ein ausgedehntes Objekt in diesem Gravitationsfeld.


Das ist nur ein Spezialfall. Erstens üben nicht nur schwere Himmelskörper Gezeitenkräfte auf ausgedehnte Objekte aus und zweitens können auf ein Objekt gleichzeitig Gezeitenkräfte von mehreren Körpern wirken. In unserem Fall sind es sogar unendlich viele – nämlich alle infinitesimalen Teilvolumina der unendlichen Masseverteilung. Die gesamte auf ein Teilvolumen wirkende Gezeitenkraft erhält man durch Integration über den gesamten Raum und dieses Integral hat eine eindeutige und bezugssystemunabhängige Lösung.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Nach meiner Auffassung sind Gezeitenkräfte auf inhomogene Gravitationsfelder beschränkt


Das Feld ist nicht homogen. In jedem mitbeschleunigten System gibt es ein Gravitationszentrum, in dem ein Teilchen kräftefrei ruht und in dessen Richtung alle anderen Teilchen beschleunigt werden. Allerdings setzt sich dieses Feld aus der Gravitationskraft und der Trägheitskraft des jeweiligen Bezugssystems zusammen und da man nicht weiß, welches das Inertialsystem ist, weiß man auch nicht, wie groß diese Gezeitenkraft ist. Da es sich um geradlinig beschleunigte Systeme handelt, weiß man aber, dass die Trägheitskraft ortsunabhängig ist. Bei der Berechnung der Gezeitenkräfte kürzt sie sich raus.
Günther



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Beitrag Günther Verfasst am: 08. Apr 2011 13:20    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Richtig ist, dass das Newtonsche Modell, bei dem die Materieverteilung im Raum expandiert und das relativistische, bei dem der Raum selbst expandiert, zu denselben experimentell überprüfbaren Aussagen führen. Man kann entsprechende experimentelle Beobachtungen also mit beiden Modellen gleich gut beschreiben.

Ok, wenn ich es richtig verstehe bist Du nahe bei Milne, läßt aber Massen und damit die Gravitation zu und natürlich die SRT außen vor. Damit hätte ich zumindest eine gewisse Vorstellung von Deinem Modell.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Das ist nur ein Spezialfall. Erstens üben nicht nur schwere Himmelskörper Gezeitenkräfte auf ausgedehnte Objekte aus und zweitens können auf ein Objekt gleichzeitig Gezeitenkräfte von mehreren Körpern wirken.

Würdest Du zustimmen, daß auf in einer Hohlkugel verteilte Testpartikel keine Gezeitenkräfte wirken, auch wenn diese expandiert?

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

In unserem Fall sind es sogar unendlich viele – nämlich alle infinitesimalen Teilvolumina der unendlichen Masseverteilung. Die gesamte auf ein Teilvolumen wirkende Gezeitenkraft erhält man durch Integration über den gesamten Raum und dieses Integral hat eine eindeutige und bezugssystemunabhängige Lösung.

Im Integral des Gravitationspotentials phi(r) taucht die radiale Materiedichte rho(r) auf (Fließbach S. 2). Diese hat in einem homogenen Universum aber keine radiale Abhängigkeit, weshalb ich die Integration nicht verstehe. Jedenfalls ist das Gravitationspotential zu jedem Zeitpunkt im gesamten Raum konstant. Folglich wirken auf beliebige Teilchen zu einem beliebigen Zeitpunkt keine Kräfte. Ob das Gravitationspotential dabei zeitlich veränderlich oder konstant ist, oder spielt nach meiner Meinung keine Rolle.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Das Feld ist nicht homogen. In jedem mitbeschleunigten System gibt es ein Gravitationszentrum, in dem ein Teilchen kräftefrei ruht und in dessen Richtung alle anderen Teilchen beschleunigt werden. Allerdings setzt sich dieses Feld aus der Gravitationskraft und der Trägheitskraft des jeweiligen Bezugssystems zusammen und da man nicht weiß, welches das Inertialsystem ist, weiß man auch nicht, wie groß diese Gezeitenkraft ist. Da es sich um geradlinig beschleunigte Systeme handelt, weiß man aber, dass die Trägheitskraft ortsunabhängig ist. Bei der Berechnung der Gezeitenkräfte kürzt sie sich raus.

Dies alles ist mir aus den bereits erwähnten Gründen komplett unverständlich.
Wie kann das Feld bei homogener Dichte nicht homogen sein?

In einem homogenen expandierenden Universum sind alle Teilchen kräftefrei. Sicher kann man beliebige Bezugssysteme auswählen, in welchen ein Teilchen ruht und alle anderen sich beschleunigt entfernen. Auf diese Weise prüft man die Gültigkeit des kosmologischen Prinzips und findet, daß alle Teilchen gleichberechtigt sind. Schon deshalb kann das in einem Bezugssystem ruhende Teilchen nicht als Gravitationszentrum aufgefasst werden.
Unter "Trägheitskraft des jeweiligen Bezugssystems" kann ich mir nichts vorstellen.

Teilchen entfernen sich voneinander beschleunigt in einem homogen und isotrop expandierenden Universum aber auch - ursächlich ganz anders zu sehen - in einem inhomogenen Gravitationsfeld in radialer Richtung. Und das in beiden Fällen kräftefrei. Ich habe den Verdacht, Du vermengst beides, möglicherweise gewollt.

Weshalb betrachtest Du überhaupt Gezeitenkräfte. Ist es denn nicht naheliegender die Bahnvektoren der Teilchen heranzuziehen?
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 08. Apr 2011 22:36    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
Würdest Du zustimmen, daß auf in einer Hohlkugel verteilte Testpartikel keine Gezeitenkräfte wirken, auch wenn diese expandiert?


Nein. Auf die Körper wirken zwar keine Gezeitenkräfte, die von der Hohlkugel ausgehen, aber das heißt nicht, dass die Partikel keine Gezeitenkräfte aufeinander ausüben.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Jedenfalls ist das Gravitationspotential zu jedem Zeitpunkt im gesamten Raum konstant. Folglich wirken auf beliebige Teilchen zu einem beliebigen Zeitpunkt keine Kräfte.


Nein, das Gravitationspotential ist im gesamten Raum unendlich - also nicht definiert. Folglich kann man nicht vom Potential auf die Kräfte schließen.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Wie kann das Feld bei homogener Dichte nicht homogen sein?


Indem die Materieverteilung unendlich ausgedehnt ist. Intuitiv ist das nicht zu verstehen, weil der „gesunde Menschenverstand“ im Unendlichen versagt. Man muss das schon ausrechnen.

Günther hat Folgendes geschrieben:
In einem homogenen expandierenden Universum sind alle Teilchen kräftefrei.


In der ART schon, aber nicht bei Newton.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Sicher kann man beliebige Bezugssysteme auswählen, in welchen ein Teilchen ruht und alle anderen sich beschleunigt entfernen.


Man kann nicht nur, sondern man hat gar keine andere Wahl. Es gibt kein Bezugssystem, in dem alle Teilchen unbeschleunigt - also kräftefrei sind.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Unter "Trägheitskraft des jeweiligen Bezugssystems" kann ich mir nichts vorstellen.


Ein im Inertialsystem kräftefreies Teilchen bewegt sich in einem beschleunigten Bezugssystem beschleunigt. Aus dem zweiten Axiom folgt, dass in diesem Bezugssytem eine Kraft auf das Teilchen wirkt. Diese Kraft bezeichnet man als Trägheitskraft oder Scheinkraft.

Günther hat Folgendes geschrieben:
Teilchen entfernen sich voneinander beschleunigt in einem homogen und isotrop expandierenden Universum aber auch - ursächlich ganz anders zu sehen - in einem inhomogenen Gravitationsfeld in radialer Richtung. Und das in beiden Fällen kräftefrei. Ich habe den Verdacht, Du vermengst beides, möglicherweise gewollt.


Ich habe eher den Eindruck, dass Du etwas durcheinander bringst. Das beginnt schon damit, dass sich "beschleunigt" und "kräftefrei" gegenseitig ausschließen (1. Axiom).

Günther hat Folgendes geschrieben:
Weshalb betrachtest Du überhaupt Gezeitenkräfte. Ist es denn nicht naheliegender die Bahnvektoren der Teilchen heranzuziehen?


Um die Bahnvektoren heranzuziehen, brauche ich die auf die Teilchen wirkenden Kräfte. Die hängen aber von der Wahl des Bezugssystems ab, weil zu den Gravitationskräften Trägheitskräfte kommen, die von der Beschleunigung des jeweiligen Bezugssystems abhängen. Dummerweise ist es in diesem Fall nicht möglich, Gravitationskräfte und Scheinkräfte auseinander zu halten. In der ART ist das nicht überraschend, weil die Gravitationskraft dort selbst eine Scheinkraft ist. In der Newtonschen Mechanik ist es dagegen ungewöhnlich, dass Gravitationskräfte und Scheinkräfte bzw. beschleunigte Bezugssysteme und Inertialsysteme nicht unterscheidbar sind. Nichtsdestotrotz ist es hier der Fall und deshalb gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man erklärt das Ruhesystem eines Teilchens willkürlich zum Inertialsystem oder man weicht auf eine Größe aus, die nicht bezugssystemabhängig ist und das ist hier die Gezeitenkraft. Ich habe mich für letzteres entscheiden, weil ich meine Argumentation nicht auf einer willkürlichen Festlegung aufbauen will.

Und um nicht bei der Prosa zu bleiben, hier die Rechnung:

Die auf ein Teilchen wirkende Kraft setzt sich zusammen aus der Trägheitskraft, die im jeweiligen Bezugssystem auf alle Teilchen wirkt und experimentell nicht bestimmbar ist sowie der Summe aller auf das Teilchen wirkenden Gravitationskräfte (bzw. dem Integral derselben über die gesamte Verteilung). Daraus resultiert die zwar definierte, aber nicht bestimmbare Beschleunigung



Beim Übergang zu Gezeitenkräften fällt die Trägheitskraft weg. Für die Relativbeschleunigung zwischen zwei Teilchen an den Punkten a und b gilt beispielsweise



Diese Größe ist jetzt definiert und unabhängig vom Bezugssystem. Leider bin ich an der Lösung dieses Integrals wegen der Beträge im Nenner gescheitert. Die führen bei Integration über alle Raumrichtungen zu einer Unzahl von Fallunterscheidungen. Um das Problem zu umgehen, kann ich aber zu Kugelkoordinaten wechseln:



Damit mutiert das Integral zu



Das sieht zwar nicht wesentlich besser aus, als in kartesischen Koordinaten, aber glücklicherweise ist das Integral über die Winkel bereits bekannt. Es handelt sich dabei nämlich um die Fallbeschleunigung im Gravitationsfeld von Kugelschalen und von der weiß man, dass sie außen der Fallbeschleunigung einer gleich großen Punktmasse entspricht und innen Null ist. Das bedeutet für den Beitrag von a:



Das kann ich problemlos stückweise über r integrieren:





Der Anteil von b wird analog ermittelt. Am Ende kommt dann die gleiche Gezeitenbeschleunigung raus, die ich bereits für endliche Vollkugeln berechnet habe:



Da diese unabhängig von der Ausdehnung der Kugel ist, hätte ich das bereits ins unendliche extrapolieren können. Darauf habe ich aber lieber verzichtet, weil ich nicht beweisen konnte, dass beispielsweise auch eine würfelförmige Verteilung bei Extrapolation gegen unendlich zum gleichen Resultat führt. Die Integration über den gesamten Raum ist da schon wesentlich sauberer.

Es spielt übrigens auch keine Rolle, an welchem Punkt die Integration startet. Beginnt man nicht im Koordinatenursprung, sondern an irgend einem beliebigen Punkt , dann führt das zu



und



Bei der Berechnung der Gezeitenbeschleunigung fliegt dann wieder raus.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18022

Beitrag TomS Verfasst am: 09. Apr 2011 10:24    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Günther hat Folgendes geschrieben:
Jedenfalls ist das Gravitationspotential zu jedem Zeitpunkt im gesamten Raum konstant. Folglich wirken auf beliebige Teilchen zu einem beliebigen Zeitpunkt keine Kräfte.


Nein, das Gravitationspotential ist im gesamten Raum unendlich - also nicht definiert. Folglich kann man nicht vom Potential auf die Kräfte schließen.

Und das ist - wie ich oben angemerkt habe - eines der wesentlichen Probleme der Newtonschen Kosmologie.


DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Günther hat Folgendes geschrieben:
Wie kann das Feld bei homogener Dichte nicht homogen sein?


Indem die Materieverteilung unendlich ausgedehnt ist. Intuitiv ist das nicht zu verstehen, weil der „gesunde Menschenverstand“ im Unendlichen versagt. Man muss das schon ausrechnen.

Das Problem ist mathematisch nicht wohldefiniert, deswegen kann man mit ein paar "physikalisch motivierten Unsauberkeiten" auf eine sinnvolle Lösung kommen. Wie im Bohrschen Atommodell auch: es ist erstaunlich, dass es so gut funktioniert, es erklärt aber letztlich nicht, warum die Rechnungen überhaupt gültig sind.



DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Günther hat Folgendes geschrieben:
In einem homogenen expandierenden Universum sind alle Teilchen kräftefrei.


In der ART schon, aber nicht bei Newton.

Hier widerspricht du dir selbst, da du ja früher behauptet hast, alle Teilchen würden kräftfrei fallen, weswegen das kosmologische Prinzip respektiert würde und es kein Zentrum der Expansion gäbe.


DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Günther hat Folgendes geschrieben:
Sicher kann man beliebige Bezugssysteme auswählen, in welchen ein Teilchen ruht und alle anderen sich beschleunigt entfernen.

Man kann nicht nur, sondern man hat gar keine andere Wahl. Es gibt kein Bezugssystem, in dem alle Teilchen unbeschleunigt - also kräftefrei sind.

Hier vewechselst du etwas: die Teilchen können durchaus kräftefrei sein (frei fallend), jedoch ggü. dem absoluten Raum beschleunigt. Es hilft nichts, der begriffliche Rahmen der Newtonschen Theorie ist hier leider unzureichend; sie fußt auf dem absoluten Raum, dessen Existenz in diesem Problem irgendwie verschleiert werden soll bzw. muss. Es ist ein Versuch, eine Theorie zu retten, die (u.a.) hier an ihre konzeptionellen Grenzen stößt. Die wesentliche Erkenntnis ist nicht, dass es im Rahmen der Newtonschen Mechanik doch irgendwie funktioniert, sondern warum es gerade nicht funktioniert, bzw. welche (unsauberen) Versuche man unternehmen muss, um die Theorie zu reparieren.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
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