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Grauer Körper, thermische Strahlung, nicht-Gleichgewicht
 
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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jan 2022 11:42    Titel: Grauer Körper, thermische Strahlung, nicht-Gleichgewicht Antworten mit Zitat

Ich suche nach einer realistischen Beschreibung von grauen Körpern, die nicht im Gleichgewicht mit einfallender thermischer Strahlung sind (jedoch unter der Annahme, dass der Körper selbst eine homogene Temperaturverteilung aufweist).

Für die absorbierte und emittierte Strahlungsleistung eines grauen Körpers mit der Oberfläche A bei Temperatur T gilt:





Die Zeitabhängigkeit folgt aus



Man erhält



Wo finde ich realistische Funktionen alpha und epsilon für polierte Metalloberflächen?

Prinzipiell ist das Kirchhoffsche Gesetz nicht anwendbar, da kein thermisches Gleichgewicht vorliegt. Im Gleichgewicht mit



erwarte ich jedoch, dass das Kirchhoffsche Gesetz gilt, also



und daher



Richtig?

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
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Beitrag DrStupid Verfasst am: 30. Jan 2022 12:32    Titel: Re: Grauer Körper, thermische Strahlung, nicht-Gleichgewicht Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Prinzipiell ist das Kirchhoffsche Gesetz nicht anwendbar, da kein thermisches Gleichgewicht vorliegt.


Das wäre zumindest der Fall, wenn sich die Temperatur so schnell ändert, dass sich kein lokales Gleichgewicht einstellen kann. Unter normalen Bedingungen ist das nicht zu erwarten. Deshalb wird es schwer werden, entsprechende Werte zu finden. Möglicherweise ist das beim Schneiden mit Ultrakurzpulslasern relevant.

PS: Vielleicht kann es dazu gar nichts gegen, weil die Temperatur nur im thermodynamischen Gleichgewichtszustand definiert ist.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 31. Jan 2022 09:49    Titel: Antworten mit Zitat

Danke.

Was sagst du zum Rest meines Beitrages?

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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 31. Jan 2022 11:26    Titel: Antworten mit Zitat

Für den Rest gilt auch der Vorbehalt des thermischen Gleichgewichtes. Wenn das nicht vorliegt, dann ist z.B. die Bedingung für das Plancksche Strahlungsgesetz (und damit auch für das Stefan-Boltzmann-Gesetz) nicht mehr erfüllt. Wenn es dagegen vorliegt, dann tritt Dein Problem nicht mehr auf. Bei der Wärmekapazität dürfte es ähnlich aussehen.

Ich kann nicht sagen, wie weit man hier welche Gesetzmäßigkeiten über ihren Gültigkeitsbereich hinaus strapazieren kann und was man tun muss, wenn sie nicht mehr gelten. Prinzipiell sollte es dafür aber Lösungen geben. Es werden ja z.B. Computersimulationen von explodierernden Sternen oder Kernwaffen berechnet. Das sind auch Fälle, in denen ich solche Nicht-Gleichgewichtsprozesse erwarten würde. Da sind zwar keine polierten Metalloberflächen im Spiel, aber irgendwas muss man da bezüglich Absorption und Emission annehmen. Vielleicht lässt sich das übertragen oder hilft bei der Suche nach Quellen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 31. Jan 2022 12:20    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Für den Rest gilt auch der Vorbehalt des thermischen Gleichgewichtes. Wenn das nicht vorliegt, dann ist z.B. die Bedingung für das Plancksche Strahlungsgesetz (und damit auch für das Stefan-Boltzmann-Gesetz) nicht mehr erfüllt.

Beides setze ich in den ersten beiden Gleichungen nicht voraus. Ich gehe lediglich davon aus, dass ich durch Integration über absorbierte und emittierte Frequenzen ein modifiziertes Strahlungsgesetz für graue Körper ableiten kann.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Bei der Wärmekapazität dürfte es ähnlich aussehen.

Evtl. muss ich das nochmal erklären.

Ich setze nicht voraus, dass ein schwarzer Körper vorliegt. Ich setze außerdem nicht voraus, dass sich der Körper mit seiner Umgebung = mit einfallender thermischer Strahlung im thermischen Gleichgewicht befindet. Ich setze jedoch voraus, dass der Körper selbst eine homogene Temperaturverteilung aufweist D.h. der Körper erwärmt sich langsam, hat jedoch eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit und somit näherungsweise homogene Temperatur.

Das trifft m.E. auf Metalle mit hoher Wärmeleitfähigkeit und polierten Oberflächen innerhalb eines nicht zu großen Temperaturbereich zu.

Wenn die Überlegungen richtig sind, dann ist der Temperaturverlauf als Funktion der Zeit abhängig von den Details der Absorption und Emission, die Temperatur im Gleichgewicht = im stationären Endzustand jedoch nicht.

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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 31. Jan 2022 12:50    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Beides setze ich in den ersten beiden Gleichungen nicht voraus.


Woher kommt dann die T^4-Abhängigkeit in der zweiten Gleichung?

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Ich setze nicht voraus, dass ein schwarzer Körper vorliegt.


Ja, aber es geht um graue Strahler. Die verhalten sich sehr ähnlich.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Ich setze außerdem nicht voraus, dass sich der Körper mit seiner Umgebung = mit einfallender thermischer Strahlung im thermischen Gleichgewicht befindet. Ich setze jedoch voraus, dass der Körper selbst eine homogene Temperaturverteilung aufweist D.h. der Körper erwärmt sich langsam, hat jedoch eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit und somit näherungsweise homogene Temperatur.


Es gibt also ein lokales thermisches Gleichgewicht. In dem Fall gäbe es allerdings nur dann einen Grund am Kirschhoffschen Gesetz zu zweifeln, wenn Absorption und Emission nicht nur von Eigenschaften und Zustand des Materials, sondern auch von denen der Umgebung - insbesondere vom Spektrum der einfallenden Strahlung abhängen. In dem Fall wären aber Absoptions- und Emissiongrad nicht nur Funktionen der Temperatur des Materials, sondern auch des Spektrums der einfallenden Strahlung.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 31. Jan 2022 14:02    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Beides setze ich in den ersten beiden Gleichungen nicht voraus.

Woher kommt dann die T^4-Abhängigkeit in der zweiten Gleichung?

Das ist die unkorrigierte Temperaturabhängigkeit für die schwarzen Strahler, die (möglicherweise großen) Korrekturen stecken in der Funktion ; für Metalle gilt angeblich näherungsweise



DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich setze nicht voraus, dass ein schwarzer Körper vorliegt.

Ja, aber es geht um graue Strahler. Die verhalten sich sehr ähnlich.

Na ja, bei



würde ich das so nicht unbedingt behaupten ;-)

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Es gibt also ein lokales thermisches Gleichgewicht. In dem Fall gäbe es allerdings nur dann einen Grund am Kirschhoffschen Gesetz zu zweifeln, wenn Absorption und Emission nicht nur von Eigenschaften und Zustand des Materials, sondern auch von denen der Umgebung - insbesondere vom Spektrum der einfallenden Strahlung abhängen.

Ich verstehe, worauf du hinauswillst, und das ist auch meine Erwartungshaltung. Nur finde ich in der Literatur ausschließlich Aussagen wie ... der betrachtete Körper sei mit Hohlraumstrahlung der Temperatur T im thermischen Gleichgewicht ...

Natürlich ist es naheliegend, dass die Identität



immer gilt und nicht nur, wenn sich der graue Körper im Gleichgewicht mit seiner Umgebung befindet. Aber bei allen Voraussetzungen wird das immer explizit genannt, zu der naheliegenden Verallgemeinerung finde ich nichts.

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Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 31. Jan 2022 14:45    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nur finde ich in der Literatur ausschließlich Aussagen wie ... der betrachtete Körper sei mit Hohlraumstrahlung der Temperatur T im thermischen Gleichgewicht ...


Ja, das kenne ich auch nicht anders. Das Problem ist aber, dass ich hier nur zwei Möglichkeiten sehe:

1. Dein Ansatz, dass die Absorptions- und Emissionskoeffizienten nur von der Temperatur T des Körpers abhängen, ist korrekt. Dann würde es keine Rolle spielen, ob der Körper sich mit Hohlraumstrahlung der Temperatur T im thermischen Gleichgewicht befindet oder nicht.

2. Die Absorptions- und Emissionskoeffizienten hängen auch vom äußeren Strahlungsfeld ab. Dann sind Deine Zweifel am Kirchhoffschen Gesetz zwar berechechtigt, aber Du brauchst einen neuen Ansatz.

Darf ich fragen, worum es konkret gehen soll? Zumindest für halbwegs normale Bedingungen sollte es Erfahrungswerte geben (z.B. bei Solarkollektoren oder Radiatoren von Raumstationen). Vielleicht gibt es Literatur in der beschrieben wird, wie man das berechnet und wie gut die Berechnungen mit der Praxis übereinstimmen.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 31. Jan 2022 16:29    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Ja, das kenne ich auch nicht anders. Das Problem ist aber, dass ich hier nur zwei Möglichkeiten sehe:

Genau.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
2. Die Absorptions- und Emissionskoeffizienten hängen auch vom äußeren Strahlungsfeld ab. Dann sind Deine Zweifel am Kirchhoffschen Gesetz zwar berechechtigt, aber Du brauchst einen neuen Ansatz.

Die ersten beiden Gleichungen würden weiterhin gelten, allerdings für unbekannte Funktion alpha und epsilon.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Darf ich fragen, worum es konkret gehen soll?

Wie schnell und wie stark heizt sich eine Armbanduhr am Raumanzug eines Astronauten bei einem Weltraumspaziergang in der Sonne auf und wie schnell kühlt sie sich im Schatten wieder ab?

(wir vernachlässigen mal, dass die Thermsosphäre in dieser Höhe eine Temperatur von einigen hundert Grad hat, da deren Wärmeübergangskoeffizient wegen der geringen Dichte wohl extrem klein ist)

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 31. Jan 2022 17:01    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die ersten beiden Gleichungen würden weiterhin gelten, allerdings für unbekannte Funktion alpha und epsilon.


Ja, aber das wären eben nicht nur Funktionen der Temperatur, sondern auch der spektralen Intensität des Strahlungsfeldes.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wie schnell und wie stark heizt sich eine Armbanduhr am Raumanzug eines Astronauten bei einem Weltraumspaziergang in der Sonne auf und wie schnell kühlt sie sich im Schatten wieder ab?


Meines Wissens wird bei solchen Rechnungen immer von der Gültigkeit des Kirchhoffschen Gesetzes ausgegangen. Wenn das nicht der Fall wäre, dann könnte man noch nicht einmal den stationären Zustand berechnen. Da gibt es ja auch kein thermisches Gleichgewicht mit dem Strahlungsfeld.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 31. Jan 2022 17:07    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Die ersten beiden Gleichungen würden weiterhin gelten, allerdings für unbekannte Funktion alpha und epsilon.

Ja, aber das wären eben nicht nur Funktionen der Temperatur, sondern auch der spektralen Intensität des Strahlungsfeldes.

Richtig.

Meine o.g. Gleichungen stellen die integrierte Version über die unbekannten Funktionen dar.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Wie schnell und wie stark heizt sich eine Armbanduhr am Raumanzug eines Astronauten bei einem Weltraumspaziergang in der Sonne auf und wie schnell kühlt sie sich im Schatten wieder ab?

Meines Wissens wird bei solchen Rechnungen immer von der Gültigkeit des Kirchhoffschen Gesetzes ausgegangen.

Hätte ich auch so gesehen.

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