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JBPhysics



Anmeldungsdatum: 26.01.2022
Beiträge: 6

Beitrag JBPhysics Verfasst am: 27. Jan 2022 11:31    Titel: Multiversum Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Gibt es Hinweise das es es nicht nur ein Universum gibt sondern mehrere oder irgendwelche interessanten Theorien dazu?

Meine Ideen:
Habe schon oft gehört das es nicht nur ein Universum gibt und möchte mehr darüber herausfinden.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17910

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jan 2022 12:31    Titel: Antworten mit Zitat

Es gibt zwei völlig verschiedene Ansätze dazu.

1) Die hypothetische kosmische Inflation sorgt dafür, dass sich das Universum sehr kurz nach dem Urknall auf ein Vielfaches seiner Größe ausdehnt; dies würde einige gravierende Probleme lösen. Die Inflation ist insofern hypothetisch, als i) die dazu notwendigen Quantenfelder oder andere Mechanismen nicht bekannt bzw. belegt sind; heute bekannte Felder reichen wohl nicht aus; ii) man prinzipiell keine direkten Beobachtungsdaten hat. Wenn diese Hypothese zutrifft, dann ist es naheliegend, dass dieser Mechanismus auch im heutigen Universum noch stattfindet und sich aus winzigen Quantenfluktuationen neue Universen ausbilden, die jedoch von „unserem“ Universum entkoppelt und unsichtbar sind.

2) Aus dem Formalismus der Quantenmechanik resultiert - wenn man diesen als Beschreibung realer Vorgänge auffasst - im Rahmen der Viele-Welten-Interpretation aus jedem Quantenereignis, das wir normalerweise als Messung auffassen, eine Aufspaltung in (unendlich viele) „Zweige“; diese sogenannte Vielen Welten sind wechselweise füreinander unsichtbar; sie unterscheiden sich zunächst leidlich in den Ergebnissen der Messung und entsprechen ansonsten identischen Kopien.

Beide Hinweise sind sehr vage. (1) erfordert neue Felder, die nicht nachgewiesen sind. (2) folgt zwar mathematisch streng aus dem etablierten mathematischen Formalismus, erfordert jedoch eine Interpretation desselben, der die wenigsten folgen wollen. Sowohl (1) als auch (2) sind nicht experimentell testbar.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jan 2022 13:07    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
(2) folgt zwar mathematisch streng aus dem etablierten mathematischen Formalismus, erfordert jedoch eine Interpretation desselben, der die wenigsten folgen wollen.


Wenn man beide Teile des Satzes wörtlich nimmt, behauptest du hier, daß die wenigsten den mathematischen strengen Folgerungen aus dem etablierten Formalismus folgen wollen. Das kann man so natürlich nicht stehen lassen. Mathematisch strenge Folgerungen sind genau die, die in jeder Interpretation gelten, nicht die, die eine bestimmte Interpretation erfordern.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17910

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jan 2022 17:41    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn man beide Teile des Satzes wörtlich nimmt, behauptest du hier, daß die wenigsten den mathematischen strengen Folgerungen aus dem etablierten Formalismus folgen wollen. Das kann man so natürlich nicht stehen lassen.

Das habe ich so auch nicht geschrieben, aber evtl. nicht deutlich genug betont:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aus dem Formalismus der Quantenmechanik resultiert - wenn man diesen als Beschreibung realer Vorgänge auffasst - im Rahmen der Viele-Welten-Interpretation aus jedem Quantenereignis, das wir normalerweise als Messung auffassen, eine Aufspaltung in (unendlich viele) „Zweige“.

(2) folgt zwar mathematisch streng aus dem etablierten mathematischen Formalismus, erfordert jedoch eine Interpretation desselben, der die wenigsten folgen wollen.

Der Punkt ist nicht, dass man "einfach nur den Formalismus interpretiert", sondern dass man eine philosophische Grundhaltung einnimmt, und aus dieser heraus eine Interpretation entwickelt oder bewertet.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 28. Jan 2022 15:06    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

(2) folgt zwar mathematisch streng aus dem etablierten mathematischen Formalismus, erfordert jedoch eine Interpretation desselben, der die wenigsten folgen wollen.


Für mich ist das widersprüchlich. Entweder folgt es streng aus dem etablierten Formalismus. Dann gilt es in jeder Interpretation. (Das ist im Prinzip was "mathematische Folgerung" bedeutet.) Oder es erfordert eine spezielle Interpretation. Dann folgt es nicht.

Zitat:

Der Punkt ist nicht, dass man "einfach nur den Formalismus interpretiert", sondern dass man eine philosophische Grundhaltung einnimmt, und aus dieser heraus eine Interpretation entwickelt oder bewertet.


Selbst wenn man den Formalismus als Beschreibung realer Vorgänge auffaßt, folgt die MWI noch nicht zwingend. Mein Eindruck ist, daß in der MWI die implizite Voraussetzung steckt, daß Eigenwerte oder Eigenzustände einer ausgezeichneten Basis reale Eigenschaften des Systems sind. Ohne diese Annahme entfällt die Notwendigkeit "vieler Welten".
Brillant



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Beitrag Brillant Verfasst am: 28. Jan 2022 16:51    Titel: Antworten mit Zitat

Spontane Idee: Könnte es sein, dass „viele Welten“ längs vorhanden sind, aber nicht als solche unterschieden werden?

Was sollten denn „andere“ Welten sein? Versteckt in dunkler Materie? Hier und jetzt in anderen Dimensionen? Oder zu anderen Zeiten in der Unendlichkeit?

Wenn die Theorie stimmt, dass Welten dazukommen, kann man womöglich mit immer besseren Teleskopen immer mehr von ihnen sehen oder messen. So war es ja bisher. Ob die vor der Entdeckung schon vorhanden waren, kann keiner sagen.

Ich denke an den Blick auf die Erde. Sie scheint eine abgeschlossene Einheit zu sein, aber niemand erkennt ihre 193 Staaten (UNO Mitglieder) aus der Ferne. Und selbst wenn man näher heranzoomt, auch nicht deren Unterteilung in (politische) Regionen mit sehr unterschiedlichen Gesetzen.

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Glaubt nicht dem Hörensagen ... oder eingewurzelten Anschauungen, auch nicht den Worten eines verehrten Meisters; sondern was ihr selbst gründlich geprüft und als euch selbst und anderen zum Wohle dienend erkannt habt, das nehmt an. Siddhartha Gautama
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17910

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Jan 2022 17:03    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

(2) folgt zwar mathematisch streng aus dem etablierten mathematischen Formalismus, erfordert jedoch eine Interpretation desselben, der die wenigsten folgen wollen.

Für mich ist das widersprüchlich. Entweder folgt es streng aus dem etablierten Formalismus. Dann gilt es in jeder Interpretation. (Das ist im Prinzip was "mathematische Folgerung" bedeutet.) Oder es erfordert eine spezielle Interpretation. Dann folgt es nicht.

Das hatten wir doch schon.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aus dem Formalismus der Quantenmechanik resultiert - wenn man diesen als Beschreibung realer Vorgänge auffasst ...

Das ist nicht widersprüchlich sondern eine und-Verknüpfung zweier Voraussetzungen.

Es folgt aus dem Formalismus ohne Kollapspostulat und unter der Voraussetzung, dass man den Zustandsvektor realistisch (ontisch) auffasst. Und damit folgt es eben nicht in nicht-ontischen Interpretationen (z.B. nicht in der Ensemble-Interpretation) und nicht in einer Kollaps-Interpretation (Kopenhagen - wobei diese außerdem nicht-ontisch ist).

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Selbst wenn man den Formalismus als Beschreibung realer Vorgänge auffaßt, folgt die MWI noch nicht zwingend. Mein Eindruck ist, daß in der MWI die implizite Voraussetzung steckt, daß Eigenwerte oder Eigenzustände einer ausgezeichneten Basis reale Eigenschaften des Systems sind. Ohne diese Annahme entfällt die Notwendigkeit "vieler Welten".

Letzteres müsstest du erklären.

Gemäß des Messprozesses nach Neumann jedoch auch gemäß der Dekohärenz folgt für den Zustandsvektor eine Superposition makroskopisch verschiedener Zustände (Superposition von Zeigerzuständen, Katzen ...).

Das ist es, was die MWI als ontisch gegeben ansieht.

Behauptest du, dass das Messproblem ein Scheinproblem, die Superposition also völlig unproblematisch ist?

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 29. Jan 2022 13:17    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Selbst wenn man den Formalismus als Beschreibung realer Vorgänge auffaßt, folgt die MWI noch nicht zwingend. Mein Eindruck ist, daß in der MWI die implizite Voraussetzung steckt, daß Eigenwerte oder Eigenzustände einer ausgezeichneten Basis reale Eigenschaften des Systems sind. Ohne diese Annahme entfällt die Notwendigkeit "vieler Welten".

Letzteres müsstest du erklären.

Gemäß des Messprozesses nach Neumann jedoch auch gemäß der Dekohärenz folgt für den Zustandsvektor eine Superposition makroskopisch verschiedener Zustände (Superposition von Zeigerzuständen, Katzen ...).

Das ist es, was die MWI als ontisch gegeben ansieht.

Behauptest du, dass das Messproblem ein Scheinproblem, die Superposition also völlig unproblematisch ist?


Kein Scheinproblem, aber ein innerhalb des Formalismus lösbares Problem. Die MWI wäre nur notwendig, wenn die makroskopische Unsicherheit im Mikrozustand des Meßgeräts auftauchen würde. Das ist aber sehr unwahrscheinlich und es folgt auch nicht aus dem von-Neumann-Schema, der Dekohärenz oder aus dem restlichen Formalismus der QM. Es scheint einfach immer implizit vorausgesetzt zu werden. Und in allen anderen Fällen ist die Superposition tatsächlich unproblematisch für eine ontische Interpretation des Zustands innerhalb einer einzigen Welt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17910

Beitrag TomS Verfasst am: 29. Jan 2022 15:23    Titel: Antworten mit Zitat

Das verstehe ich nicht.

Betrachten wir zwei einfache Beispiele.

klassisch

Ein Körper werde zufällig an einer Weiche nach rechts oder links abgelenkt; "zufällig" bedeutet dabei im Rahmen der Newtonschen Mechanik eigentlich "prinzipiell deterministisch jedoch aufgrund der Winzigkeit der Effekte praktisch nicht vorhersagbar". Für beide Wege "rechts" bzw. "links" existiert jeweils ein Detektor: eine im jeweiligen Weg ruhende Kugel werde durch den Stoß des Körpers nach rechts bzw. links in Bewegung versetzt. Nach Coarse Graining erhalten wir eine Beschreibung mit jeweils einer ruhenden sowie einer sich bewegende Kugel, d.h. folgenden zwei mögliche Ergebnisse für die sich bewegenden Massenverteilungen



Das Argument bezeichnet den Schwerpunkt; die Form der Massenverteilung ist irrelevant.

quantenmechanisch

Ersetzen wir das klassische durch ein Quantenexperiment mit Strahlteiler für Photonen; nach Coarse Graining erhalten wir eine Beschreibung mittels der Dichtematrix



Bestreitest du, dass diese Form der Dichtematrix aus der Dekohärenz resultiert?

Eine ontischen Interpretation vorausgesetzt: welcher Zusatzannahmen benötige ich für die Schlussfolgerung, dass beide oben diskutierten klassischen Ergebnisse in einem makroskopischen Quantensystem gleichzeitig realisiert sind? Ich sehe keine, insbs. keine bzgl. der Eigenwerte.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 29. Jan 2022 15:36    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

klassisch

Ein Körper werde zufällig an einer Weiche nach rechts oder links abgelenkt; "zufällig" bedeutet dabei im Rahmen der Newtonschen Mechanik eigentlich "prinzipiell deterministisch jedoch aufgrund der Winzigkeit der Effekte praktisch nicht vorhersagbar". Für beide Wege "rechts" bzw. "links" existiert jeweils ein Detektor: eine im jeweiligen Weg ruhende Kugel werde durch den Stoß des Körpers nach rechts bzw. links in Bewegung versetzt. Nach Coarse Graining erhalten wir eine Beschreibung mit jeweils einer ruhenden sowie einer sich bewegende Kugel, d.h. folgenden zwei mögliche Ergebnisse für die sich bewegenden Massenverteilungen



Das Argument bezeichnet den Schwerpunkt; die Form der Massenverteilung ist irrelevant.

quantenmechanisch

Ersetzen wir das klassische durch ein Quantenexperiment mit Strahlteiler für Photonen; nach Coarse Graining erhalten wir eine Beschreibung mittels der Dichtematrix



Bestreitest du, dass diese Form der Dichtematrix aus der Dekohärenz resultiert?

Eine ontischen Interpretation vorausgesetzt: welcher Zusatzannahmen benötige ich für die Schlussfolgerung, dass beide oben diskutierten klassischen Ergebnisse in einem makroskopischen Quantensystem gleichzeitig realisiert sind? Ich sehe keine, insbs. keine bzgl. der Eigenwerte.


Du benötigst die Zusatzannahme, daß durch das Coarse-Graining keine relevante Information aus dem Zustand verlorengegangen ist. Das ist aber natürlich nicht der Fall (oder es ist zumindest nicht offensichtlich). Deshalb bleibt genau dieselbe ontische Interpretation für diese Dichtematrix möglich wie im klassischen Fall, nämlich



wir wissen lediglich nicht, welche dieser beiden Optionen.
TomS
Moderator


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Beiträge: 17910

Beitrag TomS Verfasst am: 29. Jan 2022 18:48    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Bestreitest du, dass diese Form der Dichtematrix aus der Dekohärenz resultiert?

Eine ontischen Interpretation vorausgesetzt: welcher Zusatzannahmen benötige ich für die Schlussfolgerung, dass beide oben diskutierten klassischen Ergebnisse in einem makroskopischen Quantensystem gleichzeitig realisiert sind? Ich sehe keine, insbs. keine bzgl. der Eigenwerte.

Du benötigst die Zusatzannahme, daß durch das Coarse-Graining keine relevante Information aus dem Zustand verlorengegangen ist. Das ist aber natürlich nicht der Fall (oder es ist zumindest nicht offensichtlich). Deshalb bleibt genau dieselbe ontische Interpretation für diese Dichtematrix möglich wie im klassischen Fall, nämlich



wir wissen lediglich nicht, welche dieser beiden Optionen.

Sehr guter Einwand, allerdings ist meine Schlussfolgerung eine andere.

Zunächst folgt dein „deshalb bleibt genau dieselbe ontische Interpretation für diese Dichtematrix möglich wie im klassischen Fall …“ sicher nicht aus einer ontischen Interpretation, denn es gibt nichts im Formalismus, der der MWI zugrunde liegt (also ohne Bornsche Regel und Projektionspostulat sowie ohne weitere Zusatzannahmen wie einer objektiven Wahrscheinlichkeitsinterpretation) was zu dem „oder“ führen könnte. Es stehen beide Hauptdiagonalelemente da, sie werden ontisch interpretiert, also wären beide Möglichkeiten zugleich realisiert - das ist die zentrale Vorhersage der MWI.

Bei einer Zusatzannahme, die dazu führt, ein „oder“ hineininterpretieren zu können, läge aber keine ontische Interpretation vor.

Du hast aber recht, ich benötige die Zusatzannahme, dass durch das Coarse-Graining keine relevante Information aus dem Zustand verlorengegangen ist. Dazu gibt es im wesentlichen zwei Alternativen:
  • Ist diese Annahme im wesentlichen zutreffend (so wie im klassischen Fall für das Coarse Graining und Eliminieren aller klassischen mikroskopischen Freiheitsgrade) dann folgt aus einer ontischen Interpretation als Konsequenz die MWI.
  • Ist diese Annahme nicht zutreffend, dann wäre die o.g. Struktur der Dichtematrix ein Artefakt des Coarse Grainings, praktisch alle diesbezüglichen Behauptungen der Dekohärenz falsch, und die MWI damit völlig irrelevant.

Folgt deine Ansicht aus der thermal Interpretation?

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 29. Jan 2022 19:24    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Bestreitest du, dass diese Form der Dichtematrix aus der Dekohärenz resultiert?

Eine ontischen Interpretation vorausgesetzt: welcher Zusatzannahmen benötige ich für die Schlussfolgerung, dass beide oben diskutierten klassischen Ergebnisse in einem makroskopischen Quantensystem gleichzeitig realisiert sind? Ich sehe keine, insbs. keine bzgl. der Eigenwerte.

Du benötigst die Zusatzannahme, daß durch das Coarse-Graining keine relevante Information aus dem Zustand verlorengegangen ist. Das ist aber natürlich nicht der Fall (oder es ist zumindest nicht offensichtlich). Deshalb bleibt genau dieselbe ontische Interpretation für diese Dichtematrix möglich wie im klassischen Fall, nämlich



wir wissen lediglich nicht, welche dieser beiden Optionen.

Sehr guter Einwand, allerdings ist meine Schlussfolgerung eine andere.

Zunächst folgt dein „deshalb bleibt genau dieselbe ontische Interpretation für diese Dichtematrix möglich wie im klassischen Fall …“ sicher nicht aus einer ontischen Interpretation, denn es gibt nichts im Formalismus, der der MWI zugrunde liegt (also ohne Bornsche Regel und Projektionspostulat sowie ohne weitere Zusatzannahmen wie einer objektiven Wahrscheinlichkeitsinterpretation) was zu dem „oder“ führen könnte.


Irgendwie hast du mich mißverstanden. Ich will überhaupt nichts aus einer ontischen Interpretation folgern. Ich will widerlegen, daß die MWI aus dem Formalismus und der ontischen Interpretation des Zustandsvektors folgt. Dazu reicht mir die Möglichkeit, daß die Zeigervariablen eine klassische Dynamik (mit stets vernachlässigbarer Unsicherheit) besitzen, die lediglich infolge des Coarse-Grainings unvorhersehbar ist. Damit ist eine Interpretation deiner Dichtematrix möglich, die genauso ontisch ist, wie im klassischen Fall und keine vielen Welten benötigt.

Zitat:

Es stehen beide Hauptdiagonalelemente da, sie werden ontisch interpretiert, also wären beide Möglichkeiten zugleich realisiert - das ist die zentrale Vorhersage der MWI.


In einer klassischen Phasenraumverteilung kannst du auch zwei makroskopisch unterscheidbare Modi besitzen und ontisch interpretieren ohne deshalb viele Welten einführen zu müssen.

Zitat:

Bei einer Zusatzannahme, die dazu führt, ein „oder“ hineininterpretieren zu können, läge aber keine ontische Interpretation vor.


Doch, natürlich kann die Interpretation ontisch sein. Wieso nicht?

Zitat:

Du hast aber recht, ich benötige die Zusatzannahme, dass durch das Coarse-Graining keine relevante Information aus dem Zustand verlorengegangen ist. Dazu gibt es im wesentlichen zwei Alternativen:
  • Ist diese Annahme im wesentlichen zutreffend (so wie im klassischen Fall für das Coarse Graining und Eliminieren aller klassischen mikroskopischen Freiheitsgrade) dann folgt aus einer ontischen Interpretation als Konsequenz die MWI.


Ich glaube nicht, daß sie dann wirklich logisch folgt. Aber ich kenne zumindest keine Alternative, die nicht Schwierigkeiten mit dem Meßproblem hätte. Insofern wäre sie wohl der einzige Kandidat für eine ontische Interpretation.

Zitat:

  • Ist diese Annahme nicht zutreffend, dann wäre die o.g. Struktur der Dichtematrix ein Artefakt des Coarse Grainings, praktisch alle diesbezüglichen Behauptungen der Dekohärenz falsch, und die MWI damit völlig irrelevant.


  • Die Dichtematrix ist natürlich ein Resultat des Coarse-Grainings und der Dynamik des (offenen) Quantensystems bestehend aus System und Meßgerät mit ausintegrierten Freiheitsgraden.

    Für die Dekohärenz hätte das nicht die geringsten Konsequenzen. Wie kommst du darauf?

    Die MWI ist dann allerdings tatsächlich irrelevant. Und das ist aus diesen Gründen auch meine gegenwärtige Ansicht.

    Zitat:

    Folgt deine Ansicht aus der thermal Interpretation?


    Nein, aber sie ermöglicht sie natürlich gewissermaßen. Die thermal Interpretation ist offensichtlich ontisch, benötigt nur den Standardformalismus ohne Kollaps und ohne Bornsche Regel und hat keine besonderen Probleme mit der Behandlung des Meßproblems (zumindest keine offensichtlichen). Sie ist deshalb ein Gegenbeispiel zu der Behauptung die MWI sei die einzige ontische Interpretation mit diesen Eigeschaften.
    TomS
    Moderator


    Anmeldungsdatum: 20.03.2009
    Beiträge: 17910

    Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jan 2022 11:25    Titel: Antworten mit Zitat

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Irgendwie hast du mich mißverstanden. Ich will überhaupt nichts aus einer ontischen Interpretation folgern. Ich will widerlegen, daß die MWI aus dem Formalismus und der ontischen Interpretation des Zustandsvektors folgt. Dazu reicht mir die Möglichkeit, daß die Zeigervariablen eine klassische Dynamik (mit stets vernachlässigbarer Unsicherheit) besitzen, die lediglich infolge des Coarse-Grainings unvorhersehbar ist. Damit ist eine Interpretation deiner Dichtematrix möglich, die genauso ontisch ist, wie im klassischen Fall und keine vielen Welten benötigt.

    Wenn du das zeigen könntest, hättest du absolut recht.

    Aber wie gesagt, das würde bedeuten, dass die Struktur der Dichtematrix lediglich ein Artefakt des Coarse Grainings ist, und dass die Aussagen, die man zur MWI auf Basis der Dekohärenz findet, letztlich falsch sind.

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Zitat:
    Es stehen beide Hauptdiagonalelemente da, sie werden ontisch interpretiert, also wären beide Möglichkeiten zugleich realisiert - das ist die zentrale Vorhersage der MWI.

    In einer klassischen Phasenraumverteilung kannst du auch zwei makroskopisch unterscheidbare Modi besitzen und ontisch interpretieren ohne deshalb viele Welten einführen zu müssen.

    Nein, nicht in der selben Weise wie in der Quantenmechanik.

    Klassisch würdest du
    1a) beide potentielle Möglichkeiten sowie die Tatsache, dass nur eine realisiert ist, voraussetzen; für jede der beiden erhältst du dann mittels Coarse Graining jeweils eine der beiden Verteilung. Daraus - aus der Voraussetzung - folgt das "entweder - oder".
    1b) oder tatsächlich zwei sich in entgegengesetzte Richtungen bewegende Verteilungen erhalten, also zwei getrennte Massenverteilungen, beide real und natürlich in einer klassischen Welt (das wäre im vorliegenden Fall aber sicher ein falsches Ergebnis)

    Quantenmechanisch
    2) erhältst du in einer ontischen Interpretation ohne weitere Zusatzannahmen aber die o.g. Dichtematrix (es sei denn, die Rechnungen der Dekohärenz sind explizit falsch). Dann wäre eine ontische Interpretation jedoch sicher kein "entweder - oder", es sei denn, du führst auch dafür eine zusätzliche Voraussetzung ein. Welche wäre das? Ich kenne dazu nur die Bornsche Regel, die führt aber gerade nicht zu einer ontischen Interpretation dessen, was mathematisch da steht; sie interpretiert nicht die gesamte Dichtematrix ontisch sondern lediglich eine der Diagonalkomponenten.

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Zitat:
    Bei einer Zusatzannahme, die dazu führt, ein „oder“ hineininterpretieren zu können, läge aber keine ontische Interpretation vor.

    Doch, natürlich kann die Interpretation ontisch sein. Wieso nicht?

    Weil sie nicht die gesamte Dichtematrix ontisch interpretiert sondern nur eine der Diagonalkomponenten.

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Ich glaube nicht, daß sie [die MWI] dann wirklich logisch folgt. Aber ich kenne zumindest keine Alternative, die nicht Schwierigkeiten mit dem Meßproblem hätte. Insofern wäre sie wohl der einzige Kandidat für eine ontische Interpretation.

    Ok, um hier mit "logisch" argumentieren zu können, müssten wir uns sehr viel präziser fassen. Stattgegegeben.

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Die Dichtematrix ist natürlich ein Resultat des Coarse-Grainings und der Dynamik des (offenen) Quantensystems bestehend aus System und Meßgerät mit ausintegrierten Freiheitsgraden ...

    Die MWI ist dann allerdings tatsächlich irrelevant. Und das ist aus diesen Gründen auch meine gegenwärtige Ansicht.

    Ich habe hier Coarse Graining im Sinne von "Ausspuren aller unbeobachteten Freiheitsgrade" verstanden, d.h. letztlich Ausspuren aller (!) Freiheitsgrade außer den Schwerpunkten und der Form der Verteilungen; das ist natürlich zu grob, andernfalls kann ich aber die Dichtematrix nicht so schön einfach hinschreiben ;-)

    Die Frage an dich wäre, wie sähe denn deiner Meinung nach eine handhabbare und zugleich interpretierbare mathematische Größe aus, die für den o.g. Fall keine zwei inkohärent überlagerten makroskopischen Situationen liefert? Du willst ja letztlich darauf hinaus, dass das Problem von "Schrödingers Katze" letztlich ein Scheinproblem ist, das durch Ausspuren, Coarse Graining o.ä. suggeriert wird. Welches mathematische Objekt möchtest du betrachten und interpretieren? Der volle Zustandsvektor kann es ja wohl nicht sein, dem sieht man sozusagen nichts an; eine reduzierte Dichtematrix aber wohl auch nicht, in die führt man ja - wenn ich dich richtig verstehe - mittels Coarse Graining ein Scheinproblem ein.

    Glaubst du tatsächlich, dass das Coarse Graining derart falsch sein könnte, dass wir wirklich über ein Scheinproblem reden?


    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Die thermal Interpretation ist offensichtlich ontisch, benötigt nur den Standardformalismus ohne Kollaps und ohne Bornsche Regel und hat keine besonderen Probleme mit der Behandlung des Meßproblems (zumindest keine offensichtlichen).

    Ich konnte für genau diese Behauptung in den Artikeln von Neumaier nie eine explizit schlüssige Begründung finden. Er hat nie explizit geschrieben, was im Falle der Katze oder des o.g. Szenarios wirklich passiert, sondern immer nur über "seine" erweiterte Ontologie der Gesamtheit aller Erwartungswerte und Korrelationsfunktionen etc. gesprochen. Das ist als Interpretation an sich zwar völlig in Ordnung, jedoch nicht ontisch sondern epistemisch.

    Was also geschieht wirklich gemäß Neumaier und warum existiert nur genau eine Katze, obwohl sich fast alle*) Physiker einig sind, dass aus dem Formalismus ohne Kollaps immer die Beschreibung von zwei Katzen resultiert?

    *) genauer zu "fast alle": alle Anhänger einer Kollapsinterpretation, Anhänger moderner Varianten von Kopenhagen wie "coherent histories", "QBism", Anhänger der Ensemble-Interpretation, natürlich Anhänger der MWI; nicht Anhänger von deBroglie-Bohm oder explizit anderer Theorien wie GRW.

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    Anmeldungsdatum: 14.08.2014
    Beiträge: 3259

    Beitrag index_razor Verfasst am: 30. Jan 2022 11:57    Titel: Antworten mit Zitat

    TomS hat Folgendes geschrieben:

    Quantenmechanisch
    2) erhältst du in einer ontischen Interpretation ohne weitere Zusatzannahmen aber die o.g. Dichtematrix (es sei denn, die Rechnungen der Dekohärenz sind explizit falsch).


    Nein, eben nicht. Ich erhalte das nur unter der zusätzlichen Annahme, daß die ausintegrierten Freiheitsgrade keinen Effekt auf die Dynamik der Zeigervariablen haben. (Das meine ich damit, daß die makroskopische Unsicherheit im wesentlichen ein Effekt des Mikrozustands des Meßgeräts ist.) Das ist nicht offensichtlich. Und ich finde es sogar physikalisch recht unplausibel. Wir reden ja von einem Meßgerät für einen Quanteneffekt, also einen mikroskopischen Effekt. Die grundlegende Funktionsweise erfordert also, daß der Apparat Effekte verstärkt, die vermutlich genau von der Art sind, die du ausintegrierst.

    Zitat:

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Zitat:
    Bei einer Zusatzannahme, die dazu führt, ein „oder“ hineininterpretieren zu können, läge aber keine ontische Interpretation vor.

    Doch, natürlich kann die Interpretation ontisch sein. Wieso nicht?

    Weil sie nicht die gesamte Dichtematrix ontisch interpretiert sondern nur eine der Diagonalkomponenten.


    Das behauptest du jedes mal egal wie oft ich erkläre, daß dies nicht der Fall ist. Selbst in diesem Thread habe ich schon erklärt, daß das Vorliegen beider Komponenten lediglich bedeutet, daß beide Endzustände möglich sind. Genau wie in der klassischen statistischen Mechanik. Ich bin ratlos.

    Zitat:

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Die Dichtematrix ist natürlich ein Resultat des Coarse-Grainings und der Dynamik des (offenen) Quantensystems bestehend aus System und Meßgerät mit ausintegrierten Freiheitsgraden ...

    Die MWI ist dann allerdings tatsächlich irrelevant. Und das ist aus diesen Gründen auch meine gegenwärtige Ansicht.

    Ich habe hier Coarse Graining im Sinne von "Ausspuren aller unbeobachteten Freiheitsgrade" verstanden, d.h. letztlich Ausspuren aller (!) Freiheitsgrade außer den Schwerpunkten und der Form der Verteilungen; das ist natürlich zu grob, andernfalls kann ich aber die Dichtematrix nicht so schön einfach hinschreiben ;-)


    Daß sie unbeobachtbar sind, postulierst du einfach. Wenn sie die Dynamik der Zeigervariablen beeinflussen, sind sie natürlich streng genommen nicht unbeobachtbar. Das ist genau der Punkt.

    Zitat:

    Die Frage an dich wäre, wie sähe denn deiner Meinung nach eine handhabbare und zugleich interpretierbare mathematische Größe aus, die für den o.g. Fall keine zwei inkohärent überlagerten makroskopischen Situationen liefert?


    Nein, du behauptest etwas über Folgerungen. Deshalb liegt die Beweislast auch bei dir. Du mußt zeigen, daß es ein realistisches Modell eines Meßgeräts gibt, in dem die makroskopische Unsicherheit nicht auf die Ausintegration der mikrokopischen Freiheitsgrade zurückzuführen ist. Ansonsten hast du m.E. nicht gezeigt, daß die MWI für ontische Interpretationen eine Notwendigkeit darstellt. Du hast einen Dichteoperator hingeschrieben, für den du eine bestimmte ontische Interpretation vorschlägst, obwohl andere ontische Interpretationen möglich sind. Das ist alles.


    P.S. Ich bin jetzt auf deine Fragen zur Thermal Interpretation absichtlich nicht eingegangen, da wir die m.E. bei unserer letzten Diskussion über das Thema schon ausführlich genug besprochen haben. Ich habe dir sogar die Abschnitte genannt, in denen der Meßprozeß diskutiert wird, der ja im Prinzip isomorph zum Katzenparadoxon ist. Wenn du jetzt immer noch behauptest, darüber nichts finden zu können, weiß ich auch nicht, was ich noch tun kann.

    P.P.S. Vielleicht dazu doch noch eine kurze Bemerkung:

    TomS hat Folgendes geschrieben:
    [...] sondern immer nur über "seine" erweiterte Ontologie der Gesamtheit aller Erwartungswerte und Korrelationsfunktionen etc. gesprochen., Das ist als Interpretation an sich zwar völlig in Ordnung, jedoch nicht ontisch sondern epistemisch.


    Nein, die Thermal Interpretation ist ontisch. Was du als "Erwartungswerte" und "Korrelationsfunktionen" bezeichnest, sind in dieser Interpretation objektive Eigenschaften des Systems. Sie beschreiben nicht lediglich unser Wissen über das System. Aber das schreibe ich nicht zum ersten mal und vermutlich auch diesmal wieder vergeblich. (Und natürlich redet er nicht "nur" darüber. Um die Interpretation zu definieren benötigt man kaum mehr als ein paar Seiten. Der Rest geht genau um die Art von Problemen, zu denen du behauptest nichts finden zu können.)
    index_razor



    Anmeldungsdatum: 14.08.2014
    Beiträge: 3259

    Beitrag index_razor Verfasst am: 30. Jan 2022 14:52    Titel: Antworten mit Zitat

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    TomS hat Folgendes geschrieben:

    Quantenmechanisch
    2) erhältst du in einer ontischen Interpretation ohne weitere Zusatzannahmen aber die o.g. Dichtematrix (es sei denn, die Rechnungen der Dekohärenz sind explizit falsch).


    Nein, eben nicht. Ich erhalte das nur unter der zusätzlichen Annahme, daß die ausintegrierten Freiheitsgrade keinen Effekt auf die Dynamik der Zeigervariablen haben.


    Oder anders formuliert: Ontisch kannst du die Dichtematrix auf deine Art nur interpretieren, wenn sie die komplette Information über den Mikrozustand des Systems enthält. Das ist hier aber gerade nicht der Fall. Du hast vorausgesetzt, daß Information über bestimmte Freiheitsgrade ignoriert wurde. (Das mußt du auch, ansonsten ist das Szenario unrealistisch.) Genau dadurch wird das "Entweder-Oder" in die Interpretation eingeführt. Dazu braucht man dann keine Zusatzannahmen mehr.

    Statt zu sagen: "Das System befindet sich zur Zeit t in genau dem einen Mikrozustand", kann man nur noch sagen, "Das System befindet sich in einem der möglichen Mikrozustände, die mit dem gegebenen Makrozustand kompatibel sind." Das ist in der klassischen statistischen Mechanik im Prinzip nicht anders als in der Quantenstatistik.
    TomS
    Moderator


    Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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    Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jan 2022 18:27    Titel: Antworten mit Zitat

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Zitat:
    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Zitat:
    Bei einer Zusatzannahme, die dazu führt, ein „oder“ hineininterpretieren zu können, läge aber keine ontische Interpretation vor.

    Doch, natürlich kann die Interpretation ontisch sein. Wieso nicht?

    Weil sie nicht die gesamte Dichtematrix ontisch interpretiert sondern nur eine der Diagonalkomponenten.

    Das behauptest du jedes mal egal wie oft ich erkläre, daß dies nicht der Fall ist. Selbst in diesem Thread habe ich schon erklärt, daß das Vorliegen beider Komponenten lediglich bedeutet, daß beide Endzustände möglich sind. Genau wie in der klassischen statistischen Mechanik. Ich bin ratlos.

    Ich bin ebenfalls ratlos.

    Klären wir bitte eine möglicherweise einfache Sprachverwirrung.

    ontisch: das tatsächlich Seiende betreffend; als seiend, unabhängig vom Bewusstsein existierend verstanden ...
    ontic: factual existence, accurate claims about "ontic states describe all properties of a physical system exhaustively ('exhaustive' means that an ontic state is 'precisely the way it is,' without any reference to epistemic knowledge or ignorance)";

    Nichts davon besagt, dass "ontisch" mehrere Möglichkeiten einschließt, wovon nur eine tatsächlich real existiert, die anderen jedoch nicht realisiert sind; dies wäre im Sinne des Wortes "ontisch" eben gerade nicht ontisch.

    Auf die genannte Dichtematrix bezogen heißt dies:
    1) wird sie in diesem Sinne ontisch interpretiert, dann sind trivialerweise beide (sich klassisch ausschließenden) Möglichkeiten zugleich realisiert - nicht weil die Physik das sagt, sondern weil dies die Bedeutung des Wortes ontisch ist
    2) diese Interpretation kann falsch sein - nicht sprachlich, denn das ist eindeutig, sondern weil die Dichtematrix letztlich eine Gegebenheit beschreibt, die so in der Realität nicht nicht vorliegt

    Das bedeutet:
    1) wenn die oben genannte Dichtematrix die Realität zutreffend beschreibt, dann besagt eine ontische Interpretation trivialerweise, dass beide Möglichkeiten realisiert sind
    2) wenn umgekehrt nur eine der beiden Möglichkeiten tatsächlich realisiert ist, dann liegt dies nicht an irgendeinem Missverständnis bzgl. der Bedeutung von ontisch, sondern dann ist die vorliegende Dichtematrix in diesem Sinne schlicht physikalisch unzutreffend

    Wenn man den Anspruch einer ontischen Interpretation hat und zugleich die MWI vermeiden möchte, dann besteht der einzig mögliche Weg darin, zu zeigen, dass Dichtematrizen der o.g. Form gar nicht auftreten, oder dass Ausspuren / Coarse Graining zwar Dichtematrizen der o.g. Form als Artefakt erzeugt, dass diese Vergröberung jedoch eine so massive Vereinfachung darstellt, dass letztlich keine vernünftige Interpretation mehr vorliegt.

    Ich hoffe, dass wir uns insoweit einig sind.

    Dann kann ich mich nämlich darauf konzentrieren, deine physikalischen Argumente zu verstehen.

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    index_razor



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    Beitrag index_razor Verfasst am: 30. Jan 2022 19:19    Titel: Antworten mit Zitat

    TomS hat Folgendes geschrieben:

    Klären wir bitte eine möglicherweise einfache Sprachverwirrung.

    ontisch: das tatsächlich Seiende betreffend; als seiend, unabhängig vom Bewusstsein existierend verstanden ...
    ontic: factual existence, accurate claims about "ontic states describe all properties of a physical system exhaustively ('exhaustive' means that an ontic state is 'precisely the way it is,' without any reference to epistemic knowledge or ignorance)";

    Nichts davon besagt, dass "ontisch" mehrere Möglichkeiten einschließt, wovon nur eine tatsächlich real existiert, die anderen jedoch nicht realisiert sind; dies wäre im Sinne des Wortes "ontisch" eben gerade nicht ontisch.


    Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß in einer ontischen Interpretation mehrere Möglichkeiten bestehen, wenn in meiner Zustandsbeschreibung Information fehlt. Ist das nicht vollkommen trivial? Das ist auch in der klassischen Theorie so. Und da ist alles ontisch.

    Zitat:

    Auf die genannte Dichtematrix bezogen heißt dies:
    1) wird sie in diesem Sinne ontisch interpretiert, dann sind trivialerweise beide (sich klassisch ausschließenden) Möglichkeiten zugleich realisiert - nicht weil die Physik das sagt, sondern weil dies die Bedeutung des Wortes ontisch ist


    Nein, genau das stimmt eben nicht. Die Dichtematrix, von der wir reden, stellt eine unvollständige Spezifikation des realen Zustands dar. Das war praktisch deine eigene Voraussetzung. Natürlich gibt es dann mehrere Möglichkeit für den exakten Zustand. Das ist doch sonnenklar und widerspricht nicht im geringsten deiner Definition von "ontisch".

    Zitat:

    Das bedeutet:
    1) wenn die oben genannte Dichtematrix die Realität zutreffend beschreibt, dann besagt eine ontische Interpretation trivialerweise, dass beide Möglichkeiten realisiert sind
    2) wenn umgekehrt nur eine der beiden Möglichkeiten tatsächlich realisiert ist, dann liegt dies nicht an irgendeinem Missverständnis bzgl. der Bedeutung von ontisch, sondern dann ist die vorliegende Dichtematrix in diesem Sinne schlicht physikalisch unzutreffend


    Sie ist nicht unzutreffend, sie ist nur unvollständig. Deswegen erfordert die ontische Interpretation sogar, daß ich mehrere Mikrozustände als Möglichkeiten in Betracht ziehe. Zu behaupten, daß in einer unvollständigen Beschreibung alle Optionen gleichzeitig realisiert sind, ergibt wenig Sinn. Wenn du nur weißt, daß soeben eine gerade Zahl gewürfelt wurde, dann erfordert deine ontische Interpretation des Würfelzustands ja auch nicht anzunehmen, daß dieser Würfel nun 2, 4 und 6 gleichzeitig anzeigt.

    Zitat:

    Wenn man den Anspruch einer ontischen Interpretation hat und zugleich die MWI vermeiden möchte, dann besteht der einzig mögliche Weg darin, zu zeigen, dass Dichtematrizen der o.g. Form gar nicht auftreten, oder dass Ausspuren / Coarse Graining zwar Dichtematrizen der o.g. Form als Artefakt erzeugt, dass diese Vergröberung jedoch eine so massive Vereinfachung darstellt, dass letztlich keine vernünftige Interpretation mehr vorliegt.


    Du drehst schon wieder die Beweislast um. Wenn man behaupten möchte, daß die MWI die einzig mögliche ontische Interpretation ist, dann muß man zumindest ein realistisches Beispiel präsentieren, in dem die makroskopische Unsicherheit nicht auf die von dir selbst vorausgesetzten Unkenntnis irgendwelcher Freiheitsgrade im Anfangszustand zurückzuführen ist.
    TomS
    Moderator


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    Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jan 2022 20:34    Titel: Antworten mit Zitat

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß in einer ontischen Interpretation mehrere Möglichkeiten bestehen, wenn in meiner Zustandsbeschreibung Information fehlt. Ist das nicht vollkommen trivial?

    Nein, das ist nicht vollkommen trivial sondern im Sinne der Bedeutung von „ontisch“ vollkommen falsch.

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Das ist auch in der klassischen Theorie so. Und da ist alles ontisch.

    Nein, in der klassischen Physik ist die statistische Mechanik natürlich nicht ontisch; „the probability distribution [over phase space] is pretty clearly an epistemic state.“

    Siehe https://mattleifer.info/2011/11/20/can-the-quantum-state-be-interpreted-statistically/

    Und dass eine Dichtematrix mehrere Möglichkeiten (und deren Wahrscheinlichkeiten) beschreibt, ist keine Konsequenz des Formalismus sondern deine zusätzliche Entscheidung, die Dichtematrix nicht-ontisch zu interpretieren.

    Zusammenfassend: gegeben sei eine Dichtematrix;
    1) diese interpretiert man ontisch, indem man alle enthaltenen Komponenten als zugleich realisiert ansieht (dies mag dahingehend falsch sein, als es nicht der tatsächlichen Realität entspricht)
    2) sieht man sie dagegen als Kollektion mehrerer Möglichkeiten an, von denen nur eine realisiert ist, dann interpretiert man sie trivialerweise nicht-ontisch

    Mich würden deine physikalische Argumentation wirklich sehr interessiert. Aber dazu müssen wir uns auch auf den korrekten Gebrauch sprachlicher und philosophischer Begriffe einigen; sonst reden wir weiterhin ständig aneinander vorbei.

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    Beitrag index_razor Verfasst am: 30. Jan 2022 20:51    Titel: Antworten mit Zitat

    TomS hat Folgendes geschrieben:
    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß in einer ontischen Interpretation mehrere Möglichkeiten bestehen, wenn in meiner Zustandsbeschreibung Information fehlt. Ist das nicht vollkommen trivial?

    Nein, das ist nicht vollkommen trivial sondern im Sinne der Bedeutung von „ontisch“ vollkommen falsch.


    Nein, es ist wirklich vollkommen trivial. Der Zustand ist nicht ontisch (nach deiner Definition). Die Interpretation der Theorie schon.

    Zitat:

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Das ist auch in der klassischen Theorie so. Und da ist alles ontisch.

    Nein, in der klassischen Physik ist die statistische Mechanik natürlich nicht ontisch; „the probability distribution [over phase space] is pretty clearly an epistemic state.“


    Genau wie deine Dichtematrix nach Coarse-Graining. Genau das sage ich ja. In jeder Interpretation kannst du Information wegschmeißen und zu nicht-ontischen Zuständen übergehen. Das ändert nichts daran, daß die Interpretation ontisch ist.

    Zitat:

    Siehe https://mattleifer.info/2011/11/20/can-the-quantum-state-be-interpreted-statistically/


    Ich rede nicht von einer statistischen Interpretation des Zustands. Ich rede von einer ontischen Interpretation bei fehlender Information. Bitte versuche diesen Unterschied zu begreifen, sonst führt das hier wirklich zu nichts.

    Zitat:

    Und dass eine Dichtematrix mehrere Möglichkeiten (und deren Wahrscheinlichkeiten) beschreibt, ist keine Konsequenz des Formalismus sondern deine zusätzliche Entscheidung, die Dichtematrix nicht-ontisch zu interpretieren.

    Zusammenfassend: gegeben sei eine Dichtematrix;
    1) diese interpretiert man ontisch, indem man alle enthaltenen Komponenten als zugleich realisiert ansieht (dies mag dahingehend falsch sein, als es nicht der tatsächlichen Realität entspricht)


    Nein, das ist nicht die einzige ontische Interpretation. Und es ist sogar eine unsinnige ontische Interpretation eines Zustands unvollständiger Information (d.h. eines "epistemischen" Zustands).

    Zitat:

    2) sieht man sie dagegen als Kollektion mehrerer Möglichkeiten an, von denen nur eine realisiert ist, dann interpretiert man sie trivialerweise nicht-ontisch


    Ob die Information vollständig ist oder nicht ist keine Frage der Interpretation. Es gibt in der Quantenmechanik (genau wie in der klassischen Mechanik) sowohl ontische als auch epistemische Zustände. Beide kann man mit Dichtematrizen beschreiben. Ich denke das ist der triviale Punkt, über den du immer stolperst.
    TomS
    Moderator


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    Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jan 2022 22:46    Titel: Antworten mit Zitat

    Deine Privatterminologie bringt wirklich nichts. Aber evtl. können wir diese Fragen sogar ignorieren - siehe folgender Beitrag.

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    In jeder Interpretation kannst du Information wegschmeißen und zu nicht-ontischen Zuständen übergehen.

    Das Durchführen von Näherungen - „Wegwerfen von Informationen“ ist ein unbegründete epistemische Sichtweise - führt nicht zu nicht-ontischen bzw. epistemischen Zuständen, sondern zu ontischen Zuständen, die nicht sämtliche Aspekte der Realität vollständig präzise und korrekt repräsentieren; Vollständigkeit der Beschreibung wird aber nirgendwo als Voraussetzung für „ontisch“ genannt.

    Andernfalls wären alle Zustände der Atom- und Molekülphysik nicht-ontisch, weil die Freiheitsgrade der Kerne vernachlässigt werden; Aussagen zu Planetenbahnen entsprechend Keplerellipsen wären nicht-ontisch … das ist einfach Unsinn und wird von niemandem in diesem Sinne vertreten.

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Ich rede nicht von einer statistischen Interpretation des Zustands. Ich rede von einer ontischen Interpretation bei fehlender Information. Bitte versuche diesen Unterschied zu begreifen, sonst führt das hier wirklich zu nichts.

    Verstanden. Schon lange. Ich bin nur nicht deiner Meinung.

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Nein, das ist nicht die einzige ontische Interpretation. Und es ist sogar eine unsinnige ontische Interpretation eines Zustands unvollständiger Information (d.h. eines "epistemischen" Zustands).

    Eine ontische Interpretation erfordert sicher keine vollständige Information. Das ist ausschließlich deine Privatansicht.

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    Zuletzt bearbeitet von TomS am 31. Jan 2022 06:59, insgesamt 6-mal bearbeitet
    TomS
    Moderator


    Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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    Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jan 2022 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

    Evtl. können wir uns ja der eigentlich interessanten Frage zuwenden.

    Dass die reduzierte Dichtematrix deiner Meinung nach ein epistemischer Zustand ist, hat nichts mit dem Ausspuren von Freiheitsgraden zu tun, sondern ausschließlich mit deiner Haltung - die für sich genommen sicher zulässig ist. Und dass die selbe Dichtematrix meiner Meinung nach ein ontischer Zustand ist, hat ausschließlich etwas mit meiner Haltung zu tun - die zunächst ebenfalls zulässig ist.

    Die relevante offene Frage ist, ob die reduzierte Dichtematrix der richtige - in meinem Sinne ontische - Zustand ist, also ob in der Natur tatsächlich zwei sich klassisch ausschließende Möglichkeiten realisiert sind. Das ist zunächst keine Frage des Coarse Grainings oder der Details - auch die Aussage, dass der Mars zwei Monde hat, ist eine ontisch zutreffend Aussage, obwohl sie viele Details ausblendet.

    Nochmal, mich würde deine Meinung dazu interessieren: wie beschreibst du mathematisch und deterministisch - trotz des Auftretens dieser beiden Möglichkeiten - dass nur eine tatsächlich realisiert wird, und welche realisiert wird? So wie ich dich verstehe, akzeptierst du das Auftreten der beiden Möglichkeiten im Rahmen der Dekohärenz. Du gehst jedoch davon aus, dass das Ausspuren relevante Informationen vernichtet; unter Berücksichtigung dieser Informationen erhält man dann den einen zutreffenden Zustand, d.h. die Dekohärenz suggeriert letztlich nur diese Möglichkeiten aufgrund des Ausspurens? Wie gelangst du konkret zu einer? Nur mittels unitärer Zeitentwicklung? Und dieser eine Zustand enthält dann keine zwei sich klassisch ausschließende Alternativen, er löst also das Problem der Katze, das sich letztlich als Scheinproblem erweist?

    Mathematisch: gehen wir von dem bekannten Subsystemen Cat, Measurement Device und Environment aus; der volle Zustand und dessen Zeitentwicklung lautet



    In diesem Zustand ist dann kodiert, was wir tatsächlich beobachten, d.h. nur genau eine Möglichkeit für die Katze? Wie erhalten wir mathematisch diese Information? Durch Dekohärenz sicher nicht, denn diese liefert ja beide Möglichkeiten.

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    Zuletzt bearbeitet von TomS am 31. Jan 2022 07:34, insgesamt 3-mal bearbeitet
    index_razor



    Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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    Beitrag index_razor Verfasst am: 31. Jan 2022 07:10    Titel: Antworten mit Zitat

    TomS hat Folgendes geschrieben:
    Deine Privatterminologie bringt wirklich nichts - aber evtl. können wir diese Fragen der Terminologie sogar ignorieren.


    Ich habe nur versucht mich an die Terminologie zu halten, die du selbst eingeführt hast. Ich selbst habe nie von "ontischen" oder "epistemischen" Zuständen gesprochen, außer in meinem letzten Beitrag, nachdem du diese Begriffe ins Spiel gebracht hast. Ich habe nur von ontischen Interpretationen von Zuständen mit unvollständiger Information gesprochen und darauf hingewiesen, daß deine Interpretation solcher Zustände im allgemeinen Unsinn ist.

    Zitat:

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    In jeder Interpretation kannst du Information wegschmeißen und zu nicht-ontischen Zuständen übergehen.

    Das Durchführen von Näherungen - „Wegwerfen von Informationen“ ist ein unbegründete epistemische Sichtweise -


    Oder das Resultat von Coarse-Graining oder der Beschreibung makroskopischer Zustände. Unbegründet ist das natürlich nicht, sondern manchmal notwendig, so auch in diesem Fall. Es war ja deine eigene Voraussetzung, daß Information fehlt.

    Zitat:

    führt nicht zu nicht-ontischen bzw. epistemischen Zuständen, sondern zu ontischen Zuständen, die nicht sämtliche Aspekte der Realität vollständig präzise und korrekt repräsentieren;


    Genau das habe ich gesagt. Und wenn ein Aspekt fehlt, der den exakten Wert einer Variable determiniert, dann kann man nicht einfach behaupten, daß diese Variable nun alle möglichen Werte hat. Das ist Unsinn.

    Zitat:

    Vollständigkeit der Beschreibung wird aber nirgendwo als Voraussetzung für „ontisch“ genannt.


    Doch, in deiner eigenen Definition weiter oben:

    ontic: factual existence, accurate claims about "ontic states describe all properties of a physical system exhaustively ('exhaustive' means that an ontic state is 'precisely the way it is,' without any reference to epistemic knowledge or ignorance)";

    Das ist hier nicht der Fall. Wir wissen nichts über die ausintegrierten Freiheitsgrade oder die, die wir normalerweise als "Umgebung" bezeichnen. Die spielen aber in der Zeitentwicklung durchaus eine Rolle (das ist übrigens der Unterschied zu zu deinem Beispiel der Keplerellipsen). Also hätten wir es hier nach deiner Terminologie, nicht meiner, mit einem "epistemischen" Zustand zu tun.

    Zitat:

    Andernfalls wären alle Zustände der Atom- und Molekülphysik nicht-ontisch, weil die Freiheitsgrade der Kerne vernachlässigt werden; Aussagen zu Planetenbahnen entsprechend Keplerellipsen wären nicht-ontisch … das ist einfach Unsinn und wird von niemandem in diesem Sinne vertreten.


    Das ist zwar nicht ganz richtig. Aber da ich die Terminologie selbst gar nicht verwenden wollte, ist mir das auch egal.

    Zitat:

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Ich rede nicht von einer statistischen Interpretation des Zustands. Ich rede von einer ontischen Interpretation bei fehlender Information. Bitte versuche diesen Unterschied zu begreifen, sonst führt das hier wirklich zu nichts.

    Verstanden. Schon lange. Ich bin nur nicht deiner Meinung.


    Welcher Meinung bist du nicht? Daß es bei unvollständiger Information normalerweise mehrere Möglichkeiten gibt, in welchem Zustand sich ein System befinden kann?

    Zitat:

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Nein, das ist nicht die einzige ontische Interpretation. Und es ist sogar eine unsinnige ontische Interpretation eines Zustands unvollständiger Information (d.h. eines "epistemischen" Zustands).

    Eine ontische Interpretation erfordert sicher keine vollständige Information. Das ist ausschließlich deine Privatansicht.



    Nein, es ist definitiv nicht meine Ansicht. Sonst hätte ich ja nicht eine alternative Interpretation solcher Zustände als "ontisch" bezeichnet. Meine Meinung ist, daß deine Interpretation im allgemeinen nicht sinnvoll ist, während meine schon immer seit der klassischen statistischen Mechanik für exakt dieselbe Art von Zuständen verwendet wird.


    Zuletzt bearbeitet von index_razor am 31. Jan 2022 07:28, insgesamt 2-mal bearbeitet
    index_razor



    Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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    Beitrag index_razor Verfasst am: 31. Jan 2022 07:25    Titel: Antworten mit Zitat

    TomS hat Folgendes geschrieben:
    Evtl. können wir uns ja der eigentlich interessanten Frage zuwenden.

    Dass die reduzierte Dichtematrix deiner Meinung nach ein epistemischer Zustand ist, hat nichts mit dem Ausspuren von Freiheitsgraden zu tun, sondern ausschließlich mit deiner Haltung


    Das habe ich nie behauptet und ich habe keine Ahnung, wie du darauf kommst, mir diesen Unsinn zu unterstellen. Natürlich hat es was mit der Ausintegration von Freiheitsgraden zu tun. Das ist der Grund, daß Information fehlt, nicht meine "Haltung".

    Zitat:

    - die für sich genommen sicher zulässig ist. Und dass die selbe Dichtematrix meiner Meinung nach ein ontischer Zustand ist, hat ausschließlich etwas mit meiner Haltung zu tun - die zunächst ebenfalls zulässig ist.


    Du hast aber behauptet, deine Interpretation würde folgen. Das wird widerlegt, indem man zeigt, daß eine andere ontische Interpretation zulässig ist. Hättest du behauptet, die MWI sei eine "zulässige Interpretation, der aber die meisten nicht folgen wollen", hätte ich sicher nicht widersprochen.

    Zitat:

    Nochmal, mich würde deine Meinung dazu interessieren: wie beschreibst du mathematisch und deterministisch - trotz des Auftretens dieser beiden Möglichkeiten - dass nur eine tatsächlich realisiert wird, und welche realisiert wird? So wie ich dich verstehe, akzeptierst du das Auftreten der beiden Möglichkeiten im Rahmen der Dekohärenz. Aber wie gelangst du konkret zu einer? Wie erreichst du das, was der Dekohärenz nicht gelingt?


    Die Trajektorie der Zeigervariablen ist deterministisch und besitzt stets kleine Unsicherheit (bezogen auf den Mikrozustand), hängt aber von den Freiheitsgraden ab, die im Verlauf des Experiments nicht kontrolliert werden. Im Makrozustand wird die Unsicherheit also im Lauf der Zeit viel größer. Deswegen landet sie zwar in genau einem der beiden Endzustände, man weiß aber nicht in welchem. Es ist ungefähr vergleichbar mit klassischem Chaos.
    TomS
    Moderator


    Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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    Beitrag TomS Verfasst am: 31. Jan 2022 07:38    Titel: Antworten mit Zitat

    Vergessen wir die Terminologie und die philosophischen Diskussionen.

    Mathematisch: gehen wir von dem bekannten Subsystemen Cat, Measurement Device und Environment aus; der volle Zustand und dessen Zeitentwicklung lautet



    In diesem Zustand ist dann kodiert, was wir tatsächlich beobachten, d.h. nur genau eine Möglichkeit für die Katze?

    Deine Antwort lautet also

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Deswegen landet sie [die Katze] in genau einem der beiden Endzustände, man weiß aber nicht in welchem. Es ist ungefähr vergleichbar mit klassischem Chaos.

    Dann hatte ich dich oben richtig verstanden, es handelt sich letztlich um ein Scheinproblem, weil man aus der Struktur der reduzierten Dichtematrix eine unzutreffende Schlussfolgerung über die Realität ableitet - „eine lebende und eine tote Katze“ - jedoch aus dem vollen Zustand prinzipiell eine andere Schlussfolgerung erhalten würde - „genau eine x Katze“ - jedoch rein praktisch nicht in der Lage ist, dieses eindeutige x zu berechnen.

    Wie erhalten wir mathematisch diese Information über unsere Beobachtung aus diesem Zustand? Das wäre ja der Schlüssel, um deine These zu plausibilisieren.

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    Zuletzt bearbeitet von TomS am 31. Jan 2022 07:56, insgesamt 4-mal bearbeitet
    curious
    Gast





    Beitrag curious Verfasst am: 31. Jan 2022 07:41    Titel: Antworten mit Zitat

    TomS hat Folgendes geschrieben:

    Die relevante offene Frage ist, ob die reduzierte Dichtematrix der richtige - in meinem Sinne ontische - Zustand ist, also ob in der Natur tatsächlich zwei sich klassisch ausschließende Möglichkeiten realisiert sind.


    Zwischenfrage:
    In diesem Beispiel:

    //homepage.univie.ac.at/franz.embacher/Quantentheorie/Dekohaerenz/

    beschreibt IMO Gleichung 3.) einen reinen Zustand, der als das gleichzeitige Auftreten zweier sich klassisch ausschließender Möglichkeiten aufgefasst werden kann.
    Durch die Wechselwirkung wurde das Umgebungsphoton mit dem kohärenten Zustand des Quantenobjekts (1) verschränkt und liegt nun selbst in zwei sich klassisch sich ausschließenden Möglichkeiten vor.
    Mir scheint, der Zustand wird nicht schon durch die Bildung der Dichtematrix (5) "klassisch" sondern erst durch die Spurbildung unter Verwendung der Orthogonalitätsbedingung (4) für das Umgebungsphoton.
    Diese Orthoganilität wird voraussgesetzt:

    Zitat:
    Wir wollen nun voraussetzen, dass diese beiden Zustände im Prinzip in einer einzigen Messung voneinander unterschieden werden können. Zustände können durch eine geeignete Messung nur dann zuverlässig voneinander unterschieden werden, wenn sie aufeinander orthogonal stehen.


    Verstehe ich das richtig, dass erst durch diese Voraussetzung, dass man das Umgebungsphoton bei einer Messung in dem einen oder dem anderen aber nicht in beiden Zuständen vorfindet, die reduzierte Dichtematrix dann eben ein klassisches Ergebnis eines Gemisches von Zuständen, oder Möglichkeiten
    darstellt (weil man das ja vorausgesetzt hat)?
    Also der Formalismus einfach den Messprozess darstellt, oder nachstellt aber ihn nicht erklärt?
    Wäre in diesem Beispiel nicht eher die Frage, ob man dem reinen Zustand gemäß Gleichung (3) eine Realität zubilligt, als ob die reduzierte Dichtematrix (10) die laut dem Autor des Artikels einem statistischen Ensemble von reinen Zuständen entspricht, der "Realität" nach der Messung entspricht?
    index_razor



    Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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    Beitrag index_razor Verfasst am: 31. Jan 2022 07:50    Titel: Antworten mit Zitat

    TomS hat Folgendes geschrieben:
    Vergessen wir die Terminologie und die philosophischen Diskussionen:

    Mathematisch: gehen wir von dem bekannten Subsystemen Cat, Measurement Device und Environment aus; der volle Zustand und dessen Zeitentwicklung lautet



    In diesem Zustand ist dann kodiert, was wir tatsächlich beobachten, d.h. nur genau eine Möglichkeit für die Katze?


    Ja. (Bis auf die Tatsache, daß auch der Mirkrozustand der Katze im allgemeinen ein Dichteoperator ist, kein reiner Zustand. Aber das spielt vermutlich keine große Rolle in dieser Diskussion.)

    Mit anderen Worten: ich bezweifle, daß aus dem Formalismus der Quantenmechanik folgt, daß makroskopische Katzen existieren, die gleichzeitig tot und lebendig sind.

    Zitat:

    Wie erhalten wir mathematisch diese Information über unsere Beobachtung aus diesem Zustand? Durch Dekohärenz sicher nicht, denn diese liefert ja beide Möglichkeiten.


    Gar nicht, genauso wenig wie wir aus der Strömungsmechanik mathematisch die Wettervorhersage für das nächste Jahrhundert erhalten.

    Zitat:

    Deine Antwort lautet also

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Deswegen landet sie [die Katze] in genau einem der beiden Endzustände, man weiß aber nicht in welchem. Es ist ungefähr vergleichbar mit klassischem Chaos.


    Ja.
    TomS
    Moderator


    Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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    Beitrag TomS Verfasst am: 31. Jan 2022 08:12    Titel: Antworten mit Zitat

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    TomS hat Folgendes geschrieben:
    Vergessen wir die Terminologie und die philosophischen Diskussionen:

    Mathematisch: gehen wir von dem bekannten Subsystemen Cat, Measurement Device und Environment aus; der volle Zustand und dessen Zeitentwicklung lautet



    In diesem Zustand ist dann kodiert, was wir tatsächlich beobachten, d.h. nur genau eine Möglichkeit für die Katze?

    Ja. (Bis auf die Tatsache, daß auch der Mikrozustand der Katze im allgemeinen ein Dichteoperator ist, kein reiner Zustand. Aber das spielt vermutlich keine große Rolle in dieser Diskussion.)

    Ja.

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Mit anderen Worten: ich bezweifle, daß aus dem Formalismus der Quantenmechanik folgt, daß makroskopische Katzen existieren, die gleichzeitig tot und lebendig sind.

    Verstanden.

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Zitat:
    Wie erhalten wir mathematisch diese Information über unsere Beobachtung aus diesem Zustand? Durch Dekohärenz sicher nicht, denn diese liefert ja beide Möglichkeiten.

    Gar nicht, genauso wenig wie wir aus der Strömungsmechanik mathematisch die Wettervorhersage für das nächste Jahrhundert erhalten.

    Gut. Das ist jedoch „nur“ ein praktisches Problem.

    Damit ist die Quantenmechanik prinzipiell exakt in der selben Weise deterministisch, eindeutig und realistisch wie die klassische Physik. Der subjektiv wahrgenommene Indeterminismus resultiert ebenfalls in der selben Weise wie in der klassischen Physik - aufgrund der praktisch (bei Weitem) nicht vollständigen Kenntnis des Mikrozustandes.

    Darf ich fragen, wieso du diese verblüffend simple jedoch zugleich revolutionäre Lösung des Messproblems - letztlich praktisch aller Interpretationsprobleme der Quantenmechanik, die du als Scheinprobleme entlarvst - nicht publizierst?

    Thumbs up!

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    Zuletzt bearbeitet von TomS am 31. Jan 2022 08:18, insgesamt 2-mal bearbeitet
    index_razor



    Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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    Beitrag index_razor Verfasst am: 31. Jan 2022 08:17    Titel: Antworten mit Zitat

    TomS hat Folgendes geschrieben:

    Damit ist die Quantenmechanik prinzipiell exakt in der selben Weise deterministisch, eindeutig und realistisch wie die klassische Physik. Der subjektiv wahrgenommene Indeterminismus resultiert ebenfalls in der selben Weise wie in der klassischen Physik - aufgrund der praktisch (bei Weitem) nicht vollständigen Kenntnis des Mikrozustandes.

    Darf ich fragen, wieso du diese verblüffend simple jedoch zugleich revolutionäre Lösung des Messproblems - letztlich praktisch aller Interpretationsprobleme der Quantenmechanik, die du als Scheinprobleme entlarvst - nicht publizierst?


    Das ist doch schon längst publiziert, allerdings nicht von mir. Zu dieser Ansicht bin ich ja auf Grund der publizierten Literatur gelangt.
    TomS
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    Beitrag TomS Verfasst am: 31. Jan 2022 08:20    Titel: Antworten mit Zitat

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Das ist doch schon längst publiziert, allerdings nicht von mir. Zu dieser Ansicht bin ich ja auf Grund der publizierten Literatur gelangt.

    Wo? Von wem?

    Sollte ich das irgendwo gelesen haben, war ich nicht in der Lage, es zu erkennen. Die Publikation wäre m.E. gerade mal eine Seite.

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    Beitrag index_razor Verfasst am: 31. Jan 2022 08:24    Titel: Antworten mit Zitat

    TomS hat Folgendes geschrieben:
    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Das ist doch schon längst publiziert, allerdings nicht von mir. Zu dieser Ansicht bin ich ja auf Grund der publizierten Literatur gelangt.

    Wo? Von wem?

    Sollte ich das irgendwo gelesen haben, war ich nicht in der Lage, es zu erkennen. Die Publikation wäre m.E. gerade mal eine Seite.


    A. Neumaier, "Coherent Quantum Physics", insbesondere Kap. 11.6 Chaos, randomness, and quantum measurement (gut 2 Seiten)
    TomS
    Moderator


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    Beitrag TomS Verfasst am: 31. Jan 2022 08:29    Titel: Antworten mit Zitat

    Dachte ich‘s mir.

    Wieso versteckt er diese zentrale Aussage zwischen an sich unnötigem q-xyz in Kapitel 11 eines Buches?

    Aufgrund seiner in arxiv zugänglichen Veröffentlichungen kann man das erahnen, aber klar wird das nicht. Ich würde mich nicht mal trauen, zu behaupten, dass du ihn richtig verstanden hast.

    Ich halte deine Zusammenfassung genau deswegen für extrem relevant.

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    index_razor



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    Beitrag index_razor Verfasst am: 31. Jan 2022 08:47    Titel: Antworten mit Zitat

    TomS hat Folgendes geschrieben:
    Dachte ich‘s mir.

    Wieso versteckt er diese zentrale Aussage zwischen an sich unnötigem q-xyz in Kapitel 11 eines Buches?


    Vielleicht weil es nur in Kap. 11 explizit um Meßgeräte geht. Probleme sie zu finden hatte ich jedenfalls nicht.

    Zitat:

    Aufgrund seiner in arxiv zugänglichen Veröffentlichungen kann man das erahnen, aber klar wird das nicht. Ich würde mich nicht mal trauen, zu behaupten, dass du ihn richtig verstanden hast.


    Eine alternative Version steht auch in seinem Preprint "Foundations of quantum physics III. Measurement". (Abschnitt 4.3)


    Zuletzt bearbeitet von index_razor am 31. Jan 2022 13:15, insgesamt einmal bearbeitet
    TomS
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    Beitrag TomS Verfasst am: 31. Jan 2022 09:37    Titel: Antworten mit Zitat

    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Zitat:
    Aufgrund seiner in arxiv zugänglichen Veröffentlichungen kann man das erahnen, aber klar wird das nicht. Ich würde mich nicht mal trauen, zu behaupten, dass du ihn richtig verstanden hast.

    Eine alternative Version steht auch in seinem Preprint "Foundations of quantum physics III. Measurement". (Abschnitt 4.3)

    Auch da sehe ich, dass es auf das von dir gesagte hinauslaufen könnte. Was du sagst, erscheint mir plausibel und verträglich mit seinen Aussagen zu sein, aber wiederum würde ich mich nicht trauen, zu behaupten, Neumaier meint genau das, was du sagst.

    Schreib selbst ein Paper.

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    Kurt



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    Beitrag Kurt Verfasst am: 31. Jan 2022 21:10    Titel: Re: Multiversum Antworten mit Zitat

    JBPhysics hat Folgendes geschrieben:
    Meine Frage:
    Gibt es Hinweise das es es nicht nur ein Universum gibt sondern mehrere oder irgendwelche interessanten Theorien dazu?

    Meine Ideen:
    Habe schon oft gehört das es nicht nur ein Universum gibt und möchte mehr darüber herausfinden.


    Es gibt eine Überlegung die davon ausgeht dass unser Universum das Gleiche macht wie seine einzelnen "Bausteine".

    Die Grundlage für "Stabilität" ist das was überall zu erkennen ist, es ist die resonante Schwingung, resonantes Schwingen.
    Das ist so bei den Grundbausteinen der Materie, Ansammlungen von Materie (z.B. unsere Erde), Schwingen unserer Sonne, unserer Galaxie, den Galaxiehaufenfilamenten und, der "Reihe" folgend, auch unseres Universum.
    Die Wahrscheinlichkeit ist deswegen gross das es auch viele dieser Universen gibt.
    Diese dann wiederum eine schwingende Einheit bilden und Teil weiterer solcher "Schwingeinheiten sind.
    Wo das Ganze aufhört und ob es so ist das werden wir wohl nie erfahren.

    Kurt

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    Beitrag index_razor Verfasst am: 01. Feb 2022 09:09    Titel: Antworten mit Zitat

    TomS hat Folgendes geschrieben:
    index_razor hat Folgendes geschrieben:
    Zitat:
    Aufgrund seiner in arxiv zugänglichen Veröffentlichungen kann man das erahnen, aber klar wird das nicht. Ich würde mich nicht mal trauen, zu behaupten, dass du ihn richtig verstanden hast.

    Eine alternative Version steht auch in seinem Preprint "Foundations of quantum physics III. Measurement". (Abschnitt 4.3)

    Auch da sehe ich, dass es auf das von dir gesagte hinauslaufen könnte. Was du sagst, erscheint mir plausibel und verträglich mit seinen Aussagen zu sein, aber wiederum würde ich mich nicht trauen, zu behaupten, Neumaier meint genau das, was du sagst.


    Das ist doch auch nicht nötig. Es ging ja nur um die Frage ob es eine alternative ontische Interpretation zur MWI gibt. Ob meine ontische Interpretation (bis auf mögliche Mißverständnisse meinerseits) identisch zu der von Neumaier ist oder ob sie so originell ist, daß ich gleich ein eigenes Paper darüber schreiben könnte, ist ja für diese Diskussion eher nebensächlich.
    TomS
    Moderator


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    Beitrag TomS Verfasst am: 01. Feb 2022 10:46    Titel: Antworten mit Zitat

    Eine Frage habe ich noch.

    Betrachten wir nochmal eine Variante des o.g. Experimentes: je nach Weg des Photons - rechts oder links - wird eine makroskopische Kugel, die als Zeiger fungiert, nach rechts oder links abgeschossen. Wegen Impulserhaltung betrachte ich neben der Kugel (p für pointer) noch den Rest (r für rest) des Messgerätes, der den Impuls aufnimmt (den Impuls, den die ausgespurte Umgebung aufnimmt, vernachlässige ich im Folgenden; in der Praxis könnte das aber relevant sein)

    Klassisch erhalten wir für die Massenverteilungen vor



    bzw. nach der Messung





    Für die reduzierte Dichtematrix erhalten wir gemäß Dekohärenz (allgemein Coarse Graining) so etwas wie



    Deine Aussage ist nun, dass das Ausspuren, das zu dieser reduzierten Dichtematrix führt, den an sich ontischen und deterministischen Charakter der vollen Dichtematrix zerstört. Tatsächlich existiert also eine vollständige und ontische Dichtematrix, aus der einerseits diese reduzierte, nicht-ontische Dichtematrix folgt



    die andererseits jedoch prinzipiell das eindeutige Messergebnis kodiert, z.B. den einen speziellen Fall, in dem die Kugel nach rechts fliegt. Allerdings kann man dieses prinzipiell eindeutige Messergebnis nicht praktisch aus der vollständigen Dichtematrix extrahieren.

    Hast du eine Idee, welche mathematische Methode bzw. welches mathematische Objekt zu Anwendung kommen könnte, um prinzipiell diese eindeutige Information "rechts" zu extrahieren?



    Je mehr ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Idee. Ohne konkreten Ansatz ist es aber noch eine eher schwache Vermutung.

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    index_razor



    Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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    Beitrag index_razor Verfasst am: 02. Feb 2022 11:43    Titel: Antworten mit Zitat

    Es ist ein bißchen verwirrend, daß du "r" manchmal für "rechts" und manchmal für "rest" verwendest. Aber ich denke ich habe die Frage verstanden.


    TomS hat Folgendes geschrieben:
    Hast du eine Idee, welche mathematische Methode bzw. welches mathematische Objekt zu Anwendung kommen könnte, um prinzipiell diese eindeutige Information "rechts" zu extrahieren?



    Je mehr ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Idee. Ohne konkreten Ansatz ist es aber noch eine eher schwache Vermutung.;


    Was der Mikrozustand kodiert, sind die Werte aller physikalischen Größen, insbesondere auch die Position des Zeigers und deren Unsicherheit . Das ist im Prinzip die Eigenschaft, die du extrahieren möchtest. (Hier sind wir natürlich wieder bei den "q-xyz", die in diesem Zusammenhang eben selbst doch eine zentrale Rolle spielen.)

    Nehmen wir mal an zu allen Zeiten. Dann zeigt das Meßgerät zur Zeit t also mit großer Sicherheit "rechts" an, wenn . Das im Prinzip rein physikalische Problem ist also nun, ob in dem makroskopischen System, die Größe q(t) die genannten Eigenschaften hat. Wenn das so ist, und wenn q(t) eindeutig mit irgendeiner Eigenschaft R des Photons korreliert, in dem Sinne, daß sich aus q(t) ableiten läßt, dann bezeichnen wir dieses System als "Meßgerät" für R. Die Definition von "Meßgerät" und die Behandlung des Meßprozesses wird also zurückgeführt auf die rein deterministische Dynamik der Größen R und Q und ihren Zusammenhang.
    TomS
    Moderator


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    Beitrag TomS Verfasst am: 07. Feb 2022 12:10    Titel: Antworten mit Zitat

    Danke.

    Ich habe mir hier überlegt, wie ein Ansatz zur Formalisierung aussehen könnte.

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