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Messproblem und allgemein Messungen in der Quantenmechanik - Seite 2
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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 04. Jun 2021 19:08    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Erster Admiral hat Folgendes geschrieben:
Ja, ich verstehe eben nicht was eine gewöhnliche Wechselwirkung die mit der Schrödingergleichung beschrieben werden kann von einer Messung unterscheidet. Wenn ein Elektron auf einen Schirm trifft, scheint das ja eine Ortsmessung zu sein und ich kann die Regel zur Berechnung von Messung verwenden. Andererseits sollte ich die Wechselwirkung zwischen Schirm und Elektron ja auch mit der Schrödingergleichung beschreiben können. Also mein Problem ist: Wann wende ich das eine und wann wende ich das andere an?

Darauf hat die Physik noch keine endgültige Antwort.



In exakt demselben Sinne gibt es noch keine endgültige Antwort auf die Frage ob immer die Maxwellgleichungen gelten oder ob das EM-Feld manchmal einfach zufällig macht, was es will.


Zitat:

Man kann pragmatisch Wechselwirkung und Messung unterscheiden, für ersteres die Schrödingergleichung und für letzteres den Kollaps anwenden. Das ist logisch zumindest unbefriedigend, liefert jedoch korrekte Vorhersagen der Messergebnisse.


Außer wenn es mal nicht die korrekten Vorhersagen liefert, z.B. bei sequentiellen Messungen am selben System. (Wenn man nur einmal mißt, benötigt man ohnehin kein Postulat dafür, wie der Zustand danach aussieht.) Andererseits ist absolut keine Situation bekannt, in der die Schrödinger-/von-Neumann-Gleichung den falschen Zustand liefert. Also ist ein Extrapostulat für die Zustandsevolution vollkommen überflüssig. Sollte sich erweisen, daß der Kollaps in bestimmten Situationen das korrekte Ergebnis liefert, kann man ihn natürlich anwenden. Aber im Zweifelsfall wird die Entscheidung mit Sicherheit immer auf Basis einer fundamentaleren Evolutionsgleichung (z.B. der Schrödingergleichung) getroffen. Und in keinem Fall wird irgendetwas davon abhängen, ob man diese Situation als "Messung" ansieht oder nicht.

Zitat:

Und man kann auf den Kollaps komplett verzichten und ausnahmslos die Schrödingergleichung anwenden, wobei man zusätzlich fordert, dass die Quantenmechanik Einzelsysteme realistisch beschreibt. Das führt auf die Viele-Welten-Interpretation mit diversen bizarren Schlussfolgerungen.


Hier wieder mal mein Standardeinwand, daß Realismus und Verzicht auf Kollaps nicht zwangsläufig auf die Viele-Welten-Interpretation führt. (Solltest du jetzt erwidern wollen, daß du nichts von "zwangsläufig" geschrieben hast, schicke ich schon mal voraus, daß du in diesem Fall deine Aussage lieber ganz umformuliert hättest.) Vieles hängt davon ab, was man als die realen Eigenschaften des individuellen Systems ansieht. Und da gibt es Interpretationsspielraum.

Zitat:
Es ist eher eine Frage bzgl. deiner Erwartungshaltung an die Physik, nämlich ob sie lediglich Messergebnisse vorhersagt, oder ob sie die Realität vor bzw. unabhängig von einer Messung realistisch beschreibt.


Das sind zwar auch interessante Fragen, sie haben aber m.E. keinen großen Zusammenhang, zu dem was Erster Admiral eigentlich wissen will. Egal ob man nur Meßergebnisse vorhersagen oder die Realität beschreiben will. Ohne Kollaps kommt man in beiden Fällen aus.
Corbi



Anmeldungsdatum: 17.07.2018
Beiträge: 296

Beitrag Corbi Verfasst am: 06. Jun 2021 15:53    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:


Außer wenn es mal nicht die korrekten Vorhersagen liefert, z.B. bei sequentiellen Messungen am selben System. (Wenn man nur einmal mißt, benötigt man ohnehin kein Postulat dafür, wie der Zustand danach aussieht.) Andererseits ist absolut keine Situation bekannt, in der die Schrödinger-/von-Neumann-Gleichung den falschen Zustand liefert. Also ist ein Extrapostulat für die Zustandsevolution vollkommen überflüssig. Sollte sich erweisen, daß der Kollaps in bestimmten Situationen das korrekte Ergebnis liefert, kann man ihn natürlich anwenden. Aber im Zweifelsfall wird die Entscheidung mit Sicherheit immer auf Basis einer fundamentaleren Evolutionsgleichung (z.B. der Schrödingergleichung) getroffen. Und in keinem Fall wird irgendetwas davon abhängen, ob man diese Situation als "Messung" ansieht oder nicht.


Worin genau besteht denn dann das "Messproblem" deiner Ansicht nach, wenn ich im Prinzip nur die Schrödingergleichung brauche?

Und warum wird überall das Kollaps-Postulat gelehrt wenn es, wie du sagst, überhaupt nicht notwendig ist?

_________________
Die Natur beginnt eben nicht mit Elementen, so wie wir genötigt sind mit Elementen zu beginnen - Ernst Mach
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 06. Jun 2021 16:29    Titel: Antworten mit Zitat

Corbi hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:


Außer wenn es mal nicht die korrekten Vorhersagen liefert, z.B. bei sequentiellen Messungen am selben System. (Wenn man nur einmal mißt, benötigt man ohnehin kein Postulat dafür, wie der Zustand danach aussieht.) Andererseits ist absolut keine Situation bekannt, in der die Schrödinger-/von-Neumann-Gleichung den falschen Zustand liefert. Also ist ein Extrapostulat für die Zustandsevolution vollkommen überflüssig. Sollte sich erweisen, daß der Kollaps in bestimmten Situationen das korrekte Ergebnis liefert, kann man ihn natürlich anwenden. Aber im Zweifelsfall wird die Entscheidung mit Sicherheit immer auf Basis einer fundamentaleren Evolutionsgleichung (z.B. der Schrödingergleichung) getroffen. Und in keinem Fall wird irgendetwas davon abhängen, ob man diese Situation als "Messung" ansieht oder nicht.


Worin genau besteht denn dann das "Messproblem" deiner Ansicht nach, wenn ich im Prinzip nur die Schrödingergleichung brauche?


Das Problem besteht darin, wie aus einer Wahrscheinlichkeitsamplitude für verschiedene Meßwerte ein konkreter Meßwert wird. Diese Frage beantwortet das Kollapspostulat nicht einmal, selbst wenn es in jeder Situation zuträfe. (Es fordert ja nur, daß sich zusätzlich zu dem Meßwert auch noch ein Eigenzustand ergibt, was nicht immer zutreffend ist.)

Zitat:

Und warum wird überall das Kollaps-Postulat gelehrt wenn es, wie du sagst, überhaupt nicht notwendig ist?


Es wird nicht überall gelehrt, siehe z.B. Ballentine, "Quantum Mechanics: A Modern Development". Warum es bei anderen Autoren vorkommt? Vermutlich weil sie es für einen notwendigen Bestandteil der Quantenmechanik halten. Daß sie damit falsch liegen, zeigt sich an Formulierungen, die ohne dieses Postulat alle Vorhersagen der Quantenmechanik reproduzieren.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Jun 2021 17:32    Titel: Antworten mit Zitat

Ich betone es gerne nochmal:

Die Interpretation der Quantenmechanik bereitet umso weniger Probleme, je geringer die Erwartungshaltung bzgl. der Erklärungskraft ist. Wenn ich außer statistischen Vorhersagen nichts erwarte, blende ich im Wesentlichen die Fragen aus, deren Verständnis und Beantwortung problematisch sind.

Das bedeutet nicht, dass irgendjemand gezwungen wäre, sich mit den darüberhinausgehenden, zumeist praktisch irrelevanten Fragen zu befassen. Es heißt jedoch auch nicht, dass das Ausblenden von Fragen dieselben beantworten würde.

Konkret:

1) Die ursprüngliche Bohrsche Interpretation sowie diverse modifizierte Spielarten lehnen es de facto ab, zu erklären, wie ein Messvorgang tatsächlich abläuft; auch moderne Autoren wie Zeilinger schieben das Problem beiseite. Ich selbst habe auch von Neumann nie so verstanden, dass er diese Frage beantworten könnte, aber index_razor ist hier evtl. anderer Meinung. Hier wird nicht erwartet, dass die Quantenmechanik überhaupt erklärt, was eine Messung ist.

2) Ballantine propagiert eine Ensemble-Interpretation, die prinzipiell negiert, Aussagen über den real ablaufenden Messvorgang an einem einzelnen System zu machen. Auch andere Weiterentwicklung der „alten Quantenmechanik“ ziehen sich auf rein statistische Betrachtungen zurück, z.B. der Quantum Bayesianism. Damit wird letztlich bereits im Ansatz das Messproblem ausgeblendet; es wird nicht erwartet, dass die Quantenmechanik erklärt, was im Zuge eine Messung (und an einem einzelnen System) wirklich passiert.

3) Wenn ich nun jedoch den Anspruch habe, zu erklären, wie genau ein Messvorgang an einem einzelnen System quantenmechanisch tatsächlich abläuft und mittels Schrödingergleichung zu beschreiben ist, dann funktioniert genau dies nicht bzw. zumindest nicht vollständig. Die Beschreibung nach von Neumann liefert zunächst immer eine Superposition und keinen eindeutigen Messwert - obwohl ein eindeutiger Messwert beobachtet wird. (1) und (2) befassen sich nicht mit diesem Problem. Genau hier kommt nun die Notwendigkeit eines zumindest „epistemischen“ Kollapses ins Spiel, so dass erklärt wird, wie und warum trotz der Superposition gemäß Schrödingergleichung die Beobachtung eines einzelnen, präzisen Messwertes verstanden werden kann. Darüber hinaus muss verstanden werden, wie die tatsächlich lineare und vollständig deterministische Zeitentwicklung gemäß Schrödingergleichung und das offenbar statistische Auftreten einzelner Messwerte unter einen Hut gebracht werden können.
Corbi hat Folgendes geschrieben:
Worin genau besteht denn dann das „Messproblem“, wenn ich im Prinzip nur die Schrödingergleichung brauche?

In den zuletzt genannten Fragen.

Corbi hat Folgendes geschrieben:
Und warum wird überall das Kollaps-Postulat gelehrt wenn es überhaupt nicht notwendig ist?

Wie index_razor richtig sagt, ist das bekannte Kollaps-Postulat in mehrfacher Hinsicht problematisch. Wenn ich von „epistemischem“ Kollaps spreche, dann meine ich lediglich, dass die Schrödingergleichung aufgrund der Superposition eine Menge möglicher Messwerte vorhersagt, während tatsächlich nur einer beobachtet wird. Das bekannte Kollaps-Postulat meine ich damit explizit nicht.

Meine Ansicht ist, dass (1) und (2) das Messproblem zumindest in Teilen lediglich ausblenden, während in (3) tatsächlich eine Lösung gesucht wird. (2) und andere Ansätze sind jedoch dahingehend wertvolle Fortschritte, als sie einer präzisen Sprache finden und einige Inkonsistenzen aus (1) bereinigen.

Zu (3) ist m.M.n. der am weitesten fortgeschrittenen Ansatz die Viele-Welten-Interpretation, auf Basis der Dekohärenz. index_razor führt möglicherweise noch die thermal Interpretation an, wobei ich dies bei der letzten Diskussion nicht klar nachvollziehen konnte (liegt nicht an index_razor; wir könnten die Diskussion wieder aufnehmen).

Corbi hat Folgendes geschrieben:
Worin genau besteht denn dann das „Messproblem“, wenn ich im Prinzip nur die Schrödingergleichung brauche?

Ich würde gar nicht mehr nach dem Messproblem fragen sondern nur nach dem Messproblem, wie es sich im Rahmen eines bestimmten Zugangs darstellt.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 06. Jun 2021 19:29, insgesamt 2-mal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Jun 2021 18:04    Titel: Antworten mit Zitat

Kurzes googeln hat diese Aussage zu Tage gefördert:

http://fisica.ugto.mx/~gniz/courses/mec_cuan_01_15/Zeilinger.pdf
On the Interpretation and Philosophical
Foundation of Quantum Mechanics
Anton Zeilinger
Institut für Experimentalphysik, Universität Wien
Boltzmanngasse 5, 1090 Wien, Austria

The measurement problem can be distinguished into at least two parts. Firstly, the explanation why off-diagonal elements in a density matrix disappear and secondly, the explanation which specific event in the diagonal density matrix system is observed in an experiment. While there has been considerable progress in the last few years on the first question[16], it is well known that the second question cannot find an answer within linear quantum mechanics. It thus appears that quantum mechanics is not able to "explain why (specific) events happen" as pointed out by John Bell. To again give a specific example there is no way to predict through which slit a particle will pass when incident on a double slit assembly.

Ich denke, das ist ein sehr guter Startpunkt. Der erste Punkt wird nach Meinung vieler Physiker durch die Dekohärenz erklärt. Der zweite Punkt wäre dann sozusagen der eigentliche Kern Messproblem (wohlgemerkt nur dann, wenn ich nicht von vorneherein ausschließlich Ensembles sondern Einzelsysteme betrachte).

Es lohnt sich, den kurzen Artikel zu lesen.


Zeh geht darauf ein, inwiefern Dekohärenz das Messproblem teilweise löst, jedoch nicht vollständig:

http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~as3/SolveMeas.html
How decoherence can solve the measurement problem

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 06. Jun 2021 18:19, insgesamt 2-mal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Jun 2021 07:26    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich betone es gerne nochmal:

Die Interpretation der Quantenmechanik bereitet umso weniger Probleme, je geringer die Erwartungshaltung bzgl. der Erklärungskraft ist. Wenn ich außer statistischen Vorhersagen nichts erwarte, blende ich im Wesentlichen die Fragen aus, deren Verständnis und Beantwortung problematisch sind.

Das bedeutet nicht, dass irgendjemand gezwungen wäre, sich mit den darüberhinausgehenden, zumeist praktisch irrelevanten Fragen zu befassen. Es heißt jedoch auch nicht, dass das Ausblenden von Fragen dieselben beantworten würde.


Mein Punkt war eher, daß diese Interpretationsprobleme im gegenwärtigen Kontext nicht besonders relevant sind. Die Frage war ja hauptsächlich wie man Situationen unterscheidet, in welchen die Schrödingergleichung bzw. der Kollaps für die Zeitentwicklung zuständig ist. Das ist in erster Linie eine physikalische Frage, die man auf Basis der Vorhersagen der Quantenmechanik beantworten muß. (Zumindest müssen die Vorhersagen hier Priorität haben.) Wenn das Kollapspostulat falsche (statistische) Vorhersagen liefert, ist es inakzeptabel für alle Interpretationen, auch für die, die meinen die Quantenmechanik müsse mehr liefern als statistische Vorhersagen.

Ob die Schrödingergleichung (oder zumindest die von-Neumann-Gl.) immer den korrekten Zustand liefert, ist damit natürlich noch nicht beantwortet. Aber auch das ist ultimativ eine physikalische Frage, und keine der hier erwähnten Interpretationen (mit Ausnahme der orthodoxen) schlägt ein anderes Evolutonsgesetz vor, als die Schrödingergleichung oder aus ihr ableitbare Gleichungen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jun 2021 08:05    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Mein Punkt war eher, daß diese Interpretationsprobleme im gegenwärtigen Kontext nicht besonders relevant sind. Die Frage war ja hauptsächlich wie man Situationen unterscheidet, in welchen die Schrödingergleichung bzw. der Kollaps für die Zeitentwicklung zuständig ist. Das ist in erster Linie eine physikalische Frage, die man auf Basis der Vorhersagen der Quantenmechanik beantworten muß.

Nun, die „orthodoxe Quantenmechanik“, die leider in vielen Lehrbüchern und populärwissenschaftlichen Darstellungen überlebt hat, ist hier bemerkenswert unpräzise.

Zum ersten postuliert sie den Kollaps im Kontext einer Messung, ohne den Begriff der Messung überhaupt präzise zu definieren. Dann wird der Kollaps in Situation postuliert, wo er bzgl. einer konkreten physikalischen Vorhersage irrelevant ist, jedoch aufgrund einer vermeintlich ontischen Beschreibung nützlich zu sein scheint (ich kann natürlich einen Kollaps des Zustandes nach Registrierung eines Photons mittels Photoplatte postulieren, da keine weitere Messung vorgenommen wird, anhand derer ich entscheiden könnte, ob das Postulat zulässig war).

Und zum zweiten postuliert sie den Kollaps in Fällen, wo man streiten kann, ob eine Messung vorliegt, jedoch korrekte Vorhersagen folgen (ein vertikal polarisiertes Photon wird durch einen um 45° gedrehten Polarisator auf diesen neuen Polarisatonszustand projiziert, mit Wahrscheinlichkeit p = 1/2 durchgelassen sowie anschließend mit der Wahrscheinlichkeit p = 1 detektiert; alternativ wird am Polarisator nicht projiziert sondern erst am Detektor, der das Photon mit Wahrscheinlichkeit p = 1/2 detektiert; die Literatur ist doch voll von derartigen schlechten Beispielen, in denen die Messung so verortet wird, dass es gerade passt).

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn das Kollapspostulat falsche (statistische) Vorhersagen liefert, ist es inakzeptabel für alle Interpretationen, auch für die, die meinen die Quantenmechanik müsse mehr liefern als statistische Vorhersagen.

Deswegen solltest du ein konkretes Beispiel ausführen, in dem das Kollapspostulat explizit falsche Vorhersagen liefert; dann müsste man wiederum prüfen, ob die üblichen pseudo-Reparaturen der orthodoxen Quantenmechanik wirklich zwingend scheitern; und zuletzt müsste man ein Beispiel untersuchen, in dem der Kollaps üblicherweise postuliert wird und man damit zu korrekten Vorhersagen gelangt (ein Beispiel wäre die Messung der welche-Weg-Information am Doppelspalt, Kollaps auf eine auslaufende Zylinderwelle für einen Einfachspalt mit zuletzt korrektem Beugungsmuster; das ist doch ein Standard-Lehrbuch; da funktioniert das Kollaps-Postulat m.M.n., wobei offen bleibt, wieso die Wechselwirkung mit dem Subsystem "Spalt" keine Messung, die mit einem anderen Subsystem sehr wohl eine Messung im Sinne der orthodoxen Interpretation darstellt).

index_razor hat Folgendes geschrieben:
… keine der hier erwähnten Interpretationen (mit Ausnahme der orthodoxen) schlägt ein anderes Evolutonsgesetz vor, als die Schrödingergleichung oder aus ihr ableitbare Gleichungen.

Nun, es gibt durchaus einige andere, z.B. den QBism, den ich persönlich jedoch nur als moderne Variante der orthodoxen Interpretation sehe.

Die Aussage, dass der Kollaps in einigen Fällen zu nachprüfbar falschen Aussagen führt, scheint all diese Interpretationen ja nicht zu kümmern. Wird das wirklich völlig ignoriert, oder bastelt man sich nicht auch hier subjektive pseudo-Erklärungen?

Meine Sicht war nämlich bisher, dass man Kollapsinterpretationen gerade deswegen nicht falsifizieren kann, weil sie bewusst vage bleiben bzw. immer ein geeignetes subjektives Schlupfloch einbauen. Ich habe mir früher für die Viele-Welten-Interpretation überlegt, wie man diese objektiv mit der orthodoxen Quantenmechanik vergleichen könnte: identifiziere für ein bestimmtes Experiment exakt, wann und wo ein Kollaps stattfindet und vergleiche die Vorhersagen beider Interpretationen. Das Ergebnis war, dass die Kollapsinterpretationen ex ante nie wirklich festlegen, wann und wo der Kollaps genau auftreten wird, sondern nach Durchführung und Auswertung des Experimentes ex post "erklären" können, wo kein Kollaps stattgefunden hat sondern doch immer noch Superpositionen vorliegen; der Kollaps wird letztlich immer gerade da verortet, wo keine experimentelle Überprüfung mehr möglich ist, und sei's im Auge des Experimentators und dessen Verschränkung mit der Umgebung.

Es ist wie der Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln.

Deswegen bin ich auch der Meinung, dass bis heute niemand die ursprüngliche Frage in diesem Thread - Was genau verursacht den Kollaps *) eigentlich? - schlüssig beantworten kann (* Kollaps im Sinne der orthodoxen Quantenmechanik).

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Jun 2021 09:47    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Zum ersten postuliert sie den Kollaps im Kontext einer Messung, ohne den Begriff der Messung überhaupt präzise zu definieren.


Aus diesem Grund glaube ich übrigens, daß man den Begriff "Messung" schön aus den Grundpostulaten der Theorie raushalten sollte.

Zitat:

Dann wird der Kollaps in Situation postuliert, wo er bzgl. einer konkreten physikalischen Vorhersage irrelevant ist, jedoch aufgrund einer vermeintlich ontischen Beschreibung nützlich zu sein scheint (ich kann natürlich einen Kollaps nach Registrierung eines Photons mittels Photoplatte postulieren, da keine weitere Messung vorgenommen wird). Und zum zweiten postuliert sie den Kollaps in Fällen, wo man streiten kann, ob eine Messung vorliegt, jedoch korrekte Vorhersagen folgen (ein vertikal polarisiertes Photon wird durch einen um 45° gedrehten Polarisator auf diesen neuen Polarisatonszustand projiziert, mit Wahrscheinlichkeit p = 1/2 durchgelassen sowie anschließend mit der Wahrscheinlichkeit p = 1 detektiert; alternativ wird am Polarisator nicht projiziert sondern erst am Detektor, der das Photon mit Wahrscheinlichkeit p = 1/2 detektiert; die Literatur ist doch voll von derartigen schlechten Beispielen).


Klar, ich habe doch gar nicht bestritten, daß die Literatur voll von schlechten Beispielen ist. Meine Behauptung war und ist nur, daß der Kollaps aus physikalischen Gründen überflüssig und in bestimmten Situationen sogar falsch ist. Es scheint auch keine anderen Gründe zu geben, die ihn erfordern. Schon gar nicht scheint er zur Erfüllung hoher philosophischer Ansprüche an physikalische Theorien erforderlich zu sein, wenn, wie nach deiner eigenen Aussage, die Viele-Welten-Interpretation hier der fortschrittlichste Ansatz ist und sie den Kollaps ebenfalls leugnet.


Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn das Kollapspostulat falsche (statistische) Vorhersagen liefert, ist es inakzeptabel für alle Interpretationen, auch für die, die meinen die Quantenmechanik müsse mehr liefern als statistische Vorhersagen.

Deswegen solltest du ein konkretes Beispiel ausführen, in dem das Kollapspostulat explizit falsche Vorhersagen liefert;


Aus diesem Grund habe ich ja extra Ballentines Paper zitiert. Da sind diverse Beispiele aufgeführt. Ist leider hinter einer Paywall, aber diskutiert werden u.a.: 1) Messung von der 2-Punkt-Korrelationsfunktion



in einem 2-Photonen-Zustand. 2) Sequentielle Messungen an einem beliebigen System, 3) Teilchenspuren in Nebelkammern (bezugnehmend auf das klassische Paper von Mott) und 4) der Quanten-Zeno-Effekt. (Letztere Diskussion ist auch deshalb interessant, weil der Effekt gern mal als "Beleg" für den Kollaps angesehen wird. Anders als das Kollapspostulat impliziert, verhindert aber kontinuierliche Beobachtung nicht die Zustandsevolution, sondern der Effekt hängt, wie erwartet, von der Wechselwirkung zwischen System und Apparatur ab.)

Die Essenz dieser Beispiele ist: mit dem Kollapspostulat ergeben sich normalerweise falsche (und auch nicht eindeutige) multivariate Verteilungen für die Ergebnisse von zwei (oder mehr) Messungen.

Zitat:

dann müsste man wiederum prüfen, ob die üblichen pseudo-Reparaturen der alten Quantentheorie wirklich zwingend scheitern; und zuletzt müsste man ein Beispiel untersuchen, in dem der Kollaps üblicherweise postuliert wird und man damit zu korrekten Vorhersagen gelangt (ein Beispiel wäre die Messung der welche-Weg-Information am Doppelspalt mit Kollaps auf eine auslaufende Zylinderwelle für einen Einfachspalt mit korrektem Beugungsmuster; das ist doch ein Standard-Lehrbuch).


Nein, ob irgendwelche ad-hoc-Argumente zugunsten des Kollaps "zwingend" scheitern, interessiert doch gar nicht. Es reicht, daß das Kollapspostulat manchmal scheitert und im Rest der Fälle überflüssig ist. Die Fälle, in denen er das korrekte Ergebnis vorhersagt, wären auch nur dann interessant, wenn sie im Widerspruch zur Schrödingergleichung stünden. Tun sie aber nicht.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
… keine der hier erwähnten Interpretationen (mit Ausnahme der orthodoxen) schlägt ein anderes Evolutonsgesetz vor, als die Schrödingergleichung oder aus ihr ableitbare Gleichungen.

Nun, es gibt durchaus einige, z.B. den QBism, den ich persönlich jedoch nur als Variante der orthodoxen Interpretation sehe.


Die orthodoxe QM habe ich ja extra ausgeklammert.

Zitat:

Die Aussage, dass der Kollaps in einigen Fällen zu nachprüfbar falschen Aussagen führt, scheint diese ja nicht zu kümmern. Wird das wirklich völlig ignoriert, oder bastelt man sich nicht auch hier eine subjektive pseudo-Erklärung?


Ich habe den Eindruck es wird ignoriert, zumindest von denen, die das Kollapspostulat für notwendig erklären.

Zitat:

Meine Sicht war nämlich bisher, dass man Kollapsinterpretationen gerade nicht falsifizieren kann, weil sie bewusst wage bleiben bzw. immer ein geeignetes subjektives Schlupfloch einbauen. Ist eher wie der Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln.


Mehrdeutigkeit ist in diesem Zusammenhang durchaus auch ein Kritikunkt, den Ballentine vorbringt. Kollabiert z.B. der Zustand durch Messung des ersten Photons am Ort x zu einem Ortseigenzustand oder lediglich zu einem Zustand mit einem Photon weniger, ?
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jun 2021 10:00    Titel: Antworten mit Zitat

Sehr gut, jetzt sind wir nach einigen Umwegen wieder beisammen ;-)

Also Ballantine werde ich mir sicher nochmal im Detail anschauen, insbs. wg. der Nebelkammern (Mott) und dem Quanten-Zeno-Effekt. Beides wird immer als Beispiel für einen Kollaps angesehen.

Ich halte es aber schon für sinnvoll, den Kollaps anhand des Beispiels der welche-Weg-Info am Doppelspalt zu diskutieren, um dann zu erklären, wie man zum Beugungsmuster des Einfachspaltes gelangt, ohne den Kollaps zu postulieren. Gerade dieses populäre Beispiele für den Kollaps müsste man dringend entzaubern.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Mehrdeutigkeit ist in diesem Zusammenhang durchaus auch ein Kritikunkt, den Ballentine vorbringt. Kollabiert z.B. der Zustand durch Messung des ersten Photons am Ort x zu einem Ortseigenzustand oder lediglich zu einem Zustand mit einem Photon weniger, ?

Welches Experiment betrachtet Ballentine denn da?

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Jun 2021 10:17    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sehr gut, jetzt sind wir nach einigen Umwegen wieder beisammen ;-)

Also Ballantine werde ich mir sicher nochmal im Detail anschauen, insbs. wg. der Nebelkammern (Mott) und dem Quanten-Zeno-Effekt. Beides wird immer als Beispiel für einen Kollaps angesehen.


Richtig, die Nebelkammerspuren sind ein weiteres Argument für den Kollaps, das allem Anschein nach gründlicher Analyse nicht standhält. Mott zeigt ganz ohne Kollaps, daß die Wahrscheinlichkeit für Ionisation an den Orten x1, x2, ... verschwindet, wenn nicht alle Orte näherungsweise auf einer Geraden liegen. Das widerspricht sogar dem Kollaps, denn Ortseigenzustände sind rotationssysmmetrisch. Würde bei jeder Ionisation die Wellenfunktion kollabieren, würden sich die Positionen aufeinanderfolgender Ionisationen in alle Richtungen verteilen.

Zitat:

Ich halte es aber schon für sinnvoll, den Kollaps anhand des Beispiels der welche-Weg-Info am Doppelspalt zu diskutieren, um dann zu erklären, wie man zum Beugungsmuster des Einfachspaltes gelangt, ohne den Kollaps zu postulieren. Gerade dieses populäre Beispiele für den Kollaps müsste man dringend entzaubern.


Sicher, interessant wäre es schon.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Mehrdeutigkeit ist in diesem Zusammenhang durchaus auch ein Kritikunkt, den Ballentine vorbringt. Kollabiert z.B. der Zustand durch Messung des ersten Photons am Ort x zu einem Ortseigenzustand oder lediglich zu einem Zustand mit einem Photon weniger, ?

Welches Experiment betrachtet Ballentine denn da?


R. Ghosh and L. Mandel, Phys. Rev. Lett. 59, 1903 (1987)

Darin geht es um die Messung der 2-Punkt-Korrelation, die ich unter Punkt 1) erwähnt habe. Ich kenne das Paper aber nicht.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jun 2021 10:56    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Sehr gut, jetzt sind wir nach einigen Umwegen wieder beisammen ;-)
Also Ballantine werde ich mir sicher nochmal im Detail anschauen, insbs. wg. der Nebelkammern (Mott) und dem Quanten-Zeno-Effekt. Beides wird immer als Beispiel für einen Kollaps angesehen.

Richtig, die Nebelkammerspuren sind ein weiteres Argument für den Kollaps, das allem Anschein nach gründlicher Analyse nicht standhält. Mott zeigt ganz ohne Kollaps, daß die Wahrscheinlichkeit für Ionisation an den Orten x1, x2, ... verschwindet, wenn nicht alle Orte näherungsweise auf einer Geraden liegen. Das widerspricht sogar dem Kollaps, denn Ortseigenzustände sind rotationssysmmetrisch. Würde bei jeder Ionisation die Wellenfunktion kollabieren, würden sich die Positionen aufeinanderfolgender Ionisationen in alle Richtungen verteilen.

Und jetzt zurück zu „Kopenhagen“: Damit ist nur gezeigt, dass die Superposition keine „Bahnen“ enthält, die keine Geraden darstellen. D.h. nicht die einzelnen Tröpfchen resultieren aus einzelnen Kollapsen, sondern die Beobachtung der Nebelkammer als Ganzes führt zu einem Kollaps der „Superposition aller geradlinigen Spuren“ zu genau einer Spur.

Ich denke, so hätten Bohr et al. argumentiert.

Und ich glaube, so würden z.B. auch Everett et al. bzgl. eines „subjektiven epistemischen“ Kollapses argumentieren, der natürlich der objektiven „Verzweigung“ in eine Superposition einzelner Zustände „geradlinige Bahn plus Tröpfchen entlang der geradlinigen Bahn plus Beobachter …“ entspricht.

Letzteres ist m.E. ok, da es nur eine verbale Beschreibung dessen darstellt, was mathematisch präzise vorliegt, während ersteres die klassische Ausrede von Kopenhagen perfekt illustriert: Nimmt man zunächst einen „Kollaps je Ortsmessung“ = je Tröpfchen an und liest anschließend Motts Paper, gelangt man zur Einsicht, dass die Quantenmechanik auch auf makroskopische Systeme = die Nebelkammer als Ganzes anwendbar ist, und der Kollaps erst durch die Beobachtung der Nebelkammer erfolgt. D.h. das Kollapspostulat wird aufrechterhalten, jedoch der Zeitpunkt des Kollapses ex post passend gewählt. Das meine ich mit dem Pudding.

Mir fällt auf, dass das Ergebnis sehr interessant ist, da es möglicherweise eine Variante der Dekohärenz darstellt, in der die „Umgebung“ = H2O-Moleküle gerade nicht unbeobachtbar ist.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Jun 2021 11:21    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Sehr gut, jetzt sind wir nach einigen Umwegen wieder beisammen ;-)
Also Ballantine werde ich mir sicher nochmal im Detail anschauen, insbs. wg. der Nebelkammern (Mott) und dem Quanten-Zeno-Effekt. Beides wird immer als Beispiel für einen Kollaps angesehen.

Richtig, die Nebelkammerspuren sind ein weiteres Argument für den Kollaps, das allem Anschein nach gründlicher Analyse nicht standhält. Mott zeigt ganz ohne Kollaps, daß die Wahrscheinlichkeit für Ionisation an den Orten x1, x2, ... verschwindet, wenn nicht alle Orte näherungsweise auf einer Geraden liegen. Das widerspricht sogar dem Kollaps, denn Ortseigenzustände sind rotationssysmmetrisch. Würde bei jeder Ionisation die Wellenfunktion kollabieren, würden sich die Positionen aufeinanderfolgender Ionisationen in alle Richtungen verteilen.

Und jetzt zurück zu „Kopenhagen“: Damit ist nur gezeigt, dass die Superposition keine „Bahnen“ enthält, die keine Geraden darstellen. D.h. nicht die einzelnen Tröpfchen resultieren aus einzelnen Kollapsen, sondern die Beobachtung der Nebelkammer als Ganzes führt zu einem Kollaps der „Superposition aller geradlinigen Spuren“ zu genau einer Spur.


Das wäre ein völlig anderes Postulat, rettet also nicht die ursprüngliche Variante. Und es ergibt außerdem viel weniger Sinn als die ursprüngliche Version. Der Zustand enthält überhaupt keine Superposition irgendwelcher "Spuren", weder gerader noch gekrümmter, sondern höchstens eine Superposition verschiedener Ortseigenzustände.

Zitat:

Ich denke, so hätten Bohr et al. argumentiert.


Das bezweifle ich ehrlich gesagt. Laut orthodoxer QM findet der Kollaps auf einen Eigenzustand einer Observable statt, also in diesem Fall auf einen konkreten Ortseigenzustand. Bahnen sind überhaupt keine Observablen in der orthodoxen QM und es gibt auch keine Eigenzustände für Bahnen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
. D.h. das Kollapspostulat wird aufrechterhalten, jedoch der Zeitpunkt des Kollapses ex post passend gewählt. Das meine ich mit dem Pudding.


Der Zeitpunkt ist irrelevant. Jede Ortsmessung soll angeblich einen Ortseigenzustand präparieren. Viele aufeinanderfolgende Ortsmessungen also folglich viele aufeinanderfolgende Ortseigenzustände, im Widerspruch zur Schrödingergleichung und zur Beobachtung der Eigenschaften von Nebelkammerspuren.
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jun 2021 13:40    Titel: Antworten mit Zitat

So wie ich dieses Paper

https://arxiv.org/pdf/1209.2665.pdf
EMERGENCE OF CLASSICAL TRAJECTORIES IN QUANTUM SYSTEMS: THE CLOUD CHAMBER PROBLEM IN THE ANALYSIS OF MOTT (1929)
RODOLFO FIGARI AND ALESSANDRO TETA
Abstract. We analyze the paper ”The wave mechanics of α-ray tracks” ([Mo]), published in 1929 by N.F. Mott. In particular, we discuss the theoretical context in which the paper appeared and give a detailed account of the approach used by the author and the main result attained. Moreover, we comment on the relevance of the work not only as far as foundations of Quantum Mechanics are concerned but also as the earliest pioneering contribution in decoherence theory.

verstehe, haben Born und Heisenberg tatsächlich mit einzelnen Ortsmessungen argumentiert

As soon as such ionization is shown by the appearance of cloud droplets, in order to describe what happens afterwards one must reduce the wave packet in the immediate vicinity of the drops. One thus obtains a wave packet in the form of a ray, which corresponds to the corpuscular character of the phenomenon“
(Born)

dabei jedoch etwas vorweggenommen, was heute „weak measurement“ genannt wird, d.h. einem Kollaps auf einen Eigenraum E mit


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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jun 2021 15:23    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
. D.h. das Kollapspostulat wird aufrechterhalten, jedoch der Zeitpunkt des Kollapses ex post passend gewählt. Das meine ich mit dem Pudding.


Der Zeitpunkt ist irrelevant. Jede Ortsmessung soll angeblich einen Ortseigenzustand präparieren. Viele aufeinanderfolgende Ortsmessungen also folglich viele aufeinanderfolgende Ortseigenzustände, im Widerspruch zur Schrödingergleichung und zur Beobachtung der Eigenschaften von Nebelkammerspuren.

Du hast mich falsch verstanden.

Es geht nicht um den Zeitpunkt des Kollapses sondern um den Zeitpunkt, zu dem der theoretische Physiker festlegt, wann und wo genau in einem Setup "System + Apparat + Beobachter + ..." ein Kollaps stattfindet.

Da Born und Heisenberg offenbar von einem Kollaps je Tröpfchen ausgehen, können sie nach der Analyse des Papers von Mott ihre Meinung korrigieren: "Ok, wir benötigen den Kollaps nicht je Tröpfchen, wir belassen es zunächst bei der nicht-reduzierten Wellenfunktion und fordern lediglich, dass die Beobachtung der Nebelkammer als Ganzes einer Messung mit Kollaps entspricht; das ist jetzt keine Ortsmessung am alpha-Teilchen, sondern eine Beobachtung des Aggregatzustandes von H2O."

Und schwupps, schon haben die Dänen dich wieder ausgetrickst ;-)

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Jun 2021 15:33    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Es geht nicht um den Zeitpunkt des Kollapses sondern um den Zeitpunkt, zu dem der theoretische Physiker festlegt, wann und wo genau in einem Setup "System + Apparat + Beobachter + ..." ein Kollaps stattfindet.

Da Born und Heisenberg offenbar von einem Kollaps je Tröpfchen ausgehen, können sie nach der Analyse des Papers von Mott ihre Meinung korrigieren: "Ok, wir benötigen den Kollaps nicht je Tröpfchen, wir belassen es zunächst bei der nicht-reduzierten Wellenfunktion und fordern lediglich, dass die Beobachtung der Nebelkammer als Ganzes einer Messung mit Kollaps entspricht;


Nein, können sie nicht. Sie können (müssen wohl sogar) bestreiten, daß es sich bei den Nebelkammerspuren um eine Serie von Ortsmessungen handelt. Aber welche Observable stattdessen gemessen wird und auf welchen Eigenzustand dabei projiziert werden soll, hast du immer noch nicht geklärt.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jun 2021 16:01    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber welche Observable stattdessen gemessen wird und auf welchen Eigenzustand dabei projiziert werden soll, hast du immer noch nicht geklärt.

Weil ich noch am Suchen und Lesen bin ...

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nein, können sie nicht. Sie können (müssen wohl sogar) bestreiten, daß es sich bei den Nebelkammerspuren um eine Serie von Ortsmessungen handelt.

Warum? Weil es deiner (unserer) Meinung nach falsch ist, hier von einem Kollaps zu reden? Oder weil es wohl nicht in "ihre" Quantenmechanik passt?

In his discussion of the cloud chamber, Born attributes to Einstein the question of how one can account for the approximately straight particle track revealed by a cloud chamber, even if the emission of an α-particle is undirected, so that the emitted wave function is approximately spherical. Born asserts that to answer it
".... one must appeal to the notion of ‘reduction of the probability
packet’ developed by Heisenberg. The description of the emission
by a spherical wave is valid only for as long as one does not
observe ionisation; as soon as such ionisation is shown by the
appearance of cloud droplets, in order to describe what happens
afterwards one must ‘reduce’ the wave packet in the immediate
vicinity of the drops. One thus obtains a wave packet in the form
of a ray, which corresponds to the corpuscular character of the
phenomenon".


Die folgenden Überlegungen, wie man den Kollaps vermeiden kann, hat er offenbar nicht wirklich ausgeführt. Aber dass man den Kollaps nicht verwenden darf, steht wirklich nirgendwo.

http://quantum-history.mpiwg-berlin.mpg.de/eLibrary/hq1_talks/interpretation/39_baccia/bacciagaluppi_preprint.pdf

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Jun 2021 16:26    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nein, können sie nicht. Sie können (müssen wohl sogar) bestreiten, daß es sich bei den Nebelkammerspuren um eine Serie von Ortsmessungen handelt.

Warum? Weil es deiner (unserer) Meinung nach falsch ist, hier von einem Kollaps zu reden? Oder weil es wohl nicht in "ihre" Quantenmechanik passt?


Weil eine Folge von Kollapsen auf Ortseigenzustände nicht die geraden Spuren vorhersagt, die man tatsächlich beobachtet.

Zitat:

In his discussion of the cloud chamber, Born attributes to Einstein the question of how one can account for the approximately straight particle track
revealed by a cloud chamber, even if the emission of an α-particle is undirected, so that the emitted wave function is approximately spherical.


Und genau diese Frage beantwortet Mott allein mit Hilfe der Schrödingergleichung.


Zitat:

Born asserts that to answer it
".... one must appeal to the notion of ‘reduction of the probability
packet’ developed by Heisenberg. The description of the emission
by a spherical wave is valid only for as long as one does not
observe ionisation; as soon as such ionisation is shown by the
appearance of cloud droplets, in order to describe what happens
afterwards one must ‘reduce’ the wave packet in the immediate
vicinity of the drops. One thus obtains a wave packet in the form
of a ray, which corresponds to the corpuscular character of the
phenomenon".


Die folgenden Überlegungen, wie man den Kollaps vermeiden kann, hat er offenbar nicht wirklich ausgeführt. Aber dass man den Kollaps nicht verwenden darf, steht wirklich nirgendwo.


Doch, in meinem Beitrag weiter oben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das widerspricht sogar dem Kollaps, denn Ortseigenzustände sind rotationssysmmetrisch. Würde bei jeder Ionisation die Wellenfunktion kollabieren, würden sich die Positionen aufeinanderfolgender Ionisationen in alle Richtungen verteilen.


Man beobachtet eben keine isotrope Verteilung der Ionen, sondern eine geradlinige. Das Argument stammt direkt aus Ballentines Paper. Gibt es daran etwas auszusetzen?
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jun 2021 17:18    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das Argument stammt direkt aus Ballentines Paper. Gibt es daran etwas auszusetzen?

Nein, nichts.

Aber das war auch nicht meine Intention:

Ich widerspreche dir überhaupt nicht bzgl. der physikalischen Argumentation, lediglich bzgl. der Einschätzung der "Kopenhagener".

Sie hielten den Kollaps zur Berechnung der Spuren für sinnvoll, evtl. vermeidbar (Born). Sie argumentierten nicht mit Ortseigenzuständen sondern (qualitativ) mit Messungen geringerer Auflösung (ich habe die Artikel nicht im Original, nur jeweils Zitate - s.o.).

Nun kommt der springende Punkt: da die Beobachtung mittels Nebelkammer nach ihrer - der "Kopenhagener" - Meinung zwingend einen Kollaps bedeutet, kann man lediglich darüber streuten, wann dieser geschieht. Nach Born wäre dies zunächst eine "Messung je Tröpfchen". Da nun Born darüber nachdenkt, die Spur ohne Messung vorherzusagen (ohne dies mathematisch jemals auszuführen), denkt er rein logisch darüber nach, den Zeitpunkt des Kollapses zu verschieben, nämlich von der Bildung jedes einzelnen Tröpfchens hin zu einem Kollaps bei der Beobachtung der Spur als Ganzes. Da er im Endeffekt an einen Kollaps glaubt, muss er ihn zumindest irgendwann stattfinden lassen.

Sie starten also gedanklich 1927 mit einem Kollaps je Tröpfchen und kommen 1929 nach Mott (Heisenberg hat wohl über seine Arbeit referiert, ich habe noch kein PDF dazu gefunden) zu einem Kollaps je Spur. Sie kommen nie zu dem Schluss, der Kollaps sei falsch. Damit ändern sie ihre Meinung, wo genau ein Kollaps in diesem Fall genau auftritt, entsprechend des Erkenntnisfortschritts. Das ist entspricht der Sichtweise "der Kollaps findet genau da statt, wo wir ihn am besten nutzen können, um die korrekten Ergebnisse zu erhalten".

Natürlich ist das keine kohärente Argumentation - das ist ja genau das, was bzgl. Kopenhagen sage - es ist auch nicht meine, es ist lediglich mein Verständnis, wie in etwa die "Kopenhagener" diesbzgl. argumentiert haben.

Und das meine ich mit "Pudding an die Wand nageln".

Nochmals: nirgendwo äußert sich jemand aus dieser Gruppe explizit daingehend, dass es falsch wärer, einen Kollapos anzunehmen.

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index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Jun 2021 18:23    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Nochmals: nirgendwo äußert sich jemand aus dieser Gruppe explizit daingehend, dass es falsch wärer, einen Kollapos anzunehmen.


Tut mir leid, ich verstehe nicht worauf du hinauswillst. Meine Behauptung ist: Nebelkammerspuren (und einige andere Beispiele) widerlegen das Kollapspostulat. Ich behaupte nicht Born oder Heisenberg oder sonstwer hätten sich "explizit dahingehend geäußert, daß es falsch wäre, einen Kollaps anzunehmen." Also, nicht sie behaupten der Kollaps sei hier falsch, ich behaupte das und zwar auf Basis von Ballentines Paper, das sie schlecht kennen konnten.

Zitat:
Sie starten also gedanklich 1927 mit einem Kollaps je Tröpfchen und kommen 1929 nach Mott (Heisenberg hat wohl über seine Arbeit referiert, ich habe noch kein PDF dazu gefunden) zu einem Kollaps je Spur. Sie kommen nie zu dem Schluss, der Kollaps sei falsch. Damit ändern sie ihre Meinung, wo genau ein Kollaps in diesem Fall genau auftritt, entsprechend des Erkenntnisfortschritts.


Das behauptest du bis jetzt nur, deutest aber nicht mal an, wie dieses vielleicht existierende Argument zur Rettung des Kollapses aussehen könnte oder wozu es gut sein soll, und von Heisenberg liegt anscheinend auch nichts dergleichen vor.

Mir ist noch nicht mal klar, welchen Sinn es überhaupt haben könnte von einem "Kollaps je Spur" zu reden, da "Spuren" im üblichen QM-Formalismus keine Eigenzustände haben.

Vielleicht hätte Heisenberg ja ein schlagendes Gegenargument gehabt. Aber solange ich selbst keins kenne und keine Ahnung habe, was Heisenberg persönlich dazu gesagt hätte, sehe ich wenig Sinn darin ihm irgendwelche Nonsens-Argumente in den Mund zu legen.
Qubit



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Beitrag Qubit Verfasst am: 08. Jun 2021 22:24    Titel: Re: Messproblem und allgemein Messungen in der Quantenmechan Antworten mit Zitat

Erster Admiral hat Folgendes geschrieben:

Das Problem, besteht jetzt darin, dass diese zwei Dynamiken existieren, wobei Messgeräte ja selbst aus Quantenobjekten bestehen und daher eigentlich durchgehend die Schrödinger-dynamik gelten sollte.
Es ist also unklar: Was genau verursacht den Kollaps eigentlich?


Ich denke, dass eine quantenmechanische Messung eines quantenmechanisches Systems (QS) im Gegensatz zu einer klassischen Messung immer eine Messung eines Paarzustandes QS+Messapparat(A) ist.
Eine Messung liefert so "Informationen" über bedingte Wahrscheinlichkeiten der Zustände von QS.
A ist während der Messung in einem seiner orthogonalen Eigenzustände, was allerdings nicht allgemein auch für QS gilt, insofern muss man hier nicht von einem "Kollaps" der Wellenfunktion von QS sprechen.
Die möglichen Zustände von QS müssen auch nicht orthogonal sein.
Sind sie orthogonal, dann ist der Eigenzustand von A aber eindeutig.
Die unitäre Entwicklung von QS+A verschränkt die Zustände.

Bei konsekutiven Messungen erhält man dann so Eigenzustände des Gesamtsystems (verschränkter Messungen).

Was quantenmechanische Messungen letztlich bewirken sind Zustandsreduktionen mit bedingten Wahrscheinlichkeiten.
Oder wie mein Prof mal sagte, wer hier von einem "Kollaps" spricht, muss auch bei Ziehung einer Zahl beim Lotto von "Kollaps" sprechen, weil sich auch da die bedingte Wahrscheinlichkeit unstetig mit der Ziehung ändert.

Insb. Kap. 5.6
https://www.itp.uni-hannover.de/fileadmin/itp/emeritus/dragon/qm.pdf
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jun 2021 23:18    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Tut mir leid, ich verstehe nicht worauf du hinauswillst.

Nochmal: auf genau das, was du auch sagst ;-)

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Sie starten also gedanklich 1927 mit einem Kollaps je Tröpfchen und kommen 1929 nach Mott (Heisenberg hat wohl über seine Arbeit referiert, ich habe noch kein PDF dazu gefunden) zu einem Kollaps je Spur. Sie kommen nie zu dem Schluss, der Kollaps sei falsch. Damit ändern sie ihre Meinung, wo genau ein Kollaps in diesem Fall genau auftritt, entsprechend des Erkenntnisfortschritts.

Das behauptest du bis jetzt nur, deutest aber nicht mal an, wie dieses vielleicht existierende Argument zur Rettung des Kollapses aussehen könnte oder wozu es gut sein soll, und von Heisenberg liegt anscheinend auch nichts dergleichen vor.

Ich behaupte gar nicht, dass ein schlüssiges Argument existiert.

Ich behaupte lediglich, dass die Kopenhagener erstens nach Mott dessen Ansatz als zutreffend erkennen konnten, jedoch zweitens weiterhin auf einem Kollaps beharrt haben. Keine Ahnung, wie das Argument dann im Detail aussah und ob es schlüssig war; es ist auch nicht mein Argument.

Wenn du heute googelst, findest du diverse Erklärungen auf Basis eines Kollapses je Tröpfchen, jedoch im Sinne eines weak-measurements, d.h. einen Kollaps auf einen Eigenraum (nicht Eigenvektor). Das entspricht sicher nicht der ursprünglichen Formulierung des Kollaps.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 09. Jun 2021 06:19, insgesamt 3-mal bearbeitet
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jun 2021 23:31    Titel: Re: Messproblem und allgemein Messungen in der Quantenmechan Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Was quantenmechanische Messungen letztlich bewirken sind Zustandsreduktionen mit bedingten Wahrscheinlichkeiten.
Oder wie mein Prof mal sagte, wer hier von einem "Kollaps" spricht, muss auch bei Ziehung einer Zahl beim Lotto von "Kollaps" sprechen, weil sich auch da die bedingte Wahrscheinlichkeit unstetig mit der Ziehung ändert.

Der Sprachgebrauch ist nicht der Punkt; ob man von Zustandsreduktion, Projektionspostulat oder Kollaps spricht ist letztlich egal.

Fakt ist, dass diese Zustandsreduktion als Postulat sicher überflüssig ist, im hier diskutierten Fall wahrscheinlich explizit falsch - zumindest für einen Kollaps auf einen Ortseigenszustand gemäß der orthodoxen Interpretation. Da die orthodoxe Interpretation im Zuge einer Messung jedoch immer einen Kollaps fordert, muss sie eine Alternative angeben.

index_razor und ich sehen keine solche Alternative, die einerseits auf die korrekte Teilchenspur führt, und die andererseits mit der orthodoxen Interpretation verträglich ist.

Zum oft angeführten „weak measurement“ je Tröpfchen kenne ich keine explizite Berechnung. Zum von mir vorgeschlagen - und nach Mott möglichen jedoch nicht notwendigen „Kollaps je Teilchenspur“ sehe ich ebenfalls keine explizite Formulierung; im Sinne von Ballentine wäre dies ohnehin irrelevant, nach Everett als „subjektiv wahrgenommener Kollaps“ sinnvoll, nach „Kopenhagen“ nur dann zulässig, wenn die Observable und ihre Eigenräume explizit angegeben werden könnten.

M.E. hat die orthodoxe Kollaps-Interpretation mit der Nebelkammer einer massives Problem.

Aus dem Skript:
Zitat:
Ebenso ersetzt Zustandsreduktion bei Auftreten eines Meßwertes den vorherigen Zustand durch den bedingten Zustand, der zur bedingten Wahrscheinlichkeit derjenigen Ereignisse gehört, in denen dieser Meßwert auftritt.

Mittels dieser Vorgehensweise ist das Auftreten der geradlinigen Spur in der Nebelkammer nicht zu erklären - oder der nach der Zustandsreduktion vorliegende Zustand wird anders festgelegt als nach von Neumann.

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Beitrag Qubit Verfasst am: 09. Jun 2021 22:09    Titel: Re: Messproblem und allgemein Messungen in der Quantenmechan Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:
Was quantenmechanische Messungen letztlich bewirken sind Zustandsreduktionen mit bedingten Wahrscheinlichkeiten.
Oder wie mein Prof mal sagte, wer hier von einem "Kollaps" spricht, muss auch bei Ziehung einer Zahl beim Lotto von "Kollaps" sprechen, weil sich auch da die bedingte Wahrscheinlichkeit unstetig mit der Ziehung ändert.

Der Sprachgebrauch ist nicht der Punkt; ob man von Zustandsreduktion, Projektionspostulat oder Kollaps spricht ist letztlich egal.

Fakt ist, dass diese Zustandsreduktion als Postulat sicher überflüssig ist, im hier diskutierten Fall wahrscheinlich explizit falsch - zumindest für einen Kollaps auf einen Ortseigenszustand gemäß der orthodoxen Interpretation. Da die orthodoxe Interpretation im Zuge einer Messung jedoch immer einen Kollaps fordert, muss sie eine Alternative angeben.


Ich habe hier nicht über die Kopenhagener Interpretation von Spuren in Blasenkammern gesprochen.
Mir ging es erstmal darum, überhaupt zu beschreiben, was einen quantenmechanischen Messprozess charakterisiert.
Die Aussage war da, dass man da Paarzustände von quantenmechanischem System und Messapparat betrachten sollte.
Das scheint mir naheliegend. Und in diesem Kontext sind Messungen Beschreibungen bedingter Wahrscheinlichkeiten, im Zusammenhang mit Zustandsreduktionen.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Jun 2021 23:06    Titel: Re: Messproblem und allgemein Messungen in der Quantenmechan Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Mir ging es erstmal darum, überhaupt zu beschreiben, was einen quantenmechanischen Messprozess charakterisiert.
Die Aussage war da, dass man da Paarzustände von quantenmechanischem System und Messapparat betrachten sollte.

Ok.

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Und in diesem Kontext sind Messungen Beschreibungen bedingter Wahrscheinlichkeiten, im Zusammenhang mit Zustandsreduktionen.

Also für mich ist eine Messung keine Beschreibungen sondern ein real ablaufender Prozess, in dessen Verlauf eine Eigenschaft eines quantenmechanischen Systems einem Messgerät „eingeprägt“ wird. Gewisse Aspekte werden mittels Wahrscheinlichkeiten beschrieben.

Eine Zustandsreduktion ist zwar nach der orthodoxen Interpretation ein Element dieser Beschreibung, aber diese Zustandsreduktion ist sicher unnötig und in bestimmten Fällen - z.B. für die Nebelkammer - wahrscheinlich sogar falsch. Die Zustandsreduktion exakt im Sinne der orthodoxen Interpretation ist für die Nebelkammer sicher falsch.

Zur Erklärung: Wenn man eine Tröpfchenbildung als Ortsmessung interpretiert, dann fordert die orthodoxe Interpretation eine Zustandsreduktion auf einen „isotropen“ Ortseigenzustand, der einen Impulserwartungswert Null aufweist. Eine Abfolge abwechselnder Ortsmessungen plus unitärer Zeitentwicklungen erzeugt dann sicher keine näherungsweise lineare Spur sondern einen Random Walk wie bei der Brownschen Bewegung. Das Teilchen verliert im Zuge der aufeinanderfolgenden Kollisionen offensichtlich kaum Impuls, während ein Kollaps auf einen Ortseigenzustand den Impuls bereits bei der ersten Ortsmessung und jeder folgenden vernichten würde. Die Annahmen einer Zustandsreduktion gemäß der orthodoxen Interpretation ist demnach sicher falsch. Eine Zustandsreduktion auf einen Unterraum im Sinne eines „weak measurements“ liefert möglicherweise eine korrekte Beschreibung, entspricht jedoch nicht mehr dem Postulat der orthodoxen Interpretation. Darüberhinaus zeigt Mott (bereits 1929), dass die linearen Spuren vollständig ohne jegliche Zustandsreduktion d.h. vollständig mittels unitärer Zeitentwicklung verstanden werden können. Da hier jedoch ohne Zustandsreduktion argumentiert wird, ist sie zum einen explizit überflüssig, zum anderen stellt die Ableitung Motts ein Herausforderung für die orthodoxe Interpretation dar. Letztere sieht zwingend für eine Messung eine Zustandsreduktion vor. Dies wäre nach Mott jedoch nur für die Beobachtung der Nebelkammer und der Spur als Ganzes möglich. Die orthodoxe Interpretation müsste demnach eine Observable für die Gesamtheit aller H2O-Moleküle benennen, die gemessen und auf deren Eigenräume projiziert wird.

Viele maßgebliche Interpretationen verzichten daher zurecht explizit auf den Kollaps, insbs. Consistent Histories, Ensemble Interpretation, Everett / Many Worlds Interpretation.

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Beitrag bassiks Verfasst am: 10. Jun 2021 14:02    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Man beobachtet eben keine isotrope Verteilung der Ionen, sondern eine geradlinige. Das Argument stammt direkt aus Ballentines Paper. Gibt es daran etwas auszusetzen?


Ich hätte schon was daran auszusetzen.
Warum wird von isotroper Verteilung der Ionen ausgegangen?
Ich nehme an weil man davon ausgeht dass man bei der ersten Ionisation einen Ortseigenzustand erhält.
Hier bin ich aber Skeptisch. Ich habe eine Teilchenquelle. Die erste Ionisation liefert mir daher nicht nur Informationen über den Ort, sondern auch Informationen über den Impuls. Natürlich nicht beides exakt, aber ein Kollaps in einen Ortseigenzustand würde ich da niemals annehmen. Daraus zu schließen der Kollaps liefert falsche Ergebnisse ist meiner Meinung nach irreführend, denn es wurde von einem Kollaps ausgegangen, den es nicht geben sollte. Das liefert zwangsläufig Probleme. Ich bin hier also nicht deiner Meinung index_razor dass Nebelkammerspuren das Kollapspostulat widerlegen.
Ich bin aber ebenfalls nicht der Meinung dass Nebelkammern das Kollapspostulat beweisen. Ich bin hier eher bei TomS und sage: Das Kollapspostulat ist durch die Notwendigkeit einer "Messung" und die schwammige bis gar nicht vorhandene Definition dieser so unpräzise formuliert, dass man da wohl immer irgendeinen Ausweg finden wird.

Ungeachtet dessen sehe ich ebenfalls keine Notwendigkeit für einen Kollaps. Ich bin da irgendwo zwischen euch index_razor und TomS.
Ich geh nochmal auf Anfang zu dem Argument mit S und S+M. Eine unitäre Entwicklung im abgeschlossenen System widerspricht einem Kollaps im offenen Teilsystem ja nicht.
Ich gehe jetzt mal einen rießen Sprung zurück und betrachte eine Wellenfunktion, welche das gesamte Universum beschreibt. Als solche ist sie abgeschlossen und daher unterliegt sie unitärer Zeitentwicklung. Jeder Beobachter etc. befindet sich daher zwangsläufig in einem offenen Teilsystem und nimmt als solcher subjektiv einen Kollaps war (TomS sein epistemischer Kollaps). Die gesamte Universum-WF ist nicht kollabiert. Der "Beobachter" ist nun aber Teil seines Zweigs. Der Zweig ist aber offen. Ein Problem bekommt der Beobachter nur dann, wenn er seinen Zweig als abgeschlossen annimmt. Dann muss er aber innerhalb seines Zweigs mit unitärer Zeitentwicklung klassische Messergebnisse erklären. Das wird schwierig. Also postuliert er einen Kollaps, da er, wenn er rein seinen Zweig betrachtet (und er kann ja nur dies) eine Messung als nicht unitär wahrnimmt.

Ich bin da also einerseits eher bei TomS, mir gefällt Everett auch am besten bis jetzt.
Was Kollaps und QM angeht, sehe ich es aber wie index_razor: eine Inkonsistenz von Kollaps und unitärer Zeitentwicklung sehe ich nur dann, wenn man auch bei abgeschlossenen Systemen von einem Kollaps ausgeht. In dem Beispiel vorher wäre es ein echtes Problem wenn man behaupten würde die Universums-WF wäre tatsächlich kollabiert.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 10. Jun 2021 18:19    Titel: Antworten mit Zitat

bassiks hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Man beobachtet eben keine isotrope Verteilung der Ionen, sondern eine geradlinige. Das Argument stammt direkt aus Ballentines Paper. Gibt es daran etwas auszusetzen?


Ich hätte schon was daran auszusetzen.
Warum wird von isotroper Verteilung der Ionen ausgegangen?
Ich nehme an weil man davon ausgeht dass man bei der ersten Ionisation einen Ortseigenzustand erhält.
Hier bin ich aber Skeptisch.


Gibt es eine andere Basis für deine Skepsis als die Tatsache, daß die Schlußfolgerungen aus dieser Annahme falsch sind? Welchen Endzustand würdest du denn nach der ersten Ionisation erwarten und woraus leitest du das ab? Ballentines Argument kritisiert eine Variante des Kollaps, die tatsächlich als Erklärung der Nebelkammerspuren vorgeschlagen wurde (und die, soweit ich das sehe, sogar Lehrbuchstoff ist), trotz der Tatsache, daß sie in dieser Form nicht funktionieren kann.

Du scheinst einzuwenden Ballentine hätte die falsche Aussage widerlegt, verrätst aber auch nicht welche er stattdessen hätte widerlegen sollen. Damit erscheint mir dein Einwand gegenstandslos.

Zitat:

Ich habe eine Teilchenquelle. Die erste Ionisation liefert mir daher nicht nur Informationen über den Ort, sondern auch Informationen über den Impuls.
Natürlich nicht beides exakt, aber ein Kollaps in einen Ortseigenzustand würde ich da niemals annehmen.


Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg? Ohne einen konkreten Vorschlag, der etwas besseres liefert als Mott, wird sich die Diskussion hauptsächlich darum drehen, ob man auch die falschen Varianten als "Kollapspostulat" bezeichnen darf oder lediglich die überflüssigen. Darüber will ich aber nicht streiten.

Zitat:

Daraus zu schließen der Kollaps liefert falsche Ergebnisse ist meiner Meinung nach irreführend, denn es wurde von einem Kollaps ausgegangen, den es nicht geben sollte. Das liefert zwangsläufig Probleme.


Klar, es scheint die Kunst bei der Anwendung des Kollapspostulats bestünde darin, die Version zu nehmen, die das richtige Ergebnis liefert ohne sich genau festzulegen welche das ist. Man könnte ja sonst zu leicht widerlegt werden.

Zitat:

Ich bin hier also nicht deiner Meinung index_razor dass Nebelkammerspuren das Kollapspostulat widerlegen.

Ich bin aber ebenfalls nicht der Meinung dass Nebelkammern das Kollapspostulat beweisen. Ich bin hier eher bei TomS und sage: Das Kollapspostulat ist durch die Notwendigkeit einer "Messung" und die schwammige bis gar nicht vorhandene Definition dieser so unpräzise formuliert, dass man da wohl immer irgendeinen Ausweg finden wird.


Die ganze Motivation für das Kollapspostulat ist eine definitive Aussage über den Zustand nach einer Messung zu erhalten, weil es eine Superposition angeblich nicht sein darf. Es ist kein "Ausweg" wenn alle nicht widerlegten Varianten so vage sind, daß man sie gar nicht widerlegen kann. Denn solche Aussagen können kaum brauchbare Informationen über den Zustand liefern.
bassiks



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Beiträge: 194

Beitrag bassiks Verfasst am: 10. Jun 2021 20:14    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Gibt es eine andere Basis für deine Skepsis als die Tatsache, daß die Schlußfolgerungen aus dieser Annahme falsch sind? Welchen Endzustand würdest du denn nach der ersten Ionisation erwarten und woraus leitest du das ab? Ballentines Argument kritisiert eine Variante des Kollaps, die tatsächlich als Erklärung der Nebelkammerspuren vorgeschlagen wurde (und die, soweit ich das sehe, sogar Lehrbuchstoff ist), trotz der Tatsache, daß sie in dieser Form nicht funktionieren kann.

Du scheinst einzuwenden Ballentine hätte die falsche Aussage widerlegt, verrätst aber auch nicht welche er stattdessen hätte widerlegen sollen. Damit erscheint mir dein Einwand gegenstandslos.


Ich kenne diese Passagen aus "Lehrbüchern" offensichtlich nicht welche hier eine Projektion auf einen Ortseigenzustand verwenden. Ich kann mir vorstellen dass einige von einer "Ortsmessung" schreiben. Und genau da liegt das Problem. Wenn man unter Ortsmessung sofort an eine Projektion auf einen Ortseigenzustand denkt, dann gibts offensichtlich Probleme, nicht erst bei der Nebelkammer. Das Teilchen kommt aus einer Quelle und wird durch ein Wellenpaket beschrieben, mit gewissen Eigenschaften. Bei der ersten Ionisation steht danach keineswegs ein Ortseigenzustand fest. Du kennst ja nicht mal den Ort genau. Ich erwarte mir also gar keinen "Zustand" nach der ersten Ionisation, sondern nach wie vor ein Wellenpaket mit gewissen Eigenschaften. Genausogut könnte man beim Teilchenstrahl im CERN davon Reden eine Ortsmessung durchgeführt zu haben weil man ja weiß dass der Strahl sich auf der Kreisbahn bewegt. Genau das ist eines der zentralen Probleme. Es ist schlicht zu schwammig definiert was eine Messung ist und daher kann man solche Probleme stets umgehen, zumindest was Observablen wie Ort etc. angeht. Deshalb finde ich das Beispiel mit der Nebelkammer einfach nicht gut. Insofern ja, Ballentine hat eine falsche Aussage widerlegt in diesem Fall. Die anderen Beispiele kenne ich nicht.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg?


Nein, sehe ich nicht. Das ist auch genau das was ich oben beschrieben habe. Aber das ist auch das Problem welches ich mit diesem Beispiel habe. Ich denke Ballentine behauptet hier das Kollapspostulat würde verlangen dass hier bei der ersten Ionisation ein Kollaps auf den Ortseigenzustand stattfindet. Aber genau das macht es eben nicht. Das Kollapspostulat macht einfach gar keine Aussage darüber wann es genau zum Kollaps kommt. Ballentine sagt also das Kollapspostulat wäre falsch weil es aussagt hier würde es zum Kollaps kommen, aber das macht es nicht. Also hat er damit gar nichts gezeigt.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg? Ohne einen konkreten Vorschlag, der etwas besseres liefert als Mott, wird sich die Diskussion hauptsächlich darum drehen, ob man auch die falschen Varianten als "Kollapspostulat" bezeichnen darf oder lediglich die überflüssigen. Darüber will ich aber nicht streiten.


Streiten will ich ohnehin nicht. Ich behaupte auch keineswegs dass ich hier alles perfekt durschaut habe, lasse mich also gern eines besseren belehren. Aber im Augenblick sehe ich noch keinen Grund von meinem Standpunkt abzurücken dass die Nebelkammer hier nicht tauglich ist.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Klar, es scheint die Kunst bei der Anwendung des Kollapspostulats bestünde darin, die Version zu nehmen, die das richtige Ergebnis liefert ohne sich genau festzulegen welche das ist. Man könnte ja sonst zu leicht widerlegt werden.


Ja, scheint so.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die ganze Motivation für das Kollapspostulat ist eine definitive Aussage über den Zustand nach einer Messung zu erhalten, weil es eine Superposition angeblich nicht sein darf. Es ist kein "Ausweg" wenn alle nicht widerlegten Varianten so vage sind, daß man sie gar nicht widerlegen kann. Denn solche Aussagen können kaum brauchbare Informationen über den Zustand liefern.


Das macht es auch. Das Kollapspostulat macht eine definitive Aussage über den Zustand nach dem Kollaps, aber es sagt dir leider nicht wann es dazu kommt. Ich finde das höchst unbefriedigend.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 10. Jun 2021 21:02    Titel: Antworten mit Zitat

bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Gibt es eine andere Basis für deine Skepsis als die Tatsache, daß die Schlußfolgerungen aus dieser Annahme falsch sind? Welchen Endzustand würdest du denn nach der ersten Ionisation erwarten und woraus leitest du das ab? Ballentines Argument kritisiert eine Variante des Kollaps, die tatsächlich als Erklärung der Nebelkammerspuren vorgeschlagen wurde (und die, soweit ich das sehe, sogar Lehrbuchstoff ist), trotz der Tatsache, daß sie in dieser Form nicht funktionieren kann.

Du scheinst einzuwenden Ballentine hätte die falsche Aussage widerlegt, verrätst aber auch nicht welche er stattdessen hätte widerlegen sollen. Damit erscheint mir dein Einwand gegenstandslos.


Ich kenne diese Passagen aus "Lehrbüchern" offensichtlich nicht welche hier eine Projektion auf einen Ortseigenzustand verwenden.


Es ist wohl höchste Zeit, daß du mal klarstellst, welche Aussage du unter dem Kollapspostulat verstehst. Sonst hat diese Diskussion m.E. wenig Sinn. Die Variante, die ich kenne und die von Ballentine kritisiert wird, unterscheidet nämlich überhaupt nicht welche Observable gemessen wird.

Zitat:

Ich kann mir vorstellen dass einige von einer "Ortsmessung" schreiben. Und genau da liegt das Problem. Wenn man unter Ortsmessung sofort an eine Projektion auf einen Ortseigenzustand denkt, dann gibts offensichtlich Probleme, nicht erst bei der Nebelkammer.


Ja, und genau diese Projektion ist Inhalt des Kollapspostulats, aus diesem Grund auch "Projektionspostulat" genannt. Und niemand behauptet, die Nebelkammer sei der einzig problematische Fall. Ich habe keine Ahnung worauf du hinauswillst.

(Daß die Messung kontinuierlicher Observablen nicht exakt ist, spielt hierbei keine Rolle, falls du das annimmst.)

Zitat:

Das Teilchen kommt aus einer Quelle und wird durch ein Wellenpaket beschrieben, mit gewissen Eigenschaften. Bei der ersten Ionisation steht danach keineswegs ein Ortseigenzustand fest. Du kennst ja nicht mal den Ort genau. Ich erwarte mir also gar keinen "Zustand" nach der ersten Ionisation, sondern nach wie vor ein Wellenpaket mit gewissen Eigenschaften.


Was soll denn da der Unterschied sein? Ein Wellenpaket ist ein Zustand. Die Frage ist nicht "ob" ein Zustand vorliegt, sondern welcher und wie er vom erhaltenen Meßwert abhängt.

Zitat:

Insofern ja, Ballentine hat eine falsche Aussage widerlegt in diesem Fall. Die anderen Beispiele kenne ich nicht.


Nochmal die Frage: was ist der Inhalt des Projektionspostulats, welches Ballentine deiner Ansicht nach hätte kritisieren sollen?


Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg?


Nein, sehe ich nicht. Das ist auch genau das was ich oben beschrieben habe. Aber das ist auch das Problem welches ich mit diesem Beispiel habe. Ich denke Ballentine behauptet hier das Kollapspostulat würde verlangen dass hier bei der ersten Ionisation ein Kollaps auf den Ortseigenzustand stattfindet. Aber genau das macht es eben nicht.


Sondern? Was es "genau" verlangt, scheint irgendwie schwer greifbar zu sein. Oder wieso kommt dazu immer noch keine klare Aussage?

Zitat:

Das Kollapspostulat macht einfach gar keine Aussage darüber wann es genau zum Kollaps kommt. Ballentine sagt also das Kollapspostulat wäre falsch weil es aussagt hier würde es zum Kollaps kommen, aber das macht es nicht. Also hat er damit gar nichts gezeigt.


Nein, Ballentine sagt, daß eine bestimmte allgemeine Aussage zur Zustandsreduktion in mehreren Einzelfällen nicht stimmt. Du entgegnest nun, diese Aussage sei nicht "das Kollapspostulat", verrätst aber gar nicht, welche alternative Behauptung zur Zustandsreduktion hier, statt der kritisierten, zutreffen soll (wenn überhaupt eine). Damit ist deine Kritik völlig ohne Inhalt.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg? Ohne einen konkreten Vorschlag, der etwas besseres liefert als Mott, wird sich die Diskussion hauptsächlich darum drehen, ob man auch die falschen Varianten als "Kollapspostulat" bezeichnen darf oder lediglich die überflüssigen. Darüber will ich aber nicht streiten.


Streiten will ich ohnehin nicht. Ich behaupte auch keineswegs dass ich hier alles perfekt durschaut habe, lasse mich also gern eines besseren belehren. Aber im Augenblick sehe ich noch keinen Grund von meinem Standpunkt abzurücken dass die Nebelkammer hier nicht tauglich ist.


Was ist das für eine Logik? Ein Gegenbeispiel widerlegt ein allgemeines Postulat, nicht umgekehrt.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die ganze Motivation für das Kollapspostulat ist eine definitive Aussage über den Zustand nach einer Messung zu erhalten, weil es eine Superposition angeblich nicht sein darf. Es ist kein "Ausweg" wenn alle nicht widerlegten Varianten so vage sind, daß man sie gar nicht widerlegen kann. Denn solche Aussagen können kaum brauchbare Informationen über den Zustand liefern.


Das macht es auch. Das Kollapspostulat macht eine definitive Aussage über den Zustand nach dem Kollaps, aber es sagt dir leider nicht wann es dazu kommt.


Die einzige definitive Aussage, die ich kenne, ist manchmal falsch. Eine andere habe ich nicht gesehen, auch nicht von dir.
bassiks



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Beitrag bassiks Verfasst am: 10. Jun 2021 21:34    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Gibt es eine andere Basis für deine Skepsis als die Tatsache, daß die Schlußfolgerungen aus dieser Annahme falsch sind? Welchen Endzustand würdest du denn nach der ersten Ionisation erwarten und woraus leitest du das ab? Ballentines Argument kritisiert eine Variante des Kollaps, die tatsächlich als Erklärung der Nebelkammerspuren vorgeschlagen wurde (und die, soweit ich das sehe, sogar Lehrbuchstoff ist), trotz der Tatsache, daß sie in dieser Form nicht funktionieren kann.

Du scheinst einzuwenden Ballentine hätte die falsche Aussage widerlegt, verrätst aber auch nicht welche er stattdessen hätte widerlegen sollen. Damit erscheint mir dein Einwand gegenstandslos.


Ich kenne diese Passagen aus "Lehrbüchern" offensichtlich nicht welche hier eine Projektion auf einen Ortseigenzustand verwenden.


Es ist wohl höchste Zeit, daß du mal klarstellst, welche Aussage du unter dem Kollapspostulat verstehst. Sonst hat diese Diskussion m.E. wenig Sinn. Die Variante, die ich kenne und die von Ballentine kritisiert wird, unterscheidet nämlich überhaupt nicht welche Observable gemessen wird.

Zitat:

Ich kann mir vorstellen dass einige von einer "Ortsmessung" schreiben. Und genau da liegt das Problem. Wenn man unter Ortsmessung sofort an eine Projektion auf einen Ortseigenzustand denkt, dann gibts offensichtlich Probleme, nicht erst bei der Nebelkammer.


Ja, und genau diese Projektion ist Inhalt des Kollapspostulats, aus diesem Grund auch "Projektionspostulat" genannt. Und niemand behauptet, die Nebelkammer sei der einzig problematische Fall. Ich habe keine Ahnung worauf du hinauswillst.

(Daß die Messung kontinuierlicher Observablen nicht exakt ist, spielt hierbei keine Rolle, falls du das annimmst.)

Zitat:

Das Teilchen kommt aus einer Quelle und wird durch ein Wellenpaket beschrieben, mit gewissen Eigenschaften. Bei der ersten Ionisation steht danach keineswegs ein Ortseigenzustand fest. Du kennst ja nicht mal den Ort genau. Ich erwarte mir also gar keinen "Zustand" nach der ersten Ionisation, sondern nach wie vor ein Wellenpaket mit gewissen Eigenschaften.


Was soll denn da der Unterschied sein? Ein Wellenpaket ist ein Zustand. Die Frage ist nicht "ob" ein Zustand vorliegt, sondern welcher und wie er vom erhaltenen Meßwert abhängt.

Zitat:

Insofern ja, Ballentine hat eine falsche Aussage widerlegt in diesem Fall. Die anderen Beispiele kenne ich nicht.


Nochmal die Frage: was ist der Inhalt des Projektionspostulats, welches Ballentine deiner Ansicht nach hätte kritisieren sollen?


Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg?


Nein, sehe ich nicht. Das ist auch genau das was ich oben beschrieben habe. Aber das ist auch das Problem welches ich mit diesem Beispiel habe. Ich denke Ballentine behauptet hier das Kollapspostulat würde verlangen dass hier bei der ersten Ionisation ein Kollaps auf den Ortseigenzustand stattfindet. Aber genau das macht es eben nicht.


Sondern? Was es "genau" verlangt, scheint irgendwie schwer greifbar zu sein. Oder wieso kommt dazu immer noch keine klare Aussage?

Zitat:

Das Kollapspostulat macht einfach gar keine Aussage darüber wann es genau zum Kollaps kommt. Ballentine sagt also das Kollapspostulat wäre falsch weil es aussagt hier würde es zum Kollaps kommen, aber das macht es nicht. Also hat er damit gar nichts gezeigt.


Nein, Ballentine sagt, daß eine bestimmte allgemeine Aussage zur Zustandsreduktion in mehreren Einzelfällen nicht stimmt. Du entgegnest nun, diese Aussage sei nicht "das Kollapspostulat", verrätst aber gar nicht, welche alternative Behauptung zur Zustandsreduktion hier, statt der kritisierten, zutreffen soll (wenn überhaupt eine). Damit ist deine Kritik völlig ohne Inhalt.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg? Ohne einen konkreten Vorschlag, der etwas besseres liefert als Mott, wird sich die Diskussion hauptsächlich darum drehen, ob man auch die falschen Varianten als "Kollapspostulat" bezeichnen darf oder lediglich die überflüssigen. Darüber will ich aber nicht streiten.


Streiten will ich ohnehin nicht. Ich behaupte auch keineswegs dass ich hier alles perfekt durschaut habe, lasse mich also gern eines besseren belehren. Aber im Augenblick sehe ich noch keinen Grund von meinem Standpunkt abzurücken dass die Nebelkammer hier nicht tauglich ist.


Was ist das für eine Logik? Ein Gegenbeispiel widerlegt ein allgemeines Postulat, nicht umgekehrt.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die ganze Motivation für das Kollapspostulat ist eine definitive Aussage über den Zustand nach einer Messung zu erhalten, weil es eine Superposition angeblich nicht sein darf. Es ist kein "Ausweg" wenn alle nicht widerlegten Varianten so vage sind, daß man sie gar nicht widerlegen kann. Denn solche Aussagen können kaum brauchbare Informationen über den Zustand liefern.


Das macht es auch. Das Kollapspostulat macht eine definitive Aussage über den Zustand nach dem Kollaps, aber es sagt dir leider nicht wann es dazu kommt.


Die einzige definitive Aussage, die ich kenne, ist manchmal falsch. Eine andere habe ich nicht gesehen, auch nicht von dir.


Das Projektionspostulat sagt das nach einer Messung der Zustand des Systems in dem Eigenzustand ist, welcher zum Messwert (Eigenwert) gehört.

Das Problem darin ist das Wort Messung ohne es genau zu definieren.

Zitat:
Und niemand behauptet, die Nebelkammer sei der einzig problematische Fall. Ich habe keine Ahnung worauf du hinauswillst.


Nein, aber du hast behauptet die Nebelkammer wär eins, und das ist sie meiner Ansicht nach nicht.

Zitat:
Was soll denn da der Unterschied sein? Ein Wellenpaket ist ein Zustand. Die Frage ist nicht "ob" ein Zustand vorliegt, sondern welcher und wie er vom erhaltenen Meßwert abhängt.


Du verlangst aber einen Eigenzustand einer Observable, und das ist das Wellenpaket nicht. Wenn du das Wellenpaket als Zustand bezeichnest, dann hab ich deine Frage ja beantwortet, aber das ist was ganz anderes als der Ortseigenzustand.

Zitat:
Sondern? Was es "genau" verlangt, scheint irgendwie schwer greifbar zu sein. Oder wieso kommt dazu immer noch keine klare Aussage?


JA! GENAU! Das ist aber genau das was ich auch kritisiere. Warum machst du mich dafür verantwortlich und willst von mir eine Antwort? Ich bin kein Vertreter dieser Interpretation und genau diese schwammige nichts sagende Formulierung kritisiere ich die ganze Zeit!

Zitat:
Nein, Ballentine sagt, daß eine bestimmte allgemeine Aussage zur Zustandsreduktion in mehreren Einzelfällen nicht stimmt. Du entgegnest nun, diese Aussage sei nicht "das Kollapspostulat", verrätst aber gar nicht, welche alternative Behauptung zur Zustandsreduktion hier, statt der kritisierten, zutreffen soll (wenn überhaupt eine). Damit ist deine Kritik völlig ohne Inhalt.


Nein. Ich habe nur ein Beispiel davon kritisiert. Mit den anderen Beispielen habe ich mich nicht befasst und dazu habe ich auch nichts gesagt. Ich habe auch nie behauptet dass er nicht recht hat mit den Problemen des Kollapspostulats. Ich habe nur dieses eine Beispiel kritisiert. Du unterstellst mir hier ständig Aussagen, welche ich nicht gemacht hab. Das ist kein guter Diskussionsstil.

Zitat:
Die einzige definitive Aussage, die ich kenne, ist manchmal falsch. Eine andere habe ich nicht gesehen, auch nicht von dir.


So eine wirst du von mir auch nicht bekommen. Dass sie manchmal falsch ist mag sein, aber das Beispiel der Nebelkammer ist hier irrelevant. Man muss Beispiele betrachten in welchen ein Kollaps benötigt wird. Und da wird es nunmal ganz schwer. Das ist vermutlich auch das was TomS meinte. Als ob man einen Pudding an die Wand nageln will.
Qubit



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Beitrag Qubit Verfasst am: 10. Jun 2021 22:22    Titel: Antworten mit Zitat

Ich will doch nochmals drauf hinweisen, dass man eine quantenmechanische Messung sinnvollerweise als Folge von Paarzuständen eines quantenmechanischen Systems QS und "Messapparaten" (messender Systeme) darstellen kann (zumindestens als Näherung).

Was man dann letztlich misst, ist ein Eigenzustand:



beinhaltet hier die gesamte Historie vor dem "Heisenberg-Schnitt", der dann die Messung feststellt.
Das bedeutet allerdings nicht, dass auch QS in einem Eigenzustand ist, somit dessen Wellenfunktion "kallabiert". Beschrieben werden hier diesbezüglich Zustandsreduktionen nach bedingten Wahrscheinlichkeiten.

Das eigentliche Problem ist hier der "Heisenberg-Schnitt", der relativ zum Beobachter ist. Eigentlich ist er "künstlich" oder relativ. Will man ihn vermeiden, kann man die Viele Welten Interpretation bemühen.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 10. Jun 2021 23:18    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
… es scheint die Kunst bei der Anwendung des Kollapspostulats bestünde darin, die Version zu nehmen, die das richtige Ergebnis liefert ohne sich genau festzulegen welche das ist. Man könnte ja sonst zu leicht widerlegt werden.

Und du hattest ein Problem mit meiner Aussage, es wäre wie der Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln? Wir sind uns doch offensichtlich einig ;-)

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Beitrag TomS Verfasst am: 10. Jun 2021 23:47    Titel: Antworten mit Zitat

bassiks hat Folgendes geschrieben:
Du verlangst aber einen Eigenzustand einer Observable, und das ist das Wellenpaket nicht. Wenn du das Wellenpaket als Zustand bezeichnest, dann hab ich deine Frage ja beantwortet, aber das ist was ganz anderes als der Ortseigenzustand.

Ein Wellenpaket ist natürlich wie jeder beliebige Zustand |u> der Eigenzustand zu einer Observablen |u><u|.

Das Problem ist, dass das Projektionspostulat nicht sagt, welche Observable gemessen wird. Das musst du selbst wissen, um anschließend auf den richtigen Eigenraum projizieren zu können.

Die orthodoxe Interpretation kann nun die explizite Kenntnis von |u> nach Zeitentwicklung (wie z.B. nach Mott für die Nebelkammer) nicht nutzen, um die Observable festzulegen; das wäre gerade entgegengesetzt zur inneren Logik der orthodoxe Interpretation.

Non-Collapse-Interpretationen gehen genau anders herum vor: nicht die Festlegung der Observablen bestimmt, was gemessen wird, sondern die unitäre Dynamik liefert einen Zielzustand, der die möglichen Ergebnisse der Messung kodiert (für die Nebelkammer geradlinige Spuren).

Letztlich hat es nach 1929 vier Jahrzehnte gedauert, bis dies im Rahmen der Dekohärenz wiederentdeckt wurde, und auch die lag nochmal jahrelang in der Schublade.

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Beitrag TomS Verfasst am: 11. Jun 2021 06:53    Titel: Antworten mit Zitat

Ich möchte ein weiteres Gedankexperiment zur Diskussion stellen, das sogenannte Renner-Experiment.

Man betrachte eine Detektorsphäre um eine Quelle sphärisch-symmetrischer s-Wellen. Mittels der Detektorelemente werden Ortsmessungen durchgeführt. Für den Raumwinkel Omega eines Elementes lautet die Observable



Nun betrachtet man die Messung für zwei deutlich unterschiedlich große Detektor-Hemisphären +,- mit



und



Für bekannten Auslösezeitpunkt der s-Welle und bei bekannter Signalgeschwindigkeit kann der Experimentator aufgrund einer nicht-Beobachtung an der kleineren Detektor-Hemisphäre sicher schließen, dass die s-Welle auf die größere Hemisphäre zu projizieren ist, obwohl an keiner der beiden Hemisphären eine Messung stattgefunden hat.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 08:08    Titel: Antworten mit Zitat

bassiks hat Folgendes geschrieben:

Das Projektionspostulat sagt das nach einer Messung der Zustand des Systems in dem Eigenzustand ist, welcher zum Messwert (Eigenwert) gehört.

Das Problem darin ist das Wort Messung ohne es genau zu definieren.


Das ist zwar auch ein Problem, aber es spielt hier keine Rolle. Es sei den du bestreitest, daß in der Nebelkammer eine Ortsmessung stattfindet. Das schien aber bisher nicht der Fall zu sein. Und ich fände dies auch recht unplausibel.

Zitat:

Zitat:
Und niemand behauptet, die Nebelkammer sei der einzig problematische Fall. Ich habe keine Ahnung worauf du hinauswillst.


Nein, aber du hast behauptet die Nebelkammer wär eins, und das ist sie meiner Ansicht nach nicht.


Warum nicht? Was ist denn die Ursache für eine Ionisation am Ort x? Kann das Teilchen eine Ionisation bei x bewirken ohne sich dort zu befinden?

Zitat:

Zitat:
Was soll denn da der Unterschied sein? Ein Wellenpaket ist ein Zustand. Die Frage ist nicht "ob" ein Zustand vorliegt, sondern welcher und wie er vom erhaltenen Meßwert abhängt.


Du verlangst aber einen Eigenzustand einer Observable, und das ist das Wellenpaket nicht.


Das Projektionspostulat verlangt das. Das hast du oben selbst geschrieben.

Nochmal das Argument:

1)"Nach einer Messung [ist] der Zustand des Systems in dem Eigenzustand [...], welcher zum Messwert (Eigenwert) gehört." (Kollapspostulat nach bassiks)

2) Die Nebelkammer mißt den Ort ionisierender Teilchen (einmal pro Ionisation).

3) Folglich ist nach jeder Ionisation der Zustand des Teilchen in einem Ortseigenzustand.

4) Aussage 3) ist falsch, also ist 1) oder 2) ebenso falsch. Ballentine sagt 1) ist falsch.

Dieser Schlußfolgerung entgehst du nicht einfach durch Verweis auf den unscharfen Begriff "Messung". Du mußt bestreiten, daß in diesem konkreten Einzelfall eine Ortsmessung stattfindet, obwohl wir aus den Ionisationsereignissen zweifellos irgendeine Ortsinformation erhalten. (Die ist zwar nicht exakt, aber das ist nicht der Punkt.)


Zitat:

Wenn du das Wellenpaket als Zustand bezeichnest, dann hab ich deine Frage ja beantwortet, aber das ist was ganz anderes als der Ortseigenzustand.


Nein, hast du nicht. Die Frage war welcher Zustand genau nach der Ortsmessung vorliegt. Und du antwortest "Ein Zustand mit gewissen Eigenschaften". Das ist so gut wie keine Antwort.

Zitat:

Zitat:
Sondern? Was es "genau" verlangt, scheint irgendwie schwer greifbar zu sein. Oder wieso kommt dazu immer noch keine klare Aussage?


JA! GENAU! Das ist aber genau das was ich auch kritisiere. Warum machst du mich dafür verantwortlich und willst von mir eine Antwort?


Da du erst zu behaupten schienst, die von Ballentine kritisierte Aussage sei nicht das Kollapspostulat. Jetzt bezeichnest du als "Kollapspostulat" genau die Aussage, die Ballentine kritisiert. Und die ist für den gegenwärtigen Fall ausreichend präzise.

Deswegen verstehe ich immer noch nicht, was du nun eigentlich sagen willst.

Zitat:

Zitat:
Nein, Ballentine sagt, daß eine bestimmte allgemeine Aussage zur Zustandsreduktion in mehreren Einzelfällen nicht stimmt. Du entgegnest nun, diese Aussage sei nicht "das Kollapspostulat", verrätst aber gar nicht, welche alternative Behauptung zur Zustandsreduktion hier, statt der kritisierten, zutreffen soll (wenn überhaupt eine). Damit ist deine Kritik völlig ohne Inhalt.


Nein. Ich habe nur ein Beispiel davon kritisiert.


Ja, und genau die Kritik an diesem Beispiel finde ich gegenstandslos.

Zitat:

Mit den anderen Beispielen habe ich mich nicht befasst und dazu habe ich auch nichts gesagt. Ich habe auch nie behauptet dass er nicht recht hat mit den Problemen des Kollapspostulats. Ich habe nur dieses eine Beispiel kritisiert. Du unterstellst mir hier ständig Aussagen, welche ich nicht gemacht hab. Das ist kein guter Diskussionsstil.


Nein, alle meine Aussagen beziehen sich auf deine Kritik an der Nebelkammer. In Bezug auf Ballentines andere Gegenbeispiele habe ich dir überhaupt nichts unterstellt.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 11. Jun 2021 08:44, insgesamt 3-mal bearbeitet
index_razor



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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 08:12    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
… es scheint die Kunst bei der Anwendung des Kollapspostulats bestünde darin, die Version zu nehmen, die das richtige Ergebnis liefert ohne sich genau festzulegen welche das ist. Man könnte ja sonst zu leicht widerlegt werden.

Und du hattest ein Problem mit meiner Aussage, es wäre wie der Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln? Wir sind uns doch offensichtlich einig ;-)


Meine Frage ist eher, wer hier den Pudding kocht. von Neumann ist es meiner Ansicht nach nicht. ;-)
bassiks



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Beiträge: 194

Beitrag bassiks Verfasst am: 11. Jun 2021 09:13    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ein Wellenpaket ist natürlich wie jeder beliebige Zustand |u> der Eigenzustand zu einer Observablen |u><u|.


Ja. Ich bezog mich auf Unterschiede zu Ortseigenzuständen. War nicht sehr gut formuliert.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nochmal das Argument:

1)"Nach einer Messung [ist] der Zustand des Systems in dem Eigenzustand [...], welcher zum Messwert (Eigenwert) gehört." (Kollapspostulat nach bassiks)

2) Die Nebelkammer mißt den Ort ionisierender Teilchen (einmal pro Ionisation).

3) Folglich ist nach jeder Ionisation der Zustand des Teilchen in einem Ortseigenzustand.

4) Aussage 3) ist falsch, also ist 1) oder 2) ebenso falsch. Ballentine sagt 1) ist falsch.

Dieser Schlußfolgerung entgehst du nicht einfach durch Verweis auf den unscharfen Begriff "Messung". Du mußt bestreiten, daß in diesem konkreten Einzelfall eine Ortsmessung stattfindet, obwohl wir aus den Ionisationsereignissen zweifellos irgendeine Ortsinformation erhalten. (Die ist zwar nicht exakt, aber das ist nicht der Punkt.)


Ballentine scheint aber zu sagen 1) ist falsch weil 3). Aber 3) ist falsch. Ex falso sequitur quodlibet.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, hast du nicht. Die Frage war welcher Zustand genau nach der Ortsmessung vorliegt. Und du antwortest "Ein Zustand mit gewissen Eigenschaften". Das ist so gut wie keine Antwort.


Weil das eben ein Problem ist. Wie TomS bereits geschrieben hat, macht das Kollapspostulat ja keine präzise Aussage darüber. Ballentine projeziert auf den Ortseigenzustand. Warum? Vermutlich weil er wie du von einer Ortsmessung spricht. Aber der Begriff Ortsmessung ist nunmal nicht sauber definiert und entspricht eben nicht immer eine Projektion auf einen Ortseigenzustand, sondern evt. auf einen anderen Zustand (TomS hat diesen oben |u> genannt). Was Ballentine damit meines Erachtens nach eigentlich zeigt ist: Der Begriff Ortsmessung ist nicht gleichzusetzen mit der Projektion auf einen Ortseigenzustand, denn wenn man das macht, dann erhält man widersprüche wie diesen in der Nebelkammer. Damit widerlegt er aber nicht das Kollapspostulat, denn dieses kann sich immer durch die unscharfe Definition von Messung rauswinden.

Nehmen wir an ich kenne den Zustand |u> nach der ersten Ionisation. Dieser ist kein Ortseigenzustand sondern ein Zustand mit eben gewissen Eigenschaften, näherungsweise gerade Bahnen etc. Wenn du von mir jetzt wieder genau den Zustand haben willst, dann muss ich leider darauf verweisen dass ich diesen nicht kenne und das als Problem des Kollapspostulats erachte wie TomS es bereits sehr gut formuliert hat. Dennoch, kenne ich diesen Zustand |u> kann ich das Projektionspostulat anwenden und erhalte auch keinen Widerspruch. Das Problem tritt nur auf wenn ich statt |u> einen Ortseigenzustand verwende.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht wie ich meinen Standpunkt hier noch klarer formulieren kann. Ich hoffe du verstehst mit dieser Ausführung besser was ich meine.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 10:10    Titel: Antworten mit Zitat

bassiks hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nochmal das Argument:

1)"Nach einer Messung [ist] der Zustand des Systems in dem Eigenzustand [...], welcher zum Messwert (Eigenwert) gehört." (Kollapspostulat nach bassiks)

2) Die Nebelkammer mißt den Ort ionisierender Teilchen (einmal pro Ionisation).

3) Folglich ist nach jeder Ionisation der Zustand des Teilchen in einem Ortseigenzustand.

4) Aussage 3) ist falsch, also ist 1) oder 2) ebenso falsch. Ballentine sagt 1) ist falsch.

Dieser Schlußfolgerung entgehst du nicht einfach durch Verweis auf den unscharfen Begriff "Messung". Du mußt bestreiten, daß in diesem konkreten Einzelfall eine Ortsmessung stattfindet, obwohl wir aus den Ionisationsereignissen zweifellos irgendeine Ortsinformation erhalten. (Die ist zwar nicht exakt, aber das ist nicht der Punkt.)


Ballentine scheint aber zu sagen 1) ist falsch weil 3). Aber 3) ist falsch. Ex falso sequitur quodlibet.


Oje, nein, du hast das Argument vollkommen falsch verstanden. 3) ist eine Folgerung aus 1) und 2). Ballentine sagt 3) ist falsch. Deshalb muß eine der Voraussetzungen 1) oder 2) ebenfalls falsch sein. Kein Mensch bestreitet meines Wissens, daß es sich hier um eine Ortsmessung handelt. Also muß 1) falsch sein.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, hast du nicht. Die Frage war welcher Zustand genau nach der Ortsmessung vorliegt. Und du antwortest "Ein Zustand mit gewissen Eigenschaften". Das ist so gut wie keine Antwort.


Weil das eben ein Problem ist. Wie TomS bereits geschrieben hat, macht das Kollapspostulat ja keine präzise Aussage darüber. Ballentine projeziert auf den Ortseigenzustand. Warum? Vermutlich weil er wie du von einer Ortsmessung spricht. Aber der Begriff Ortsmessung ist nunmal nicht sauber definiert und entspricht eben nicht immer eine Projektion auf einen Ortseigenzustand, sondern evt. auf einen anderen Zustand (TomS hat diesen oben |u> genannt). Was Ballentine damit meines Erachtens nach eigentlich zeigt ist: Der Begriff Ortsmessung ist nicht gleichzusetzen mit der Projektion auf einen Ortseigenzustand, denn wenn man das macht, dann erhält man widersprüche wie diesen in der Nebelkammer.


Nein, er sagt, das Resultat einer Ortsmessung mit Ergebnis () kann nicht die Präparation eines Ortseigenzustands zum Eigenwert x sein. (Es kann übrigens auch nicht die Präparation eines Wellenpakets mit Breite sein.)

Zitat:

Damit widerlegt er aber nicht das Kollapspostulat, denn dieses kann sich immer durch die unscharfe Definition von Messung rauswinden.


Nein, man kann sich nur rauswinden, indem man bestreitet, daß in der Nebelkammer der Ort ionisierender Teilchen gemessen wird. Das ist zwar logisch möglich, aber recht unplausibel und meines Wissens tut das auch keiner.

Zitat:

Nehmen wir an ich kenne den Zustand |u> nach der ersten Ionisation. Dieser ist kein Ortseigenzustand sondern ein Zustand mit eben gewissen Eigenschaften, näherungsweise gerade Bahnen etc.


"Näherungsweise gerade Bahnen" ist keine Eigenschaft von Zuständen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 11. Jun 2021 10:56    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Meine Frage ist eher, wer hier den Pudding kocht. von Neumann ist es meiner Ansicht nach nicht. ;-)

Hast du sein Original als PDF, oder eine sicher korrekte Zusammenfassung?

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Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 11:13    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Meine Frage ist eher, wer hier den Pudding kocht. von Neumann ist es meiner Ansicht nach nicht. ;-)

Hast du sein Original als PDF, oder eine sicher korrekte Zusammenfassung?


Ich habe das Buch "Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik." Ich kann nochmal schauen, was dort genau über den Meßprozeß behauptet wird, wenn dich das interessiert.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 11. Jun 2021 11:39    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dieser Schlußfolgerung entgehst du nicht einfach durch Verweis auf den unscharfen Begriff "Messung". Du mußt bestreiten, daß in diesem konkreten Einzelfall eine Ortsmessung stattfindet, obwohl wir aus den Ionisationsereignissen zweifellos irgendeine Ortsinformation erhalten. (Die ist zwar nicht exakt, aber das ist nicht der Punkt.)

Nein, man kann sich nur rauswinden, indem man bestreitet, daß in der Nebelkammer der Ort ionisierender Teilchen gemessen wird. Das ist zwar logisch möglich, aber recht unplausibel und meines Wissens tut das auch keiner.


"Näherungsweise gerade Bahnen" ist keine Eigenschaft von Zuständen.

Letzteres bestreite ich; "Näherungsweise gerade Bahnen" wäre nach meinem Verständnis exakt das Ergebnis von Mott.

Ansonsten: können wir nochmal einfach zusammenfassen?

Versuch:

Da aus einer exakt scharfen Ortsmessung je Einzelmessung (Ionisation) mittels Projektion auf einen exakten Ortseigenzustand eine auslaufende s-Welle folgt, und somit sicher keine (näherungsweise) gerade Bahn resultieren kann, muss die Annahme der exakt scharfen Ortsmessung bzw. der Projektion für die Nebelkammer falsch sein.

Ohne es exakt gerechnet zu haben, denke ich, dass dies auch für unscharfe jedoch weiterhin isotrope Ortsmessungen gilt, aus denen ebenfalls s-Wellen folgen.

Um mit der Beobachtung verträglich zu sein, muss der Unterraum derart definiert sein, dass die (lokal vorliegende) Anisotropie der einlaufenden Welle in irgendeiner Weise für die auslaufende Welle erhalten bleibt.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
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