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Trägt ein Photon die Vergangenheit mit sich?
 
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Zerdenker
Gast





Beitrag Zerdenker Verfasst am: 21. Jul 2020 16:38    Titel: Trägt ein Photon die Vergangenheit mit sich? Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo zusammen,

da ich kein Physiker bin kann ich mir auf meine aktuelle Frage auf die ich durch das beschäftigen mit u.a. der Relativitätstheorie gestoßen bin nicht erklären. Für mich ist es aber nicht logisch, da ich denke das wenn es so wäre es doch bereits jemand gemessen/beobachtet haben müsste. Also bitte klärt mich auf wo die Fehler meiner Überlegungen liegen.

Also folgendes Gedankenexperiment:
Ich bin ein von einer Sonne emittiertes Photon, von dem Moment an, wo ich von der Sonne "wegfliege" habe ich die Lichtgeschwindigkeit, das trifft ja auch auf alles anderen Photonen zu die sich von der Sonne wegbewegen. Das würde doch heißen es würden all diese anderen Photonen aus "meiner" Sicht neben bzw. hinter mir herfliegen. Mich jedoch nie erreichen, aber sich auch nicht von mir entfernen. Sprich hinter mir wäre alles flach und hell.
Kommen mir andere Photonen entgegen würde ich sie auf mich zukommen sehen und sobald sie mich passiert haben stünden sie ebenfalls hinter bzw. neben mir und würden aus meiner Sicht betrachtet immer "hinter mir mitfliegen".
Das würde doch dann bedeuten, dass dieses Photon diese ganze Information immer im Schlepptau hat. Und wenn dem so wäre müsste es doch irgendwie möglich sein diese Information zu bekommen, würde bedeuten man könnte dadurch einen Rückblick in all das vom Photon erlebte ansehen wenn man sich im selben Inertialsystem wie das Photon befindet und dann etwas langsamer wird, sodass alle Photonen die "hinter" mir sind mich einholen.
Dann wäre es ja quasi möglich in den Ursprung des Photons zu schauen, wodurch dann ja die Möglichkeit bestünde (wenn man das auf die Hintergrundstrahlung bezieht) in den Ursprung des Universums zu schauen.

Es ist wirklich eine wilde Idee, aber mich würde mal interessieren wo die Fehler meiner Annahmen sind, ich hoffe jemand findet die Zeit.

Meine Ideen:
Nebenbei bemerkt würde es ja auch heißen das wenn ich mit Lichtgeschwindigkeit fliegen würde das doch auch im Widerspruch mit dem Abstandgesetz steht, da die Intensität der Strahlung nicht mit dem Abstand zur Quelle abnehmen würde, da aus meiner Sicht alle Photonen von beginn an hinter bzw. neben mir wären und es sich solange ich "fliege" nicht verändern würde.
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3390

Beitrag ML Verfasst am: 21. Jul 2020 17:07    Titel: Re: Trägt ein Photon die Vergangenheit mit sich? Antworten mit Zitat

Hallo,

Zerdenker hat Folgendes geschrieben:
Das würde doch heißen es würden all diese anderen Photonen aus "meiner" Sicht neben bzw. hinter mir herfliegen. Mich jedoch nie erreichen, aber sich auch nicht von mir entfernen.

Das Ruhesystem eines Photons ist im Rahmen der speziellen Relativitätstheorie m. E. kein gültiges Bezugssystem. Es würde zu dem Widerspruch führen, dass das Photom im Eigensystem sowohl v=0 (da im Eigensystem) als auch v=c (da Licht) haben müsste.


Viele Grüße
Michael
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18026

Beitrag TomS Verfasst am: 22. Jul 2020 07:09    Titel: Re: Trägt ein Photon die Vergangenheit mit sich? Antworten mit Zitat

Zerdenker hat Folgendes geschrieben:
Ich bin ein von einer Sonne emittiertes Photon, von dem Moment an, wo ich von der Sonne "wegfliege" habe ich die Lichtgeschwindigkeit, das trifft ja auch auf alles anderen Photonen zu die sich von der Sonne wegbewegen.
1) Das würde doch heißen es würden all diese anderen Photonen aus "meiner" Sicht neben bzw. hinter mir herfliegen.

Kommen mir andere Photonen entgegen würde ich sie auf mich zukommen sehen
2) und sobald sie mich passiert haben stünden sie ebenfalls hinter bzw. neben mir und würden aus meiner Sicht betrachtet immer "hinter mir mitfliegen".

Ich verstehe nicht, wie du auf (2) kommst.

Ignorieren wir mal die Problematik des Ruhesystems eines Photons und nehmen stattdessen die Position eines statischen Beobachters bei r = R ein.

1) Für bei r = 0 erzeugte, auslaufende Photonen mit Nummern



und Abstand d untereinander gelte



Das ausgezeichnete Photon wäre dasjenige mit n = 0.

(natürlich ignorieren wir r < 0, entsprechende Photonen sind einfach noch nicht erzeugt)

2) Für im Unendlichen erzeugte, einlaufende Photonen



wiederum mit Abstand d untereinander gelte



(wieder ignorieren wir r < 0, die Photonen werden bei r = 0 im Zentrum absorbiert)

Nun berechnen wir die Differenz der Radialkoordinaten dieser Photonen zum ausgezeichneten auslaufenden Photon mit n = 0:





Während die Differenz der Radialkoordinaten für die auslaufende Photonen zum ausgezeichneten auslaufenden Photon konstant bleibt, ist das für die einlaufenden Photonen nicht der Fall: die Differenz ist Null



für



Vorher bzw. nachher ist die Differenz ungleich Null, d.h. die einlaufenden Photonen nähern sich für



dem auslaufenden Photon mit n = 0 zunächst an, befinden sich für



am selben Ort und entfernen sich für



wieder.

Für andere, bewegte Beobachter mit anderen Koordinatensystemen (aufgrund Lorentztransformation) gilt diese Beobachtung analog:
1) die Photonen haben konstanten Abstand
2) die Photonen nähern sich dem ausgezeichneten Photon an, befinden sich zu einem Zeitpunkt am selben Ort und entfernen sich dann wieder

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Zerdenker
Gast





Beitrag Zerdenker Verfasst am: 22. Jul 2020 11:00    Titel: Re: Trägt ein Photon die Vergangenheit mit sich? Antworten mit Zitat

Vielen Dank für die Antworten, ich gehe mal der Reihe nach vor.

ML hat Folgendes geschrieben:
Hallo,

Das Ruhesystem eines Photons ist im Rahmen der speziellen Relativitätstheorie m. E. kein gültiges Bezugssystem. Es würde zu dem Widerspruch führen, dass das Photom im Eigensystem sowohl v=0 (da im Eigensystem) als auch v=c (da Licht) haben müsste.

Viele Grüße
Michael


Okay, das wusste ich nicht, wenn das so ist dann würde es natürlich eine Erklärung sein warum die "Idee" nicht korrekt wäre.
Aber auf der anderen Seite wirft es auch einige Fragen auf, denn warum ist das ein Problem? Wenn das Eigensystem des Photons selbst v=c hat wäre es doch nur logisch das das Photon im Eigensystem ruht. Für einen Beobachter außerhalb hätte das Photon schließlich wieder v=c, da das Eigensystem "mitfliegt".
Also was ich sagen will, ich sehe dabei keinen Widerspruch sondern eher eine logische Eigenschaft von einem Eigensystem. Bitte klärt mich auf. Big Laugh

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich verstehe nicht, wie du auf (2) kommst.


Vielen Dank erstmal für die ausführliche Antwort und die Mühe sie mit Gleichungen zu beschreiben. Auf Basis dieser gezeigten Gleichungen verstehe ich warum du nicht verstehst wie ich auf die 2. These kam.
Wahrscheinlich liegt es an meinem vermutlich falschen Verständnis eines Photons.
Ich habe gedacht wenn mich ein entgegenkommendes Photon erreicht hat, würde ich es ja in exakt diesem Moment sehen können, sprich sein Licht würde mich in exakt diesem Moment erreichen, unzwar mit Lichtgeschwindigkeit.
Da ich (bzw. das betrachtetes Photon) selbst aber mit Lichtgeschwindigkeit fliege müsste mich dieses Licht doch wieder "verfolgen" denn auch wenn die Richtung eine andere ist würde das in diesem Moment erreichte Licht doch dauerhaft sichtbar bleiben, zumindest dann wenn ich ein Photon als Quelle betrachte. Denn dann würde ja sein Licht in einer kleinsten Zeiteinheit nach dem Moment des gleichen Orts erneut ausgesendet werden und aufgrund der konstanten Lichtgeschwindigkeit immer "hinter" mir bleiben.

Wenn ich das so ausformuliere, denke ich das vermutlich das der springende Punkt ist, denn das Photon ist vermutlich keine Quelle von Licht, sondern eben das Licht selbst, kann das sein?
Aber andererseits frage ich mich was passiert denn generell wenn zwei entgegenkommende Photonen sich erreichen? Absorbieren sie sich oder wechselwirken sie gar nicht? grübelnd
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 22. Jul 2020 11:44    Titel: Re: Trägt ein Photon die Vergangenheit mit sich? Antworten mit Zitat

Zerdenker hat Folgendes geschrieben:
Wenn das Eigensystem des Photons selbst v=c hat wäre es doch nur logisch das das Photon im Eigensystem ruht.


Und genau da ist das Problem. Die Grundlage der SRT ist ja, dass Licht in JEDEM Bezugssystem stets die Geschwindigkeit c hat. Es gibt also kein Eigensystem des Lichts.

Nils
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18026

Beitrag TomS Verfasst am: 22. Jul 2020 12:32    Titel: Re: Trägt ein Photon die Vergangenheit mit sich? Antworten mit Zitat

Zerdenker hat Folgendes geschrieben:
Aber auf der anderen Seite wirft es auch einige Fragen auf, denn warum ist das ein Problem? Wenn das Eigensystem des Photons selbst v=c hat wäre es doch nur logisch das das Photon im Eigensystem ruht. Für einen Beobachter außerhalb hätte das Photon schließlich wieder v=c, da das Eigensystem "mitfliegt".
Also was ich sagen will, ich sehe dabei keinen Widerspruch sondern eher eine logische Eigenschaft von einem Eigensystem. Bitte klärt mich auf.

Der Begriff des Bezugsystems ist recht technisch. Er führt hier deswegen in die Irre, weil das, was du dir gemeinhin unter “Reihenfolge von Ereignissen” oder “früher - später” vorstellst, genau dann mathematisch nicht mehr im üblichen zeitlichen Sinne definiert werden kann, wenn man zu einem lichtartigen Bezugsystems übergehen möchte.

Betrachte zwei Ereignisse A und B, die aus deiner Sicht nacheinander zu Zeiten T_A und T_B stattfinden. Seien dies die Ereignisse, dass zwei oben definierte einlaufende Photonen n = -1 und n = -2 dem auslaufenden Photon n=0 begegnen.

Jeder andere Beobachter wird dieses Nacheinander ebenfalls wahrnehmen, auch wenn sich die Zeiten T_A und T_B aufgrund der Zeitdilatation für ihn ändern mögen. Dies schließt Beobachter ein, die sich mit v < c parallel zum auslaufenden Photon mit diesem mitbewegen.

Versucht man nun, zu v = c überzugehen, also einen mit v = c bewegten Beobachter mathematisch zu definieren, so brechen bestimmte mathematische Konzepte zusammen; insbs. ist es schlicht nicht mehr möglich, diesem einen Zeitverlauf und eine Eigenzeit zuzuschreiben. D.h. das Photon n = 0 trifft natürlich auf die Photonen mit n = -1 und n = -2, und zwar sicher an zwei verschiedenen Orten. Jedoch kann man nicht mehr davon sprechen, dass dies
für das Photon n = 0 zu zwei verschiedenen Zeiten geschieht; das ist mathematisch einfach sinnlos.

Deswegen ist die Idee eines Ruhesystems des Photons sinnlos.

Zerdenker hat Folgendes geschrieben:
Auf Basis dieser gezeigten Gleichungen verstehe ich warum du nicht verstehst wie ich auf die 2. These kam.
Wahrscheinlich liegt es an meinem vermutlich falschen Verständnis eines Photons.

... zumindest dann wenn ich ein Photon als Quelle betrachte

... denn das Photon ist vermutlich keine Quelle von Licht, sondern eben das Licht selbst, kann das sein?

Ja!

Zerdenker hat Folgendes geschrieben:
Aber andererseits frage ich mich was passiert denn generell wenn zwei entgegenkommende Photonen sich erreichen? Absorbieren sie sich oder wechselwirken sie gar nicht?

Das heben wir uns für später auf.

Bisher haben wir reine Geometrie betrieben, also Koordinatensysteme und eradengleichungen diskutiert. Erst wenn diesbzgl. alle Fragen geklärt sind, sollten wir weitermachen.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Brillant



Anmeldungsdatum: 12.02.2013
Beiträge: 1973
Wohnort: Hessen

Beitrag Brillant Verfasst am: 14. Aug 2020 17:41    Titel: Re: Trägt ein Photon die Vergangenheit mit sich? Antworten mit Zitat

Zerdenker hat Folgendes geschrieben:
Sprich hinter mir wäre alles flach und hell.
Zwar bin ich noch nie als Photon herumgelaufen, aber diese Aussage erscheint mir logisch falsch. Wenn die nachfolgenden Photonen mich nicht einholen, wie sollte ich sie dann sehen können? Es müßte dunkel sein.

Die Photonen, die neben mir herfliegen, kann ich auch nicht sehen, ich weiß aber, dass sie sich von mir entfernen. Gemeinsam beleuchten wir ein Fläche immer schwächer, je weiter sie von unserem Zuhause entfernt ist. Erst wenn wir irgendwo aufschlagen und reflektiert werden, habe ich vielleicht die Chance, ein paar andere Kollegen zu sehen.

Zerdenker hat Folgendes geschrieben:
Kommen mir andere Photonen entgegen würde ich sie auf mich zukommen sehen.
Du kannst Photonen sehen, bevor sie dich erreichen? Naja, wer weiß schon, welche seherischen Fähigkeiten Photonen haben.

Ich hätte mal eine andere Frage:

Kann man Photonen ansehen, wie alt sie sind, also wie lange sie schon unterwegs sind? Die Rotverschiebung sagt aus, wie schnell sich die Lichtquelle vom Betrachter entfernt hat. Damals, als das Photon seinen Weg angetreten hat.

Nee - stimmt nicht. Das Photon rötet sich doch auch, wenn sich der Raum ausdehnt, den es durchläuft. Bei einigen Milliarden Erd-Jahren sollte man nicht davon ausgehen, dass das überall mit gleicher Geschwindigkeit passiert(e).

Und es bläut sich, wenn der durchlaufende Raum schrumpft.

Wie verlässlich ist so ein Photon nun wirklich?
Kassiopeija



Anmeldungsdatum: 26.06.2015
Beiträge: 146

Beitrag Kassiopeija Verfasst am: 13. Okt 2020 09:07    Titel: Re: Trägt ein Photon die Vergangenheit mit sich? Antworten mit Zitat

Brillant hat Folgendes geschrieben:

Ich hätte mal eine andere Frage:

Kann man Photonen ansehen, wie alt sie sind, also wie lange sie schon unterwegs sind? Die Rotverschiebung sagt aus, wie schnell sich die Lichtquelle vom Betrachter entfernt hat. Damals, als das Photon seinen Weg angetreten hat.

Nee - stimmt nicht. Das Photon rötet sich doch auch, wenn sich der Raum ausdehnt, den es durchläuft. Bei einigen Milliarden Erd-Jahren sollte man nicht davon ausgehen, dass das überall mit gleicher Geschwindigkeit passiert(e).

Und es bläut sich, wenn der durchlaufende Raum schrumpft.

Wie verlässlich ist so ein Photon nun wirklich?

Die Frage ist in einer anderen Hinsicht interessant als daß man über Beobachtungen an Photonen erkennen wollte, ob der Raum selbst quantisiert ist oder nicht - um sozusagen die Schleifenquantenkosmologie zu überprüfen. Ich glaube die Meßergebnisse (von einem Satelliten im All aus) waren nicht eindeutig, habe dazu aber nicht mehr gelesen...

Ich frage mich ob in diesem Zusammenhang eine Grundannahme - nämlich dass das Universum -bzw. dessen Naturgesetze- isotrop sein sollen, relevant ist? Denn anscheinend sollen Forscher 2020 aufgezeigt haben, daß die Feinstrukturkonstante nicht immer gleich ist:

"1999 behauptete ein Team unter der Leitung von John K. Webb erstmals eine Variation in α entdeckt zu haben.[13] Im April 2020 bestätigen Wissenschaftler unter der Leitung von Webb vier Messungen der Feinstrukturkonstante mittels Quasar ULAS J1120+0641 und berichteten, dass der Wert der „Konstante“ von anderen Messdaten variiert. Ihre Studie bestärkt die Hypothese, nach der physikalische Gesetze in räumlichen „Richtungen“ des Universums variieren können und es somit anisotropisch ist. Dies hätte Implikationen für Theorien zur Entstehung der Bewohnbarkeit des Alls. Bereits 2011 wurde eine Studie über Indizien zu einem räumlichen Dipol im All veröffentlicht.[14][15][16]"

https://de.wikipedia.org/wiki/Feinstrukturkonstante
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