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Längenkontraktion nach Einstein im atomaren Bereich
 
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micha111



Anmeldungsdatum: 09.06.2019
Beiträge: 4
Wohnort: Halle (Saale)

Beitrag micha111 Verfasst am: 20. Aug 2019 13:15    Titel: Längenkontraktion nach Einstein im atomaren Bereich Antworten mit Zitat

Hallo...
Was passiert mit dem Durchmesser z.B. eines Protons durch die Längenkontraktion nach Einstein bei relativistischen Geschwindigkeiten? Oder mit der Gitterstruktur von Kristallen? Oder mit den Abständen der einzelnen Elektronenschalen (also Abstand der Elektronen) zum Atomkern? Die Kräfte, welche den Abstand bestimmen, bleiben doch trotz der relativistischen Geschwindigkeit gleich, oder? Und die Längenkontraktion wirkt doch nur in Bewegungsrichtung, also müsste das als Beispiel genannte Proton dann doch wie ein hochkant gestellter Rugbyball aussehen?
Und ganz allgemein: Wie wird eigentlich die Längenkontraktion gemessen, sie ist ja bereits durch Experimente bestätigt worden?

_________________
Habe weder Physik noch Mathematik studiert, bin nur ein (äußerst) interessierter Laie bzgl. dem Allerkleinsten und Allergrößten ;-)
Danke im Voraus für eure Antworten.
Quantenpunkt
Gast





Beitrag Quantenpunkt Verfasst am: 22. Aug 2019 12:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hi

Betrachtest du die Situation, dass ein Proton beschleunigt wird oder, dass das Proton einfach von unterschiedlichen Inertialsystemen (d.h. ein unbeschleunigtes Bezugssystem) betrachtet wird?

In letzterem Fall passiert mit dem Proton nichts, wobei es schwierig ist bei atomaren und subatomaren Teilchen noch Begriffe wie "Durchmesser" zu verwenden. Das Proton ist schließlich keine massive Kugel.

Du musst unterscheiden zwischen Messgrößen und physikalischen Gesetzen. Letztere setzen Messgrößen zueinander in Beziehung. Ein Beispiel wäre das Gesetz F=m*a welches man bereits in der Schule kennenlernt und die Messgrößen Kraft, Masse und Beschleunigung in Beziehung zueinander setzt. Physikalische Gesetze müssen so formuliert sein, dass sie vom Beobachter unabhängig sind. Messgrößen können sehr wohl vom Beobachter abhängig sein. Dies ist auch schon in der nicht-relativistischen Physik der Fall. Zum Beispiel bei der Geschwindigkeit. So kannst du vom Straßenrand aus die Geschwindigkeit eines Autos zu 50km/h messen. Wenn du mit einem zweiten Auto mit 30 km/h hinter dem ersten Auto fährst, wirst du von diesem Auto aus die Geschwindigkeit zu 20km/h messen. Wie du siehst, hängt das Messergebnis vom Bewegungszustand der Messapparatur ab.
Dies ist natürlich nicht nur für die Geschwindigkeit der Fall.
Du weißt vielleicht, dass ein elektrischer Strom ein Magnetfeld um sich aufbaut. Du kannst die Magnetfeldstärke messen. Wenn du dich hingegen mit der bewegten Ladung mitbewegst, wirst du kein Magnetfeld messen. Auch elektrische und magnetische Feldstärken, sind Messgrößen, die vom Bewegungszustand des Beobachters abhängen. Diese Messgrößen werden aber zusammen mit elektrischen Ladungs- und Stromdichten über die Maxwellgleichungen in Beziehung zueinander gesetzt. Diese sollten in jedem Inertialsystem die gleiche Form haben. Man stellte fest, dass diese Gleichungen in einer nicht-relativistischen Welt bei einer Änderung des Inertialsystems nicht ihre Form beibehalten, was dann letztlich die Idee zur Relativitätstheorie geliefert hat.

In der Relativitätstheorie gibt es nun Messgrößen, die vom Inertialsystem abhängen, aber in der nicht relativistischen Mechanik davon unabhängig waren. Das sind z.B. Längen und Zeitintervalle.

Wenn du also ein Proton aus unterschiedlichen Inertialsystemen beobachtest, hat dies keinen Einfluss auf das Proton, wohl aber auf die Messergebnisse. Es gibt dennoch Beziehungen zwischen verschiedenen Messgrößen, die in allen betrachteten Systemen die gleiche Form haben.

Übrigens sind Kräfte auch Messgrößen und können in unterschiedlichen Inertialsystemen unterschiedlich sein.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 22. Aug 2019 14:08    Titel: Re: Längenkontraktion nach Einstein im atomaren Bereich Antworten mit Zitat

micha111 hat Folgendes geschrieben:
Was passiert mit dem Durchmesser z.B. eines Protons durch die Längenkontraktion nach Einstein bei relativistischen Geschwindigkeiten? ... die Längenkontraktion wirkt doch nur in Bewegungsrichtung, also müsste das als Beispiel genannte Proton dann doch wie ein hochkant gestellter Rugbyball aussehen?

Zum letzten Punkt: man kann mittels einem relativistischen Raytracing-Verfahren das Aussehen einer relativistisch bewegten Kugel berechnen. Diese erscheint interessanterweise nicht deformiert sondern verdreht.

Tatsächlich folgen aus der Lorentzkontraktion physikalische und messbare Effekte: Wenn man z.B. die Streuung eines Elektrons an einer Ladungsverteilung erechnet, dann spielt deren Form eine wesentliche Rolle. Im Falle der elastischen Streuung an # Protonen muss deren Lorentzkontraktion d.h. Abweichung von der Kugelform aus Sicht des streuenden Elektrons berücksichtigt werden; andernfalls erhält man nicht die korrekten Streuquerschnitte.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Quantenpunkt
Gast





Beitrag Quantenpunkt Verfasst am: 22. Aug 2019 14:50    Titel: Re: Längenkontraktion nach Einstein im atomaren Bereich Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Tatsächlich folgen aus der Lorentzkontraktion physikalische und messbare Effekte: Wenn man z.B. die Streuung eines Elektrons an einer Ladungsverteilung erechnet, dann spielt deren Form eine wesentliche Rolle. Im Falle der elastischen Streuung an # Protonen muss deren Lorentzkontraktion d.h. Abweichung von der Kugelform aus Sicht des streuenden Elektrons berücksichtigt werden; andernfalls erhält man nicht die korrekten Streuquerschnitte.


Ja das stimmt schon, aber ich dachte es ging darum, was mit einem Teilchen passiert, wenn man es aus unterschiedlichen Inertialsystemen beobachtet. Das ändert für das Teilchen selbst natürlich nichts.
Wobei das Kraftfeld des Teilchens natürlich in unterschiedlichen Inertialsystemen auch unterschiedlich sein kann.
as_string
Moderator


Anmeldungsdatum: 09.12.2005
Beiträge: 5785
Wohnort: Heidelberg

Beitrag as_string Verfasst am: 22. Aug 2019 15:20    Titel: Re: Längenkontraktion nach Einstein im atomaren Bereich Antworten mit Zitat

Quantenpunkt hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Tatsächlich folgen aus der Lorentzkontraktion physikalische und messbare Effekte: Wenn man z.B. die Streuung eines Elektrons an einer Ladungsverteilung erechnet, dann spielt deren Form eine wesentliche Rolle. Im Falle der elastischen Streuung an # Protonen muss deren Lorentzkontraktion d.h. Abweichung von der Kugelform aus Sicht des streuenden Elektrons berücksichtigt werden; andernfalls erhält man nicht die korrekten Streuquerschnitte.


Ja das stimmt schon, aber ich dachte es ging darum, was mit einem Teilchen passiert, wenn man es aus unterschiedlichen Inertialsystemen beobachtet. Das ändert für das Teilchen selbst natürlich nichts.

Was meinst Du mit "ändert für das Teilchen selbst nichts"? Das bedeutet doch wieder: Im Ruhesystem des Teilchens betrachtet. Das passt doch dann wieder nicht mit dem "aus unterschiedlichen Inertialsystemen beobachtet" zusammen. Was genau meinst Du mit "für das Teilchen selbst"?
Quantenpunkt hat Folgendes geschrieben:
Wobei das Kraftfeld des Teilchens natürlich in unterschiedlichen Inertialsystemen auch unterschiedlich sein kann.

Ja, die Kräfte und die Felder sind natürlich unterschiedlich. Einmal breiten sich Felder nicht instantan aus, was auch bei einer gleichförmig bewegten Ladung eine Rolle spielt, und dementsprechend wirken auf andere Teilchen dann auch zu unterschiedlichen Zeiten andere Kräfte. So ist dann eine Deformation (eher Diskus-Scheibe, nicht Football-Ball) auch ein tatsächlich im bewegten Bezugssystem eine stabile Situation, genau wie im Ruhesystem eine nicht-deformierte Form.
Das mit dem Raytracing und der gedrehten Erscheinung: Da wir noch berücksichtigt, wann die Lichtstrahlen im Auge des Betrachters ankommen. Ein Punkt, der vom Betrachter weiter weg ist, muss auch das Licht länger unterwegs sein, was dann eine Rolle spielt, wenn das Objekt selbst sich mit einer sehr hohen Geschwindigkeit bewegt. So sieht man z. B. schon recht früh die Rückseite eines Objekts und so weiter. Aber die eigentliche Form des Objektes berücksichtigt dann schon, dass man quasi diese Lichtlaufzeiten wieder zurück rechnet.

Gruß
Marco
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 22. Aug 2019 15:52    Titel: Re: Längenkontraktion nach Einstein im atomaren Bereich Antworten mit Zitat

Quantenpunkt hat Folgendes geschrieben:
... aber ich dachte es ging darum, was mit einem Teilchen passiert, wenn man es aus unterschiedlichen Inertialsystemen beobachtet. Das ändert für das Teilchen selbst natürlich nichts.
Wobei das Kraftfeld des Teilchens natürlich in unterschiedlichen Inertialsystemen auch unterschiedlich sein kann.

Wenn du das Teilchen mit Ruhesystem S aus deinem Ruhesystem S’ betrachtest, ändert sich aus Sicht des Teilchens in S natürlich nichts. Für dich aus Sicht von S’ ändert sich schon etwas (Form der Ladungs-, Strom- und Feldverteilung)

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micha111



Anmeldungsdatum: 09.06.2019
Beiträge: 4
Wohnort: Halle (Saale)

Beitrag micha111 Verfasst am: 22. Aug 2019 20:19    Titel: Längenkontraktion nach Einstein im atomaren Bereich Antworten mit Zitat

Erstmal nochmal vielen Dank für eure Antworten.
Ich fasse mal zusammen, was ich daraus für mich entnehmen kann:
Meine Frage ist entstanden aus der Vorstellung, ich stehe im Cern neben dem Beschleunigerring (also ruhend zu den im Ring mit fast c vorbeifliegenden Protonen) und kann irgendwie diese Protonen "sehen".
Ich weiß, dass Protonen keine massiven Kugeln sind, sondern aus 3 Quarks bestehen. Nichtsdestotrotz wird trotzdem manchmal vom Durchmesser desselben gesprochen, wahrscheinlich will man damit die durchschnittliche Entfernung der Quarks damit ausdrücken.
Nun entnehme ich dem Beitrag von Quantenpunkt, dass physikalische Größen in verschiedenen Inertialsystemen auch unterschiedliche Werte haben können. Wenn ein Proton also direkt neben mir 'schwebt', sich also in Ruhe zu mir befindet, hat also die Kraft, welche die Gluonen zwischen den 3 Quarks vermitteln, einen anderen Wert als bei den Protonen, die mit fast c im Ring vom Cern an mir vorbeifliegen. Und zwar müsste hier die Anziehungskraft zwischen den Quarks, wenn sie gerade in Längsrichtung wirkt, größer sein, da ja der Durchmesser des Protons (also der Abstand zwischen den Quarks in Flugrichtung des Protons) kleiner ist (von mir aus gesehen). Wie ist das eigentlich, wenn ich direkt neben dem Proton herfliegen würde, wäre es dann wieder "kugelrund"?
Gibt es eigentlich auch "berühmte" Gesetze (wie z.B. die Maxwellschen...) dafür, die beschreiben, wie sich die Anziehungskräfte zwischen den Quarks in unterschiedlichen Inertialsystemen verändern?
Auf meine anderen Teilfragen (Gitterstruktur in Kristallen, also die Abstände der Atome zueinander und die Elektronenschalenabstände zum Kern eines Atoms) ist leider noch gar nicht eingegangen worden. Ich glaube, die Elektronenschalenabstände zum Kern haben mit der Feinstrukturkonstante zu tun. Ändert die sich also, wenn man sie aus unterschiedlichen Inertialsystemen betrachtet?
Danke euch allen für die angeregte und anregende Diskussion...

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Danke im Voraus für eure Antworten.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 23. Aug 2019 07:40    Titel: Re: Längenkontraktion nach Einstein im atomaren Bereich Antworten mit Zitat

micha111 hat Folgendes geschrieben:
... ich stehe im Cern neben dem Beschleunigerring (also ruhend zu den im Ring mit fast c vorbeifliegenden Protonen) ... Ich weiß, dass Protonen keine massiven Kugeln sind ... Nichtsdestotrotz wird trotzdem manchmal vom Durchmesser desselben gesprochen, wahrscheinlich will man damit die durchschnittliche Entfernung der Quarks damit ausdrücken.

Ja, viele - nicht alle - elektromagnetische Eigenschaften der Protonen sind mit einer sphärischen Symmetrie vereinbar.

micha111 hat Folgendes geschrieben:
Nun entnehme ich dem Beitrag von Quantenpunkt, dass physikalische Größen in verschiedenen Inertialsystemen auch unterschiedliche Werte haben können. Wenn ein Proton also direkt neben mir 'schwebt', sich also in Ruhe zu mir befindet, hat also die Kraft, welche die Gluonen zwischen den 3 Quarks vermitteln, einen anderen Wert als bei den Protonen, die mit fast c im Ring vom Cern an mir vorbeifliegen.

Das Bild der drei Quarks sowie der Begriff der Kraft sind sehr stark vereinfacht. Aber ja, die Wechselwirkung, die wir den Quarks im Proton untereinander zuschreiben, ändert sich, wenn sich diese Quarks relativ zu uns als Beobachter bewegen.

micha111 hat Folgendes geschrieben:
Und der Und zwar müsste hier die Anziehungskraft zwischen den Quarks, wenn sie gerade in Längsrichtung wirkt, größer sein, da ja der Durchmesser des Protons (also der Abstand zwischen den Quarks in Flugrichtung des Protons) kleiner ist (von mir aus gesehen).

Die Wechselwirkung wird nicht einfach stärker. Man muss alle Gleichungen einer Lorentztransformation unterwerfen; die scheinbare Deformation des Protons ist kein dynamischer sondern ein rein kinematischer Effekt.

micha111 hat Folgendes geschrieben:
Wie ist das eigentlich, wenn ich direkt neben dem Proton herfliegen würde, wäre es dann wieder "kugelrund"?

Ja.

micha111 hat Folgendes geschrieben:
Gibt es eigentlich auch Gesetze (wie z.B. die Maxwellschen...), die beschreiben, wie sich die Anziehungskräfte zwischen den Quarks in unterschiedlichen Inertialsystemen verändern?

Ja, genau diese Gleichungen werden einer Lorentztransformation unterworfen.

https://en.m.wikipedia.org/wiki/Classical_electromagnetism_and_special_relativity

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