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Zählpfeil der Induktion
 
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nichtshier



Anmeldungsdatum: 04.03.2017
Beiträge: 44

Beitrag nichtshier Verfasst am: 04. März 2017 14:48    Titel: Zählpfeil der Induktion Antworten mit Zitat

Hey liebe physikerboard User,

bin hier weil ich Fragen zur Indukltion und der Zählpfeilrichtung habe.

Habe ein Bild hochgeladen, dort alles eingetragen, jedoch macht bei mir der Zählpfeil der Induktion keinen Sinn.

Wenn eine Spannung u an eine Spule angelegt wird entsteht der Strom i. Steigt i an, so steigt auch der magnetische Fluss. Die zweite Spule versucht nach Lenz einen Strom zu treiben der der Änderung des magnetischen Flusses entgegenwirkt -> roter Pfeil, dann müsste der eingetragen Zählpfeil von ui richtig sein oder nicht? Aber dann macht die Formel ui= -N * dphi/dt keinen Sinn

Wo ist mein Denkfehler?

MFG
nichtshier



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ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3400

Beitrag ML Verfasst am: 04. März 2017 17:26    Titel: Re: Zählpfeil der Induktion Antworten mit Zitat

Hallo,

nichtshier hat Folgendes geschrieben:

Wenn eine Spannung u an eine Spule angelegt wird entsteht der Strom i. Steigt i an, so steigt auch der magnetische Fluss. Die zweite Spule versucht nach Lenz einen Strom zu treiben der der Änderung des magnetischen Flusses entgegenwirkt -> roter Pfeil, dann müsste der eingetragen Zählpfeil von ui richtig sein oder nicht? Aber dann macht die Formel ui= -N * dphi/dt keinen Sinn

Wo ist mein Denkfehler?

Zunächst: Du würdest Dir aber viel gedankliche Mühe ersparen, wenn Du
a) den Strom aus der Diskussion herauslassen würdest und
b) statt der Lenz'schen Regel einfach nur das Induktionsgesetz anwenden würdest.

Wenn Du das machst, verstehst Du auch das Induktionsgesetz ein Stück tiefer.

Wir schauen uns einmal das Induktionsgesetz in seiner allgemeinsten Form an. Es lautet:


Hier steht: Wenn wir einmal entlang einer geschlossenen Linie entlanglaufen und das E-Feld aufintegrieren, dann kommt (mit einem neg. Vorzeichen) das gleiche heraus, wie wenn wir das Vektorfeld entlang einer beliebigen von berandeten Fläche aufintegrieren.

Im Falle einer Spule wird unsere geschlossene Linie üblicherweise aus einem Spulendraht und dem Verbindungsstück (Luftstrecke) zwischen den Klemmen der Spule bestehen. Das E-Feld im Spulendraht werden wir bei ruhenden* Anordnungen regelmäßig vernachlässigen können, da für eine gute Leitfähigkeit für das E-Feld im Draht gilt: wegen . Konsequenterweise bedeutet das, dass sich das Ringintegral über E bei einer ruhenden (und NUR bei einer ruhenden Anordnung) aus dem E-Feld in der Luft zwischen den Klemmen speist. Die Klemmenspannnung entspricht also bei einer ruhenden Anordnung im wesentlichen dem Rinintegral über E. Ich reite auf der "ruhenden" Anordnung herum, weil in praktisch 90% der Bücher dieser wichtige Punkt nicht beachtet wird.

Die zugehörige Fläche A ist (entgegen vieler anderslautender Auffassungen) nicht etwa die Querschnittsfläche des Kerns, sondern so etwas:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Spulenflaeche.ogv?uselang=de

Zum Punkt a)
Du siehst, dass im Induktionsgesetz das B-Feld und das E-Feld schon miteinander verknüpft sind, ohne dass Du unbedingt den Strom betrachten müsstest.

Zum Punkt b)
Um die Vorzeichen richtig zu beachten, musst Du wissen, dass die Fläche und ihre Randlinie immer RECHTSHÄNDIG zueinander orientiert sind. Das heißt, wenn Du mit dem Daumen der rechten Hand angibst, in welche Richtung Du bei der Integration die Randlinie durchläufst, dann durchstoßen die restlichen Finger die Fläche in positiver Richtung. Wir können diese Vorzeichenbetrachtung aber geschickt umgehen, wie Du gleich sehen wirst.

Vorzeichenbetrachtung:
Wir wickeln im folgenden die Primär- und Sekundärseite im gleichen Wicklungssinn um den Kern und wählen auch die Zählpfeile (d. h. die Einbaurichtung der Messgeräte) gleich. Das sieht dann so aus wie im unteren Bild.

Im unteren Bild sind:
- die Zählpfeile gleich gewählt
- der Wicklungssinn der Spannungen gleich gewählt
- die Richtung des magnetischen Flusses gleich.

Natürlich gilt an Primär- und Sekundärseite auch das gleiche Induktionsgesetz. Insofern ist klar, dass dann auch die Spannungen an Primär- und Sekundärseite das gleiche Vorzeichen haben.

Jetzt zu Deinem Bild
Du hast beide Wicklungen gleichsinnig um den Draht gewickelt. Das erkennst Du dann, wenn Du in Gedanken die rechte Wicklung über den unteren Schenkel auf die linke Seite verschiebst. Dann ist jeweils der dem Beobachter zugewandte Anschlussdraht (d. h. der Draht, der nicht hinter dem Kern verschwindet) oben. Der Zählpfeil für die Sekundärspannung geht aber -- anders als in meinem Bild -- von der Klemme mit dem "hinten" (unsichtbar) liegenden Draht aus zu der Klemme mit dem "vorne" (sichtbar) liegenden Draht. Die Spannungszählpfeile von Primär- und Sekundärwicklung sind also gegensinnig. Das wird dann durch das negative Vorzeichen in der Gleichung wieder ausgeglichen.

Im Buch/Skript steht das Vorzeichen also richtig drin.


Viele Grüße
Michael


* im bewegten, nicht stromdurchflossenen Draht, gilt .



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nichtshier



Anmeldungsdatum: 04.03.2017
Beiträge: 44

Beitrag nichtshier Verfasst am: 04. März 2017 20:46    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die ausführliche Antwort!

Damit aber der Zählpfeil richtig ist, dann muss dieser auch richtig angegeben werden oder?

Nehmen wir an ich hätte bei meinem Bild den Zählpfeil in umgekehrter Richtung angegeben, dann würde dieser mit der Orientierung der Induktionsspannung stimmen, die Formel würde aber wieder das negative liefern. Ich müsste dann ja das Richtige am Anfang wählen. Also für die erste Spule willkürlich eine Spannung anlegen und dann die zweite Spule "rüberziehen" und schauen ob der Wicklungssinn bei denen gleich ist. Wenn ja, dann gleiche Zählpfeilrichtung, wenn nein, dann umgekehrt?

Du hast geschrieben: Das E-Feld im Spulendraht werden wir bei ruhenden* Anordnungen regelmäßig vernachlässigen können, da für eine gute Leitfähigkeit für das E-Feld im Draht gilt

Das heißt wir haben auch Spannungen im Draht selber wenn wir eine Spannung anlegen? Habe im Kopf, dass Spannungen immer zwischen zwei Klemmen ist und Strom von einer Klemme zur anderen fließt. Jetzt hat man z.B. beim Drehstrom ein Spulenende mit dem Spulenende einer anderen Spule verbunden und das andere Ende mit einer Last. Wie ist da die Spannung bzw. der Strom?

Vielen Dank im Voraus
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3400

Beitrag ML Verfasst am: 05. März 2017 01:04    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

nichtshier hat Folgendes geschrieben:

Damit aber der Zählpfeil richtig ist, dann muss dieser auch richtig angegeben werden oder?

Nein, die Zählpfeilrichtung kannst Du Dir nach Belieben aussuchen.
Letztlich gibt der Pfeil ja nur an, in welche Richtung Du Dir das Messgerät eingebaut denkst.

Pfeilbasis: roter Anschluss des Voltmeters (Messspitze beim Oszill.)
Pfeilspitze: schwarzer des Voltmeters (Masseanschluss)

Die Variablen u(t) bzw. i(t) geben dann an, was das Messgerät anzeigt.

Der Clou ist nun, dass Du die Gleichungen und die Zählpfeile aufeinander anpassen musst.

Beispiel: Im oberen Bild gilt , im unteren Bild gilt .

Zitat:

Du hast geschrieben: Das E-Feld im Spulendraht werden wir bei ruhenden* Anordnungen regelmäßig vernachlässigen können, da ...

... es näherungsweise gleich null ist.

Zitat:

Das heißt wir haben auch Spannungen im Draht selber wenn wir eine Spannung anlegen?

Im Endeffekt ja -- nämlich die ohmschen Spannungsabfälle.

Bei einer Spule, an der wir Wechselspannung anlegen, sind diese aber normalerweise vernachlässigbar klein. Wir haben im Spulendraht näherungsweise keine "Spannung"*, zwischen den Klemmen in der eLuft aber schon. Das ist gerade der Clou bei der Induktion: Die Kirchhoffsche Maschenregel gilt nicht.

* Beachte, dass hier der Begriff "Spannung" nicht mehr eindeutig definiert wird, da er wegabhängig ist.


Zitat:

Habe im Kopf, dass Spannungen immer zwischen zwei Klemmen ist und Strom von einer Klemme zur anderen fließt.

Ja, das ist richtig. Aber bei Induktion ist das Integral über E wegabhängig.

Zitat:

Jetzt hat man z.B. beim Drehstrom ein Spulenende mit dem Spulenende einer anderen Spule verbunden und das andere Ende mit einer Last. Wie ist da die Spannung bzw. der Strom?

Ich verstehe die Frage, glaube ich, nicht.

Viele Grüße
Michael



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nichtshier



Anmeldungsdatum: 04.03.2017
Beiträge: 44

Beitrag nichtshier Verfasst am: 05. März 2017 12:52    Titel: Antworten mit Zitat

Okay, dass die Gleichungen and die Zählpfeile angepasst werden müssen kenn ich bei den ohmschen Wiederständen. Die habe ich dann immer so gewählt, dass alles positiv ist.

Bei der Spule ist dann : positiv wenn Spannung und Strom ein Erzeuger-Pfeilsystem sind und negativ wenn es nicht so ist?

Das heißt wenn ich nur mit positiven Gleichungen rechnen will (Induktionsgesetz jetzt ausgenommen), dann muss ich mein erstes Zählpfeil wie oben erwähnt wählen und das zweite Zählpfeil, also die der zweiten Spule so, dass es mit der ersten übereinstimmt wenn der Wicklungssinn gleich ist und umgekehrt wenn nicht. Richtig?

Zur letzten Frage: Es herrscht ja zwischen den (Spulen)Klemmen eine Spannung. Ist es egal wo die Klemmen sind und wie weit die voneinandere entfernt sind? Was wenn die Klemmen jetzt miteinander verbunden werden durch z.b. einen ohmschen Wiederstand oder ohne einen, wie wäre es dann mit dem Strom und der Spannung?

Sorry für die ganzen Fragen Hilfe
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3400

Beitrag ML Verfasst am: 05. März 2017 22:32    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

nichtshier hat Folgendes geschrieben:
Okay, dass die Gleichungen and die Zählpfeile angepasst werden müssen kenn ich bei den ohmschen Wiederständen. Die habe ich dann immer so gewählt, dass alles positiv ist.

Ja, das versucht man meist so. Bei größeren Schaltungen kann man es aber nicht immer durchhalten (insbesondere, wenn Übertrager/Transformatoren in der Schaltung enthalten sind). So ein Minuszeichen tut aber auch nicht weh, wenn man weiß, wie damit umzugehen ist.

Zitat:

Bei der Spule ist dann : positiv wenn Spannung und Strom ein Erzeuger-Pfeilsystem sind und negativ wenn es nicht so ist?

Im Verbraucherzählpfeilsystem (Strom und Spannung zeigen über dem Bauelement in die gleiche Richtung) gilt:

Im Erzeugerzählpfeilsystem wäre es dann:

Also genau umgekehrt wie Du es sagst.

Zitat:

Das heißt wenn ich nur mit positiven Gleichungen rechnen will (Induktionsgesetz jetzt ausgenommen), dann muss ich mein erstes Zählpfeil wie oben erwähnt wählen und das zweite Zählpfeil, also die der zweiten Spule so, dass es mit der ersten übereinstimmt wenn der Wicklungssinn gleich ist und umgekehrt wenn nicht. Richtig?

Beim (idealen) Transformator hast Du mit den Zählpfeilen, die ich unten eingeführt habe, folgende Gleichungen



Schau mal beim Strom: Da ist wieder ein Minuszeichen drin!

Die beiden Ströme umkreisen den Transformator gegensinnig, so dass sich ihre H-Felder im Kern weitgehend gegeneinander aufheben:
Im Transformatorkern hast Du zwar ein ordentliches B-Feld. Bei endlichem B-Feld erreichst Du aber materialbedingt mit ein kleines H-Feld . Das Kernmaterial erzwingt so, dass die Ströme gegensinnig laufen.


Zitat:

Zur letzten Frage: Es herrscht ja zwischen den (Spulen)Klemmen eine Spannung. Ist es egal wo die Klemmen sind und wie weit die voneinandere entfernt sind?

Bei einer normalen Anordnung hast Du das Magnetfeld weitgehend im Kern eingeschlossen. Der Verlauf des Drahtes außerhalb des Kernbereichs ist also näherungsweise egal. Aber grundsätzlich zählt die gesamte Spulenfläche (siehe Video).


Zitat:

Was wenn die Klemmen jetzt miteinander verbunden werden durch z.b. einen ohmschen Widerstand oder ohne einen, wie wäre es dann mit dem Strom und der Spannung?

Ich setze hier ruhende Anordnungen voraus, da ansonsten der Begriff "induzierte Spannung" nicht eindeutig belegt ist:

Die induzierte Spannung verteilt sich bei der Situation, die Du schilderst, entsprechend der Spannungsteilerregel auf den Wickeldraht und den Lastwiderstand (zwischen den Klemmen). Die Ohmschen Spannungsabfälle entlang des Wickeldrahtes fehlen Dir dann an den Klemmen.

Wenn Du die Klemmen kurzschließt, dann liegt die induzierte Spannung komplett am Spulendraht an. Du erhältst dann sehr hohe Ströme. So etwas hast Du beispielsweise bei einem Schweißtrafo.


Viele Grüße
Michael



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