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Masse von Sonne, Erde oder Mond ohne Gravitationskonstante
 
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SpitznameXXX
Gast





Beitrag SpitznameXXX Verfasst am: 04. Jan 2017 01:04    Titel: Masse von Sonne, Erde oder Mond ohne Gravitationskonstante Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo an alle,
ich habe einfach mal ein paar Formeln umgestellt und kam dabei auf eine Formel mit welcher man die Gravitationskonstante mithilfe der Geschwindigkeit, mit welcher ein Objekt ein anderes Objekt in einer Umlaufbahn umkreist, deren Abstand, sowie der Masse des Objektes, welches umkreist wird, berechnen kann.
Nun könnte man ja mit der Masse der Sonne, der Geschwindigkeit, mit welcher die Erde die Sonne umkreist, und dem Abstand Erde-Sonne die Gravitationskonstante berechnen.
Nun ist meine Frage: Gibt es eine Möglichkeit die Masse der Sonne ohne Gravitationskonstante zu messen? Wenn eine genaue Messung möglich wäre, könnte man die Gravitationskonstante sehr genau berechnen.
Oder kann man die Masse der Sonne nicht auf anderen Wegen berechnen?
Wahrscheinlich nicht, sonst wären da ja schon andere drauf gekommen. Big Laugh
Würde mich dennoch über Antworten freuen.
Liebe Grüße

Meine Ideen:
Habe leider überhaupt keinen Ansatz.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18051

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jan 2017 01:21    Titel: Antworten mit Zitat

Die Gravitationskonstante G tritt in der Gravitationskraft sowie der Keplerschen Konstanten im dritten Keplerschen Gesetz ja immer in der Kombination mit der Masse M des Zentralkörpers als GM auf [streng genommen G(M+m), aber wegen m << M vernachlässigt man letzteres].

D.h. man kann zunächst nie M sondern immer nur GM berechnen.

Man kann jedoch die Masse M ziemlich vieler Himmelskörper abschätzen, wenn man ihre Zusammensetzung und Größe kennt. D.h. man kann z.B. die Massen der Gesteinsplaneten Erde, Mars und Pluto abschätzen, indem man ihre Dichten als identisch annimmt und ihre Größe misst. Dann misst man die astronomischen Daten T (Umlaufzeit) und a (große Halbachse) der Monde dieser Planeten und erhält Abschätzungen für G. Analog geht man für die Gasplaneten vor. Mittlerweile ist auch die Vermessung anderer Planetensysteme im Bereich des Möglichen; dazu benötigt man die Schätzung der Massen der jeweiligen Sterne mittels Spektralklasse, Leuchtkraft, etc.

Wenn man unterschiedliche Werte für M, T und a hat, kann man die Konstante G durch einen Fit ermitteln:





Trägt man 1/C_i gegen M_i auf, so spielt G die Rolle der Steigung einer Geraden.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
teraexa



Anmeldungsdatum: 04.01.2017
Beiträge: 2

Beitrag teraexa Verfasst am: 04. Jan 2017 01:52    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für die Antwort. Ich kam jetzt auf die Formel
G=v^2*r/m
wobei v für die Geschwindigkeit steht, mit welcher ein Objekt ein anderes Objekt in einer Umlaufbahn umkreist, r für den Abstand zwischen diesen Objekten und m für die Masse des Objektes welches umkreist wird steht. Wenn man jetzt die Masse eines Himmelskörpers sehr genau abschätzen könnte, könnte man doch einen sehr genauen Wert für die Gravitationskonstante erhalten. Oder ist die Methode im Labor genau?
Liebe Grüße
franz



Anmeldungsdatum: 04.04.2009
Beiträge: 11583

Beitrag franz Verfasst am: 04. Jan 2017 02:25    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Man kann jedoch die Masse M ziemlich vieler Himmelskörper abschätzen.

Dazu ist meines Erachtens die genaue Kenntnis einer Masse erforderlich (z.B. die der Erde - die man aber nicht hat) und deshalb wird G bisher (recht und schlecht) im Labor bestimmt. Oder?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18051

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jan 2017 10:16    Titel: Antworten mit Zitat

teraexa hat Folgendes geschrieben:
Vielen Dank für die Antwort. Ich kam jetzt auf die Formel
G=v^2*r/m

Das folgt letztlich aus dem Kräftegleichgewicht. Ja, man könnte hier identisch vorgehen:



D.h. man misst die Bahngeschwindigkeiten und Radien und trägt die linke Seite der Gleichung gegen die Masse auf. G ist die Steigung der zu erwartenden Geraden.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18051

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jan 2017 10:28    Titel: Antworten mit Zitat

Wikipedia liefert eine gute Erklärung, leider ohne Quellenangaben:

Wikipedia hat Folgendes geschrieben:
Die Ungenauigkeit begrenzt die Möglichkeit, aus der Gravitation eines Himmelskörpers seine Masse bestimmen zu können. Dazu muss der Himmelskörper von einem Begleiter umrundet werden, dessen Bahnradius r und Umlaufkreisfrequenz ω bekannt sind, sodass der Gravitationsparameter μ ... bestimmt werden kann. Das ist oft mit hoher Genauigkeit möglich, für die Erde z. B. mit bis zu 10-stelliger Genauigkeit. Dann ergibt sich die Masse des Himmelskörpers aus M =μ/G ... Das ist trotz der Unsicherheit in G wesentlich genauer, als wenn man die Masse aus dem Durchmesser und dem Dichteverlauf im Innern des Himmelskörpers schätzte.


Die englische Wikipedia stellt die Probleme ähnlich dar und verweist zudem auf diverse Quellen:

Wikipedia hat Folgendes geschrieben:
The accuracy of the measured value of G has increased only modestly since the original Cavendish experiment. G is quite difficult to measure, because gravity is much weaker than other fundamental forces, and an experimental apparatus cannot be separated from the gravitational influence of other bodies ... Published values of G have varied rather broadly, and some recent measurements of high precision are, in fact, mutually exclusive. This led to the 2010 CODATA value by NIST having 20% increased uncertainty than in 2006. For the 2014 update, CODATA reduced the uncertainty to less than half the 2010 value.


Darüberhinaus wird auch auf neue Messmethoden verwiesen:

Wikipedia hat Folgendes geschrieben:
In the January 2007 issue of Science, Fixler et al. described a new measurement of the gravitational constant by atom interferometry ... An improved cold atom measurement by Rosi et al. was published in 2014.



Gerade bei Sternen / anderen Planetensystemen tritt neben der Unsicherheit der Messgrößen noch das Problem auf, dass die Sternmodelle und damit die Beziehungen zwischen Masse, Radius und Leuchtkraft von der Gravitation und damit von G selbst abhängen. D.h. meine o.g. Idee scheidet wohl aus.

Laut den Wikipedia-Zitaten geht man immer so vor, dass man G im Labor bestimmt und anschließend aus dem Keplerschen Gesetzen die Masse M bestimmt - nicht umgekehrt.
Günther



Anmeldungsdatum: 23.11.2010
Beiträge: 305

Beitrag Günther Verfasst am: 05. Jan 2017 10:35    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Laut den Wikipedia-Zitaten geht man immer so vor, dass man G im Labor bestimmt und anschließend aus dem Keplerschen Gesetzen die Masse M bestimmt - nicht umgekehrt.

Kein Wunder bei der heute im Labor erzielten Meßgenauigkeit.
http://news.mit.edu/2016/technique-could-yield-hyperprecise-gravitational-measurements-1227
Ich frage mich nur, wie man hier (Bose-Einstein-Kondensat) mögliche minimale Verfälschungen durch Extradimensionen ausschließen kann, wenn Messungen bei größeren Abständen weniger genau sind.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18051

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Jan 2017 10:59    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
Kein Wunder bei der heute im Labor erzielten Meßgenauigkeit.

Ich kann mich dunkel an die Untersuchung von Neutroneninterferenzen im Gravitationsfeldes erinnern. Dabei hat man nicht die Kopplung zweier Quantenobjekte mittels des Gravitationspotentials zwischen diesen Objekten gemessen, sondern die Kopplung der Objekte an ein äußeres Gravitationspotential, also letztlich mgh.

Günther hat Folgendes geschrieben:
http://news.mit.edu/2016/technique-could-yield-hyperprecise-gravitational-measurements-1227

Hier die Referenz auf die Veröffentlichung:
http://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.117.275301
https://arxiv.org/abs/1610.08418

Wie kommst du darauf, dass sie genau das zur Messung der Gravitationskonstante benutzen?

Günther hat Folgendes geschrieben:
Ich frage mich nur, wie man hier mögliche minimale Verfälschungen durch Extradimensionen ausschließen kann, wenn Messungen bei größeren Abständen weniger genau sind.

Dazu müsste man zunächst Modelle der Extradimensionen annehmen, gemäß derer V(r) von -1/r abweicht. Für Abstände, die "groß" ggü. den Abmessungen der Extradimensionen sind, resultiert lediglich eine effektive Kopplungskonstante G* im 3-dim Raum, die einen anderen Wert gar als die fundamentale Kopplungskonstante im D-dim. Raum; man misst immer nur G*. Die o.g. Abweichungen spielen also nur auf der Skala der Extradimensionen selbst eine Rolle. Dazu müsste man nun die Längenskala im Experiment variieren und Abweichungen von den Vorhersagen gem. -1/r suchen.

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Günther



Anmeldungsdatum: 23.11.2010
Beiträge: 305

Beitrag Günther Verfasst am: 06. Jan 2017 10:28    Titel: Antworten mit Zitat

http://www.nature.com/nature/journal/v510/n7506/full/nature13433.html
TomS hat Folgendes geschrieben:

Die o.g. Abweichungen spielen also nur auf der Skala der Extradimensionen selbst eine Rolle. Dazu müsste man nun die Längenskala im Experiment variieren und Abweichungen von den Vorhersagen gem. -1/r suchen.

Mal angenommen, man erzielt mit ultrakalten Atomen nur beschränkt auf sehr kleine Längenskalen einen äußerst genauen Wert für G. Dann hat man doch ein Problem, oder?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18051

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Jan 2017 11:21    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
http://www.nature.com/nature/journal/v510/n7506/full/nature13433.html
TomS hat Folgendes geschrieben:

Die o.g. Abweichungen spielen also nur auf der Skala der Extradimensionen selbst eine Rolle. Dazu müsste man nun die Längenskala im Experiment variieren und Abweichungen von den Vorhersagen gem. -1/r suchen.

Mal angenommen, man erzielt mit ultrakalten Atomen nur beschränkt auf sehr kleine Längenskalen einen äußerst genauen Wert für G. Dann hat man doch ein Problem, oder?

Hier die Version in arxiv:

https://arxiv.org/abs/1412.7954

Die Graphik zeigt einen Abstand im Bereich von einigen 10 cm, d.h. die Autoren gehen von einem 1/r^2 Verlauf in diesem Bereich aus. Der Bereich ist wohl typisch auch für andere Labormessungen. Wären auf diesen oder größeren Längenskalen (relevante) Effekte von Extradimensionen zu erwarten, dann wäre eine Verwendung der von den Autoren u.a. Gruppen gefundenen Werte für G z.B. in der Astronomie natürlich problematisch.

Ich bin kein Experimentalphysiker, und ich habe den Artikel bisher nur überflogen. Ich kann nicht sagen, ob dieses Experiment dazu überhaupt etwas sagen kann. Man müsste dazu z.B. r variieren und die Daten mit anderen Potentialen als 1/r, d.h. mit anderen Modellen fitten und zeigen, dass dieser Fit statistisch signifikant besser ist. Wenn ich mir die Fehlerbalken so anschaue, dann wird das nicht einfach sein.

Außerdem muss man darauf hinweisen, dass die Autoren einen signifikant kleineren Wert gemessen haben als viele andere Gruppen. Das könnte natürlich auf neue Physik hindeuten, oder auf systematische Fehler in diesen oder anderen Experimenten.

Wenn man Experimente zu Extradimensionen sucht, sind evtl. Collider-Experimente die bessere Alternative, da sie nicht-gravitative Effekte untersuchen, wesentlich präziser sind, über die Variation der Energie (= inverse Länge) einen größeren Bereich der Längenskala abdecken und vom Prinzip her bei wesentlich kleineren Längen operieren.

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Günther



Anmeldungsdatum: 23.11.2010
Beiträge: 305

Beitrag Günther Verfasst am: 06. Jan 2017 15:37    Titel: Antworten mit Zitat

Danke, sehr aufschlussreich.
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