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Helizität und Parität
 
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Gustav123
Gast





Beitrag Gustav123 Verfasst am: 23. Nov 2012 18:48    Titel: Helizität und Parität Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Was ist der Unterschied zwischen Helizität und Parität?
Aus Wikipedia wird mir das nicht ganz klar.

Meine Ideen:
Danke
Gustav123
Gast





Beitrag Gustav123 Verfasst am: 23. Nov 2012 18:55    Titel: Antworten mit Zitat

Gibt es auch einen Unterschied zwischen Helizität und Chiralität?
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8582

Beitrag jh8979 Verfasst am: 24. Nov 2012 06:27    Titel: Antworten mit Zitat

Zumindest die zweite Frage ist nicht ganz einfach, drum lass mich erstmal mit der ersten anfangen:
Die Paritaetstransformation bezeichnet die Transformation bei der alle Raumkoordinaten gespiegelt werden, d.h. (x,y,z) wird zu (-x,-y,z), aber die Zeit t bleibt unverändert. Als Paritaet eines Zustandes bezeichnet man dann die Transformationseigenschaft eines Zustandes unter dieser Symmetry. Wenn die Parität eine gute Quantenzahl ist (d.h. erhalten), dann koennen die Zustaende immer so gewaehlt werden dass sie Paritaet +1 oder -1 haben.

Helizitaet ist hingegen eine Eigenschaft von Teilchen, die nichts mit der Spiegelsymmetrie zu tun hat (siehe auch 2te Antwort).
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8582

Beitrag jh8979 Verfasst am: 24. Nov 2012 06:54    Titel: Antworten mit Zitat

Nun zu Helizitaet und Chiralitaet. Dies ist oft leider sehr verwirrend, weil es nicht besonders klar dargestellt wird. Es wird nicht einfacher durch die Tatsache, das Helizitaet und Chiralitaet z.B in der Chemie andere (genau definierte) Bedeutungen haben als in der Teilchenphysik. Hinzukommt, dass oft fuer beides die Ausdruecke rechts-/linkshaendig benutzt werden, obwohl sie verschiedene Sachen meinen und beide nichts direkt mit rechts-/linkshaendig zu tun haben.

Ich bezieh mich hier auf die Definitionen wie man es der Teilchenphysik macht/machen sollte:

1.) Helizitaet:
Als Helizitaet bezeichnet man in der Regel die Projektion des Spins auf die Impulsrichtung, d.h. z.B fuer Spin 1/2 Teilchen +- 1/2, fuer Spin 1 Teilchen +-1 oder 0, etc. (streng genommen ist dies auch nicht ganz richtig, aber das spielt hier keine Rolle). Da unter Lorentzboosts der Impuls seine Richtung aendern kann, Spin jedoch nicht, ist die Helizitaet fuer massive Teilchen Bezugssystem-abhaengig und nur fuer masselose Teilchen jedoch eindeutig definiert.

2.) Chiralitaet
Chiralitaet hat nichts mit Spin oder Lorentztransformationen zu tun -auch wenn dies oft so dargestellt wird. Chiralitaet bezeichnet einfach die Eigenschaft, ob ein Lepton oder Quark mit der Schwachen Wechselwirkung (vor der Symmetriebrechung) wechselwirkt oder nicht. Welche die elektroschwach wechselwirken heissen linkshändig, welche die es nicht tun rechtshändig.

Das Problem, weswegen dies oft alles durcheinander geworfen wird: Fuer masselose Leptonen/Quarks sind der Operator zum Berechnen der Helizitaet und der Chiralitaet proportional zueinander, d.h. man kann sie im gewissen Sinne gegeneinander austauschen. Z.B. haben (so gut wie all) Neutrinos "links-haendige Helizitaet", weil sie (fast) masselos sind.
Nichtsdestotrotz sind Helizitaet und Chiralitaet zwei ganz verschiedene Eigenschaften.
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8582

Beitrag jh8979 Verfasst am: 24. Nov 2012 07:00    Titel: Antworten mit Zitat

PS: Ein Addendum noch zur Paritaet P:
Unter der Paritaetstransformation werden sowohl bei Helizitaet als auch Chiralitaet links- und rechtshaendig vertauscht. Bei der Helizitaet ist die offensichtlich, da der Impuls sein Vorzeichen aendert unter P, der Spin aber nicht. Bei der Chiralitaet ist dies einfach Ausdruck der Tatsache, dass die schwache WW Paritaetsverletzend ist.

PPS: Dies ist alles ziemlich viel zu verdauen. Meine Beschreibung ist sichern nicht die bestmoegliche, ich hoffe sie hat trotzdem ein wenig geholfen. Ein wenig technischer ist der schnelle Vergleich hier:
http://www.quantumfieldtheory.info/Chirality_vs_Helicity_chart.pdf
Gustav123
Gast





Beitrag Gustav123 Verfasst am: 24. Nov 2012 08:35    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für deine Antworten.

Ich denke, ich verstehe das jetzt schon besser.

Was versteht man denn unter der Paritätsverletzung?
Die Definition in Wikipedia ist da etwas verwirrend (finde ich).
Ich würde es so ausdrücken: Ein Vorgang ist nicht mehr invariant, wenn alle Raumkoordianten gespiegelt werden. Das heißt, dass "linkshändige" Teilchen "rechtshändig" sind und umgekehrt.
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8582

Beitrag jh8979 Verfasst am: 24. Nov 2012 08:39    Titel: Antworten mit Zitat

Gustav123 hat Folgendes geschrieben:

Was versteht man denn unter der Paritätsverletzung?
Die Definition in Wikipedia ist da etwas verwirrend (finde ich).
Ich würde es so ausdrücken: Ein Vorgang ist nicht mehr invariant, wenn alle Raumkoordianten gespiegelt werden. Das heißt, dass "linkshändige" Teilchen "rechtshändig" sind und umgekehrt.

Wie gesagt: Unter der Paritaetstransformation vertauschen sich links- und rechts-haendige Teilchen. Weil aber nur linkshaendige mit der schwachen WW interagieren und nicht rechtshaendige, verletzt diese die Paritaet als Symmetrie der Theorie.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 24. Nov 2012 15:28    Titel: Antworten mit Zitat

Verletzung der Parität bedeutet, dass man unterscheiden muss zwischen:

a) dem gedachten Spiegelbild eines real ablaufenden Prozesses
b) und dem realen, eben nicht spiegelbildlich ablaufendem Prozesses

Betrachten wir das Beispiel der rechts- und linkshändigen Teilchen im Falle der schwachen WW:

Zunächst betrachten wir einen realen Prozess, an dem linkshändige Teilchen beteiligt sind, z.B. einen Beta-Zerfall. Dafür kann man z.B. eine Wahrscheinlichkeit bzw. eine Wirkungsquerschnitt berechnen.

Dann betrachten wir a) das gedachte Spiegelbild des Prozesses. Dabei drehen sich bestimmte Orientierungen (Impuls, …) um, andere Größen bleiben erhalten (Wahrscheinlichkeit, …).

Nun betrachten wir b) den realen Prozess: dieser findet als Spiegelbild einfach nicht statt; es gibt ihn nicht, da die rechtshändigen Teilchen an der WW nicht teilnehmen. Und demnach sind die Wahrscheinlichkeiten dafür in der Realität Null!

Ersetze die Teilchen durch schwarze und weiße Katzen, die schwarze bzw. weiße Mäuse fressen. Die schwache WW verhält sich so, dass eine Katzensorte nicht frisst; niemals!

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
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