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Gefriert Wasser, auch wenn es sich nicht ausdehnen kann?
 
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Leckerbecker



Anmeldungsdatum: 09.11.2010
Beiträge: 1

Beitrag Leckerbecker Verfasst am: 09. Nov 2010 11:12    Titel: Gefriert Wasser, auch wenn es sich nicht ausdehnen kann? Antworten mit Zitat

Meine Frage:
angenommen es gibt einen behälter der einen beliebig hohen druck von innen aushalten kann ohne zu platzen.
wenn dieser prall gefüllt mit wasser(flüssig, 4gradC) ist, so das kein platz mehr für die ausdehnung des wassers ist und man diesen z.b. in die gefriertruhe(-20 gradC) stellt.
gefriert das wasser darin, auch wenn es sich nicht ausdehnen kann, oder bleibt das wasser flüssig?

Meine Ideen:
um zu eis zu werden muss sich ja die dichte des wassers ändern, woraufhin es mehr platz beansprucht, den es nicht zur verfügung hat.
ich glaube das wasser wird flüssig sein und -20 gradC haben.
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 09. Nov 2010 11:27    Titel: Antworten mit Zitat

Das kommt darauf an, wieviel Druck die Gefäßwände wirklich aushalten.

Deine Überlegung stimmt, dass bei höherem Druck Wasser länger flüssig bleibt, wenn man es abkühlt.

Das sieht man auch im sogenannten Phasendiagramm für Wasser:

http://portal.uni-freiburg.de/fkchemie/lehre/grundvorlesung/uebungen/stunde6/pdwasser/view

Um so größer der Druck, desto niedriger liegt die Schmelztemperatur von Wasser in diesem Diagramm. Denn vom Tripelpunkt aus geht die Schmelzkurve in diesem Diagramm nach links oben weg.


(Anmerkung: Das gilt zumindest schon mal bis hin zu ziemlich hohen Drücken von ca. 1000 mal dem Atmosphärendruck. Bei noch höherem Druck verhält sich Eis anders, und man beobachtet ein dementsprechend anderes Verhalten der Schmelzkurve im Phasendiagramm. Vgl. zum Beispiel http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Phasendiagramm_eis.png )
drsaendu
Gast





Beitrag drsaendu Verfasst am: 09. Nov 2010 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

ok das würde bedeuten das bei einem behälter mit einer wandstärke von "annäherndst unendlich" man das sich darin befindende wasser bis auf "annäherndst 0 kelvin" herunterkühlen kann und es trotzdem flüssig bleibt?

was geschieht denn wenn der behälter z.B. bei -70grad platzt? (also relativ hoher gefrierdruck)
gefriert dann das wasser quasi "sofort"? oder dauert das genau so lange wie bei einem vorher geöffneten behälter mit wasser bei -70grad?
magician4



Anmeldungsdatum: 03.06.2010
Beiträge: 914

Beitrag magician4 Verfasst am: 09. Nov 2010 14:54    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
ok das würde bedeuten das bei einem behälter mit einer wandstärke von "annäherndst unendlich" man das sich darin befindende wasser bis auf "annäherndst 0 kelvin" herunterkühlen kann und es trotzdem flüssig bleibt?

eine nicht ganz einfach zu beantwortende frage, denn die steigung der schmelzkurve des wassers wird bei hohen druecken zunehmend weniger negativ, wirkt wie "asymptotisch gegen null"
--> das wuerde bedeuten, dass es auch bei beliebig hohen druecken eine mindesttemperatur gibt, die von fluessigem wasser nicht unterschritten werden kann

ich versuch grad mal naeheres herauszufinden, was nicht ganz einfach ist, denn wir reden hier von wirklich hohen druecken, und da sind harte experimentelle daten rar. (melde mich dazu ggf. separat spaeter zurueck)

vielleicht fuer die "realitaet" interessanter: es ist sehr schwierig so hohe druecke zu machen, dass bei sehr tiefen temperaturen wasser fluessig bleibt. das von dir angefragte verhalten ist also eine ausgesprochen akademische frage, zumal bei sehr hohen druecken (z.b. auch unter ggf. aufloesung der molekularen wasserstruktur: eis X ) dann auch weitere phasen ins geschehen kommen usw.

eines ist allerdings richtig: das dir von dermarkus verlinkte phasendiagramm sieht in der tat so aus, als liesse sich zu jeder temperatur ein druck finden, bei dem eine fluessige phase existiert.
allerdings hat er dir da nur einen "niederdruck-ausschnitt" gegeben: bei hoeheren druecken z.b. wird, wie bereits erwaehnt, die steigunmg der schmelzkurve dann weniger stark negativ.

--> in real sieht das ganze dann komplexer aus, und ich werd berichten was genau da stand der erkenntnis ist, sobald ich's rausfinde

(anm.: "beliebig hohe druecke" sei in einem sinnvollen rahmen verstanden. wir reden hier grad nicht ueber neutronensterne oder schwarze loecher)

Zitat:
was geschieht denn wenn der behälter z.B. bei -70grad platzt? (also relativ hoher gefrierdruck)
gefriert dann das wasser quasi "sofort"? oder dauert das genau so lange wie bei einem vorher geöffneten behälter mit wasser bei -70grad?


das eine ist "was passiert", das andere "wie schnell geht das"

(a) was passiert: nehmen wir an dein behaelter platzt, und dein wasser sei danach einem druck von nur noch 1 bar ausgesetzt. dann hast du primaer zwei vorgaenge die energetisch beachtet sein wollen:

zum einen (eine energie-senke) hattest du das wasser ja vorher unter druck gesetzt, also komprimiert, also kompressionsarbeit geleistet. diese arbeit wurde beim abkuehlen des systems auf -70°C "zusaetzlich" zur arbeit gegen die "normale" waermekapazitaet abgefuehrt. in dem masse indem das wasser sich entspannen kann, wird diese wieder benoetigt: volumenarbeit, und das fuehrt zur weiteren abkuehlung.
da wir nicht wissen von welchem anfangsdruck wir reden, ist das quantitativ auch schwer abzuschaetzen.

weiterhin wird hier und da wasser gefrieren, wobei die schmelzenthalpie frei wird, was wiederum das aequivalent von erwaermung ist.

die beiden vorgaenge sind einander mithin energetisch entgegengesetzt.
allerdings ist die schmelzenthalpie normalerweise >> als der bedarf fuer die volumenarbeit, sodass ich zunaechst von einer netto-erwaermung ausgehe.

die spezifische waermekapazitaet von eis betraegt in dem von dir betrachteten bereich ~ 1.6 kJ/kg*K, die schmelzwaerme ~ 340 kJ/kg (die daten sind keine druck resp. temperaturunabhaengigen konstanten, und im betrachteten aenderungsbereich bereits merklich variabel, daher nur ~ )
--> die "kaeltekapazitaet" deiner fluessigkeit bei -70°C reicht aus, um groessenordnungsmaessig ~ 1/3 des wassers gefrieren zu lassen, wobei das entstehende gesamt-system eis/wasser hinterher 0°C hat
(schnell und schmutzig uebern dicken daumen gepeilt)

(b) wie schnell geht das?
ich hab schon mal experimente mit kuenstlich unterkuehltem fluessigen wasser gesehen: da gings dann schlagartig

ich hoffe ich konnte deine fragen ein wenig an-beantworten?

gruss

ingo

_____________________

ergaenzung I, weil grad von nem kollegen aussm anderen forum als antwort bekommen:

W. Wagner, A. Pruß: The IAPWS Formulation 1995 for the Thermodynamic Properties of Ordinary Water Substance for General and Scientific Use, J. Phys. Chem. Ref. Data 31 (2002) 387

da soll sich naeheres auch zum hochdruckverhalten finden.
da ich selbst kurzfristig nicht in die bibo komme: kommt da jemand ran?

______________________

ergaenzung II: GEFUNDEN !!!!!
http://webdoc.sub.gwdg.de/diss/2003/gotthardt/gotthardt.pdf

das phasendiagramm auf seite 26 zeigts deutlich: bei ~ 2000 bar hoert das mit der schmelzkurven-anomalie "schlagartig" auf, bei hoeheren druecken bekommst du dann auch wieder hoehere schmelzpunkte: bei ~ 6000 bar liegt der schmelzpunkt dann wieder bei 0°C, und bei ~ 22000 bar dann bei ca. 100°C
die niedrigst-moegliche temperatur fluessigen wassers liegt bei ~ -20°C, (i.v.m. 2000 bar druck)

--> dein -70°C behaelter muss (a) nur 2000 bar aushalten und ist dann (b) im inneren durchgefroren
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