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Physik und Philosophie - Seite 5
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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 26. Jun 2019 19:29    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Heißt das du hältst eine Ontologie mit F für unmöglich oder eine mit F, aber ohne A? Ich behaupte nur letzteres ist nicht ohne weiteres möglich. Aber F und A und alle sonst ableitbaren Größen können von mir aus real sein.

Wenn man auf den kanonischen Formalismus schaut, dann sollte die Ontologie auf A und E basieren, wobei die elektrischen Felder E den kanonisch konjugierten Impulsen zu A entsprechen.


Sicher, die wären ja in F und A enthalten. Mein Punkt war nur, daß die möglichen Ontologien sich nicht ändern dürfen, wenn ich zu einem anderen, aber logisch äquivalenten System von Axiomen/Postulaten etc. übergehe. Dann müssen aber wohl auch alle Dinge, deren Existenz aus der der kanonischen Variablen folgt, existieren.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Warum nicht? Die Eichtransformationen sind doch in der Quantenmechanik dieselben. Und ich kann genauso zwei Eichfelder als äquivalent ansehen, wenn sie mit einer Eichtransformation ineinander überführt werden können. Was sollte mich daran hindern?



Du redest anscheinend von der Formulierung einer Eichtheorie als Hamiltonsches System mit Nebenbedingungen. Inwiefern ist hier die quantentheoretische Beschreibung anders als die klassische?



Das Problem ist, dass du in der klassischen Feldtheorie nicht zwingend eine Eichfixierung benötigst, in der QFT jedoch schon;


Ich glaube du siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht. Der Grund, aus dem wir überhaupt in der klassischen Theorie von einer "Äquivalenz" von Eichfeldern sprechen, ist der, daß die Theorie eichinvariant ist. Daran ändert sich auch bei der Quantisierung nichts (zumindest sofern die resultierende Quantentheorie überhaupt physikalisch akzeptabel sein soll).

Ob ich eine Eichfixierung benötige ist also nicht der Punkt, sondern daß ich jede wählen kann, die ich will. Jede Eichfixierung wählt einen Repräsentanten einer Äquivalenzklasse von Eichfeldern aus. Eine andere Eichfixierung wählt einen anderen Repräsentanten aus derselben Klasse, sprich "ein äquivalentes Feld" aus.

Zitat:

wenn du jedoch die Eichfixierung durchführst, dann änderst du den Hamiltonian sowie alle weiteren Operatoren, du änderst den Hilbertraum, d.h. du änderst den ontologischen Gehalt der Theorie.


Diese Behauptungen sind für mich nicht nachvollziehbar.

Der Hilbertraum der QED wird nach meinem Verständnis von Elektron-, Positron- und Photon-Zuständen (mit allen möglichen Impulsen, Spins bzw. Helizitäten) erzeugt. Das hängt doch nicht von der Eichung ab. Ähnliches gilt für den Hamiltonian: dieser ist definiert durch das Energiespektrum der Theorie (über das Spektraltheorem). Eine Eichung kann an den möglichen Energiewerten nichts wesentliches ändern. Du kannst natürlich ein und dasselbe H durch unterschiedliche kanonische Variablen ausdrücken. Aber das hat mit der Frage eigentlich nichts zu tun.

Zitat:

Demzufolge müsste man entweder mit einer nicht-eichfixierten Theorie arbeiten, wobei ich wiederum nicht weiß, wie dies in der QFT aussieht, oder mit einem vollständig anderen Formalismus wie BRST, den ich zu wenig kenne.


Das ist m.E. auch nicht nötig. Wir reden ja nicht davon, wie man eine klassische Eichtheorie quantisieren kann, sondern nur davon, welche Eigenschaften die quantisierte Theorie dann hat. Eine dieser Eigenschaften ist Eichinvarianz und die daraus folgende "Äquivalenz" von



Mir ist nach wie vor unklar, welche Probleme du darin siehst.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 26. Jun 2019 21:04    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Der Grund, aus dem wir überhaupt in der klassischen Theorie von einer "Äquivalenz" von Eichfeldern sprechen, ist der, daß die Theorie eichinvariant ist.

Die physikalisch messbaren Größen und ihr Spektrum sind eichinvariant, jedoch sind die mathematischen Strukturen selbst nicht forminvariant. Wenn du also eine eins-zu-eins Repräsentation der Natur durch die Theorie haben anstrebst, dann ist dies nicht möglich.

Auch wenn wir es beide als Artefakte ansehen: es ist ein ontologischer Unterschied, ob genau zwei physikalische Polarisationen existieren, oder ob mehr als zwei Polarisationen existieren und zusätzlich noch weitere Felder.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du kannst natürlich ein und dasselbe H durch unterschiedliche kanonische Variablen ausdrücken. Aber das hat mit der Frage eigentlich nichts zu tun.

Doch, mit der ontologischen schon.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wir reden ... nur davon, welche Eigenschaften die quantisierte Theorie dann hat. Eine dieser Eigenschaften ist Eichinvarianz ...

Nein, wir reden nicht nur von den (physikalischen) Eigenschaften, es sei denn, für dich besteht die Ontologie in der Gesamtheit = Algebra aller Observablen sowie den Werten der kommutierenden Observablen = der maximalen abelschen Unteralgebra (die Eichinvarianz kann in diesem Sinne formuliert werden).

Betrachte die Quantisierung der QCD in der temporalen Eichung



Die relevanten Größen bzw. Quantenfelder sind



mit i=1..3 sowie der Hamiltonian



und das Gaußsche Gesetz mit





Was existiert nun? Bzw. was genau existiert in der Natur und wird repräsentiert durch eine Theorie?

Drei Felder für i=1..3 auf einem kinematischen Hilbertraum zusammen mit der Gaußschen Zwangsbedingung? Oder Äquivalenzklassen *) zweier transversaler Felder auf einem physikalischen Hilbertraum?

Wie gesagt, physikalisch ist alles prima, aber ontologisch ist die Frage der präzisen Repräsentation offen.

*) bzgl. der residual gauge symmetry, erzeugt durch




Ebenso könnte man in der ART fragen, ob die zugrundeliegende Struktur eine 4-dim. pseudo-Riemannsche Mannigfaltigkeit ist, oder der k-dim. Minkowskiraum zusammen mit der Bedingungen für eine Einbettung einer 4-dim. Untermannigfaltigkeit im Sinne von Nash.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jun 2019 09:14    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Der Grund, aus dem wir überhaupt in der klassischen Theorie von einer "Äquivalenz" von Eichfeldern sprechen, ist der, daß die Theorie eichinvariant ist.

Die physikalisch messbaren Größen und ihr Spektrum sind eichinvariant, jedoch sind die mathematischen Strukturen selbst nicht forminvariant. Wenn du also eine eins-zu-eins Repräsentation der Natur durch die Theorie haben anstrebst, dann ist dies nicht möglich.


Ich denke es ist möglich die Äquivalenzklasse A + df auch in der QED als Element der Realität anzusehen. Wenn du das bestreitest, ist mir nicht klar warum. Daß das Pfadintegral nicht ohne eine Eichfixierung definiert werden kann, ist m.E. völlig ohne Konsequenz für diese Frage.

Zitat:

Auch wenn wir es beide als Artefakte ansehen: es ist ein ontologischer Unterschied, ob genau zwei physikalische Polarisationen existieren, oder ob mehr als zwei Polarisationen existieren und zusätzlich noch weitere Felder.


Nochmal, die Theorie behauptet nicht, daß weitere Polarisationszustände exisitieren. Sie behauptet, daß sie nicht existieren. Diese Behauptung steht und fällt mit der Eichinvarianz der quantisierten Feldtheorie. Wieso die laut Theorie nichtexistierenden Größen, sowie die Hilfskonstruktionen, mit denen alle ihre physikalischen Spuren aus einer Näherungslösung beseitigt werden, ein ontologisches Problem darstellen sollen, ist mir absolut unbegreiflich.

(Ich weiß, mit den Geisterfeldern kann man noch mehr anstellen, z.B. BRST-Invarianz definieren. Dazu siehe unten.)

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du kannst natürlich ein und dasselbe H durch unterschiedliche kanonische Variablen ausdrücken. Aber das hat mit der Frage eigentlich nichts zu tun.

Doch, mit der ontologischen schon.


Inwiefern? Ist für die Ontologie des harmonischen Oszillators relevant ob ich



oder



schreibe? Das ist beides derselbe Operator ausgedrückt durch verschiedene Variablen. Dann ist es vermutlich auch relevant ob ich in kartesischen oder sphärischen Koordinaten quantisiere.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wir reden ... nur davon, welche Eigenschaften die quantisierte Theorie dann hat. Eine dieser Eigenschaften ist Eichinvarianz ...

Nein, wir reden nicht nur von den (physikalischen) Eigenschaften, es sei denn, für dich besteht die Ontologie in der Gesamtheit = Algebra aller Observablen sowie den Werten der kommutierenden Observablen = der maximalen abelschen Unteralgebra (die Eichinvarianz kann in diesem Sinne formuliert werden).


Ich dachte wir reden gerade davon, ob irgendwas dagegen spricht, Zusammenhänge auf einem Hauptfaserbündel oder, was so ziemlich auf dasselbe hinausläuft, eine Äquivalenzklasse von Eichfeldern als real anzusehen.

Zitat:

Betrachte die Quantisierung der QCD in der temporalen Eichung



Die relevanten Größen bzw. Quantenfelder sind



mit i=1..3 sowie der Hamiltonian



und das Gaußsche Gesetz mit





Was existiert nun? Bzw. was genau existiert in der Natur und wird repräsentiert durch eine Theorie?


Meine Antwort kennst du schon: Es existiert eine zur Äquivalenzklasse von A gehörige su(3)-wertige 1-Form auf einem SU(3)-Hauptfaserbündel über der Raumzeit und deren Krümmungsform F. Und diese Antwort ist unabhängig von der Eichung, also dieselbe in jeder Eichung. Wenn ich dich richtig verstanden habe, siehst du irgendwelche Schwierigkeiten mit dieser Behauptung innerhalb der Quantenmechanik. Mir ist aber unklar welche Schwierigkeiten das sind.

Zitat:

Drei Felder für i=1..3 auf einem kinematischen Hilbertraum zusammen mit der Gaußschen Zwangsbedingung? Oder Äquivalenzklassen *) zweier transversaler Felder auf einem physikalischen Hilbertraum?


Für den Hilbertraum gilt sinngemäß dasselbe allgemeine Prinzip, welches ich auf die Felder anwende: Ich nehme das für einen festen empirischen Gehalt erforderliche Minimum an Zuständen, deren Existenz sich aus der Theorie ableiten läßt. Diese bestehen aus den Elementen des Kerns der BRST-Ladung (das ist im wesentlichen deine Zwangsbedingung), die sich nicht nur um ein Bild von Q unterscheiden, d.h. aus den Äquivalenzklassen mit Elementen aus deinem "kinematischen Hilbertraum". Insbesondere verzichte ich auf die "Realität" aller Vektoren mit nicht verschwindender BRST-Ladung (= die die Zwangsbedingung verletzen), da sie den empirischen Gehalt der Theorie nicht erhöhen. (Dazu gehören Geister, Antigeister, und longitudinal polarisierte Eichbosonen.) Es sei denn ich kann aus den bereits erforderlichen Annahmen beweisen, daß sie existieren. Dann kann ich sie nicht leugnen ohne Inkonsistenzen zu begehen. Ich gehe hier aber davon aus, daß die Existenz von Geisterfeldern etc. logisch unabhängig von den restlichen Objekten der Theorie ist.

Damit ist die einzig verbleibende Frage die nach der Einfachheit der Ontologie. Daß diese nicht einfach zu entscheiden ist, habe ich ja bereits zugegeben. Was sie schwierig macht, hat aber nicht das geringste mit der Quantisierung nichtabelscher Eichtheorien zu tun, sondern damit zu entscheiden welche von zwei mathematischen Strukturen die einfacherer ist. Das Problem kann man aber bereits in der klassischen Elektrodynamik erörtern, oder anhand der Frage wodurch wir berechtigt sind, aus unserer Wahrnehmung der Koinzidenz von "Rundem" und "Blauem" auf die Existenz eines blauen Balls zu schließen. (Siehe oben.)

Meine früheren Antworten darauf waren doch ganz allgemein. Welchen Zweck hat es, sie anhand immer komplizierter werdender Beispiele immer wieder neu zu formulieren? Du mußt mir erklären, warum du glaubst, sie seien hier nicht anwendbar.

Zitat:

Wie gesagt, physikalisch ist alles prima, aber ontologisch ist die Frage der präzisen Repräsentation offen.


Dies (link) war mein letzter Versuch einer universellen Antwort zu dieser Frage. Seit dem reden wir über immer kompliziertere Details der Quantisierung nichtabelscher Eichtheorien, deren Relevanz ich nicht verstehe. Ich behaupte, meine Sichtweise läßt sich sinngemäß auf jede Theorie anwenden, sofern eine hinreichend präzise Formulierung vorliegt. Natürlich geht jede Antwort bzgl. einer konkreten Theorie von bestimmten Annahmen aus; z.B. nahm ich an, daß die Existenz von Geisterfeldern und von Erzeugern und Vernichtern longitudinaler Polarisationszustände logisch unabhängig vom Rest der Theorie ist, daß dies aber für die Existenz der Eichpotentiale selbst nicht gilt (m.a.W. daß die Theorie behauptet, die Voraussetzungen aus denen man A aus F ableiten kann, seien erfüllt). Diese Annahmen können natürlich falsch sein, und dann ergibt sich eine andere Ontologie.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2019 12:48    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich denke es ist möglich die Äquivalenzklasse A + df auch in der QED als Element der Realität anzusehen. Wenn du das bestreitest, ist mir nicht klar warum.

Im kanonischen Formalismus ist mir das nach Implementierung der temporalen Eichung A°=0 für die residual gauge symmetry mit zeitunabhängiger Transformation U klar, weil man das klassische



auf dem kinematischen Hilbertraum mittels eines unitären Operators Omega - siehe obiger Beitrag - implementieren kann:



X steht für A, F, fermionische Felder sowie zusammengesetzte Operatoren.

Ohne temporale Eichung - z.B. für die Lorentz-Eichung - ist mir das nicht klar, weil ich nicht sehe, welche Operatoren auf welchem Hilbertraum du überhaupt meinst.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nochmal, die Theorie behauptet nicht, daß weitere Polarisationszustände exisitieren. Sie behauptet, daß sie nicht existieren. Diese Behauptung steht und fällt mit der Eichinvarianz der quantisierten Feldtheorie. Wieso die laut Theorie nichtexistierenden Größen, ... ein ontologisches Problem darstellen sollen, ist mir absolut unbegreiflich.

Weil du i.A. in einer nicht-abelschen Theorie die physikalischen Größen sowie die unphysikalischen Hilfsgrößen nicht trennen kannst. Das kannst du nur in speziellen Eichungen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ist für die Ontologie des harmonischen Oszillators relevant ob ich



oder



schreibe? Das ist beides derselbe Operator ausgedrückt durch verschiedene Variablen. Dann ist es vermutlich auch relevant ob ich in kartesischen oder sphärischen Koordinaten quantisiere.

Letzteres natürlich nicht.

Ich mach‘ dir einen Vorschlag: schreib doch mal für die QCD in verschiedenen Eichungen die mathematischen Objekte hin, die die Realität beschreiben:
- Weyl-Eichung
- Weyl-Eichung plus Fixierung der residual gauge symmetry mittels Coulomb-Eichung; mit Ghosts
- Weyl-Eichung plus Fixierung der residual gauge symmetry mittels axialer Eichung; ohne Ghosts
- Lorentz-Eichung mit Ghosts

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich dachte wir reden gerade davon, ob irgendwas dagegen spricht, Zusammenhänge auf einem Hauptfaserbündel oder, was so ziemlich auf dasselbe hinausläuft, eine Äquivalenzklasse von Eichfeldern als real anzusehen.

Davon reden wir.

Ich gehe das im Spezialfall der Weyl-Eichung mit, weil ich es da explizit im kanonischen Formalismus konstruieren kann. In anderen Eichungen sehe ich das nicht, d.h. evtl. habe ich da ein Wissensdefizit.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Seit dem reden wir über immer kompliziertere Details der Quantisierung nichtabelscher Eichtheorien, deren Relevanz ich nicht verstehe. Ich behaupte, meine Sichtweise läßt sich sinngemäß auf jede Theorie anwenden, sofern eine hinreichend präzise Formulierung vorliegt.

Sinngemäß ja, aber als Physiker sollten wir das konkretisieren. Wie gesagt, in speziellen Fällen sehe ich das explizit, in anderen nicht.

Mein Ansatz für eine Ontologie, abgeleitet aus der temporalen Eichung A°=0 ohne Fixierung der residual gauge symmetry: Diese Formulierung lebt auf dem kinematischen Hilbertraum und benötigt einen zusätzlichen Constraint, das Gaußsche Gesetz G. A° wurde als unphysikalische Hilfsgröße eliminiert. Die Natur bzw. ein System wird repräsentiert durch den physikalischen Hilbertraum = den Kern von G. Physikalische Größen werden repräsentiert durch eine Operatoralgebra, die nicht aus dem Kern von G hinausführt. Die Entsprechung des klassischen Faserbündelbegriffs sowie der Äquivalenzklassen modular residual gauge symmetry wären die o.g. unitären Operatoren auf dem kinematischen Hilbertraum.

Soweit Ok?

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jun 2019 20:08    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich denke es ist möglich die Äquivalenzklasse A + df auch in der QED als Element der Realität anzusehen. Wenn du das bestreitest, ist mir nicht klar warum.

Im kanonischen Formalismus ist mit das nach Implementierung der temporalen Eichung A°=0 für die residual gauge symmetry mit zeitunabhängiger Transformation U klar, weil man das klassische



auf dem kinematischen Hilbertraum mittels eines unitären Operators Omega - siehe voriger Beitrag - implementieren kann:



X steht für A, F, fermionische Felder sowie zusammengesetzte Operatoren.

Ohne temporale Eichung und damit z.B. Lorentz-Eichung ist mir das nicht klar, weil ich nicht sehe, welche Operatoren auf welchem Hilbertraum du überhaupt meinst.


Daraus werde ich nicht schlau. Ich meine denselben Hilbertraum, den du über definiert hast. Dieser ist von der Eichung unabhängig. Die Operatoren sind irgendwelche Tupel masseloser Spin-1-Felder auf genau diesem Hilbertraum, auf denen gern noch innere Symmetriegruppen wie U(1) oder SU(3) adjungiert dargestellt sein dürfen. Wegen der Masselosigkeit müssen diese Gruppen als Eichgruppen auf den realisiert sein. Was genau stellst du daran in Frage?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nochmal, die Theorie behauptet nicht, daß weitere Polarisationszustände exisitieren. Sie behauptet, daß sie nicht existieren. Diese Behauptung steht und fällt mit der Eichinvarianz der quantisierten Feldtheorie. Wieso die laut Theorie nichtexistierenden Größen, ... ein ontologisches Problem darstellen sollen, ist mir absolut unbegreiflich.

Weil du i.A. in einer nicht-abelschen Theorie die physikalischen Größen sowie die unphysikalischen Hilfsgrößen nicht trennen kannst. Das kannst du nur in speziellen Eichungen.


Nein, ich habe es doch bereits getan.

Physikalisch: [A] und F und alles was logisch zwingend daraus folgt. Unphysikalisch: der Rest.

Das ist eichunabhängig. Dem steht nur deine m.E. unbegründete Behauptung im Wege, ich könne in der QFT keine Äquivalenzklassen von Eichfeldern bilden.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ist für die Ontologie des harmonischen Oszillators relevant ob ich



oder



schreibe? Das ist beides derselbe Operator ausgedrückt durch verschiedene Variablen. Dann ist es vermutlich auch relevant ob ich in kartesischen oder sphärischen Koordinaten quantisiere.

Letzteres natürlich nicht.

Ich mach‘ dir einen Vorschlag: schreib doch mal für die QCD in verschiedenen Eichungen die mathematischen Objekte hin, die die Realität beschreiben:
- Weyl-Eichung
- Weyl-Eichung plus Fixierung der residual gauge symmetry mittels Coulomb-Eichung; mit Ghosts
- Weyl-Eichung plus Fixierung der residual gauge symmetry mittels axialer Eichung; ohne Ghosts
- Lorentz-Eichung mit Ghosts


Aber ich rede doch die ganze Zeit davon, daß die Objekte, die meiner Ansicht nach die Realität beschreiben unabhängig von der Eichung sind. Jetzt schlägst du vor, verschiedene Eichungen durchzuexerzieren. Ich habe beim besten Willen keine Ahnung, wozu das gut sein soll. So kommen wir nicht weiter.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich dachte wir reden gerade davon, ob irgendwas dagegen spricht, Zusammenhänge auf einem Hauptfaserbündel oder, was so ziemlich auf dasselbe hinausläuft, eine Äquivalenzklasse von Eichfeldern als real anzusehen.

Davon reden wir.

Ich gehe das im Spezialfall der Weyl-Eichung mit, weil ich es da explizit im kanonischen Formalismus konstruieren kann. In anderen Eichungen sehe ich das nicht, d.h. evtl. habe ich da lediglich ein Wissensdefizit.


Vielleicht habe ich auch ein Wissensdefizit. Aber das finden wir nicht heraus, wenn du mir nicht nicht klar machst, warum ich nicht von einer Transformation



eines masselosen Spin-1-Feldoperators auf einem physikalischen Hilbertraum reden darf. Wenn das nicht ginge, dann wäre die Elektrodynamik einfach nicht quantisierbar, egal in welcher Eichung.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Seit dem reden wir über immer kompliziertere Details der Quantisierung nichtabelscher Eichtheorien, deren Relevanz ich nicht verstehe. Ich behaupte, meine Sichtweise läßt sich sinngemäß auf jede Theorie anwenden, sofern eine hinreichend präzise Formulierung vorliegt.


Sinngemäß ja, aber als Physiker sollten wir das konkretisieren.


Ich habe ja dadurch konkretisiert, daß ich F und A als real und Geister und Antigeister als irreal bezeichne, indem ich meine vorher definierten allgemeinen Kriterien angewendet habe. Die Anwendung ist allerdings etwas hypothetisch, weil ich keine mathematischen Existenztheoreme über nichtabelsche Eichtheorien kenne. Deswegen kann ich nicht ausschließen, daß Geister nicht vielleicht doch existieren, wenn A (d.h. ein Spin-1-Feld mit Masse 0) existiert. Ich weiß aber sowieso nicht, ob A existiert, weil ich nicht weiß ob die QCD korrekt ist. (Aus der allein diese Existenzbehauptung stammt.) Letzteres ist viel unsicherer.

Zitat:

Wie gesagt, in speziellen Fällen sehe ich das explizit, in anderen nicht.


Gehen wir nochmal zurück zur temporalen Eichung A°=0 ohne Fixierung der residual gauge symmetry. Diese Formulierung lebt auf dem kinematischen Hilbertraum und benötigt einen zusätzlichen Constraint, das Gaußsche Gesetz G.


Dieses Gesetz folgt aus den Feldgleichungen (bzw. ist eine Feldgleichung) und hat nichts mit der gewählten Eichung zu tun. Es muß immer erfüllt sein. Die Existenz derartiger Constraints ist die Kehrseite der Symmetrie der Lagrange-Funktion unter Eichtransformationen in der Hamiltonschen Formulierung. Du scheinst aber zu bestreiten, daß ich in der QFT überhaupt von einer Eichsymmetrie der Lagrange-Funktion reden darf. Ansonsten wäre ich sofort bei meiner Äquivalenzklasse.

Sollten wir vielleicht diesen Punkt erst mal klären?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2019 21:22    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich denke es ist möglich die Äquivalenzklasse A + df auch in der QED als Element der Realität anzusehen. Wenn du das bestreitest, ist mir nicht klar warum.

Im kanonischen Formalismus ist mit das nach Implementierung der temporalen Eichung A°=0 für die residual gauge symmetry mit zeitunabhängiger Transformation U klar, weil man das klassische



auf dem kinematischen Hilbertraum mittels eines unitären Operators Omega - siehe voriger Beitrag - implementieren kann:



X steht für A, F, fermionische Felder sowie zusammengesetzte Operatoren.

Ohne temporale Eichung und damit z.B. Lorentz-Eichung ist mir das nicht klar, weil ich nicht sehe, welche Operatoren auf welchem Hilbertraum du überhaupt meinst.


Daraus werde ich nicht schlau. Ich meine denselben Hilbertraum, den du über definiert hast. Dieser ist von der Eichung unabhängig.

Das ist der Hilbertraum nach Implementierung des Gaußschen Gesetzes



jedoch vor dem Fixierung der residual gauge symmetry



Letztere kann man mittels weiterer unitärer Transformationen „fixieren“.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
Weil du i.A. in einer nicht-abelschen Theorie die physikalischen Größen sowie die unphysikalischen Hilfsgrößen nicht trennen kannst. Das kannst du nur in speziellen Eichungen.

Nein, ich habe es doch bereits getan.

Du hast es nicht explizit getan.

Du hast drei Komponenten A_i, jedoch nur zwei physikalische Polarisationen. Du kannst jedoch die A_i nicht so einfach in transversale plus unphysikalische Polarisationen zerlegen. In abelschen Eichtheorien funktioniert das, in nicht-abelschen wie QCD oder auch der Quantengravitation nicht.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber ich rede doch die ganze Zeit davon, daß die Objekte, die meiner Ansicht nach die Realität beschreiben unabhängig von der Eichung sind. Jetzt schlägst du vor, verschiedene Eichungen durchzuexerzieren. Ich habe beim besten Willen keine Ahnung, wozu das gut sein soll. So kommen wir nicht weiter.

Ja, man muss das durchexerzieren, um zu sehen ob das geht oder nicht. Es geht i.A. nicht. [A] ist zunächst eine rein symbolische Notation ohne konkrete Konstruktion.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Vielleicht habe ich auch ein Wissensdefizit. Aber das finden wir nicht heraus, wenn du mir nicht nicht klar machst, warum ich nicht von einer Transformation



eines masselosen Spin-1-Feldoperators auf einem physikalischen Hilbertraum reden darf. Wenn das nicht ginge, dann wäre die Elektrodynamik einfach nicht quantisierbar, egal in welcher Eichung.

Auf einem physikalischen Hilbertraum ist die Eichtransformation einfach die Eins! Es gibt davon aber nicht einen, sondern unendlich viele, einen je möglicher Eichfixierung.

Auf dem kinematischen Hilbertraum hast du so etwas wie die quantenmechanische Verallgemeinerung eines Faserbündels mit einem Orbit der Eichgruppe. Du kannst unitäre Operatoren auf diesem kinematischen Hilbertraum definieren, die Abbildungen zwischen den verschiedenen physikalischen Hilberträumen = zwischen den physikalischen Hilbertäumen implementieren.

Damit bin ich glücklich, das passt und verstehe ich alles, das kann ich explizit konstruieren - jedoch nicht für den allgemeinen Fall, der nicht aus der Eichung A°=0 hervorgeht. Das ist mein Problem.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dieses [gaußsche] Gesetz folgt aus den Feldgleichungen (bzw. ist eine Feldgleichung) und hat nichts mit der gewählten Eichung zu tun. Es muß immer erfüllt sein. Die Existenz derartiger Constraints ist die Kehrseite der Symmetrie der Lagrange-Funktion unter Eichtransformationen in der Hamiltonschen Formulierung.

Alles bekannt und richtig. Und das gaußsche Gesetz ist zugleich der Generator von Eichtransformationen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du scheinst aber zu bestreiten, daß ich in der QFT überhaupt von einer Eichsymmetrie der Lagrange-Funktion reden darf. Ansonsten wäre ich sofort bei meiner Äquivalenzklasse.

Die Eichsymmetrie der Lagrange-Funktion gilt in der klassischen Feldtheorie; hier habe ich natürlich diese Äquivalenzklassen. In der Quantenfeldtheorie nach Quantisierung mit A°=0 werden aus den klassischen Eichtransformationen unitäre Operatoren. Das alles ist unstrittig.


Wir stimmen m.E. in lediglich einem Punkt nicht überein:

Du sprichst allgemein von einem Faserbündel im Rahmen der QFT.

Ich stimme dir zu, wenn wir zuvor A°=0 fixieren und damit ein Faserbündel der verbleibenden Eichsymmetrie mittels Transformationen definieren, die A°=0 respektieren. Für diesen Fall ist mir das seit Jahrzehnten klar, man kann das alles explizit konstruieren. Ich kann dir nicht allgemein zustimmen weil ich die entsprechende explizite Konstruktion einer mathematischen Struktur für eine andere Eichung - also nicht A°=0 - noch nie gesehen habe.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sollten wir vielleicht diesen Punkt erst mal klären?

Ja.

Ich schicke dir mal einen Link auf zwei Artikel zu. Außerdem schaue ich mir BRST weiter an.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 29. Jun 2019 18:15    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Das ist der Hilbertraum nach Implementierung des Gaußschen Gesetzes



jedoch vor dem Fixierung der residual gauge symmetry



Letztere kann man mittels weiterer unitärer Transformationen „fixieren“.


Was willst du denn damit sagen? Ich meine trotzdem genau den Hilbertraum, auf dem das Gaußsche Gesetz "implementiert" ist. Welchen denn sonst? Einen anderen würde ich nicht als "physikalisch" bezeichnen.

Ich behaupte außerdem, daß der "physikalische Hilbertraum" der QCD ein eindeutig bestimmtes Objekt*) sein muß. Ansonsten wäre die Theorie nicht definiert und wir brauchen uns nicht weiter zu fragen, was sie über die Realität aussagt. Es scheint, als ob du letzteres irgendwie anders siehst.
______
*) bis auf Isomorphie etc.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
Weil du i.A. in einer nicht-abelschen Theorie die physikalischen Größen sowie die unphysikalischen Hilfsgrößen nicht trennen kannst. Das kannst du nur in speziellen Eichungen.

Nein, ich habe es doch bereits getan.

Du hast es nicht explizit getan.

Du hast drei Komponenten A_i, jedoch nur zwei physikalische Polarisationen. Du kannst jedoch die A_i nicht so einfach in transversale plus unphysikalische Polarisationen zerlegen. In abelschen Eichtheorien funktioniert das, in nicht-abelschen wie QCD oder auch der Quantengravitation nicht.


Freie masselose Felder, also "Wellen", haben nur zwei unabhängige physikalische Polarisationen. Deswegen kann ich noch lange nicht verlangen, daß in meiner Theorie nur zwei Feldkomponenten stehen bleiben. Bei Anwesenheit von Ladung gilt im allgemeinen . Es gibt also longitudinale Komponenten. Insofern ist diese Rechnung ohnehin irgendwie seltsam.

Trotzdem hast du natürlich recht, daß der physikalische Zustand durch die Feldkomponenten überbestimmt ist. Deswegen bezeichne ich ja alle Feldkonfigurationen als äquivalent, wenn sie denselben physikalischen Zustand beschreiben. Und das sind für mich alle, die im selben Eichorbit liegen. Nur die Eichfreiheit ist ja der Grund für diese Überbestimmtheit. Aber das willst du mir ja nicht erlauben.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber ich rede doch die ganze Zeit davon, daß die Objekte, die meiner Ansicht nach die Realität beschreiben unabhängig von der Eichung sind. Jetzt schlägst du vor, verschiedene Eichungen durchzuexerzieren. Ich habe beim besten Willen keine Ahnung, wozu das gut sein soll. So kommen wir nicht weiter.

Ja, man muss das durchexerzieren, um zu sehen ob das geht oder nicht. Es geht i.A. nicht. [A] ist zunächst eine rein symbolische Notation ohne konkrete Konstruktion.


Meine Konstruktion war deutlich expliziter als deine Kritik daran. Meine Voraussetzungen waren: Ein Tupel, bzw. eine "Matrix" masseloser Spin-1-Feldoperatoren, auf deren Raum eine adjungierte Darstellung der globalen SU(3) oder irgendeiner anderen in Frage kommende Lie-Gruppe existiert, d.h. ist definiert. Die Konstruktion lautet nun:

1) Die Matrix ist in .
2) Für jede Matrix aus ist auch



in , wobei eine Funktion von der Raumzeit in die Gruppe ist.

Ich habe mal eine andere Notation gewählt, damit du nicht irgendwo zwischen den Zeilen eine unitäre Hilbertraumtransformation vermutest. Dies soll alles nach der Quantisierung gelten, also für die ursprüngliche Matrix gilt meinetwegen etc. Es gilt nur nicht für alle Elemente aus [A]. Was ist daran problematisch?

Wenn das nicht möglich wäre, gäbe es m.E. keine lorentz-invariante Theorie masseloser Spin-1-Felder. Denn die freien Felder A müssen in jedem Inertialsystem der Strahlungseichungsbedingung und unterliegen. Sie können also keine Lorentz-Vektoren sein. Eine lorentzinvariante Theorie bekomme ich nur, wenn ich ermögliche Lorentztransformationen mit Eichtransformationen auf den Feldern zu verbinden, so daß

.

(Hier ist nun U eine unitäre Darstellung der Lorentztransformation auf dem Hilbertraum.) Auf diesen Punkt bist du bis jetzt noch gar nicht eingegangen.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Vielleicht habe ich auch ein Wissensdefizit. Aber das finden wir nicht heraus, wenn du mir nicht nicht klar machst, warum ich nicht von einer Transformation



eines masselosen Spin-1-Feldoperators auf einem physikalischen Hilbertraum reden darf. Wenn das nicht ginge, dann wäre die Elektrodynamik einfach nicht quantisierbar, egal in welcher Eichung.

Auf einem physikalischen Hilbertraum ist die Eichtransformation einfach die Eins!


Ich sprach nicht von einer Transformation des Hilbertraums, sondern von einer Transformation eines Feldoperators auf dem Hilbertraum. Alle Eichtransformationen der Feldoperatoren können von mir aus trivial auf dem Hilbertraum dargestellt sein. Ich verstehe nicht, was dagegen spricht.

Zitat:

Es gibt davon aber nicht einen, sondern unendlich viele, einen je möglicher Eichfixierung.


Verschiedene "physikalische" Hilberträume für verschieden Eichfixierungen? Das klingt bizarr, oder zumindest nicht nach meiner Auffassung von "physikalisch". Wie kommst du darauf?

Zitat:

Auf dem kinematischen Hilbertraum hast du so etwas wie die quantenmechanische Verallgemeinerung eines Faserbündels mit einem Orbit der Eichgruppe.


Hier liegt also anscheinend der Hund begraben. Ich spreche nicht davon, daß Eichtransformationen auf irgendeine nichttriviale Weise auf dem Hilbertraum wirken. Warum sollte das eine Voraussetzung sein? Sie kann dort völlig trivial bleiben.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dieses [gaußsche] Gesetz folgt aus den Feldgleichungen (bzw. ist eine Feldgleichung) und hat nichts mit der gewählten Eichung zu tun. Es muß immer erfüllt sein. Die Existenz derartiger Constraints ist die Kehrseite der Symmetrie der Lagrange-Funktion unter Eichtransformationen in der Hamiltonschen Formulierung.

Alles bekannt und richtig. Und das gaußsche Gesetz ist zugleich der Generator von Eichtransformationen.


Allerdings. Dies scheint aber deiner früheren Aussage zu widersprechen, daß verschiedene Eichfixierungen verschiedene Hilberträume ergeben. Denn zwei Eichfixierungen lassen sich durch eine Eichtransformation aufeinander abbilden. Und Eichtransformationen lassen den physikalischen Hilbertraum invariant. (Sogar elementweise, wie du oben behauptest, und was meines Wissens auch stimmt.)

Zitat:


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du scheinst aber zu bestreiten, daß ich in der QFT überhaupt von einer Eichsymmetrie der Lagrange-Funktion reden darf. Ansonsten wäre ich sofort bei meiner Äquivalenzklasse.

Die Eichsymmetrie der Lagrange-Funktion gilt in der klassischen Feldtheorie;


Das ist eine etwas enttäuschende Antwort. Ich hatte auf eine Klärung in bezug auf die Quantenfeldtheorie gehofft. Daß klassische Lagrangefunktionen eichinvariant sein können, weiß ich ja selbst. Und wenn ich alle klassischen Felder nach irgendeiner Methode quantisiert und wieder zur Lagrangefunktion zusammengesetzt habe, was ist diese Lagrangefunktion denn dann? Nicht mehr eichinvariant? Wieso nicht?

Zitat:

hier habe ich natürlich diese Äquivalenzklassen. In der Quantenfeldtheorie nach Quantisierung mit A°=0 werden aus den klassischen Eichtransformationen unitäre Operatoren. Das alles ist unstrittig.

Wir stimmen m.E. in lediglich einem Punkt nicht überein:


Ich denke wir stimmen über mindestens einen grundlegenden Aspekt bei der Quantisierung von Eichtheorien nicht überein, aber wir scheinen diesen Punkt langsam einzukreisen.

Allerdings denke ich immer noch, daß dies aus dem eigentlichen Thema ausgeschlossen werden kann und das die Quantenfeldtheorie in die Frage nach dem Verhältnis von Realität und Mathematik innerhalb physikalischer Theorien keine weiteren Aspekte einbringt, die nicht schon anhand klassischer Theorie erörtert werden könnten. Daß du dies anders siehst, läßt mich vermuten, daß du meinen allgemeinen Behauptungen über dieses Verhältnis nicht zustimmst. Du hast sie allerdings meines Wissens nie kritisiert, sondern ihnen tendenziell eher zugestimmt. Deswegen hängen wir gerade in einer sehr technischen Diskussion fest, von der ich absolut nicht verstanden habe, warum sie dir relevant vorkommt.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sollten wir vielleicht diesen Punkt erst mal klären?

Ja.

Ich schicke dir mal einen Link auf zwei Artikel zu. Außerdem schaue ich mir BRST weiter an.


Hast du den Link geschickt? Wohin?
Deep Purple



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Beitrag Deep Purple Verfasst am: 02. Jul 2019 12:24    Titel: Antworten mit Zitat

@ TomS, index_razor, Frankx

Das war jetzt eine Diskussion auf hohem Niveau. Mein Respekt!

Dennoch kommt es mir so vor, als suchtet ihr in einem unentwirrbaren Geflecht von Definitionen, Substitutionen, Ableitungen und Voraussetzungen nach der Wirklichkeit. Aber was nützt uns das, wenn wir wissen, dass Eichfelder möglicherweise Elemente der Realität abbilden, wenn wir nicht mal wissen, was genau Newtons Kraft ist, ja wenn noch nicht mal eindeutig klar ist, was unter Realität zu verstehen ist?

Soweit ich sehe, haben wir hier (bei vier Teilnehmern) vier Versionen von „Realität“. Genau das führt (auch in der Literatur) zum mittlerweile inflationären Begriff diverser „Ontologien“. Wenn jeder seine private Ontologie hat, sind wir kein Stück weiter. Es gibt nur eine Wirklichkeit.

Ich schlage vor, erstmal beim Einfachen zu beginnen, denn bereits in der Klassischen Physik gibt es mathematische Entitäten, die hinsichtlich objektiver Realität erklärungsbedürftig sind, z.B. Newtons Kraft-Begriff, der Phasenraum, Maxwells Feld-Begriff, Einsteins Relativitäten oder Minkowskis Raumzeit. Wenn wir diese Probleme erstmal gelöst haben, kann man die neuen Erkenntnisse auch auf die komplexen Verschachtelungen in den höheren Theorien anwenden und sich dann systematisch zum Hilbert- / Fockraum incl. deren Elemente hocharbeiten, was den Vorteil hat, dass man sich nicht im Detailhaften verbeißt (zumindest die Wahrscheinlichkeit erhöht).

Die Herausforderung ist doch, genau zu klären, was der Grund/Vorteil der Formalisierung ist, welche Verfahren angewendet werden und warum zunehmend die Anschaulichkeit der mathematischen Terme verblasst.
Ich denke, dass gerade die Stellen, an denen mathematische Terme anfangen unanschaulich zu werden am interessantesten sind und hier am meisten Aussicht auf Erfolg besteht, die Frage nach dem Verhältnis von Mathematik und Realität zu klären.

Und es wäre m.E. hilfreich, mal den einen oder anderen Autor zu konsultieren, um deren Ansichten zu diskutieren, wie z.B. Falkenburg, Kuhlmann oder Kanitscheider; dümmer wird man davon nicht.

Zum Schluss noch ein Wort von Hans Reichenbach (Physiker und Philosoph):

„...und fragt man ihn [den Physiker], ob es wirklich materielle Teilchen seien, so antwortet er, das sei eine heikle Frage, die er lieber nicht beantworten wolle. Das bedeutet, dass zu dieser Antwort mehr Philosophie gehört, als der Physiker bei seiner technischen Untersuchung braucht“.

Da bildet ihr drei die lobenswerte Ausnahme.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 06. Jul 2019 10:29    Titel: Antworten mit Zitat

Deep Purple hat Folgendes geschrieben:

Dennoch kommt es mir so vor, als suchtet ihr in einem unentwirrbaren Geflecht von Definitionen, Substitutionen, Ableitungen und Voraussetzungen nach der Wirklichkeit. Aber was nützt uns das, wenn wir wissen, dass Eichfelder möglicherweise Elemente der Realität abbilden, wenn wir nicht mal wissen, was genau Newtons Kraft ist, ja wenn noch nicht mal eindeutig klar ist, was unter Realität zu verstehen ist?

Soweit ich sehe, haben wir hier (bei vier Teilnehmern) vier Versionen von „Realität“. Genau das führt (auch in der Literatur) zum mittlerweile inflationären Begriff diverser „Ontologien“. Wenn jeder seine private Ontologie hat, sind wir kein Stück weiter. Es gibt nur eine Wirklichkeit.

Ich schlage vor, erstmal beim Einfachen zu beginnen, denn bereits in der Klassischen Physik gibt es mathematische Entitäten, die hinsichtlich objektiver Realität erklärungsbedürftig sind, z.B. Newtons Kraft-Begriff, der Phasenraum, Maxwells Feld-Begriff, Einsteins Relativitäten oder Minkowskis Raumzeit.


Es war ja auch mein Vorschlag sich auf die klassische Theorie zu konzentrieren. Wenn man hieraus keine einigermaßen klaren Vorstellung über die Realität ableiten kann, muß man das in der Quantenmechanik wohl gar nicht erst versuchen.

Die Kraft und das elektromagnetische Feld habe ich sogar als Beispiele weiter oben diskutiert. Theorien, die diese Begriffe verwenden, sind, wie alle physikalischen Theorien, formuliert worden, um unsere Vorstellungen über die eine Realität auszudrücken. Es bringt deswegen nichts, unabhängig von diesen Theorien zu definieren, was "Realität" bedeuten soll. Deswegen habe ich auch ganz explizit in diesen Theorien nach real existierenden Dingen gesucht und kann nicht erkennen, daß ich mich auf irgendwelche "unentwirrbaren Definitionen" etc. stützen würde. Ich sehe in diesem Vorhaben auch sonst keine fundamentalen Probleme, sondern höchstens Probleme technischer Art (welche Aussagen folgen aus welchen Annahmen). Ich stimme ebensowenig zu, daß wir nicht wüßten, was genau Newtons Kraft ist. Wir wissen das aus der Theorie der Dynamik so genau, wie dies überhaupt nur möglich ist. Dasselbe gilt für das elektromagnetische Feld oder jeden anderen abstrakten Begriff, den wir wissenschaftlich verwenden.

Zitat:

Wenn wir diese Probleme erstmal gelöst haben, kann man die neuen Erkenntnisse auch auf die komplexen Verschachtelungen in den höheren Theorien anwenden und sich dann systematisch zum Hilbert- / Fockraum incl. deren Elemente hocharbeiten, was den Vorteil hat, dass man sich nicht im Detailhaften verbeißt (zumindest die Wahrscheinlichkeit erhöht).


Das Vorgehen wäre ja durchaus sinnvoll. Aber bisher ist es dir m.E. nicht gelungen, verständlich zu formulieren, worin "diese Probleme" nun eigentlich genau bestehen sollen. Du hast nur einige theoretische Begriffe aus der klassischen Physik aufgezählt und diese als "erklärungsbedürftig" bezeichnet.

Zitat:

Die Herausforderung ist doch, genau zu klären, was der Grund/Vorteil der Formalisierung ist, welche Verfahren angewendet werden und warum zunehmend die Anschaulichkeit der mathematischen Terme verblasst.


Formalisierung hat nur den Zweck, die logischen Beziehungen zwischen Aussagen transparenter und die Korrektheit von Argumenten leichter prüfbar zu machen. Mit der Frage wie real unsere mathematischen Modelle sind, hat das m.E. nur wenig zu tun. (Außer, daß mathematische Sachverhalte normalerweise leicht zu formalisieren sind. Trotzdem kannst du sie genauso gut in natürlicher Sprache formulieren oder, wie es meistens der Fall ist, in einem Mischmasch aus beidem.) Ich denke die Anschaulichkeit physikalischer Theorien nimmt deshalb ab, weil wir einfache Aussagen über eine komplizierte Phänomenologie formulieren müssen (schon, aber nicht nur, aus praktischen Gründen). Dadurch werden die Dinge, über die etwas ausgesagt werden kann, abstrakter, also weniger anschaulich.

Zitat:

Ich denke, dass gerade die Stellen, an denen mathematische Terme anfangen unanschaulich zu werden am interessantesten sind und hier am meisten Aussicht auf Erfolg besteht, die Frage nach dem Verhältnis von Mathematik und Realität zu klären.


Das Problem daran wird sein, daß es keine objektive Grenze gibt, an der Anschaulichkeit aufhört. Ist ein 4dimensionaler Vektor weniger anschaulich als ein 3dimensionaler? Ich vermute, die meisten würden intuitiv erstmal sagen "ja". Wenn du dir aber die Mühe machst, zu definieren was "n-dimensional" bedeutet, wirst du schnell feststellen, daß die Anschaulichkeit wenig mit dem Wert von n zu tun hat. Entweder verstehst du das Konzept für alle n oder für gar keins.

Zitat:

Und es wäre m.E. hilfreich, mal den einen oder anderen Autor zu konsultieren, um deren Ansichten zu diskutieren, wie z.B. Falkenburg, Kuhlmann oder Kanitscheider; dümmer wird man davon nicht.


Ich schlage als Einstiegspunkt vor: Quine, "On What There Is".
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 06. Jul 2019 14:01    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Letztere kann man mittels weiterer unitärer Transformationen „fixieren“.


Was willst du denn damit sagen? Ich meine trotzdem genau den Hilbertraum, auf dem das Gaußsche Gesetz "implementiert" ist. Welchen denn sonst?

...

Ich behaupte außerdem, daß der "physikalische Hilbertraum" der QCD ein eindeutig bestimmtes Objekt*) sein muß.
______
*) bis auf Isomorphie etc.

Zitat:
Du hast drei Komponenten A_i, jedoch nur zwei physikalische Polarisationen. Du kannst jedoch die A_i nicht so einfach in transversale plus unphysikalische Polarisationen zerlegen. In abelschen Eichtheorien funktioniert das, in nicht-abelschen wie QCD oder auch der Quantengravitation nicht.


Freie masselose Felder, also "Wellen", haben nur zwei unabhängige physikalische Polarisationen. Deswegen kann ich noch lange nicht verlangen, daß in meiner Theorie nur zwei Feldkomponenten stehen bleiben.

Doch, letzteres kann man verlangen und in “physikalischen Eichungen” wie z.B. temporaler + nachfolgender axialer Eichung auch explizit erreichen, sogar in nicht-abelschen Feldtheorien.

Der physikalische Hilbrtraum ist dann der Unterraum des Kerns des Gaußschen Gesetz, auf dem zusätzlich die longitudinalen Polarisationen verschwinden.

Ich gebe dir aber recht, das ist letztlich der “bis auf Isomorphie eindeutige physikalische Hilbertraum”.


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Und das sind für mich alle, die im selben Eichorbit liegen. Nur die Eichfreiheit ist ja der Grund für diese Überbestimmtheit. Aber das willst du mir ja nicht erlauben.

Wie missverstehen uns noch immer.

Ich sagte oben, das ich das exakt so sehe wie du, jedoch nur dann wenn man das auch explizit konstruieren kann, nicht allgemein.

Ich kann das explizit konstruieren, jedoch nur mittels der temporalen Eichung plus verbleibender residual gauge symmetry - von dir als “bis auf Isomorphie eindeutiger physikalischer Hilbertraum” genannnt.

Ich kenne keine ähnliche eplizite Konstruktion, falls nicht zunächst die temporale Eichung gewählt wird; es verbleiben immer diverse Artefakte wie Geister. Das selbe gilt auch für die temporalen Eichung plus weitere Eichfixierung, die wiederum Geister produziert, z.B. die Coulombeichung.

D.h. wir stimmen im allgemeinen Ziel überein, wir stimmen auch für spezielle Eichungen überein, wir haben jedoch dahingehend Dissens, dass du meinst, damit wäre das allgemein befriedigend gelöst.

Alles weitere sollten wir aufschieben, bis ich dir die mir vorschwebende explizite Konstruktion präsentiere; das bin ich dir noch schuldig.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 06. Jul 2019 14:19    Titel: Antworten mit Zitat

Deep Purple hat Folgendes geschrieben:
... kommt es mir so vor, als suchtet ihr in einem unentwirrbaren Geflecht von Definitionen, Substitutionen, Ableitungen und Voraussetzungen nach der Wirklichkeit. Aber was nützt uns das, wenn wir wissen, dass Eichfelder möglicherweise Elemente der Realität abbilden, wenn wir nicht mal wissen, was genau Newtons Kraft ist, ja wenn noch nicht mal eindeutig klar ist, was unter Realität zu verstehen ist?

Vorsicht.

index_razor und ich kommen nicht von der Realität sondern vom mathematischen Formalismus her.

Wir behaupten nicht, zu wissen, was Realität ist, sondern wir behaupten lediglich, dass der mathematische Formalismus gewisse Aspekte dieser Realität beschreibt, insbs. auch jenseits bzw. unabhängig von Beobachtungen.

Dabei stößt man jedoch auf das Problem, dass es formal sehr unterschiedliche jedoch bzgl. der Observablen äquivalente Formalismen existieren, so dass man aus dem Formalismus selbst nur sehr schlecht auf diese Aspekte der Realität schließen kann.

Ich versuche, das anhand der Eichsymmetrie darzustellen.

1) Gegeben sind vier Komponenten von A, von denen zwei eliminiert werden können, eine explizit und einfach, eine weitere evtl. nur implizit. Es verbleiben zwei physikalische Polarisationen von A, wir mit der Realität in Verbindung bringen können.

2) Gegeben sind vier Komponenten von A, sowie ein weiteres künstliches Feld c mit zwei Komponenten, so dass sich bestimmte Terme in den Berechnungen gegenseitig wegheben.

(1) und (2) stimmen bzgl. diverser Observablen exakt überein. Gemäß (1) existieren zwei physikalische Polarisationen, gemäß (2) jedoch vier Komponenten von A plus zwei weitere in c.

Was also existiert?


Deep Purple hat Folgendes geschrieben:
... Es gibt nur eine Wirklichkeit.

Das sagst du so einfach.

Einige physikalische Formalismus deuten darauf hin, dass die eine, umfassende Wirklichkeit tatsächlich weder beschreibbar noch beobachtbar ist.

Gemäß Everett ist die hypothetisch angenommene eine Wirklichkeit der “vielen Welten” nicht als solche beobachtbar, immer nur “ausschnittweise”. Und gemäß Witten ist die hypothetisch angenommene eine Wirklichkeit in einem expandierenden Universum als solche prinzipiell nicht quantenmechanisch formulierbar, immer nur innerhalb eines kosmischen Horizontes.

Deep Purple hat Folgendes geschrieben:
Und es wäre m.E. hilfreich, mal den einen oder anderen Autor zu konsultieren, um deren Ansichten zu diskutieren, wie z.B. Falkenburg, Kuhlmann oder Kanitscheider; dümmer wird man davon nicht.

Ich hatte schon mal auf

https://www.suhrkamp.de/buecher/philosophie_der_physik-michael_esfeld_29633.html
Philosophie der Physik
Herausgegeben von Michael Esfeld
Inhalt
Seit ihren Anfängen bei den Vorsokratikern sind Philosophie und Physik eng miteinander verbunden. Kappt man diese Verbindung, gibt man die Kernaufgabe der Physik – zu Wissen über die Natur zu gelangen – ebenso auf wie die der Philosophie, die grundlegenden Charakteristika der Welt zu erforschen. Dieser Band soll die Vielfalt und Lebendigkeit der philosophischen Auseinandersetzung mit der Physik im deutschsprachigen Raum heute aufzeigen. Er setzt den Schwerpunkt auf die Interpretation der fundamentalen physikalischen Theorien, also die Quantentheorie und die allgemeine Relativitätstheorie, einschließlich der Quantengravitation und der Quantenfeldtheorie.

verwiesen, das einige lesenswerte Beiträge enthält. Der von Falkenberg ist leider das glatte Gegenteil davon.

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index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 06. Jul 2019 15:30    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Freie masselose Felder, also "Wellen", haben nur zwei unabhängige physikalische Polarisationen. Deswegen kann ich noch lange nicht verlangen, daß in meiner Theorie nur zwei Feldkomponenten stehen bleiben.

Doch, letzteres kann man verlangen und in “physikalischen Eichungen” wie z.B. temporaler + nachfolgender axialer Eichung auch explizit erreichen, sogar in nicht-abelschen Feldtheorien.


Nur für freie Felder. Mit temporaler + axialer Eichung kann man nicht mal ein radialsymmetrisches E-Feld beschreiben. (Existiert nur mit Ladungen)

Zitat:

Der physikalische Hilbrtraum ist dann der Unterraum des Kerns des Gaußschen Gesetz, auf dem zusätzlich die longitudinalen Polarisationen verschwinden.


Ja, die longitudinalen Polarisationen von Photonen verschwinden. Das sind die Quanten freier elektromagnetischer Felder. (Daran zu erkennen, daß gilt. Das ist in Strahlungseichung äquivalent zu den Maxwellgleichungen im Vakuum.) Und diese freien Felder haben auch nur zwei unabhängige Komponenten.

Im allgemeinen besagt das Gaußsche Gesetz aber nicht, daß nur zwei unabhängige Feldkomponenten existieren. Wechselwirkende Felder haben ganz andere Eigenschaften und besitzen insbesondere nicht dieselben möglichen Eichungen.

Die lediglich zwei möglichen Polarisationszustände von Photonen sind übrigens genau der Grund, warum die aus ihren Erzeugern und Vernichtern zusammengebauten freien Felder keine Lorentzvektoren sein können, sondern eine Eichfreiheit besitzen müssen.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 06. Jul 2019 15:46    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Doch, letzteres kann man verlangen und in “physikalischen Eichungen” wie z.B. temporaler + nachfolgender axialer Eichung auch explizit erreichen, sogar in nicht-abelschen Feldtheorien.


Nur für freie Felder. Mit temporaler + axialer Eichung kann man nicht mal ein radialsymmetrisches E-Feld beschreiben.

...

Im allgemeinen besagt das Gaußsche Gesetz aber nicht, daß nur zwei unabhängige Feldkomponenten existieren. Wechselwirkende Felder haben ganz andere Eigenschaften und besitzen insbesondere nicht dieselben möglichen Eichungen.

Ah, da liegt der Hase im Pfeffer.

Doch, das geht, aber nicht für beliebige Eichungen (Gribov) und nicht nach standard textbook. Es ist ja genau der Witz “physikalischer Eichungen”, dass unphysikalische Freiheitsgrade explizit vollständig eliminiert werden, d.h. nur noch zwei transversale Polarisationen verbleiben. Nach temporaler Eichung jedoch vor Fixierung der residual gauge symmetry sind es noch drei Polarisationen, verbunden mit der Symmetrie unter zeitunabhängigen Eichtransformationen, die die temporale Eichung respektieren.


https://doi.org/10.1006/aphy.1994.1059
Quantum Mechanics of Gauge Fixing
Lenz, Naus, Ohta, Thies
Annals of Physics
Volume 233, Issue 1, July 1994, Pages 17-50
Abstract
In the framework of the canonical Weyl gauge formulation of QED, the quantum mechanics of gauge fixing is discussed. Redundant quantum mechanical variables are eliminated by means of unitary transformations and Gauss′s law. This results in representations of the Weyl-gauge Hamiltonian which contain only unconstrained variables. As a remnant of the original local gauge invariance global residual symmetries may persist. In order to identify these and to handle infrared problems and related "Gribov ambiguities," it is essential to compactify the configuration space. Coulomb, axial, and light-cone representation of QED are derived. The naive light-cone approach is put into perspective. Finally, the Abelian Higgs model is studied; the unitary gauge representation of this model is derived and implications concerning the symmetry of the Higgs phase are discussed.


https://doi.org/10.1006/aphy.1994.1060
Zero Modes and Displacement Symmetry in Electrodynamics
Lenz, Naus, Ohta, Thies
Annals of Physics
Volume 233, Issue 1, July 1994, Pages 51-81
Abstract
The global residual gauge symmetry of electrodynamics, the displacement symmetry, is discussed within the Weyl-gauge formulation and used to characterize different phases of the Maxwell field coupled to matter. Unlike other global symmetries, the displacement symmetry, in the absence of interactions or in the weak coupling regime, is realized in the Nambu-Goldstone mode. The displacement symmetry will be shown to be realized in the Wigner-Weyl mode in the plasma and superconducting states; this discussion develops a novel perspective of the plasma oscillations. Other examples are the states of the Schwinger model and the non-perturbative phase of the Abelian Higgs model. The Higgs mechanism is interpreted as formation of a phase with a high degree of symmetry. Finite photon mass and shielding of external fields will be recognized as the characteristic properties of these symmetric phases.



https://doi.org/10.1006/aphy.1994.1071
QCD in the Axial Gauge Representation
Lenz, Naus, Thies
Annals of Physics
Volume 233, Issue 2, 1 August 1994, Pages 317-373
Abstract
Within the canonical Weyl gauge formulation, the axial gauge representation of QCD on a torus is derived. The resolution of the Gauss law constraint is achieved by applying unitary gauge fixing transformations. The result of this formal development is a Hamiltonian explicitly formulated in terms of unconstrained degrees of freedom. Novel features of this Hamiltonian are the non-perturbative dynamics of two-dimensional degrees of freedom appearing in the gauge-fixing procedure, such as Jacobian and centrifugal barrier. These two-dimensional fields appear to be essential for the infrared properties of the theory. The global residual gauge symmetries of QCD are established in this representation. It is shown that SU(N) gauge theories may exhibit at most N-1 massless vector (gauge) bosons. The implications for the phase structure of non-abelian gauge theories (QCD, Georgi-Glashow model) are discussed.

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index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 06. Jul 2019 16:49    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Doch, letzteres kann man verlangen und in “physikalischen Eichungen” wie z.B. temporaler + nachfolgender axialer Eichung auch explizit erreichen, sogar in nicht-abelschen Feldtheorien.


Nur für freie Felder. Mit temporaler + axialer Eichung kann man nicht mal ein radialsymmetrisches E-Feld beschreiben.

...

Im allgemeinen besagt das Gaußsche Gesetz aber nicht, daß nur zwei unabhängige Feldkomponenten existieren. Wechselwirkende Felder haben ganz andere Eigenschaften und besitzen insbesondere nicht dieselben möglichen Eichungen.

Ah, da liegt der Hase im Pfeffer.

Doch, das geht, aber nicht für beliebige Eichungen (Gribov) und nicht nach standard textbook. Es ist ja genau der Witz “physikalischer Eichungen”, dass unphysikalische Freiheitsgrade explizit vollständig eliminiert werden, d.h. nur noch zwei transversale Polarisationen verbleiben.


Das ist klar. Deswegen sind aber nicht nur zwei Feldkomponenten physikalisch. Denn du kannst nicht alle physikalischen Situationen, in denen EM-Felder vorkommen mit Hilfe von Photonen beschreiben, sondern -- ich widerhole mich -- nur freie EM-Felder.

Du kannst natürlich, wenn die Theorie dies gestattet, ins Diracbild wechseln. Dann hast du es zwar nur mit freien Feldern zu tun. Aber die Gleichungen



gelten dann trotzdem nicht für alle physikalischen Zustände, sondern nur das schwächere Gaußsche Gesetz. Dies erlaubt aber mehr als zwei unabhängige Feldkomponenten und es gibt physikalische Lösungen, die mehr als zwei unabhängige Komponenten besitzen. Darauf bist du bis jetzt nie wirklich eingegangen. (Stattdessen scheinst du felsenfest zu glauben, daß die Anzahl unabhängiger Polarisationszustände und die Anzahl unabhängiger Feldkomponenten nicht nur im Vakuum absolut identisch sein müssen, egal wieviele Gegenbeispiele ich mir ausdenke.)
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 06. Jul 2019 17:34    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Doch, letzteres kann man verlangen und in “physikalischen Eichungen” wie z.B. temporaler + nachfolgender axialer Eichung auch explizit erreichen, sogar in nicht-abelschen Feldtheorien.


Nur für freie Felder. Mit temporaler + axialer Eichung kann man nicht mal ein radialsymmetrisches E-Feld beschreiben.

...

Im allgemeinen besagt das Gaußsche Gesetz aber nicht, daß nur zwei unabhängige Feldkomponenten existieren. Wechselwirkende Felder haben ganz andere Eigenschaften und besitzen insbesondere nicht dieselben möglichen Eichungen.

Ah, da liegt der Hase im Pfeffer.

Doch, das geht, aber nicht für beliebige Eichungen (Gribov) und nicht nach standard textbook. Es ist ja genau der Witz “physikalischer Eichungen”, dass unphysikalische Freiheitsgrade explizit vollständig eliminiert werden, d.h. nur noch zwei transversale Polarisationen verbleiben.


Das ist klar. Deswegen sind aber nicht nur zwei Feldkomponenten physikalisch. Denn du kannst nicht alle physikalischen Situationen, in denen EM-Felder vorkommen mit Hilfe von Photonen beschreiben, sondern -- ich widerhole mich -- nur freie EM-Felder.

Sorry, das ist falsch. Lies bitte die Artikel.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dies erlaubt aber mehr als zwei unabhängige Feldkomponenten und es gibt physikalische Lösungen, die mehr als zwei unabhängige Komponenten besitzen.

Im oben verlinkten Artikel wird der Kern des Gaußschen Gesetzes in zwei orthogonal Unterräume zerlegt, wobei auf dem verbleibenden physikalischen Unterraum ein physikalischer Hamiltonian existiert, der nur von zwei Polarisationen abhängt. Alle weiteren Felder sind unphysikalisch.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Stattdessen scheinst du felsenfest zu glauben, daß die Anzahl unabhängiger Polarisationszustände und die Anzahl unabhängiger Feldkomponenten nicht nur im Vakuum absolut identisch sein müssen, egal wieviele Gegenbeispiele ich mir ausdenke.

Weil ich erstens die o.g. explizite Konstruktion kenne, die das zeigt, und weil du kein explizites Gegenbeispiel genannt hast.

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index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 06. Jul 2019 19:01    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Das ist klar. Deswegen sind aber nicht nur zwei Feldkomponenten physikalisch. Denn du kannst nicht alle physikalischen Situationen, in denen EM-Felder vorkommen mit Hilfe von Photonen beschreiben, sondern -- ich widerhole mich -- nur freie EM-Felder.

Sorry, das ist falsch. Lies bitte die Artikel.


Kann ich nicht. Paywall. Wenn du Interesse hättest, könnten wir das aber auch viel einfacher klären. Bestreitest du, daß für das aus Photonenerzeugern und -vernichtern mit zwei Polarisationszuständen erzeugte Feld



die Gleichungen



und


gelten, und daß diese zusammen implizieren, daß



m.a.W., daß es sich um freie Felder handelt? Wenn ja, welcher Schritt genau gilt nicht?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dies erlaubt aber mehr als zwei unabhängige Feldkomponenten und es gibt physikalische Lösungen, die mehr als zwei unabhängige Komponenten besitzen.

Im oben verlinkten Artikel wird der Kern des Gaußschen Gesetzes in zwei orthogonal Unterräume zerlegt, wobei auf dem verbleibenden physikalischen Unterraum ein physikalischer Hamiltonian existiert, der nur von zwei Polarisationen abhängt. Alle weiteren Felder sind unphysikalisch.


Wie sieht der Hamiltonian denn aus? Selbst in der QED hängt nach Eliminierung aller second class constraints der Hamiltonian noch von mehr als zwei unabhängigen Feldern ab. (d.h. von Feldern, die man nicht komplett wegeichen kann.)

(EDIT: Ich habe übrigens vergessen, warum es für dich relevant ist, ob es nur genau zwei physikalische Felder gibt. Wenn es nur darum geht, was real existiert, dann nehmen wir eben die Untermannigfaltigkeit des Phasenraums, die nur physikalische Felder/Freiheitsgrade enthält. Ist doch egal wie viele das sind.)

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Stattdessen scheinst du felsenfest zu glauben, daß die Anzahl unabhängiger Polarisationszustände und die Anzahl unabhängiger Feldkomponenten nicht nur im Vakuum absolut identisch sein müssen, egal wieviele Gegenbeispiele ich mir ausdenke.

Weil ich erstens die o.g. explizite Konstruktion kenne, die das zeigt, und weil du kein explizites Gegenbeispiel genannt hast.


Doch, sogar mindestens zwei. 1) Ein radialsymmetrisches Feld ist ein Gegenbeispiel für die Eichbedingung . 2) jede Anwesenheit von Ladung ist ein Gegenbeispiel zur Strahlungseichungsbedingung . (Wohlgemerkt in beiden Fällen je nur für die simultane Gültigkeit beider Bedingungen.) Nichtverschwindende Ladung ist auch ein Gegenbeispiel zur Behauptung, Eichfelder dürften keine longitudinalen Komponenten besitzen. Betrachtest du irgendeine von diesen Lösungen als "unphysikalisch"?
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 11. Jul 2019 07:42    Titel: Antworten mit Zitat

Wie versprochen hier ein kurze Zusammenfassung zur Eichfixierung in der QCD.

Die erste Eichfixierung = temporale Eichung erfolgt klassisch; man eliminiert A°, behält jedoch das Gaußsche Gesetz als Constraint. Die zweite „Eichfixierung“ erfolgt quantenmechanisch mittels unitärer Transformationen, wodurch Hilbertraum und Feldoperatoren sozusagen orthogonal zerlegt werden. Dies erlaubt es letztlich, den Hilbertraum nochmals so zu reduzieren, dass ausschließlich transversale Polarisationen von A° verbleiben. Diese Art der Eichfixierung ist nicht allgemein möglich, insbs. scheitert sie z.B. für die Coulombeichung aufgrund der Gribov-Mehrdeutigen.


Ich erkläre das Prinzip zunächst anhand eines einfachen quantenmechanischen Beispiels.

Hamiltonian eines Zweiteilchensystems:





Constraint - hier im Gegensatz zur Eichtheorie künstlich eingeführt:





Translationssymmetrie - entspräche der Eichsymmetrie:







Eichfixierung durch unitäre Transformation und orthogonale Zerlegung:













Zur Interpretation:

Der Hamiltonian wurde auf Relativkoordinaten transformiert.

Der Constraint entspricht der Forderung, dass der Gesamtimpuls verschwindet; dieser Constraint wird im vorliegenden Fall lediglich zu Demonstrationszwecken eingeführt, im Falle einer Eichtheorie folgt ein analoger Constraint = das Gaußsche Gesetz als Euler-Lagrange-Gleichung; im vorliegenden Falle könnte man ihn mittels eines Lagrangemultiplikators einführen; dieser entspräche gerade der A°-Komponente des Eichfeldes.

Diese Translationssymmetrie entspräche der residual gauge symmetry. Nach temporaler Eichung, d.h. mit zeitunabhängiger Eichfunktion, so dass die temporale Eichung A° = 0 respektiert wird.

Der unitäre Operator für die Translationssymmetrie wird zur Eins auf dem Raum der physikalischen Zustände, d.h. auf dem Kern des Constraints. D.h. umgekehrt, diese unitäre Transformation - das entspräche der residual gauge symmetry - wirkt nicht-trivial nur auf nicht-physikalischen Zuständen.

Der physikalische Unterraum sowie der physikalische Hamiltonian lauten demnach





mit



Wir haben also den Hilbertraum, den Hamiltonian sowie die Freiheitsgrade orthogonal zerlegt:








Auszüge zur QCD:

Der Constraint entspräche dem Gaußschen Gesetz nach temporaler Eichung A° = 0.

Die Zerlegung der Freiheitsgrade erfolgt für eine speziell gewählte Eichung; letztere ist aufgrund von Gribov-Mehrdeutigkeiten problematisch, d.h. die explizite Konstruktion ist zumeist nicht bzw. nicht vollständig möglich (z.B. für Lorenz- oder Coulomb-Eichung). In der axialen Eichung bzgl. eines Richtungsvektors n lautet die orthogonale Zerlegung für die räumlichen Komponenten der Eichfelder A sowie die chromo-elektrischen Felder E, die den kanonisch konjugierten Impulsen zu A entsprechen:





Letztere entsprechen den unphysikalischen Freiheitsgraden und werden ausschließlich im unphysikalischen Hamiltonian auftreten.

Die Eichsymmetrie - entsprechend der Translationssymmetrie - ist mit dem Gaußschen Gesetz verwandt (je nach Topologie und Randbedingungen existieren Subtilitäten bei der Konstruktion der Greenschen Funktionen)

Die Herausforderung ist die explizite Konstruktion des Operators Omega sowie die explizite Zerlegung von Hilbertraum und Hamiltonian. Ich präsentiere hier lediglich das Endergebnis für einen Term, nämlich die chromo-elektrisch Coulomb-Wechselwirkung; daran erkennt man alles wesentliche.

Man verwendet den Fadeev-Popov-Operator M[A] der jeweiligen Eichung (ggf. Gribov-Singlaritäten), den Integralkern



der Coulomb-Wechselwirkung bzw. der verallgemeinerten Poisson-Gleichung für nicht-abelsche Eichfelder sowie die Ladungsdichte rho



Die Coulomb-Wechselwirkung folgt mittels



Hier und in allen weiteren Termen des physikalischen Hilbertraumes treten ausschließlich die transversalen = physikalischen Eichpotentiale sowie chromo-elektrischen Felder auf, d.h. die Eichungfixierung ist maximal.

Man erhält eine orthogonale Zerlegung von Hilbertraum, Freiheitsgraden = Feldoperatoren sowie Hamiltonian und weiteren Observablen - völlig analog zum quantenmechanischen Beispiel oben.

Diese Aussage ist nur eingeschränkt auf beliebige Eichungen nach A° = 0 übertragbar, da die Eichfixierung i.A. nicht explizit konstruierbar bzw. nicht vollständig umsetzbar ist.

Die unitären Transformationen sind sozusagen das quantenmechanische Analogon zur „Äquivalenzklasse der Felder modulo Eichtransformationen, die A° = 0 respektieren“ - also einer Untergruppe der ursprünglichen vollständigen SU(N) Eichsymmetrie.

Was bedeutet dies für unsere Diskussion?

In diesem Sinne existieren ausschließlich transversale Gluonen. Es ist möglich, nicht-transversale Felder vollständig zu eliminieren. Allerdings ist diese Aussage nicht auf andere Eichungen übertragbar, d.h. während die physikalischen Vorhersagen von Messergebnissen sicher invariant bzgl. der unitären Transformationen sind, sind der physikalische Hamiltonoperator und damit derartige Existenzaussagen diesbzgl. nicht forminvariant.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 14. Jul 2019 12:01    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Was bedeutet dies für unsere Diskussion?

In diesem Sinne existieren ausschließlich transversale Gluonen. Es ist möglich, nicht-transversale Felder vollständig zu eliminieren. Allerdings ist diese Aussage nicht auf andere Eichungen übertragbar, d.h. während die physikalischen Vorhersagen von Messergebnissen sicher invariant bzgl. der unitären Transformationen sind, sind der physikalische Hamiltonoperator und damit derartige Existenzaussagen diesbzgl. nicht forminvariant.


Du verwendest das Wort "transversal" offenbar anders als ich und nicht in derselben geometrischen Bedeutung wie in dem Satz "Elektromagnetische Wellen sind transversal".

Was du damit meinst, scheint jedenfalls einfach eine Menge von Freiheitsgraden zu sein, deren Zeitentwicklung eindeutig durch die Feldgleichungen bestimmt ist. Und die Prozedur, die du beschreibst, ist die Auszeichnung einer solchen Menge mittels Eichfixierung.

Du scheinst aber zu glauben, daß die Anzahl dieser Freiheitsgrade irgendwie von der gewählten Eichfixierung abhängt. Das ist nicht so, und hat auch nichts mit Gribov-Mehrdeutigkeiten zu tun. Diese sind eine Eigenschaft der gewählten Eichfixierung, die aber ohnehin eine eher konventionelle oder pragmatische Angelegenheit ist, ohne physikalische Konsequenzen. Die Anzahl der unabhängigen Freiheitsgrade hängt nur von den Eigenschaften der unabhängigen Nebenbedingungen der Theorie ab. Dies sind in diesem Fall also die Gleichungen

und

deren zweite das Gaußsche Gesetz ist. Dies sind zwei unabhängige first-class Constraints pro Generator, die von den zugehörigen 4 Freiheitsgraden je 2 eliminieren; bleiben also zwei unabhängige Freiheitsgrade übrig. Dies hat nichts mit der Eichfixierung zu tun. Die Theorie ist also in der Hinsicht vollkommen eindeutig. Und selbst nach deiner Interpretation ihrer Ontologie dürften diesbezüglich keine Schwierigkeiten bestehen.

Bedeuten zwei Freiheitsgrade aber nun, daß nur zwei Felder plus ihre konjugierten Impulse existieren? Nein, es bedeutet zunächst mal nur, daß die anderen Felder keine von diesen Freiheitsgraden unabhängige Zeitentwicklung haben (entweder auf Grund der Eichfixierung oder auf Grund der Feldgleichungen). Das ist klar für die kanonische Impulse, denn das Gaußche Gesetz beschreibt einen Zusammenhang zwischen drei SU(3)-Vektoren, der keine Zeitableitung enthält. Eine der Komponenten ist also zu jeder Zeit durch die anderen beiden und die Farbladung zur selben Zeit bestimmt. (Da es eine nicht-abelsche Eichtheorie ist, kommen die Komponenten von A auch noch in der Gleichung vor, aber das Prinzip ist dasselbe.) Trotzdem ist es ein gesetzmäßiger Zusammenhang zwischen drei Komponenten mit empirischen Konsequenzen, die im allgemeinen Rückschlüsse auf jede der drei Komponenten zulassen, und nicht nur auf zwei von ihnen. Es ist kaum einzusehen, wie dieser Zusammenhang überhaupt sinnvoll sein kann, wenn höchstens zwei Komponenten, über die er etwas aussagt, existieren dürften.
Deep Purple



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Beitrag Deep Purple Verfasst am: 19. Aug 2019 00:38    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es bringt deswegen nichts, unabhängig von diesen Theorien zu definieren, was "Realität" bedeuten soll. Deswegen habe ich auch ganz explizit in diesen Theorien nach real existierenden Dingen gesucht

Es ist mir völlig schleierhaft, wie du nach „real existierenden Dingen“ suchen kannst, wenn du keine Vorstellung/Definition von „Realität“ hast! Welche Eigenschaften hat ein Ding, die es „real existierend“ machen und welche Eigenschaft hat die Realität, so dass das Ding Teil dieser Realität sein kann? Anhand welcher Kriterien hast du gesucht?

Zitat:
… und kann nicht erkennen, daß ich mich auf irgendwelche "unentwirrbaren Definitionen" etc. stützen würde.

Ich sprach nicht von "unentwirrbaren Definitionen" etc.“ sondern von einem „unentwirrbaren Geflecht“ von Definitionen, Substitutionen, Ableitungen und Voraussetzungen. Das ist etwas anderes.

Zitat:
Ich sehe in diesem Vorhaben auch sonst keine fundamentalen Probleme, sondern höchstens Probleme technischer Art (welche Aussagen folgen aus welchen Annahmen).

Das Problem (eigentlich sogar 2) sehe ich darin, dass Ihr 1.) mit rein physikalisch-mathematischen Begrifflichkeiten aus einer Theorie eine Zuordnung von Elementen der Theorie zu einer philosophischen Entität (Realität), von der ihr 2.) nicht wisst, was sie ist, vornehmen wollt. Das hört sich m.e. nach Münchhausen und Zirkularität an - mindestens aber nach einer tautologischen Konstruktion von Realität. Möglicherweise ist da die Physikerbrille im Weg, könnte das sein?

Zitat:
Ich stimme ebensowenig zu, daß wir nicht wüßten, was genau Newtons Kraft ist.

Verwechselst du hier nicht Beschreibung mit Erklärung? Nach welchem Mechanismus erfolgt die Anziehung oder die Krümmung des Raumes?
Ich finde den Begriff Anziehung sehr unklar. Die „Wechselwirkung“ der Bosonen hilft da m.E. auch nicht weiter, wenn der Wechselwirkungs-Mechanismus nicht bekannt ist.

Zitat:
. Aber bisher ist es dir m.E. nicht gelungen, verständlich zu formulieren, worin "diese Probleme" nun eigentlich genau bestehen sollen. Du hast nur einige theoretische Begriffe aus der klassischen Physik aufgezählt und diese als "erklärungsbedürftig" bezeichnet.


W.o. schon angeführt, ist Newtons Fernwirkungstheorie nach seinem eigenen Bekunden „nur ein Platzhalter für einen später zu findenden kausalen Übermittlungsmechanismus der Schwerkraft“.

Wir können zwar mit F(Grav) = … die Wirkung von etwas beschreiben, von dem wir aber nicht wissen, was es ist. Das kommt mir vor wie ein Blindflug: draußen Nebel, drinnen ein klares Display und wenn es funktioniert, reicht es dem, der nur von A nach B will. Wenn man aber wissen will, wie es draußen aussieht...

Auch Minkowskis 4dim-Raum oder den Feldbegriff finde ich diskussionswürdig bzgl. Realität. Ich glaube, da ließen sich noch genug Beispiele finden. Probleme der klass. Physik gab es ja zuhauf.

Zitat:
Formalisierung hat nur den Zweck, die logischen Beziehungen zwischen Aussagen transparenter und die Korrektheit von Argumenten leichter prüfbar zu machen. Mit der Frage wie real unsere mathematischen Modelle sind, hat das m.E. nur wenig zu tun.

Verstehe ich nicht. Formalisierung führt doch zum mathematischen Modell. Mit der Frage, wie real die mathematischen Modelle = Formalismen sind, hat das m.E. sehr viel zu tun.
Deep Purple



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Beitrag Deep Purple Verfasst am: 19. Aug 2019 01:10    Titel: Antworten mit Zitat

Die Diskussion scheint ins Stocken geraten. Aber wie ich schon mal andeutete, war das vllt. der zweite bzw. dritte vor dem ersten Schritt, der da lautet: Was ist Erkenntnis und wie kommt sie zustande? Ich meine, das müsste erstmal ein Konsens erzielt werden.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das Problem daran wird sein, daß es keine objektive Grenze gibt, an der Anschaulichkeit aufhört. Ist ein 4dimensionaler Vektor weniger anschaulich als ein 3dimensionaler? Ich vermute, die meisten würden intuitiv erstmal sagen "ja". Wenn du dir aber die Mühe machst, zu definieren was "n-dimensional" bedeutet, wirst du schnell feststellen, daß die Anschaulichkeit wenig mit dem Wert von n zu tun hat. Entweder verstehst du das Konzept für alle n oder für gar keins.

Na, ich denke, da bleiben noch genug anschauliche Beispiele.

Zitat:
Vorsicht.
index_razor und ich kommen nicht von der Realität sondern vom mathematischen Formalismus her.
Wir behaupten nicht, zu wissen, was Realität ist, sondern wir behaupten lediglich, dass der mathematische Formalismus gewisse Aspekte dieser Realität beschreibt, insbs. auch jenseits bzw. unabhängig von Beobachtungen. Dabei stößt man jedoch auf das Problem, dass es formal sehr unterschiedliche jedoch bzgl. der Observablen äquivalente Formalismen existieren, so dass man aus dem Formalismus selbst nur sehr schlecht auf diese Aspekte der Realität schließen kann.
Ich versuche, das anhand der Eichsymmetrie darzustellen.
1) Gegeben sind vier Komponenten von A, von denen zwei eliminiert werden können, eine explizit und einfach, eine weitere evtl. nur implizit. Es verbleiben zwei physikalische Polarisationen von A, wir mit der Realität in Verbindung bringen können.
2) Gegeben sind vier Komponenten von A, sowie ein weiteres künstliches Feld c mit zwei Komponenten, so dass sich bestimmte Terme in den Berechnungen gegenseitig wegheben.
(1) und (2) stimmen bzgl. diverser Observablen exakt überein. Gemäß (1) existieren zwei physikalische Polarisationen, gemäß (2) jedoch vier Komponenten von A plus zwei weitere in c.
Was also existiert?

Wenn der Formalismus „gewisse Aspekte der Realität“ beschreibt, woher weißt du dann, welche Aspekte die Realität hat (die mit der Beschreibung übereinstimmen sollen), wenn du von dieser Realität nichts weißt? Wenn du mit einem Begriff arbeitest, musst du zumindest eine Definition von ihm haben, oder?
Solange nicht klar ist, wo die Grenze zw. den Außendingen und den Bewusstseinsinhalten (und möglw. noch einer platonischen Welt) liegt und/oder keine definitiven Kriterien für „Realität“ vorliegen, lässt sich keine verbindliche Aussage bzgl. der realen Existenz treffen.

***********************
Nun, da die physikalische Methode nicht so recht in Zielnähe gekommen ist (was auch nicht verwundert, da es ja kein physikalisches, sondern ein philosophisches Problem ist!), könnte man die philosophische Methode mal ausprobieren. Dazu müsste aber nach meinem Dafürhalten erstmal der Erkenntnisprozess transparent gemacht werden, oder zumindest ein Konsens gefunden werden; das schließt auch eine vorläufige Abgrenzungs-Definition von "Realität" und die Bedeutung/Rolle der "Empirie" ein.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 19. Aug 2019 09:45    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo index_razor,

Ich greife das Thema naclängere Pause gerne wieder auf.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Was bedeutet dies für unsere Diskussion?

In diesem Sinne existieren ausschließlich transversale Gluonen. Es ist möglich, nicht-transversale Felder vollständig zu eliminieren. Allerdings ist diese Aussage nicht auf andere Eichungen übertragbar, d.h. während die physikalischen Vorhersagen von Messergebnissen sicher invariant bzgl. der unitären Transformationen sind, sind der physikalische Hamiltonoperator und damit derartige Existenzaussagen diesbzgl. nicht forminvariant.

Du verwendest das Wort "transversal" offenbar anders als ich und nicht in derselben geometrischen Bedeutung wie in dem Satz "Elektromagnetische Wellen sind transversal".

Ich denke, ich verwende den Begriff „transversal“ so wie in der QCD oft gebräuchlich; es ist jedoch richtig, dass dies geometrisch nicht exakt der Bedeutung in der QED entspricht.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was du damit meinst, scheint jedenfalls einfach eine Menge von Freiheitsgraden zu sein, deren Zeitentwicklung eindeutig durch die Feldgleichungen bestimmt ist. Und die Prozedur, die du beschreibst, ist die Auszeichnung einer solchen Menge mittels Eichfixierung.

Richtig.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du scheinst aber zu glauben, daß die Anzahl dieser Freiheitsgrade irgendwie von der gewählten Eichfixierung abhängt. Das ist nicht so ...

Ich glaube das nicht, und ich habe das nie behauptet.

Die Anzahl der physikalischen Freiheitsgrade ist trivialerweise festgelegt durch die Anzahl aller Felder minus der Anzahl der Zwangsbedingungen. Hier geht es jedoch um die ontologische Interpretation des Gehaltes der Theorie, und daher zunächst um die explizite Identifizierung dieser physikalischen Freiheitsgrade - s.u. *)

Es ist möglicherweise ontologisch unterschiedlich zu bewerten, ob ich diese Freiheitsgrade explizit identifizieren und den mathematischen Kern der Theorie explizit auf diese physikalischen Freiheitsgrade reduzieren kann, oder ob dies nicht gelingt. Es gelingt offenbar nur in ausgewählten Eichungen, sicher nicht in Eichungen mit Geistern. Daher mag es ja sein, dass unterschiedliche Eichungen zu physikalisch identischen Ergebnissen führen - wobei dies im Rahmen der Quantenfeldtheorie m.W.n. nicht allgemein sondern immer nur für spezielle Grenzfälle bewiesen ist - die Frage der Ontologie ist jedoch eine ganz andere - s.u. *)

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Bedeuten zwei Freiheitsgrade aber nun, daß nur zwei Felder plus ihre konjugierten Impulse existieren? Nein, es bedeutet zunächst mal nur, daß die anderen Felder keine von diesen Freiheitsgraden unabhängige Zeitentwicklung haben (entweder auf Grund der Eichfixierung oder auf Grund der Feldgleichungen). Das ist klar für die kanonische Impulse, denn das Gaußche Gesetz beschreibt einen Zusammenhang zwischen drei SU(3)-Vektoren ...

Was bedeutet „existieren“ für dich? Mathematisch existieren oder existieren?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Trotzdem ist es ein gesetzmäßiger Zusammenhang zwischen drei Komponenten mit empirischen Konsequenzen, die im allgemeinen Rückschlüsse auf jede der drei Komponenten zulassen, und nicht nur auf zwei von ihnen. Es ist kaum einzusehen, wie dieser Zusammenhang überhaupt sinnvoll sein kann, wenn höchstens zwei Komponenten, über die er etwas aussagt, existieren dürften.

Der Rückschluss auf empirische Konsequenzen ist so schlicht falsch!

Da man die Theorie offenbar mit nur zwei Freiheitsgraden formulieren kann, und da in gewissen Fällen andere, nicht oder nicht vollständig eichfixierte Formulierungen möglich sind, ist in den gewählten Fällen keine Formulierung empirisch bevorzugt. Man kann empirisch schlichtweg nicht argumentieren, dass es zwei, drei oder vier Komponenten gibt oder nicht, oder dass es Geistfelder gibt oder nicht, da man sich hier erstens auf die Fälle beschränkt, in denen diese Formulierungen tatsächlich äquivalent sind, und da keines der von dir genannten Felder in einer nicht-abelschen Eichtheorie eine Observable darstellt!

Insgs. verstehe ich dich nicht.

Du gehst offenbar primär von der Eichtheorie mit drei (vier) zugrundeliegenden Freiheitsgraden aus und betrachtest die Reduzierung auf zwei physikalische Freiheitsgrade als künstlich oder sekundär. Das ist eine mögliche Sichtweise, die aber nicht von allen Physikern geteilt wird. Es ist heute offen, ob die Quantisierung nicht-abelscher Eichtheorien in beliebigen Eichungen funktioniert und ob diese tatsächlich alle mathematisch äquivalent sind.

Millennium Prize Problems - Yang–Mills existence and mass gap
Yang–Mills existence and mass gap

Man kann natürlich auch umgekehrt von einer reduzierten / eichfixierten Theorie mit zwei physikalischen Freiheitsgraden ausgehen und die ursprüngliche Formulierung als vollständige Eichtheorie mit drei (vier) Freiheitsgraden als künstlich bezeichnen. Wenn deine Vermutung richtig wäre, dass alle Eichungen auch für quantisierte Eichtheorien mathematisch äquivalent sind - was nicht bewiesen ist - dann wäre dies offenbar zulässig, wenn auch aus Sicht der heute etablieren Herleitung ungewöhnlich. Dann wäre es aber ebenfalls künstlich, den drei (vier) Freiheitsgraden der nicht-eichfixierten Theorie den Status real existierender Größen zuzuschreiben.

Wie gesagt, selbst wenn all diese Sichtweisen mathematisch äquivalent wären, bedeutet dies keineswegs, dass sie auch ontologisch äquivalent sind *)

*) Betrachten wir eine anderes, teilweise hypothetisches Beispiel:

Die ART wird heute auf vierdimensionalen pseudo-Riemannschen Mannigfaltigkeiten formuliert; dabei existieren noch Varianten wie First-Order / Palatini-, Ashtekar- u.a. Formulierungen bzw. Variablen; die Vierdimensionalität ist allen gemein. Nehmen wir an, wir könnten z.B. in Richtung der Einbettungstheoreme von Nash ein allgemeingültige und äquivalente Formulierung in einem hochdimensionalen Minkowskiraum plus einer lokalen Symmetrie mit resultierenden Constraints entwickeln. Dann stünden zwei unterschiedliche Ontologien zur Wahl, nämlich einmal die einer vierdimensionalen Raumzeit nach Einstein et al., sowie eine weitere mit einer höherdimensionalen Raumzeit.

Deine Argumentation oben läuft darauf hinaus, der ursprünglichen und „schöneren bzw. symmetrischeren“ Formulierung der Yang-Mills-Theorie den Vorzug zu geben, während ich eher dazu tendiere, den minimalen physikalischen Gehalt herauszudestillieren und alles weitere - wenn es denn mathematisch vernünftig möglich ist - als unnötigen Ballast zu interpretieren. Angewandt auf die ART ist mir nun nicht klar, wie du dich entscheidest - für die vierdimensionale oder die N-dimensionale Raumzeit. Rein empirisch ist das offenbar irrelevant; bzw. umgekehrt: die Empirie liefert hier keine Anhaltspunkte.

Ich denke, mein Argument bzgl. der AT klingt für dich ziemlich künstlich und du bleibst bei vier Dimensionen. Du musst jedoch einsehen, dass dies irgendwie willkürlich bzw. rein historisch bedingt sein könnte.

Die Parallele zur QCD sollte klar sein: während im Rahmen der QCD die explizite Identifizierung physikalischer Freiheitsgrade schwierig und die mathematische Äquivalenz aller möglichen Eichfixierungen im Rahmen der Quantisierung offen ist, erscheint uns dies im Rahmen der ART seit Einstein trivialerweise klar - das Problem hat sich noch nicht mal gestellt. Betrachten wir jedoch diverse Ansätze zur Quantengravitation - z.B. Ashtekar-Formalismus und LQG vs. Geometrodynamik und Asymptotic Safety - so erkennen wir ähnlich gelagerte Probleme.

Mich würde deine ontologische Interpretation der beiden Formulierungen der ART interessieren, um dies mit deiner Argumentation zur QCD zu vergleichen.

Ich möchte hier übrigens noch keine Lösung vorschlagen, sondern lediglich darauf hinwiesen, dass diese Fragestellungen nach ggw. Kenntnisstand bzgl. quantisierter nicht-abelschen Eichtheorien offen sind - und zwar sowohl bzgl. der endgültigen mathematischen Formulierung als auch bzgl. der ontologischen Interpretation.

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Beitrag TomS Verfasst am: 19. Aug 2019 10:16    Titel: Antworten mit Zitat

Deep Purple hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
index_razor und ich kommen nicht von der Realität sondern vom mathematischen Formalismus her.
Wir behaupten nicht, zu wissen, was Realität ist, sondern wir behaupten lediglich, dass der mathematische Formalismus gewisse Aspekte dieser Realität beschreibt, insbs. auch jenseits bzw. unabhängig von Beobachtungen. Dabei stößt man jedoch auf das Problem, dass es formal sehr unterschiedliche jedoch bzgl. der Observablen äquivalente Formalismen existieren, so dass man aus dem Formalismus selbst nur sehr schlecht auf diese Aspekte der Realität schließen kann.
Ich versuche, das anhand der Eichsymmetrie darzustellen.
1) Gegeben sind vier Komponenten von A, von denen zwei eliminiert werden können, eine explizit und einfach, eine weitere evtl. nur implizit. Es verbleiben zwei physikalische Polarisationen von A, wir mit der Realität in Verbindung bringen können.
2) Gegeben sind vier Komponenten von A, sowie ein weiteres künstliches Feld c mit zwei Komponenten, so dass sich bestimmte Terme in den Berechnungen gegenseitig wegheben.
(1) und (2) stimmen bzgl. diverser Observablen exakt überein. Gemäß (1) existieren zwei physikalische Polarisationen, gemäß (2) jedoch vier Komponenten von A plus zwei weitere in c.
Was also existiert?

Wenn der Formalismus „gewisse Aspekte der Realität“ beschreibt, woher weißt du dann, welche Aspekte die Realität hat (die mit der Beschreibung übereinstimmen sollen), wenn du von dieser Realität nichts weißt? Wenn du mit einem Begriff arbeitest, musst du zumindest eine Definition von ihm haben, oder?
Solange nicht klar ist, wo die Grenze zw. den Außendingen und den Bewusstseinsinhalten (und möglw. noch einer platonischen Welt) liegt und/oder keine definitiven Kriterien für „Realität“ vorliegen, lässt sich keine verbindliche Aussage bzgl. der realen Existenz treffen.

Ich denke, meine letzte Argumentation zu index_razor zeigt, dass ich dir da absolut zustimme. Einerseits erscheint es mir naheliegend, dass wenn mathematische Formalismen physikalisch funktionieren, sie auch Aspekte der Realität abbilden. Andererseits liefern sie uns keine ausreichenden Hinweise, welche Aspekte dies genau sein sollen.

Deep Purple hat Folgendes geschrieben:
Nun, da die physikalische Methode nicht so recht in Zielnähe gekommen ist (was auch nicht verwundert, da es ja kein physikalisches, sondern ein philosophisches Problem ist!), könnte man die philosophische Methode mal ausprobieren. Dazu müsste aber nach meinem Dafürhalten erstmal der Erkenntnisprozess transparent gemacht werden, oder zumindest ein Konsens gefunden werden; das schließt auch eine vorläufige Abgrenzungs-Definition von "Realität" und die Bedeutung/Rolle der "Empirie" ein.

Ich bezweifle, dass „die physikalische Methode nicht so recht in Zielnähe gekommen ist“. Sie stellt bzgl. der quantitativen Beschreibung von Naturphänomenen die beste verfügbare Methode überhaupt dar.

D.h. dass man jede philosophische Diskussion bzgl. Phänomen, Empirie, Erkenntnis, ... immer auch physikalisch einordnen muss.

Wie sieht denn dein diesbzgl. Vorschlag aus?

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Beitrag Deep Purple Verfasst am: 20. Aug 2019 14:55    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Deep Purple hat Folgendes geschrieben:
Nun, da die physikalische Methode nicht so recht in Zielnähe gekommen ist (was auch nicht verwundert, da es ja kein physikalisches, sondern ein philosophisches Problem ist!), könnte man die philosophische Methode mal ausprobieren.

Ich bezweifle, dass „die physikalische Methode nicht so recht in Zielnähe gekommen ist“. Sie stellt bzgl. der quantitativen Beschreibung von Naturphänomenen die beste verfügbare Methode überhaupt dar.

Um Hermanns Willen! Ich meinte nicht die Physik als grundlegende Wissenschaft; natürlich ist sie das Beste (und Erstaunlichste) was wir haben!
Zitat:
Wie sieht denn dein diesbzgl. Vorschlag aus?

Mein Vorschlag wäre zunächst eine Analyse des Theorieproduktionsprozesses, der in etwa so aussehen könnte:

A) Methodisch:
1. Protokollierung/Registr. empirischer Daten Ri als Bewusstseinsinhalte Bi
2. Induktion: Datenverarbeitung Bi zu Theorie Ti
3. Empirische Prüfung: Ti entspricht Ri
4. Deduktion: aus Ti folgt Bj ≠ Bi
5. Empirische Prüfung: (Ti + Bj) entspricht Rj mit Rj = Element von R
6. Tj = erweiterte Theorie
7a. go to 1.). neue empirische Daten oder:
7b. go to 4.) neue theoretische Aspekte

Das Ganze stellt sich als zyklischen Prozess auf erweiterter Stufenleiter dar.

Als Voraussetzung für weitere Überlegungen ergibt sich aus 1.):
Klare Objekt-Subjekt-Trennung: Realität, R und Bewusstsein, B
entsprechend einer Ontologie und korrespondierender Epistemologie.

Für eine klare Diskussionsgrundlage sind Definitionen erforderlich:
Def.1: Realität R = Summe aller Objekte/Entitäten außerhalb B
Wir gehen ontologisch von der Existenz einer objektiven Realität aus.

Def.2: Ri = Teilmenge von R
Wir können immer nur über einen Teil der Wirklichkeit Erkenntnis gewinnen.

Def.3: Bewusstsein B = Summe Bi + Summe Mk mit Mk = mathematische Terme
Wir gehen epistemisch von den Bewusstseinsinhalten aus.

Def.4: Theorie T = struktureller Zus.-hang (Bij, F) mit F = Relation, Formalismus
Die Theorie ist immer nur eine hypothetische Konstruktion eines Teils der Wirklichkeit.

Dann könnte man die Theorien oder den Theorienverlauf daraufhin abklopfen, also:

B) Historisch:
Was sind die Schlüsselterme und Voraussetzungen einer jeweiligen Theorie?
Welche Elemente sind Elemente der Realität und welche nicht?

zB1 Kopernikus: Bezugssystem, Kreis- & Gleichförmigkeit KG
=> KG = Mk ist kein Element von R

zB2 Newton: Trägheit, IS, Nichtobservablen absolute/r Raum & Zeit aRZ
=> aRZ ist kein Element von R; IS nur bedingt

zB3: Maxwell: Feld, Äther Ä
=> Ä ist kein Element von R

So könnte man vllt. von Theorie zu Theorie fortschreiten, bspw.
bei der SRT die Effekte der LT,
bei der ART die Substanzialität oder Relationalität der Raumzeit
bei der QM die Schrödinger-Glg., etc.

Vllt. sollten wir auch noch einen Blick darauf werfen:

Tom: Zunächst mal müssen wir unterscheiden zwischen
A) mathematischen Strukturen “an sich”,
B) mathematischen Strukturen, die wir in bestimmten physikalischen Phänomene entdecken, sowie
C) mathematischen Strukturen, die wir einer hinter (B) liegenden unabhängigen Realität zuschreiben
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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Beitrag index_razor Verfasst am: 22. Aug 2019 08:11    Titel: Antworten mit Zitat

Deep Purple hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es bringt deswegen nichts, unabhängig von diesen Theorien zu definieren, was "Realität" bedeuten soll. Deswegen habe ich auch ganz explizit in diesen Theorien nach real existierenden Dingen gesucht

Es ist mir völlig schleierhaft, wie du nach „real existierenden Dingen“ suchen kannst, wenn du keine Vorstellung/Definition von „Realität“ hast! Welche Eigenschaften hat ein Ding, die es „real existierend“ machen und welche Eigenschaft hat die Realität, so dass das Ding Teil dieser Realität sein kann? Anhand welcher Kriterien hast du gesucht?



Ich habe ja ein Vorstellung von Realität. Diese Vorstellung wird mir von einer wortwörtlichen Interpretation wissenschaftlicher Theorien geliefert. Ich setze also nur voraus, daß es die Realität gibt, aber ich unterstelle ihr keine Eigenschaften, die sich nicht aus wissenschaftlichen Hypothesen ableiten lassen. Da ich auch keine brauchbaren Aussagen über die Realität kenne, die sich nicht aus wissenschaftlich gestützten Aussagen ergäben, betrachte ich dies aber als Vorteil und nicht als Nachteil. Und damit ist meine Suche konzeptionell relativ einfach (wenn auch evtl. praktisch kompliziert): Ich muß nur ein Minimum an Dingen X postulieren, mit dem sich meine Theorie sinnvoll interpretieren läßt. Und diese Dinge existieren dann real, sofern die Theorie wahr ist.


Zitat:

Zitat:
… und kann nicht erkennen, daß ich mich auf irgendwelche "unentwirrbaren Definitionen" etc. stützen würde.

Ich sprach nicht von "unentwirrbaren Definitionen" etc.“ sondern von einem „unentwirrbaren Geflecht“ von Definitionen, Substitutionen, Ableitungen und Voraussetzungen. Das ist etwas anderes.


Von mir aus. Ich stütze mich auch nicht auf ein unentwirrbares Geflecht aus irgendwas.

Zitat:

Zitat:
Ich sehe in diesem Vorhaben auch sonst keine fundamentalen Probleme, sondern höchstens Probleme technischer Art (welche Aussagen folgen aus welchen Annahmen).

Das Problem (eigentlich sogar 2) sehe ich darin, dass Ihr 1.) mit rein physikalisch-mathematischen Begrifflichkeiten aus einer Theorie eine Zuordnung von Elementen der Theorie zu einer philosophischen Entität (Realität), von der ihr 2.) nicht wisst, was sie ist, vornehmen wollt. Das hört sich m.e. nach Münchhausen und Zirkularität an - mindestens aber nach einer tautologischen Konstruktion von Realität. Möglicherweise ist da die Physikerbrille im Weg, könnte das sein?


Über die abschließende Frage und die Analogie, die sie beinhaltet solltest du besser nochmal ein wenig reflektieren. Die "Physikerbrille" setze ich mir nämlich ganz vorsätzlich auf. Sie ist mir genausowenig "im Wege" wie eine echte Brille, sondern, im Gegenteil, ein nützliches und sehr bewußt eingesetztes Werkzeug zum Erkennen der Realität. Zu diesem Zweck konstruiert man ja Brillen (und wissenschaftliche Theorien).

Aussagen über die Realität aus wissenschaftlichen Theorien abzuleiten ist auch nicht zirkulär oder tautologisch. Schließlich benötige ich den so gewonnenen Realitätsbegriff nicht ausschließlich zur Unterscheidung zwischen wissenschaftlichen und unwissenschaftlichen Theorien. (Auch wenn ich natürlich a priori Wahrscheinlichkeiten gewisser Behauptungen von der Übereinstimmung mit dem wissenschaftlichen Weltbild abhängig mache.)

Das Programm der Naturwissenschaft besteht für mich darin, herauszufinden wie die Realität strukturiert ist. Das ist keine Aufgabe für Armlehnenphilosophie (zumindest nicht mehr seit Galilei die experimentelle Methode eingeführt hat). Es als Problem darzustellen, daß ich zur Erkenntnis der Realität das Werkzeug verwende, das ich für geeignet halte, erscheint mir völlig absurd. Insbesondere wenn keine Alternative vorliegt, deren bessere Eignung schon zweifelsfrei erwiesen wäre.

Zitat:

Zitat:
Ich stimme ebensowenig zu, daß wir nicht wüßten, was genau Newtons Kraft ist.

Verwechselst du hier nicht Beschreibung mit Erklärung? Nach welchem Mechanismus erfolgt die Anziehung oder die Krümmung des Raumes?
Ich finde den Begriff Anziehung sehr unklar. Die „Wechselwirkung“ der Bosonen hilft da m.E. auch nicht weiter, wenn der Wechselwirkungs-Mechanismus nicht bekannt ist.


Nein ich verwechsle nichts, auch wenn der Unterschied nicht leicht zu definieren ist. Wenn die Beschreibung eines Phänomens ein allgemeines Naturgesetz beinhaltet, aus welchem es mit Hilfe geeigneter Randbedingungen abgleitet werden kann, dann handelt es sich um eine kausale Erklärung dieses Phänomens. Wir müssen hier aber nicht unbedingt definieren, was "allgemeine Naturgesetze" sind, wenn wir uns einig sind, daß die Newtonsche Mechanik einige von ihnen enthält, die den Begriff "Kraft" verwenden. Dann wissen wir aus eben diesen Gesetzen, was Kraft ist. Und nichts anderes als diese Gesetze behaupten, ist Kraft. Es gibt keine metaphysische "Kraftessenz", die man aus reiner Philosophie zu destillieren hätte, weil die Mechanik einem nichts darüber verrät. Ohne die Mechanik als Theorie hätte kein Philosoph Anlaß über Kräfte nachzudenken.

Zitat:

Zitat:
. Aber bisher ist es dir m.E. nicht gelungen, verständlich zu formulieren, worin "diese Probleme" nun eigentlich genau bestehen sollen. Du hast nur einige theoretische Begriffe aus der klassischen Physik aufgezählt und diese als "erklärungsbedürftig" bezeichnet.


W.o. schon angeführt, ist Newtons Fernwirkungstheorie nach seinem eigenen Bekunden „nur ein Platzhalter für einen später zu findenden kausalen Übermittlungsmechanismus der Schwerkraft“.

Wir können zwar mit F(Grav) = … die Wirkung von etwas beschreiben, von dem wir aber nicht wissen, was es ist. Das kommt mir vor wie ein Blindflug: draußen Nebel, drinnen ein klares Display und wenn es funktioniert, reicht es dem, der nur von A nach B will. Wenn man aber wissen will, wie es draußen aussieht...


Wann wissen wir denn überhaupt, was irgendetwas ist? Du verrennst dich hier vollkommen in irgendeinen essentialistischen Unsinn, den du nicht mal konsequent anwendest, sondern nur, wenn es dir bei der Kritik an physikalischen Begriffen gerade in den Kram paßt. Alles was wir je über irgendein Ding wissen können, ist eine Menge von wahren Behauptungen, die wir darüber aufstellen. Das gilt für Bäume und Berge im Nebel genauso wie für Kräfte, Bosonen, Raumzeitkrümmung, und auch für Zahlen, Vektoren etc.

Zitat:

Auch Minkowskis 4dim-Raum oder den Feldbegriff finde ich diskussionswürdig bzgl. Realität. Ich glaube, da ließen sich noch genug Beispiele finden. Probleme der klass. Physik gab es ja zuhauf.


Jetzt haben wir gerade einmal erfahren, daß das "problematische" an Newtons Kraftbegriff deren Fernwirkung war. Felder auf Minkowskiräumen beschreiben zwar keine Fernwirkungen mehr, sollen aber trotzdem irgendwie "diskussionswürdig" sein. Damit bleibt mal wieder nichts substanzielles übrig, worüber man tatsächlich diskutieren könnte. Wann fängst du an, die Punkte, die du für "würdig" hältst, wirklich zu diskutieren? Was spricht gegen die Existenz von Feldern, außer daß die Theorien, in denen sie vorkommen eventuell falsch sind? In welches deiner Konzepte von "Realität" passen sie nicht? Und woher weißt du, daß diese Konzepte richtig sind und nicht lediglich aus einer falschen Metaphysik abgeleitete Vorurteile? Die Gefahr des Irrtums besteht ja nun bekanntlich nicht nur in der Physik, sondern auch in der Philosophie.

Zitat:

Zitat:
Formalisierung hat nur den Zweck, die logischen Beziehungen zwischen Aussagen transparenter und die Korrektheit von Argumenten leichter prüfbar zu machen. Mit der Frage wie real unsere mathematischen Modelle sind, hat das m.E. nur wenig zu tun.

Verstehe ich nicht. Formalisierung führt doch zum mathematischen Modell. Mit der Frage, wie real die mathematischen Modelle = Formalismen sind, hat das m.E. sehr viel zu tun.


Eine Formalisierung ist eine Beschreibung eines mathematischen Modells in einer Sprache mit genau definierter Syntax und Semantik. Man kann dasselbe Modell aber auch genauso in der (meist um ein paar Symbole erweiterten) Alltagssprache beschreiben und tut das auch. Praktisch geht es auch gar nicht anders. Das Modell ist unabhängig von einer konkreten Formalisierung.
Deep Purple



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Beitrag Deep Purple Verfasst am: 22. Aug 2019 12:52    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wann wissen wir denn überhaupt, was irgendetwas ist? Du verrennst dich hier vollkommen in irgendeinen essentialistischen Unsinn, den du nicht mal konsequent anwendest, sondern nur, wenn es dir bei der Kritik an physikalischen Begriffen gerade in den Kram paßt. Alles was wir je über irgendein Ding wissen können, ist eine Menge von wahren Behauptungen, die wir darüber aufstellen. Das gilt für Bäume und Berge im Nebel genauso wie für Kräfte, Bosonen, Raumzeitkrümmung, und auch für Zahlen, Vektoren etc.

Diese Forumskategorie heißt „Off-Topic – Hier kann über alles geredet werden…“ und ich habe diesen Thread angestoßen, weil ich mit meinen leider begrenzten mathematischen Ressourcen mehr über die Bedeutung von Naturtheorien und ihren Zusammenhang mit philosophischen Aussagen im Hinblick auf die Wirklichkeit erfahren möchte, weshalb ich ganz bewusst diese Forumskategorie ausgewählt habe. Ich will nicht wissen, welchen Wert die Krümmung oder die Kraft am Ort x hat, sondern was die Krümmung und die Kraft bedeuten: ich will nicht rechnen, ich will verstehen und ich versuche, mich da auf unterschiedlichen Wegen heranzutasten.

Deshalb kann ich nicht ganz nachvollziehen, warum du so auf mich losgehst; ich meine, wenn das hier unter deinem Niveau ist, steht es dir doch frei, dich in diesen Thread nicht einzuklinken.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 22. Aug 2019 14:24    Titel: Antworten mit Zitat

Deep Purple hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wann wissen wir denn überhaupt, was irgendetwas ist? Du verrennst dich hier vollkommen in irgendeinen essentialistischen Unsinn, den du nicht mal konsequent anwendest, sondern nur, wenn es dir bei der Kritik an physikalischen Begriffen gerade in den Kram paßt. Alles was wir je über irgendein Ding wissen können, ist eine Menge von wahren Behauptungen, die wir darüber aufstellen. Das gilt für Bäume und Berge im Nebel genauso wie für Kräfte, Bosonen, Raumzeitkrümmung, und auch für Zahlen, Vektoren etc.

Diese Forumskategorie heißt „Off-Topic – Hier kann über alles geredet werden…“ und ich habe diesen Thread angestoßen, weil ich mit meinen leider begrenzten mathematischen Ressourcen mehr über die Bedeutung von Naturtheorien und ihren Zusammenhang mit philosophischen Aussagen im Hinblick auf die Wirklichkeit erfahren möchte, weshalb ich ganz bewusst diese Forumskategorie ausgewählt habe. Ich will nicht wissen, welchen Wert die Krümmung oder die Kraft am Ort x hat, sondern was die Krümmung und die Kraft bedeuten: ich will nicht rechnen, ich will verstehen und ich versuche, mich da auf unterschiedlichen Wegen heranzutasten.

Deshalb kann ich nicht ganz nachvollziehen, warum du so auf mich losgehst; ich meine, wenn das hier unter deinem Niveau ist, steht es dir doch frei, dich in diesen Thread nicht einzuklinken.


Das war nicht persönlich gemeint. Ich habe auch nicht das Niveau oder das Thema der Diskussion kritisiert, sondern deine Behauptung, wir wüßten nicht was Kraft oder Krümmung ist. Du mußt also nicht gleich beleidigt sein.

Mein Argument hatte nichts mit Berechnungen zu tun. Ich behaupte immer noch, daß alles was wir über Kräfte und Raumzeitkrümmung wissen können und wissen müssen, Folgerungen der Theorien sind, in denen diese Begriffe verwendet werden. Wieso denkst du, daß es darüberhinaus noch irgendetwas zu verstehen gäbe?
Deep Purple



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Beitrag Deep Purple Verfasst am: 22. Aug 2019 16:04    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du mußt also nicht gleich beleidigt sein.

Nein, das bin ich auch nicht. Manchmal werden Diskussionen eben mit schärferer Klinge geführt, damit kann ich umgehen.

Zitat:
Mein Argument hatte nichts mit Berechnungen zu tun. Ich behaupte immer noch, daß alles was wir über Kräfte und Raumzeitkrümmung wissen können und wissen müssen, Folgerungen der Theorien sind, in denen diese Begriffe verwendet werden. Wieso denkst du, daß es darüberhinaus noch irgendetwas zu verstehen gäbe?

Ich habe hier neben mir zwei Stapel Bücher liegen: der eine Stapel besteht aus physikalischer Fachliteratur und ich kämpfe mich gerade (eigentlich immer wieder) durch T. Fließbachs „ART“, komme aber eben doch an die Grenze meiner mathematischen Ressourcen, deren Maximum ungefähr bei den Grundlagen der Infini-Rechnung lag (ich versuche natürlich auch, das Maximum zu verschieben); daneben Einsteins Arbeit von 1916, Die Grundlagen der ART, um seine Gedankengänge nachvollziehen zu können.
Der zweite Stapel besteht aus philosophischen Werken wie: Reichenbachs Philosophie der Raumzeit, Kanitscheiders Wissenschaftstheorie der Naturwissenschaft, Esfelds Philosophie der Physik, Quine, Popper, etc.

Der erste Stapel ist in seinen Aussagen klar, deutlich & konsistent, so wie du das oben auch ausführst.

Im zweiten Stapel wimmelt es von Formulierungen wie: "A behauptet a, dagegen ist B der Meinung, dass b, wobei man nicht vergessen sollte, dass C auch stichhaltige Argumente c hat".

Und diese a, b, und c’s betreffen Begriffe wie Raumzeit oder Raum & Zeit, Substanzialismus oder Relationalismus, Kraft oder Geometrie, SRT-Effekte: Schein oder Sein und eben auch Wigners Frage nach dem Grund der Anwendbarkeit der reinen Formalismen in der konkreten Welt, Wheelers Kontingenzproblem: die Frage nach dem Grund der Auszeichnung einer bestimmten Klasse von Gleichungen oder Einsteins "Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit."

Hier ist nichts klar, deutlich und konsistent entschieden. Um mir aber wenigstens eine eigene Ansicht zuzulegen, versuche eben u.a. in diesem Thread da etwas weiter zu kommen.

Ich hoffe, ich konnte dir mein Anliegen damit etwas näherbringen.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 22. Aug 2019 16:21    Titel: Antworten mit Zitat

Zu deinem zweiten Stapel: Popper ist sicher ein sehr klarer und präziser Philosoph; jedoch hatte ich den Eindruck, dass auch er bei der QM keinesfalls die letzten Winkel ausleuchten konnte ... In Esfelds Buch sind viele gute Beiträge enthalten; auch hier merkt man den Philosophen an, dass sie “nur” Philosophen sind und nicht sämtliche Aspekte der modernen Physik ausreichend durchdringen (das gilt nicht für einen bestimmten Beitrag, der enthält neben schlimmen fachlichen Fehler nur Blablabla).

Zum ersten Stapel: versuche die QM zu verstehen, nicht die ART. Die ART verzeiht sprachliche Ungenauigkeiten und ist philosophisch eher anspruchslos. Die QM verlangt dir philosophisch viel mehr ab, ist an den entscheidenden Stellen jedoch mathematisch einfacher - letztlich nur lineare Algebra.

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Beitrag Deep Purple Verfasst am: 22. Aug 2019 17:11    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zu deinem zweiten Stapel: Popper ist sicher ein sehr klarer und präziser Philosoph; jedoch hatte ich den Eindruck, dass auch er bei der QM keinesfalls die letzten Winkel ausleuchten konnte ...

Jaa, du scheinst mir auch ein ganz Präziser zu sein! Augenzwinkern

Zitat:
Zum ersten Stapel: versuche die QM zu verstehen, nicht die ART. Die ART verzeiht sprachliche Ungenauigkeiten und ist philosophisch eher anspruchslos. Die QM verlangt dir philosophisch viel mehr ab, ist an den entscheidenden Stellen jedoch mathematisch einfacher - letztlich nur lineare Algebra.

Hättest du diesbezgl. eine Empfehlung?
(Friebes "Phil. d. Quantenphysik" befindet sich dort schon.)
And in german if poss.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 22. Aug 2019 17:16    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist sicher ein gutes Buch zu dem Thema.

Ich überlege noch, welches QM-Lehrbuch ich auszugsweise empfehlen soll. Die meisten Methoden benötigst du nicht, aber einen fundierten Einstieg halte ich für sinnvoll.

Evtl. ist Weinberg eine gute Wahl - aber bitte nicht kaufen, besser ausleihen.

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Beitrag Deep Purple Verfasst am: 22. Aug 2019 17:28    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das ist sicher ein gutes Buch zu dem Thema.

Ich überlege noch, welches QM-Lehrbuch ich auszugsweise empfehlen soll. Die meisten Methoden benötigst du nicht, aber einen fundierten Einstieg halte ich für sinnvoll.

Evtl. ist Weinberg eine gute Wahl - aber bitte nicht kaufen, besser ausleihen.

Ok. Danke dir.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 22. Aug 2019 17:53    Titel: Antworten mit Zitat

https://www.cambridge.org/core/books/lectures-on-quantum-mechanics/F739B9577D2473995024FA5E9ABA9B6C
Lectures on Quantum Mechanics
Weinberg, S. (2015)
Cambridge University Press

Evtl. findest du noch ältere Versionen seiner Skripte im Netz.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 22. Aug 2019 19:48    Titel: Antworten mit Zitat

Ich verschiebe mal bis auf weiteres den größten Teil der allgemeinen Diskussion über Eichteorien und konzentriere mich auf die Frage der Ontologie konkreter Eichtheorien wie der QCD. Nur soviel: Ich habe nicht behauptet, daß eine quantisierte nichtabelsche Eichtheorie in 4 Dimensionen existiert oder bestimmte Eigenschaften hat. Ich habe das zum Zweck der Diskussion vorausgesetzt, aber nur, weil du unbedingt über QCD diskutieren wolltest und für mich die natürliche Interpretation von "QCD" eben "quantisierte SU(3)-Eichtheorie in 4 Dimensionen" ist. Was ich genau unter dieser Theorie verstehe (wenn sie existiert), habe ich glaube ich schon definiert. Ich tue das nochmal unten, soweit das hier möglich ist. Ausgehend von dieser Definition schließe ich nun auf die Ontologie dieser Theorie. Wenn aber, aus nicht offensichtlichen Gründen, keine solche Theorie existiert, dann ist die Frage ihrer Ontologie ohnehin müßig. Allerdings können wir diese Möglichkeit in der gegenwärtigen Diskussion kaum ernsthaft in Betracht ziehen. Müßten wir, bevor wir uns der ontologischen Implikationen einer konkreten Theorie zuwenden können, erstmal ein Millenium Prize Problem lösen, dann werden wir in dieser Frage eben einfach nicht sehr weit kommen.

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du scheinst aber zu glauben, daß die Anzahl dieser Freiheitsgrade irgendwie von der gewählten Eichfixierung abhängt. Das ist nicht so ...

Ich glaube das nicht, und ich habe das nie behauptet.


Ich hatte die folgende Aussage in diesem Sinne verstanden:

TomS hat Folgendes geschrieben:

In diesem Sinne existieren ausschließlich transversale Gluonen. Es ist möglich, nicht-transversale Felder vollständig zu eliminieren. Allerdings ist diese Aussage nicht auf andere Eichungen übertragbar, d.h. während die physikalischen Vorhersagen von Messergebnissen sicher invariant bzgl. der unitären Transformationen sind, sind der physikalische Hamiltonoperator und damit derartige Existenzaussagen diesbzgl. nicht forminvariant.


Hier wird anscheinend behauptet, daß in bestimmten Eichungen nur zwei Gluonenkomponenten (pro Generator) existieren, daß diese Eigenschaft aber nicht auf andere Eichungen übertragbar ist, in denen folglich(?) mehr als diese zwei Gluonenkomponenten existieren müßten. Ich habe aber zugegebenermaßen nicht verstanden, was du mit "nicht forminvarianten Existenzaussagen" meinst.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Bedeuten zwei Freiheitsgrade aber nun, daß nur zwei Felder plus ihre konjugierten Impulse existieren? Nein, es bedeutet zunächst mal nur, daß die anderen Felder keine von diesen Freiheitsgraden unabhängige Zeitentwicklung haben (entweder auf Grund der Eichfixierung oder auf Grund der Feldgleichungen). Das ist klar für die kanonische Impulse, denn das Gaußche Gesetz beschreibt einen Zusammenhang zwischen drei SU(3)-Vektoren ...

Was bedeutet „existieren“ für dich? Mathematisch existieren oder existieren?


Wenn du mich so fragst, dann meine ich einfach "existieren". Ich würde den Begriff "mathematisch existieren" vermeiden, denn er erscheint mir sinnlos. Es klingt für mich nach nicht mehr als einer laxen Sprechweise für "Es existiert ein mathematisches Objekt, so daß ...". Der Zusatz "mathematisches Objekt" ist hier aber vollkommen redundant, man kann genausogut "Ding" oder "x" oder "etwas" sagen. Ob die Eigenschaften von x, die hier oder anderswo behauptet werden, dann die Bezeichnung "mathematisches Objekt" rechtfertigen oder nicht, ist unwichtig.

Zitat:

Insgs. verstehe ich dich nicht.

Du gehst offenbar primär von der Eichtheorie mit drei (vier) zugrundeliegenden Freiheitsgraden aus und betrachtest die Reduzierung auf zwei physikalische Freiheitsgrade als künstlich oder sekundär.


Nein, ich gehe von der Feldgleichung aus



Ich halte dies für die minimale Grundlage, die wir akzeptieren müssen, wenn wir die Implikationen -- ontologische oder anderer Art -- der QCD diskutieren wollen. Es handelt sich nach jeder halbwegs zutreffenden Bedeutung des Wortes um eine "eichinvariante" Gleichung. Deshalb erscheinen mir auch deine Bemerkungen über die Nichtäquivalenz von Eichfixierungen hier irrelvant: Entweder invalidieren sie die Feldgleichung, dann ist unklar über welche Theorie wir überhaupt reden. Oder aber sie bleibt in der obigen Form gültig. Mehr erfordert meine ontologische Interpretation aber nicht. Ich gehe nämlich nicht davon aus, daß diese Gleichung irgendeine Symmetrie besitzt. Ich behaupte nur, daß alle Größen in dieser Gleichung existieren müssen, sofern diese Gleichung irgendeinen Sinn haben oder sogar zutreffen soll. Denn es handelt sich in Wahrheit um implizite Existenzbehauptungen über die darin auftretenden Größen.


Zitat:

*) Betrachten wir eine anderes, teilweise hypothetisches Beispiel:

[...]

Deine Argumentation oben läuft darauf hinaus, der ursprünglichen und „schöneren bzw. symmetrischeren“ Formulierung der Yang-Mills-Theorie den Vorzug zu geben, während ich eher dazu tendiere, den minimalen physikalischen Gehalt herauszudestillieren und alles weitere - wenn es denn mathematisch vernünftig möglich ist - als unnötigen Ballast zu interpretieren.


Nein, diese Beschreibung meines Standpunktes trifft absolut nicht zu. Ich hoffe dies ist nun klarer geworden.

Zitat:

Die Parallele zur QCD sollte klar sein: während im Rahmen der QCD die explizite Identifizierung physikalischer Freiheitsgrade schwierig und die mathematische Äquivalenz aller möglichen Eichfixierungen im Rahmen der Quantisierung offen ist, erscheint uns dies im Rahmen der ART seit Einstein trivialerweise klar - das Problem hat sich noch nicht mal gestellt.


Die explizite Identifizierung der physikalischen Freiheitsgrade (in dem obigen Sinn) ist einfach irrelevant. Das Newtonsche Gravitationsfeld besitzt z.B. gar keinen Freiheitsgrad, gehört aber -- in der einen oder anderen Form -- zur Ontologie der Theorie (nach meiner Auffassung).

Zitat:

Mich würde deine ontologische Interpretation der beiden Formulierungen der ART interessieren, um dies mit deiner Argumentation zur QCD zu vergleichen.


Ich denke sie ist in beiden Fällen sinngemäß absolut identisch. Ich gehe von der 4-dimensionalen Raumzeit + Feldgleichungen aus. Die Existenz anderer Objekte folgt entweder logisch daraus und muß aus Konsistenzgründen akzeptiert werden oder sie sind nicht Teil der Theorie und damit auch nicht ihrer Ontologie.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 22. Aug 2019 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Ich hatte die folgende Aussage in diesem Sinne verstanden:

TomS hat Folgendes geschrieben:

In diesem Sinne existieren ausschließlich transversale Gluonen. Es ist möglich, nicht-transversale Felder vollständig zu eliminieren. Allerdings ist diese Aussage nicht auf andere Eichungen übertragbar, d.h. während die physikalischen Vorhersagen von Messergebnissen sicher invariant bzgl. der unitären Transformationen sind, sind der physikalische Hamiltonoperator und damit derartige Existenzaussagen diesbzgl. nicht forminvariant.


Hier wird anscheinend behauptet, daß in bestimmten Eichungen nur zwei Gluonenkomponenten (pro Generator) existieren, daß diese Eigenschaft aber nicht auf andere Eichungen übertragbar ist, in denen folglich(?) mehr als diese zwei Gluonenkomponenten existieren müßten. Ich habe aber zugegebenermaßen nicht verstanden, was du mit "nicht forminvarianten Existenzaussagen" meinst.

Die explizite Identifizierung der physikalischen Freiheitsgrade (in dem obigen Sinn) ist einfach irrelevant ...

Fangen wir von hinten an: diese Frage ist höchst relevant, es ist im hier diskutierten ontologischen Kontext die zentrale Frage.


Nachdem du auf das Beispiel der ART nicht eingehst, nochmal ein formalisierter Ansatz, der hoffentlich den Vorteil hat, dass du keine Vorurteile hegen kannst ;-)

Gegeben sei eine Theorie T als Menge von Formulierungen F



Jede Theorie sei definiert mittels eines Hilbertraumes, „elementarerer Freiheitsgrade“ psi, deren Algebra [.,.] aus Kommutatoren o.ä., weiterer aus psi aufgebauter Operatoren A, sowie insbs. einem Hamiltonian:



Für jede Theorie existiert außerdem eine textuelle Beschreibung Omega, die erklärt, wie bestimmte physikalisch messbare Größen zu den Operatoren A in Beziehung stehen bzw. wie mittels der Objekte der Theorie und weiterer Rechenvorschriften die Werte physikalisch messbarer Größen in bestimmten Experimenten zu berechnen sind.

Nun seien diese Formulierungen physikalisch äquivalent, d.h. es existieren Abbildungen



die es uns erlauben, Berechnungen aus einer Formulierungen in eine andere zu übersetzen - was in der Praxis immer nur ausschnitts- und näherungsweise funktioniert.

Nun betrachten wir beliebig gewählte Formulierungen mit ihren fundamentalen Größen psi. Die Frage ist: was existiert? welche Formulierung wählen wir als Ausgangspunkt, um diese ontologische Frage zu beantworten? die symmetrischste Formulierung? eine minimale Formulierung? die einfachste Formulierung?

Bsp. qm Teilchen auf einer Sphäre mit Radius = const. als Zwangsbedingung: existieren x,y,z oder nur theta und phi?
Obiges Bsp. zur ART: existiert eine 4-dim. gekrümmte RZ oder eine n-dim. flache RZ?
Bsp. QCD: existieren vier Gluon-Freiheitsgrade plus Geister? oder existieren nur zwei Gluon-Freiheitsgrade?





index_razor hat Folgendes geschrieben:
Hier wird anscheinend behauptet, daß in bestimmten Eichungen nur zwei Gluonenkomponenten (pro Generator) existieren, daß diese Eigenschaft aber nicht auf andere Eichungen übertragbar ist, in denen folglich(?) mehr als diese zwei Gluonenkomponenten existieren müßten. Ich habe aber zugegebenermaßen nicht verstanden, was du mit "nicht forminvarianten Existenzaussagen" meinst.

Genau das: wenn man die Theorie in unterschiedlichen Eichungen formuliert, existieren unterschiedliche - und unterschiedlich viele - fundamentale Objekte. Dementsprechend sehen auch abgeleitet Objekte wir z.B. die Hamiltonoperatoren völlig unterschiedlich aus.

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index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 22. Aug 2019 22:29    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Ich hatte die folgende Aussage in diesem Sinne verstanden:

TomS hat Folgendes geschrieben:

In diesem Sinne existieren ausschließlich transversale Gluonen. Es ist möglich, nicht-transversale Felder vollständig zu eliminieren. Allerdings ist diese Aussage nicht auf andere Eichungen übertragbar, d.h. während die physikalischen Vorhersagen von Messergebnissen sicher invariant bzgl. der unitären Transformationen sind, sind der physikalische Hamiltonoperator und damit derartige Existenzaussagen diesbzgl. nicht forminvariant.


Hier wird anscheinend behauptet, daß in bestimmten Eichungen nur zwei Gluonenkomponenten (pro Generator) existieren, daß diese Eigenschaft aber nicht auf andere Eichungen übertragbar ist, in denen folglich(?) mehr als diese zwei Gluonenkomponenten existieren müßten. Ich habe aber zugegebenermaßen nicht verstanden, was du mit "nicht forminvarianten Existenzaussagen" meinst.

Die explizite Identifizierung der physikalischen Freiheitsgrade (in dem obigen Sinn) ist einfach irrelevant ...

Fangen wir von hinten an: diese Frage ist höchst relevant, es ist im hier diskutierten ontologischen Kontext die zentrale Frage.


Physikalische Freiheitsgrade hatten wir gerade definiert als eine Menge von Feldkomponenten mit unabhängiger Zeitentwicklung. Ich habe nun schon mehrmals begründet, warum die Frage nach der Existenz einer Feldkomponente nichts damit zu tun hat ob sie eine unabhängige Zeitentwicklung besitzt. Auf welcher Grundlage du dem jetzt hier widersprichst, verstehe ich nicht.

Zitat:

Nachdem du auf das Beispiel der ART nicht eingehst, nochmal ein formalisierter Ansatz, der hoffentlich den Vorteil hat, dass du keine Vorurteile hegen kannst ;-)


Ich bin doch darauf eingegangen. Ganz am Ende im letzten Abschnitt. Reicht das nicht?

Zitat:

Gegeben sei eine Theorie T als Menge von Formulierungen F



Jede Theorie sei definiert mittels eines Hilbertraumes, „elementarerer Freiheitsgrade“ psi, deren Algebra [.,.] aus Kommutatoren o.ä., weiterer aus psi aufgebauter Operatoren A, sowie insbs. einem Hamiltonian:



Für jede Theorie existiert außerdem eine textuelle Beschreibung Omega, die erklärt, wie bestimmte physikalisch messbare Größen zu den Operatoren A in Beziehung stehen bzw. wie mittels der Objekte der Theorie und weiterer Rechenvorschriften die Werte physikalisch messbarer Größen in bestimmten Experimenten zu berechnen sind.

Nun seien diese Formulierungen physikalisch äquivalent, d.h. es existieren Abbildungen



die es uns erlauben, Berechnungen aus einer Formulierungen in eine andere zu übersetzen - was in der Praxis immer nur ausschnitts- und näherungsweise funktioniert.

Nun betrachten wir beliebig gewählte Formulierungen mit ihren fundamentalen Größen psi.

Die Frage ist: was existiert?

welche Formulierung wählen wir als Ausgangspunkt, um diese ontologische Frage zu beantworten? die symmetrischste Formulierung? eine minimale Formulierung? die einfachste Formulierung?


Meine Auffassung der Ontologie einer Theorie ist unabhängig von der Formulierung der Theorie. Ich benutze allerdings anscheinend die Wörter "Theorie" und "Formulierung" in einem ganz anderen Sinn als du. Eine Theorie in meinem Sinne ist einfach eine Menge von Aussagen. Was du hier hingegen versuchst zu definieren, ist mir ehrlich gesagt absolut unverständlich. Deine "Formulierungen" sind einfach eine Menge von mathematischen Objekten, deren Definition mir total unverständlich ist (Was sollen z.B. "aus psi aufgebaute Operatoren" sein?). Als "physikalische Äquivalenz" läßt du anscheinend beliebige Abbildungen zwischen "Berechnungen innerhalb der Theorie" zu. Also beschreibt wahrscheinlich auch:


eine "physikalische Äquivalenz". Das hat doch keinen Sinn.

Zitat:

Bsp. qm Teilchen auf einer Sphäre mit Radius = const. als Zwangsbedingung: existieren x,y,z oder nur theta und phi?


Es existiert die Sphäre. Und auf dieser Sphäre existieren verschiedene Koordinatensysteme.

Zitat:

Obiges Bsp. zur ART: existiert eine 4-dim. gekrümmte RZ oder eine n-dim. flache RZ?


Ist beantwortet: Es existierte die 4d gekrümmte Raumzeit. Diese wird beschrieben durch eine Menge von Aussagen. Aus diesen folgen eventuell weitere Existenzaussagen über höherdimensionaler Räume. Wenn dies so ist, dann existieren diese auch. Wenn nicht, dann nicht. Das habe ich nun schon so oft wiederholt. Ich verstehe nicht, warum das noch unklar ist.

Zitat:

Bsp. QCD: existieren vier Gluon-Freiheitsgrade plus Geister? oder existieren nur zwei Gluon-Freiheitsgrade?


Das weiß ich nicht. [Edit: bezieht sich nur auf die Existenz der Geister. Nach meiner Auffassung existiert die Feldstärke F, also mehr als nur zwei Gluonen-Freiheitsgrade.] Auch das habe ich schon erklärt. Das hängt davon ab, ob die Existenz von Geistern aus der Feldgleichung



logisch folgt. Leider kenne ich weder einen Beweis dafür noch ein Gegenbeispiel.

Zitat:





Ich vermute: weder noch. Warum formulierst du deine Frage "Was existiert?" immer wieder neu, mit neuen Notation und Definitionen? Versuche doch mal zu erklären, was an den meinen schon gegebenen Antworten unklar geblieben ist.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 23. Aug 2019 07:44, insgesamt 4-mal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 22. Aug 2019 22:39    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Hier wird anscheinend behauptet, daß in bestimmten Eichungen nur zwei Gluonenkomponenten (pro Generator) existieren, daß diese Eigenschaft aber nicht auf andere Eichungen übertragbar ist, in denen folglich(?) mehr als diese zwei Gluonenkomponenten existieren müßten. Ich habe aber zugegebenermaßen nicht verstanden, was du mit "nicht forminvarianten Existenzaussagen" meinst.

Genau das: wenn man die Theorie in unterschiedlichen Eichungen formuliert, existieren unterschiedliche - und unterschiedlich viele - fundamentale Objekte. Dementsprechend sehen auch abgeleitet Objekte wir z.B. die Hamiltonoperatoren völlig unterschiedlich aus.


Nein, das Beispiel mit dem Teilchen auf der Sphäre erläutert das Prinzip ganz gut. Die Sphäre ist das geometrische Objekt. Im Fall der Eichtheorie steht sie für eine Mannigfaltigkeit im Phasenraum, bestehend aus Eichorbits und physikalischen Feldkomponenten. Diese Mannigfaltigkeit kann ich auf verschiedene Arten beschreiben (verschiedene Koordinatensysteme, verschiedene Eichungen.) Eine Eichfixierung schneidet jeden Eichorbit genau einmal. Wenn das nicht global möglich ist, wegen Gribovmehrdeutigkeiten oder anderem Ärger, ist das einfach Pech für den Theoretiker, ändert aber an der Theorie oder ihrer Ontologie gar nichts.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 23. Aug 2019 08:42    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Mich würde deine ontologische Interpretation der beiden Formulierungen der ART interessieren, um dies mit deiner Argumentation zur QCD zu vergleichen.

Ich denke sie ist in beiden Fällen sinngemäß absolut identisch. Ich gehe von der 4-dimensionalen Raumzeit + Feldgleichungen aus. Die Existenz anderer Objekte folgt entweder logisch daraus und muß aus Konsistenzgründen akzeptiert werden oder sie sind nicht Teil der Theorie und damit auch nicht ihrer Ontologie.

Das war nicht meine Frage.

Meine Frage war, wie du zur Existenz weiterer Raumdimensionen stehst, unter der Voraussetzung, es gäbe eine zur ART auf einer 4-dim. Mannigfaltigkeit mathematisch äquivalente Formulierung in einem N-dim. flachen Raum plus lokaler Symmetrie, die es zulässt - jedoch nicht erzwingt - N auf 4 Dim. zu reduzieren.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Nachdem du auf das Beispiel der ART nicht eingehst, nochmal ein formalisierter Ansatz, der hoffentlich den Vorteil hat, dass du keine Vorurteile hegen kannst ;-)

Ich bin doch darauf eingegangen. Ganz am Ende im letzten Abschnitt. Reicht das nicht?

s.o. - m.E. nicht.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 23. Aug 2019 09:34    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Meine Auffassung der Ontologie einer Theorie ist unabhängig von der Formulierung der Theorie. Ich benutze allerdings anscheinend die Wörter "Theorie" und "Formulierung" in einem ganz anderen Sinn als du.

Du widersprichst dir selbst.

Wenn die Ontologie unabhängig von der Formulierung der Theorie wäre, dann könntest du nicht ganz sicher sagen ...
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Bsp. qm Teilchen auf einer Sphäre mit Radius = const. als Zwangsbedingung: existieren x,y,z oder nur theta und phi?

... es existiert die Sphäre ...

... denn ich habe eine äquivalente Formulierung genannt - 2-Sphäre mittels Constraint realisiert im 3 dim. Raum - derzufolge etwas anderes existiert - ein 3-dim. Raum plus eine weitere Dynamik bzw. Constraint, die dafür sorgt, dass das Teilchen auf der Sphäre lokalisiert bleibt.

Wenn die Ontologie unabhängig von der Formulierung wäre, dann könntest du nicht ganz sicher sagen ...
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Obiges Bsp. zur ART: existiert eine 4-dim. gekrümmte RZ oder eine n-dim. flache RZ?

... ist beantwortet: Es existierte die 4d gekrümmte Raumzeit ...

... denn ich habe eine äquivalente Formulierung genannt, derzufolge die Theorie mathematisch äquivalent formulierbar sein soll in einem N-dim. flachen Minkowskiraum mit zunächst mehr Freiheitsgraden sowie einer zusätzlichen lokalen Symmetrie, die N auf 4. Dim. reduziert.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Bsp. QCD: existieren vier Gluon-Freiheitsgrade plus Geister? oder existieren nur zwei Gluon-Freiheitsgrade?

Das weiß ich nicht. [Edit: bezieht sich nur auf die Existenz der Geister. Nach meiner Auffassung existiert die Feldstärke F, also mehr als nur zwei Gluonen-Freiheitsgrade.] Auch das habe ich schon erklärt. Das hängt davon ab, ob die Existenz von Geistern aus der Feldgleichung



logisch folgt. Leider kenne ich weder einen Beweis dafür noch ein Gegenbeispiel.

Die Feldgleichungen sind in einer quantisierten Eichtheorie vergleichsweise irrelevant.

Was klassisch als vollständig äquivalent durchgeht - Eichfixierung oder nicht, und wenn Fixierung dann beliebig - ist in der Quantenfeldtheorie deutlich komplizierter.

Zunächst mal erzwingt die Quantisierung m.W.n. immer eine Eichfixierung - ich kenne jedenfalls keine nicht-eichfixierte Formulierung in der Quantenfeldtheorie. Dann erscheinen die eichfixierten Versionen der zugrundeliegende klassischen Feldtheorie je Eichfixierung völlig unterschiedlich:

Wenn man zunächst A°=0 setzt und zusätzlich die axiale Eichung wählt, dann folgen ganz konkret genau zwei Polarisationen des Gluons. Wenn man dagegen die Coulomb- oder die Lorentz-Eichung wählt, dann folgt - im Pfadintegralformalismus - ein nicht-triviales Integrationsmaß, das mittels Geistfeldern als normales Wirkungsintegral geschrieben werden kann.

Demzufolge würde ich dir zustimmen: wir wissen es nicht.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:





Ich vermute: weder noch. Warum formulierst du deine Frage "Was existiert?" immer wieder neu, mit neuen Notation und Definitionen? Versuche doch mal zu erklären, was an den meinen schon gegebenen Antworten unklar geblieben ist.

Weil ich versuche, dir eine konkrete Antwort zu entlocken.

Eine Formulierung führt auf vier Gluonen minus zwei Geister gleich zwei physikalischen Freiheitsgraden. Eine andere Formulierung führt auf zwei Gluonen gleich zwei physikalischen Freiheitsgraden.

Und nun wieder die Frage: was existiert?

Ich meine damit nicht, „was existiert mathematisch?“ Mathematisch liegen unterschiedliche Formulierungen mit unterschiedlichen mathematischen Objekten vor, zwischen denen man einen mathematischen Zusammenhang formulieren kann. OK.

Ich meine damit auch nicht, „was gilt phänomenologisch?“ Phänomenologisch liegen unterschiedliche Formulierungen vor, die - in den Bereichen, wo beide anwendbar sind - physikalisch äquivalent sind d.h. identische oder äquivalente Resultate liefern.

Ich meine damit, was sagen uns diese höchst unterschiedlichen mathematischen Formulierungen mit unterschiedlichen mathematischen Objekten (insbs. Feldoperatoren, Zuständen ...) über die eine objektiv und unabhängig von den mathematischen Beschreibungen existierende Realität?

Welche Formulierung legen wir zugrunde, um eine Ontologie zu formulieren? Welche Größen der Theorie akzeptieren wir als Repräsentanten der Realität, welche sind lediglich Hilfsgrößen? Gehen wir von der maximal eichsymmetrischen Theorie vor der Eichfixierung aus? Dann wäre eine fundamentale Struktur ein SU(3) Faserbündel, erweitert um exotische Freiheitsgrade nach FP und/oder BRST. Gehen wir von einer - welcher? - maximal eichfixierten Theorie aus? Dann existiert kein SU(3) Faserbündel, denn das haben wir eliminiert, und die Freiheitsgrade auf einen minimalen Satz reduziert. Lassen wir nur echte Observablen als Repräsentanten der Realität zu? Dann sind wir sehr nahe an einer rein phänomenologisch geprägten Ontologie - „Sein heißt Erscheinen“ - und müssen nicht-observable Größen wie SU(3) Felder aus der Ontologie eliminieren. Lassen wir auch nicht-Observable als Repräsentanten der Realität zu? Dann wären Eichfelder Repräsentanten der Realiät. Lösen wir uns vollständig von der Ontologie der klassischen Feldtheorie? Dann sind sämtliche Feldoperatoren ausschließlich Hilfsgrößen, die den tatsächlichen Zustand des Systems nicht charakterisieren, und wir landen bei einer Ontologie, in der ausschließlich die Zustandsvektoren Repräsentanten der Realität sind.

Letzteres sind doch die Fragen an der Schnittstelle zwischen Philosophie / Ontologie und Physik, die sich auch Philosophen wie Lyre u.a. stellen. Wenn wir - und da sind wir uns ja einig - u.a. den mathematischen Gehalt einer Theorie als Richtschnur für die Formulierung einer Ontologie ansehen, dann müssen wir diesen mathematischen Gehalt präzise fassen. Und dann stellen wir eben fest, dass es offenbar noch nicht gelungen ist, den einen mathematischen Gehalt, der als Richtschnur dienen soll, zu identifizieren. Es liegen unterschiedliche Formulierungen vor, die unterschiedliche ontologische Aussagen zulassen, obwohl daraus identische Phänomene in einer Realität folgen.

Ich denke daher, dass der Anspruch, die Ontologie auf der mathematischen Formulierung zu gründen, durchaus berechtigt ist, dass wir jedoch - sogar bei etablierten Theorien - noch sehr viele Hausaufgaben zu erledigen haben.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 23. Aug 2019 09:49    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Mich würde deine ontologische Interpretation der beiden Formulierungen der ART interessieren, um dies mit deiner Argumentation zur QCD zu vergleichen.

Ich denke sie ist in beiden Fällen sinngemäß absolut identisch. Ich gehe von der 4-dimensionalen Raumzeit + Feldgleichungen aus. Die Existenz anderer Objekte folgt entweder logisch daraus und muß aus Konsistenzgründen akzeptiert werden oder sie sind nicht Teil der Theorie und damit auch nicht ihrer Ontologie.

Das war nicht meine Frage.

Meine Frage war, wie du zur Existenz weiterer Raumdimensionen stehst, unter der Voraussetzung, es gäbe eine zur ART auf einer 4-dim. Mannigfaltigkeit mathematisch äquivalente Formulierung in einem N-dim. flachen Raum plus lokaler Symmetrie, die es zulässt - jedoch nicht erzwingt - N auf 4 Dim. zu reduzieren.


Die Theorie einer 4dimensionalen Raumzeit ist nicht mathematisch und auch nicht ontologisch äquivalent zu einer Theorie einer N dimensionalen Raumzeit, in der die 4dimensionale eingebettet ist.

Es handelt sich nicht um eine Umformulierung derselben Theorie, sondern um zwei verschiedene Theorien mit verschiedenen Ontologien. Beide mögen denselben empirischen Gehalt haben, was hier wohl vorausgesetzt sein soll. In diesem Fall ist das eine Idealsituation für Ockhams Rasiermesser. (Auf genau diesen Fall bin ich vor Wochen schon eingegangen.) In jedem Fall ist aber die Frage nach dem empirischen Gehalt unabhängig von der Ontologie.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 23. Aug 2019 10:03    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Meine Auffassung der Ontologie einer Theorie ist unabhängig von der Formulierung der Theorie. Ich benutze allerdings anscheinend die Wörter "Theorie" und "Formulierung" in einem ganz anderen Sinn als du.

Du widersprichst dir selbst.

Wenn die Ontologie unabhängig von der Formulierung der Theorie wäre, dann könntest du nicht ganz sicher sagen ...
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Bsp. qm Teilchen auf einer Sphäre mit Radius = const. als Zwangsbedingung: existieren x,y,z oder nur theta und phi?

... es existiert die Sphäre ...

... denn ich habe eine äquivalente Formulierung genannt - 2-Sphäre mittels Constraint realisiert im 3 dim. Raum - derzufolge etwas anderes existiert - ein 3-dim. Raum plus eine weitere Dynamik bzw. Constraint, die dafür sorgt, dass das Teilchen auf der Sphäre lokalisiert bleibt.


Das ist kein Widerspruch. Wenn du die Existenz verschiedener Dinge postulierst, hast du nicht dieselbe Theorie umformuliert, sondern eine neue Theorie formuliert. Aus einer Theorie des 3dimensionalen euklidischen Raum mit eingebetteter Sphäre folgen natürlich andere Aussagen als aus der Theorie zweidimensionaler Mannigfaltigkeiten mit konstanter Krümmung.

Zitat:

Wenn die Ontologie unabhängig von der Formulierung wäre, dann könntest du nicht ganz sicher sagen ...
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Obiges Bsp. zur ART: existiert eine 4-dim. gekrümmte RZ oder eine n-dim. flache RZ?

... ist beantwortet: Es existierte die 4d gekrümmte Raumzeit ...



Doch, aus demselben Grund wie oben. Nochmal: eine Theorie ist eine Menge von Aussagen. Eine Umformulierung wäre ein Übergang zu einer anderen Menge logisch äquivalenter Aussagen. Aber wenn du logisch unabhängige Aussagen hinzufügst, wie du es hier in jedem Beispiel tust, dann ist das keine Umformulierung mehr, sondern eine neue Theorie.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Bsp. QCD: existieren vier Gluon-Freiheitsgrade plus Geister? oder existieren nur zwei Gluon-Freiheitsgrade?

Das weiß ich nicht. [Edit: bezieht sich nur auf die Existenz der Geister. Nach meiner Auffassung existiert die Feldstärke F, also mehr als nur zwei Gluonen-Freiheitsgrade.] Auch das habe ich schon erklärt. Das hängt davon ab, ob die Existenz von Geistern aus der Feldgleichung



logisch folgt. Leider kenne ich weder einen Beweis dafür noch ein Gegenbeispiel.

Die Feldgleichungen sind in einer quantisierten Eichtheorie vergleichsweise irrelevant.


Nein, sind sie nicht. Jetzt fängst du wieder an zu diskutieren ob X und Y in der Quantenmechanik äquivalent sind. Das können wir hier nicht klären.

Zum Rest vielleicht später mehr.
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