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Welle-Teilchen-Dualismus historisches Artefakt oder sinnvoll
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Quantumdot
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Beitrag Quantumdot Verfasst am: 24. Dez 2023 23:19    Titel: Welle-Teilchen-Dualismus historisches Artefakt oder sinnvoll Antworten mit Zitat

Heutzutage findet man in Lehrbüchern immer noch häufig den Begriff Welle-Teilchen-Dualismus. Er steht auch explizit in Schullehrplänen der gymnasialen Oberstufe.

Wie würdet ihr den Begriff aus heutiger Sicht bewerten? Hat dieser Begriff noch eine Daseinsberechtigung?

Meiner Meinung nach ist dieser Begriff problematisch, da er impliziert, dass ein Quantenteilchen sowohl ein klassisches Teilchen als auch eine Welle sein könne und dies situationsabhängig sei.
Nach dem quantenmechanischen Formalismus ist aber ein Quantenteilchen weder ein klassisches Teilchen noch eine Welle, sondern etwas ganz anderes. Beschrieben wird der Zustand als Element eines Hilbertraums. Wenn man es ganz genau nimmt, ist der Zustandsraum ein Raum aus Endomorphismen über diesem Hilbertraum.

Ich halte den Welle-Teilchen-Dualismus für ein historisches Artefakt, das in einer Zeit entstanden ist als es noch keine zusammenhängende Theorie über den Aufbau der Materie gab. Also quasi zur Zeit der historischen "Quantenmechanik" so von 1900 bis 1927.
Aber zum heutigen modernen Formalismus eignet sich dieser Begriff nicht mehr. Für mich hat dieser Begriff eine ähnliche Bedeutung in der Quantenmechanik wie die "relativistische Masse" in der Relativitätstheorie.

Was denkt ihr darüber?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18092

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2023 00:24    Titel: Re: Welle-Teilchen-Dualismus historisches Artefakt oder sinn Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Was denkt ihr darüber?

So ziemlich das selbe.

Ich halte diesen historischen Zugang aus mehreren Gründen für schwierig: man geht jeden Umweg mit, was verwirrend sein kann, und sicher Zeit kostet; wer irgendwann aussteigt, nimmt schlimmstenfalls gerade die falsche Botschaft mit; man lernt das Zerrbild einer chaotischen Erzählung aus Kopenhagen; Zeit für das, was wir heute unter Quantenphysik verstehen, bleibt zu wenig.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 25. Dez 2023 02:22    Titel: Re: Welle-Teilchen-Dualismus historisches Artefakt oder sinn Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:

Meiner Meinung nach ist dieser Begriff problematisch, da er impliziert, dass ein Quantenteilchen sowohl ein klassisches Teilchen als auch eine Welle sein könne und dies situationsabhängig sei.


Ein Quantenteilchen zeigt situationsabhängig Eigenschaften einer Welle oder eines Teilchens.

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:

Nach dem quantenmechanischen Formalismus ist aber ein Quantenteilchen weder ein klassisches Teilchen noch eine Welle, sondern etwas ganz anderes. Beschrieben wird der Zustand als Element eines Hilbertraums.


Wie kann man das experimentell von den anderen Deutungen abgrenzen?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18092

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2023 11:27    Titel: Re: Welle-Teilchen-Dualismus historisches Artefakt oder sinn Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Quantumdot hat Folgendes geschrieben:

Meiner Meinung nach ist dieser Begriff problematisch, da er impliziert, dass ein Quantenteilchen sowohl ein klassisches Teilchen als auch eine Welle sein könne und dies situationsabhängig sei.


Ein Quantenteilchen zeigt situationsabhängig Eigenschaften einer Welle oder eines Teilchens.

Die Aussage ist bekannt, meiner Meinung nach jedoch problematisch.

Jedes beobachtete Interferenzmuster zeigt im Detail immer teilchenartig lokalisierte Ereignisse, ein Interferenzmuster wird nie direkt beobachtet.

Ein Quantenobjekt zeigt im Rahmen von Messung immer Eigenschaften eines Teilchens, also stochastisch lokalisierte Detektorereignisse. Welleneigenschaften werden i. über ein Ensemble von Quantenobjekten im Mittel rekonstruiert (man schaut nicht so genau hin) und ii. zur Berechnung von Wahrscheinlichkeit immer verwendet, ohne dass sie sich jemals direkt zeigen.

Teilchen- bzw. Welleneigenschaften sind also nicht Eigenschaften des Quantenobjektes, sondern Eigenschaften der Detektorereignisse bzw. des mathematischen Formalismus.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 25. Dez 2023 16:49, insgesamt einmal bearbeitet
Quantumdot
Gast





Beitrag Quantumdot Verfasst am: 25. Dez 2023 13:14    Titel: Re: Welle-Teilchen-Dualismus historisches Artefakt oder sinn Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:

Nach dem quantenmechanischen Formalismus ist aber ein Quantenteilchen weder ein klassisches Teilchen noch eine Welle, sondern etwas ganz anderes. Beschrieben wird der Zustand als Element eines Hilbertraums.


Wie kann man das experimentell von den anderen Deutungen abgrenzen?


Zum einen das was TomS gesagt hat und zum anderen gibt es Phänomene wie bspw Verschränkung, die unter keinen Umständen als (klassische) Teilchen- oder Welleneigenschaft gedeutet werden können und man in Experimenten nachweisen kann. Betrachte z.B. Licht durch einen doppelbrechenden Kristall.


TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich halte diesen historischen Zugang aus mehreren Gründen für schwierig: man geht jeden Umweg mit, was verwirrend sein kann, und sicher Zeit kostet; wer irgendwann aussteigt, nimmt schlimmstenfalls gerade die falsche Botschaft mit; man lernt das Zerrbild einer chaotischen Erzählung aus Kopenhagen; Zeit für das, was wir heute unter Quantenphysik verstehen, bleibt zu wenig.


Das sehe ich auch so. Ich habe mich kürzlich mit jemandem über Quantenphysik unterhalten und dabei kam sowas raus
Zitat:
Es gibt mehrere modelle, nach denen man atome beschreiben kann. Dazu gehören auch wellen oder bohrs teilchen. Aber jedes modell hat seine grenzen und in seiner gesamtheit ist die materie noch nicht verstanden


Ich glaube das ist in der "Zivilgesellschaft" ein weitverbreitetes Verständnis davon und genau das was in der Schule vermittelt wird. In der Oberstufe kommen dann zum bohrschen Atommodell noch das Orbitalmodel und manchmal (oh graus) das Kugelwolkenmodell hinzu. Nur leider ist das falsch. Es gibt nicht mehrere Modelle, sondern es gibt nur ein (allgemein anerkanntes) Modell und das ist die Quantenmechanik. Und nach der Quantenmechanik beschreibt man Quantenteilchen weder als wellen noch als (klassische) Teilchen.
Allerdings ist es so, dass man aufgrund der Abstraktion in der Mittelstufe leider keine Quantenmechanik einführen kann. Und in der Oberstufe macht man nur historische "Quantenmechanik". Das Ergebnis davon ist dieses falsche Bild. Im Studium lernt man vor allem in der Experimentalphysik leider auch den "Welle-Teilchen-Dualismus", wobei das dann vom Dozenten abhängt.

Meiner Meinung nach sollten in einem guten Quantenmechanikkurs am Anfang durch ein bis zwei Experimente wie dem Doppelspaltexperiment und Sterngerlach zwei Dinge aufgezeigt werden.
1. Teilchen bewegen sich nicht auf Bahnen (d.h. sie sind keine klassischen Teilchen), wodurch gezeigt ist, dass die klassische Mechanik keine geeignete Beschreibung ist => Aufgabe des Phasenraums als Zustandsraum
2. Die Objekte mit denen man Teilchen beschreiben kann, verhalten sich wie mathematische Vektoren (z.B. indem man Stern-Gerlach Apparaturen mit Polarisationsfolien bei Licht vergleicht) => Annahme eines (komplexen) Vektorraums als Zustandsraum
TomS
Moderator


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Beiträge: 18092

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2023 16:52    Titel: Re: Welle-Teilchen-Dualismus historisches Artefakt oder sinn Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Das sehe ich auch so. Ich habe mich kürzlich mit jemandem über Quantenphysik unterhalten und dabei kam sowas raus
Zitat:
Es gibt mehrere modelle, nach denen man atome beschreiben kann. Dazu gehören auch wellen oder bohrs teilchen. Aber jedes modell hat seine grenzen und in seiner gesamtheit ist die materie noch nicht verstanden


Ich glaube das ist in der "Zivilgesellschaft" ein weitverbreitetes Verständnis davon und genau das was in der Schule vermittelt wird. In der Oberstufe kommen dann zum bohrschen Atommodell noch das Orbitalmodel und manchmal (oh graus) das Kugelwolkenmodell hinzu. Nur leider ist das falsch. Es gibt nicht mehrere Modelle, sondern es gibt nur ein (allgemein anerkanntes) Modell und das ist die Quantenmechanik. Und nach der Quantenmechanik beschreibt man Quantenteilchen weder als wellen noch als (klassische) Teilchen.
Allerdings ist es so, dass man aufgrund der Abstraktion in der Mittelstufe leider keine Quantenmechanik einführen kann. Und in der Oberstufe macht man nur historische "Quantenmechanik". Das Ergebnis davon ist dieses falsche Bild. Im Studium lernt man vor allem in der Experimentalphysik leider auch den "Welle-Teilchen-Dualismus", wobei das dann vom Dozenten abhängt.

Ja, rückblickend hat mich das auch immer ziemlich schockiert.


TomS hat Folgendes geschrieben:
Meiner Meinung nach sollten in einem guten Quantenmechanikkurs am Anfang durch ein bis zwei Experimente wie dem Doppelspaltexperiment und Sterngerlach zwei Dinge aufgezeigt werden.
1. Teilchen bewegen sich nicht auf Bahnen (d.h. sie sind keine klassischen Teilchen), wodurch gezeigt ist, dass die klassische Mechanik keine geeignete Beschreibung ist => Aufgabe des Phasenraums als Zustandsraum.

Je länger ich mich damit befasse, desto wichtiger wird mir dieses "was die Quantenmechanik nicht sagt". Offenbar ist es jedoch so, dass das als Unterrichtsziel nicht taugt. Es muss immer irgendwas anschauliches her, selbst wenn's falsch ist.

Dass wir mit der Quantenmechanik ein perfekt funktionierendes mathematisches Modell haben, das einen jedoch spätestens bei zwei verschränkten Teilchen ob des Fehlens der Anschaulichkeit verzweifeln lässt, ist offenbar eine zu einfache Wahrheit.

Zu den Experimenten: meine Favoriten sind
1. die Beobachtung eines einzelnen radioaktiven Atomkerns und der damit verbundenen Notwendigkeit einer stochastischen Argumentation
2. das Doppelspalt-Experiment mit der Notwendigkeit einer nicht-lokalen Beschreibung aufgrund der Interferenzeffekte sowie der Notwendigkeit einer Lokalisierung hin zu teilchenartigen Detektorereignissen – ohne dass wir letztere heute aus dem Formalismus ableiten könnten; d.h. letztlich den unzureichenden sowie inkompatiblen Wellen- und Teilchenbildern
3. das GZH-Experiment mit der Notwendigkeit der Aufgabe eines naiven lokalen Realitätsbegriffs (ich bevorzuge das ggü. dem Bell-Experiment, da man keine statische Interpretation benötigt)
4. die Katze, weil's so anschaulich ist

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 25. Dez 2023 20:14, insgesamt einmal bearbeitet
Quantumdot
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Beitrag Quantumdot Verfasst am: 25. Dez 2023 18:56    Titel: Re: Welle-Teilchen-Dualismus historisches Artefakt oder sinn Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Offenbar ist es jedoch so, dass das als Unterrichtsziel nicht taugt. Es muss immer irgendwas anschauliches her, selbst wenn's falsch ist.

Das wirft dann die Frage auf, ob es nicht besser ist das im Schulunterricht gar nicht zu behandeln bevor man falsche Vorstellungen vermittelt.

Anschauliche Beschreibungen sind der Versuch mathematische Darstellungen in die Alltagssprache zu übersetzen und dies hat natürlich Grenzen und leider macht man es im Bildungssystem oftmals falsch. Gäbe es diese Grenzen nicht, bräuchte man die Mathematik nicht.


Zitat:
Zu den Experimenten: meine zwei Favoriten sind
1. die Beobachtung eines einzelnen radioaktiven Atomkerns und der damit verbundenen Notwendigkeit einer stochastischen Argumentation
2. das Doppelspalt-Experiment mit der Notwendigkeit einer nicht-lokalen Beschreibung aufgrund der Interferenzeffekte sowie der Notwendigkeit einer Lokalisierung hin zu teilchenartigen Detektorereignissen – ohne dass wir letztere heute aus dem Formalismus ableiten könnten; d.h. letztlich den unzureichenden sowie inkompatiblen Wellen- und Teilchenbildern

Kann man nicht beim Doppelspaltexperiment bereits die Notwendigkeit einer stochastischen Beschreibung ableiten? z.B. durch die Detektive von Einzelereignissen.

Zitat:

3. das GZH-Experiment mit der Notwendigkeit der Aufgabe eines naiven lokalen Realitätsbegriffs (ich bevorzuge das ggü. dem Bell-Experiment, da man keine statische Interpretation benötigt)
4. die Katze, weil's so anschaulich ist

Das ist für den Aufbau des Formalismus nicht notwendig. Es wird später wichtig, wenn es in Richtung Bedeutung und Interpretation der Quantenmechanik geht.
willyengland



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Beitrag willyengland Verfasst am: 25. Dez 2023 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

Die Begriffe "richtig" und "falsch" finde ich hier nicht angemessen.
Es sind alles nur "Modelle", die etwas beschreiben.
Und mit "Welle" und "Teilchen" kann man schon ziemlich viel beschreiben.
Und auch das Orbitalmodell hat seinen (wichtigen) Platz.

"Anything goes!" (Feyerabend)
Erlaubt ist, was funktioniert.

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Gruß Willy
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2023 20:51    Titel: Re: Welle-Teilchen-Dualismus historisches Artefakt oder sinn Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Offenbar ist es jedoch so, dass das als Unterrichtsziel nicht taugt. Es muss immer irgendwas anschauliches her, selbst wenn's falsch ist.

Das wirft dann die Frage auf, ob es nicht besser ist das im Schulunterricht gar nicht zu behandeln bevor man falsche Vorstellungen vermittelt.

Ich glaube schon, dass man Veranschaulichungen nutzen kann.

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Zu den Experimenten: meine Favoriten sind
1. die Beobachtung eines einzelnen radioaktiven Atomkerns und der damit verbundenen Notwendigkeit einer stochastischen Argumentation
2. das Doppelspalt-Experiment mit der Notwendigkeit einer nicht-lokalen Beschreibung aufgrund der Interferenzeffekte sowie der Notwendigkeit einer Lokalisierung hin zu teilchenartigen Detektorereignissen – ohne dass wir letztere heute aus dem Formalismus ableiten könnten; d.h. letztlich den unzureichenden sowie inkompatiblen Wellen- und Teilchenbildern

Kann man nicht beim Doppelspaltexperiment bereits die Notwendigkeit einer stochastischen Beschreibung ableiten? z.B. durch die Detektive von Einzelereignissen.

Ja.

Aber da scheint es irgendwie mit der Interferenz und der Lokalisierung zusammenzuhängen. Bei der Radioaktivität steht der Zufall völlig für sich, und die Alternativen sind Zerfallskanäle, nicht Orte.

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
3. das GZH-Experiment mit der Notwendigkeit der Aufgabe eines naiven lokalen Realitätsbegriffs (ich bevorzuge das ggü. dem Bell-Experiment, da man keine statische Interpretation benötigt)
4. die Katze, weil's so anschaulich ist

Das ist für den Aufbau des Formalismus nicht notwendig. Es wird später wichtig, wenn es in Richtung Bedeutung und Interpretation der Quantenmechanik geht.

Stimmt.

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Aruna_Gast
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Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 25. Dez 2023 21:04    Titel: Re: Welle-Teilchen-Dualismus historisches Artefakt oder sinn Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Quantumdot hat Folgendes geschrieben:

Meiner Meinung nach ist dieser Begriff problematisch, da er impliziert, dass ein Quantenteilchen sowohl ein klassisches Teilchen als auch eine Welle sein könne und dies situationsabhängig sei.


Ein Quantenteilchen zeigt situationsabhängig Eigenschaften einer Welle oder eines Teilchens.

Die Aussage ist bekannt, meiner Meinung nach jedoch problematisch.

Jedes beobachtete Interferenzmuster zeigt im Detail immer teilchenartig lokalisierte Ereignisse, ein Interferenzmuster wird nie direkt beobachtet.

Ein Quantenobjekt zeigt im Rahmen von Messung immer Eigenschaften eines Teilchens, also stochastisch lokalisierte Detektorereignisse. Welleneigenschaften werden i. über ein Ensemble von Quantenobjekten im Mittel rekonstruiert (man schaut nicht so genau hin) und ii. zur Berechnung von Wahrscheinlichkeit immer verwendet, ohne dass sie sich jemals direkt zeigen.


Ein einzelnes Quantenobjekt verhält sich also (bei der Wechselwirkung mit dem Detektor) wie ein Teilchen.
Viele gleich präparierte Quantenobjekte zeigen eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, die an die Intensitätsverteilung von Wellen erinnern.
Da man das so misst, hat man eine Berechnungsmethodik in Anlehnung an Wellenmechanik entwickelt. die die Ergebnisse von Ensemblemessungen reproduziert bzw. vorhersagt.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Teilchen- bzw. Welleneigenschaften sind also nicht Eigenschaften des Quantenobjektes, sondern Eigenschaften der Detektorereignisse bzw. des mathematischen Formalismus.


Dann sind Vektoreigenschaften aber auch nicht Eigenschaften des Quantenobjekts, sondern des mathematischen Formalismus.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18092

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2023 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

willyengland hat Folgendes geschrieben:
Die Begriffe "richtig" und "falsch" finde ich hier nicht angemessen.
Es sind alles nur "Modelle", die etwas beschreiben.
Und mit "Welle" und "Teilchen" kann man schon ziemlich viel beschreiben.
Und auch das Orbitalmodell hat seinen (wichtigen) Platz.

Es gibt aber auch explizit falsche Modelle.

Zum Beispiel ist das Orbitalmodell mit der Interpretation der Orbitale als Bereiche für bestimmte Aufenthaltswahrscheinlichkeiten klassischer Teilchen – so wird es oft dargestellt – falsch, weil daraus falsche Vorhersagen folgen. Das wird nur deswegen nicht sichtbar, weil man diese Fragen nicht diskutiert.

Das Teilchenmodell ist u.a. deswegen falsch, weil daraus keine Interferenzeffekte folgen. Das Wellenmodell ist falsch, weil es keine lokalisierten Detektorereignisse erklärt.

Aus irgendeinem Grund hat man sich aber dafür entschieden, isolierte Modelle mit winzigen Anwendungsbereich und minimaler Vorhersagekraft zu betrachten und als wichtig hochzustilisieren. Im Falle des Sonnensystems darf man sagen, ein geozentrisches Weltbild sei falsch, aber die Didaktik der Quantenmechanik erscheint wie ein Gnadenhof …

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Myon



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Beiträge: 5878

Beitrag Myon Verfasst am: 25. Dez 2023 21:07    Titel: Antworten mit Zitat

Ich sehe es ähnlich wie willyengland. Ich persönlich mag auch in vielen Fällen historische Zugänge, wie ich überhaupt die Geschichte der Naturwissenschaften, inkl. Biografien von Wissenschaftlern (Männern wie Frauen natürlich) interessant finde. Damit lässt sich der Stoff auch etwas mit Farbe und Anektodischem anreichern.
Aber natürlich trifft auch das Argument zu, dass man damit Zeit für die heutige Darstellung verliert.

Ich meine, es kommt auf die Stufe und das Vorwissen an. Ihr, TomS und Quantumdot, habt Euch wahrscheinlich während vieler Jahre intensiv mit diesem Thema befasst auch auf sehr mathematischer Ebene. Aber so kann man nun mal nicht in der Schule oder einer Grundlagenvorlesung beginnen. Mich persönlich stört auch nicht, wenn man dort sagt, dass z.B. Photonen wie auch Elektronen und andere materielle Teilchen in Experimenten sowohl Teilchen- als auch Welleneigenschaften zeigen. Und dass sich der scheinbare Widerspruch durch eine statistische Deutung auflösen lässt.

Ebenso werden Vektoren in der Schule wahrscheinlich nicht eingeführt durch die präzise Definition eines Vektorraums mit seinen Axiomen, sondern man beginnt mit Vektoren im R^2 und zeichnet Pfeile. Auch hier könnte man sagen, dass dies zu falschen Vorstellungen führt.

Möchte man alle einführenden Vereinfachungen vermeiden, dürfte man die Physik des 20 Jahrhunderts in den Schulen gar nicht mehr behandeln. Und künftige Mathematiker und Theoretische Physiker müssten schon nach der Primarschule eigene Hochschulen besuchen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18092

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2023 21:12    Titel: Re: Welle-Teilchen-Dualismus historisches Artefakt oder sinn Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Quantumdot hat Folgendes geschrieben:

Meiner Meinung nach ist dieser Begriff problematisch, da er impliziert, dass ein Quantenteilchen sowohl ein klassisches Teilchen als auch eine Welle sein könne und dies situationsabhängig sei.


Ein Quantenteilchen zeigt situationsabhängig Eigenschaften einer Welle oder eines Teilchens.

Die Aussage ist bekannt, meiner Meinung nach jedoch problematisch.

Jedes beobachtete Interferenzmuster zeigt im Detail immer teilchenartig lokalisierte Ereignisse, ein Interferenzmuster wird nie direkt beobachtet.

Ein Quantenobjekt zeigt im Rahmen von Messung immer Eigenschaften eines Teilchens, also stochastisch lokalisierte Detektorereignisse. Welleneigenschaften werden i. über ein Ensemble von Quantenobjekten im Mittel rekonstruiert (man schaut nicht so genau hin) und ii. zur Berechnung von Wahrscheinlichkeit immer verwendet, ohne dass sie sich jemals direkt zeigen.


Ein einzelnes Quantenobjekt verhält sich also (bei der Wechselwirkung mit dem Detektor) wie ein Teilchen.

Jein. Es zeigt bzw. erzeugt lokalisierte, teilchenartige Detektorereignisse; für sich alleine zeigt es sich gar nicht.

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Viele gleich präparierte Quantenobjekte zeigen eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, die an die Intensitätsverteilung von Wellen erinnern.
Da [nein, wenn] man das so misst, hat man eine Berechnungsmethodik in Anlehnung an Wellenmechanik entwickelt. die die Ergebnisse von Ensemblemessungen reproduziert bzw. vorhersagt.

Man ignoriert bei der Diskussion häufig, dass es sich um einzelne Ereignisse handelt.

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Teilchen- bzw. Welleneigenschaften sind also nicht Eigenschaften des Quantenobjektes, sondern Eigenschaften der Detektorereignisse bzw. des mathematischen Formalismus.

Dann sind Vektoreigenschaften aber auch nicht Eigenschaften des Quantenobjekts, sondern des mathematischen Formalismus.

Ja.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2023 21:16    Titel: Antworten mit Zitat

@Myon –

Ich bin weder pauschal gegen Vereinfachung noch gegen Anschaulichkeit. Ich bin aber entschieden gegen falsche Aussagen.

Hier wird das Orbitalmodell recht sinnvoll diskutiert: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Atomorbital

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 25. Dez 2023 21:18, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 25. Dez 2023 21:17    Titel: Antworten mit Zitat

willyengland hat Folgendes geschrieben:

Und auch das Orbitalmodell hat seinen (wichtigen) Platz.


Was ist denn am Orbitalmodell falsch?
TomS
Moderator


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Beiträge: 18092

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2023 21:29    Titel: Antworten mit Zitat

Siehe oben.

Das Modell ist – vernünftig präsentiert – nicht falsch. Es ist jedoch falsch, wenn ein Orbital als Bereich mit bestimmter Aufenthaltswahrscheinlichkeiten eines klassische Teilchens – so wird es oft dargestellt – interpretiert wird.

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Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 25. Dez 2023 21:54    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Siehe oben.

Das Modell ist – vernünftig präsentiert – nicht falsch. Es ist jedoch falsch, wenn ein Orbital als Bereich mit bestimmter Aufenthaltswahrscheinlichkeiten eines klassische Teilchens – so wird es oft dargestellt – interpretiert wird.


Woran merkt man, ob das so dargestellt wird?
Ich kann mich nicht erinnern, dass bei der Darstellung jemand explizit sagte oder schrieb, dass es sich um klassische Teilchen handele.
Quantumdot
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Beitrag Quantumdot Verfasst am: 25. Dez 2023 23:09    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:


Woran merkt man, ob das so dargestellt wird?
Ich kann mich nicht erinnern, dass bei der Darstellung jemand explizit sagte oder schrieb, dass es sich um klassische Teilchen handele.


Die Sprechweise, die man oft in diesem Kontext hört ist "Das Orbital gibt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons für die verschiedenen Orte an". Das führt zu der falschen Implikation, dass das Elektron immer irgendwo in dem Orbital lokalisiert sei, man aber nur nicht genau sagen könne wo es sei, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit für den Aufenthaltsort angeben könne. Diese Vorstellung ist falsch.

Man sagt auch häufig "Das Elektron befindet sich im 1s Orbital". was problematisch ist, da das Orbital nicht irgendwas ist worin sich ein Elektron befindet.

Wenn sich das Elektron eines Wasserstoffatoms im 1s Zustand befindet, hat das Elektron gar keinen definierten Ort.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18092

Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2023 02:17    Titel: Antworten mit Zitat

Zunächst mal Zustimmung.

Ganz grundsätzlich versteht man das Orbitalmodell nur dann korrekt, wenn man von der Wellenfunktion her argumentiert. Startet man dagegen von einem Teilchenbild, führt das zu einem falschen Verständnis des Orbitalmodells – s.o.

Das Orbitalmodell soll die chemische Bindung erklären. Das kann es nur, wenn man von der Wellenfunktion ausgeht. Versteht man jedoch die Wellenfunktion, so reduziert sich das Orbitalmodell auf eine spezielle Veranschaulichung.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18092

Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2023 08:38    Titel: Antworten mit Zitat

Was mir auch auffällt ist die oft schwammige Verwendung des Modell-Begriffs. Modelle sind eigentlich keine Veranschaulichungen, sie erklären quantitative Zusammenhänge.

Im Physikunterricht ist die Grenze hin zur Veranschaulichung und bildlichen Darstellung oft fließend; das vermittelt jedoch einen falschen Modellbegriff.

https://en.wikipedia.org/wiki/Drude_model
https://en.m.wikipedia.org/wiki/Hubbard_model
https://en.m.wikipedia.org/wiki/Lattice_model_(physics)
https://en.wikipedia.org/wiki/Classical_Heisenberg_model
https://en.m.wikipedia.org/wiki/Quark_model
https://en.m.wikipedia.org/wiki/Skyrmion

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 26. Dez 2023 09:51, insgesamt einmal bearbeitet
willyengland



Anmeldungsdatum: 01.05.2016
Beiträge: 678

Beitrag willyengland Verfasst am: 26. Dez 2023 09:08    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist ja alles schön und gut, aber was willst du denn?
Dem Schüler alles mit einem "komplexen Phasenraum", Maxwell und Schrödinger erklären?
Geometrische Optik, Wellenoptik, Orbitalmodell ... alles in den Mülleimer?

Schüler sind auch nicht doof, die verstehen schon, dass es nicht objektiv so ist, sondern Heranführungen an etwas im Grunde unbegreifliches. Mir war das als Schüler jedenfalls immer klar.

Ich bin mir nicht sicher, ob etwas besser begreiflich wird, wenn man es nur mit unanschaulichen Formeln beschreibt. Dafür ist der Mensch nicht ausgelegt. Dann müsstest du auch Feynman-Graphen usw. verbieten.

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Gruß Willy
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18092

Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2023 10:03    Titel: Antworten mit Zitat

willyengland hat Folgendes geschrieben:
Das ist ja alles schön und gut, aber was willst du denn?
Dem Schüler alles mit einem "komplexen Phasenraum", Maxwell und Schrödinger erklären?
Geometrische Optik, Wellenoptik, Orbitalmodell ... alles in den Mülleimer?

Nein. Das hatte ich nur gesagt.

willyengland hat Folgendes geschrieben:

Schüler … verstehen schon, dass es nicht objektiv so ist, sondern Heranführungen an etwas im Grunde unbegreifliches. Mir war das als Schüler jedenfalls immer klar.

Mir auch. Trotzdem habe ich im Studium bemerkt, dass ich explizit falsches gelernt hatte.

willyengland hat Folgendes geschrieben:
Ich bin mir nicht sicher, ob etwas besser begreiflich wird, wenn man es nur mit unanschaulichen Formeln beschreibt.

Das ist auch nicht die Intention.

Die Intention ist
1. anschauliche Modelle zu vermitteln, wo immer möglich
2. andernfalls darauf zu insistieren, dass jede anschauliche Vorstellung falsch wäre
3. nicht nur Formeln zu vermitteln, jedoch bei der Vermittlung immer kritisch zu prüfen, inwiefern sie noch dem Geist exakter Mathematik entspricht

willyengland hat Folgendes geschrieben:
Dann müsstest du auch Feynman-Graphen usw. verbieten.

Guter Punkt.

Es gibt Darstellungen, die sind explizit falsch, und die werden nicht korrigiert, obwohl dies möglich wäre. Beispiele:
A.1) Orbitale auf Basis eines klassischen Teilchenbegriffs, mit Wahrscheinlichkeiten von Kügelchen mit scharfem Ort und Impuls
A.2) in Tateinheit mit der Behauptung, die Unschärferelatiin verbiete die gleichzeitig scharfe Messung von Ort und Impuls, was die tröstliche aber falsche Einsicht zurücklässt, diese scharfen Eigenschaften könnten vorliegen
B) verschränkte Teilchen analog zu einem Paar Schuhe
C) Feynman-Diagramme mit der Vorstellung von Teilchen und Trajektorien

Wann immer Derartiges hängen bleibt, ist irgendwas falsch gelaufen.

Zu (A) gibt es vernünftige Darstellung ohne den Teilchenbegriff; geht also. (B) vermittelt exakt das, was nicht zutrifft. Bei (C) hinterfrage man mal kritisch, was denn – außer der falschen Vorstellung von Teilchen und Trajektorien – an zutreffenden Inhalten vermittelt wird; wenn einem da nichts einfällt, lasse man es eben bis zur Einführung der QFT oder meinetwegen QM II bleiben.

Exemplarisch hier: https://www.lehrplanplus.bayern.de/sixcms/media.php/71/Gym_C_9NTG_9SG_I_LB2-5Orbitalmodell.pdf
Elektronen sind keine punktförmigen Teilchen, aber man stellt sie als Punkte dar. Niemand hätte jemals Elektronenorte in einem einzelnen Atomorbital gemessen. Zielsetzung ist die Erklärung von Bindungen; exakt das kann man aber mit dem dargestellten Bildern nicht erklären. Schrott.

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Aruna_Gast
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Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 26. Dez 2023 12:03    Titel: Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:


Woran merkt man, ob das so dargestellt wird?
Ich kann mich nicht erinnern, dass bei der Darstellung jemand explizit sagte oder schrieb, dass es sich um klassische Teilchen handele.


Die Sprechweise, die man oft in diesem Kontext hört ist "Das Orbital gibt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons für die verschiedenen Orte an". Das führt zu der falschen Implikation, dass das Elektron immer irgendwo in dem Orbital lokalisiert sei, man aber nur nicht genau sagen könne wo es sei, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit für den Aufenthaltsort angeben könne. Diese Vorstellung ist falsch.


Ich würde eher sagen, man weiß nicht, ob diese Vorstellung falsch ist.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 26. Dez 2023 12:32    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Es gibt Darstellungen, die sind explizit falsch, und die werden nicht korrigiert, obwohl dies möglich wäre. Beispiele:
[...]
B) verschränkte Teilchen analog zu einem Paar Schuhe


Wie geht das?
Quantumdot
Gast





Beitrag Quantumdot Verfasst am: 26. Dez 2023 12:51    Titel: Antworten mit Zitat

willyengland hat Folgendes geschrieben:
Das ist ja alles schön und gut, aber was willst du denn?
Dem Schüler alles mit einem "komplexen Phasenraum", Maxwell und Schrödinger erklären?
Geometrische Optik, Wellenoptik, Orbitalmodell ... alles in den Mülleimer?

Geometrische Optik und Wellenoptik sind legitime Näherungen der elektromagnetischen Wechselwirkung für einen bestimmten Anwendungsfall.
Sich über die Behandlung dessen zu beschweren ist wie als wenn man sagen würde, dass man keine newtonsche Mechanik mehr machen solle, weil die Vorstellung des absoluten Raumes und der absoluten Zeit falsch ist und wir in einer relativistischen Raumzeit leben. Also müssten wir sofort Relativitätstheorie machen. Das vertrete ich nicht.

Das Orbitalmodell hat meiner Meinung nach eine Daseinsberechtigung sofern man es richtig behandelt wie TomS gesagt hat. Das bohrsche Atommodell halte ich da für kritischer, aber ich weiß auch nicht was im Chemieunterricht der Mittelstufe ein besserer Ersatz wäre, da dort das Orbitalmodell die Schüler wahrscheinlich überfordern würde.

Mir ging es um die Behandlung explizit falscher Darstellungen und der Welle-Teilchen-Dualismus ist ein Begriff, der zu falschen Implikationen führt. Ich bin kein Physiker, sondern habe mir Physik im Selbststudium angeeignet und dabei habe ich eine gewisse Zeit gebraucht Begriffe aus meiner Bildungskarriere zu identifizieren, die falsch sind, um sie dann über Bord zu werfen. Bestimmte Aspekte des Physikunterrichts aus der Schule haben mir später das Verständnis der Physik erschwert und wenn Begriffe das Verständnis erschweren, halte ich sie für fragwürdig.

Zitat:
Schüler … verstehen schon, dass es nicht objektiv so ist, sondern Heranführungen an etwas im Grunde unbegreifliches.

Wobei ich es nicht im Grunde unbegreiflich halte. Es ist begreiflich. Dann muss man sich aber die Mühe machen, den ganzen Formalismus zu lernen. Ich weiß aber, dass man das nicht in einer Schule leisten kann.


Arena_Gast hat Folgendes geschrieben:
Ich würde eher sagen, man weiß nicht, ob diese Vorstellung falsch ist.


Doch das weiß man. Zum einen ist das die logische Schlussfolgerung, wenn man den mathematischen Unterbau der modernen Quantenmechanik ernst nimmt (und glaubt dass die Quantenmechanik vollständig ist/keine hidden variables) und zum anderen gibts dazu Experimente, die Klarheit darüber verschaffen. Siehe z.B. das GHZ Experiment. Das Experiment zeigt, dass die zu messende Eigenschaft vor der Messung nicht vorliegt. Nach heutigem Kenntnisstand ist deshalb die richtige Sprechweise, dass ein Elektron eines Wasserstoffatoms in einem Energieeigenzustand keinen definierten Ort hat.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 26. Dez 2023 13:29    Titel: Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:

Arena_Gast hat Folgendes geschrieben:
Ich würde eher sagen, man weiß nicht, ob diese Vorstellung falsch ist.


Doch das weiß man. Zum einen ist das die logische Schlussfolgerung, wenn man den mathematischen Unterbau der modernen Quantenmechanik ernst nimmt (und glaubt dass die Quantenmechanik vollständig ist/keine hidden variables)


Die logische Schlussfolgerung aufgrund eines Glaubens ist kein Wissen.

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:

und zum anderen gibts dazu Experimente, die Klarheit darüber verschaffen. Siehe z.B. das GHZ Experiment. Das Experiment zeigt, dass die zu messende Eigenschaft vor der Messung nicht vorliegt.


@TomS: Stimmt das?
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Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2023 15:36    Titel: Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Das bohrsche Atommodell halte ich da für kritischer, aber ich weiß auch nicht was im Chemieunterricht der Mittelstufe ein besserer Ersatz wäre, da dort das Orbitalmodell die Schüler wahrscheinlich überfordern würde … Bestimmte Aspekte des Physikunterrichts aus der Schule haben mir später das Verständnis der Physik erschwert und wenn Begriffe das Verständnis erschweren, halte ich sie für fragwürdig.

Der Punkt ist, dass man in keinem anderen Fach Dinge dreimal lernt, zweimal davon mehr oder weniger falsch. Warum eigentlich?

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Doch das weiß man. Zum einen ist das die logische Schlussfolgerung, wenn man den mathematischen Unterbau der modernen Quantenmechanik ernst nimmt (und glaubt dass die Quantenmechanik vollständig ist/keine [local] hidden variables) und zum anderen gibts dazu Experimente, die Klarheit darüber verschaffen. Siehe z.B. das GHZ Experiment. Das Experiment zeigt, dass die zu messende Eigenschaft vor der Messung nicht vorliegt.

Ich persönlich halte das Ziel, zu verstehen, was explizit nicht zutrifft, für mindestens genauso legitim.

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Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2023 15:43    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Wie geht das? … @TomS: Stimmt das?

Wenn man zwei Schuhe aus einem Paar in zwei verschiedene Säcke packt und von zwei verschiedenen Personen Beobachtungen durchführen lässt, ist es legitim, anzunehmen, dass genau einer der beiden Schuhe ein rechter ist, der andere ein linker, dass dies immer zutrifft, dass die Schuhe nicht heimlich die Säcke wechseln etc. D.h. jeder der beiden Schuhe hat für sich immer diese eine an ihm lokalisierte Eigenschaft – auch wenn sie nach außen unbekannt ist.

Die selbe Annahme übertragen auf ein Paar verschränkter Quantenobjekte, mit Messung von z.B. den Einzelspins oder -polarisationen, führt zu experimentellen Widersprüchen. Man kann also beweisen, dass die Annahme, weil in zwei lokalen Messungen an jeweils einem Quantenobjekt aus einem verschränkten Paar immer entgegengesetzte Eigenschaften beobachten werden, liegen diese beiden entgegengesetzte Eigenschaften bereits vor den Messungen an den beiden einzelnen Objekten vor, falsch sein muss.

Siehe insbs. Bell et al., Zeilinger et al., dieser FAQ-Beitrag: https://www.physikerboard.de/ptopic,394512.html#394512

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Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 26. Dez 2023 16:13    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Wie geht das? … @TomS: Stimmt das?

Wenn man zwei Schuhe aus einem Paar in zwei verschiedene Säcke packt und von zwei verschiedenen Personen Beobachtungen durchführen lässt, ist es legitim, anzunehmen, dass genau einer der beiden Schuhe ein rechter ist, der andere ein linker, dass dies immer zutrifft, dass die Schuhe nicht heimlich die Säcke wechseln etc. D.h. jeder der beiden Schuhe hat für sich immer diese eine an ihm lokalisierte Eigenschaft – auch wenn sie nach außen unbekannt ist.


Das wäre dann keine Veranschaulichung der Verschränkung, sondern der Verschränkung unter der Annahme versteckter Variablen?

TomS hat Folgendes geschrieben:

Die selbe Annahme übertragen auf ein Paar verschränkter Quantenobjekte, mit Messung von z.B. den Einzelspins oder -polarisationen, führt zu experimentellen Widersprüchen. Man kann also beweisen, dass die Annahme, weil in zwei lokalen Messungen an jeweils einem Quantenobjekt aus einem verschränkten Paar immer entgegengesetzte Eigenschaften beobachten werden, liegen diese beiden entgegengesetzte Eigenschaften bereits vor den Messungen an den beiden einzelnen Objekten vor, falsch sein muss.


Das bedeutet dann "ja" in Bezug auf die zweite Frage?
Dann wäre damit die de Broglie Bohm Theorie widerlegt?
Quantumdot
Gast





Beitrag Quantumdot Verfasst am: 26. Dez 2023 16:19    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Der Punkt ist, dass man in keinem anderen Fach Dinge dreimal lernt, zweimal davon mehr oder weniger falsch. Warum eigentlich?



In der Chemie ist es aber zum Teil auch so, weil gerade in diesem Fach führt man recht früh das bohrsche Atommodell ein. Teilweise davor noch das daltonsche Atommodell. Ohne Atome erreicht man in der Chemie halt nicht viel, aber Atome sind halt nicht leicht zu verstehen.

Ich überlege gerade ob es in der Mathematik auch so ist. Man betrachtet in der Mittelstufe bereits reelle Zahlen, ohne aber die reellen Zahlen formal konstruiert zu haben (bspw dedekindsche Schnitte). Aber ich glaube das ist qualitativ was anderes. Man verlässt sich halt ein bisschen auf Intuition und macht das nicht alles so genau. Man erzählt aber nicht etwas, das grundsätzlich falsch ist.

Zitat:
Ich persönlich halte das Ziel, zu verstehen, was explizit nicht zutrifft, für mindestens genauso legitim.

Deswegen mein Vorschlag anhand des Doppelspaltexperiments ganz am Anfang zu zeigen, dass die Dynamik von Quantenobjekten nicht durch (klassische) Bahnen beschrieben werden kann und dies deshalb den Aufbau einer neuen Mechanik erfordert. Dabei muss man das Doppelspaltexperiment in verschiedenen Varianten durchspielen. Wie bspw, dass man einmal den linken und einmal den rechten Spalt zuhält etc. Später nachdem man den Formalismus aufgebaut hat und ein bisschen damit rumgerechnet hat, sollte man auf sowas wie hidden variables eingehen. Das ist allerdings ein Vorgehen, wie ich es an einer Universität machen würde. An einer Schule muss man die Komplexität irgendwie reduzieren. Aber plausibel zu machen, dass die Aufgabe der klassischen Teilchenbahnen erforderlich ist, kann man auch an einer Schule bringen.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2023 17:42    Titel: Antworten mit Zitat

@Aruna –

Ich will nicht auf verborgene Variablen hinaus, sondern auf die teilweise anzutreffende falsche Veranschaulichung verschränkter Zustände anhand klassischer Eigenschaften wie bei einem Paar Schuhe. Die Bohmsche Mechanik klammere ich aus; aber die ist nicht-lokal realistisch, was ja durch das Bellsche Theorem nicht ausgeschlossen wird.

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Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 26. Dez 2023 20:57    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich will nicht auf verborgene Variablen hinaus, sondern auf die teilweise anzutreffende falsche Veranschaulichung verschränkter Zustände anhand klassischer Eigenschaften wie bei einem Paar Schuhe.


wird das so an Schulen oder Universitäten veranschaulicht?

TomS hat Folgendes geschrieben:

Die Bohmsche Mechanik klammere ich aus; aber die ist nicht-lokal realistisch, was ja durch das Bellsche Theorem nicht ausgeschlossen wird.


Aber die geht von definierten Teilchenorten aus, auch ohne Messung?
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2023 21:39    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich will nicht auf verborgene Variablen hinaus, sondern auf die teilweise anzutreffende falsche Veranschaulichung verschränkter Zustände anhand klassischer Eigenschaften wie bei einem Paar Schuhe.

wird das so an Schulen oder Universitäten veranschaulicht?

Ich habe es schon gelesen.

Es veranschaulicht einen Aspekt zutreffend, nämlich dass mittels Verschränkung keine überlichtschnelle Informationsübertragung verbunden ist.

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Bohmsche Mechanik klammere ich aus; aber die ist nicht-lokal realistisch, was ja durch das Bellsche Theorem nicht ausgeschlossen wird.

Aber die geht von definierten Teilchenorten aus, auch ohne Messung?

Ja. Aber nicht alle Informationen hängen an den Teilchen, insbs. nicht der Spin.

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TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2023 21:51    Titel: Antworten mit Zitat

Eventuell interessant:

https://arxiv.org/abs/quant-ph/0208124
Bohm’s interpretation and maximally entangled states
Several no-go theorems showed the incompatibility between the locality assumption and quantum correlations obtained from maximally entangled spin states. We analyze these no-go theorems in the framework of Bohm's interpretation. The mechanism by which non-local correlations appear during the results of measurements performed on distant parts of entangled systems is explicitly put into evidence in terms of Bohmian trajectories. It is shown that a GHZ like contradiction of the type+1=-1 occurs for well-chosen initial positions of the Bohmian trajectories and that it is this essential non-classical feature that makes it possible to violate the locality condition.

Es wird explizit auf nicht-lokale Eigenschaften und auf die Problematik der Lorentz-Kovarianz hingewiesen.

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Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 27. Dez 2023 22:42    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich will nicht auf verborgene Variablen hinaus, sondern auf die teilweise anzutreffende falsche Veranschaulichung verschränkter Zustände anhand klassischer Eigenschaften wie bei einem Paar Schuhe.

wird das so an Schulen oder Universitäten veranschaulicht?

Ich habe es schon gelesen.

Es veranschaulicht einen Aspekt zutreffend, nämlich dass mittels Verschränkung keine überlichtschnelle Informationsübertragung verbunden ist.


Zutreffend? Zutreffend, dass keine Information übertragen wird, oder zutreffend, warum keine Information übertragen wird?
Bei den Schuhen wird nix übertragen (außer - im Vorfeld der Messung -den Schuhen selbst (inklusive ihrer Füßigkeit) und dem Wissen, das ein anderer den komplementären Schuh bekommen hat.
Bei verschränkten Teilchen gibt es eine instantane Wirkung, mit der aber keine Information übertragen werden kann.
Das entspräche eher zwei Paar Schuhen, die auf die Säcke verteilt werden, so dass in jedem Sack ein rechter und ein linker Schuh, aber nicht desselben Paares sind.
Wenn dann einer von beiden in seinen Sack guckt, verschwindet auf wundersame Weise eines der Paare.
In der Hälfte der Fälle verschwindet das eine Paar, in der anderen Hälfte das andere.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Bohmsche Mechanik klammere ich aus; aber die ist nicht-lokal realistisch, was ja durch das Bellsche Theorem nicht ausgeschlossen wird.

Aber die geht von definierten Teilchenorten aus, auch ohne Messung?

Ja. Aber nicht alle Informationen hängen an den Teilchen, insbs. nicht der Spin.


Und was hat das mit der Frage zu tun, ob es experimentell gesichert sei, dass das Elektron eines Wasserstoffatoms keinen bestimmten Ort hat, bevor man den Ort misst?
TomS
Moderator


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Beiträge: 18092

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Dez 2023 13:52    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Zutreffend, dass keine Information übertragen wird, oder zutreffend, warum keine Information übertragen wird?

Dass keine Information übertragen wird.

Ich glaube nicht, dass es für das warum schon eine vernünftige Lösung gibt.

Klassisch ist das ohnehin klar, da es keine nicht-lokale Verschränkung und damit überhaupt keine Frage gibt. Für die Fragestellung im Rahmen der Quantenmechanik hilft eine klassische Beschreibung nicht.


Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Und was hat das mit der Frage zu tun, ob es experimentell gesichert sei, dass das Elektron eines Wasserstoffatoms keinen bestimmten Ort hat, bevor man den Ort misst?

Das verstehe ich nicht. Zuletzt ging es doch gar nicht um den Ort.

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Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 29. Dez 2023 01:47    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Zutreffend, dass keine Information übertragen wird, oder zutreffend, warum keine Information übertragen wird?

Dass keine Information übertragen wird.

Ich glaube nicht, dass es für das warum schon eine vernünftige Lösung gibt.


Doch natürlich
1.) ist Messen ein passiver Prozess, d.h. man kann nicht gezielt Spin Up messen und am Gegenpart Spin Down erzeugen.
2.) sind QM-Messergebnisse probabilistisch
D.h. man bekommt eine Zufallsreihe, der man nicht ansehen kann, ob die eine originäre Zufallsreihe ist, oder die komplementäre Zufallsreihe zu einer, die ein anderer gemessen hat.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Für die Fragestellung im Rahmen der Quantenmechanik hilft eine klassische Beschreibung nicht.


Magische Quanten-Schuhe sind nicht klassisch.
Wenn man in den Sack guckt, findet man einen rechten oder linken Schuh.
Man hat keine Möglichkeit festzustellen, ob man einen rechten Schuh bekommt, weil der andere vorher in seinen Sack geguckt hat und einen linken gefunden, oder weil man zuerst in den Sack guckt, und halt zufällig einen rechten findet, wodurch der andere determiniert einen linken finden wird, aber auch nicht wissen kann, ob er den zufällig findet, oder durch den Zufall auf der anderen Seite determiniert.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 29. Dez 2023 02:02    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Und was hat das mit der Frage zu tun, ob es experimentell gesichert sei, dass das Elektron eines Wasserstoffatoms keinen bestimmten Ort hat, bevor man den Ort misst?

Das verstehe ich nicht. Zuletzt ging es doch gar nicht um den Ort.


Aus irgendeinem Grund hattest Du Dich entschieden, zwei verschiedene Fragen von mir in einer Antwort zu beantworten und dadurch ist der Ort wohl unter den Tisch gefallen...

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Quantumdot hat Folgendes geschrieben:

Die Sprechweise, die man oft in diesem Kontext hört ist "Das Orbital gibt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons für die verschiedenen Orte an". Das führt zu der falschen Implikation, dass das Elektron immer irgendwo in dem Orbital lokalisiert sei, man aber nur nicht genau sagen könne wo es sei, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit für den Aufenthaltsort angeben könne. Diese Vorstellung ist falsch.


Ich würde eher sagen, man weiß nicht, ob diese Vorstellung falsch ist.


Quantumdot hat Folgendes geschrieben:

Doch das weiß man. Zum einen ist das die logische Schlussfolgerung, wenn man den mathematischen Unterbau der modernen Quantenmechanik ernst nimmt (und glaubt dass die Quantenmechanik vollständig ist/keine hidden variables) und zum anderen gibts dazu Experimente, die Klarheit darüber verschaffen. Siehe z.B. das GHZ Experiment. Das Experiment zeigt, dass die zu messende Eigenschaft vor der Messung nicht vorliegt. Nach heutigem Kenntnisstand ist deshalb die richtige Sprechweise, dass ein Elektron eines Wasserstoffatoms in einem Energieeigenzustand keinen definierten Ort hat.


Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:

@TomS: Stimmt das?


TomS hat Folgendes geschrieben:

Die selbe Annahme übertragen auf ein Paar verschränkter Quantenobjekte, mit Messung von z.B. den Einzelspins oder -polarisationen, führt zu experimentellen Widersprüchen. Man kann also beweisen, dass die Annahme, weil in zwei lokalen Messungen an jeweils einem Quantenobjekt aus einem verschränkten Paar immer entgegengesetzte Eigenschaften beobachten werden, liegen diese beiden entgegengesetzte Eigenschaften bereits vor den Messungen an den beiden einzelnen Objekten vor, falsch sein muss.


Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:

Das bedeutet dann "ja" in Bezug auf die zweite Frage?
Dann wäre damit die de Broglie Bohm Theorie widerlegt?


Also: Quantumdot hat behauptet, das GHZ Experiment zeigte, dass die zu messende Eigenschaft vor der Messung nicht vorliegt und daher die Eigenschaft "Ort" eines Wasserstoff-Elektrons vor einer Messung nicht existiert.
Und ich fragte Dich, ob das stimmt, weil ich nicht ausschließe, dass das GHZ-Experiment nur eine Aussage über die Eigenschaften von verschränkten Teilchen macht, und nicht allgemein, dass in QT-Systemen Eigenschaften vor der Messung nicht vorliegt. Damit wäre die de Broglie-Bohm Theorie, die ja behauptet, dass Orte auch vor der Messung vorliegen, widerlegt.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18092

Beitrag TomS Verfasst am: 29. Dez 2023 09:42    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Dass keine Information übertragen wird.

Ich glaube nicht, dass es für das warum schon eine vernünftige Lösung gibt.


Doch natürlich
1.) ist Messen ein passiver Prozess, d.h. man kann nicht gezielt Spin Up messen und am Gegenpart Spin Down erzeugen.
2.) sind QM-Messergebnisse probabilistisch
D.h. man bekommt eine Zufallsreihe, der man nicht ansehen kann, ob die eine originäre Zufallsreihe ist, oder die komplementäre Zufallsreihe zu einer, die ein anderer gemessen hat. [/quote]
Aber genau das ist doch das Messproblem. Die Dynamik der Quantenmechanik d.h. die unitäre Zeitentwicklung erklärt im Detail, warum sich ein Zustand wie entwickelt. Die stochastische Auswahl einer der Möglichkeiten im Zuge einer Messung besagt, dass es so ist, muss aber dazu der zuvor genannten Dynamik widersprechen, und erklärt nicht, wie und warum diese stochastische Selektion aus der deterministischen Dynamik folgt (es sei denn, man akzeptiert die Vielen Welten).

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Beitrag TomS Verfasst am: 29. Dez 2023 09:54    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Dass keine Information übertragen wird.

Ich glaube nicht, dass es für das warum schon eine vernünftige Lösung gibt.

Doch natürlich
1.) ist Messen ein passiver Prozess, d.h. man kann nicht gezielt Spin Up messen und am Gegenpart Spin Down erzeugen.
2.) sind QM-Messergebnisse probabilistisch
D.h. man bekommt eine Zufallsreihe, der man nicht ansehen kann, ob die eine originäre Zufallsreihe ist, oder die komplementäre Zufallsreihe zu einer, die ein anderer gemessen hat.

Aber genau das ist doch das Messproblem. Die Dynamik der Quantenmechanik d.h. die unitäre Zeitentwicklung erklärt im Detail, warum sich ein Zustand wie entwickelt. Die stochastische Auswahl einer der Möglichkeiten im Zuge einer Messung besagt, dass es so ist, muss aber dazu der zuvor genannten Dynamik widersprechen, und erklärt nicht, wie und warum diese stochastische Selektion aus der deterministischen Dynamik folgt (es sei denn, man akzeptiert die Vielen Welten).

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