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Mischungstemperatur von Eis und kochendem Wasser
 
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isi1



Anmeldungsdatum: 03.09.2006
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Beitrag isi1 Verfasst am: 13. Jul 2022 18:56    Titel: Mischungstemperatur von Eis und kochendem Wasser Antworten mit Zitat

Da gerade wieder einmal Mischungstemperaturen gefragt sind, nur so zur Unterhaltung:
Eine schwere Aufgabe, die 95% der neuen Studenten (mit Physik-Leistungskurs) nicht geschafft haben sollen, obwohl nur der Rechenweg und die zu berücksichtigen physikalischen Effekte aufzuführen waren.

Wenn man in einem Münchner Labor 1 L kochendes Wasser und 1 L Eis mit -20 °C mischt, wie berechnet man die Mischungstemperatur ?

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willyengland



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Beitrag willyengland Verfasst am: 14. Jul 2022 13:32    Titel: Antworten mit Zitat

40°?
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Gruß Willy
isi1



Anmeldungsdatum: 03.09.2006
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Beitrag isi1 Verfasst am: 14. Jul 2022 13:48    Titel: Antworten mit Zitat

willyengland hat Folgendes geschrieben:
40°?
Die meisten haben einfach 100° und -20° gemittelt und 100 - 120/2 = 40° rausbekommen.
Ein weiterer Teil hat noch zusätzlich -80° für die Schmelzwärme der einen Hälfte berücksichtigt, was dann zum Mittel aus +100° und -100° also 0 ° führt.

Lauter "Grundschulergebnisse" - alles ganz weit von wirklicher Physik entfernt.

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willyengland



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Beiträge: 676

Beitrag willyengland Verfasst am: 14. Jul 2022 14:48    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe einfach so gerechnet, als würde man zwei Flüssigkeiten mischen.
Schmelzwärme habe ich nicht bedacht. Muss man die auswendig wissen?

Ist 0° also die korrekte Lösung?

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Gruß Willy
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
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Beitrag Myon Verfasst am: 14. Jul 2022 15:11    Titel: Antworten mit Zitat

Die Frage ist, was unter "1L Eis" verstanden wird. 1L Eis entspräche etwa 0.918L Wasser. Um diese Menge Eis aufzuwärmen und zu schmelzen, muss das kochende Wasser um etwa 82.4° abgekühlt werden. Die Mischtemperatur am Ende beträgt, Rechenfehler vorbehalten, etwa 9.2°C. Eine genauere Rechnung müsste noch den Siedepunkt auf der Höhe des Münchner Labors berücksichtigen.
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 14. Jul 2022 16:11    Titel: Antworten mit Zitat

Myon hat Folgendes geschrieben:
1L Eis entspräche etwa 0.918L Wasser.


Das würde es, wenn beide eine Temperatur von 0 °C hätten. Tatsächlich beträgt das Masserverhältnis 0,963.

Myon hat Folgendes geschrieben:
Eine genauere Rechnung müsste noch den Siedepunkt auf der Höhe des Münchner Labors berücksichtigen.


Dazu müsste man nicht nur den Ort, sondern auch die Zeit kennen. Der Luftdruck ist ja schließlich nicht konstant. Man könnte hier bestenfalls einen statistischen Mittelwert verwenden. Vielleicht kennt ja jemand entsprechende Wetterarchive.

Was man allerdings berücksichtigen muss, ist die Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität. Dazu suche ich gerade entsprechende Werte. Für flüssiges Wasser kann ich NIST verwendet. Für Eis gibt es zumindest Tabellenwerte.
isi1



Anmeldungsdatum: 03.09.2006
Beiträge: 2902
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Beitrag isi1 Verfasst am: 14. Jul 2022 17:00    Titel: Antworten mit Zitat

Myon hat Folgendes geschrieben:
o 1L Eis entspräche etwa 0.918L Wasser
o Siedepunkt auf der Höhe des Münchner Labors berücksichtigen.
Genau, Myon und DrStupid, sehr gut. Auf diese Eigenschaften kam es dem Physikprof. an.
Und was DrStupid erwähnte:
o Eis speichert mit der Temperatur nur halb soviel Energie pro Grad wie Wasser
o Auch ist diese Speicherfähigkeit temperaturabhängig
Fehlt noch:
o Wasser hat in München beim Siedepunkt weniger als 1 kg/L (Wärmeausdehnung)

Der Professor hatte nicht verlangt, die diversen Materialeigenschaften zu wissen, die man in einem Physiktabellenbuch nachschlagen müsste. Deshalb war nur gefragt, wie man das berechnet, d.h. welche physikalischen Eigenschaften bei dieser Aufgabe berücksichtigt werden sollten.

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Zuletzt bearbeitet von isi1 am 14. Jul 2022 17:11, insgesamt 2-mal bearbeitet
Myon



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Beiträge: 5867

Beitrag Myon Verfasst am: 14. Jul 2022 17:08    Titel: Antworten mit Zitat

Stimmt. Dass die spez. Wärme von Eis geringer ist als diejenige von Wasser hatte ich berücksichtigt, aber nicht, dass die Dichte von Wasser über 4% abnimmt mit der Temperatur.
isi1



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Beitrag isi1 Verfasst am: 14. Jul 2022 17:13    Titel: Antworten mit Zitat

Myon hat Folgendes geschrieben:
Stimmt. Dass die spez. Wärme von Eis geringer ist als diejenige von Wasser hatte ich berücksichtigt, aber nicht, dass die Dichte von Wasser über 4% abnimmt mit der Temperatur.
Egal, dem Prof. kam es nur darauf an, den angehenden Studenten zu zeigen, was 'physikalisch zu denken' heißt. Und das habt Ihr glänzend gezeigt.
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DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 14. Jul 2022 17:45    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hab's jetzt mal durchgerechnet und komme auf 11,5 °C.

Dichte und Wärmekapazität von Eis habe ich aus https://www.engineeringtoolbox.com/ice-thermal-properties-d_576.html. Die Wärmekapazität habe ich mit einer qudratischen Funktion gefittet und dann über die Temperatur integriert.

Laut http://www.niederschlagsradar.de/wettercharts.aspx?station=M%C3%BCnchen&stationcode=55&soort=AirPressure lag der Luftdruck in München in den letzten 10 Jahren zwischen 967 hPa und 1058 hPa und pendelt um den Mittelwert von rund 1020 hPa. Laut https://www.internetchemie.info/chemie-lexikon/daten/w/wasser-dampfdruck.php ist die Siedetemperatur damit nur unwesentlich von 100 °C verschieden. Die dazugehörige Dichte liefert https://www.internetchemie.info/chemie-lexikon/daten/w/wasser-dichtetabelle.php.

Wie oben schon angedeutet, habe ich die thermodynamischen Daten für flüssiges Wasser aus https://webbook.nist.gov/cgi/cbook.cgi?ID=C7732185&Units=SI&Mask=2#Thermo-Condensed. Dabei habe ich mich garnicht erst mit der Wärmekapazität abgegeben, sondern gleich mit der Enthalpie gerechnet.

Grundsätzlich gehört natürlich zum Rechenweg, dass man drei Spezialfälle unterscheidet: alles schmiltzt, alles erstarrt oder man hat am Ende eine Mischung aus Eis und Wasser. Ich habe von vorn herein auf komplettes Schmelzen getippt, aber ob das wirklich stimmt, sieht man erst nach der Rechnung.
isi1



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Beitrag isi1 Verfasst am: 14. Jul 2022 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist ja eine Meisterleistung, vielen Dank, DrStupid, jetzt wissen wir die Mischungstemperatur genau.
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DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 14. Jul 2022 18:12    Titel: Antworten mit Zitat

isi1 hat Folgendes geschrieben:
Das ist ja eine Meisterleistung, vielen Dank, DrStupid, jetzt wissen wir die Mischungstemperatur genau.


Nicht wirklich. Ich habe einen Rechenfehler gefunden. Nach der Korrektur sind es nur noch 7,3 °C. Weitere Fehler sind nicht auszuschließen.
isi1



Anmeldungsdatum: 03.09.2006
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Beitrag isi1 Verfasst am: 14. Jul 2022 18:22    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Nicht wirklich. Ich habe einen Rechenfehler gefunden. Nach der Korrektur sind es nur noch 7,3 °C. Weitere Fehler sind nicht auszuschließen.
Das zeichnet die Physiker aus: Ständig auch die eigenen Ergebnisse anzweifeln!
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willyengland



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Beitrag willyengland Verfasst am: 14. Jul 2022 19:01    Titel: Antworten mit Zitat

Alles nur Theorie! Big Laugh
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Gruß Willy
isi1



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Beiträge: 2902
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Beitrag isi1 Verfasst am: 14. Jul 2022 19:36    Titel: Antworten mit Zitat

willyengland hat Folgendes geschrieben:
Alles nur Theorie! :D
Steht ja in #1, dass es eine schwere Aufgabe (zur Unterhaltung) ist.
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Steffen Bühler
Moderator


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Beitrag Steffen Bühler Verfasst am: 14. Jul 2022 20:34    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
…lag der Luftdruck in München in den letzten 10 Jahren zwischen 967 hPa und 1058 hPa und pendelt um den Mittelwert von rund 1020 hPa.

Die Meteorologen nehmen allerdings den auf Meereshöhe runtergerechneten Luftdruck. München liegt 500 Meter höher, der wahre Luftdruck dort ist also niedriger. Siehe z.B. Wiki.

Viele Grüße
Steffen
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 15. Jul 2022 09:54    Titel: Antworten mit Zitat

Steffen Bühler hat Folgendes geschrieben:
Die Meteorologen nehmen allerdings den auf Meereshöhe runtergerechneten Luftdruck.


Das ist ja hinterhältig! Ich hatte mich schon gewundert, warum in München Normaldruck herrscht. Wenn ich den angegebenen Luftdruck auf 500 m Höhe zurückrechne, dann komme ich auf 963 hPa. Damit kocht Wasser bei 98,5 °C und die Mischtemperatur liegt nach meiner Rechnung bei 6,6 °C.
Steffen Bühler
Moderator


Anmeldungsdatum: 13.01.2012
Beiträge: 7244

Beitrag Steffen Bühler Verfasst am: 15. Jul 2022 11:01    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Das ist ja hinterhältig!

Nicht wahr? Aber wie sollen sie sonst ihre Isobaren zeichnen. Flashback: ein alter Mann malt in den 60ern nach der Tagesschau mit quietschender Kreide die Wetterkarte...

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
dann komme ich auf 963 hPa

Ja, sowas in der Richtung zeigt meine Wetterstation auch an, wenn ich die Batterien gewechselt und die Höhe noch nicht eingegeben habe.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 15. Jul 2022 12:15    Titel: Antworten mit Zitat

Steffen Bühler hat Folgendes geschrieben:
Aber wie sollen sie sonst ihre Isobaren zeichnen.


So wie normale Menschen: um die Berge herum. Big Laugh

Ich habe übrigens ausgerechnet, dass das Eis ab ca. 5,4 km Höhe nicht mehr komplett auftaut.
WAFFenmeister
Gast





Beitrag WAFFenmeister Verfasst am: 15. Jul 2022 16:19    Titel: Antworten mit Zitat

wow das ist ja richtige raketenwissenschaft. Dass 95 % der studenten das falsch machen zeigt wie recht die PISA studie doch gehabt hat.
isi1



Anmeldungsdatum: 03.09.2006
Beiträge: 2902
Wohnort: München

Beitrag isi1 Verfasst am: 15. Jul 2022 16:36    Titel: Antworten mit Zitat

WAFFenmeister hat Folgendes geschrieben:
zeigt wie recht die PISA studie doch gehabt hat.
So schlimm ist es nicht, WAFFenmeister, denn die mit Leistungskurs Physik wissen sicher all die Einzelheiten und können auch erklären, warum das so ist. Die ersten Tage in der Uni sind eben extrem aufregend, was das präzise und ruhige Nachdenken wohl etwas erschwert.
Manch einer der Professoren will die Studenten eben etwas drastisch auf die gewachsenen Anforderungen vorbereiten (und hat seinen Spaß daran).

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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 15. Jul 2022 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

isi1 hat Folgendes geschrieben:
Die ersten Tage in der Uni sind eben extrem aufregend, was das präzise und ruhige Nachdenken wohl etwas erschwert.


Dann kommt es noch darauf an, was man vorher gemacht hat. Nach zwei Jahren Armee hatte ich so gut wie alles vergessen. Nach ein paar Wochen war dann aber auch alles wieder da. Deshalb würde ich so einem Test zu Beginn des Studiums auch nicht viel Bedeutung beimessen. Da geht es nur darum, den Studenten zu zeigen, dass sie jetzt ein paar Gänge höher schalten müssen.
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