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Strömungswiderstand - Relativgeschwindigkeit
 
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pyro



Anmeldungsdatum: 15.01.2022
Beiträge: 11

Beitrag pyro Verfasst am: 25. Mai 2022 22:22    Titel: Strömungswiderstand - Relativgeschwindigkeit Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Wieso kann bzw. muss bei der Berechnung der Strömungswiderstandskraft die Relativgeschwindigkeit verwendet werden?

Ich hatte mir versucht das mit der Beschleunigung der durchfahrenen Luftmasse herzuleiten, komme aber auf keinen grünen Zweig.

Angenommen ein Fahrzeug mit der Frontfläche A=1m^2 bewegt sich relativ zu einem ruhenden Beobachter mit konstant 10m/s bei Windstille, cw Wert 1 (also recht kastig aber damit rechnet es sich leicht), Luftdichte=1.2kg/m³, dann werden pro Sekunde 12kg Luft vor dem Fahrzeug verdrängt. Die notwendige Kraft beträgt nach der Formel 60N. Also pro Sekunde 60N*10m=600Nm. Bildlich kann ich mir hier vorstellen dass quasi 12kg Luft auf 10m/s beschleunigt wurden: 0.5*12kg*(10m/s)^2=600Nm. Die reale Verteilung ist natürlich gemischt, es ist ja nicht ein fester Block.
Bei einer Geschwindigkeit von 20m/s: 240N*20m=4800Nm (entspricht 0.5*24kg*(20m/s)^2=4800Nm).

Soweit ok.
Nun gehe ich davon aus, dass es eine Windgeschwindigkeit von 10m/s in Bewegungsrichtung des Objekts gibt, welches sich mit 20m/s bewegt. Quasi Rückenwind, also eine Relativgeschwindigkeit von 10m/s (Der Beobachter sieht dass sich das Objekt mit 20m/s in eine Richtung bewegt und die Luft in die gleiche mit 10m/s). Als Strömungswiderstandskraft habe ich damit wieder 60N. Da sich das Objekt relativ zum stehenden Beobachter mit 20m/s bewegt muss es also die Arbeit von 60N*20m=1200Nm pro Sekunde verrichten um die Geschwindigkeit zu behalten.

Wenn ich mir nun aber vorstelle was ich beobachte komme ich auf folgendes: Das Fahrzeug durchfährt pro Sekunde 10m³ Luft, verdrängt daher eine Masse von 12kg. Jetzt war meine Vermutung, dass ich annehmen kann, die Luftmasse von 12kg wird nun von 10m/s auf 20m/s beschleunigt. Das wäre aber eine notwendige Arbeit von 0.5*12kg*((20m/s)^2-(10m/s)^2) = 1800Nm und nicht die geleisteten 1200Nm.

Ich vermute daher ich bin mit dieser Betrachtung auf dem Holzweg und ich kann das gar nicht so mit beschleunigten Massen darstellen.

Der Grund für einen Versuch dieser Herleitung kam von folgendem Artikel, der versucht die Kräfte durch die klassische Mechanik mit bewegten Massen darzustellen.
https://www.researchgate.net/publication/337934778_Why_drag_and_KE_are_proportional_to_velocity2

Ich würde mich freuen wenn ihr hier eine Erklärung habt, warum ersteinmal die Relativgeschwindigkeit verwendet werden kann, und wie man sich insbesondere im Falle einer Relativgeschwindigkeit bildlich vorstellen kann, was mit der Luftmasse kinetisch passiert.

Danke schonmal!
jmd



Anmeldungsdatum: 28.10.2012
Beiträge: 577

Beitrag jmd Verfasst am: 26. Mai 2022 09:23    Titel: Antworten mit Zitat

Die Luft wird nicht auf die Geschwindigkeit des Autos beschleunigt.
Die strömt zur Seite weg. Es ist wahrscheinlich so, dass nur ein geringer Teil der aufgebrachten Energie auf die Luft übertragen wird.
Der Großteil wird auf die Erde übertragen
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 26. Mai 2022 11:36    Titel: Re: Strömungswiderstand - Relativgeschwindigkeit Antworten mit Zitat

pyro hat Folgendes geschrieben:
Wieso kann bzw. muss bei der Berechnung der Strömungswiderstandskraft die Relativgeschwindigkeit verwendet werden?


Wie Du ja selbst festgestellt hast, ist diese Gleichung nicht Galilei-invariant. Sie gilt nur in ausgezeichneten Bezugssystemen - und zwar in solchen, in denen sich nur das Fluid bewegt. Das liegt daran, dass die zugrunde liegende Bernoulli-Gleichung auf der Energieerhaltung in reibungsfrei strömenden Fluiden basiert. Das funktioniert nur, wenn alle Hindernisse (in Deinem Fall das Fahrzeug) ruhen. Wenn sie sich bewegen, dann verrichtet das Fluid Arbeit an ihnen und seine Energie ist nicht mehr erhalten.
pyro



Anmeldungsdatum: 15.01.2022
Beiträge: 11

Beitrag pyro Verfasst am: 26. Mai 2022 19:01    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die Antwort, gutes Stichwort. Gibt es denn ein Beispiel, wie man die Verdrängungsarbeit berechnet in diesem System in dem sich Fahrzeug und Luft bewegen? Bzw. generell Beispiele zu dem Thema?
Mit den normalen Kinetikrechnungen in bewegten Bezugssystemen kann ich rechnen und es nachvollziehen (Beispiele Beschleunigung in fahrendem Zug z.B.), aber die Themen Druck und Strömungsmechanik kenne ich noch nicht so gut.
Was ich gefunden habe ist folgende Veröffentlichung: https://www.usna.edu/Users/physics/mungan/_files/documents/Publications/EJP9.pdf
Habe auch schon etwas damit gerechnet, bin aber nicht sicher wie ich das auf das Auto-Beispiel transferieren kann und ob dann die Ergebnisse korrekt sind.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 26. Mai 2022 20:17    Titel: Antworten mit Zitat

pyro hat Folgendes geschrieben:
Gibt es denn ein Beispiel, wie man die Verdrängungsarbeit berechnet in diesem System in dem sich Fahrzeug und Luft bewegen? Bzw. generell Beispiele zu dem Thema?


Dazu müsstest Du uns sagen, was Du genau berechnen willst. Wenn es nur um die Bewegung des Fahrzeugs geht, dann reicht die Gleichung für den Strömungswiderstand. Wenn Du die Bewegung der Luft berechnen willst, dann steckst Du ganz tief in der Strömungsmechanik. Das geht z.B. mit den Navier-Stokes-Gleichungen.
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 5863
Wohnort: jwd

Beitrag Mathefix Verfasst am: 26. Mai 2022 21:48    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
pyro hat Folgendes geschrieben:
Gibt es denn ein Beispiel, wie man die Verdrängungsarbeit berechnet in diesem System in dem sich Fahrzeug und Luft bewegen? Bzw. generell Beispiele zu dem Thema?


Dazu müsstest Du uns sagen, was Du genau berechnen willst. Wenn es nur um die Bewegung des Fahrzeugs geht, dann reicht die Gleichung für den Strömungswiderstand. Wenn Du die Bewegung der Luft berechnen willst, dann steckst Du ganz tief in der Strömungsmechanik. Das geht z.B. mit den Navier-Stokes-Gleichungen.


Vllt reicht die einfache Überlegung "Rückenwind"
v_f = Geschwindigkeit Fahrzeug
v_s = Geschwindigkeit Fluid; gleiche Richtung wie v_f
Annahme: c_w in beide Richtungen gleich.

F= 1/2 * A * rho * c_w * (v_f^2 - v_s^2)
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 26. Mai 2022 22:13    Titel: Antworten mit Zitat

Mathefix hat Folgendes geschrieben:
Vllt reicht die einfache Überlegung "Rückenwind"
v_f = Geschwindigkeit Fahrzeug
v_s = Geschwindigkeit Fluid; gleiche Richtung wie v_f
Annahme: c_w in beide Richtungen gleich.

F= 1/2 * A * rho * c_w * (v_f^2 - v_s^2)


Ich wäre für

F= 1/2 * A * rho * c_w * (v_f - v_s) * |v_f - v_s|
pyro



Anmeldungsdatum: 15.01.2022
Beiträge: 11

Beitrag pyro Verfasst am: 27. Mai 2022 09:38    Titel: Antworten mit Zitat

Ja ich denke die Anwendung der Formel mit der Relativgeschwindigkeit ist mir soweit klar.
Ich habe nur Probleme mir vorzustellen, warum es so ist, auch wenn es recht trivial klingt.
Windgeschwindigkeit 0, Fahrzeuggeschwindigkeit 10m/s ergibt den gleichen Widerstand wie eine Windgeschwindigkeit von 100m/s und eine Fahrzeuggeschwindigkeit von 110m/s.
In beiden Fällen durchfahre ich die gleiche Luftmasse in der gleichen Zeit. Die Geschwindigkeit des Fahrzeugs relativ zum Boden und damit die verrichtete Arbeit pro Sekunde ist jedoch unterschiedlich (im ersten Fall pro Sekunde F*10m, im zweiten Fall F*110m). Bei Reibung wäre das für mich auch logisch (linear), bei einem verdrängen der Luft aber unklar wieso ich mehr Arbeit benötigen sollte um die gleiche Masse wegzuschieben. Daher mein - zugegeben sehr simpler - Versuch mir herzuleiten, ob die Luftmasse immer auf eine bestimmte Geschwindigkeit (Fahrzeuggeschwindigkeit) beschleunigt werden muss, um sie zu verdrängen.
Einfach weil ich wissen möchte was mit der geleisteten Arbeit genau geschieht. Wohin wird die Masse verschoben, und wie schnell?
Aber ich sehe ein das ist viel zu kurz gedacht, und wie DrStupid schreibt wird es ohne ein tiefergehendes Studium der relevanten Gleichungen nicht möglich sein. Danke aber für euren Input!
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