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Umgedrehtes Glas
 
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tinafragt
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Beitrag tinafragt Verfasst am: 09. Mai 2021 14:38    Titel: Umgedrehtes Glas Antworten mit Zitat

Hallo! Ich brauche mal einen kleinen Denkanstoß. Folgendes Problem: Man dreht unter Wasser ein Trinkglas mit dem Boden nach oben und zieht es langsam aus dem Wasser. Das Wasser bleibt natürlich durch den Luftdruck im Glas. Soweit klar. Erklären kann ich mir aber nicht, warum das Gewicht des Glases beim Herausziehen ansteigt. Meine Hand muss eine immer höhere Kraft aufbringen, um es herauszuziehen. Der äußere Luftdruck "schiebt" es doch quasi nach oben. Ich muss es nicht ziehen. Das Wasser ist ja nicht am Glas befestigt, so dass ich es halten müsste! Danke schon mal...
GvC



Anmeldungsdatum: 07.05.2009
Beiträge: 14861

Beitrag GvC Verfasst am: 09. Mai 2021 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

Du hebst sowohl das Wasser im Glas als auch das Glas aus dem Wasserbecken. Beide waren zuvor im Wasserbecken. Je weiter Du das Glas mitWasser herausziehst, desto geringer ist der Auftrieb und folgerichtig umso größer die aufzuwendende Kraft.
tinafragt
Gast





Beitrag tinafragt Verfasst am: 09. Mai 2021 15:39    Titel: Antworten mit Zitat

Auftrieb? Aber worin denn? Das Wasser ist seitlich von Glas umgeben. Und von unten wirkt die Kraft, die vom Luftdruck hervorgerufen wird. Das Wasser wird von nach oben getrieben. Ich verstehe die Erklärung ehrlich gesagt nicht (obwohl sie stimmen mag).
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5875

Beitrag Myon Verfasst am: 09. Mai 2021 16:08    Titel: Antworten mit Zitat

Du kannst entweder das gesamte System „Glas plus Wasser“ sowie die Kräfte, die von aussen an diesem System angreifen, betrachten.

Oder nur das Glas allein. Betrachte dazu neben der Gewichtskraft des Glases die Druckkräfte, die auf das Glas wirken. Einerseits die Kraft nach oben durch den Druck des Wassers auf den Glasboden, anderseits die Kraft durch den Luftdruck.
A.T.



Anmeldungsdatum: 06.02.2010
Beiträge: 343

Beitrag A.T. Verfasst am: 10. Mai 2021 08:38    Titel: Re: Umgedrehtes Glas Antworten mit Zitat

tinafragt hat Folgendes geschrieben:
Der äußere Luftdruck "schiebt" [das Wasser] doch quasi nach oben. Ich muss es nicht ziehen.

Der äußere Luftdruck drückt aber auch das Glas runter, und der Wasserdruck ganz oben im Glas kann dies nicht ausgleichen. Das kommt daher, dass der Wasserdruck im Glas schneller mit Höhe abnimmt als der Luftdruck außen um das Glas (wegen Dichte-Unterscheid).
gast_free
Gast





Beitrag gast_free Verfasst am: 10. Mai 2021 09:22    Titel: Antworten mit Zitat

Ich selber mache mir immer ein Modell über sämtliche Kräfte die auf so einen Körper wirken. Die Kraft die man selber aufbringen muss, damit das Glas in einer bestimmten Höhe außerhalb des Wassers gehalten wird bewirkt, das die Summe aller Kräfte zu Null wird.

FG: Gewichtskraft von Glas + eingeschlossenen Wasser.
FA:Auftriebskraft durch das Wasser in dem sich das Glas noch teilweise befindet.
FZ:Zug- bzew. Haltekraft, damit das Glas in Ruhe verharrt.

Die Auftriebskraft, durch den Luftdruck kann vernachlässigt werden.

Weitere Parameter:
R: Gesamtradius Querschnittsfläche des zylindrischen Glases.
r: Innenradius Querschnittsfläche.
H: Höhe des Glases.
x:Koordinate ab Wasseroberfläche. Halteposition des Glases.
MG: Masse des Glases
Gamma: Spezifische Masse des Glases.
g: Erdbeschleunigung

Gleichgewichtsbedingung:


Auftriebskraft:


Gewichtskraft:


Zugkraft:




Realiätscheck!
Wenn H=x, dann bleibt nur noch die Gewichtskraft von Glas+eingeschlossenen Wasser übrig. Diese muss durch FZ im Gleichgewicht gehalten werden. Die Zugkraft wird geringer, wenn x>0. Also wenn das Glas eintaucht.

A.T.



Anmeldungsdatum: 06.02.2010
Beiträge: 343

Beitrag A.T. Verfasst am: 10. Mai 2021 10:43    Titel: Antworten mit Zitat

gast_free hat Folgendes geschrieben:
Ich selber mache mir immer ein Modell über sämtliche Kräfte die auf so einen Körper wirken. Die Kraft die man selber aufbringen muss, damit das Glas in einer bestimmten Höhe außerhalb des Wassers gehalten wird bewirkt, das die Summe aller Kräfte zu Null wird.

FG: Gewichtskraft von Glas + eingeschlossenen Wasser.
...

Das ist zwar alles richtig, aber ich glaube für dieses spezifische Verständnis-Problem muss man das Glas und Wasser-im-Glas als zwei Körper betrachten. Es geht gerade darum wie die Höhe vom Wasser-im-Glas die Kräfte auf das Glas beeinflusst. Die zusätzliche Kraft auf das Glas, nach der gefragt wird, kommt vom Unterschied zwischen Wasserdruck im Glas und Luftdruck um das Glas.
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5875

Beitrag Myon Verfasst am: 10. Mai 2021 10:56    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bin nicht ganz sicher, ob wirklich alles richtig ist bei der obigen Rechnung. Wo ist die Dichte der Flüssigkeit?

Aber genau, wie A.T. schon sagte, das Wesentliche ist, betrachtet man nur die Kräfte auf das Glas, der Druckunterschied zwischen dem Luftdruck von oben auf den Glasboden und dem Druck in der Flüssigkeit auf der Höhe h über dem Flüssigkeitsspiegel, , der von unten auf den Glasboden wirkt (=Dichte der Flüssigkeit).
gast_free
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Beitrag gast_free Verfasst am: 10. Mai 2021 11:12    Titel: Antworten mit Zitat

Myon hat Folgendes geschrieben:
Ich bin nicht ganz sicher, ob wirklich alles richtig ist bei der obigen Rechnung. Wo ist die Dichte der Flüssigkeit?

Aber genau, wie A.T. schon sagte, das Wesentliche ist, betrachtet man nur die Kräfte auf das Glas, der Druckunterschied zwischen dem Luftdruck von oben auf den Glasboden und dem Druck in der Flüssigkeit auf der Höhe h über dem Flüssigkeitsspiegel, , der von unten auf den Glasboden wirkt (=Dichte der Flüssigkeit).


Sorry: Druckfehler. Gamma ist die spezifische Masse des Wassers. Nicht des Glases. Das Glas wurde mit der Masse des Glases MG berücksichtigt.
gast_free
Gast





Beitrag gast_free Verfasst am: 10. Mai 2021 11:17    Titel: Antworten mit Zitat

Funktioniert das herausziehen auch, wenn das Glas höher als 10 Meter ist, ohne das das Wasser heraus läuft? Jedenfall solange der Glasrand noch die Wasseroberfläche berührt?
tinafragt
Gast





Beitrag tinafragt Verfasst am: 10. Mai 2021 11:32    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die Herleitung. Hängt die Zugkraft aber gar nicht vom äußeren Luftdruck ab? Ich weiß, dass sich im Vakuum der Glasinhalt entleert. Das Wasser fließt einfach heraus. Müsste die Haltekraft (Fz) dann nicht auch eine Funktion des Außendrucks sein?
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5875

Beitrag Myon Verfasst am: 10. Mai 2021 11:39    Titel: Antworten mit Zitat

@gast_free: Jetzt macht es Sinn mit der Dichte!

Hebt man das Glas höher als 10m (im Fall von Wasser), so steigt der Wasserspiegel nicht weiter an. Da dann oberhalb des Wasserspiegels der Druck praktisch gleich null ist, siedet das Wasser und es bildet sich Wasserdampf, bis der Druck oberhalb der Flüssigkeit den Sättigungsdampfdruck des Wassers bei der jeweiligen Temperatur erreicht hat. Wasser verdampft langsam weiter, bis der Wasserdampf gesättig ist, die relative Luftfeuchtigkeit also 100% erreicht hat.

Sie auch das folgende Video in der ARD-Mediathek.
gast_free
Gast





Beitrag gast_free Verfasst am: 10. Mai 2021 12:55    Titel: Antworten mit Zitat

tinafragt hat Folgendes geschrieben:
Danke für die Herleitung. Hängt die Zugkraft aber gar nicht vom äußeren Luftdruck ab? Ich weiß, dass sich im Vakuum der Glasinhalt entleert. Das Wasser fließt einfach heraus. Müsste die Haltekraft (Fz) dann nicht auch eine Funktion des Außendrucks sein?


Solange der untere Glasrand das Wasser berührt kann das Wasser im Glas nicht heraus fließen. Es könnte nur durch gleich schweres Wasser ausgestauscht werden. Das macht keinen Sinn, da es keine treibenden Kräfte gibt. Sobald Luft nachströmen kann, das gilt auch für das Vakuum, fällt das Wasser raus.
A.T.



Anmeldungsdatum: 06.02.2010
Beiträge: 343

Beitrag A.T. Verfasst am: 10. Mai 2021 14:00    Titel: Antworten mit Zitat

tinafragt hat Folgendes geschrieben:
Müsste die Haltekraft (Fz) dann nicht auch eine Funktion des Außendrucks sein?

Ja, siehe der Post von Myon. Wobei der Luftdruck strenggenommen entlang des Glases auch variiert. Aber das ist im Vergleich zur Wasserdruck-Variation im Glas sehr klein, daher der Druck-Unterscheid oben im Glas und die daraus resultierende zusätzliche Kraft nach unten auf das Glas, die du mit der Hand ausgleichen musst.
gast_free
Gast





Beitrag gast_free Verfasst am: 10. Mai 2021 14:11    Titel: Antworten mit Zitat

A.T. hat Folgendes geschrieben:
tinafragt hat Folgendes geschrieben:
Müsste die Haltekraft (Fz) dann nicht auch eine Funktion des Außendrucks sein?

Ja, siehe der Post von Myon. Wobei der Luftdruck strenggenommen entlang des Glases auch variiert. Aber das ist im Vergleich zur Wasserdruck-Variation im Glas sehr klein, daher der Druck-Unterscheid oben im Glas und die daraus resultierende zusätzliche Kraft nach unten auf das Glas, die du mit der Hand ausgleichen musst.


Wie sollte die Haltekraft vom Luftdruck abhängen? Die Auftriebskraft durch den Luftdruck ist im Vergleich zur Gewichtskraft des Wassers vernachlässigbar. Welche anderen Kräfte sollen da noch im Spiel sein?
A.T.



Anmeldungsdatum: 06.02.2010
Beiträge: 343

Beitrag A.T. Verfasst am: 10. Mai 2021 14:41    Titel: Antworten mit Zitat

gast_free hat Folgendes geschrieben:
Wie sollte die Haltekraft vom Luftdruck abhängen?

Wenn der Außendruck so gering ist, dass das flüssige Wasser das Glas nicht ausfüllt, oder im Extrem-Fall (Vakuum) gar nicht angehoben wird. Ich glaube darauf wollte tinafragt hinaus.
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 10. Mai 2021 15:09    Titel: Antworten mit Zitat

So ganz kann man den Luftdruck nicht vernachlässigen.

Unter der Wasseroberflache in Tiefe h wirken Luftdruck und hydrostatischer Druck des Wassers (im Becken) gemeinsam:



Oberhalb der Wasseroberfläche in Höhe h wirken Luftdruck und hydrostatischer Druck des Wassers (im Glas) entgegen:



Tatsächlich herrscht so immer der gleiche Druckunterschied im Wasser des Glasses:



Das Wasser im Glas befindet sich also im Druckgleichgewicht und das ändert sich auch relativ zum Glas nicht.

Dass jetzt beim Herausziehen immer mehr Kraft aufgewendet werden muss liegt daran, dass das so zunehmende Gewicht von Glas+Wasser oberhalb des Wasserspiegels gehalten werden muss.

Dass immer Druckgleichgewicht herrscht sieht man auch in folgendem Video (ca. 34MB). Hier wird vor dem Ablassen des Wassers aus dem Becken eine dünne Folie verwendet, damit keine Luftblasen in das Wasser im Glas eindringen können.
www.phydid.de/index.php/phydid/article/downloadSuppFile/917/256
Mercator
Gast





Beitrag Mercator Verfasst am: 10. Mai 2021 18:50    Titel: Antworten mit Zitat

Ein sehr aufschlussreiches Video (mit der Folie), das viel Klarheit in die Sache bringt.
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