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Quantenphysik Gast
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Quantenphysik Verfasst am: 20. März 2018 21:09 Titel: Quantenmechanik (Nicht-Messung) |
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Hallo
Ich habe mich gerade etwas verwirrt und bitte um Aufklärung.
Angenommen man habe ein Teilchen, welches sich an drei Orten a, b und c aufhalten könne. Dieses befinde sich in einem superponierten Zustand
mit a, b und c ungleich 0.
Nun wird am Ort a ein Detektor zur Teilchendetektion aufgestellt.
Wenn nun zum Zeitpunkt t=0 das Teilchen nicht vom Detektor detektiert wird, beeinflusst diese Nicht-Messung dann den Zustand, da ich doch mit einer Wahrscheinlichkeit 1 weiß, dass es sich nicht am Ort a befindet, so dass dann a=0 ist?
Es trat dann aber keine Wechselwirkung des Teilchens mit dem Detektor auf und eigentlich sollte sich der Zustand doch nur dann ändern, wenn es eben zu einer Wechselwirkung zwischen Messapparatur und Teilchen kommt.
Mal angenommen der Zustand würde davon unberührt bleiben. Würde dies nach hinreichend langer Zeit zwangsläufig dazu führen, dass der Detektor das Teilchen detektiert? vorausgesetzt, dass der (isolierte) Zustand eine triviale Zeitabhängigkeit hat.
Wo liegt mein Denkfehler? |
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TomS Moderator
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 17900
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TomS Verfasst am: 20. März 2018 21:33 Titel: Re: Quantenmechanik (Nicht-Messung) |
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Quantenphysik hat Folgendes geschrieben: | Angenommen man habe ein Teilchen, welches sich an drei Orten a, b und c aufhalten könne. Dieses befinde sich in einem superponierten Zustand
mit a, b und c ungleich 0.
Nun wird am Ort a ein Detektor zur Teilchendetektion aufgestellt.
Wenn nun zum Zeitpunkt t=0 das Teilchen nicht vom Detektor detektiert wird, beeinflusst diese Nicht-Messung dann den Zustand, da ich doch mit einer Wahrscheinlichkeit 1 weiß, dass es sich nicht am Ort a befindet, so dass dann a=0 ist?
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Ja.
Setzen wir mal keine Ortseigenzustände, also delta-Funktionen, an, sondern lassen wir die drei Kets Bereiche beschreiben. Dann wäre das Ergebnis der Messung, dass sich das Teilchen nicht im Bereich "a" befinden kann. Damit würde nach der Messung sicher
mit
gelten.
Quantenphysik hat Folgendes geschrieben: | Es trat dann aber keine Wechselwirkung des Teilchens mit dem Detektor auf und eigentlich sollte sich der Zustand doch nur dann ändern, wenn es eben zu einer Wechselwirkung zwischen Messapparatur und Teilchen kommt. |
Du darfst - nach der "orthodoxen" Interpretation der Quantenmechanik - "Messung" und "Wechselwirkung" nicht gleichsetzen. Eine Wechselwirkung folgt der unitären Zeitentwicklung der Schrödingergleichung, eine Messung führt dagegen zu einer Reduktion des Zustandsvektors auf einen Unterraum, d.h. es liegt eine nicht-unitäre Projektion vor.
Es gibt heute keinen allgemein akzeptierten Formalismus bzw. keine allgemein akzeptierte Interpretation der Quantenmechanik, in deren Rahmen eine Messung nach den identischen Regeln wie die unitäre Zeitentwicklung beschrieben wird.
Quantenphysik hat Folgendes geschrieben: | Wo liegt mein Denkfehler? |
Du begehst keinen Denkfehler, du stößt auf ein fundamentales Problem der Quantenmechanik. |
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Quantenphysik Gast
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Quantenphysik Verfasst am: 20. März 2018 21:58 Titel: Re: Quantenmechanik (Nicht-Messung) |
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Hallo TomS
Vielen dank für deine sehr schöne Antwort.
Eine Frage hätte ich noch. Lässt sich der Zustand nach der "Nicht-Messung" des Teilchens eindeutig bestimmen?
bzw lassen sich die Werte von b und c eindeutig angeben?
Natürlich muss dann b²+c² = 1 gelten, aber das allein lässt einen Freiheitsgrad offen.
Ehrlich gesagt empfinde ich das Messproblem als ein Furunkel in einer ansonsten schönen Theorie. |
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TomS Moderator
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 17900
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TomS Verfasst am: 21. März 2018 01:40 Titel: |
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Ich bin ehrlich gesagt über diese nicht-Messung noch etwas am grübeln und versuche das physikalisch zu konkretisieren.
Nehmen wir an, ein Atom sitze sicher innerhalb eines endlichen Raumbereiches B, d.h.
Nehmen wir desweiteren an, die Messung Erfolge über die Absorption eines Photons, d.h. wir betrachten den Prozess
Dann resultiert aus einem Initialzustand mit Atom A plus Photon ein Endzustand mit einer Superposition
Wir nehmen an, das Photon werde sicher absorbiert, wenn sich das Atom in einem Raumbereich X befindet, und es werde sicher nicht absorbiert, wenn es sich außerhalb X befindet, wobei
Durch Messen bzw. nicht-Messen des Photons mittels eines Detektors mit 100% Empfindlichkeit können wir also nachweisen, wo das Teilchen nicht war, bzw. wo es war. Wenn wir ein Photon messen, wissen wir, dass das Teilchen sicher nicht innerhalb von X war, sondern in
Meiner Meinung nach ist der Zustand nach der nicht-Messung gegeben durch die Projektion des ursprünglichen Zustandes auf diesen Bereich, d.h. durch die nicht-Messung folgt
_________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
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Quantenphysik Gast
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Quantenphysik Verfasst am: 21. März 2018 09:20 Titel: |
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Sähe es denn dann im konkreten so aus, dass man in Anlehnung zu meinem Beispiel nach der Nicht-Messung den Zustand
hat, wobei d so gewählt wird, dass der Zustand normiert ist?
Dann stellen sich mir noch zwei weitere Fragen.
1. Lässt sich dies aus dem Postulat, dass ein Quantensystem nach einer Messung sich in dem gemessenen Zustand befindet, ableiten?
In dem Postulat macht man nur eine Aussage über gemessene Zustände, aber nicht über nicht-gemessene Zustände.
2. Woher weiß man, dass eine Nicht-Messung stattgefunden hat?
Eine Messung benötigt eine endliche Zeit .
Wenn sich der Detektor in dem entsprechenden Raumbereich nur für einen sehr kurzen Moment befindet und keine Messung des Teilchens stattfand, woher weiß ich dass in der Zeitspanne überhaupt eine Messung hätte stattfinden können? |
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