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Fluktuationen in Vakuum - Ursache
 
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Leonard
Gast





Beitrag Leonard Verfasst am: 18. Jun 2016 09:24    Titel: Fluktuationen in Vakuum - Ursache Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Ich lese gerade das Buch "String Theory for Dummies". Ich finde, dass es ganz anschaulich gemacht ist und es kommt vor allem ohne Mathematik aus, was das ganze doch sehr vereinfacht. Ich bin gerade an der Stelle: Space time under a Quantum microscope. Dort wird gesagt, dass John Wheeler 1955 den Quantum foam, den Quantenschaum posuliert hat. Meine Frage nun: Was ist dieser Quantum foam? Dieser Quantenschaum oder Fluktuationen, wie sie auch dort genannt werden, würden verursacht durch das Unschärfeprinzip. Ist das richtig? Was verursacht diese Quanten-Fluktuationen im Quanten-Schaum? Und woraus besteht dieser Schaum?

Meine Ideen:
Steht alles oben.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18051

Beitrag TomS Verfasst am: 18. Jun 2016 22:24    Titel: Re: Fluktuationen in Vakuum - Ursache Antworten mit Zitat

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Dort wird gesagt, dass John Wheeler 1955 den Quantum foam, den Quantenschaum posuliert hat. Meine Frage nun: Was ist dieser Quantum foam?

Die Idee folgt letztlich analog zu Fluktutionen von anderen Quantenfeldern. D.h. wenn die Gravitation quantisiert wird, dann sollte an die Stelle der glatten Raumzeit-Mannigfaltigkeit ein "fluktuierendes Etwas" treten.

Das Problem ist nur, dass man heute zwar einige Kandidaten für eine Quantentheorie der Gravitation kennt, jedoch noch keine allgemein akzeptierte und insbs. keine bestätigte Theorie. Wheeler selbst hat an diesen Themen gearbeitet; seine Ideen passen einigermaßen zur heutigen Theorie der Geometrodynamik. Andere Ansätze sind die Schleifenquantengravitation sowie die Stringtheorie. Das "Etwas" sieht dabei mathematisch jeweils völlig anders aus, um anschaulich ist das schon mal gar nicht.
Lenonard
Gast





Beitrag Lenonard Verfasst am: 19. Jun 2016 12:08    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für deine Antwort. Was ich gerne erfahren würde wäre, wie man sich dieses Etwas, dass du beschreibst vorstellen kann. Wenn die Raumzeit quantisiert vorliegt, heißt das doch nichts anderes, als das diskrete Einheiten vorliegen. Sprünge also wie in der Quantenmechanik. Das heißt, der Satz natura non facit saltum, gilt nicht mehr. Das heißt selbst die Raumzeit liegt quantisiert vor. Als quantenschaum. Ist denn dieser quantenschaum dasselbe wie die sogenannten Quantenfluktuationen? Ich werde aus dem Buch diesbezüglich nicht schlau. Einmal wird von quantenschaum gesprochen, einmal von virtuellen Teilchen, und ein anderes Mal von Fluktuationen im Vakuum. Analog dazu ist ein Bild gemalt, auf der eine glatte Raumzeit brodelnd aussieht. Alles brodelt. Das sollen wahrscheinlich die Fluktuationen oder die quantisierte Raumzeit sein. Aber selbst wenn man sich dieses etwas, was fluktuiert, nicht vorstellen kann, kann man sich stehen irgendwie approximativ nähern? Oder ist die Vorstellung vom quantenschaum/ Fluktuationen im Vakuum so abstrakt, dass kein Mensch, weiß was das ist?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18051

Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jun 2016 13:54    Titel: Antworten mit Zitat

Lenonard hat Folgendes geschrieben:
Was ich gerne erfahren würde wäre, wie man sich dieses Etwas, dass du beschreibst vorstellen kann.

Sehr schwer bis gar nicht. Jedenfalls gibt es verschiedene Ansätze (*) zur Quantengravitation und damit auch unterschiedliche Veranschaulichungen.

Lenonard hat Folgendes geschrieben:
Wenn die Raumzeit quantisiert vorliegt, heißt das doch nichts anderes, als das diskrete Einheiten vorliegen. Sprünge also wie in der Quantenmechanik.

Nicht zwingend.

Du musst zwischen quantisiert und diskret unterscheiden. Quantisiert bedeutet lediglich, dass die klassische Theorie mittels einer mathematischen Methode namens Quantisierung in eine Quantentheorie überführt wurde. Dabei können - müssen aber nicht - diskrete Zustände und Werte auftreten. So ist z.B. das Energiespektrum der gebundenen Zustände in Wasserstoffatom diskret, das der freien Zustände dagegen kontinuierlich.

Je nach Ansatz (*) treten nur verschiedene Varianten auf. In der Schleifenquantengravitation resultiert eine diskrete Struktur der Raumzeit, die algebraisch auf sogenannten Spinnetzwerken basiert. In der Geometrodynamik bleibt die Struktur der Raumzeit glatt.

Lenonard hat Folgendes geschrieben:
Das heißt selbst die Raumzeit liegt quantisiert vor. Als Quantenschaum

Nun wird's richtig kompliziert. In der normalen Quantenmechanik können ja Superpositionen von Zuständen vorliegen, z.B. Überlagerung aus "Spin +1" und "Spin -1"; oder Überlagerung aus "Teilchen ist hier" und "Teilchen ist dort". In der Quantengravitation können nun Superpositionen aus ganzen Raumzeiten existieren, also z.B. die Überlagerung von unendlich vielen Raumzeiten, die jeweils genau ein schwarzes Loch enthalten, jedoch mit jeweils leicht unterschiedlichen Massen und Orten für das SL sowie weiteren Überlagerungen die unterschiedliche Gravitationswellen enthalten.

Bezeichnen wir den allgemeinen Zustand mit |psi>, den Zustand eines schwarzen Lochs der Masse M am Ort x mit |M,x> sowie Gravitationswellen u.a. mit ... so wäre das soetwas wie



Das ist mathematisch nicht präzise und soll nur eine grobe Idee vermitteln.

Lenonard hat Folgendes geschrieben:
Ist denn dieser quantenschaum dasselbe wie die sogenannten Quantenfluktuationen?

Jein.

Unter "Quantenfluktuation" versteht man häufig eine kleine quantisierte Fluktuation eines ansonsten klassischen Feldes, also z.B. ein Photon in einem ansonsten klassischen elektromagnetischen Feld. Dieses Bild ist mathenatisch in der Quantengravitation nicht unbedingt zulässig. Man darf sich die Raumzeit eigtl. nicht vorstellen als glatte, klassische Raumzeit plus ein paar Gravitonen. Das ist zwar letztlich das, was anschaulich der Fall zu sein scheint, jedoch sicher nicht das, was uns der mathenatische Formalismus sagt.

Andersherum: Betrachtet man eine Theorie wie den Elektromagnetismus, so kann man den Ansatz machen, dass das quantisierte elektromagnetische Feld soetwas ist wie das klassische elektromagnetische Feld plus Photonen. Das Ergebnis der Quantisierung entspricht diesem Ansatz. In der Quantengravitation ist dieser Ansatz sicher falsch, obwohl das Ergebnis durchaus ähnlich zu sein scheint. Die Mathematik dahinter ist in allen unterschiedlichen Varianten (*) noch nicht vollständig verstanden.

Der Quantenschaum ist also etwas viel komplizierteres als nur ein bisschen Fluktuationen auf einer klassischen Raumzeit.

Lenonard hat Folgendes geschrieben:
Ich werde aus dem Buch diesbezüglich nicht schlau. Einmal wird von quantenschaum gesprochen, einmal von virtuellen Teilchen, und ein anderes Mal von Fluktuationen im Vakuum.

Das sind letztlich nur Begriffe. Einführung weiterer Begriff führt nicht zu Erkenntnis sondern zu Verwirrung.

Der Begriff Quantenschaum trifft es wohl ganz gut.

Virtuelle Teilchen sind zunächst mal mathenatisch präzise definierte Objekte, die jedoch nur in einem ganz speziellen Kontext Verwendung finden. Außerhalb dieses Kontextes stiften sie eher Verwirrung. Die Stringtheorie basiert weitgehend auf einer mathematischen Methode, der sogenannten perturbativen Quantisierung, die soetwas wie virtuelle Teilchen verwendet. Das funktioniert ganz gut, wenn man die Wechselwirkung von Teilchen bzw. allgemein quantisierten Fluktuationen auf einer gegebenen, glatten Raumzeit beschreiben möchte, es funktioniert dagegen sicher nicht, wenn man die Struktur der Raumzeit selbst verstehen will. Zumindest kapieren die Stringtheoretiker langsam, dass sie in eine konzeptionell Falle getappt sind, in dem sie diese ausschließlich diese Methode verwendet haben, und so wesentliche Aspekte einer Quantengravitation nicht erfassen konnten. Vergiss also die virtuellen Teilchen, wenn es um die Gravitation geht, da sind sie nicht wirklich hilfreich. Verwende sie, wenn es um "Teilchenphysik" geht.

Lenonard hat Folgendes geschrieben:
Analog dazu ist ein Bild gemalt, auf der eine glatte Raumzeit brodelnd aussieht. Alles brodelt. Das sollen wahrscheinlich die Fluktuationen oder die quantisierte Raumzeit sein.

Ja. Oder eben der Quantenschaum.

Das ist allerdings gerade nicht das Bild, das die Stringttheorie liefert.

Lenonard hat Folgendes geschrieben:
Aber selbst wenn man sich dieses etwas, was fluktuiert, nicht vorstellen kann, kann man sich stehen irgendwie approximativ nähern?

Ja, das kann man.

Die Stringtheorie beschreibt recht gut das Bild einer glatten Raumzeit, das man zunächst klassisch definiert hat (also z.B. eine Raumzeit mit einem schwarzem Loch) plus den darauf propagierenden und wechselwirkenden Gravitonen. Im Gegensatz zu anderen Theorien scheint dieser Ansatz im Rahmen der Stringtheorie sogar konsistent (renormierbar) zu sein. Die Stringtheorie kann sogar die o.g. Superposition verschiedener Raumzeiten beschreiben, die mikroskopisch unterschiedlich, jedoch makroskopisch alle wie ein schwarzes Loch aussehen.

Die Stringtheorie kann jedoch keine dynamische Raumzeit beschreiben, in der eine zunächst glatte, klassische Raumzeit mit Materie zu einem schwarzen Loch kollabiert. Der Grund ist, das man sozusagen immer eine bestimmte Klasse von Raumzeiten ansetzt und darauf Strings betrachtet, die die Struktur dieser Raumzeit nicht dynamisch ändern. Mit anderen Worten: eine Raumzeit ändert sich im Rahmen der Stringtheorie nie "im großen Stil".
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18051

Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jun 2016 14:02    Titel: Antworten mit Zitat

Ich kenne das Buch übrigens nicht, aber nach dem, was ich teilweise an Rezensionen lese, bin ich doch recht skeptisch, dass es was taugt.

Ich würde die ersten zwei Bücher von Greene empfehlen - zusammen mit der Warnung, dass heute niemand auch nur im entferntesten sagen kann, ob Stringtheorie in irgendeiner Form irgendetwas mit der Natur zu tun hat und jemals haben wird.

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Leonard
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Beitrag Leonard Verfasst am: 19. Jun 2016 14:34    Titel: Antworten mit Zitat

Gibt es denn auch Fluktuationen des Vakuums, sind das diese Vakuumfluktuationen? Du sagst, Quantenschaum ist die Quantisierung der Raumzeit. Sind dann Vakuumfluktuationen die Quantisierung und Anregung des Vakuums, dar Zustand mit minimaler Energie. Aber nicht genau null. Das Bild mit virtuellen Teilchen scheint nicht zu stimmen. Auxh, wenn das sehr snschaulich ist. Kann du mir das mit Quantenfluktuationen näher erklären?

Meine Idee dazu: Diese Anregungen müssen materiell sein. Da sie indirekt wirken. Casimir-Effekt usw
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18051

Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jun 2016 15:05    Titel: Antworten mit Zitat

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Du sagst, Quantenschaum ist die Quantisierung der Raumzeit.

Quantenschaum ist eine Begriff, der eine möglichst anschauliche Beschreibung der mathematischen Stuktur, die aus einer Quantisierung der klassischen Raumzeit folgt, liefern soll.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Sind dann Vakuumfluktuationen die Quantisierung und Anregung des Vakuums, dar Zustand mit minimaler Energie.

Vakuumfluktuationen sind ebenfalls ein Begriff, der zum Ausdruck bringen soll, dass im Vakuum = im Zustand niedrigster Energie, Effekte existieren, die in mathematisch Fluktuationen von Feldern verwandt sind.

Man kann z.B. ein mathematisches Objekt definieren, das in einem bestimmten Zustand "misst" wieviele Teilchen-Antiteilchen-Paare existieren. Im Vakuum würde man erwarten, dass das Ergebnis Null ist. Allerdings liefert das mathematische Objekt tatsächlich einen von Null verschiedenen Wert, und dieser Wert trägt auch zu physikalisch beobachtbaren Effekten bei.

Der erste untersuchte und sicher einer der wichtigsten Effekte ist die sogenannte Lamb-Shift.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Das Bild mit virtuellen Teilchen scheint nicht zu stimmen.

In einem mathematischen Sinne ist es sehr präzise. Was in populärwissenschaftlichen Büchern daraus wird ist teilweise katastrophal.

Schau mal in den FAQs, da habe ich einiges dazu geschrieben:

http://www.physikerboard.de/topic,37754,-faq---virtuelle-teilchen.html
http://www.physikerboard.de/topic,47382,-faq---vakuumfluktuationen.html

http://www.mat.univie.ac.at/~neum/physfaq/topics/virtreal

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Diese Anregungen müssen materiell sein. Da sie indirekt wirken. Casimir-Effekt usw

Jein.

Richtig ist, dass messbar Konsequenzen existieren. Daraus jedoch Begriffe wie "Teilchen" und "materiell" abzuleiten halte ich für verfehlt.

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Leonard
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Beitrag Leonard Verfasst am: 19. Jun 2016 15:53    Titel: Antworten mit Zitat

Das Vakuum ist per defintionem der Zustand niedrigster Energie. Dazu kommt noch, dass keine Teilchen mehr vohanden sind. Und trotzdem ist es so, dass (scheinbar) Teilchen und Antiteilchen im leeren Raum=Vakuum aufzutreten scheinen. Mit scheinbar meine ich, dass man es berechnen kann, diese Teilchen-Antiteilchen Zustände aber nicht direkt messbar sind. Dazu kommt noch, dass man sie aufgrund präziser Mathematik nicht als physikalisch real bzeichnen kann. Also liegt der Grund, warum es keine virtuelle Teilchen sein können ganz einfach daran, dass virtuelle Teilchen anders definiert sind. Aber wenn man im Vakuum mittels eines Operators misst, wie du sagst, und dann Teilchen-Antiteilchen auftauchen, muss man denen ja auch ein Begriff geben. Wahrscheinlich haben sich Physiker einfach entschieden, den Begriff "virtuelles Teilchen" zweifach zu vergeben. Als Propagator und im hier beschriebenen Sinne (als Teilchen-Antiteilchen-Paar im Vakuum).
Ich habe hier im Forum gelesen, dass der Lamb-Shift KEIN Beweis für diese Teilchen-Antiteilchen Zustände im Vakuum sei, da er auch anderes berechenbar ist. Was sagt das jetzt aber? Gibt es im Vakuum Effekte, die zu realen physikalischen Effekten beitragen, wie der Masse eines Nukleons (Quarks und Gluonen und weiteres)? Und was ist mit Casimir und Lamb-Shift? Denn laut dem Lamb-Shift müsste ja wirklich etwas materielles existieren - oder nicht?
willyengland



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Beiträge: 676

Beitrag willyengland Verfasst am: 19. Jun 2016 15:55    Titel: Antworten mit Zitat

In populärwissenschaftlichen Darstellungen gibt es ja das extrem eingängige Bild, dass am schwarzen Loch ein Teilchen der Teilchen-Antiteilchen-Fluktuation ins Loch fällt und das andere entkommt und so die Hawkingstrahlung erzeugt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jun 2016 17:06    Titel: Antworten mit Zitat

willyengland hat Folgendes geschrieben:
In populärwissenschaftlichen Darstellungen gibt es ja das extrem eingängige Bild, dass am schwarzen Loch ein Teilchen der Teilchen-Antiteilchen-Fluktuation ins Loch fällt und das andere entkommt und so die
Hawkingstrahlung erzeugt.

Die anschaulichen Bilder gehen teilweise auf einige Passagen in Hawking's Originalarbeit zurück. Sie sind leider zumeist falsch, wie aus Hawking's brillanter mathematischer Herleitung direkt folgt. Neben den physikalischen Konsequenzen ist es ein noch fast größeres Rätsel, warum er etwas Derartiges geschrieben hat und bisweilen immer noch schreibt.

Die Teilchen der Hawkingstrahlung entstehen nicht am Horizont.

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Leonard
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Beitrag Leonard Verfasst am: 19. Jun 2016 17:09    Titel: Antworten mit Zitat

TomS. Du hast meine Frage/Antwort übersehen.

Das Vakuum ist per defintionem der Zustand niedrigster Energie. Dazu kommt noch, dass keine Teilchen mehr vohanden sind. Und trotzdem ist es so, dass (scheinbar) Teilchen und Antiteilchen im leeren Raum=Vakuum aufzutreten scheinen. Mit scheinbar meine ich, dass man es berechnen kann, diese Teilchen-Antiteilchen Zustände aber nicht direkt messbar sind. Dazu kommt noch, dass man sie aufgrund präziser Mathematik nicht als physikalisch real bzeichnen kann. Also liegt der Grund, warum es keine virtuelle Teilchen sein können ganz einfach daran, dass virtuelle Teilchen anders definiert sind. Aber wenn man im Vakuum mittels eines Operators misst, wie du sagst, und dann Teilchen-Antiteilchen auftauchen, muss man denen ja auch ein Begriff geben. Wahrscheinlich haben sich Physiker einfach entschieden, den Begriff "virtuelles Teilchen" zweifach zu vergeben. Als Propagator und im hier beschriebenen Sinne (als Teilchen-Antiteilchen-Paar im Vakuum).
Ich habe hier im Forum gelesen, dass der Lamb-Shift KEIN Beweis für diese Teilchen-Antiteilchen Zustände im Vakuum sei, da er auch anderes berechenbar ist. Was sagt das jetzt aber? Gibt es im Vakuum Effekte, die zu realen physikalischen Effekten beitragen, wie der Masse eines Nukleons (Quarks und Gluonen und weiteres)? Und was ist mit Casimir und Lamb-Shift? Denn laut dem Lamb-Shift müsste ja wirklich etwas materielles existieren - oder nicht?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18051

Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jun 2016 17:18    Titel: Antworten mit Zitat

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Das Vakuum ist per definitionem der Zustand niedrigster Energie. Dazu kommt noch, dass keine Teilchen mehr vohanden sind.

Das ist leider zu einfach gedacht. Letzteres ist das sogenannte perturbative Vakuum, das nicht unbedingt identisch ist mit dem physikalischen Vakuum = dem Zustand niedrigster Energie. Und auch der Begriff "Teilchen" ist leider nicht eindeutig definierbar.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Und trotzdem ist es so, dass (scheinbar) Teilchen und Antiteilchen im leeren Raum=Vakuum aufzutreten scheinen.

Nein.

Es handelt sich dabei nicht um das, was der Physiker als "reale Teilchen" bezeichnen würde, sondern lediglich um verwandte mathematische Objekte. Einfach so mal schnell "Teilchen" zu sagen ist verfehlt.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Aber wenn man im Vakuum mittels eines Operators misst, und dann Teilchen-Antiteilchen auftauchen, muss man denen ja auch ein Begriff geben.

Man muss Ihnen nicht unbedingt einen Begriff gegeben, und schon gar keinen vermeintlich anschaulichen. Es gibt gute Bücher über QFT (z.B. von Srednicki) in denen der Begriff "virtuelle Teilchen" nicht ein einziges Mal vorkommt. Suche das PDF zum Download und mach' eine Volltextsuche.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Wahrscheinlich haben sich Physiker einfach entschieden, den Begriff "virtuelles Teilchen" zweifach zu vergeben.

n-fach; und kaum zum besseren

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Ich habe hier im Forum gelesen, dass der Lamb-Shift KEIN Beweis für diese Teilchen-Antiteilchen Zustände im Vakuum sei, da er auch anderes berechenbar ist.

Die Lamb-Shift beweist sicher nicht, dass die Teilchen-Antiteilchen Zustände physikalisch real existieren. Sie beweist jedoch, dass der mathematische Ansatz insofern korrekt ist, als er korrekte Vorhersagen bzgl. messbarer Werte liefert.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Gibt es im Vakuum Effekte, die zu realen physikalischen Effekten beitragen, wie der Masse eines Nukleons (Quarks und Gluonen und weiteres)? Und was ist mit Casimir und Lamb-Shift?

Ja. In diesem Sinne sicher ein eindeutiges Ja.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Denn laut dem Lamb-Shift müsste ja wirklich etwas materielles existieren

Nein.

Es existiert ein messbarer Effekt und mehrere (äquivalente) mathematische Berechnungsvorschriften. Aber etwas "materielles" ist m.E. ziemlich irreführend.

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Leonard
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Beitrag Leonard Verfasst am: 19. Jul 2016 14:48    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe mir kürzlich von Brian Greene ein Buch besorgt und darin erklärt er die Quantenfluktuationen, wonach ich ja auch gesucht habe.
Die Erklärung ist folgende: Im Vakuum, dem Zustand niedrigster Energie, sind alle möglichen Felder vorhanden, die das Universum durchziehen. Aber jetzt kommt das wichtigste Prinzip der Quantenmechanik. Die Heisenbergsche Unschärferelation: Diese besagt hier ganz genau, dass der Wert eines Feldes, also seine Stärke und - ganz wichtig - seine Änderungsrate nicht exakt beide bestimmt sein können. Das bedeutet also, dass alle möglichen Felder schwanken und fluktuieren müssen. Wenn ein Feld exakt den Wert Null hat, dann ist seine Änderungsrate äußerst unbestimmt. Und das sind sogenannte Quantenfuktuationen.

Meine Frage an die Physiker hier im Board: Was haltet ihr von meiner kurzen Zusammenfassung. Trifft es im wesentlichen den Kern?

Und wenn die Unschärferelation dafür verantwortlich ist, warum bemühen dann Physiker immer wieder diese virtuellen Teilchen? Das verwirrt nur.

Aber man kann doch sagen, dass alle Felder im Vakuum fluktuieren und verschiedene Werte annehmen, weil gerade das die Unbestimmtheitsrelation verbietet. Das kommt der Wahrheit doch näher, denke ich.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jul 2016 15:25    Titel: Antworten mit Zitat

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Ich habe mir kürzlich von Brian Greene ein Buch besorgt und darin erklärt er die Quantenfluktuationen, wonach ich ja auch gesucht habe.
Die Erklärung ist folgende: Im Vakuum, dem Zustand niedrigster Energie, sind alle möglichen Felder vorhanden, die das Universum durchziehen. Aber jetzt kommt das wichtigste Prinzip der Quantenmechanik. Die Heisenbergsche Unschärferelation: Diese besagt hier ganz genau, dass der Wert eines Feldes, also seine Stärke und - ganz wichtig - seine Änderungsrate nicht exakt beide bestimmt sein können. Das bedeutet also, dass alle möglichen Felder schwanken und fluktuieren müssen. Wenn ein Feld exakt den Wert Null hat, dann ist seine Änderungsrate äußerst unbestimmt. Und das sind sogenannte Quantenfuktuationen.

Meine Frage an die Physiker hier im Board: Was haltet ihr von meiner kurzen Zusammenfassung. Trifft es im wesentlichen den Kern?

Ja, im wesentlichen.

Das meinte ich oben.

Betrachten wir die QCD. Im physikalischen Vakuum existieren keine Gluonen, d.h. der Vakuumerwartungswert der Felder G ist Null.



Allerdings existiert ein sogenanntes Gluon-Kondensat, d.h. der Vakuumerwartungswert eines bilinearen Ausdrucks ist ungleich Null.



Leonard hat Folgendes geschrieben:
Und wenn die Unschärferelation dafür verantwortlich ist, warum bemühen dann Physiker immer wieder diese virtuellen Teilchen? Das verwirrt nur.

Stimmt, das verwirrt nur, und zwar seit Jahrzehnten und ohne Not.

Denn weder ist das Konzept der virtuellen Teilchen dazu notwendig (die Gittereichtheorie verwendet keine virtuellen Gluonen), noch ist es hinreichend (die Störungstheorie als Näherungsmethode, in deren Kontext virtuelle Teilchen auftreten, ist nicht geeignet, um das o.g. Gluon-Kondensat zu berechnen).

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Aber man kann doch sagen, dass alle Felder im Vakuum fluktuieren und verschiedene Werte annehmen, weil gerade das die Unbestimmtheitsrelation verbietet. Das kommt der Wahrheit doch näher, denke ich.

Ich würde nicht mit der Unbestimmtheitsrelation argumentieren, denn diese ist selbst eine Folgerung aus der Theorie. Die o.g. Kondensate stehen damit im Zusammenhang, sind jedoch ebenfalls nur eine Folgerung. Anders gesagt, die Unbestimmtheitsrelation selbst ist nicht fundamental, und sie ist im Kontext der Quantenfeldtheorie nicht so einfach zu formulieren wie in der Quantenmechanik. Aber das sind jetzt Spitzfindigkeiten.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 19. Jul 2016 15:43, insgesamt einmal bearbeitet
Leonard
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Beitrag Leonard Verfasst am: 19. Jul 2016 15:37    Titel: Antworten mit Zitat

Kann man also sagen: Der physikalische Grund für die Quantenfluktuationen ist einzig allein die Heisenbergsche Unschärferelation. Oder noch etwas anderes?
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jul 2016 15:45    Titel: Antworten mit Zitat

Der mathematische Grund ist, dass sich diese Kondensate aus der Lösung (oder Näherungslösung) der Theorie ergeben.
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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jul 2016 15:52    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe mal kurz diverse, teilweise sehr mathematische Artikel zur Hawkingstrahlung nach dem Begriff virtual durchsucht (Page, Jacobson, 't Hooft, ... ). Kein Treffer! 't Hooft hat seinen Nobelpreis übrigens für mathematische Methoden zur Renormierung von Eichtheorien erhalten, in denen er von virtuellen Teilchen gebrauch macht.

Dann habe ich Hawking's Originalarbeit durchsucht:

One might picture this negative energy flux in the following way. Just outside the event horizon there will be virtual pairs of particles, one with negative energy and one with positive energy.

Keine Ahnung, warum er das schreibt; das, was er verwendet, sind jedenfalls keine virtuellen Teilchen im Sinne der Quantenfeldtheorie; und dass das just outside letztlich falsch ist, ergibt sich direkt aus seiner Herleitung :-(

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Beitrag Leonard Verfasst am: 19. Jul 2016 16:05    Titel: Antworten mit Zitat

Dann bringt Hawking die Leute quasi absichtlich durcheinander. Er verwendet eine andere Sprache, als es seine Mathematik wiedergibt. Übrigens an der Stelle ein Lob an dich, Tom. Du verwendest eine sehr mathematische Sprache, was Nicht-Physikern nicht immer gefällt, aber dennoch immer dadurch sehr exakt und genau bleibt. Und auch näher an der Wahrheit. Man kann sich noch so sehr versuchen, mir polulärwissenschaftlichen Näherungen herumzuschlagen, aber im Endeffekt wird man um die exakte Mathematik nicht herumkommen.
Ich habe mal einen Beitrag von dem Physiker Alex Vilenkin gesehen, in der er sagte, er könne berechnen, wie das Universum aus dem Nichts entsteht. Das heißt aber, - und das betonte er sehr - dass er versuchen muss, eine unglaublich komplexe Mathematik in die englische Sprache zu übersetzen. In der Mathematik gibt es keine Gleichung, die wortwörtlich sagt, etwas entstehe ohne Raum und Zeit etc.

Aber nochmal kurz zu dem Quark Kondensat: Aus der Theorie der Quantenfeldtheorie folgt, dass ein Vakuum, der ja per definitionem der Zustand niedrigster Energie ist, immer durchdrungen wird von allen Feldern.

Also erster wichtiger Punkt: Im Vakuum existieren alle Felder z.B. Higgs, Elekronfeld, Quarkfeld usw.

Und dann folgt weiter aus genauen mathematischen Gründen, dass z.B. ein sogenanntes Gluon-Kondensat existiert, d.h. der Vakuumerwartungswert eines bilinearen Ausdrucks ist ungleich Null.

Vakuumerwartungswert heißt hier der Wert des Feld im Vakuum, seine Stärke ist ungleich null. Er fluktuiert also und nimmet unterschiedliche Werte an.

Warum aber ist einmal der Ausdruck für das Kondensat genau Null und einmal ungleich Null? Und was ist mit unserem echten Vakuum? Wenn ich dieses beschreibe, ist dann der Erwartunsgwert auch ungleich null, was bedeutet, dass verschiedene Felder diverse Werte annehmen und dadruch zu realen messbaren Effekten führen?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jul 2016 17:24    Titel: Antworten mit Zitat

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Dann bringt Hawking die Leute quasi absichtlich durcheinander. Er verwendet eine andere Sprache, als es seine Mathematik wiedergibt.

Ob absichtlich weiß ich nicht :-)

Aber ja, ich bin bzgl. seiner teilw. zu blumigen und unpräzisen Sprache nicht immer glücklich.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Übrigens an der Stelle ein Lob an dich, Tom.

Vielen Dank

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Aus der Theorie der Quantenfeldtheorie folgt, dass ein Vakuum, der ja per definitionem der Zustand niedrigster Energie ist, ...

physikalisches Vakuum = Zustand niedrigster Energie
perturbatives Vakuum = Zustand "ohne Teilcheninhalt"

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Also erster wichtiger Punkt: Im Vakuum existieren alle Felder z.B. Higgs, Elektronfeld, Quarkfeld usw.

Man muss unterscheiden zwischen einer wie auch immer gearteten "Anregung" in einem Zustand und dem Feldoperator an sich. Das kennst du jedoch nicht aus der klassischen Physik.

Einfaches Beispiel in der QM: es gibt den Ortsoperator x, Impulsoperator p usw.; und es Quantenzustände psi; letztere sind Träger der Eigenschaften, erstere nur abstrakte mathematische Objekte, um Eigenschaften der Zustände zu bestimmen bzw. zu beschreiben.

Stell' dir eine Kunstsammlung mit Bildern vor, sowie Geräte und Methoden, um diese zu untersuchen (Spektralanalyse, Pigmentbestimmung, chem. Analyse, Altersbestimmung, ...). Die Bilder sind Träger der Informationen, also die Zustände (von Farbe, Stoff, ...), die Geräte sind die Operatoren.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Vakuumerwartungswert heißt hier der Wert des Feld im Vakuum, seine Stärke ist ungleich null.

Na ja, nicht der Wert des Feldes selbst, sondern eine bestimmte Eigenschaft im Vakuumzustand, den man mittels des Feldoperators berechnen kann.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Er fluktuiert also und nimmet unterschiedliche Werte an.

Blöderweise nein. Der berechnete Erwartungswert ist konstant und fluktuiert weder räumlich noch zeitlich.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Warum aber ist einmal der Ausdruck für das Kondensat genau Null und einmal ungleich Null?

Weil es sich um unterschiedliche Operatoren handelt.

Schau dir mal das Wasserstoffatom an. Der Grundzustand |nlm> = |000> ist sphärisch symmetrisch; deshalb sind die Erwartungswerte der Einzelkomponenten von Ort und Impuls exakt Null



Keine Richtung ist ausgezeichnet.

Aber für Funktionen dieser Operatoren gilt dies nicht!





Leonard hat Folgendes geschrieben:
Und was ist mit unserem echten Vakuum? Wenn ich dieses beschreibe, ist dann der Erwartunsgwert auch ungleich null, was bedeutet, dass verschiedene Felder diverse Werte annehmen und dadurch zu realen messbaren Effekten führen?

Ja.

Das "echte" Vakuum ist gerade das physikalische Vakuum.

Das Quarkkondensat zeigt, dass die sogenannte chirale Symmetrie der QCD spontan (sowie explizit) gebrochen ist. Das ist entfernt verwandt mit dem Higgsmechanismus, führt jedoch aus bestimmten Gründen zu völlig anderen Schlussfolgerungen
- es existieren (näherungsweise) masselose Goldstone-Bosonen, nämlich die Pionen
- das Kondensat hängt mit Massen m sowie Pion-Zerfallskonstante f_pi zusammen
- das Kondensat liefert in führender Ordnung eine Näherung für die Nukleonmasse N_M




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