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Unterscheidbare Wege
 
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martin.xyz



Anmeldungsdatum: 25.02.2008
Beiträge: 3

Beitrag martin.xyz Verfasst am: 25. Feb 2008 19:08    Titel: Unterscheidbare Wege Antworten mit Zitat

Guten Abend,

Es gibt da noch ein paar Gedanken, die ich zum Thema Quantenobjekte am Doppelspalt habe. Die Frage ist vor allem: wann sind zwei Wege unterscheidbar. Etwa folgendes Experiment:

Man bringe an jeden Spalt ein Messgerät an, um zu sehen, ob (beispielsweise) ein Elektron diesen Spalt passiert hat. Nun sollte es ja keine Interferenz mehr geben. Das ist ja eigentlich schon aufregend genug. Was passiert jetzt aber, wenn ich es so anlege, dass die Messgeräte an den beiden Spalten immer einmal piepsen, wenn ein Elektron durchkommt und ich dann die Ausgangssignale der beiden Geräte verbinde und an einen gemeinsamen Lautsprecher leite. Tritt dann wieder Interferenz auf?

Wie gesagt, die Unklarheit meinerseits besteht in erster Linie darin, dass ich nicht weiß, wann genau zwei Wege als "nicht unterscheidbar" gelten.

Gruß
martin
pressure



Anmeldungsdatum: 22.02.2007
Beiträge: 2496

Beitrag pressure Verfasst am: 25. Feb 2008 19:22    Titel: Antworten mit Zitat

Ich würde spontan sagen, dass jegliche Interaktion mit der Außenwelt einen Weg unterscheidbar macht. Bei deinem Versuchsaufbau wird auch keine Interferenz auftreten, sonst könnte man die Natur ja austricksen. Woher sollte ein Elektron wissen, ob du die Kabel zusammenschließt oder nicht ?

Ich hab mich aber selber noch nicht wirklich tief mit diesem Thema beschäftigt, vielleicht wissen andere hier mehr. grübelnd
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 26. Feb 2008 00:45    Titel: Antworten mit Zitat

Um dieser Überlegung genauer auf den Grund zu gehen, überlegt man sich, wie das Messgerät, das entscheiden soll, durch welchen Spalt des Doppelspaltes das Teilchen (sagen wir mal ein Elektron) gegangen ist, genau funktionieren soll.

Von Richard Feynman stammt dazu folgende Betrachtung (ich versuche sie mal einigermaßen in eigenen Worten zu umreißen):

Um festzustellen, durch welchen Spalt das Elektron gegangen ist, muss man es stören. Und zwar mindestens mit einem Photon.

Um nun auflösen zu können, durch welchen Spalt das Elektron gegangen ist, muss das Photon eine Wellenlänge haben, die klein genug ist, um nicht über beide Spaltausgänge verschmiert zu sein, also damit auch eine bestimmte Mindestenergie und einen bestimmten Mindestimpuls, und damit auch eine bestimmte "Mindeststörung" der Elektronenbahn bei der Wechselwirkung. (Dieser Zusammenhang zwischen "Ortsunschärfe des Photons ist kleiner als der Spaltabstand" und "das Photon hat dementsprechend einen gewissen Mindestimpuls" ist nichts anderes als die bekannte Heisenbergsche Unschärferelation.) Und diese Störung der Elektronenbahn wird gerade dann groß genug, um das Interferenzbild auf dem Schirm zu verwischen, wenn die Wellenlänge des Photons kurz genug wird, um die beiden Spalte aufzulösen, das hat Feynman mit einer einfachen Rechnung so abschätzen können.

Ich glaube, diese Überlegung steht zum Beispiel in den Feynman Lectures (ich glaube, Band III, Kapitel 2) drin, falls du sie mal genauer nachlesen möchtest.

Ist der Grundgedanke soweit schon ein bisschen klar geworden? Hattest du so etwas gemeint (, oder hattest du z.B. eher konkret an neue, relativ moderne Experimente zu diesem Thema gedacht)?

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In deinem vorgeschlagenen Experiment würde ich vermuten, dass dein Messapparat mit den zwei getrennten Detektoren so grob die Flugbahn der Elektronen beeinflusst, dass das Interferenzmuster verschwinden wird, obwohl dir der Lautsprecher am Ende keine Welcher-Weg-Information gibt.

Es ist aber auf jeden Fall möglich, eine Apparatur so zu konstruieren, dass sie piepst, wenn ein Elektron durch irgendeinen der beiden Spalte kommt (zum Beispiel, im Feynman-Beispiel, gemessen durch Wechselwirkung des Elektrons mit einem relativ langwelligen Photon, das die beiden Spalte nicht auflöst), aber dass dabei trotzdem ein Interferenzbild auf dem Schirm erscheint. Dabei ist dann also die Wechselwirkung bei der Detektion des Elektrons nicht "heftig" genug, um eine Welcher-Weg-Information zu gewinnen und so das Interferenzbild zu zerstören.
martin.xyz



Anmeldungsdatum: 25.02.2008
Beiträge: 3

Beitrag martin.xyz Verfasst am: 27. Feb 2008 12:58    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank schonmal für die ausführliche Erklärung.
Ich schließe aus dem, was dermarkus geschrieben hat, dass die Interferenz bei einer Messung deswegen nicht stattfindet, weil man das Quantenobjekt (etwa ein Elektron), weil man es beeinflusst.
Ich meine gelesen zu haben, dass es Überlegungen gibt, wonach auch bei einer Messung, die das Elektron nicht stört, keine Interferenz zu beobachten sei. Mein Physiklehrer sagt etwas ähnliches (das muss jetzt erstmal nichts bedeuten Augenzwinkern).
Ist das ganz einfach falsch? Oder nur theoretisch (praktisch vermutlich sowieso) nicht zu zeigen?
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 27. Feb 2008 13:20    Titel: Antworten mit Zitat

Zur Klarstellung vorneweg:

* Jede Messung an dem Elektron, das da durch den Doppelspalt fliegt, beeinflusst es. Wie stark diese Messung den Impuls des Elektrons beeinflusst, und ob man mit dieser Messung eine Welcher-Weg-Information entnehmen kann, und ob diese Messung dazu führt, dass das Interferenzmuster verschwindet, ist damit noch offen und hängt von der Messung ab.

* Oben habe ich davon gesprochen, dass es Messungen gibt, deren Einfluss auf das Elektron zu klein ist, um eine Welcher-Weg-Information zu erlangen.

* Es gibt sicher keine Messungen, die das Elektron überhaupt nicht stören und die trotzdem eine Welcher-Weg-Information liefern. (Dass die Störung dafür nicht in Form einer kräftigen Impulsänderung erfolgen muss, sondern raffinierter erfolgen kann ("Aufprägen einer Korrelation zwischen Elektronenbahn und Messergebnis" genügt), ist hingegen eine relativ moderne Erkenntnis.)

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Vielleicht meinst du etwas konkreteres:

Feynmans Überlegung von oben mit der Heisenbergschen Unschärferelation betrachtet eine Messmethode, die zu einer Impulsänderung des Elektrons führt, die groß genug, ist, um das Interferenzbild zu zerstören, sobald eine Welcher-Weg-Information entnommen wird.

Was du gelesen und von deinem Physiklehrer gehört hast, wird sich auf moderne Experimente beziehen, in denen Welcher-Weg-Information auf besonders behutsame Art und Weise gewonnen wird. Also so, dass die Störung des Impulses des Elektrons dabei nicht groß genug ist, damit die Zerstörung des Interferenzmusters einfach schon dadurch erklärt wird. Und doch beobachtet man bei diesen Experimenten, dass das Interferenzmuster verschwindet, wenn man eine Welcher-Weg-Information entnimmt (obwohl diese Entnahme in diesem Fall sehr "sanft", also mit einer nur sehr kleinen Störung des Elektronenimpulses erfolgt).

Man sollte also statt
martin.xyz hat Folgendes geschrieben:

[...] dass es Überlegungen gibt, wonach auch bei einer Messung, die das Elektron nicht stört, keine Interferenz zu beobachten sei.

sagen: Es gibt Experimente [1,2], die zeigen, dass auch bei einer Messung, die eine Welcher-Weg-Information entnimmt und dabei das Elektron nur sehr wenig stört (viel weniger als nach der Unschärferelation), trotzdem das Interferenzmuster verschwindet.

Diese Experimente bestätigen, dass die Entnahme einer Welcher-Weg-Information zum Verlust des Interferenzmusters führt, und zwar sogar dann, wenn die Störung des Impulses des interferierenden Teilchens kleiner ist als nach der Heisenbergschen Unschärferelation.

[1] S. Dürr, T. Nonn, G. Rempe: Origin of Quantum-Mechanical Complementarity Probed by a 'Which-Way' Experiment in an Atom Interferometer, Nature 395, 33 (1998)

[2] S. Dürr, G. Rempe: Can Wave-Particle Duality be Based on the Uncertainty Relation? Am. J. Phys. 68, 11 (2000)
martin.xyz



Anmeldungsdatum: 25.02.2008
Beiträge: 3

Beitrag martin.xyz Verfasst am: 27. Feb 2008 18:16    Titel: Antworten mit Zitat

Nochmals danke für diese mehr als zufriedenstellende Antwort, jetzt ist mir einiges klarer. smile
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