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Lagrangefunktion und Dämpfung
 
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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 04. Mai 2022 09:37    Titel: Lagrangefunktion und Dämpfung Antworten mit Zitat

Ich habe bis jetzt nicht die Lagrangefunktion gefunden für den Fall viskoser Dämpfung:



Für den Fall verschwindender Dämpfung ist es klar:



Ich bräuchte eine Lagrangefunktion, die durch die Euler-Lagrange-Gleichung wieder auf die ursprüngliche Gleichung führt.

Wenn das zu schwierig ist, wie ist es mit einer räumlich und zeitlich konstanten Dämpung ?
Kelvin1995



Anmeldungsdatum: 09.01.2022
Beiträge: 64

Beitrag Kelvin1995 Verfasst am: 04. Mai 2022 09:54    Titel: Antworten mit Zitat

Das lässt sich mit geschwindigkeitsabhängigen Kräften nicht so leicht machen.
Du musst die Euler-Lagrange Gleichungen um eine Dissipationsfunktion erweitern.
Dann erhälst du


L ist wie gehabt die Lagrangefunktion, d.h. die differenz zwischen kinetischer und potentieller energie. D ist die Dissipationsfunktion, was den Anteil mit der geschwindigkeitsabhängigen kraft ergibt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18112

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Mai 2022 10:00    Titel: Antworten mit Zitat

Für den einfachsten Fall des gedämpften harmonischen Oszillators gilt



Evtl. findest du hier noch mehr:

http://www.scielo.org.mx/pdf/rmfe/v64n1/1870-3542-rmfe-64-01-47.pdf
https://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.500.1874&rep=rep1&type=pdf

Kelvin1995 hat Folgendes geschrieben:
Das lässt sich mit geschwindigkeitsabhängigen Kräften nicht so leicht machen.
Du musst die Euler-Lagrange Gleichungen um eine Dissipationsfunktion erweitern.

Zumindest für einfache Fälle funktioniert der Weg über die Lagrangefunktion ohne Dissipationsfunktion.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Kelvin1995



Anmeldungsdatum: 09.01.2022
Beiträge: 64

Beitrag Kelvin1995 Verfasst am: 04. Mai 2022 10:24    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Zumindest für einfache Fälle funktioniert der Weg über die Lagrangefunktion ohne Dissipationsfunktion.


Ja das stimmt schon, aber es wurde nach einem relativ allgemeinen Fall gefragt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18112

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Mai 2022 10:26    Titel: Antworten mit Zitat

Dann muss man das inverse Problem lösen.

Aber zumindest für räumlich und zeitlich konstante Dämpfung funktioniert es.

Evtl. hilft das weiter: https://www.researchgate.net/publication/345766039_Lagrangian_descriptions_of_dissipative_systems_a_review

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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 04. Mai 2022 10:35    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn es möglich wäre, eine Lagrange-Funktion mit Dämpfung zu finden, dann könnte man die in eine Hamilton-Funktion mit Dämpfung überführen.

Dann könnte man die quantisieren und hätte die Schrödingergleichung mit Dämpfung, die auch den Messprozess und den Übergang zur klassischen Mechanik aufzeigen könnte.

Wurde das jemals probiert?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18112

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Mai 2022 11:55    Titel: Antworten mit Zitat

So einfach funktioniert das nicht.

Eine Hamiltonfunktion mit Dämpfung bzw. Dissipation bedeutet für das System, dass die Energie nicht erhalten ist. Der Messprozess hat aber nichts mit Dissipation, nicht-Erhaltung der Energie o.ä. zu tun.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 04. Mai 2022 12:54, insgesamt einmal bearbeitet
Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 04. Mai 2022 12:04    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Der Messprozess hat aber nichts mit Dissipation, nicht-Erhaltung der Energie o.ä. zu tun.

grübelnd Wenn ein Elektron auf einen Schirm trifft, dann verliert es doch Energie (das Gesamtsystem des Labors natürlich nicht).

Das Messgerät kann mE als Dämpfung gesehen werden, so als würde ich eine Murmel in den Sand werfen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18112

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Mai 2022 13:03    Titel: Antworten mit Zitat

Sowas kannst du machen, aber das ist weder besonders spannend noch wirklich hilfreich.

Das Problem beim quantenmechanischen Messprozess ist ja, dass z.B. eine Superposition aus „das Elektron ist hier UND das Elektron ist dort drüben“ vorliegt, jedoch nur einer von mehreren Detektoren anspricht und das Elektron an genau einer Stelle detektiert wird.

Dabei hilft dir sowas gar nicht.

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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 04. Mai 2022 13:14    Titel: Antworten mit Zitat

Da habe ich mich missvertändlich ausgedrückt. Es würde wohl die Dekohärenz erklären. Außerdem habe ich irgendwo gelesen, dass zunehmende Störungen beim Doppelspalt ein allmähliches Verschwinden der Interferenz bewirken können.

Wäre eine "gedämpfte" Schrödingergleichung nicht für das Verständnis sinnvoll, wenn auch nur als Näherung?

Es müsste doch eine Amateur-Physik mit effektiven Gleichungen zu entwickeln sein.

Es gibt einerseits die Amateure, die mit missverständlicher Populärliteratur gefüttert werden und andererseits die Profis, die sich sehr formelmäßig ausdrücken. Ein tiefer Graben.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18112

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Mai 2022 13:36    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Es würde wohl die Dekohärenz erklären.

Nee, das funktioniert ganz anders.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Außerdem habe ich irgendwo gelesen, dass zunehmende Störungen beim Doppelspalt ein allmähliches Verschwinden der Interferenz bewirken können.

Ja, aber eben anders ;-)

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wäre eine "gedämpfte" Schrödingergleichung nicht für das Verständnis sinnvoll, wenn auch nur als Näherung?

M.E. nein.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Es müsste doch eine Amateur-Physik mit effektiven Gleichungen zu entwickeln sein.

In einigen Fällern hast du etwas ähnliches jedoch weiterhin deutlich kompliziertes.

Man kann z.B. im Rahmen der zeitabhängigen Störungstheorie den Übergang eines angeregten in den Grundzustand berechnen, in dem man eine zeitabhängige externe Störung betrachtet; dadurch ist die Energie des Quantensystems tatsächlich nicht erhalten. Allerdings koppelt man dazu das Quantensystem an ein zeitabhängiges Potential oder Feld, nicht an einen Reibungsterm.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Es gibt einerseits die Amateure, die mit missverständlicher Populärliteratur gefüttert werden und andererseits die Profis, die sich sehr formelmäßig ausdrücken. Ein tiefer Graben.

Einerseits ja.

Andererseits gibt es auch die Profis, die sich ernsthaft bemühen, verständlich und zugleich korrekt zu formulieren. (Auch wir hier geben uns Mühe, irreführende Darstellungen zu korrigieren).

Aber dein Ansatz hilft dabei leider nicht, und zwar aus einem sehr einfachen Grund. Die einfachen Erklärungen sollten sich im Idealfall aus den exakten Gleichungen ergeben, oder aus Gleichungen, die über gewisse Näherungen gewonnen werden. Gleichungen, die in der etablierten Physik keine Rolle spielen erklären gerade nicht die etablierten Physik.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 04. Mai 2022 13:37    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Wäre eine "gedämpfte" Schrödingergleichung nicht für das Verständnis sinnvoll, wenn auch nur als Näherung?


Das wird natürlich gemacht und es ist auch sinnvoll für das Verständnis der Dynamik makroskopischer Systeme. Etwas anderes ist auch der Meßprozeß letztlich nicht. (Stichwort: Quanten-Master-Gleichung). Solche Gleichungen enthalten im allgemeinen auch Dissipationsterme. Ein Beispiel dafür ist die Lindblad-Gleichung, die eine Master-Gleichung für einen Quanten-Markov-Prozeß darstellt. Markov-Prozesse spielen auch eine Rolle bei der Modellierung von Dekohärenz. (Siehe z.B. Breuer, Petruccione, The Theory of Open Quantum Systems.)

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It is just this lack of connection to a concern with truth -- this indifference to how things really are -- that I regard as of the essence of bullshit. -- Harry G. Frankfurt
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 04. Mai 2022 13:42    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Solche Gleichungen enthalten im allgemeinen auch Dissipationsterme. Ein Beispiel dafür ist die Lindblad-Gleichung, die eine Master-Gleichung für einen Quanten-Markov-Prozeß darstellt.

Aber die gewinnt man ganz anders als hier diskutiert.

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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 04. Mai 2022 15:16    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Solche Gleichungen enthalten im allgemeinen auch Dissipationsterme. Ein Beispiel dafür ist die Lindblad-Gleichung, die eine Master-Gleichung für einen Quanten-Markov-Prozeß darstellt.

Aber die gewinnt man ganz anders als hier diskutiert.


Ich bin nicht sicher auf welche andere hier diskutierte Methode du dich beziehst. Aber Dissipationsterme erhält man im allgemeinen durch coarse-graining oder m.a.W. eine Vereinfachung der Dynamik durch Mittelung über viele, "mikroskopische" Freiheitsgrade der Umgebung eines offenen Systems.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 04. Mai 2022 15:37    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Solche Gleichungen enthalten im allgemeinen auch Dissipationsterme. Ein Beispiel dafür ist die Lindblad-Gleichung, die eine Master-Gleichung für einen Quanten-Markov-Prozeß darstellt.

Aber die gewinnt man ganz anders als hier diskutiert.

Ich bin nicht sicher auf welche andere hier diskutierte Methode du dich beziehst. Aber Dissipationsterme erhält man im allgemeinen durch coarse-graining oder m.a.W. eine Vereinfachung der Dynamik durch Mittelung über viele, "mikroskopische" Freiheitsgrade der Umgebung eines offenen Systems.

Also zur Klarstellung:

Die Lindblad-Gleichung halte ich in dem von dir skizzierten Kontext für wichtig; die Idee eines Lagrangians mit Dämpfungsterm (wie oben in Beitrag #1 und #3 angesprochen) halte ich in dem selben Kontext für irrelevant. Und wie du sagst, man gewinnt die von dir genannten Gleichungen durch coarse-graining über quantenmechanische Freiheitsgrade, nicht durch Dissipationsterme in der klassischen Lagrangeschen Mechanik.

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