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Energie und Entropie
 
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wsunter
Gast





Beitrag wsunter Verfasst am: 07. März 2018 22:02    Titel: Energie und Entropie Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo, ich habe eine Frage zum o.g. Thema:
Ein Axiom lautet ja, dass jedes stoffliche System eine Tendenz zu immer größerer Unordnung hat, und dass die Aufrechterhaltung oder "Schaffung" von Ordnung Energie erfordert. Im folgenden zwei Beispiele, die für mich auf dem ersten Blick absolut konträr erscheinen:

Energiequelle Sonne ; Stoffsystem Erde -> Durch Energiestrahlung der Sonne wird ein (hoher) Ordnungsgrad erschaffen (z.B. Fotosynthese bei Pflanzen) oder zumindestens aufrechterhalten (allg. Leben auf der Erde)

Energiequelle Herd(platte) ; Stoffsystem Wasser im Topf -> Durch Energieabsonderung des Herds wird das Wasser im Topf erwärmt; dieses siedet, verdampft...und das stellt ja zweifelsohne eine ZUnahme der UNordnung dar

Gilt das o.g. Axiom im zweiten Beispiel nicht mehr, oder mache ich hier einen Fehler bei der Überlegung??

Meine Ideen:
s.Frage
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 07. März 2018 22:58    Titel: Re: Energie und Entropie Antworten mit Zitat

wsunter hat Folgendes geschrieben:
Meine Frage:
Energiequelle Sonne ; Stoffsystem Erde -> Durch Energiestrahlung der Sonne wird ein (hoher) Ordnungsgrad erschaffen (z.B. Fotosynthese bei Pflanzen) oder zumindestens aufrechterhalten (allg. Leben auf der Erde)

Die Erde ist kein abgeschlossenes System, sondern nur ein offenes Teilsystem. Tatsächlich wird auch ohne Photosynthese o.ä. ein Teilsystem mit geringer Unordnung (wenige, dafür hochenergetische Photonen der Sonnenstrahlung) in ein Teilsystem mit höherer Unordnung (viele, dafür niederenergetische Photonen, die von der Erde wieder abgestrahlt werden) verwandelt.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
wsunter
Gast





Beitrag wsunter Verfasst am: 08. März 2018 07:32    Titel: Nachfrage Antworten mit Zitat

Aber das hieße ja, beim ersten Beispiel gilt das Axiom bzgl. der Energie und Entropie weniger.
Ist dieses Axiom nun ganz falsch, oder muss man es besser formulieren oder muss man es anders verstehen...?
wsunter
Gast





Beitrag wsunter Verfasst am: 09. März 2018 16:20    Titel: Antworten mit Zitat

Und noch ein Beispiel: ("Anti-")Energiequelle: Kühlschrank ; Stoffsystem: Lebensmittel, die ohne Funktion des Kühlschranks verderben würden;
hier wird dem Stoffsystem zweifelsohne keine Energie zugeführt, sondern umgekehrt.
Ist die Definition von Entropie, die ich im ersten Posting geschrieben habe (Grad der Unordnung), nun völlig falsch?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 09. März 2018 21:54    Titel: Antworten mit Zitat

Zunächst mal gibt es in der Physik keine Axiome, also keine unmittelbar einsichtigen, nicht beweisbaren bzw. nicht eines Beweises bedürfenden Wahrheiten; das wäre Mathematik.

In der Physik gibt es Naturgesetze, und dabei insbs. Hauptsätze, die die Grundlage einer Theorie darstellen, und die zwar ebenfalls nicht mathematisch beweisbar jedoch prinzipiell immer experimentell überprüfbar sind.

Im vorliegenden Fall sprechen wir von den Hauptsätzen der Thermodynamik, insbs. vom zweiten Hauptsatz. Dieser lautet - in der Formulierungen nach Clausius

"Es gibt keine Zustandsänderung eines thermodynamischen Systems, deren alleiniges Ergebnis die Übertragung von Wärme von einem Körper niederer auf einen Körper höherer Temperatur ist."

Damit in gewisser Weise äquivalent ist die Formulierung

"In einem abgeschlossenen, adiabaten thermodynamischen System kann die Entropie nicht abnehmen, sie nimmt in der Regel zu. Nur bei reversiblen Prozessen bleibt sie konstant."

Entropie ist dabei eine thermodynamische Zustandsgröße. Der zweite Hauptsatz formuliert mathematisch eine Entropiebilanz; diese stellt eine Beziehung zwischen der Änderung der Entropie, der innerhalb des Systems dissipierte Arbeit, der ausgetauschten Wärme sowie der Temperatur. Im Falle offener Systeme muss außerdem der Stofftransport über die Systemgrenze betrachtet werden.


Diese Definitionen sind rein thermodynascher Natur, d.h. einem makroskopischen System werden bestimmte Zustandsgrößen zugeschrieben, die das System als Ganzes beschreiben; Beispiele sind Druck P, Volumen V, Entropie S u.a.

Die Entropie als "Maß der Unordnung" setzt voraus, dass eine mikroskopische Beschreibung des Systems bekannt, z.B. dass ein Gas aus Atomen besteht, und dass man daraus die makroskopischen Größen ableiten kann; dies ist Aufgabe der statistischen Mechanik.

Der Zusammenhang zwischen der mikroskopischen Beschreibung und den makroskopischen Zustandsgrößen ist dabei teilweise recht kompliziert. Liegt keine mikroskopischen Beschreibung vor, so ist die Entropie als "Maß der Unordnung" kein wirklich sinnvoller Begriff.

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Systemdynamiker



Anmeldungsdatum: 22.10.2008
Beiträge: 594
Wohnort: Flurlingen

Beitrag Systemdynamiker Verfasst am: 21. März 2018 09:26    Titel: Menge Antworten mit Zitat

Entropie als Unordnung zu bezeichnen ist unglücklich, weil wir mit Unordnung etwas ganz anderem assoziieren. In mikroskopischer Betrachtungsweise ist die Entropie eher etwas wie eine Möglichkeit, nämlich die Zahl der möglichen Anordnung makroskopisch ununterscheidbarer Zustände. Dabei ist wichtig, dass sich die Teilchen nicht unterscheiden, also zum Beispiel nicht durchnummeriert werden können.

In der Thermostatik ist die Entropie eine Zustandsfunktion, was aber wenig aussagt, sind doch Volumen, Stoffmenge, Druck, Temperatur, chemisches Potential und einige andere Grössen auch Zustandsfunktionen. Entscheidende Eigenschaft der Entropie ist ihre Bilanzierfähigkeit: Entropie kann gespeichert, ausgetauscht und erzeugt werden. Mit dieser Betrachtungsweise kann man die Erde als Bilanzgebiet abgrenzen und dann die von der Sonne her zufliessende und an den Weltraum abfliessende Entrope ermitteln und bilanzieren. Dann sieht man, dass etwa zwanzig mal mehr Entropie von der Erde weggeht als zufliesst. Und damit kann man leben.

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Herzliche Grüsse Werner Maurer
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 21. März 2018 10:10    Titel: Re: Menge Antworten mit Zitat

Systemdynamiker hat Folgendes geschrieben:
Entropie als Unordnung zu bezeichnen ist unglücklich, weil wir mit Unordnung etwas ganz anderem assoziieren.

Ich gebe dir teilweise recht.

Allerdings ist jede textuelle Beschreibung der Entropie letztlich unpräzise und irreführend, wenn sie nicht durch eine mathematische Definition untermauert wird.

Systemdynamiker hat Folgendes geschrieben:
In mikroskopischer Betrachtungsweise ist die Entropie eher etwas wie eine Möglichkeit, nämlich die Zahl der möglichen Anordnung makroskopisch ununterscheidbarer Zustände.

"Zahl der möglichen Anordnung ..." ist nicht korrekt.

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Quantenphysik
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Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 21. März 2018 11:11    Titel: Antworten mit Zitat

Textuell würde ich Entropie als ein Maß für die Anzahl der Realisierungsmöglichkeiten einer Häufigkeitsverteilung beschreiben.
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