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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18072

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 08:54    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
Natürlich ist das kein physikalisches Argument, aber mit ähnlichen Argumenten fangen in den meisten Fällen die "Ausarbeitung" der Interpretationen an.

Die Interpretation eines Formalismus beginnt immer mit dem Formalismus selbst.

positive hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Hättest du ein solches parat? Kannst du auf die fortdauernde Existenz des Badezimmers aufgrund des Formalismus schließen?

Naja, die Schrödinger-Gleichung halt, Wellenfunktion. Ja, ich denke schon, dass ich das kann, ist halt immer da das Badezimmer, wegen der Zeitentwicklung des Quantensystems wie oder was auch immer damit gemeint sein mag, die Wellenfunktion beschreibt das "Dasein" des Badezimmers.

Für das Badezimmer reicht zunächst natürlich die klassische Mechanik. Wenn du deren Gleichungen ontologisch interpretierst, also auf das unabhängig von dir Seiende (und nicht nur auf deine Beobachtung) beziehst, dann folgen daraus starke Argumente für die kontinuierliche Existenz des Badezimmers.

Wenn du jedoch die selbe Argumentation im Rahmen der Quantenmechanik anwendest, dann folgt mittels der selben Logik die Existenz der "sich verzweigenden einen Welt gemäß Everett", d.h. z.B. eine Superposition einer lebenden und einer toten Katze.

Sorry, aber das ist so. Everetts Sicht folgt nicht aus zusätzlichen Postulaten sondern aus einer vernünftigen philosophischen Haltung plus der Schrödingergleichung.

Wenn du das nicht möchtest, musst du entweder deinen philosophischen Standpunkt ändern, also deine Gleichungen rein epistemisch interpretieren, oder einen zusätzlichen Kollaps in der QM postulieren, der der Schrödingergleichung widerspricht und der dich letztlich zwingt, wiederum eine rein epistemische Position einzunehmen.

Wenn du also weiterhin an die kontinuierliche Existenz des Badezimmers glauben möchtest, jedoch nicht an Everetts "sich verzweigenden eine Welt", dann musst du erklären, warum du zwei unterschiedliche philosophische Standpunkte einnimmst, je nachdem, was du glauben möchtest.

(Das ist kein Vorwurf an dich)

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18072

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 08:56    Titel: Antworten mit Zitat

VeryApe hat Folgendes geschrieben:
toms hat Folgendes geschrieben:
Hättest du ein solches parat? Kannst du auf die fortdauernde Existenz des Badezimmers aufgrund des Formalismus schließen?


Ich könnte zum Beispiel im Badezimmer eine automatische Schleifmaschine aufstellen die den Boden nachts schleift und unter Beobachtung messen wieviel sie wegschleift, dann mache ich den gleichen Versuch und lege mich mit Ohrenstöpsel ins Bett.

Es geht mir keineswegs darum, diese vernünftige Schlussfolgerung zu diskreditieren, sondern vielmehr darum zu zeigen, dass Everett's Sichtweise lediglich die Konsequenz der selben vernünftigen Schlussfolgerung ist.

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VeryApe



Anmeldungsdatum: 10.02.2008
Beiträge: 3247

Beitrag VeryApe Verfasst am: 13. Dez 2017 09:12    Titel: Antworten mit Zitat

Und ich wollte hier keinen "RetourAngriff" starten, sondern ich verstehe nicht wie auf Basis der Quantenmechanik die Möglichkeit noch immer offen steht das Schleifmaschine und Badezimmer nicht da sein könnten und trotzdem das gleiche Weggeschliffen wird, und sie dann an der selben Position wieder auftauchen wenn ich sie beobachte.

Ich verstehe sowieso nur 10% vom index razor und dir.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18072

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 09:24    Titel: Antworten mit Zitat

VeryApe hat Folgendes geschrieben:
Und ich wollte hier keinen "RetourAngriff" starten, sondern ich verstehe nicht wie auf Basis der Quantenmechanik die Möglichkeit noch immer offen steht das Schleifmaschine und Badezimmer nicht da sein könnten und trotzdem das gleiche Weggeschliffen wird ...

Du hast die Wahl:

Entweder nimmst du eine rein epistemische (instrumentalische) Haltung ein, derzufolge physikalische Theorien ausschließlich "mathematische Instrumente" sind, um Beobachtungen vorherzusagen (diese Haltung ist bzgl. der Quantenmechanik verbreitet). Dann kannst du jedoch auf Basis der klassischen Mechanik nicht schlussfolgern, dass das Badezimmer unabhängig von deinen Beobachtungen existiert.

Oder du nimmst eine ontologisch-realistische Position ein, derzufolge eine physikalische Theorie letztlich das beschreibt, was unabhängig von dir und deinen Beobachtungen existiert (diese Haltung war früher weit verbreitet, ohne dass das groß diskutiert wurde; im Rahmen der Quantenmechanik ergeben sich daraus offensichtlich seltsame Konsequenzen; Bohr u.a. haben diese Haltung zugunsten eines Instrumentalismus aufgegeben). Dann kannst du auf Basis der klassischen Mechanik tatsächlich schlussfolgern, dass das Badezimmer unabhängig von deinen Beobachtungen existiert. Aber dann musst du auch auf Basis der Schrödingergleichung schlussfolgern, dass seine Katze tatsächlich in diesem Superpositionszustand ist, und dass nach Öffnen des Kastens er sich ebenfalls in einem derartigen Superpositionszustand befindet.

Es ist ganz einfach: triff' deine Wahl bzgl. deiner philosophischen Position und wende den Formalismus der Quantenmechanik sowie elementare Logik an.

Alles andere sind faule Ausreden. Z.B. ist ein Kollaps, der den Superpositionszustand der Katze zerstört, mit der ontologisch-realistischen Position plus der universellen Gültigkeit der Schrödingergleichung logisch unverträglich. Oder die Haltung, einmal ontologisch mit Newton, einmal epistemisch mit Bohr - nur um den blöden Superpositionszustand der Katze zu vermeiden: das ist inkonsistent.

Everett hat nur logisch zu Ende gedacht, was Einstein und Schrödinger begonnen haben. Ob du deren Erkenntnis akzeptieren willst ist deine Entscheidung. Du kannst jedoch nicht die philosophische Position akzeptieren, jedoch deren logische Konsequenzen fallweise ablehnen, weil sie dir nicht zusagen.

Zusammenfassung: entweder sagt die Theorie nichts über reale Existenz sondern ausschließlich etwas über Berechnungen, dein Wissen und deine Beobachtungen, oder sie sagt tatsächlich etwas über die reale Existenz, dann aber auch über die reale Existenz der Superpositionen von Katzen.

tertium non datur

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 13. Dez 2017 10:33, insgesamt 2-mal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Dez 2017 09:37    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Eine gute Formulierung des Problems, so wie ich es auffasse, ist in Form folgender Dilemmata:

1) Die quantenmechanische Beschreibung der Realität kann nicht vollständig sein (EPR-Paradoxon).

2) Eine vollständige, realistische Beschreibung der quantenmechanischen Phänomene ist nicht lokal. (Verletzung der Bellschen Ungleichungen)

Ich persönlich lehne beide Argumente ab, denn alleine schon die Tatsache, dass man "seltsames" in der QM beobachtet/erlebt, beschreibt ja Realität, jetzt zu sagen dies beschreibe keine "physikalische Realität" in dem Sinne ist weit hergeholt und bringt niemanden weiter.


Die Schlußfolgerung von EPR lautet auch nicht, daß die QM keine "physikalische Realität" beschreibt, sondern daß diese Beschreibung nicht vollständig sein kann.

Die Idee ist im Grunde ganz einfach: Wenn eine vollständige Beschreibung wäre, dann müßte ich die Werte aller realen Größen aus ableiten können. Das ist aber anscheinend nicht immer der Fall. Manchmal kann ich eine störungsfreie Messung durchführen, aus deren Ergebnis zusammen mit weitere Meßergebnisse mit Sicheheit vorhersagbar werden, obwohl diese sich nicht aus allein vorhersagen lassen.

Da die Messung störungsfrei ist, ist die reale Situation, die beschreibt noch immer dieselbe, wie vorher. Allerdings weiß ich nach der ersten Messung offenbar Dinge über das System, nämlich den Wert , die ich aus dem Zustand allein nicht ableiten kann. Ich kann behaupten, daß ich sie über das System weiß, weil ich sie ja mit Sicherheit vorhersagen kann. Und nachträgliche Messungen werden mir auch immer bestätigen, daß ich recht habe. (Die Behauptung, daß mit Sicherheit vorhersagbare Werte zu Elementen der Realität gehören müssen, auch wenn ich sie nicht aus der reinen Theorie, sondern z.B. aus einer störungsfreien Messung gewonnen habe, ist im wesentlichen das EPR-Kriterium.)

Also gehört entweder zu kein Element der Realität oder beschreibt diese Realität nicht vollständig. Die erste Alternative beinhaltet mehr oder weniger die Ensemble Interpretation: nicht die individuellen Meßwerte gehören zur Realität oder verraten mir irgendwas über das reale System, sondern nur deren statistische Verteilung. Das ist nicht gerade eine klassisch-realistische Auffassung. Nach dieser wären statistische Aussagen zwar nicht unbedingt "unrealistisch". Aber es sollte sich schon um die Verteilung real existierender individueller Werte handeln.

Zitat:

Mit Bellschen Ungleichungen und Lokalität muss man m.M.n. ebenfalls sorgsam umgehen, denn 600 LJ Entfernung sind ja in der QM schließlich "lokal".


"Lokal" bdeutet einfach, daß Ursachen für die Ergebnisse von Messungen sich nicht mit Überlichtgeschwindigkeit ausbreiten können.
VeryApe



Anmeldungsdatum: 10.02.2008
Beiträge: 3247

Beitrag VeryApe Verfasst am: 13. Dez 2017 10:44    Titel: Antworten mit Zitat

dann nehme ich wohl die ontologisch-realistische Position ein

Zitat:

Zusammenfassung: entweder sagt die Theorie nichts über reale Existenz sondern ausschließlich etwas über Berechnungen, dein Wissen und deine Beobachtungen, oder sie sagt tatsächlich etwas über die reale Existenz, dann aber auch über die reale Existenz der Superpositionen von Katzen.


Aber wieso muß ich diese Superpositonen bei Katzen hinnehmen wenn ich die ontologisch-realistische Position einnehme.

Für mich war Schrödingers Katze schon immer ein Problem zur Schlussfolgerung die Katze müsse sich auch in einer Superposition befinden.

Mal folgendes, angenommen ich habe einen instabilen Atomkern und der ist in der Superposition, wenn er zerfällt misst das ein Geigerzähler und ein Mechanismus wird in Gang gesetzt und die Katze wird betäubt, wenn er nicht zerfällt wird ein Anti Narkosemittel freigesetzt.

JEtzt gibts zwei Möglichkeiten entweder wird geben eine schon vorher betäubte Katze in den Kasten oder wir geben eine vorher nicht betäubte in den Kasten



Atomkern zerfällt -> vorher betäubte Katze bleibt betäubt
Atomkern zerfällt nicht -> vorher betäubte Katze wird erweckt

Atomkern zerfällt -> vorher agile Katze wird betäubt
Atomkern zerfällt nicht -> vorher agile Katze bleibt agil.

Warum kanns jetzt nicht so sein das solange sich der Atomkern in der Superposition befindet und sich noch nicht entschieden hat, die Katze und das Messgerät einfach in dem Zustand befinden mit dem sie zuvor in den Kasten gegeben wurden.

Eine betäubte Katze bleibt betäubt solange sich der Atomkern noch nicht entschieden hat.

Eine agile Katze bleibt agil solange sich der Atomkern noch nicht entschieden.

wenn er sich entschieden hat dann gibts die obigen Richtungen für die Zukunft.

Warum muß sich jetzt die Katze samt Messinstrument auch zwingend in der Superposition befinden.
Ich habe das nie verstanden warum ich darauf schließen muß und ich habe auch noch keine Superposition erlebt.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18072

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 10:46    Titel: Antworten mit Zitat

@index_razor:

Nehmen wir Everetts Interpretation als Ausgangspunkt. Damit folgen für ein quantenmechanisches System plus eine Messapparatur plus Beobachter die Gesamtheit aller zulässigen Messwerte sowie (zweig-lokal) deren Konsequenzen, insbs. Beobachtungen. Klassische Eigenschaften und insbs. Messwerte sind jedoch lediglich abgeleitete Größen.

Damit würde ich dies als eine vollständige, realistische Interpretation ansehen, wobei die Realität durch den Zustandsvektor sowie den Zeitentwicklungsoperator kodiert wird (nicht durch klassische Eigenschaften; und demzufolge dürfen diese auch nicht als Kriterium für die Vollständigkeit herangezogen werden). Natürlich ist die Interpretation nicht-lokal.

OK?

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18072

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 11:12    Titel: Antworten mit Zitat

VeryApe hat Folgendes geschrieben:
dann nehme ich wohl die ontologisch-realistische Position ein

Gut! (ich auch)

VeryApe hat Folgendes geschrieben:
Aber wieso muß ich diese Superpositonen bei Katzen hinnehmen wenn ich die ontologisch-realistische Position einnehme.

Weil du dann glaubst, dass die physikalische Theorie = dir Quantenmechanik die Realität zutreffend beschreibt, und weil diese Superposition aus der Theorie (ohne weitere Hypothesen oder Postulate) beweisbar.

VeryApe hat Folgendes geschrieben:
Für mich war Schrödingers Katze schon immer ein Problem zur Schlussfolgerung die Katze müsse sich auch in einer Superposition befinden.

Die Existenz der Superposition der Katze folgt aus der ontologisch-realistischen Position und der Mathematik der Quantenmechanik. Ein Problem resultiert erst dann, wenn du diese Schlussfolgerung ablehnst - und dich logischerweise damit befassen musst, welche der Grundlagen, die dich dazu geführt haben, du ändern musst - die ontologisch-realistischen Position oder die Quantenmechanik

VeryApe hat Folgendes geschrieben:
Warum muß sich jetzt die Katze samt Messinstrument auch zwingend in der Superposition befinden.

Weil Messungen und Beobachtungen immer auch Wechselwirkungen nach den Regeln der Quantenmechanik bedeuten. Und durch diese Wechselwirkung resultiert aus der Superposition des Atomkerns zwingend die Superposition des Gesamtsystems (das folgt wiederum aus der Mathematik).

VeryApe hat Folgendes geschrieben:
Ich habe das nie verstanden warum ich darauf schließen muß und ich habe auch noch keine Superposition erlebt.

Echtes Verständnis würde bedeuten, dass du dich durch die Mathematik durcharbeitest; andernfalls musst du‘s halt glauben :-)

Dass du keine Superposition erlebst folgt ebenfalls aus der Quantenmechanik, speziell aus der Dekohärenz. Diese besagt, dass durch deine Beobachtung der Superposition der Katze du selbst in eine Superposition gerätst, wobei die Komponenten = Zweige („Welten“) stabil sowie wechselweise unsichtbar d.h. insbs. untereinander nicht mehr interferenzfähig sind. Die Theorie sagt also genau das voraus, was du erlebst.

EDIT: die wesentlichen mathematischen Schlussfolgerung waren bereits kurz nach der Formulierung der Quantenmechanik bekannt und unstrittig; Everett kam Jahrzehnte später; strittig war immer die Interpretation bzw. der Ausweg aus dem „Katzenparadoxon“ - Ablehung des ontologischen Realismus, Instrumentalismus, stochastische Ensemble-Interpretation, Kollaps-Postulat, ... Everetts Idee - inzwischen gestützt durch die Erkenntnisse im Umfeld der Dekohärenz durch Zeh et al. - war letztlich, dass es keinen Ausweg braucht da kein Paradoxon existiert, wenn man einfach an die Existenz der Superposition glaubt - was man für mikroskopische Objekte selbstverständlich tut.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 13. Dez 2017 11:33, insgesamt einmal bearbeitet
VeryApe



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Beiträge: 3247

Beitrag VeryApe Verfasst am: 13. Dez 2017 11:32    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:

Weil du dann glaubst, dass die physikalische Theorie = dir Quantenmechanik die Realität zutreffend beschreibt, und weil diese Superposition aus der Theorie (ohne weitere Hypothesen oder Postulate) beweisbar.


Ich glaube daran das es eine richtige Theorie gibt, aber das heißt ja noch nicht das die Quantenmechanik diese fehlerlos wiedergibt. Kann ja sein das auf irgendwas vergessen wurde beim Übergang zur Makroskopie.

Zitat:
Die Existenz der Superposition der Katze folgt aus der ontologisch-realistischen Position und der Mathematik der Quantenmechanik. Ein Problem resultiert erst dann, wenn du diese Schlussfolgerung ablehnst - und dich logischerweise damit befassen musst, welche der Grundlagen, die dich dazu geführt haben, du ändern musst - die ontologisch-realistischen Position oder die Quantenmechanik


Das verstehe ich wenn ich eben die Theorie als fehlerlos erachte folgt dann die Superposition bei Katzen.

Zitat:
Weil Messungen und Beobachtungen immer auch Wechselwirkungen nach den Regeln der Quantenmechanik bedeuten. Und durch diese Wechselwirkung resultiert aus der Superposition des Atomkerns zwingend die Superposition des Gesamtsystems (das folgt wiederum aus der Mathematik).


okay die Mathematik dazu verstehe ich leider nicht.

Zitat:
Dass du keine Superposition erlebst folgt ebenfalls aus der Quantenmechanik, speziell aus der Dekohärenz. Diese besagt, dass durch deine Beobachtung der Superposition der Katze du selbst in eine Superposition gerätst, wobei die Komponenten = Zweige („Welten“) stabil sowie wechselweise unsichtbar d.h. insbs. untereinander nicht mehr interferenzfähig sind. Die Theorie sagt also genau das voraus, was du erlebst.


hm, da lese ich mich jetzt mal in Dekohärenz ein.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18072

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 11:46    Titel: Antworten mit Zitat

OK, zu meinem „tertium non datur“: Eine weitere Möglichkeit wäre natürlich, dass die Quantenmechanik selbst nicht vollständig ist. Dazu gibt es heute keinerlei Hinweise oder Experimente; Ansätze, die Theorie speziell zu dieser Problematik zu modifizieren sind m.E. naiv.

Zur Dekohärenz: Dieter Zeh‘s Webseite enthält frei zugängliche, deutsche Artikel ohne (bzw. ohne viel) Mathematik; negativ ist zu vermerken, dass es verständlichere Autoren als ihn gibt ... Vorsicht ist geboten, wenn die Dekohärenz als Lösung des Messproblems bezeichnet wird; sie löst einige Probleme, aber nicht alle. Sie zeigt aber insbs., dass einige ursprüngliche Postulate der Quantenmechanik zu weit gefasst waren, da die Dekohärenz Sachverhalte erklärt, die man folglich nicht mehr postulieren muss. Ebenso werden einige Annahmen Everetts durch die Dekohärenz überflüssig.

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positive



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Beitrag positive Verfasst am: 13. Dez 2017 12:34    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Wenn du das nicht möchtest, musst du entweder deinen philosophischen Standpunkt ändern, also deine Gleichungen rein epistemisch interpretieren, oder einen zusätzlichen Kollaps in der QM postulieren, der der Schrödingergleichung widerspricht und der dich letztlich zwingt, wiederum eine rein epistemische Position einzunehmen.

Wenn du also weiterhin an die kontinuierliche Existenz des Badezimmers glauben möchtest, jedoch nicht an Everetts "sich verzweigenden eine Welt", dann musst du erklären, warum du zwei unterschiedliche philosophische Standpunkte einnimmst, je nachdem, was du glauben möchtest.

Keiner dieser Physiker hat die QM verstanden, so dass diese Phänomene Sinn ergeben könnten. Die Wellenfunktion ist das einzig logische daran als dass eine Entität mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit an einem Ort sein wird. Mir reicht schon wenn ich weiß, dass (ob mit einer Gleichung oder nicht), ein Teilchen rumschwirrt, ich sein Ort aber noch nicht kenne.
Ich sehe keinen Widerspruch darin an die Existenz des Badezimmers zu glauben unabhängig von einem Kollaps der Wellenfunktion, es gibt keinen logischen Grund dies zu tun aber auch keinen dies nicht zu tun. Warum sollte ich beim Beobachten/Messen davon ausgehen, dass wie bei Everetts Interpretation das Ganze sich verzweigt und diese Zweige/Welten zur Realität werden, die ich nicht beobachten kann.
Quantenphysik
Gast





Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 13. Dez 2017 14:54    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
Warum sollte ich beim Beobachten/Messen davon ausgehen, dass wie bei Everetts Interpretation das Ganze sich verzweigt und diese Zweige/Welten zur Realität werden, die ich nicht beobachten kann.



Diese Zweige werden nicht zu Realitäten, sondern es gibt nur eine Realität, beschrieben durch die Wellenfunktion.
In einem dieser Zweige befindet sich dein Bewusstsein, welches den von dir beobachteten Messwert registriert.
Die anderen Zweige existieren ebenso als Bestandteile der Wellenfunktion und treten untereinander nicht in Wechselwirkung.

Ich vertrete Everett, weil ich davon ausgehe, dass die Schrödingergleichung universell gültig ist und ich es bevorzuge möglichst wenig Postulate zu verwenden.

Selbstverständlich handelt es sich hierbei um Metaphysik und nicht um Physik.[/quote]
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18072

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 17:37    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
Keiner dieser Physiker hat die QM verstanden, so dass diese Phänomene Sinn ergeben könnten.

Bisher war das doch eine sehr sachliche Diskussion. Warum jetzt eine Pauschalverurteilung von Physikern, die das Thema sicher besser verstanden haben als du?

positive hat Folgendes geschrieben:
Die Wellenfunktion ist das einzig logische daran als dass eine Entität mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit an einem Ort sein wird.

Also eine rein stochastische Auffassung. Damit vermeidest du zwar Everetts Schlussfolgerung, aber auf Existenz und "Fom" unabhängig von Beobachtung kannst du dann nicht logisch schließen.

positive hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe keinen Widerspruch darin an die Existenz des Badezimmers zu glauben unabhängig von einem Kollaps der Wellenfunktion, es gibt keinen logischen Grund dies zu tun aber auch keinen dies nicht zu tun.

Ich habe nie die Existenz des Badezimmers sowie den Kollaps der Wellenfunktion in einen direkten Zusammenhang gebracht. Lies bitte nochmal meine Argumentation.

positive hat Folgendes geschrieben:
Warum sollte ich beim Beobachten/Messen davon ausgehen, dass wie bei Everetts Interpretation das Ganze sich verzweigt und diese Zweige/Welten zur Realität werden, die ich nicht beobachten kann.

Weil dies - eine ontologische Interpretation vorausgesetzt - eine zwingende Konsequenz des mathematischen Formalismus der Quantenmechanik ist.

Andersherum: wenn du diese Schlussfolgerung vermeiden willst, kannst du andererseits nicht die von dir abgelehnte Schlussfolgerung im Falle des Badezimmers dann doch anwenden. Das ist widersprüchlich.

Ich denke, es wäre sinnvoll, wenn wir das anhand zweier Gleichungen diskutieren würden.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Dez 2017 18:37    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
@index_razor:

Nehmen wir Everetts Interpretation als Ausgangspunkt. Damit folgen für ein quantenmechanisches System plus eine Messapparatur plus Beobachter die Gesamtheit aller zulässigen Messwerte sowie (zweig-lokal) deren Konsequenzen, insbs. Beobachtungen. Klassische Eigenschaften und insbs. Messwerte sind jedoch lediglich abgeleitete Größen.


Hier scheinst du irgendwie "Beobachtung" und "Meßwert" in zwei disjunkte Kategorien einordnen zu wollen. Ich denke bevor ich ausführlicher Stellung nehmen kann, muß ich klären ob ich das richtig verstanden habe.

Mir ist auch nicht klar, was du damit aussagen willst, daß Meßwerte "klassische Eigenschaften" seien. Ich glaube, daß es innerhalb der QM höchstens eine näherungsweise Unterscheidung zwischen "klassischen" und "nichtklassischen" Größen gibt, daß aber eine scharfe Trennung für die Diskussion gar nicht notwendig ist.

Zitat:

Damit würde ich dies als eine vollständige, realistische Interpretation ansehen, wobei die Realität durch den Zustandsvektor sowie den Zeitentwicklungsoperator kodiert wird (nicht durch klassische Eigenschaften; und demzufolge dürfen diese auch nicht als Kriterium für die Vollständigkeit herangezogen werden). Natürlich ist die Interpretation nicht-lokal.

OK?


Auch hier verstehe ich nicht, warum die von dir als "klassische Eigenschaften" bezeichneten Größen, nicht Bestandteil der Realität sein können. Welches Kriterium wendest du denn dafür an? Übrigens je mehr Objekte du a priori als Elemente der Realität ausschließt, desto schwächer wird deine Version des "Realismus".
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18072

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 18:47    Titel: Antworten mit Zitat

Mit Messwert meine ich einfach den Wert, also eine Eigenschaft. Beobachtung oder Messung sind jedoch Vorgänge bzw. Prozesse.

Klassisch hat ein Objekt z.B. die Eigenschaft eines bestimmten Drehimpulses (Wert und Richtung). Quantenmechanisch wissen wir, das sind es nicht möglich ist, einem Quantenobjekt alle diese klassisch möglichen Eigenschaften gleichzeitig zuzuschreiben, das Quantenobjekt "hat" diese Eigenschaften also i.A. nicht.

Die einzig verbleibende Quanteneigenschaft ist i.A. der Zustandsvektor. Daraus folgen aber zusammen mit der Messung (also einem speziellen Wechselwirkungsoperator) näherungsweise alle möglichen klassischen Eigenschaften, jeweils innerhalb der jeweiligen Zweige.

Wiederum "hat" das System nicht eine einzige klassische Eigenschaft, sondern es hat (bezogen auf den jeweiligen Hamiltonoperator) die "Eigenschaft" der Ausbildung dieser stabilen Zweigstruktur mit den klassischen Eigenschaften (im jeweiligen Zweig).

Das ist für mich das Wesen der nicht-lokalen Realität nach Everett.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Dez 2017 19:13    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Klassisch hat ein Objekt z.B. die Eigenschaft eines bestimmten Drehimpulses (Wert und Richtung). Quantenmechanisch wissen wir, das sind es nicht möglich ist, einem Quantenobjekt alle diese klassisch möglichen Eigenschaften gleichzeitig zuzuschreiben, das Quantenobjekt "hat" diese Eigenschaften also i.A. nicht.


Dieses Argument ist doch zirkulär. Wir wissen, daß die Quantenmechanik die Realität vollständig beschreibt, weil wir wissen, daß alles was sie nicht beschreibt, nicht zur Realität gehört. Woher wissen wir denn das?

Du verwendest die Quantenmechanik selbst als einziges Kriterium für Realität. Damit wird die Aussage, deine Interpretation der Quantenmechanik sei realistisch, reichlich uninformativ.

Ich denke, daß du hier genau die Art von Inkonsistenz begehst, die du der "nicht-realistischen" Position, so wie du sie definierst, vorwirfst. In der klassischen Domäne würdest du einen Realitätsbegriff, nach dem defintionsgemäß die Realität genau mit dem übereinstimmt, was unsere Theorie beschreibt, vermutlich nicht einfach so akzeptieren. Ich vermute, du würdest meta-theoretische Kriterien anwenden wollen, um zu entscheiden, ob die Beschreibung der Realität mittels einer konkreten Theorie tatsächlich vollständig ist oder etwas wichtiges ausläßt.

Insofern stimmt m.E. dein Argument nicht, daß die Everettsche Sichtweise nichts anderes ist, als die Anwendung des klassischen Realismus auf die Quantenmechanik. Denn der klassische Realismus besagt nicht, daß die Realität identisch ist, mit dem was unsere besten bestätigten Theorien beschreiben.
positive



Anmeldungsdatum: 06.12.2013
Beiträge: 494

Beitrag positive Verfasst am: 13. Dez 2017 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Bisher war das doch eine sehr sachliche Diskussion. Warum jetzt eine Pauschalverurteilung von Physikern, die das Thema sicher besser verstanden haben als du?

Eigentlich meinte ich das sachlich, es ist nicht ungewöhnlich, dass man auf Phänomene stößt und sich damit beschäftigen musst um diese besser oder gegebenfalls auch gänzlich zu verstehen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Also eine rein stochastische Auffassung. Damit vermeidest du zwar Everetts Schlussfolgerung, aber auf Existenz und "Fom" unabhängig von Beobachtung kannst du dann nicht logisch schließen.

Für mich sind das erstmal die Tatsachen, stochastisch. Ich weiß nicht, ob man auf Everetts Interpretation überhaupt logisch schlussfolgern kann, denn die Phänomene sind ja zunächst unlogisch. Was ist für dich logisch, dass man nicht vorhersagen kann wo ein Elektron auftreffen wird wenn man fragen darf? Logisch(er) wäre es doch wenn man das wie bei einer Kugel vorhersagen könnte.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Weil dies - eine ontologische Interpretation vorausgesetzt - eine zwingende Konsequenz des mathematischen Formalismus der Quantenmechanik ist.

Andersherum: wenn du diese Schlussfolgerung vermeiden willst, kannst du andererseits nicht die von dir abgelehnte Schlussfolgerung im Falle des Badezimmers dann doch anwenden. Das ist widersprüchlich.

Ich verstehe nicht wie du das meinst. Für mich gibt es zunächst nur die Wellenfunktion als Wahrscheinlichkeit für das Badezimmer, von dem ich schon vorher wußte, dass es existiert, da ich es schon mal gesehen habe, sonst kann ich gar nicht auf die Idee kommen, dass es sich dabei um eine Wahrscheinlichkeit handelt. Danach wenn ich es gerade nicht beobachte, "verwandelt" es sich wieder in eine Wahrscheinlichkeit. Warum ist das für dich widersprüchlich?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18072

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 22:18    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Klassisch hat ein Objekt z.B. die Eigenschaft eines bestimmten Drehimpulses (Wert und Richtung). Quantenmechanisch wissen wir, das sind es nicht möglich ist, einem Quantenobjekt alle diese klassisch möglichen Eigenschaften gleichzeitig zuzuschreiben, das Quantenobjekt "hat" diese Eigenschaften also i.A. nicht.


Dieses Argument ist doch zirkulär. Wir wissen, daß die Quantenmechanik die Realität vollständig beschreibt, weil wir wissen, daß alles was sie nicht beschreibt, nicht zur Realität gehört. Woher wissen wir denn das?

Ich denke, ich verstehe dich nicht wirklich.

Was die Realität wirklich ist, können wir nicht sagen. Aber wir können dennoch einige Aussagen über sie machen. Wir wissen, dass wir die Realität mittels der Quantenmechanik beschreiben können. Wir wissen, dass die Quantenmechanik bestimmte Zuschreibungen von Eigenschaften (die klassisch möglich sind) verbietet. Wir können also schlussfolgern, dass die Realität diese Zuschreibungen von Eigenschaften entweder ebenfalls verbietet, oder dass die Quantenmechanik eben doch keine zutreffende Beschreibung der Realität ist. Eine andere Möglichkeit, nämlich dass die Quantenmechanik die Realität zutreffend beschreibt und dass die Quantenmechanik die Zuschreibung von Eigenschaften verbietet und dass die Realität diese gestattet ist logisch widersprüchlich.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du verwendest die Quantenmechanik selbst als einziges Kriterium für Realität.

Ich denke nicht. Erstens gehen die Beiträge evtl. etwas durcheinander, und zweitens verwende ich die Quantenmechanik lediglich im negativen Sinne als Kriterium für Realität, d.h. dass wenn die Quantenmechanik X verbietet und wenn ich die Quantenmechanik als zutreffend ansehe, dann hat X keine Entsprechung in der Realität.

Ich vertrete außerdem die Annahme des wissenschaftlichen, ontologischen Realismus, dass nämlich die Quantenmechanik tatsächlich eine "treue" Representation der Realität darstellt.

Diese Position muss man nicht teilen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
In der klassischen Domäne würdest du einen Realitätsbegriff, nach dem definitionsgemäß die Realität genau mit dem übereinstimmt, was unsere Theorie beschreibt, vermutlich nicht einfach so akzeptieren.

Warum nicht? Gerade in der klassischen Domäne war dies weitgehend unumstritten und akzeptiert. Erst und insbs. die Quantenmechanik hat zu einer Abkehr von ontologischen Realismus geführt (die Alternative, also der Idealismus des 18. und 19. Jahrhunderst, hat in der Physik doch kaum jemand ernst genommen).

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Insofern stimmt m.E. dein Argument nicht, daß die Everettsche Sichtweise nichts anderes ist, als die Anwendung des klassischen Realismus auf die Quantenmechanik. Denn der klassische Realismus besagt nicht, daß die Realität identisch ist, mit dem was unsere besten bestätigten Theorien beschreiben.

Es gibt nicht den klassische Realismus.

Aber ich habe eine wesentliche Denkrichtung oben zusammengefasst, und die besagt das schon:

TomS hat Folgendes geschrieben:
In der Philosophie gibt es jedoch einen andereren Realismus-Begriff, nämlich den ontologischen Realismus demzufolge die Außenwelt ohne bzw. unabhängig den Menschen bzw. seine Wahrnehmung existiert. Damit verwandt ist der wissenschaftliche Realismus, der besagt, dass eine erkennbare Wirklichkeit unabhängig vom menschlichen Denken existiert, und dass die Bestätigung einer wissenschaftlichen Theorie die Annahme begründet, dass diese Wirklichkeit so beschaffen ist, wie diese Theorie das aussagt. Dies bedeutet insbs., dass die Entitäten einer bestätigten wissenschaftlichen Theorie auch objektiv existieren. Wissenschaftliche Realisten behaupten, dass bewährte Theorien zumindest annähernd wahr sind und die Natur weitgehend zutreffend erfassen (nach Wikipedia).

Angewandt auf die Quantenmechanik bedeutet dies, dass die Entität "quantenmechanischer Zustandsvektor" die unabhängig von uns existierende Wirklichkeit weitgehend zutreffend beschreibt. Wenn nun der quantenmechanischer Zustandsvektor eine Superposition von lebenden und toten Katzen beschreibt (das ist der Fall), und wenn daraus experimentell bestätigte Vorhersagen folgen (das ist auch der Fall), dann glaubt der wissenschaftliche Realist auch an die ontologische Vorhersage der Theorie, nämlich die reale Existenz einer Superposition von lebenden und toten Katzen, auch wenn diese unbeobachtbar sind (was offensichtlich der Fall ist, und was tatsächlich auch aus der Theorie folgt).

Für einen wissenschaftlichen Realisten ist also das real, was gemäß seiner Theorie als existierend vorhergesagt wird, und das ist eben mehr als das, was er sieht und erlebt.


Siehe auch Einstein (gegen Heisenbergs Ideen)

Zitat:
Heisenberg: "Die Bahnen der Elektronen im Atom kann man nicht beobachten....Da es aber doch vernünftig ist, in eine Theorie nur die Größen aufzunehmen, die beobachtet werden können, schien es mir naturgemäß, nur diese Gesamtheiten, sozusagen als Repräsentanten der Elektronenbahnen einzuführen".

"Aber Sie glauben doch nicht im Ernst", entgegnete Einstein, "daß man in eine physikalische Theorie nur beobachtbare Größen aufnehmen kann".

"Ich dachte", fragte ich erstaunt, "daß gerade Sie diesen Gedanken zur Grundlage Ihrer Relativitätstheorie gemacht hätten?"... "Vielleicht habe ich diese Art von Philosophie benützt", antwortete Einstein, "aber sie ist trotzdem Unsinn...Denn ist es ja in Wirklichkeit genau umgekehrt. Erst die Theorie entscheidet darüber, was man beobachten kann".
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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 22:41    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
... es ist nicht ungewöhnlich, dass man auf Phänomene stößt und sich damit beschäftigen musst um diese besser oder gegebenfalls auch gänzlich zu verstehen.

das tun wir :-)

positive hat Folgendes geschrieben:
Ich weiß nicht, ob man auf Everetts Interpretation überhaupt logisch schlussfolgern kann, denn die Phänomene sind ja zunächst unlogisch. Was ist für dich logisch, dass man nicht vorhersagen kann wo ein Elektron auftreffen wird wenn man fragen darf? Logisch(er) wäre es doch wenn man das wie bei einer Kugel vorhersagen könnte.

Warum soll Stochastik unlogisch sein? Und wieso soll eine Kugel eine Rolle spielen?

Und ganz nebenbei: Everetts Interpretation ist im Kern deterministisch und nicht stochastisch. Rein formal (ohne die Interpretation) ist sie sogar mathematisch einfacher und sicher logischer als die orthodoxe Lehrbuchvariante.

positive hat Folgendes geschrieben:
Für mich gibt es zunächst nur die Wellenfunktion als Wahrscheinlichkeit für das Badezimmer, von dem ich schon vorher wußte, dass es existiert, da ich es schon mal gesehen habe ...

Es geht nicht darum, aufgrund deiner einmal gemachten Beobachtung zu argumentieren, dass es auch dann ist auch wenn du es nicht beobachtest. Das ist zwar unsere Alltagserfahrung, aber sie ist logisch nicht schlüssig!

Wenn du argumentieren willst, dass etwas da ist, auch wenn du es nicht beobachtest, dann kann dies nicht alleine aufgrund deiner Beobachtung erfolgen (denn diese findet gerade nicht statt); du benötigst also eine zusätzliche Annahme für diese Schlussfolgerung. Welche ist das? Warum soll etwas unbeobachtetes existieren?

Das ist die Kernfrage.

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Beitrag positive Verfasst am: 13. Dez 2017 23:17    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

positive hat Folgendes geschrieben:
Ich weiß nicht, ob man auf Everetts Interpretation überhaupt logisch schlussfolgern kann, denn die Phänomene sind ja zunächst unlogisch. Was ist für dich logisch, dass man nicht vorhersagen kann wo ein Elektron auftreffen wird wenn man fragen darf? Logisch(er) wäre es doch wenn man das wie bei einer Kugel vorhersagen könnte.

Warum soll Stochastik unlogisch sein? Und wieso soll eine Kugel eine Rolle spielen?

Stochastik ist ja kein Phänomen, sondern dessen Ergebnis. Ich meinte: Wenn du mit einem Gewehr schießt, kannst du mit guter Genauigkeit sagen wo deine Kugel auftreffen würde. Das selbe funktioniert mit dem Elektron gar nicht.
Was ist für dich logisch daran, dass du im Gegensatz zur Kugel nicht vorhersagen kannst, wo das Elektron auftreffen wird? Wäre es im Vergleich zur klassischen Physik nicht logisch zu sagen, dass es sich genauso wie eine Kugel verhält? Es ist doch seltsam und völlig unlogisch nach links zu zielen und dann rechts zu treffen, oder?

TomS hat Folgendes geschrieben:

Es geht nicht darum, aufgrund deiner einmal gemachten Beobachtung zu argumentieren, dass es auch dann ist auch wenn du es nicht beobachtest. Das ist zwar unsere Alltagserfahrung, aber sie ist logisch nicht schlüssig!

Wenn du argumentieren willst, dass etwas da ist, auch wenn du es nicht beobachtest, dann kann dies nicht alleine aufgrund deiner Beobachtung erfolgen (denn diese findet gerade nicht statt); du benötigst also eine zusätzliche Annahme für diese Schlussfolgerung. Welche ist das? Warum soll etwas unbeobachtetes existieren?

Das ist die Kernfrage.

Du hast meine Frage nicht beantwortet was für dich an meiner Aussage widersprüchlich sein solle.

Ich habe nicht gesagt, dass wenn ich es einmal beobachtet habe, ich deshalb sicher bin, dass es immer da ist, sondern dass ich nur deshalb dann auf die Idee komme, dass es überhaupt die Wellenfunktion zum Dasein des Badezimmers gibt.
Warum "erscheint" das Badezimmer nicht jedesmal woanders wenn ich es wieder beobachte, die Wellenfunktion beschreibt eine Wahrscheinlichkeit, warum ist mein Badezimmer immer an derselben Stelle und nicht beim Nachbar in seinem Haus?

Auf deine Frage kann ich sagen, dass das Badezimmer nach dem Kollaps der Wellenfunktion einfach immer da ist in seinem "Endzustand", unabhängig davon, ob ich es noch beobachte oder nicht, denn warum sollte es nicht mehr kontinuierlich da sein, wenn ich es nicht beobachte, weshalb sollte das Ganze sich wieder in eine Superposition "verwandeln"?
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 23:21    Titel: Antworten mit Zitat

Wir drehen uns im Kreis.
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Beitrag positive Verfasst am: 13. Dez 2017 23:42    Titel: Antworten mit Zitat

Ich nicht. :-)
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 14. Dez 2017 08:14    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
Was ist für dich logisch daran, dass du im Gegensatz zur Kugel nicht vorhersagen kannst, wo das Elektron auftreffen wird? Wäre es im Vergleich zur klassischen Physik nicht logisch zu sagen, dass es sich genauso wie eine Kugel verhält? Es ist doch seltsam und völlig unlogisch nach links zu zielen und dann rechts zu treffen, oder?

Was bedeutet für dich „logisch“?

Für die Mathematiker bedeutet es, dass man ausgehend von Prämissen / Hypothesen / Axiomen logisch schlussfolgern kann, d.h. nach den Axiomen der Logik zu gültigen Aussagen gelangt.

Insofern ist die Quantenmechanik in sich durchaus logisch, denn man kann auf Basis der Axiome / Postulate der Quantenmechanik tatsächlich logisch schlussfolgern. Dass die Axiome und demnach die Aussagen teilweise stochastischer Natur sind ist keineswegs unlogisch, sondern lediglich – nach Kriterien des Alltagsverstandes – seltsam oder ungewöhnlich.


positive hat Folgendes geschrieben:
Du hast meine Frage nicht beantwortet was für dich an meiner Aussage widersprüchlich sein solle.

Deine konkrete Aussage

positive hat Folgendes geschrieben:
... danach wenn ich es gerade nicht beobachte, "verwandelt" es sich wieder in eine Wahrscheinlichkeit.

ist nicht widersprüchlich, sondern unverständlich; ich hatte versucht, sie zu interpretieren, das hat wohl nicht geklappt. Versuch‘s einfach nochmal.

positive hat Folgendes geschrieben:
Ich habe nicht gesagt, dass wenn ich es einmal beobachtet habe, ich deshalb sicher bin, dass es immer da ist, sondern dass ich nur deshalb dann auf die Idee komme, dass es überhaupt die Wellenfunktion zum Dasein des Badezimmers gibt.

Ich hatte ganz zu Beginn davon gesprochen, das Badezimmer klassisch zu betrachten. Also lassen wir bitte die Wellenfunktion des Badezimmers außen vor. Wir müssen erst mal ein gemeinsamen Verständnis der Schlussfolgerungen im Rahmen der klassischen Mechanik haben, bevor wir uns mit der Quantenmechanik befassen.

Also nochmal:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Es geht nicht darum, aufgrund deiner einmal gemachten Beobachtung zu argumentieren, dass es auch dann ist auch wenn du es nicht beobachtest. Das ist zwar unsere Alltagserfahrung, aber sie ist logisch nicht schlüssig!

Wenn du argumentieren willst, dass etwas da ist, auch wenn du es nicht beobachtest, dann kann dies nicht alleine aufgrund deiner Beobachtung erfolgen (denn diese findet gerade nicht statt); du benötigst also eine zusätzliche Annahme für diese Schlussfolgerung. Welche ist das? Warum soll etwas unbeobachtetes existieren?

Wie argumentierst du im Rahmen der klassischen Mechanik, dass das früher einmal beobachtete Badezimmer auch jetzt existiert, wenn es jetzt gerade unbeobachtet ist. Welches Argument benutzt du da genau?

Wichtig: wir wollen hier nicht reine Philosophie betreiben, sondern die Interpretation einer physikalischen Theorie und ihres mathematischen Formalismus verstehen. D.h. deine Argumentation sollte im Rahmen des Formalismus der klassischen Mechanik erfolgen.

positive hat Folgendes geschrieben:
Auf deine Frage kann ich sagen, dass das Badezimmer nach dem Kollaps der Wellenfunktion einfach immer da ist in seinem "Endzustand", unabhängig davon, ob ich es noch beobachte oder nicht, denn warum sollte es nicht mehr kontinuierlich da sein, wenn ich es nicht beobachte, weshalb sollte das Ganze sich wieder in eine Superposition "verwandeln"?

Das verstehe ich nicht. Ist aber auch egal, da wir zunächst die Argumentation im Rahmen der klassischen Mechanik betrachten wollten.

Im Vorgriff auf die Quantenmechanik: wenn du mit Kollaps argumentierst, kannst du nicht ontologisch argumentieren; das hatte ich mehrfach bereits erklärt. Der Kollaps kann nicht Bestandteil einer ontologischen Interpretation der Quantenmechanik sein, d.h. du kannst damit keinesfalls auf die reale Existenz eines unbeobachteten Objektes schließen. Wenn du also umgekehrt ontologisch argumentieren möchtest, um die Existenz eines unbeobachteten Objektes zu rechtfertigen, dann muss dies zwingend ohne Kollaps erfolgen. Everett (und m.E. nur Everett!) leistet dies. Ich werde das später darstellen, aber zunächst benötigen wir deine Argumentation für das Badezimmer im Rahmen der klassischen Mechanik.

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positive



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Beitrag positive Verfasst am: 14. Dez 2017 20:51    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Was bedeutet für dich „logisch“?

Insofern ist die Quantenmechanik in sich durchaus logisch, denn man kann auf Basis der Axiome / Postulate der Quantenmechanik tatsächlich logisch schlussfolgern. Dass die Axiome und demnach die Aussagen teilweise stochastischer Natur sind ist keineswegs unlogisch, sondern lediglich – nach Kriterien des Alltagsverstandes – seltsam oder ungewöhnlich.

Alles was so im Alltag halt logisch ist. Wenn ich auf die Bremse trete, wird das Fahrzeug langsamer.

Ich habe nicht gesagt, dass die Wellenfunktion, gewisse Formalismen oder Schlussfolgerungen oder die QM als Ganzes unlogisch sind, ich sage im Alltag ja auch nicht, dass es unlogisch wäre, wenn ich nicht immer die gleichen Zahlen würfel.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wenn du argumentieren willst, dass etwas da ist, auch wenn du es nicht beobachtest, dann kann dies nicht alleine aufgrund deiner Beobachtung erfolgen (denn diese findet gerade nicht statt); du benötigst also eine zusätzliche Annahme für diese Schlussfolgerung. Welche ist das? Warum soll etwas unbeobachtetes existieren?

Wie argumentierst du im Rahmen der klassischen Mechanik, dass das früher einmal beobachtete Badezimmer auch jetzt existiert, wenn es jetzt gerade unbeobachtet ist. Welches Argument benutzt du da genau?

Strenggenommen ist das völlig ausreichend zu sagen, das Badezimmer existiert, weil ich es gesehen habe. Dass dies nicht ausreichend sein mag, ist dein Argument, aufgrund der beobachteten, quantenmechanischen Phänomenen, die zu der Wellenfunktion geführt haben. Etwas unbeobachtetes existiert, weil wenn ich es dann wieder beobachtet habe, ich keine Belege dafür fand, dass ein Ereignis es wieder "entfernt" hat.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wichtig: wir wollen hier nicht reine Philosophie betreiben, sondern die Interpretation einer physikalischen Theorie und ihres mathematischen Formalismus verstehen. D.h. deine Argumentation sollte im Rahmen des Formalismus der klassischen Mechanik erfolgen.

Wir dürfen dabei, aber auch nicht den Prozess ausblenden, der zum mathematischen Formalismus geführt hat. Also Beobachtungen, Interpretationen, Schlussfolgerungen, Beweise, etc... Es ist sehr, sehr unwahrscheinlich, dass jemand früh morgens aufsteht und einfach so mühelos etwas richtiges formuliert. Wir sollten uns da auch möglichst einig sein.
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Beitrag VeryApe Verfasst am: 14. Dez 2017 21:38    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hätte noch eine Frage bzw Dekohärenz.

Kann man die herleiten aus den Postulaten für einzelne kleine Teilchen.
Also ich meine es so man erkennt gewisse Effekte bei einzelnen Teilchen (Superposition) und lässt dann 2 Teilchen wechselwirken und rechnet die Wechselwirkungen hoch auf Makroskopie mit Millionenteilchen und dann folgt die Dekohärenz oder hat man sich das einfach hingebastelt, daß es dann im Endeffekt aufgeht, weil dann ist es ja nur eine mathematische Bastelei.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 14. Dez 2017 23:59    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
Ich habe nicht gesagt, dass die Wellenfunktion, gewisse Formalismen oder Schlussfolgerungen oder die QM als Ganzes unlogisch sind ...

Du hattest oben dir stochastische Natur der QM als unlogisch bezeichnet.

positive hat Folgendes geschrieben:
Strenggenommen ist das völlig ausreichend zu sagen, das Badezimmer existiert, weil ich es gesehen habe.

Sicher nein.

Die Prämissen sind:
1) du hast das Badezimmer früher beobachtet
2) du beobachtest es jetzt gerade nicht

Deine Schlussfolgerung lautet:
Weil (1) und (2) gilt, existiert jetzt das Badezimmer.

Diese Schlussfolgerung ist logisch sicher nicht zulässig. (1) und (2) alleine sind nicht ausreichend.

Welches Argument im Rahmen der klassischen Mechanik ziehst du zusätzlich heran?

positive hat Folgendes geschrieben:
Dass dies nicht ausreichend sein mag, ist dein Argument, aufgrund der beobachteten, quantenmechanischen Phänomenen ...

Es ist nicht mein Argument, sondern es geht auf David Hume zurück (1711 - 1776, noch vor der Quantenmechanik :-)

positive hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Wichtig: wir wollen hier nicht reine Philosophie betreiben, sondern die Interpretation einer physikalischen Theorie und ihres mathematischen Formalismus verstehen. D.h. deine Argumentation sollte im Rahmen des Formalismus der klassischen Mechanik erfolgen.

Wir dürfen dabei, aber auch nicht den Prozess ausblenden, der zum mathematischen Formalismus geführt hat. Also Beobachtungen, Interpretationen, Schlussfolgerungen, Beweise, etc... Es ist sehr, sehr unwahrscheinlich, dass jemand früh morgens aufsteht und einfach so mühelos etwas richtiges formuliert. Wir sollten uns da auch möglichst einig sein.

Kannst du einfach mal eine Frage beantworten? Warum soll etwas unbeobachtetes existieren? Welches Argument im Rahmen der klassischen Mechanik ziehst du zusätzlich heran?

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Beitrag TomS Verfasst am: 15. Dez 2017 00:06    Titel: Antworten mit Zitat

VeryApe hat Folgendes geschrieben:
Kann man die herleiten aus den Postulaten für einzelne kleine Teilchen.
Also ich meine es so man erkennt gewisse Effekte bei einzelnen Teilchen (Superposition) und lässt dann 2 Teilchen wechselwirken und rechnet die Wechselwirkungen hoch auf Makroskopie mit Millionenteilchen und dann folgt die Dekohärenz oder hat man sich das einfach hingebastelt, daß es dann im Endeffekt aufgeht, weil dann ist es ja nur eine mathematische Bastelei.

Man kann die Dekohärenz für Quantensysteme und deren Wechselwirkung und Verschränkung mit Umgebungsfreiheitsgraden aus dem Formalismus der Quantenmechanik ohne zusätzliche Annahmen ableiten (aber nicht für klassische Teilchen).

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Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Dez 2017 08:00    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Wir wissen, dass die Quantenmechanik bestimmte Zuschreibungen von Eigenschaften (die klassisch möglich sind) verbietet.


Ich glaube nicht, daß das jemand weiß, zumindest nicht in Bezug auf die möglichen Meßwerte. Man weiß doch nur, daß solche Zuschreibungen das Prinzip der Lokalität verletzen müssen. Die eigentliche Frage ist also, was größere Bedeutung hat: EPR-Realismus oder Lokalität. Deine Haltung scheint mir nur verständlich, wenn du hier eine Präferenz für Lokalität hättest, was aber anscheinend ja gar nicht der Fall ist. (Du hast ja zumindest deine Interpretation als "nicht-lokal" charakterisiert.)

Zitat:

Wir können also schlussfolgern, dass die Realität diese Zuschreibungen von Eigenschaften entweder ebenfalls verbietet, oder dass die Quantenmechanik eben doch keine zutreffende Beschreibung der Realität ist.
Eine andere Möglichkeit, nämlich dass die Quantenmechanik die Realität zutreffend beschreibt und dass die Quantenmechanik die Zuschreibung von Eigenschaften verbietet und dass die Realität diese gestattet ist logisch widersprüchlich.


Es geht eben nicht um Zuschreibungen, die die QM verbietet. Es geht um Zuschreibungen, die auf Basis des quantenmechanischen Zustands und des Ergebnisses einer störungsfreien Messungen möglich sind, aber nicht auf Basis des Zustands allein. Kurz: um solche Eigenschaften, denen laut EPR ein Element der Realität zuzuordnen sein muß. Solche Zuschreibungen kann die QM gar nicht verbieten.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du verwendest die Quantenmechanik selbst als einziges Kriterium für Realität.

Ich denke nicht. Erstens gehen die Beiträge evtl. etwas durcheinander, und zweitens verwende ich die Quantenmechanik lediglich im negativen Sinne als Kriterium für Realität, d.h. dass wenn die Quantenmechanik X verbietet und wenn ich die Quantenmechanik als zutreffend ansehe, dann hat X keine Entsprechung in der Realität.

Ich vertrete außerdem die Annahme des wissenschaftlichen, ontologischen Realismus, dass nämlich die Quantenmechanik tatsächlich eine "treue" Representation der Realität darstellt.


Das ist ja auch schön und gut. Nach dem negativen Kriterium gehört also nichts zur Realität, dessen Existenz die QM verbietet. Nach deinem ontologischen Realismus gehört alles, dessen Existenz die QM behauptet, zur Realität.

Und dann gibt es eben noch die Elemente der dritten Kategorie, über deren Existenz die QM gar nichts entscheidet. Diese Elemente können entweder zur Realität gehören oder nicht. Das ist der Bereich des EPR-Kriteriums und der Frage nach der Vollständigkeit der Theorie.

Ich glaube, dein Standpunkt ist in Bezug auf diese theoretisch unentschiedene "Grauzone" nicht ganz konsistent. Gerade hast du ja bestritten, die QM als einziges Realitätskriterium zu verwenden und läßt damit offen, daß ein Teil dieser Grauzone zur Realität gehören kann. Im folgenden scheinst du aber wieder zu behaupten, es sei genau die Position des ontologischen Realismus, daß diese Grauzone nichts aus der Realität enthält:

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
In der klassischen Domäne würdest du einen Realitätsbegriff, nach dem definitionsgemäß die Realität genau mit dem übereinstimmt, was unsere Theorie beschreibt, vermutlich nicht einfach so akzeptieren.

Warum nicht? Gerade in der klassischen Domäne war dies weitgehend unumstritten und akzeptiert. Erst und insbs. die Quantenmechanik hat zu einer Abkehr von ontologischen Realismus geführt (die Alternative, also der Idealismus des 18. und 19. Jahrhunderst, hat in der Physik doch kaum jemand ernst genommen).


Ich denke diese vermeintliche Inkonsistenz müssen wir als nächstes klären.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Insofern stimmt m.E. dein Argument nicht, daß die Everettsche Sichtweise nichts anderes ist, als die Anwendung des klassischen Realismus auf die Quantenmechanik. Denn der klassische Realismus besagt nicht, daß die Realität identisch ist, mit dem was unsere besten bestätigten Theorien beschreiben.

Es gibt nicht den klassische Realismus.


Ok, ich meine das, wovon man erst und insbesondere seit der Quantenmechanik abgekehrt ist. Also das, was bis zum 20 Jhd. alle problemlos auf die "klassische" Physik angewendet haben.

Im abstrakteren Sinne meine ich ein Ideal, welchem sich das EPR-Kriterium meiner Ansicht nach anzunähern versucht und welches von der klassischen Physik ohne besondere Schwierigkeiten erfüllt wird.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Siehe auch Einstein (gegen Heisenbergs Ideen)

Zitat:
Heisenberg: "Die Bahnen der Elektronen im Atom kann man nicht beobachten....Da es aber doch vernünftig ist, in eine Theorie nur die Größen aufzunehmen, die beobachtet werden können, schien es mir naturgemäß, nur diese Gesamtheiten, sozusagen als Repräsentanten der Elektronenbahnen einzuführen".

"Aber Sie glauben doch nicht im Ernst", entgegnete Einstein, "daß man in eine physikalische Theorie nur beobachtbare Größen aufnehmen kann".

"Ich dachte", fragte ich erstaunt, "daß gerade Sie diesen Gedanken zur Grundlage Ihrer Relativitätstheorie gemacht hätten?"... "Vielleicht habe ich diese Art von Philosophie benützt", antwortete Einstein, "aber sie ist trotzdem Unsinn...Denn ist es ja in Wirklichkeit genau umgekehrt. Erst die Theorie entscheidet darüber, was man beobachten kann".



Einsteins Kritik am Positivismus ist natürlich absolut zu unterschreiben. Einstein behauptet zu Recht, daß die Theorie entscheidet was beobachtbar ist, aber das war nie der Streitpunkt. Einstein hat nicht geschrieben und mit ziemlicher Sicherheit auch nicht geglaubt, daß die Theorie allein entscheidet, was real ist.
positive



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Beitrag positive Verfasst am: 15. Dez 2017 10:37    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Du hattest oben dir stochastische Natur der QM als unlogisch bezeichnet.

Im Vergleich zu der klassischen Physik bei dem Beispiel mit der Kugel und dem Elektron. Ich sagte nicht, es sei unlogisch bei einer Beobachtung/Experiment eine Wahrscheinlichkeit zu postulieren oder festzustellen. Ich sage beim Würfeln ja auch nicht, es ist unlogisch, dass es nur eine Wahrscheinlichkeit gibt. Ist jetzt für dich logisch, dass du nach links schießt aber rechts triffst oder dass du nicht vorhersagen kannst wo, oder was genau siehst du in meinem Beispiel, logisch oder unlogisch?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sicher nein.

Die Prämissen sind:
1) du hast das Badezimmer früher beobachtet
2) du beobachtest es jetzt gerade nicht

Deine Schlussfolgerung lautet:
Weil (1) und (2) gilt, existiert jetzt das Badezimmer.

Diese Schlussfolgerung ist logisch sicher nicht zulässig. (1) und (2) alleine sind nicht ausreichend.


Meine Annahmen sind:

1. Ich habe das Badezimmer einmal/ früher beobachtet.
2. Ich habe es später wieder (2-tes Mal) beobachtet und auf Belege untersucht, ob es in der Zeit als ich es nicht beobachtet habe, verschwunden war.

Deshalb existiert das Badezimmer, wenn ich es nicht beobachte.

Das ist sicher ganz simpel, aber es ist logisch im Rahmen der klassischen Physik, ich kenne ja keine Wellenfunktion oder QM momentan. Was ist für dich daran unlogisch? Wie stellst du fest, ob das Badezimmer in der Zeit der Nichtbeobachtung eventuell verschwunden war? Was ist deine Vorgehensweise?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Welches Argument im Rahmen der klassischen Mechanik ziehst du zusätzlich heran?

Warum ist das nicht ausreichend, wenn keine Beweise vorliegen, wie oben erklärt, welches "zusätzliche" Argument brauche ich denn noch? Ich wüsste jetzt nicht was ich noch tun könnte, um feststellen zu können, ob das Badezimmer da ist. Du scheinbar schon?!

TomS hat Folgendes geschrieben:
Es ist nicht mein Argument, sondern es geht auf David Hume zurück (1711 - 1776, noch vor der Quantenmechanik :-)

Es ist sicher simpel anzunehmen, dass das Badezimmer existiert, weil ich es schon mal gesehen habe, das haut auch keinen mehr vom Hocker wenn er meine Aussage/Theorie hört, aber warum sollte das unlogisch oder nicht ausreichend sein? Es ist eine einfache Theorie, aber es ist eine.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Kannst du einfach mal eine Frage beantworten? Warum soll etwas unbeobachtetes existieren? Welches Argument im Rahmen der klassischen Mechanik ziehst du zusätzlich heran?

Ich habe deine Frage doch beantwortet.
Antwort war: Etwas unbeobachtetes existiert, weil wenn ich es dann wieder beobachtet habe, ich keine Belege dafür fand, dass ein Ereignis es wieder "entfernt" hat. Aus dem Grund soll etwas unbeobachtetes existieren.
Ich ziehe kein zusätzliches Argument der klassischen Mechanik heran, es ist mir auch keins bekannt, das meine Annahme/Antwort verbessern könnte. Du scheinbar kennst ein zusätzliches Argument im Rahmen der klassischen Mechanik?!

Um auf die QM wieder zu sprechen zu kommen, welches Argument benutzt du genau, um zu sagen, das Badezimmer existiert als Wahrscheinlichkeit wenn ich es nicht beobachte. Was sind deine Annahmen und/oder Tatsachen genau? Wie genau hast du feststellen können, dass das Badezimmer existiert, wenn du es nicht beobachtet hast?
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 15. Dez 2017 12:52    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
Ist jetzt für dich logisch, dass du nach links schießt aber rechts triffst oder dass du nicht vorhersagen kannst wo, oder was genau siehst du in meinem Beispiel, logisch oder unlogisch?

Du stellst die Quantenmechanik irreführend dar. Wenn du im Rahmen der QM "nach links schießt", dann wirst du auch in der Messung die Richtung "nach links" detektieren.

Generell sind die mathematischen Regeln der Quantenmechanik bei geeigneter Anwendung logisch konsistent.

positive hat Folgendes geschrieben:
Meine Annahmen sind:

1) Ich habe das Badezimmer einmal/ früher beobachtet.
2) Ich habe es später wieder (2-tes Mal) beobachtet und auf Belege untersucht, ob es in der Zeit als ich es nicht beobachtet habe, verschwunden war.

Deshalb existiert das Badezimmer, wenn ich es nicht beobachte.

Das ist sicher ganz simpel, aber es ist logisch im Rahmen der klassischen Physik.

Nein, ist es nicht. Wenn du ausschließlich Prämissen im Kontext einer Beobachtung verwendest, kannst du nicht auf Unbeobachtbares schließen.

Du musst eine weitere Annahme treffen, und die ist im Rahmen der Newtonschen Mechanik implizit enthalten ist:

Ein Objekt gehorche einer Bewegungsgleichung



und folge einer stetigen Bahnkurve



Im Rahmen der Newtonschen Mechanik identifiziere ich die mathematischen Entitäten x und t mit den entsprechenden Observablen Ort und Zeit. Außerdem
3) identifiziere ich die Tatsache der Existenz der mathematischen Entität x(t) mit der Tatsache der Existenz des physikalischen Objektes selbst.

Da die Abbildungsvorschrift C stetig ist, und da die Identifizierung (3) vorliegt, folgere ich, dass auch zwischen zwei Beobachtungszeitpunkten



aus der Existenz von x(t) die Existenz des Objektes selbst (sowie dessen Eigenschaften wie Ort, Geschwindigkeit usw.) folgt, obwohl ich es zum Zeitpunkt t nicht beobachte.

Diese Schlussfolgerung basiert auf der zusätzliche Annahme (3), und es ist gerade diese Annahmen, die im Rahmen der Quantenmechanik nicht mehr gültig sein kann, da zwischen zwei Beobachtungszeitpunkten keine mathematische Entität x(t) existiert, die ich zu dieser Schlussfolgerung heranziehen könnte; x(t) existiert nur für den Zeitpunkt einer Beobachtung selbst.

Man muss sich diese Schlussfolgerung im Rahmen der Newtonschen Mechanik klarmachen, damit man verstehen kann, warum die analoge Schlussfolgerung im Rahmen der orthodoxen Quantenmechanik scheitert - und welchen Ausweg Everett gefunden hat.

positive hat Folgendes geschrieben:
Wie stellst du fest, ob das Badezimmer in der Zeit der Nichtbeobachtung eventuell verschwunden war?

Es ist nicht so, dass ich auf das Verschwinden des Badezimmers hinauswill. Die Alternative zu deiner (wie oben diskutiert unzureichenden) Schlussfolgerung bzgl. der Existenz des Badezimmers ist nicht die Schlussfolgerung auf die Nichtexistenz desselben, sondern die Feststellung dass - ohne meine oben genannte Annahme (3) - überhaupt keine Schlussfolgerung möglich ist.

positive hat Folgendes geschrieben:
Warum ist das nicht ausreichend, wenn keine Beweise vorliegen, wie oben erklärt, welches "zusätzliche" Argument brauche ich denn noch?

Man benötigt noch (3), oder ein vergleichbares Argument.

positive hat Folgendes geschrieben:
Es ist eine einfache Theorie, aber es ist eine.

Es ging mir nicht darum, diese Theorie in Fragebzu stellen, sondern darum, das zusätzliche Argument (3) herauszuarbeiten, das es uns gestattet, von der Existenz eines unbeobachtbaren Objektes sprechen zu können.

Sind wir uns darüber einig?

positive hat Folgendes geschrieben:
Um auf die QM wieder zu sprechen zu kommen, welches Argument benutzt du genau, um zu sagen, das Badezimmer existiert als Wahrscheinlichkeit wenn ich es nicht beobachte. Was sind deine Annahmen und/oder Tatsachen genau? Wie genau hast du feststellen können, dass das Badezimmer existiert, wenn du es nicht beobachtet hast?

Ich will überhaupt nicht auf eine Wahrscheinlichkeit sondern auf gesicherte Existenz hinaus.

Das spannende ist, dass (3) im Rahmen der klassischen Mechanik so trivial erscheint, dass es keine Beachtung findet, dass deswegen ein wesentlicher ontologischer Unterschied zwischen der klassischen Mechanik und der orthodoxen Interpretation der Quantenmechanik nicht explizit klar wird, und dass in der Konsequenz nicht erkannt wird, wie Everett diese ontologische Lücke im Rahmen seiner Interpretation der Quantenmechanik schließen kann - was der orthodoxen Interpretation verwehrt bleibt.

(3) scheitert im Rahmen der Quantenmechanik zunächst daran, dass x(t) ausschließlich für Beobachtungen existiert, jedoch nicht Kern des quantenmechanischen Formalisnus ist. Everett stellt dagegen die Wellenfunktion sowie die Schrödingergleichung in den Mittelpunkt. Er akzeptiert, dass das, was die Wellenfunktion kodiert, tatsächlich real existiert - um den Preis, dass er die Existenz der makroskopisches Superpositionszustände von Katzen akzeptieren muss. Er gewinnt dadurch jedoch die Anwendbarkeit von (3') - jetzt auf Basis der Wellenfunktion zurück.

D.h. Everett ist wieder in der Lage, auf die fortdauernde Existenz des unbeobachteten Badezimmers (oder eines Elektrons o.ä.) zu schließen - was Bohr, Heisenberg u.a. verwehrt bleiben muss.

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Beitrag positive Verfasst am: 15. Dez 2017 19:19    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Nein, ist es nicht. Wenn du ausschließlich Prämissen im Kontext einer Beobachtung verwendest, kannst du nicht auf Unbeobachtbares schließen.

Ich habe ja keine Hinweise gefunden, dass es verschwunden war, es ist logisch die Schlussvolgerung zu ziehen, dass das Badezimmer existierte. Okay, ich könnte was übersehen haben, dann wäre es unlogisch zu sagen, dass es da war die ganze Zeit. Es gibt keine Alternative ausser es ein 2-tes mal zu beobachten und zu prüfen, ob sich Hinweise darauf finden lassen, dass es verschwunden bzw. nicht existent war während des Nichtbeobachtens. Es gibt keinen logischen Beweis für deine Frage, aber du wolltest die beantwortet haben.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Du musst eine weitere Annahme treffen, und die ist im Rahmen der Newtonschen Mechanik implizit enthalten ist:

Ein Objekt gehorche einer Bewegungsgleichung



und folge einer stetigen Bahnkurve



Im Rahmen der Newtonschen Mechanik identifiziere ich die mathematischen Entitäten x und t mit den entsprechenden Observablen Ort und Zeit. Außerdem
[b]3) identifiziere ich die Tatsache der Existenz der mathematischen Entität x(t) mit der Tatsache der Existenz des physikalischen Objektes selbst.[/b


Deine zusätzliche Annahme ist ebenfalls logisch unzulässig, denn du beobachtest das Badezimmer ja gerade nicht. Ob es sich bewegt oder nicht spielt dabei keine Rolle, selbst wenn das Badezimmer an anderer Stelle steht. Denn es gibt keinen Beweis, dass es zum Zeitpunkt der Bewegung existiert hat. Die Bewegung auf einer stetigen Bahnkurve gilt auch nur wenn du das Badezimmer beobachtest, wenn du es nicht beobachtest nimmst du nur an, dass es während der Bewegung existent war.
Dein zusätzliches (3) Argument ist weder besser noch logischer als meine "2-Argumente-Theorie". Genauso gut kann ich sagen, ich beobachte mein Badezimmer 8 Stunden lang, ich stelle fest, es bewegt sich nicht. Es existiert aber kontinuierlich. Dann gehe ich schlafen und beobachte es 8 Stunden später wieder. Es ist wieder da und es hat sich nicht bewegt.

Weiß ich jetzt, ob es existiert hat in der Zeit als ich es nicht beobachtet habe?
VeryApe



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Beitrag VeryApe Verfasst am: 16. Dez 2017 00:41    Titel: Antworten mit Zitat

@positive Es ist glaube ich so gemeint.

In der klassischen Mechanik hat jedes Objekt einen Ort (Ortskoordinaten) über die Zeit, und somit eine eindeutige erste Ableitung (Geschwindigkeit) und eine 2 Ableitung (Beschleunigung),

Wechselwirkungen der Objekte sind mit Kräften identifiziert die die 2 Ableitung (Beschleunigung) verändern.

Nach diesen Formalismus müssen Objekte auch ohne Beobachtung exisitieren den sie haben einen eindeutigen Ort zur gewissen Zeit.

Die Wechselwirkungen verändern zwar den Ort aber er ist rechnerisch (Formalismus) zu jeder Zeit wieder definiert, das Objekt beschleunigt dann halt aber es gibt immer ein x von t.

Nach diesen Formalismus kommst du zum Schluss das Objekte völlig unabhängig von deiner Beobachtung existieren.

Wenn aber in einem Formalismus einen Objekt kein eindeutiges x(t) zugewiesen wird, und es nur dieses x(t) hat wenn es beobachtet wird dann wirds aber Eng mit der Existenz ohne Beobachtung wenn du an diesen Formalismus glaubst.

Weil wenn es unabhänig von der Beobachtung existiert muß es immer zu jeder Zeit ein eindeutiges x(t) haben.

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positive



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Beitrag positive Verfasst am: 16. Dez 2017 10:25    Titel: Antworten mit Zitat

@VeryApe,

ich habe das schon verstanden, das macht mein Beispiel aber nicht schlechter, denn während der Beobachtung hat es auch einen eindeutigen Ort zu einer eindeutigen Zeit. Ich muss es nicht in ein Weg-Zeit-Diagramm zeichnen. Ist halt ein mathematischer Formalismus.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Dez 2017 11:07    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
Ich habe ja keine Hinweise gefunden, dass es verschwunden war, es ist logisch die Schlussvolgerung zu ziehen, dass das Badezimmer existierte. Okay, ich könnte was übersehen haben, dann wäre es unlogisch zu sagen, dass es da war die ganze Zeit. Es gibt keine Alternative ausser es ein 2-tes mal zu beobachten und zu prüfen, ob sich Hinweise darauf finden lassen, dass es verschwunden bzw. nicht existent war während des Nichtbeobachtens.

Nochmal: durch Beobachtung wirst du weder einen Beweis für die zwischenzeitliche Existenz noch für die zwischenzeitliche Nicht-Existenz finden. Du benötigst darüberhinaus ein weiteres Argument, ein Prinzip o.ä.

Nur darauf wollte ich hinaus.

positive hat Folgendes geschrieben:
Es gibt keinen logischen Beweis für deine Frage, aber du wolltest die beantwortet haben.

Bingo!

Ich willte zu der Erkenntnis gelangen, dass alleine auf Basis von Beobachtungen eben kein logisches Argument existiert.


positive hat Folgendes geschrieben:
IDeine zusätzliche Annahme ist ebenfalls logisch unzulässig, denn du beobachtest das Badezimmer ja gerade nicht. Ob es sich bewegt oder nicht spielt dabei keine Rolle, ...

Das ist auch nicht der Kern meines Argumentes, sondern

TomS hat Folgendes geschrieben:
meine Schlussfolgerung basiert auf folgender zusätzliche Annahme:

3) Ich identifiziere die Tatsache der Existenz der mathematischen Entität x(t) mit der Tatsache der Existenz des physikalischen Objektes selbst.


Das ist selbstverständlich ein metaphysisches Argument.

Die Identifizierung der Tatsache der Existenz der mathematischen Entität x(t) mit der Tatsache der Existenz des physikalischen Objektes selbst mag dir künstlich erscheinen.

Fakt ist jedoch, dass die fortdauernde Existernz ohne das gesicherte Faktum der Beobachtung immer eines derartigen metaphysischen Argumentes bedarf (lies Berkeley, Hume, u.a.).

Mir geht es hier gar nicht so sehr um die reine Philosophie, sondern lediglich um die implizit in den physikalischen Argumenten versteckte Philosophie. Das verbirgt sich nämlich der wesentliche Unterschied zwischen Interpretationen der klassischen Mechanik einerseits (die man mangels offenswichtlicher Notwendigikeit nie diskutiert - schade!) und den Interpretationen der Quantenmechanik andererseits.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Dez 2017 11:25    Titel: Antworten mit Zitat

VeryApe hat Folgendes geschrieben:
Nach diesen Formalismus müssen Objekte auch ohne Beobachtung exisitieren den sie haben einen eindeutigen Ort zur gewissen Zeit.

Zunächst erst mal nein.

Du benötigst noch ein Argument im Sinne von (3). Ohne diese zusätzliche Argumentation stehst du bereits in der klassischen Mechanik vor der selben Situation wie in der Quantenmechanik, dass Beobachtung alleine die Existenz des Unbeobachteten nicht beweisen (aber auch nicht widerlegen) kann.

Damit haben sich diverse Philosophen befasst, es ist aber nie in das Bewusstsein der Physiker gedrungen, schlichtweg weil keine Notwendigkeit dazu vorhanden war. Diese kam erst mit der Quantenmechanik. Allerdings haben sich auch dann viele Physiker nur tollpatschig mit Behelfs- und Bastelphilosophien um die eigtl. Kernfragen herumgemogelt.

Worauf ich hier hinauswill ist, dass man die Errungenschaften der Everettschen Interpretation (und ihrer modernen Ausprägungen) erst dann wirklich versteht, wenn man das Scheitern der implizit in der klassischen Mechanik angewandten Philosophie versteht.
VeryApe



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Beitrag VeryApe Verfasst am: 16. Dez 2017 11:40    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Du benötigst noch ein Argument im Sinne von (3)


Ich dachte das hätte ich bereits. Ich glaube an den ontologischen Realismus.

Das der Formalismus die Realität beschreibt und das wäre halt ein Axiom. Das kann ich nicht weiter beweisen m.E.

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index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Dez 2017 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Worauf ich hier hinauswill ist, dass man die Errungenschaften der Everettschen Interpretation (und ihrer modernen Ausprägungen) erst dann wirklich versteht, wenn man das Scheitern der implizit in der klassischen Mechanik angewandten Philosophie versteht.


Das, was du als ontologischen Realismus bezeichnest ist aber doch in jeder Theorie trivial zu erfüllen, auch in der Quantenmechanik:

1) Ich liste alle alle Aussagen der Form "Es existiert ein X, so daß..." auf, die aus der QM folgen.
2) Dann behaupte ich jede davon sei wahr.

Damit habe ich jedes Ding, von dem die Theorie behauptet, daß es existiert in meine Ontologie aufgenommen. Das ist nichts besonderes. Interessant wird es doch erst, wenn ich Grund zu der Annahme habe, einige Existenzaussagen seien wahr, die eben nicht aus der Theorie folgen.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Dez 2017 12:06    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Wir wissen, dass die Quantenmechanik bestimmte Zuschreibungen von Eigenschaften (die klassisch möglich sind) verbietet.


Ich glaube nicht, daß das jemand weiß, zumindest nicht in Bezug auf die möglichen Meßwerte. Man weiß doch nur, daß solche Zuschreibungen das Prinzip der Lokalität verletzen müssen. Die eigentliche Frage ist also, was größere Bedeutung hat: EPR-Realismus oder Lokalität.

Ich denke, wir müssen definieren, was wir mit „Eigenschaften“ meinen.

Eine Eigenschaft ist für mich etwas, was dem betrachteten System zukommt, nicht etwas, was im potentiell zukommen könnte.

Nach der orthodoxen Interpretation der Quantenmechanik kommt einem quantenmechanischen System eine Eigenschaft a zu, wenn es sich in einem Eigenzustand |a> der zugehörigen Observablen A befindet. In diesem Sinne wissen wir, dass bestimmte Zuschreibungen von Eigenschaften nicht möglich sind, z.B. für nicht-kommutierende Observablen. Außerdem wissen wir, dass die Annahme, ein einzelnes Teilchen in einem verschränkten Zweiteilchensystem hätte bereits vor der Messung eine derartige Eigenschaft, falsch ist (Bell). Darüberhinaus ergeben sich weitere Einschränkungen (z.B. Kochen-Specker).

(bzgl. meiner Aussage zur nicht-Lokalität muss ich nochmal nachdenken, da war ich wohl zu voreilig; aber das spielt in der Folge nicht wirklich eine Rolle)


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es geht eben nicht um Zuschreibungen, die die QM verbietet. Es geht um Zuschreibungen, die auf Basis des quantenmechanischen Zustands und des Ergebnisses einer störungsfreien Messungen möglich sind, aber nicht auf Basis des Zustands allein. Kurz: um solche Eigenschaften, denen laut EPR ein Element der Realität zuzuordnen sein muß. Solche Zuschreibungen kann die QM gar nicht verbieten.

Kannst du das bitte nochmal ausführlicher erläutern?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das ist ja auch schön und gut. Nach dem negativen Kriterium gehört also nichts zur Realität, dessen Existenz die QM verbietet. Nach deinem ontologischen Realismus gehört alles, dessen Existenz die QM behauptet, zur Realität.

Und dann gibt es eben noch die Elemente der dritten Kategorie, über deren Existenz die QM gar nichts entscheidet. Diese Elemente können entweder zur Realität gehören oder nicht. Das ist der Bereich des EPR-Kriteriums und der Frage nach der Vollständigkeit der Theorie.

Ich glaube, dein Standpunkt ist in Bezug auf diese theoretisch unentschiedene "Grauzone" nicht ganz konsistent. Gerade hast du ja bestritten, die QM als einziges Realitätskriterium zu verwenden und läßt damit offen, daß ein Teil dieser Grauzone zur Realität gehören kann. Im folgenden scheinst du aber wieder zu behaupten, es sei genau die Position des ontologischen Realismus, daß diese Grauzone nichts aus der Realität enthält:

Kannst du das bitte nochmal ausführlicher erläutern?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
In der klassischen Domäne würdest du einen Realitätsbegriff, nach dem definitionsgemäß die Realität genau mit dem übereinstimmt, was unsere Theorie beschreibt, vermutlich nicht einfach so akzeptieren.

Warum nicht? Gerade in der klassischen Domäne war dies weitgehend unumstritten und akzeptiert. Erst und insbs. die Quantenmechanik hat zu einer Abkehr von ontologischen Realismus geführt (die Alternative, also der Idealismus des 18. und 19. Jahrhunderst, hat in der Physik doch kaum jemand ernst genommen).

Ich denke diese vermeintliche Inkonsistenz müssen wir als nächstes klären. [/quote]
Ich sehe hier keine Inkonsistenz, lediglich eine abweichende Meinung oder ein noch fehlendes Verständnis zwischen uns beiden.

Nehmen wir ein einfaches Beispiel aus der newtonschen Mechanik: hier kommen einem Objekt der Masse m mit einer Bahnkurve zu jedem beliebigen Zeitpunkt die Eigenschaften Ort, Geschwindigkeit, Beschleunigung usw. zu. Es besteht eine Bijektion zwischen den mathematischen Entitäten x(t), v(t), a(t) und den klassischen Eigenschaften Ort, Geschwindigkeit, Beschleunigung. Das ist letztlich ein naiver ontologischer Realismus (man könnte spekulieren, dass keine Bijektion vorliegt, da noch weitere verborgene Eigenschaften existieren, die keine mathematische Entsprechung haben, aber ich sehe dazu keine Notwendigkeit; außerdem kann die Theorie mathematische Entitäten enthalten, die nicht direkt zu realen Objekten o.ä. korrespondieren, z.B. im Falle von Eichfreiheitsgraden, wobei der Ausweg hier mittels der durch die Eichsymmetrie definierten Äquivalenzklassen der Eichfelder funktioniert).

Ein derartiger ontologischer Realismus funktioniert in der Quantenmechanik sicher nicht, wenn ich weiterhin naiv von den klassischen Eigenschaften wie Ort, Geschwindigkeit usw. ausgehe. Er kann jedoch dann funktionieren, wenn ich den quantenmechanischen Zustandsvektor selbst als Eigenschaft verstehe. Ich denke, das ist der wesentliche gedankliche (philosophische) Sprung als Konsequenz aus Everett et al.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Einsteins Kritik am Positivismus ist natürlich absolut zu unterschreiben. Einstein behauptet zu Recht, daß die Theorie entscheidet was beobachtbar ist, aber das war nie der Streitpunkt. Einstein hat nicht geschrieben und mit ziemlicher Sicherheit auch nicht geglaubt, daß die Theorie allein entscheidet, was real ist.

Letzteres weiß ich nicht, und das will ich auch so nicht behaupten.

Es geht weniger darum, dass eine gegebene physikalische Theorie entscheidet, was real existiert, sondern darum, dass man die philosophische Position einnimmt, dass mathematische Entitäten in einer bestätigten wissenschaftlichen Theorie im Wesentlichen real existierenden Objekten oder Strukturen entsprechen. Zuerst kommt die philosophische Position – die man natürlich immer an wissenschaftlichen Gegebenheiten überprüfen muss.

In diesem Sinne schließen mathematische und experimentelle Resultate der Quantenmechanik bestimmte Eigenschaften und Strukturen in der Realität aus – wenn ich die o.g. philosophische Position zugrunde lege.

Ich gebe dir recht, die entscheidende Frage wäre die von dir o.g. Grauzone.

(ich bin vorsichtig und denke sicher nicht im Sinne eines naiven Realismus; das zwar lediglich plakativ aber eben auch naiv; für differenziertere Positionen siehe z.B. hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Strukturenrealismus)

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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Dez 2017 12:34    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Worauf ich hier hinauswill ist, dass man die Errungenschaften der Everettschen Interpretation (und ihrer modernen Ausprägungen) erst dann wirklich versteht, wenn man das Scheitern der implizit in der klassischen Mechanik angewandten Philosophie versteht.

Das, was du als ontologischen Realismus bezeichnest ist aber doch in jeder Theorie trivial zu erfüllen, auch in der Quantenmechanik.

Sicher??

Wenn ich die Diskussionen in den ersten Jahrzehnten der Quantenmechanik lese, dann waren diese geprägt von einem Davonlaufen vor einem Realismus. Der Mainstream waren Instrumentalismus bzw. rein epistemische Auffassungen bis hin zu einem platten Positivismus: „wir können nicht wissen, was existiert, sondern nur, was wir messen“).

Eine Aussage über die „Natur des Elektrons“ haben Bohr, Heisenberg, … Feynman, ... abgelehnt. Der Formalismus nach von Neumann lässt eine umfassende realistische Interpretation auch nicht zu, da unitäre Zeitentwicklung und Kollaps nicht zugleich „wahr“ sein können; hier ist im Kern der Postulate eine wesentliche Inkonsistenz verborgen, die es verbietet, eine umfassende realistische Interpretation der orthodoxen Quantenmechanik vorzunehmen. Bereits die Fragestellung nach der Natur der „Messung“ bleibt bei diesem Zugang völlig offen; man kann im Rahmen der orthodoxen Quantenmechanik nicht definieren, was eine Messung ist, denn es handelt sich um etwas, auf das einige Gesetze Quantenmechanik (die Schrödingergleichung) nicht anwendbar sind; andererseits kann die orthodoxe Quantenmechanik ohne den Begriff der Messung überhaupt nicht formuliert werden; was also ist eine Messung „wirklich“?

Ähnliche Probleme sehe ich bei der Ensemble-Interpretation. In der Realität existiere z.B. ein einzelnes Quantensystem; dafür existiert in der Theorie jedoch keine Entsprechung, denn diese spricht ausschließlich von (lediglich gedachten) Ensembles. Und es gibt Fälle, in denen die Existenz eines realen Ensembles ebenfalls problematisch ist, z.B. beim Universum.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das, was du als ontologischen Realismus bezeichnest ist aber doch in jeder Theorie trivial zu erfüllen, auch in der Quantenmechanik.

Der ontologische Realismus scheitert trivialerweise für die meisten Interpretationen der Quantenmechanik.

Man kann nun in zwei Richtungen argumentieren:

A) dies alles zeigt, dass der ontologische Realismus gescheitert ist
B) dies alles zeigt, dass wir die Quantenmechanik noch nicht verstanden haben, dass wir jedoch zu einer Interpretation gelangen können, die einen ontologischen Realismus gestattet

Philosophisch neige ich sowieso einer Spielart des Realismus zu; deshalb halte ich es mit (B). Und bei meiner bisherigen Lektüre zu Interpretationen der Quantenmechanik bleibt dann nur noch Everett übrig.




index_razor hat Folgendes geschrieben:
Damit habe ich jedes Ding, von dem die Theorie behauptet, daß es existiert in meine Ontologie aufgenommen.

s.o.: wie existieren denn sowohl die unitäre Zeitentwicklung als auch der Kollaps einvernehmlich nebeneinander? wie sind beide mathematischen „Entitäten“ gleichermaßen realisiert?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Interessant wird es doch erst, wenn ich Grund zu der Annahme habe, einige Existenzaussagen seien wahr, die eben nicht aus der Theorie folgen.

Das wäre sicher spannend. Welche Kandidaten für Existenzaussagen jenseits der Quantenmechanik schlägst du vor, und was wären Indizien für derartige Existenzaussagen?

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Dez 2017 12:36    Titel: Antworten mit Zitat

VeryApe hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Du benötigst noch ein Argument im Sinne von (3)


Ich dachte das hätte ich bereits. Ich glaube an den ontologischen Realismus.

Das der Formalismus die Realität beschreibt und das wäre halt ein Axiom. Das kann ich nicht weiter beweisen m.E.

Ja, das ist im wesentlichen mein Argument (3), und ja, das kannst du natürlich nicht beweisen.

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