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Yoda123456789
Gast





Beitrag Yoda123456789 Verfasst am: 27. Nov 2015 10:18    Titel: Lamb-Shift Antworten mit Zitat

Habe gelesen, dass der Lamb-Shift bedeutet, dass ein virtuelles Photon-Antiphoton-Paar entsteht und dadurch es zu einer Verschiebung im Wasserstoffatom kommt. Kann mir das einer hier näher erklären?

Idee: Da entstehen virtuelle Photonen, weil man sich aufgrund des Heisenberg-Prinzips Energie ausleihen kann aus dem Nichts oder Feld. Daher könnten virtuelle Teilchen entstehen. Und in der Wiki steht auch, dass der Lamb-Shift eine Verifizierung ist.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18065

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Nov 2015 19:41    Titel: Re: Lamb-Shift Antworten mit Zitat

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
Habe gelesen, dass der Lamb-Shift bedeutet, dass ein virtuelles Photon-Antiphoton-Paar entsteht und dadurch es zu einer Verschiebung im Wasserstoffatom kommt.

Nein, so ist das m.E. nicht.

Man berechnet die Quantenkorrekturen zu den Energieniveaus der Dirac-Gleichung. Über die auftretenden Terme kann man mittels Feynmandiagrammen Buch führen. Dabei tragen insbs. zwei one-Loop Diagramm mit jeweils einer internen Photonlinie bei, nämlich die Selbstenergie- sowie die Vertexkorrektur. Die innere Photon-Linie bezeichnet man auch als virtuelles Photon. Hinter dem Begriff verbirgt sich ein Haufen Mathematik, jedoch keine anschauliche Erklärung.

Ein Photon-Antiphoton-Paar sehe ich dabei nicht.

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
Da entstehen virtuelle Photonen, weil man sich aufgrund des Heisenberg-Prinzips Energie ausleihen kann aus dem Nichts oder Feld. Daher könnten virtuelle Teilchen entstehen. Und in der Wiki steht auch, dass der Lamb-Shift eine Verifizierung ist.

Dass im Falle von virtuellen Teilchen Energie ausgeborgt würde oder die Energieerhaltung kurzzeitig verletzt wäre ist ein immer wieder gerne wiederholter und zitierter Quatsch. Siehe dazu meinen Beitrag vom 08.09.:

http://www.physikerboard.de/topic,37754,-faq---virtuelle-teilchen.html

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Yoda123456789
Gast





Beitrag Yoda123456789 Verfasst am: 28. Nov 2015 19:37    Titel: Antworten mit Zitat

Was ich jetzt von dir gelesen habe, verwirrt mich doch sehr. Gerade der Lamb-Shift beweist doch virtuelle Teilchen. In jedem Physikbuch dieser Welt, in jeder Vorlesung wird der lambshift mit virtuellen Teilchen erklärt. Und vor allen Dingen: gerade quantenfluktuation sind doch virtuelle Teilchen oder kannst du mir erklären, was quantenfluktuation sind. Sagt man nicht immer, dass das Universum aus quantenfluktuation entstanden ist? Bitte erkläre mir das.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18065

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Nov 2015 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

Bevor ich antworte zuerst eine Gegenfrage: was genau glaubst du sind "virtuelle Teilchen"? eine Bezeichnung? für was?
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Yoda123456789
Gast





Beitrag Yoda123456789 Verfasst am: 28. Nov 2015 20:32    Titel: Antworten mit Zitat

Virtuelle Teilchen sind meiner Meinung nach Teilen, die speziell sind. Speziell in dem Sinne, dass sie von normalen beobachtbaren Teilchen abzugrenzen sind. Dennoch sind sie indirekt zu beobachten! Daher sind sie meiner Meinung nach nicht rein mathematisch.
Und wenn man von Quantenfluktuationen spricht, so impliziert das doch deren reale Existenz. Oder soll das Universum aus reiner Mathematik entstehen?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18065

Beitrag TomS Verfasst am: 29. Nov 2015 13:42    Titel: Antworten mit Zitat

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
Was ich jetzt von dir gelesen habe, verwirrt mich doch sehr.

Was hast du genau gelesen? Den FAQ-Beitrag und die dort gesammelten Zitate?

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
Gerade der Lamb-Shift beweist doch virtuelle Teilchen.

Der Lamb-Shift ist ein physikalischer Effekt. Der Nachweis dieses Effektes bestätigt seine Existenz sowie die Korrektheit der mathematischen Herleitung. Im Kontext dieser Herleitung kommen nun mathematische Ausdrücke vor, die praktisch nichts mit dem zu tun haben, was man normalerweise als Teilchen bezeichnet.

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
In jedem Physikbuch dieser Welt, in jeder Vorlesung wird der lambshift mit virtuellen Teilchen erklärt.

Ist das so? In welchem Buch? Was sind dann diese virtuellen Teilchen in diesen Lehrbüchern anders als Rechenregeln?

Such' spaßeshalber mal nach dem Begriff "virtual particles" im Lehrbuch von Srednicki:

http://web.physics.ucsb.edu/~mark/ms-qft-DRAFT.pdf

Du wirst den Begriff nicht finden!

(Nur weil er anderswo verwendet wird, ist das nicht unbedingt sinnvoll)

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
gerade quantenfluktuation sind doch virtuelle Teilchen oder kannst du mir erklären, was quantenfluktuation sind.

Jetzt wird's zirkulär: Quantenfluktuationne sind virtuelle Teilchen. Aber was sind dann virtuelle Teilchen? Quantenfluktuationen?



Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
Virtuelle Teilchen sind meiner Meinung nach Teilen, die speziell sind.

Das ist mathematisch falsch, sie sind etwas völlig anderes (s.u.)

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
Dennoch sind sie indirekt zu beobachten! Daher sind sie meiner Meinung nach nicht rein mathematisch.

Die durch sie beschrieben Effekte sind beobachtbar. Aber das bedeutet nicht, dass man sie "als Teilchen" beobachtet.

Betrachten wir mal ein Streuexperiment am LHC. Reale Teilchen, die man im Detektor nachweist, werden mathematisch durch Zustandsvektoren in einem Fockraum beschrieben. Virtuelle Teilchen, die zur Berechnung der Streuamplituden verwendet werden, und die man nicht im Detektor nachweist, sind mathematisch dagegen Impulsraum-Integrale über Propagatoren.



Ohne jetzt auf Details einzugehen hier einfach mal ein paar mathematische Objekte:

Ein Quark wird mathematisch beschrieben durch einen Zustand, der Impuls p, Spin s, Flavor f und Farbladung i trägt:



Ein Quarkpropagator ist ein mathematisches Objekt der Form



Ein virtuelles Teilchen in einem Feynman-Diagramm ist eine Anweisung, eine bestimmte Integration über derartige Propagatoren auszuführen.

Unabhängig von der genauen Bedeutung (wobei der Quarkzustand für jeden Physikstudenten im dritten Semester klar sein dürfte, der Propagator auch für viele mit Diplom oder Master nicht), sollte rein optisch klar sein, dass es sich um etwas anderes handelt.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 29. Nov 2015 13:49, insgesamt einmal bearbeitet
Yoda123456789
Gast





Beitrag Yoda123456789 Verfasst am: 29. Nov 2015 16:19    Titel: Antworten mit Zitat

Interessant. Aber Quantenfluktuationen sind doch real. Also müssten es auch die virtuellen Teilchen sein. Wenn diese aber nur mathematische Objekte oder ähnliches sind, warum haben sie dann eine reale Wirkung? Haben sie überhaupt eine echte reale Wirkung?
Es gibt einen Aufsatz von Edward Tryon (oder schaue mal bei Google oder Wikipedia nach), da sagt er, dass aus einer Quantenfluktuation ein ganzes Universum entstehen kann, wenn die positive Energie der Materie und die negative Energie bzw. Masse der Gravitation sich gegenseitig aufheben.
Was wäre denn in diesem Zusammenhang eine reale Quantenfluktuation? Und was wäre in diesem Zusammenhang ein virtuelles Teilchen?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18065

Beitrag TomS Verfasst am: 29. Nov 2015 21:41    Titel: Antworten mit Zitat

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
Aber Quantenfluktuationen sind doch real. Also müssten es auch die virtuellen Teilchen sein.

Was bedeutet für dich "real"?

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
Wenn diese aber nur mathematische Objekte oder ähnliches sind, warum haben sie dann eine reale Wirkung? Haben sie überhaupt eine echte reale Wirkung?

Wir betrachten zur Abwechslung mal was einfacheres, nämlich das Gravitationspotential



eines Körpers der Masse m im Abstand r vom Erdmittelpunkt.

Wie "real" sind G, m, M, r sowie der Bruchstrich?

Nun betrachten wir eine Näherung für diesen Ausdruck, nämlich für end sehr kleine Höhe h über dem Erdradius R





Wie "real" sind die einzelnen Terme für h, h^2, ...?

Wie "real" ist der Term mit h^17 ? Würdest du ihm für sich alleine irgendeine Realität zusprechen? Oder doch nur der Gesamtheit aller Terme?

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Yoda123456789
Gast





Beitrag Yoda123456789 Verfasst am: 30. Nov 2015 11:27    Titel: Antworten mit Zitat

Eine sehr schwierige Frage, inwiefern ein mathematischer Term im Allgemeinen real ist. Oder wie sehr eine (unendliche) Folge von Termen.
Aber bedankt man den Casimir-Effekt, so ist da doch ein realer Effekt nachweisbar. Genau wie beim Lamb-Shift. Und da muss doch was reales sein.
Aber nehmen wir mal an, nur die Mathematik sei nicht real, der Effekt schon. Was sagt uns das über die Physik? Du nimmst doch auch an, dass es eine Gravitationskonstante G gibt. Oder eine Elementarladung. Existiert das plancksche Wirkungsquantum als kleinste sinnvolle physikalische Einheit wirklich oder sind das ALLES NUR ZAHLEN UND MATHEMATIK?
Ich würde sagen: Jein!
Wenn etwas mit Mathematik zugänglich ist, dann muss es der Realität zumindest nahe kommen. Von Wahrheit wissen wir nicht zu sprechen, aber falsch kann das nicht sein.
Und bedenke folgendes: Wie ist das Universum entstanden? Selbst bei einem inflationären Multiversum muss eines den Startschuss bekommen haben. Und das könnte eine Quantenfluktion gewesen sein.
Wie real ist dann für dich diese Quantenfluktuation?
Oder glaubst du, dass das Universum aus reiner Mathematik entstanden ist?
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8582

Beitrag jh8979 Verfasst am: 30. Nov 2015 11:33    Titel: Antworten mit Zitat

Wie passend zum Advent:
Alle Jahre wieder ...
http://www.physikerboard.de/topic,44529,-quantenfluktuationen-vakuumfluktuationen.html
Augenzwinkern
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18065

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Nov 2015 20:33    Titel: Antworten mit Zitat

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
Eine sehr schwierige Frage, inwiefern ein mathematischer Term im Allgemeinen real ist ... Aber bedankt man den Casimir-Effekt, so ist da doch ein realer Effekt nachweisbar. Genau wie beim Lamb-Shift.

Ich habe doch nie gegen die Realität des Effektes selbst argumentiert. Ich habe nur ein Problem damit, einen einzigen Term, der noch dazu nicht eindeutig definiert ist, herauszupicken, und ihm die selbe "Realität" zuzuordnen (ich bin da überigens nicht alleine; je weiter du dich von populärwissenschaftlicher Literatur entfernst, desto seltener werden die virtuellen Teilchen ...)

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Yoda123456789
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Beitrag Yoda123456789 Verfasst am: 30. Nov 2015 20:59    Titel: Antworten mit Zitat

Man könnte also abschließend sagen: Es gibt etwas Reales. Etwas, was Lamb-Shift und Casimir Effekt erzeugt. Aber man weiß nicht, was es ist. Aber dieses Etwas wird mit virtuellen Teilchen beschrieben. Wie die von dir genannten Terme. Aber was ist dieses etwas? Ist das die Kraft, die das Universum erzeugt hat? Also das, was man Quantenfluktuationen nennen könnte, aber keine virtuellen Teilchen entspricht.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18065

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Nov 2015 21:28    Titel: Antworten mit Zitat

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
Man könnte also abschließend sagen: Es gibt etwas Reales. Etwas, was Lamb-Shift und Casimir Effekt erzeugt.

Die Effekte sind messbar, also real.

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
Aber man weiß nicht, was es ist.

Das trifft bereits auf einen Backstein zu. Was ist ein Backstein? Inwiefern wissen wir mehr über einen Backstein als über virtuelle Teilchen?

Yoda123456789 hat Folgendes geschrieben:
Aber dieses Etwas wird mit virtuellen Teilchen beschrieben. Wie die von dir genannten Terme.

Diese Effekte (dieses Etwas) werden mittels sehr präziser Mathematik beschrieben. Man weiß seit Jahrzehnten, dass und wie sie funktioniert.

Und dann hat jemand das als "virtuelle Teilchen" bezeichnet. Der Erkenntnisgewinn durch die Einführung dieses Begriffes ist aber leider gleich Null.

Wenn man wirklich verstehen will, was damit gemeint ist, dann muss man ein paar Semester sehr ernsthaft Quantenfeldtheorie studieren; anschließend versteht man die Mathematik. Es ist allerdings sinnlos, das in Worte pressen zu wollen, und zu glauben, dadurch würde man schlauer werden.

Wenn zwei Physiker über virtuelle Teilchen reden, ist für beide (hoffentlich) klar, was gemeint ist. Wenn Laien über virtuelle Teilchen reden, dreht sich 90% Prozent der Diskussion um Begriffe, Missverständnisse und Fehlinterpretationen, höchstens 10% um Physik.

Versteh' mich nicht falsch, natürlich darf und soll man Physik anschaulich darstellen; aber man sollte dabei auch die Grenzen dieser Vorgehensweise kennen. Nach meiner Erfahrung sind sie bei virtuellen Teilchen überschritten.

Ich würde es also bevorzugen, über Physik zu diskutieren.

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