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Quantenfluktuationen Vakuumfluktuationen
 
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Harald300130
Gast





Beitrag Harald300130 Verfasst am: 05. Sep 2015 19:55    Titel: Quantenfluktuationen Vakuumfluktuationen Antworten mit Zitat

Ich habe mir gerade das Buch von Lawrence Krauss gekauft, in dem er sagt, dass das Universum aus dem Nichts entstehen kann.

Hier ist auch ein Link, wo er das sagt.

youtube.com/watch?v=UemhCsaeGgc

Nur wird hier von einem TomS immer wieder gesagt, dass es das nicht gebe. Aber wie kann das sein?

Es ist doch eine wissenschaftliche Tatsache, dass das Vakuum nicht leer ist, oder? Es fluktuiert ständig. Ob man da von virtuellen Teilchen sprechen kann, weiß ich nicht.

Aber ich bin für eine Erklärung sehr dankbar.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Sep 2015 23:30    Titel: Re: Quantenfluktuationen Vakuumfluktuationen Antworten mit Zitat

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Ich habe mir gerade das Buch von Lawrence Krauss gekauft, in dem er sagt, dass das Universum aus dem Nichts entstehen kann.

...

Nur wird hier von einem TomS immer wieder gesagt, dass es das nicht gebe. Aber wie kann das sein?

Es ist doch eine wissenschaftliche Tatsache, dass das Vakuum nicht leer ist, oder? Es fluktuiert ständig. Ob man da von virtuellen Teilchen sprechen kann, weiß ich nicht.

Ohne jetzt die Idee von Krauss im einzelnen diskutieren zu wollen hier ein paar Präzisierungen.

Ich denke nicht, dass ich je geschrieben habe, dass es keine virtuellen Teilchen "gibt". Ich habe versucht, darzustellen, was sie sind (mathematische Objekte, die in einer bestimmten Näherung von Quantenfeldtheorien auftreten) und was sie nicht sind (mathematisch oder real das selbe wie Teilchen).

Dass "das Vakuum nicht leer ist", wissen wir tatsächlich; dass man das mittels virtueller Teilchen berechnen kann, bedeutet nun jedoch nicht, dass es exakt diese virtuellen Teilchen "sind", die im Vakuum "existieren".

Ohne jetzt auf Details einzugehen hier einfach mal ein paar mathematische Objekte:

Ein Quark wird mathematisch beschrieben durch einen Zustand, der Impuls p, Spin s, Flavor f und Farbladung i trägt:



Ein Quarkpropagator ist ein mathematisches Objekt der Form



Unabhängig von der genauen Bedeutung (wobei der Quarkzustand für jeden Physikstudenten im dritten Semester klar sein dürfte, der Propagator auch für viele mit Diplom oder Master nicht), sollte rein optisch klar sein, dass es sich um etwas anderes handelt.

Dass jetzt hervorragende Physiker im Hörsal das erste Objekt Quark" und das zweite "virtuelles Quark" nennen, ist OK. Dass sie das auch in Büchern, Filmen und youtube-Videos tun, ist es verwirrend, und führt zu keinem zusätzlichen Verständnis.

In der QCD können wir nun Objekte einführen, mittels derer wir berechnen können, ob das Vakuum "leer" ist oder nicht. Ein Beispiel ist der Operator für das Quark-Kondensat; dieser wird aus zwei mit den o.g. Operatoren verwandten Objekten gebildet. Außerdem ist er tatsächlich mit dem renormierten Propagator verwandt



Dass nun links der Erwartungswert steht, ein Quark-Antiquark-Paar im "Vakuum zu finden", und dass dies mittels des Propagators rechts berechnet werden kann, bedeutet nicht, dass das, was da rechts steht, auch das "ist", was "im Vakuum vorhanden ist". Links geht es darum, dass im tatsächlichen Vakuum "Quarks existieren"; rechts geht es darum, dass man diese mittels eines mathematischen Objektes, das etwas mit "virtuellen Teilchen" zu tun hat, berechnen kann.
Harald300130
Gast





Beitrag Harald300130 Verfasst am: 06. Sep 2015 07:07    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn ich mir deinen letzten mathematischen Term (oder Gleichung) anschaue, dann verstehe ich deine Erklärung so, dass das sogenannte Vakuum real wirklich nicht leer ist.
Links steht ein Ausdruck, den ich als Quark-Antiquark interpretiere. Du sagtest das ja bereits. Über dem einen q is auch ein Strich, also dann Anti.
Rechts erkenne ich nur ein Integral von ... bis lamda. Also wird das etwas aufsummiert. Etwas negatives erkenne ich auch. Vielleicht negative Energie?

Zusammenfassend kann man sagen, dass Krauss wahrscheinlich auch dieses reale Quark-Antiquark meint, wie auch immer. Etwas reales im Vakuum. Aber virtuelle Teilchen treten hier nur als "Rechenhilfe" auf.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Sep 2015 11:40    Titel: Antworten mit Zitat

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich mir deinen letzten mathematischen Term (oder Gleichung) anschaue, dann verstehe ich deine Erklärung so, dass das sogenannte Vakuum real wirklich nicht leer ist.
Links steht ein Ausdruck, den ich als Quark-Antiquark interpretiere. Du sagtest das ja bereits. Über dem einen q is auch ein Strich, also dann Anti.

Ja.

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Rechts erkenne ich nur ein Integral von ... bis lamda. Also wird das etwas aufsummiert.

Ja, und zwar der "renormierte Propagator", den die Leute als "virtuelles Teilchen" bezeichnen. Das ist allerdings mathematisch äußerst kompliziert.

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Zusammenfassend kann man sagen, dass Krauss wahrscheinlich auch dieses reale Quark-Antiquark meint ....

So in etwa.

Vielleicht noch etwas zur Definition des Vakuums. Ich hatte oben das Symbol |0> für den sogenannten perturbativen Vakuumzstand eingeführt. In diesem gilt



d.h. dieser Zustand ist mathematisch definiert als "leerer Zustand".

Das physikalische Vakuum ist definiert als Zustand niedrigster Energie; es unterscheidet sich vom perturbativen Vakuum. Tatsächlich reduziert die Anwesendheit dieses Quark-Kondensats die Vakuumenergie



Das ist die typische Energieskala der QCD.

https://en.wikipedia.org/wiki/QCD_vacuum
Harald300130
Gast





Beitrag Harald300130 Verfasst am: 06. Sep 2015 11:49    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe mich mal schlau gemacht in der Zwischenzeit. Virtuelle Teilchen treten innerhalb und nur innerhalb von Feynman Diagrammen auf. In einem svertex, glaube ich.
Ein Vertex ist doch ein Wechselwirkungspunkt, an dem Energie und Impulserhaltung stimmen müssen, ist das richtig?
Weiter verletzen virtuelle Teilchen diese Erhaltung.
Aber: das Vakuum ist voll von Schwingungskonfigurationen. Das sind die Teilchen im Vakuum.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Sep 2015 13:48    Titel: Antworten mit Zitat

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Virtuelle Teilchen treten innerhalb und nur innerhalb von Feynman Diagrammen auf. An einem Vertex ...

Richtig!

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Ein Vertex ist doch ein Wechselwirkungspunkt, an dem Energie und Impulserhaltung stimmen müssen ...

Richtig!

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Weiter verletzen virtuelle Teilchen diese Erhaltung.

FALSCH!

Wahrscheinlich hast du das in irgendeinem Buch, evtl. sogar von einem namhaften Physiker gelesen. Das ist schade, denn es ist trotzdem falsch! Und der Autor weiß, dass es falsch ist! Wenn er seine Berechnungen durchführt, macht er es natürlich richtig, aber wenn er populärwissenschaftliche Bücher verfasst, Fernsehsendungen oder youtube-Videos produziert, dann schreibt oder erzählt er Quatsch! Viele tun dies! Ich kann dir nicht sagen warum, frag' sie selbst, warum sie ihren Lesern so einen Blödsinn antun.

Was die Herrschaften damit meinen ist, dass virtuelle Teilchen die relativistische Energie-Impuls-Beziehung verletzen; engl. kurz: sie sind "off-shell". Dies wiederum ist korrekt, es bedeutet jedoch etwas anderes, als dass sie die Energie-Impuls-Erhaltung verletzen.

Lies dir bitte mal meinen FAQ-Beitrag durch; ich bilde mir ein, dies vollständig und korrekt erklärt zu haben.
Harald300130
Gast





Beitrag Harald300130 Verfasst am: 06. Sep 2015 20:09    Titel: Antworten mit Zitat

Für TomS: Okay, soweit verstanden, denke ich. Haben denn diese realen Teilchen-Antiteilchen-Paare irgendwelche "wichtigen" Auswirkungen auf die Physik des Universums, vielleicht auch kosmologisch? Was ist mit Lamb-Shift und Casimir Effekt? Ich wüsste gerne, was du über Lawrence Krauss denkst. Ist er ein renommierter Physiker oder eher nicht? Und wenn er das ist, warum gibt es solchen Stuss mit den virtuellen Teilchen von sich. Also du hast mir das jetzt richtig erklärt, dass virtuelle Teilchen nur eine Art Rechenhilfe sind, und ich werde niemandem verkaufen, dass sie real sind. Dann würde ich von Krauss erwarten, dass er seine "wirkliche Physik und seine wirklichen Gleichungen" mal offen legt zu dem Thema. Kannst du da was erfahren?
Wenn er sagt, dass ein Universum aus dem Nichts entstehen kann, dann sollte das doch evidenzbasiert sein! Er hält international Vorträge und wenn er Blödsinn erzählen würde, dann hätte man Krauss doch schon aufmerksam gemacht, oder nicht?
Krauss und Dawkins gehen ja soweit, dass sie die Existenz eines Gottes dadurch ausschließen; hältst du das für sinnvoll?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Sep 2015 22:13    Titel: Antworten mit Zitat

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Haben denn diese realen Teilchen-Antiteilchen-Paare irgendwelche "wichtigen" Auswirkungen auf die Physik des Universums, ...

In der QED kennen wir den Casimir-Effekt;in der QCD ist die Struktur des Vakuums und dessen Quark-Kondensat mit Eigenschaften der leichten Mesinen verknüpft. Kosmologisch kann man spekulieren, dass sie einen Beitrag zur kosmologischen Konstanten liefern, wobei das eines der großen Rätsel der modernen Physik ist.

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Ich wüsste gerne, was du über Lawrence Krauss denkst. Ist er ein renommierter Physiker oder eher nicht?

Er is sicher ein sehr renommierter Physiker.

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Und wenn er das ist, warum gibt es solchen Stuss mit den virtuellen Teilchen von sich.

Vorsicht! Ich habe jetzt nicht selbst gelesen, was er da angeblich schreibt. Insgs. habe ich den Eindruck, dass die Leute an der falschen Stelle zu sehr vereinfachen; die Gratwanderung bzgl. Simplifizierung und Verfälschung ist schmal.

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Dann würde ich von Krauss erwarten, dass er seine "wirkliche Physik und seine wirklichen Gleichungen" mal offen legt zu dem Thema. Kannst du da was erfahren?

siehe hier: http://arxiv.org/find/hep-th/1/au:+Krauss_L/0/1/0/all/0/1

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
DannWenn er sagt, dass ein Universum aus dem Nichts entstehen kann, dann sollte das doch evidenzbasiert sein! Er hält international Vorträge und wenn er Blödsinn erzählen würde, dann hätte man Krauss doch schon aufmerksam gemacht, oder nicht?

Es ist sicher kein Blödsinn, jedoch in der Form zu sehr verkürzt.

Die Story lauter im wesentlichen wie folgt: das physikalische Vakuum einer Quantenfeldtheorie "enthält Vakuumfluktuationen"; wir vermuten, dass die Gravitation durch eine de Quantenfeldtheorie verwandte Quantengravitation beschrieben werden kann; aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit und auf Basis gewisser Indizien aus noch unvollständigen Theorien zur Quantengravitation erwarten wir wiederum Vakuumfluktuationen; diese entsprechen nun Zuständen mit einer nicht-verschwindenden Metrik, also einer Art Universum.

Wenn man das vorsichtig formuliert, erkennen Experten die Idee eines sinnvollen Forschungsprogramms; wenn man das etwas unvorsichtiger formuliert, ist es eben einfach nur gutes Marketing, und sei's nur für Forschungsgelder.

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Krauss und Dawkins gehen ja soweit, dass sie die Existenz eines Gottes dadurch ausschließen; hältst du das für sinnvoll?

Das ist nicht die Frage.

Dawkins ist überzeugter Atheist (oder doch nur Agnostiker?). Er argumentiert vehement gegen die Ideen des "intelligent design", was ich für sehr sinnvoll halte; dass er jetzt evtl. für die Nicht-Existenz eines Gottes argumentiert, kann ich so nicht bestätigen, dazu müsste ich mal wieder was von ihm lesen. Eine Instrumentalisierung der Wissenschaft gegen Religion halte ich jedenfalls für falsch (bzw. logisch sinnlos), auch wenn sie der vernünftigen Idee entspringt, gegen eine tatsächlich unsinnig Strömung zu argumentieren.
Harald300130
Gast





Beitrag Harald300130 Verfasst am: 07. Sep 2015 06:46    Titel: Antworten mit Zitat

Die Frage hört sich bestimmt blöd an, aber warum ist Lawrence Krauss denn ein so renommierter Physiker? Hat er irgendetwas wichtiges veröffentlicht (wichtiges Paper) oder warum? Oder hat er einfach gute Sachkenntnisse?
Gibt es eigentlich einen Unterschied zwischen dem Universum aus dem Nichts von Krauss und dem von Hawking? Hawking sagt doch auch etwas ähnliches. Und irgendetwas, dass nicht südlicher sein kann als der Südpol, so die Analogie. Statt einer Singularität ein rundes etwas. Habe da noch ein Bild im Kopf, wo er so etwas zeichnet. Imaginäre zeit oder so etwas?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 07. Sep 2015 07:20    Titel: Antworten mit Zitat

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Die Frage hört sich bestimmt blöd an, aber warum ist Lawrence Krauss denn ein so renommierter Physiker? Hat er irgendetwas wichtiges veröffentlicht (wichtiges Paper) oder warum? Oder hat er einfach gute Sachkenntnisse?

Ich kenne seine Arbeiten nicht im Detail, aber ich hab' dir einfach mal eine Übersicht zusammengestellt, weil du seine "wirkliche Physik" sehen wolltest. Ansonsten lies' dir mal den Wikipedia-Artikel und da insbs. seine Vita durch.

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Gibt es eigentlich einen Unterschied zwischen dem Universum aus dem Nichts von Krauss und dem von Hawking?

Muss ich mir im Detail ansehen.

Die Lösung von Hawking heißt gravitational instanton
Harald300130
Gast





Beitrag Harald300130 Verfasst am: 07. Sep 2015 07:25    Titel: Antworten mit Zitat

Okay. Aber nur noch mal, damit ich mir sicher bin: Das Vakuum ist nicht leer, sondern wirklich angefüllt von Teilchen-Antiteilchen-Paaren. Diese tauchen entsprechend den Gesetzen der Unschärferelation etc. auf und verschwinden wieder. Aber virtuelle Teilchen sind es nicht. Im Grunde ist hier der Fehler das Wort virtuell. Sie treten nur innerhalb von Feynman Diagrammen auf.

Ich habe mir mal ein paar Videos in Youtube von Krauss angesehen, da sagt er das mit den vituellen Teilchen immer wieder. Aber dann meint er das Richtige, das Teilchen-Antiteilchen-Paare entstehen. Und diese werden wiederum mithilfe der virtuellen Teilchen beschrieben. Im Endeffekt kann man aber über den Unterschied hinwegsehen, weil das Vakuum wirklich voller Partikel ist.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 07. Sep 2015 07:40    Titel: Antworten mit Zitat

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Das Vakuum ist nicht leer, sondern wirklich angefüllt von Teilchen-Antiteilchen-Paaren ... Aber virtuelle Teilchen sind es nicht. Im Grunde ist hier der Fehler das Wort virtuell. Sie treten nur innerhalb von Feynman Diagrammen auf.

Der Punkt ist - und darauf wollte ich oben hinaus - dass reelle und virtuelle Teilchen etwas ganz verschiedenes 'sind'. Die mathematischen Methoden verwenden diese Propagatoren (= 'virtuelle Teilchen') zur Berechnung, aber es 'sind' nicht diese Propagatoren, die 'als Teilchen da sind'.

Man kann sich durchaus andere Berechnungsmethoden vorstellen, in denen keine Propagatoren auftreten, die jedoch zu den selben Effekten führen. Außerdem ist die Wahl der Propagatoren nicht eindeutig, je nach Methode sehen Sie unterschiedlich aus, und es gibt evtl. sogar zusätzliche; d.h. die Anzahl der 'Spezies von virtuellen Teilchen' ist methodenabhängig, das Ergebnis = die linke Seite der Gleichung dagegen nicht.

Wie kann etwas 'existieren', das von meiner gewählten Berechnungsmethode abhängt?

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Harald300130
Gast





Beitrag Harald300130 Verfasst am: 07. Sep 2015 07:45    Titel: Antworten mit Zitat

Aber existieren jetzt Teilchen-Antiteilchen-Paare im Vakuum oder nicht? Ist das Vakuum jetzt leer oder nicht? Irgendwas muss doch da sein.
Harald300130
Gast





Beitrag Harald300130 Verfasst am: 07. Sep 2015 07:57    Titel: Antworten mit Zitat

Das mit den Feynman-Diagrammen und virtuellen Teilchen ist mir jetzt schon einigermaßen klar. Aber die ursprüngliche Frage war ja: Gibt es im Vakuum etwas, Teilchen oder Fluktuationen? Können sie ein Universum produzieren, wie Krauss es sagt?
Das würde ich gerne wissen.
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8576

Beitrag jh8979 Verfasst am: 07. Sep 2015 11:29    Titel: Antworten mit Zitat

Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Aber existieren jetzt Teilchen-Antiteilchen-Paare im Vakuum oder nicht?

Nein, tun sie nicht.
Zitat:
Ist das Vakuum jetzt leer oder nicht? Irgendwas muss doch da sein.

Ja, aber...
Harald300130 hat Folgendes geschrieben:
Gibt es im Vakuum etwas, Teilchen ...

Nein.
Zitat:
oder Fluktuationen?

Ja,...

Die Sache ist leider ein bisschen komplizierter, und um die Antwort wirklich zu verstehen, muss man etwas mehr Mathematik/Quantenfeldtheorie können. Ansonsten ist es nicht ganz einfach zu verstehen, was "Vakuum", "virtuelle Teilchen", "Fluktuation", etc sind, und in welchem Sinne was davon wie existiert. Das gerne zitierte "Das Vakuum besteht aus (virtuellen) Teilche-Antiteilchen-Paaren" ist eine arge Verkürzung und Vereinfachung für Nicht-Physiker, aber streng genommen nicht richtig.

Arnold Neumaier der Uni Wien hat hierzu viele Fragen beantwortet auf Seiner FAQ-Seite:
http://www.mat.univie.ac.at/~neum/physfaq/physics-faq.html
Insbesondere hier:
http://www.mat.univie.ac.at/~neum/physfaq/topics/vacfluc

PS:
Zitat:

Können sie ein Universum produzieren, wie Krauss es sagt?

Das ist sicherlich im Moment noch mehr oder weniger Ansichtssache, und Experten sind sich hier sicherlich nicht einig.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 07. Sep 2015 12:48    Titel: Antworten mit Zitat

Ich würde es wie folgt zusammenfassen:

Man geht aus von einem nackten Vakuum |0>; dieser Zustand ist rein mathematsich definierbar, jedoch physikalisch eher irrelevant.

Daraus konstruiert man das physikalische Vakuum (mittels einer unitären Transformation U), das letztlich dem Zustand niedrigster Energie entspricht:



Nun berechnet man Eigenschaften dieses physikalischen Vakuums, das sind im wesentlichen Erwartungswerte von Operatoren:



Dabei zeigt die Berechnung, dass das physikalische Vakuum nicht leer ist, dass es diverse nicht-verschwindende Eigenschaften trägt und damit nicht dem nackten Vakuum entspricht.

Ich würde es bei dieser Formulierung bewenden lassen und keine weiteren Begriffe einführen.

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Harald300130
Gast





Beitrag Harald300130 Verfasst am: 07. Sep 2015 13:37    Titel: Antworten mit Zitat

Danke ihr beiden. Ihr müht euch wirklich ab, aber als super-interessierten Nichtphysiker (ich Big Laugh ) muss ich das einfach wissen. Zumindest soweit es das Verständnis erlaubt.
Natürlich spielt die Mathematik die größte Rolle, klar. Wenn man die beherrscht, geht es leichter. Aber so schnell kann ich mir die nicht aneignen.
Was ich aus dem Link von jh8979 herauslesen konnte, ist im Grunde das Selbe wie hier gesagt. Virtuelle Teilchen gibt es nur ... Feynman-Diagramm... Okay. Außerhalb dieses Formalismus gibt es sie nicht. Sie sind nicht real.
Vielleicht sollte man auch, wie TomS sagt, den Begriff Fluktuation im Vakuum weglassen.

Nach meinem Verständnis ist es so:

1. Das Vakuum ist nicht leer

2. Im Vakuum existieren aber keine Teilchen oder sonstiges.

3. Das physikalische Vakuum entspricht nicht einem Vakuum, das nackt, also komplett leer oder null ist.

4. Das reale Vakuum hat Effekte, die mit populären Aussagen übereinstimmen, jedoch sind hier die erwähnten virtuellen Teilchen nur als Mathematik anzusehen.

5. Also kann das reale physikalische Vakuum echte Auswirkungen haben. Warum weiß keiner. Und das aus dem Vakuum ein Universum kommen kann, ist physiklisch, mathematisch möglich.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 07. Sep 2015 16:43    Titel: Antworten mit Zitat

1. - ja
2. - na ja ...
3. - ja
4. - ja

5. - ja / nein / weiß nicht

das physikalische Vakuum hat reale Auswirkungen / wir wissen, warum, den wir können das berechnen / dazu sage ich was, wenn ich die Arbeiten von Krauss gelesen habe

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