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Woher weiss man, dass Elektronen stabil sind?
 
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Xeal



Anmeldungsdatum: 29.05.2007
Beiträge: 243

Beitrag Xeal Verfasst am: 21. Mai 2012 10:08    Titel: Woher weiss man, dass Elektronen stabil sind? Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

Man geht bisher davon aus, dass Elektronen stabil sind. Laut Wikipedia ist die untere Grenze der Lebensdauer ca. Jahre.

Nach etwas Recherche konnte ich herausfinden, ein möglicher Zerfall des Elektrons wie folgt aussehen könnte (vorrausgesetzt die Ladungserhaltung wäre verletzt):


Wie kommt man auf eine solche Hypothese ? Und aus welchen Experimenten kann man auf die Lebensdauer von Elektronen schließen ?

Angenommen, ich wollte beweisen, dass Elektronen stabil sind. Wie sähe ein Experiment dazu aus ?

Prinzipiell würde ich mir einen Falle / Kreisbeschleuniger (z.B. Zyklotron) nehmen und das Elektron dort halten und von Zeit zu Zeit schauen, ob es noch da ist. Kann ich ein Elektron in einer solchen Falle nachweisen, ohne es zu entfernen? Wenn ja, wie ?

Ich hoffe ihr könnt mir ein par Anregungen für diese möglicherweise etwas hypotetischen Fragen liefern.

Viele Grüße
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Mai 2012 10:45    Titel: Antworten mit Zitat

Zunächst mal muss das Elektron stabil sein, da es kein leichteres geladenen Teilchen gibt, in das es zerfallen kann. Ein Elektronenzerfall wäre also verbunden mit (a) einem neuen leichten Teilchen oder (b) Verletzung der Ladungserhaltung - was die aktuell bekannten Naturgesetze und Theorien inkonsistent werden lassen würde. Ladungserhaltung ist das Herzstück der QED! Auch ersteres ist unwahrscheinlich, da geladene Teilchen eigtl. immer "gleich gut" nachweisbar sind, da die Stärke der Wechselwirkung nur durch ihre Ladung bestimmt wird. Warum sollte sich dieses Teilchen also bisher dem Nachweis entzogen haben?

Ein Experiment sähe so aus, dass man die hypothetischen Zerfallsprodukte nachweist, was für ein Photon funktioniert, für ein Neutrino nur sehr schwierig, und für ein hypothetisches Teilchen s.o.

Man beobachtet z.B. einen rieseigen, von Detektoren umgebene Wassertank (tief unter der Erde), registriert Lichtblitze o.ä., rechnet den Hintergrund (z.B. der kosmischen Strahlung) heraus, und berechnet statistisch, wieviel Zerfallsereignisse aus der Anzahl der vorhandenen Elektronen pro Zeit (z.B. pro Jahr) folgen würde. Daraus kann man dann eine Untergrenze für die Lebensdauer des Elektrons ableiten.
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TruEnemy



Anmeldungsdatum: 01.11.2010
Beiträge: 516

Beitrag TruEnemy Verfasst am: 21. Mai 2012 11:08    Titel: Antworten mit Zitat

Es gibt Experimente, in denen beobachtet wird, ob Elektronen zerfallen,
und falls Ja, in was. Bisher wurden keine Zerfälle beobachtet. Daher geht
man BISHER davon aus, dass sie stabil sind. Daraus resultiert auch die
untere Grenze der Lebensdauer. Aus dem Standardmodell der Teilchen-
physik lässt sich ein theoretisches Zerfallsprodukt herleiten.

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'Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält' Faust, Goethe
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Mai 2012 11:35    Titel: Antworten mit Zitat

TruEnemy hat Folgendes geschrieben:
Aus dem Standardmodell der Teilchen-
physik lässt sich ein theoretisches Zerfallsprodukt herleiten.

Welches? Wie?

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TruEnemy



Anmeldungsdatum: 01.11.2010
Beiträge: 516

Beitrag TruEnemy Verfasst am: 21. Mai 2012 12:06    Titel: Re: Woher weiss man, dass Elektronen stabil sind? Antworten mit Zitat

Xeal hat Folgendes geschrieben:

Nach etwas Recherche konnte ich herausfinden, ein möglicher Zerfall des Elektrons
wie folgt aussehen könnte (vorrausgesetzt die Ladungserhaltung wäre verletzt):


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Xeal



Anmeldungsdatum: 29.05.2007
Beiträge: 243

Beitrag Xeal Verfasst am: 21. Mai 2012 12:13    Titel: Antworten mit Zitat

TruEnemy hat Folgendes geschrieben:
Xeal hat Folgendes geschrieben:

Nach etwas Recherche konnte ich herausfinden, ein möglicher Zerfall des Elektrons
wie folgt aussehen könnte (vorrausgesetzt die Ladungserhaltung wäre verletzt):



Kann die genannte Zerfallsmöglichkeit plausibilisieren ? Oder mit anderen Worten: Warum kommt man genau zu einem solchen hypotetischen Zerfall ?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Mai 2012 12:36    Titel: Antworten mit Zitat

Der genannte Zerfall ist wg. Verletzung der Ladungserhaltung im Rahmen des Standardmodells sowie der diversen hypothetischen Erweiterungen absolut nicht sinnvoll. Es gibt m.E. keine Möglichkeit, ihn in irgendeiner Form zu plausibilisieren.
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TruEnemy



Anmeldungsdatum: 01.11.2010
Beiträge: 516

Beitrag TruEnemy Verfasst am: 21. Mai 2012 21:16    Titel: Antworten mit Zitat

Ich dachte, der TE hätte seriös recherchiert, daher nahm ich an, dass
der von ihm geschilderte Zerfall mit dem SM vereinbar wäre, sorry.

Fakt ist, dass bisher keine Elektronen-Zerfälle beobachtet wurden,
obwohl danach "Ausschau gehalten" wird. Daraus ergibt sich bisher
die von Dir zitierte, untere Schranke für die Lebensdauer des Elek-
trons, die natürlich "immer größer wird", solange keine Zerfälle be-
obachtet werden.

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--gast--
Gast





Beitrag --gast-- Verfasst am: 22. Mai 2012 14:49    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

die Zerfallszeit eines Teilchens hängt mit seiner Resonanzbreite zusammen. Kollidieren zwei Teilchen (z.B. Proton und Antiproton) mit einer Schwerpunktsenergie, die mindestens der Ruhemasse eines anderen Teilchens (z.B. Z-Boson) entspricht, so entsteht auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dieses neue Teilchen (vorrausgesetzt die Erhaltungssätze sind erfüllt). Dies nennt man Resonanz. Misst man in vielen, vielen Messungen die Wahrscheinlichkeitsverteilung aus (d.h. bei welcher Schwerpunktsenergie gibt es wieviele Ereignisse(=Z-Bosonen)), so kann man die Breite dieser Verteilung ablesen und erhält damit die Lebensdauer/Zerfallszeit.

Die Frage, ob das Elektron zerfallen kann, ist -wie schon gesagt- gleichbedeutend mit der Frage ob die Ladungserhaltung tatsächlich gilt. Dazu eignet sich prinzipiell jedes Experiment, in welchem die Ladung von einem Teilchen auf ein anderes übertragen oder entgegengesetzte Ladungen erzeugt/annihiliert werden. Z.B. Elektron mit Positron in zwei Photonen oder 2 energiereiche Elektronen in 2 energiearme Elektronen und ein neues Elektron-Positron-Paar.
Würde man es bspw. schaffen, durch irgendeine Teilchenkollision ein Elektron alleine (ohne Partner mit entgegengesetzter Ladung) aus dem Vakuum heraus zu erzeugen, so wäre auch dies eine Resonanz mit einer gewissen Breite und man hätte die Lebensdauer des Elektrons.
Nun sind die Detektoren bei solchen Experimenten nicht perfekt und es kann durchaus passieren, dass nicht jedes an der Reaktion beteiligte Teilchen nachgewiesen wird. Beim obigen Beispiel (2Elektronen -> 3Elektronen + 1Positron) würde der Nicht-Nachweis des Positrons die Existenz einer solchen Resonanz implizieren.
Die Angabe, dass die Zerfallszeit des Elektrons mindestens 10^24 Jahre beträgt, bedeutet in erster Linie also nur, wie genau man bisher nach einer Verletzung der Ladungserhaltung gesucht hat.
Xeal



Anmeldungsdatum: 29.05.2007
Beiträge: 243

Beitrag Xeal Verfasst am: 23. Mai 2012 17:30    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die vielfältigen Rückmeldungen.

Zu dem hypotetischen Zerfall habe ich noch ein wenig recherchiert. Es existiert ein Review (W-M Yao et al 2006 J. Phys. G: Nucl. Part. Phys. 33 1–1232 doi:10.1088/0954-3899/33/1/001)

Wenn ich das richtig verstehe, haben also schon mehrere Leute nach einem Zerfall gesucht (Test für die Ladungserhaltung)..

@ zitat von gast:
Zitat:
Nun sind die Detektoren bei solchen Experimenten nicht perfekt und es kann durchaus passieren, dass nicht jedes an der Reaktion beteiligte Teilchen nachgewiesen wird. Beim obigen Beispiel (2Elektronen -> 3Elektronen + 1Positron) würde der Nicht-Nachweis des Positrons die Existenz einer solchen Resonanz implizieren.

Kannst du das noch etwas näher ausführen ? Was meinst du nicht nicht Nachweis des Positrons ? Wenn das Positron nicht da ist, wäre in der beschriebenen Reaktion die Ladungserhaltung doch auch verletzt, oder ?!

Wie handhabe ich einen solchen beweis den aus experimenteller Sicht ? Erzeuge ich die benötigten Elektronen schlicht mit einer Glühkathode und halte sie dann in einer Falle / Zyklotron ?

Viele Grüße
--gast--
Gast





Beitrag --gast-- Verfasst am: 23. Mai 2012 22:47    Titel: Antworten mit Zitat

Mit Nicht-Nachweis des Positrons meine ich, dass die Reaktion wie erwartet stattfindet (2Elektronen -> 3Elektronen + 1Positron), aber das Positron nicht von dem Detektor detektiert wird. Es sieht also so aus, als ob die Ladungserhaltung verletzt worden wäre, obwohl dem nicht so ist.
Die Experimentatoren kennen allerdings ihren Detektor sehr genau (Extra-Messungen bei bekannten Bedingungen wie oft der Detektor "anschlägt" -oder eben nicht) und können somit eine Messunsicherheit angeben. Dies ist eine Toleranz wie viele Ereignisse an Ladungserhaltung-Verletzungen man hinnimmt, bevor man beim Nobelpreis-Komittee anruft.

Vorausgesetzt, die Wahrscheinlichkeit für einen Ladungserhaltung verletzenden Prozess ist größer als ein Nicht-Nachweis, so würde man nach sehr vielen Messwiederholungen eine deutlich größere Ereignis-Anzahl von fehlenden Positronen haben, als man mit der Messungenauigkeit des Detektors erklären könnte (erst ab dem 3-fachen, manchmal sogar 5-fachen, der Messungenauigkeit spricht man von einer Entdeckung - je nachdem wie gut es mit der bisherigen Theorie zusammenpasst).
Ist die Wahrscheinlichkeit jedoch kleiner als die eines Nicht-Nachweises, so ist der Detektor nicht für dieses Experiment geeignet und man benötigt einen besseren/teueren Detektor. Bis man einen solchen hat (falls man überhaupt bereit ist nach etwas zu suchen, was die Theorie nicht vorhersagt und für das es bisher auch keine Anzeichen gegeben hat), nimmt man die Messungenauigkeit des Detektors als eingetretene Ereignis-Anzahl von fehlenden Positronen an und rechnet dies in eine Resonanzbreite und damit in die Lebensdauer des Elektrons um. Die Angabe, Elektronen haben mindestens eine Lebensdauer von 10^24 Jahren, ist also eine Angabe für die bisher beste erreichte Messgenauigkeit. Wäre eine Verletzung der Ladungserhaltung nachgewiesen worden, so wäre dies bestimmt in der Presse gewesen Augenzwinkern



Ich denke schon, dass am Beginn eines jeden Elektronenbeschleunigers eine gute alte Glühkathode steht (->Elektronenkanone). Je nachdem auf welch hohe Energien die Elektronen beschleunigt werden und wie fokussiert der Elektronenstrahl sein soll, wählt man anschließend den Beschleuniger (Betatron, Zyklotron, Mikrotron, Synchrotron, Linearbeschleuniger, ...). An einem bestimmten Ort baut man dann sein "Experiment" auf, d.h. seinen Detektor, und bringt in der Mitte des Detektors dann zwei entgegengesetzte Elektronenstrahlen zur Kollision und löst somit die Reaktion zwischen zwei Elektronen aus.

Eine Falle ist etwas völlig anderes: nahezu ruhende Elektronen werden durch ein spezielles Magnetfeld daran gehindert die Falle zu verlassen. Abgesehen von leichten Stößen bei großen Entfernungen werden sie also nicht miteinander wechselwirken. Eine Falle wäre also nur geeignet, falls man wirklich plant 10^24 Jahre lang ein Elektron zu beobachten.
Xeal



Anmeldungsdatum: 29.05.2007
Beiträge: 243

Beitrag Xeal Verfasst am: 24. Mai 2012 07:38    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die Ausführliche Antwort.

Zitat:
Eine Falle ist etwas völlig anderes: nahezu ruhende Elektronen werden durch ein spezielles Magnetfeld daran gehindert die Falle zu verlassen. Abgesehen von leichten Stößen bei großen Entfernungen werden sie also nicht miteinander wechselwirken. Eine Falle wäre also nur geeignet, falls man wirklich plant 10^24 Jahre lang ein Elektron zu beobachten.


Angenommen ich habe 10^24 Jahre Zeit Augenzwinkern Gibt es spezielle Elektronenfallen ?
Ich kenne nur Paul und Penningfalle, womit man Ionen fangen kann.
Wie sähe es mit Quantenpunkten aus ?

Wenn es so eine Falle gibt, wie weise ich dann nach x Jahren nach, das das Elektron noch da ist ?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 24. Mai 2012 08:13    Titel: Antworten mit Zitat

Mach es nicht so kompliziert. Die Idee ist ganz einfach:

1) man betrachtet eine große Menge normaler Materie (mit vielen Elektronen) mit speziellen Detektoren
2) man nimmt einen hypothetischen Zerfall des Elektrons an, wobei die (hypothetischen) Zerfallsprodukte durch den Detektor nachweisbar sein müssen
3) man zählt die Ereignisse im Detektor pro Zeit und subtrahiert davon den bekannten Untergrund, also die Anzahl der Ereignisse, die durch andere, gesicherte Mechanismen verursacht werden und deren Häufuigkeit man exakt berechnen kann
4) was übrig bleibt entspricht dann den Ereignissen, die auf den o.g. hypothetischen Zerfall zurückzuführen sind
5) man kann statistisch berechnen, wieviele Ereignisse pro Zeit man detektieren müsste, wenn man eine gewisse Lebensdauer bzw. Halbwertszeit des Elektrons annimmt
6) umgekehrt kann man statistisch aus der Zahl der tatsächlich beobachteten Ereignisse auf die minimale Lebensdauer (bzgl. des einen o.g. hypothetischen Prozess) zurückschließen

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Uriezzo



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Beitrag Uriezzo Verfasst am: 24. Mai 2012 11:43    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
1) man betrachtet eine große Menge normaler Materie (mit vielen Elektronen) mit speziellen Detektoren

Es könnte allerdings sein, dass das Elektron in gebundenem Zustand nicht so einfach zerfällt (siehe Neutron), dass ich also freie Elektronen beobachten müsste.
In diesem - zugegebenermaßen sehr theoretischen Fall - würde ich bei normaler Materie gar nichts messen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18049

Beitrag TomS Verfasst am: 24. Mai 2012 20:30    Titel: Antworten mit Zitat

Stimmt
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