RegistrierenRegistrieren   LoginLogin   FAQFAQ    SuchenSuchen   
Gezeiten - was genau ist daran falsch? - Seite 4
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3, 4, 5  Weiter 
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Mechanik
Autor Nachricht
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Jan 2024 00:07    Titel: Antworten mit Zitat

@DrStupid –

Ich hab's verstanden.

Für Laplace bis Poincare hat's gereicht, aber mein FAQ-Beitrag soll sie noch übertreffen; ich geb' mein bestes. Du sicher auch, auf deine konstruktiven Beiträge und expliziten Berechnungen freuen wir uns jetzt schon.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3403

Beitrag ML Verfasst am: 13. Jan 2024 00:14    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

TomS hat Folgendes geschrieben:

Zu zeigen, dass ein inhomogenes Gravitationsfeld keine hinreichende Bedingung für einen Flutberg auf der abgewandten Seite der Erde ist.


Bei der Aussage, dass der Gradient des Gravitationsfeldes für die Gezeiten verantwortlich ist, denkt man stillschweigend mit, dass das Gravitationsfeld die einzige von extern wirksame Kraft ist.

Es ist klar, dass die Situation sich anders verhält, wenn Du die Erde in Gedanken mit einem Nagel an eine Wand klopfst oder wenn Gott die Erde festhält. Zusätzliche Kräfte bewirken nun mal zusätzliche Effekte. Andererseits: Weshalb sollte man so eine abwegige Idee ernsthaft diskutieren?


Viele Grüße
Michael
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Jan 2024 07:17    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:
Hallo,

TomS hat Folgendes geschrieben:

Zu zeigen, dass ein inhomogenes Gravitationsfeld keine hinreichende Bedingung für einen Flutberg auf der abgewandten Seite der Erde ist.

Das hatte nicht ich geschrieben sondern Aruna 😉

Wie kommt man drauf? "Wasser von der Erde und zusätzlich vom Mond angezogen, also resultiert auf der dem Mond zugewandten Seite ein Flutberg". Problem: woher stammt der zweite Flutberg?

Anstelle das Problem mathematisch zu lösen, fängt man an, Geschichten zu erzählen. Schau dir mal die Artikel über Gezeiten an: oft phantasievolle Prosa, eine Mischung aus Halbwahrheiten und falschen Erklärungen.

ML hat Folgendes geschrieben:
Andererseits: Weshalb sollte man so eine abwegige Idee ernsthaft diskutieren?

Weil man durch diese Geschichten dazu gezwungen wird; weil man sie nicht aus dem Netz löschen kann, was oft das beste wäre.

Zwillingsparadoxon, Astronaut fällt ins schwarze Loch … kommt dir das bekannt vor?

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Jan 2024 11:59    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Nein, Du hast nicht verstanden, was ich Dir zu sagen versuche. Also nochmal von vorn:

Die horizontale Bewegung, die Du berechnen willst, resultiert aus einer horizontalen Kraftkomponente. An einer Äquipotentialfläche gibt es die nicht.

Das ist irrelevant, wie ich zeigen werde.

Die Gleichungen gelten übrigens auch abseits von stationären Strömungen; das war die eigtl. Intention.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Durch die Zeitabhängigkeit des Potentials gäbe es hier nur die vertikale Bewegung, an der Du nicht interessiert bist.

Nach Laplace gibt es ausschließlich eine horizontale Bewegung und eine dynamische Höhe.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Die zu berechnende Strömung … ist somit von der Form dieser Oberfläche abhängig. Wenn Du mit einer falschen Annahme bezüglich der Oberfläche in die Rechnung rein gehst, dann kommt am Ende auch eine falsches Ergebnis für die Strömung raus.

Stimmt. Deswegen lockert man diese Voraussetzung und setzt realistische Tiefenprofile und Küstenlinien (letztere mittels Randbedingungen) an.

Es geht jedoch um den prinzipiellen Mechanismus, der wird am besten anhand einer einfachen Geometrie klar.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Sicher kann man nur so zum Spaß ausrechnen, wie das Wasser auf der Erde fließen würde, wenn sie starr und rotationssymmetrisch wäre. (Das meinte ich oben mit Rechenübung.) Aber was hat man davon?

Man zeigt, dass die allgemeinen Gleichungen von Laplace den stationären Spezialfall mittels einer horizontalen Strömung reproduzieren.

Ich rechne das auch kurz vor.

Frage: Warum kritisierst du eigtl. ständig eine seit Jahrhunderten etablierte und bis heute gebräuchliche Methode?

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 13. Jan 2024 13:54    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nach Laplace gibt es ausschließlich eine horizontale Bewegung und eine dynamische Höhe.


Ich bin immer noch nicht sicher, ob wir hier über dieselbe Bewegung reden. Es gibt eine vertikale Bewegung des Wassers relativ zum Meeresboden (die Laplace vernachlässigt, weil sie so winzig ist, dass sie keine Rolle spielt) und es gibt eine vertikale Bewegung des Wassers zusammen mit dem Meeresboden (die Laplace willkülich auf Null setzt, indem er die Erde als starren Rotationskörper annimmt). Ich sprechen nur von letzterer.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Stimmt. Deswegen lockert man diese Voraussetzung und setzt realistische Tiefenprofile und Küstenlinien (letztere mittels Randbedingungen) an.


Das wären dann aber reale Gezeiten, die wir hier nicht diskutieren wollen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Es geht jedoch um den prinzipiellen Mechanismus, der wird am besten anhand einer einfachen Geometrie klar.


Das ist der Punkt, den ich nicht verstehe. Wozu führst Du einen Mechanismus ein, den Du nicht sinnvoll nutzen kannst? Um damit überhaupt irgend etwas berechnen zu können, musst Du bekanntermaßen unrealistische Grundannahmen machen. Damit bleibt völlig unklar, ob und wenn ja was das Ergebnis mit der Realität zu tun hat.

Wenn Du mit dem Modell sowieso zu keinem verlässlichen Ergebnis kommst, dann kannst Du es auch komplett weglassen und den Vorgang qualitativ beschreiben: Was unter der Äquipotentialfläche liegt, ist ein Tal und was darüber liegt, ist ein Berg. Wasser fließt bekanntlich vom Berg ins Tal. Das war es auch schon. Jetzt muss Du nur noch die Äquipotentialfläche berechnen und schon ist klar, dass das Wasser auf die beiden Punkte auf der Achse Erde-Mond zu fließt, wenn die idealisierte Erdoberfläche nicht die volle Gezeitendeformation erreicht (was Deine roatationssymmetrische Erde als Grenzfall mit einschließt).

Wie dieses vom Berg ins Tal Fließen quantitativ beschreibbar ist, kann man dann immer noch diskutieren. Aber das geht dann schon in Richtung realer Gezeiten und ist somit ein separates Thema. Für diese Diskussion brauchen wir das nicht.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Frage: Warum kritisierst du eigtl. ständig eine seit Jahrhunderten etablierte und bis heute gebräuchliche Methode?


Ich kritisiere nicht die Methode, sondern ihre Anwendung. Wenn man reale Gezeiten berechnen will, dann ist ihre Anwendung sinnvoll. Wenn man es nicht will, dann ist sie es nicht. Du machst das Ganze unnötig kompliziert.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 13. Jan 2024 14:45    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Wie kommt man drauf? "Wasser von der Erde und zusätzlich vom Mond angezogen, also resultiert auf der dem Mond zugewandten Seite ein Flutberg". Problem: woher stammt der zweite Flutberg?

Anstelle das Problem mathematisch zu lösen,


Woher der zweite Flutberg "mathematisch" stammt, war klar.

TomS hat Folgendes geschrieben:

fängt man an, Geschichten zu erzählen.


Welche Geschichte erzähle ich denn?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Jan 2024 15:46    Titel: Antworten mit Zitat

@DrStupid –

1. du kannst mir doch nicht vorwerfen, eine Näherung einzuführen, und sobald ich argumentiere, dass und wie man sie loswerden kann, sagen, wir wollen doch keine realen Gezeiten diskutieren ;-)

2. du behauptest ständig, ich dürfe nicht von Strömungen reden, und es gäbe diese für Äquipotentialflächen nicht; schau bitte den letzten FAQ-Beitrag an, da hab' ich's explizit vorgerechnet

3. mal mache ich's zu einfach, mal zu kompliziert; was denn nun? die Idee war, kurz jedoch mathematisch präzise zusammenzufassen, wie die moderne Theorie der Tiden funktioniert; dazu muss man eben Laplace zitieren, andernfalls bewegt man sich auf einem seit Jahrhunderten überholten und falsifizierten Wissensstand;

4. die von mir skizzierte Theorie wird bis heute für die Berechnung realer Gezeiten angewendet; und so schwer ist die nicht zu verstehen; warum sollte man sie nicht diskutieren? zumindest in den Grundzügen?

5. schreib halt selber was

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 13. Jan 2024 15:56, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Jan 2024 15:48    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Woher der zweite Flutberg "mathematisch" stammt, war klar.

Also in diesem Thread stand dazu nichts.

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Welche Geschichte erzähle ich denn?

Du gar keine, das Internet eine ganze Menge.

Sorry, wenn das falsch rübergekommen ist.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Jan 2024 16:09    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe den FAQ-Beitrag um die Ableitung des stationären Grenzfalls idealisierter Gezeiten mittels eines flachen Ozeans auf einer glatten Erde ergänzt.

Wer Lust hat, darf gerne kommentieren.

Mein Ziel – Darstellung, wie Gezeiten wirklich funktionieren – ist damit erst mal erreicht.

Jetzt könnte man einen Haufen von Details diskutieren:
- Resonanzen in Ozeanbecken
- Gezeiten der Erde (siehe DrStupid)
- Effekte der Corialiskraft
- …

Macht aber nur Sinn, wenn konkretes Interesse vorliegt.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 13. Jan 2024 18:07, insgesamt einmal bearbeitet
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3403

Beitrag ML Verfasst am: 13. Jan 2024 16:52    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

TomS hat Folgendes geschrieben:

Das hatte nicht ich geschrieben sondern Aruna 😉

Oops, Quellenfehler. smile Aber mir war schon klar, dass Du das nicht geschrieben hast.

Viele Grüße
Michael
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Jan 2024 18:08    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich habe den FAQ-Beitrag um die Ableitung des stationären Grenzfalls idealisierter Gezeiten mittels eines flachen Ozeans auf einer glatten Erde ergänzt.

Wer Lust hat, darf gerne kommentieren.

Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Zweifel kommen mir ☹️

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 13. Jan 2024 20:59    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
2. du behauptest ständig, ich dürfe nicht von Strömungen reden, und es gäbe diese für Äquipotentialflächen nicht; schau bitte den letzten FAQ-Beitrag an, da hab' ich's explizit vorgerechnet


Davon kann ich nichts erkennen. Auch im letzten Beitrag gehst Du von einer rotationssymmetrischen Erde aus. Das ist keine Äquipotentialfläche. Wenn die Wasseroberfläche eine Äquipotentialfläche ist, der Meeresboden aber nicht, dann gibt es signifgikante zyklische Änderungen des Wasserpegels und die wiederum erfordern horizontale Bewegungen, die um Größenordnungen darüber liegen können.

Wenn sowohl der Meeresboden, als auch die Wasseroberfläche Äquipotentialflächen sind, dann wären die Pegeländerungen so winzig, dass keine signifikanten Strömungen auftreten. Dieser Fall läge bei einer glatten Erdkruste näher an der Realität als Deine Annahme. Von der realen Form der Erdoberfläche ist dagegen beides buchstäblich meilenweit entfernt.

TomS hat Folgendes geschrieben:
3. mal mache ich's zu einfach, mal zu kompliziert; was denn nun?


Für die Berechnung halbwegs realer Gezeiten ist es zu einfach. Für die Erklärung der beiden Tidenberge ist es zu kompliziert.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Jan 2024 21:25    Titel: Antworten mit Zitat

Dann ignoriere es am besten.
_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 13. Jan 2024 22:32    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Woher der zweite Flutberg "mathematisch" stammt, war klar.

Also in diesem Thread stand dazu nichts.


Eventuell nicht gemäß Deiner Ansprüche.
Ich meine damit, wenn man die Definition der Gezeitenkraft nimmt, dann ist auch ohne Rechnung, wie die Deine klar*, dass die Vektoren auf der mondabgewandten Seite so gerichtet sind, dass man sich das Auftürmen eines Wasserbergs als Resultat dieser Kräfte vorstellen kann.
(So als prinzipielle Erklärung, die Details scheinen ja etwas anspruchsvoller zu sein...)

Wenn man die Definition auf die festgenagelte Erde anwendet, dann entspricht die Gezeitenkraft der gesamten Gravitationskraft, und es ist auch klar, dass sich da auf der abgewandten Seite kein Flutberg bildet.

-----------------------------------------

*) zumindest auf den ersten Blick.
Diese Frage ist ja noch offen:

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Für letzteres siehe den verlinkten Text, Kap. 2.9.10, Gl. (2.86) sowie Laplace Mecanique Celeste.


Ein schönes Büchlein, was den Unterschied zwischen "idealen" und "realen" Gezeiten verdeutlicht..


[img]physikerboard.de/files/book-tides_917.png[/img]


Was sind die Gründe dafür?


Sind das vielleicht ähnliche Gründe, wie dafür, dass vor Indien eine Delle im Meer ist, weil da die Gravitation schwächer ist?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Jan 2024 23:15    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe noch keine gute Zusammenfassung gefunden:

https://en.m.wikipedia.org/wiki/Lunitidal_interval

Die Sonne kann die Mond-Tiden beschleunigen oder verzögern; Ozeanbecken können zu Resonanzen führen …

Deshalb ist es unmöglich, ein allgemeingültiges Muster für den Winkel bzw. die Zeitspanne zwischen Mond und realer Tide anzugeben.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 14. Jan 2024 07:14    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich habe noch keine gute Zusammenfassung gefunden:

en.m.wikipedia.org/wiki/Lunitidal_interval

Die Sonne kann die Mond-Tiden beschleunigen oder verzögern; Ozeanbecken können zu Resonanzen führen …

Deshalb ist es unmöglich, ein allgemeingültiges Muster für den Winkel bzw. die Zeitspanne zwischen Mond und realer Tide anzugeben.


Laut dem weiteren Zitat aus dem Buch durch Qubit, wurde das "einfachste Modell, eine sphärische Erde, bedeckt mit einer idealen Flüssigkeit, die der Dynamik von Erde und Mond unterworfen ist" betrachtet.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 14. Jan 2024 07:25    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:

Sind das vielleicht ähnliche Gründe, wie dafür, dass vor Indien eine Delle im Meer ist, weil da die Gravitation schwächer ist?


Gemeint ist das "Indian Ocean Geoid Low (IOGL)"

Zitat:
Trotz der geringeren Gravitation dort liegt der Meeresspiegel des Indischen Ozeans über dem Loch um enorme 106 Meter tiefer als der globale Durchschnitt. Verursacht werde dies durch die deutlich stärkere Anziehungskraft der umliegenden Gebiete,...

spektrum.de/news/geophysik-woher-stammt-das-gravitationsloch-im-meer/2156832
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Jan 2024 08:16    Titel: Antworten mit Zitat

Natürlich haben Schwerkraftanomalien auch einen Einfluss auf Gezeiten. In dem Zusammenhang darf man auch die Erdgezeiten, die DrStupid so wichtig sind, nicht vernachlässigen.

Aber in deiner Frage bzw. dem Bild oben ging es doch darum, warum das Hochwasser dem Mond hinterherhinkt.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 14. Jan 2024 08:53    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Natürlich haben Schwerkraftanomalien auch einen Einfluss auf Gezeiten.


Das war nicht gemeint (Anomalien werden in dem einfachsten Modell wohl eher nicht berücksichtigt), sondern ob das Phänomen, dass eine niedrigere Schwerkraft zu einem niedrigem
Meeresspiegel führt, vielleicht auch bei den Gezeiten auftritt.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Aber in deiner Frage bzw. dem Bild oben ging es doch darum, warum das Hochwasser dem Mond hinterherhinkt.


Es ging darum, warum die Flutberge in dem Bild an den Stellen sind, wo die Gezeitenkraft das Erdschwerefeld verstärkt und nicht da, wo die Gezeitenkraft das Erdschwerefeld abschwächt.
Darin sehe ich die Analogie zur Situation im IGOL.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Jan 2024 09:17    Titel: Antworten mit Zitat

Du meinst, wir müssten neben
1. der Gravitation einer undeformierten Erde, real also eines Geoids mit inhomogeger Masseverteiling etc., sowie
2. der Gezeitenkraft des Mondes noch
3. die Korrektur zu (1) aufgrund der Deformation des Geoids aufgrund von (2) berücksichtigen?

Ich denke nicht, dass wir damit Korrekturen der notwendigen Größenordnung erhalten.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Jan 2024 09:26    Titel: Antworten mit Zitat

Zum Bild: ich halte es für falsch!

Idealisierte Gezeiten – besser gesagt, Gezeiten auf einer nicht-rotierenden, idealisierten, glatten Erde, gerne auch einer durch Rotation und Gezeiten ideal deformierten Erde – laufen mit dem Gezeitenpotential exakt synchron, d.h. haben keinen zeitlichen Versatz.

Reale Gezeiten – besser gesagt, Gezeiten auf der realen Erde mit ihren Oberflächenstrukturen – laufen tatsächlich ortsabhängig sehr kompliziert zum Gezeitenpotential verzögert (minimal bis nur wenige Minuten Versatz, maximal über 10 Stunden)

https://en.m.wikipedia.org/wiki/Lunitidal_interval

Zitat:
The lunitidal interval measures the time lag from lunar culmination to the next high tide at a given location. It is also called the high water interval (HWI) …

Tides are known to be mainly caused by the Moon's gravity. Theoretically, peak tidal forces at a given location would concur when the Moon reaches the meridian, but a delay usually precedes high tide, depending largely on the shape of the coastline and the sea floor. Therefore, the lunitidal interval varies from place to place – from three hours over deep oceans to eight hours at New York Harbor. The lunitidal interval further varies within about 3h ± 30 minutes according to the lunar phase. (This is caused by the time interval associated with the solar tides.)


Ich habe noch keine umfassende Tabelle oder Graphik gefunden, aber ein idealisiertes Bild, das behauptet, 90° wäre in der Realität korrekt, ist falsch. Man findet so ziemlich alles, auch nahe 0°.



IMG_3674.png
 Beschreibung:

Download
 Dateiname:  IMG_3674.png
 Dateigröße:  53.17 KB
 Heruntergeladen:  27 mal


_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 14. Jan 2024 11:24, insgesamt einmal bearbeitet
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 14. Jan 2024 10:11    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zum Bild: ich halte es für falsch!


Woher stammt das denn?

Qubit hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Für letzteres siehe den verlinkten Text, Kap. 2.9.10, Gl. (2.86) sowie Laplace Mecanique Celeste.


Ein schönes Büchlein, was den Unterschied zwischen "idealen" und "realen" Gezeiten verdeutlicht..


In Ersterem habe das nicht gefunden und nach Letzterem hört sich das auch nicht an...
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Jan 2024 10:26    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Zum Bild: ich halte es für falsch!

Woher stammt das denn?

Weiß nicht.

Ist irgendwo weiter oben in diesem Thread verlinkt.

Hab etwas gegoogelt. Für Android gibt’s wohl eine Lunitidal-App (leider nicht für iOS). Im Anhang ein paar Beispiele; zwischen 0:00 für Jakarta und 11:20 für Boston ist so ziemlich alles enthalten.



IMG_3679.jpeg
 Beschreibung:

Download
 Dateiname:  IMG_3679.jpeg
 Dateigröße:  630.86 KB
 Heruntergeladen:  27 mal


_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 14. Jan 2024 14:29    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:

Woher stammt das denn?

Qubit hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Für letzteres siehe den verlinkten Text, Kap. 2.9.10, Gl. (2.86) sowie Laplace Mecanique Celeste.


Ein schönes Büchlein, was den Unterschied zwischen "idealen" und "realen" Gezeiten verdeutlicht..


In Ersterem habe das nicht gefunden und nach Letzterem hört sich das auch nicht an...


Das findet man in dem Buch ab Kap. 1.5 erläutert..
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Jan 2024 16:23    Titel: Antworten mit Zitat

Danke.

Habe mir das mal durchgelesen; hört sich für sich gesehen recht schlüssig an. An anderer Stelle hatte ich jedoch schon früher gefunden, dass genau dieser Ansatz falsch sei …

Schwierig, weil halt beides nicht überprüfbar ist, solange wir die Erdoberfläche nicht vollständig einebnen können.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 14. Jan 2024 17:37    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
dass eine niedrigere Schwerkraft zu einem niedrigem Meeresspiegel führt


Davon abgesehen, dass hier nicht die Schwerkraft, sondern das Potential entscheidet, ist es eher umgekehrt.

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Es ging darum, warum die Flutberge in dem Bild an den Stellen sind, wo die Gezeitenkraft das Erdschwerefeld verstärkt und nicht da, wo die Gezeitenkraft das Erdschwerefeld abschwächt.


Der Text dazu scheint eine Schwingung um die Ruhelage zu beschreiben und diese Ruhelage wäre eine Verteilung wie sie in Abbildung 35 dargestellt ist. In dem Fall wäre Abbildung 36 irreführend. Die idealisierten Flutberge sind nie um 90° phasenverschoben, sondern sie liegen immer sehr nahe auf der Achse Erde-Mond und werden durch die beschriebene Schwingung nur etwas größer oder kleiner - zumindest wenn ich den Text nicht völlig falsch verstanden habe.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 14. Jan 2024 22:10    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Der Text dazu scheint eine Schwingung um die Ruhelage zu beschreiben und diese Ruhelage wäre eine Verteilung wie sie in Abbildung 35 dargestellt ist. In dem Fall wäre Abbildung 36 irreführend. Die idealisierten Flutberge sind nie um 90° phasenverschoben, sondern sie liegen immer sehr nahe auf der Achse Erde-Mond und werden durch die beschriebene Schwingung nur etwas größer oder kleiner - zumindest wenn ich den Text nicht völlig falsch verstanden habe.


Mein Verständnis :
Laut Text zeigt Abb. 36 die freie Schwingung, die der Ozean ausführen würde, wenn er in die Auslenkung in Abb. 35 gebracht würde und dann losgelassen.
Die tatsächliche, durch den Umlauf des Mondes erzwungene Schwingung ist der Umlauf der Flutberge um die Erde.
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3403

Beitrag ML Verfasst am: 15. Jan 2024 09:54    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

TomS hat Folgendes geschrieben:

Schwierig, weil halt beides nicht überprüfbar ist, solange wir die Erdoberfläche nicht vollständig einebnen können.


Ich habe den genauen Bezug hier verloren. Aber müssten sich nicht praktisch alle Fragen zu idealisierten Gezeiten mit einer numerischen Simulation klären lassen?


Viele Grüße
Michael
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Jan 2024 11:12    Titel: Antworten mit Zitat

Naja, "alle" ist schon hart, die numerischen Berechnungen werden für reale Gegebenheiten schnell brutal kompliziert.

Hier geht es ja noch um eine Frage im Rahmen idealisierter Bedingungen – soweit ich das richtig verstehe. Man nimmt an, man habe eine Welle außerhalb des stationären Gleichgewichts, und man betrachtet die Gezeitenkraft des Mondes als periodische Anregung. Daraus resultiert eine getriebene Schwingung der Gezeiten. Daraus wiederum schlussfolgert man, wie die idealisierten Gezeiten phasenverschoben der treibenden Gezeitenkraft folgen.

Soweit mein Verständnis – korrigiert mich bitte.

Nur, für die Berechnung der Phasenverschiebung benötige ich ja bereits im einfachst möglichen Fall eines getriebenen Pendel weitere Informationen, neben der anregenden Kraft, insbesondere die Reibung sowie die Anfangsbedingungen. Daher sehe ich nicht, wie eine allgemeingültige Aussage zur Phasenverschiebung der Gezeiten möglich sein soll. Ich habe immer noch ein Problem mit dieser Pauschalaussage zu den 90°.

Aber evtl. habe ich da auch noch einen Denkfehler drin.

Interessant ist die Fragestellung allemal.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 15. Jan 2024 12:21, insgesamt einmal bearbeitet
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3403

Beitrag ML Verfasst am: 15. Jan 2024 11:28    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

TomS hat Folgendes geschrieben:
Naja, "alle" ist schon hart,

Ich meinte ja auch die Fragen zu idealisierten Gezeiten.

Leider kenne ich mich damit zu wenig aus und müsste mich lange einarbeiten. Sonst würde ich solche Berechnungen mal machen.


Viele Grüße
Michael
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 15. Jan 2024 14:30    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nur, für die Berechnung der Phasenverschiebung benötige ich ja bereits im einfachst möglichen Fall eines getriebenen Pendel weitere Informationen, neben der anregenden Kraft, insbesondere die Reibung sowie die Anfangsbedingungen.


Im stationären Fall kommt man ohne Anfangsbedingungen aus. Aber so einfach wie ein Pendel sind bestenfalls die Erdgezeiten. Da entspricht die in der Abbildung dargestellte Deformation der Fußball-Mode (0S2) mit einer Periode von 54 Minuten und dem Gütefaktor 813. Bei einer Anregung mit einer Periode von 12 Stunden hätte ein entsprechender harmonischer Oszillator eine Phasenverschiebung von lächerlichen 0,005°. Wenn man bedenkt, dass diese Schwingung allein wegen der Corioliskraft in 2,5 Tagen um die ganze Erde wandert, kann man das komplett vernachlässigen.

Für eine Flachwasserwelle an der Erdoberfläche sieht die Sache natürlich ganz anders aus, aber wie die 90° zustande kommen sollen, erschließt sich mir auch nicht.

Edit #1: Möglicherweise habe ich doch eine Erklärung. Mit den obigen Werten für die Erdgezeiten erhalte ich ein Amplitudenverhältnis von 1,0056. Das heißt, dass die idealen Erdgezeiten 0,56% über(!) der Anregung liegen. Der Tidenberg liegt also über der Äquipotentiälfläche und ist somit ein echter Berg, von dem das Wasser herunter fließt. Senkrecht dazu gibt es entsprehend ein echtes Tal, in das das Wasser hinein fließt. Damit wäre eine Phasenverschiebung von rund 90° im stationären Fall plausibel. Allerdings habe ich in dem Text nichts von Erdgezeiten gelesen.

Edit #2: Das obige Amplitudenverhältis gilt für eine Anregung, die unabhängig von der erzwungenen Schwingung ist. Das wäre bei den Erdgezeiten natürlich nicht der Fall, weil die Anregung mit Annäherung an die Äquipotentialfläche immer kleiner wird und sich beim o.g. Überschwingen sogar umkehrt. Diese Erklärung ist also auch nicht wirklich praxisnah.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 16. Jan 2024 07:54    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Aber so einfach wie ein Pendel sind bestenfalls die Erdgezeiten. Da entspricht die in der Abbildung dargestellte Deformation der Fußball-Mode (0S2) mit einer Periode von 54 Minuten und dem Gütefaktor 813. Bei einer Anregung mit einer Periode von 12 Stunden hätte ein entsprechender harmonischer Oszillator eine Phasenverschiebung von lächerlichen 0,005°. Wenn man bedenkt, dass diese Schwingung allein wegen der Corioliskraft in 2,5 Tagen um die ganze Erde wandert, kann man das komplett vernachlässigen.


Was ist mit "Erdgezeiten" gemeint? Die Deformation der Erdkruste?
In Remark 1.5.24 (3) geht er von ungefähr 1 km/s für die langsamsten Geschwindigkeit von entsprechenden Wellen aus und einer freien Schwingungsdauer von 5,5h woraus nach dem Theorem 1.5.11 folgt, dass eine durch den Mondumlauf erzwungene Schwingung in Phase mit dem der Anregung ist.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Für eine Flachwasserwelle an der Erdoberfläche sieht die Sache natürlich ganz anders aus, aber wie die 90° zustande kommen sollen, erschließt sich mir auch nicht.


Stehen die 90° explizit irgendwo, oder werden von euch eher aus Pic 22 gefolgert?
In der Beschreibung steht "rather like".
In Remark 1.5.24 (1) geht der Autor bei einer sphärischen Wasserbedeckung einer Tiefe von 4km von einer Schwingungsdauer T_free von ungefähr 24 h aus, was laut (2) ungefähr der Laufzeit eines Tsunamis um die halbe Erde entspricht.
Daraus folgert er, dass T_ext < T_free und nach Theorem 1.5.11. dass die Gezeitenwelle außer Phase zur Anregung ist.
Eine genaue Phasenverschiebung nennt er IMO nicht.
Mit scheint, PIC21 und PIC22 bzw. PIC49 und PIC50 stehen eher symbolisch für eine Schwingung in und außer Phase, ohne dass PIC22 oder PIC50 die exakte Phasenverschiebung zeigen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Jan 2024 08:09    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Was ist mit "Erdgezeiten" gemeint? Die Deformation der Erdkruste?

Und die der darunter liegenden Schichten.

Im Gegensatz zu Wasser als inkompressibler, nahezu reibungsfreier Flüssigkeit muss man hier kompressible Flüssigkeiten oder elastische Festkörper ansetzten. Natürlich trifft das Modell des flachen Ozeans nicht zu, insbs. sind radiale Strömungen und daher das Heben und Senken der Erdkruste relevant.

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Für eine Flachwasserwelle an der Erdoberfläche sieht die Sache natürlich ganz anders aus, aber wie die 90° zustande kommen sollen, erschließt sich mir auch nicht.

Stehen die 90° explizit irgendwo, oder werden von euch eher aus Pic 22 gefolgert?
In der Beschreibung steht "rather like" … Mit scheint, PIC21 und PIC22 bzw. PIC49 und PIC50 stehen eher symbolisch für eine Schwingung in und außer Phase, ohne dass PIC22 oder PIC50 die exakte Phasenverschiebung zeigen.

Das führt dann in dem Buch dazu, die Zeichnung mit 0° als falsch zu bezeichnen und durch eine andere falsche Zeichnung mit 90° zu ersetzen?

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
In Remark 1.5.24 (1) geht der Autor bei einer sphärischen Wasserbedeckung einer Tiefe von 4km von einer Schwingungsdauer T_free von ungefähr 24 h aus, was laut (2) ungefähr der Laufzeit eines Tsunamis um die halbe Erde entspricht.

Das Bild des Tsunamis ist problematisch, da der Anregungsmechanismus nur für den Antrieb des Ozeans durch Erdgezeiten einigermaßen zutrifft, nicht für die Gezeitenbeschleunigung des Mondes auf den Ozean.

Der wesentliche Effekt, mit dem der Ozean auf die Gezeitenbeschleunigung reagiert, ist tangentiales Fließen (siehe letzter FAQ-Beitrag) bei Erdgezeiten dagegen zunächst radiales Heben. Dispersion und Phasenverschiebung von der einen auf die andere Situation zu übertragen, ist wohl nicht zulässig.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 16. Jan 2024 19:13    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Der wesentliche Effekt, mit dem der Ozean auf die Gezeitenbeschleunigung reagiert, ist tangentiales Fließen (siehe letzter FAQ-Beitrag)


Das ist zwar prinzipiell korrekt, aber die entscheidende Frage ist, wohin das Wasser fließt und das könnten wirklich die Erdgezeiten bestimmen. Ich habe jetzt selbst nochmal Phasenverschiebung und Amplitudenverhältnis für die erzwungene Schwingung eines gedämpften harmonischen Oszillators hergeleitet, der durch eine Variation der Gleichgewichtslage angeregt wird. Das ergibt am Ende die gleichen Werte wie oben in Edit #1. Die Gleichungen aus Wikipedia, die ich oben verwendet habe, beschreiben also genau diesen Fall, womit Edit #2 hinfällig ist. Die Erde würde wirklich überschwingen.

Die Frage ist jetzt, ob das nicht nur für eine stehende Welle, sondern auch für eine richtige - um die Erde herum laufende - Welle gilt. In dem Fall würde qualitativ das Gegenteil von dem passieren, was in den FAQ berechnet wird. Anstatt in Richtung der Tidenberge auf der Erde-Mond-Achse zu fließen, bewegt sich das Wasser von ihnen weg. Quantitativ wäre der Effekt allerdings rund zwei Größenordnungen kleiner als es die FAQ nahe legen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Jan 2024 21:43    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Der wesentliche Effekt, mit dem der Ozean auf die Gezeitenbeschleunigung reagiert, ist tangentiales Fließen (siehe letzter FAQ-Beitrag)

Das ist zwar prinzipiell korrekt, aber die entscheidende Frage ist, wohin das Wasser fließt und das könnten wirklich die Erdgezeiten bestimmen.

Kein Widerspruch. Ich wollte lediglich darauf hinaus, dass sich unterschiedliche Wellentypen i.A. verschieden ausbreiten, und dass der Zusammenhang zwischen Tsunami- Gezeiten-"Wellen" etwas weit hergeholt scheint.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Die Frage ist jetzt, ob das nicht nur für eine stehende Welle, sondern auch für eine richtige - um die Erde herum laufende - Welle gilt.

Dann müssten ja andere Gleichungen gelten. Möglich wäre, dass eine einmal phasenverschobene Welle auch phasenverschoben bleibt.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 17. Jan 2024 00:36    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Dann müssten ja andere Gleichungen gelten.


Auf dem entscheidenden Punkt habe ich oben schon oft genug herum geritten: Die Erde ist nicht starr und rotationssymmetrisch. Deine Rechung basiert auf der Annahme, dass die Anpassung der Wasseroberfläche an die Äquipotentialfläche allein durch eine Höhenänderung der Wassersäule zustande kommt und die Erdgezeiten daran keinen Anteil haben. Tatsächlich ist es eher umgekehrt. Die Hebung und Senkung der kompletten Wassersäule mit den Erdgezeiten liefert den Hauptanteil. Die erforderliche Pegeländerung und damit die horizontalen Strömungen werden dann natürlich entsprechend kleiner. Wenn es tatsächlich zum oben genannten Überschwingen kommt, dann kehrt sich dieser Vorgang sogar um. Das können die Laplaceschen Gezeitengleichungen nicht abbilden, weil der entscheidende Effekt schon mit den Grundannahmen eliminiert wird.

Wir können ja mal überlegen, wie sich das korrigieren lässt. Zunächst einmal bräuchten wir ein passendes Modell für die Erdgezeiten und die müssten dann von subtrahiert werden. Damit hätten wir vielleicht schon den Vorzeichenwechsel beim Überschwingen. Außerdem müsste wahrscheinlich anstelle von verwendet werden, weil der Anteil der Erdgravitation nur bei einer kugelförmigen Erde verschwindet. Eventuell muss man auch die Corioliskraft anpassen. Wenn die vertikale Bewegung dominiert, dann sieht die schließlich ganz anders aus. Beim Rest sollten die Änderungen vernachlässigbar sein.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 17. Jan 2024 04:43    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Was ist mit "Erdgezeiten" gemeint? Die Deformation der Erdkruste?

Und die der darunter liegenden Schichten.

Im Gegensatz zu Wasser als inkompressibler, nahezu reibungsfreier Flüssigkeit muss man hier kompressible Flüssigkeiten oder elastische Festkörper ansetzten. Natürlich trifft das Modell des flachen Ozeans nicht zu, insbs. sind radiale Strömungen und daher das Heben und Senken der Erdkruste relevant.


Mir scheint im "einfachsten Modell" wird das vernachlässigt und nur die Wasserverteilung als verformbar angenommen?

TomS hat Folgendes geschrieben:

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Für eine Flachwasserwelle an der Erdoberfläche sieht die Sache natürlich ganz anders aus, aber wie die 90° zustande kommen sollen, erschließt sich mir auch nicht.

Stehen die 90° explizit irgendwo, oder werden von euch eher aus Pic 22 gefolgert?
In der Beschreibung steht "rather like" … Mit scheint, PIC21 und PIC22 bzw. PIC49 und PIC50 stehen eher symbolisch für eine Schwingung in und außer Phase, ohne dass PIC22 oder PIC50 die exakte Phasenverschiebung zeigen.


Das führt dann in dem Buch dazu, die Zeichnung mit 0° als falsch zu bezeichnen und durch eine andere falsche Zeichnung mit 90° zu ersetzen?


Ob die andere Zeichnung auf der Grundlage des betrachteten Modells + Ansatz sicher falsch ist, kann ich nicht entscheiden.
Ich stelle nur fest, dass ich im genannten Kapitel im Text keinen Zahlenwert einer Phasenverschiebung gefunden habe, sondern nur eine Begründung dafür, dass eine Phasenverschiebung vorliegt.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
In Remark 1.5.24 (1) geht der Autor bei einer sphärischen Wasserbedeckung einer Tiefe von 4km von einer Schwingungsdauer T_free von ungefähr 24 h aus, was laut (2) ungefähr der Laufzeit eines Tsunamis um die halbe Erde entspricht.

Das Bild des Tsunamis ist problematisch, da der Anregungsmechanismus nur für den Antrieb des Ozeans durch Erdgezeiten einigermaßen zutrifft, nicht für die Gezeitenbeschleunigung des Mondes auf den Ozean.

Der wesentliche Effekt, mit dem der Ozean auf die Gezeitenbeschleunigung reagiert, ist tangentiales Fließen (siehe letzter FAQ-Beitrag) bei Erdgezeiten dagegen zunächst radiales Heben. Dispersion und Phasenverschiebung von der einen auf die andere Situation zu übertragen, ist wohl nicht zulässig.


Im Moment scheint es mir, als habe George Biddell Airy die im Kapitel erwähnte Kanal-Theorie für Gezeiten entwickelt und die hat sich dann später als passend für Tsunamis erwiesen... Falls das stimmt, also eher umgekehrt.
Der hat übrigens ein längliches Essay zu Gezeiten und Wellen verfasst:

books.google.de/books?id=LUdInQEACAAJ&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Jan 2024 09:14    Titel: Antworten mit Zitat

@DrStupid -

Ich bestreite ja gar nicht, dass es diesen Effekt gibt.

Nochmal zu dem Missverständnis: wenn man Erdgezeiten integriert, wird das Wasser dadurch natürlich vertikal bewegt. Das ändert aber nichts daran, dass das vertikale Fließen nicht direkt durch die Gezeitenkraft des Mondes auf das Wasser folgt, sondern durch das Anheben des Bodens; das sind einfach zwei verschiedene Effekte. D.h. der radiale (vertikale) Anteil der Gezeitenkraft auf das Wasser darf immer noch Null gesetzt werden; für die Erde gilt dies natürlich nicht.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 17. Jan 2024 09:54    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das ändert aber nichts daran, dass das vertikale Fließen nicht direkt durch die Gezeitenkraft des Mondes auf das Wasser folgt, sondern durch das Anheben des Bodens


Davon abgesehen, dass da nichts fließt, wüsste ich nicht, wer jemals etwas anderes erwartet hätte.

TomS hat Folgendes geschrieben:
D.h. der radiale (vertikale) Anteil der Gezeitenkraft auf das Wasser darf immer noch Null gesetzt werden; für die Erde gilt dies natürlich nicht.


Das gilt nicht nur für die Gezeitenkraft und bei der Suche nach der Gleichgewichtslage auch für die Erde. Wie ich oben schon geschrieben habe, kann man die Äquipotentialfläche berechnen, indem man die tangentialen Kräfte im Schwerpunktsystem auf Null setzt. Die vertikalen Kräfte sind dabei egal. Man kann sie auch auf Null setzen oder einfach ignorieren.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18088

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Jan 2024 10:09    Titel: Antworten mit Zitat

Dann sind wir uns ja einig.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Das gilt … bei der Suche nach der Gleichgewichtslage auch für die Erde.

Es ist bei den dynamischen Gleichungen eine Annahme des 2-dim. Modells, ohne dass dadurch ein Gleichgewicht angenommen würde; dieses folgt nur in Spezialfällen, sicher jedoch nicht für die Kombination der Einflüsse Sonne, Mond, Erdrotation, wobei das 2-dim. Modell weiterhin sinnvoll bleibt (das ist aber Kein Widerspruch zu deiner Aussage, nur eine Anmerkung).

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Mechanik