RegistrierenRegistrieren   LoginLogin   FAQFAQ    SuchenSuchen   
Überlichtschnelle Informationsübertragung
Gehe zu Seite 1, 2  Weiter 
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Mechanik
Autor Nachricht
Stumpfname
Gast





Beitrag Stumpfname Verfasst am: 14. Aug 2014 23:04    Titel: Überlichtschnelle Informationsübertragung Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Angeblich folgt ja aus der Relativität der Gleichzeitigkeit, dass keine Information mit Überlichtgeschwindigkeit übertragen werden kann. Dieses Prinzip verstehe ich aber nur für bewegte Objekte (also genauer Materie), aber wenn Information übertragen wird, muss ja nicht zwangsläufig etwas bewegt werden. Sie ist ja schließlich nichts, was sich relativ zu einem Beobachter bewegen würde.

Meine Ideen:
Gibt es irgendein Gedanken Experiment, das mir helfen könnte?

Auf allen Seiten, die ich zu dem Thema durchstöbert habe, wurde immer nur die Relativitätstheorie selber erklärt und später ohne irgendeinen Kommentar auch auf Information bezogen.

Aber dass überlichtschnelle Informationsübertragung unmöglich ist, scheint ja in Kontroversen über die Quantenmechanik eine große Rolle zu spielen...
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Aug 2014 00:11    Titel: Antworten mit Zitat

Ein paar Anmerkungen:

Meines Erachtens schließt die RT nicht prinzipiell Überlichtgeschwindigkeit aus sondern schränkt diese lediglich ein bzw. weist auf mögliche Inkonsistenzen hin.

Eine gewöhnliches, massebehaftetes Objekt kann nicht auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden, da dazu unendliche Energie notwendig wäre. Allerdings könnten theoretisch Objekte existieren, die sich immer mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen (Tachyonen). Diese würden jedoch zu Zeitreisen bzw. zu Kausalitätsverletzungen führen (es gibt jedoch Lösungen der ART mit geschlossenen zeitartigen Kurven, die auf das selbe Problem führen, d.h. die ART ist nicht gegen derartige Probleme immun).

Informationsübertragung muss doch immer mit einer irgendwie gearteten Energieübertragung verbunden sein. Wie sähe eine Informationsübertragung ohne ein irgendwie geartetes energiebehaftetes Signal aus? Was wäre der Träger der Information?

M.W.n. gibt es keine Kontroverse zur QM, bei der Überlichtgeschwindigkeiten bzgl. Signalübertragung eine Rolle spielen würden.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Ich



Anmeldungsdatum: 11.05.2006
Beiträge: 913
Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 15. Aug 2014 16:26    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Meines Erachtens schließt die RT nicht prinzipiell Überlichtgeschwindigkeit aus sondern schränkt diese lediglich ein bzw. weist auf mögliche Inkonsistenzen hin.
Diese Inkonsistenzen sind aber ausreichend inkonsisten, Überlichtgeschwindigkeit auszuschließen.
Stumpfname hat Folgendes geschrieben:
Gibt es irgendein Gedanken Experiment, das mir helfen könnte?
Man kann relativ einfach zeigen, dass man bei Überlichtgeschwindigkeit die Reihenfolge von Ursache und Wirkung umkehren kann. Du schickst ein Signal entlang deiner Gleichzeitigkeitslinie zu einem bewegten Beobachter, und der schickt es entlang seiner Gleichzeitigkeit zurück. Musst du dir als Diagramm aufmalen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Aug 2014 17:09    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Meines Erachtens schließt die RT nicht prinzipiell Überlichtgeschwindigkeit aus sondern schränkt diese lediglich ein bzw. weist auf mögliche Inkonsistenzen hin.
Diese Inkonsistenzen sind aber ausreichend inkonsisten, Überlichtgeschwindigkeit auszuschließen.

Ja, aber die ART lässt explizit geschlossene zeitartige Kurven zu.

Es existiert die sogenannte "chronological protection conjecture", derzufolge derartige Lösungen prinzipiell ausgeschlossen sein müssen. Allerdings haben wir heute keine Theorie, die dies leistet; insbs. nicht die ART.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Aug 2014 17:43    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Meines Erachtens schließt die RT nicht prinzipiell Überlichtgeschwindigkeit aus sondern schränkt diese lediglich ein bzw. weist auf mögliche Inkonsistenzen hin.
Diese Inkonsistenzen sind aber ausreichend inkonsisten, Überlichtgeschwindigkeit auszuschließen.

Ja, aber die ART lässt explizit geschlossene zeitartige Kurven zu.


Geschlossene zeitartige Kurven sind aber eigentlich nicht überlichtschnell.

Zitat:

Es existiert die sogenannte "chronological protection conjecture", derzufolge derartige Lösungen prinzipiell ausgeschlossen sein müssen. Allerdings haben wir heute keine Theorie, die dies leistet; insbs. nicht die ART.


Wozu braucht man denn sowas?
Stumpfname
Gast





Beitrag Stumpfname Verfasst am: 15. Aug 2014 18:22    Titel: Antworten mit Zitat

Sorry, aber ich verstehe das immer noch nicht. grübelnd
Kann einer vielleicht ein Minkowski-Diagramm dazu posten?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Aug 2014 20:15    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Geschlossene zeitartige Kurven sind aber eigentlich nicht überlichtschnell.

Stimmt, entlang dieser Kurven gilt v < c. Aber sie führen letztlich zu den selben Paradoxien wie raumartige Kurven mit v > c.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Es existiert die sogenannte "chronological protection conjecture", derzufolge derartige Lösungen prinzipiell ausgeschlossen sein müssen. Allerdings haben wir heute keine Theorie, die dies leistet; insbs. nicht die ART.


Wozu braucht man denn sowas?

Um Paradoxien zu vermeiden.

Bekanntestes Beispiel: du reist entlang einer derartigen Kurve in die Vergangenheit deiner Eltern und bringst diese um, bevor du geboren wurdest. Wenn du nicht geboren wurdest, kannst du aber später nicht in die Vergangenheit reisen und deine Eltern umbringen. Also wirst du geboren. usw usw ...

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Aug 2014 20:22    Titel: Antworten mit Zitat

Stumpfname hat Folgendes geschrieben:
Sorry, aber ich verstehe das immer noch nicht. ?(
Kann einer vielleicht ein Minkowski-Diagramm dazu posten?


was besseres hab' ich nicht gefunden

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/1/15/Minkowski_diagram_-_time_travel.svg/220px-Minkowski_diagram_-_time_travel.svg.png

Das Signal läuft von 0 nach A und zu B; B liegt aber in der Vergangenheit von 0.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Aug 2014 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Geschlossene zeitartige Kurven sind aber eigentlich nicht überlichtschnell.

Stimmt, entlang dieser Kurven gilt v < c. Aber sie führen letztlich zu den selben Paradoxien wie raumartige Kurven mit v > c.


Allerdings geht es Stumpfname ja um Informationsübertragung mit Überlichtgeschwindigkeit...

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Es existiert die sogenannte "chronological protection conjecture", derzufolge derartige Lösungen prinzipiell ausgeschlossen sein müssen. Allerdings haben wir heute keine Theorie, die dies leistet; insbs. nicht die ART.


Wozu braucht man denn sowas?

Um Paradoxien zu vermeiden.

Bekanntestes Beispiel: du reist entlang einer derartigen Kurve in die Vergangenheit deiner Eltern und bringst diese um, bevor du geboren wurdest. Wenn du nicht geboren wurdest, kannst du aber später nicht in die Vergangenheit reisen und deine Eltern umbringen. Also wirst du geboren. usw usw ...


Ich kann auf einer geschlossenen zeitartigen Kurve nicht in die Vergangenheit reisen (bzw. entweder reise ich immer in die Vergangenheit oder niemals). Wenn meine Raumzeitgeschwindigkeit in jedem durchlaufenen Ereignis im Zukunftslichtkegel liegt, reise ich auch immer nur in die Zukunft.

Auf einer geschlossenen Kurve durchlaufe ich außerdem immer dieselbe Menge von Ereignissen. Wenn ich irgendein Ereignis darauf verhindern könnte, wäre die Kurve nicht mehr geschlossen. Auf geschlossenen zeitartigen Kurven kann also m.E. der Verlauf, den du beschreibst gar nicht stattfinden. Ich verstehe schon, daß es seltsam und schwer vorstellbar ist, daß ein und dasselbe Ereignis für einen Beobachter sowohl vor als auch nach einem (sogar jedem) anderen Ereignis stattfindet, aber paradox, im Sinne von logisch irgendwie problematisch, finde ich das nicht. Wenn es übrigens schwerwiegende logische Probleme mit solchen Lösungen gäbe, wäre dies Grund genug sie auszuschließen, dann bräuchte ich kein Zusatzprinzip. Man würde sie wahrscheinlich nicht mal als legitime Lösungen betrachten.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Aug 2014 21:24    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Allerdings geht es Stumpfname ja um Informationsübertragung mit Überlichtgeschwindigkeit.

Richtig. Beides muss aus Konsistenzgründen ausgeschlossen werden. Und für beides leistet die ART alleine dies nicht!

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich kann auf einer geschlossenen zeitartigen Kurve nicht in die Vergangenheit reisen ... Wenn meine Raumzeitgeschwindigkeit in jedem durchlaufenen Ereignis im Zukunftslichtkegel liegt, reise ich auch immer nur in die Zukunft.

Das ist nicht korrekt. Lokal ist die Kurve immer zeitartig gerichtet, liegt also innerhalb des eigenen Vorwärtslichtkegels. Global ist sie jedoch geschlossen.

Daher reist du lokal in die Zukunft, global jedoch in deine eigene Vergangenheit.

Es ist relativ einfach, eine Pseudo-Riemannschen Mannigfaltigkeit zu konstruieren, die derartige Kurven zulässt. Viel schwieriger ist es, sie so zu konstruieren, dass sie auch eine Lösung der ART darstellt. Es gibt jedoch Beispiele, also Lösungen der ART, die zeigen, dass dies tatsächlich möglich ist, und die dementsprechend derartige Kurven enthalten:

http://en.m.wikipedia.org/wiki/Closed_timelike_curve
http://www.math-inst.hu/pub/algebraic-logic/godunivisu-revised.pdf

[Die ART stellt hier lediglich einen geometrischen Rahmen bereit. Die tatsächlichen Ereignisse, Vorgänge und Prozesse müssten jedoch durch andere Theorien (Feldtheorien oder Quantenfeldtheorien) beschrieben werden.]

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Aug 2014 22:12    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Allerdings geht es Stumpfname ja um Informationsübertragung mit Überlichtgeschwindigkeit.

Richtig. Beides muss aus Konsistenzgründen ausgeschlossen werden. Und für beides leistet die ART alleine dies nicht!


Ich sehe im Augenblick noch keine Konsistenzprobleme bei geschlossenen zeitartigen Kurven. Bei überlichtschneller Energieübertragung sieht es da m.E. schon anders aus. Deren Verbot leistet die ART vielleicht nicht alleine, aber schon im Verbund mit den Gleichungen, die das Verhalten der energieübertragenden Felder beschreiben. Und wie gesagt "Konsistenz" reicht normalerweise als Prinzip zur Selektion brauchbarer Lösungen ja schon aus. Wozu braucht man noch ein zusätzliches Prinzip?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich kann auf einer geschlossenen zeitartigen Kurve nicht in die Vergangenheit reisen ... Wenn meine Raumzeitgeschwindigkeit in jedem durchlaufenen Ereignis im Zukunftslichtkegel liegt, reise ich auch immer nur in die Zukunft.

Das ist nicht korrekt. Lokal ist die Kurve immer zeitartig gerichtet, liegt also innerhalb des eigenen Vorwärtslichtkegels. Global ist sie jedoch geschlossen.


Ich glaube, du siehst einen Widerspruch wo keiner ist. Eine zeitartige Kurve kann sowohl geschlossen sein und trotzdem stets in die Zukunft führen. Zumindest gibt es m.W. Raumzeiten mit geschlossenen zeitartigen Kurven, die zeitorientierbar sind. Das Gödel-Universum ist, glaube ich, so ein Fall. Ich reise also stetig, an jedem Punkt, immer in die Zukunft. Nur weil ich dabei ein Ereignis erreiche, an dem ich früher schon mal war, heißt das nicht, daß ich in die Vergangenheit gereist bin. Ich werde auch in Zukunft dieses Ereignis wieder erreichen. Du könntest also genauso gut behaupten ich sei in die Zukunft gereist.

Zitat:

Daher reist du lokal in die Zukunft, global jedoch in deine eigene Vergangenheit.


Nein. Woran du hier scheinbar denkst, sind nicht-zeitorientierbare Raumzeiten. Darin gibt es keine global gültige Unterscheidung zwischen Zukunft und Vergangenheit. Das ist aber m.E. unabhängig von der Existenz geschlossener zeitartiger Kurven.

Aber abgesehen davon sehe ich noch nicht, wo nun die Konsistenzprobleme auftreten sollen. Wenn du behauptest, ich könnte verhindern ein bestimmtes Ereignis wieder und wieder zu durchlaufen, sprichst du nicht mehr von geschlossenen Kurven. Also welche Inkonsistenzen du auch immer siehst, geschlossene zeitartige Kurven können nicht daran schuld sein.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Aug 2014 23:20    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nur weil ich dabei ein Ereignis erreiche, an dem ich früher schon mal war, heißt das nicht, daß ich in die Vergangenheit gereist bin.

Zunächst mal rein geometrisch:

1) Du startest an einem Punkt A der Raumzeit. Dieser habe einen Vergangenheitslichtkegel LC(A,-). In diesem liege ein Punkt B. D.h. umgangssprachlich formuliert "liegt B in der Vergangenheit von A".

2) Deine Reise führt entlang entlang einer zukunftsgerichteten, rein zeitartigen Kurve. D.h. dass für jeden Punkt C auf der Kurve die Tangente innerhalb des Vorwärtslichtkegels LC(C,+) liegt. D.h. ein entsprechend der Eigenzeit später durchlaufener Punkt C' liegt in der Zukunft eines früher durchlaufenen Punktes C.

3) Auf deiner Reise erreichst zu zuletzt den Punkt B. Gemäß (1) liegt dieser in der Vergangenheit von A. Gemäß (2) liegt er jedoch auch in der Zukunft von (A). In diesem Sinne bist du tatsächlich "ausgehend von A in die Vergangenheit von A gereist".

Das alleine ist reine Geometrie und daher noch nicht widersprüchlich.

Problematisch wird es, wenn du tatsächlich Handlungen durchführst. Z.B. bezeichne A den tatsächlichen Start der Rakete, B den Moment in dem du die Rakete besteigst. Nun kannst du jedoch nach der Reise (2) in B ankommen und dich und die Rakete zerstören, so dass der Start (A) nicht stattfindet.

(Diese Handlungen sind jedoch nicht Gegenstand der ART, sondern anderer Theorien)

In diesem Sinne führt die Zeitreise entlang einer geschlossenen zeitartigen, lokal zukunftsgerichteten Kurve verbunden mit bestimmten Handlungen zu genau den selben Problemen wie analoge Überlegungen zur Überlichtgeschwindigkeit.

(Bitte verstehe in der Argumentation von (1) - (3) den Begriff "Ereignis" rein geometrisch, so wo im Sprachgebrauch der ART üblich)

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe im Augenblick noch keine Konsistenzprobleme bei geschlossenen zeitartigen Kurven. Bei überlichtschneller Energieübertragung sieht es da m.E. schon anders aus.

Das läuft letztlich auf's selbe raus.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Und wie gesagt "Konsistenz" reicht normalerweise als Prinzip zur Selektion brauchbarer Lösungen ja schon aus. Wozu braucht man noch ein zusätzliches Prinzip?

Spätestens bei der Quantisierung ist es doch so, dass alle mathematisch zulässigen Lösungen beitragen.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Aug 2014 07:18    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Gemäß (1) liegt dieser in der Vergangenheit von A. Gemäß (2) liegt er jedoch auch in der Zukunft von (A). In diesem Sinne bist du tatsächlich "ausgehend von A in die Vergangenheit von A gereist".


Ich finde es nicht sinnvoll den Begriff Vergangenheit auf ein Ereignis anzuwenden, das sowohl in seiner eigenen Vergangenheit als auch in seiner eigenen Zukunft liegt. Wieso betonst du, daß ich schon mal bei A war, nicht das ich später wieder bei A sein werde und in diesem Sinne "ausgehend von A in die Zukunft von A gereist" bin? Ich finde es sinnvoller von einer Reise in die Vergangenheit zu sprechen, wenn ich eine in die Vergangenheit weisende Geschwindigkeit habe. Aber ok, dann war das nur ein Mißverständnis.

Zitat:

Das alleine ist reine Geometrie und daher noch nicht widersprüchlich.

Problematisch wird es, wenn du tatsächlich Handlungen durchführst. Z.B. bezeichne A den tatsächlichen Start der Rakete, B den Moment in dem du die Rakete besteigst. Nun kannst du jedoch nach der Reise (2) in B ankommen und dich und die Rakete zerstören, so dass der Start (A) nicht stattfindet.

(Diese Handlungen sind jedoch nicht Gegenstand der ART, sondern anderer Theorien)


"Rein geometrisch" ist das auf einer geschlossenen Kurve unmöglich. Jedes Ereignis führt dort unmittelbar immer zu denselben benachbarten Ereignissen. Mehr sage ich doch nicht. Jede Lösung von "anderen Theorien" muß in diesem Sinne natürlich ebenfalls konsistent sein. Ein Feld darf also z.B. nicht von A nach A propagieren und dann plötzlich einen anderen Wert haben. Dadurch fallen vielleicht einige Lösungen, sagen wir der Maxwell Gleichungen, die man sonst naiv lokal hinschreiben könnte aus topologischen Gründen weg. Meinst du es so? Ich könnte mir sogar vorstellen, daß alle Lösungen wegfallen außer der Vakuumlösung. Das heißt aber nur, daß das Universum leer ist. Ich muß nicht ein ganzes Universum aus Konsistenzgründen wegschmeißen nur weil nicht alle oder nur triviale Lösungen von bestimmten Feldgleichungen darauf existieren.

Zitat:

(Bitte verstehe in der Argumentation von (1) - (3) den Begriff "Ereignis" rein geometrisch, so wo im Sprachgebrauch der ART üblich)


Ich dachte, das hätte ich die ganze Zeit getan. Deswegen wundere ich mich auch über deine Argumentation oben. Für mich hört sich das so an: "Es gibt nicht-periodische Funktionen. Deshalb muß ein Kreis aus Konsistenzgründen ausgeschlossen werden, da nicht-periodische Funktionen darauf mehrdeutig wären." Ein Kreis ist aber nicht inkonsistent. Er erlaubt eben einfach nur periodische Funktionen.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Und wie gesagt "Konsistenz" reicht normalerweise als Prinzip zur Selektion brauchbarer Lösungen ja schon aus. Wozu braucht man noch ein zusätzliches Prinzip?

Spätestens bei der Quantisierung ist es doch so, dass alle mathematisch zulässigen Lösungen beitragen.


Die mathematisch zulässigen haben aber auch keine Konsistenzprobleme.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2014 09:14    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Gemäß (1) liegt dieser in der Vergangenheit von A. Gemäß (2) liegt er jedoch auch in der Zukunft von (A). In diesem Sinne bist du tatsächlich "ausgehend von A in die Vergangenheit von A gereist".


Ich finde es nicht sinnvoll den Begriff Vergangenheit auf ein Ereignis anzuwenden, das sowohl in seiner eigenen Vergangenheit als auch in seiner eigenen Zukunft liegt.


B liegt - und das habe ich ausführlich erklärt - sowohl im Zukunfts- als auch im Vergangenheitslichtkegel von A. Das ist nunmal die Definition im Rahmen der ART - die habe ich mir nicht selbst ausgedacht.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
"Rein geometrisch" ist das auf einer geschlossenen Kurve unmöglich.

Geometrisch ist es eben gerade nicht unmöglich.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ein Feld darf also z.B. nicht von A nach A propagieren und dann plötzlich einen anderen Wert haben. Dadurch fallen vielleicht einige Lösungen, sagen wir der Maxwell Gleichungen, die man sonst naiv lokal hinschreiben könnte aus topologischen Gründen weg.

Darauf läuft es raus.

http://en.m.wikipedia.org/wiki/Cauchy_surface
http://en.m.wikipedia.org/wiki/Causality_conditions
http://en.m.wikipedia.org/wiki/Globally_hyperbolic_manifold

Z.B. ist m.E. i.A. nicht möglich, einen Hamiltonschen Formalismus und einen Zeitentwicklungsoperator widerspruchsfrei zu definieren. Wenn man also eine Hamiltonsche Formulierung zur Konstruktion einer Theorie voraussetzt (was die ART nicht tut, jedoch einige Theorien zur QG), dann schließt man pathologische Lösungen per Konstruktion aus. Allerdings ist kein dahinterliegendes physikalisches Prinzip erkennbar.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Aug 2014 10:07    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Gemäß (1) liegt dieser in der Vergangenheit von A. Gemäß (2) liegt er jedoch auch in der Zukunft von (A). In diesem Sinne bist du tatsächlich "ausgehend von A in die Vergangenheit von A gereist".


Ich finde es nicht sinnvoll den Begriff Vergangenheit auf ein Ereignis anzuwenden, das sowohl in seiner eigenen Vergangenheit als auch in seiner eigenen Zukunft liegt.


B liegt - und das habe ich ausführlich erklärt - sowohl im Zukunfts- als auch im Vergangenheitslichtkegel von A. Das ist nunmal die Definition im Rahmen der ART - die habe ich mir nicht selbst ausgedacht.


Sage ich doch: B liegt sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft von A. Trotzdem behauptest du ich sei in die Vergangenheit, und nicht in die Zukunft gereist, obwohl meine Kurve in jedem Ereignis zukunftsgerichtet ist. Dazu zwingt dich keine ART-Definition. Es gibt eben in solchen Raumzeiten keinen Begriff von absoluter Zukunft und absoluter Vergangenheit eines Ereignisses, im Gegenssatz zur Minkowski-Raumzeit.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
"Rein geometrisch" ist das auf einer geschlossenen Kurve unmöglich.

Geometrisch ist es eben gerade nicht unmöglich.


Geschlossene Kurven sind geometrisch möglich. Die Folge von Ereignissen, die du auf ihnen stattfinden lassen willst aber nicht. Das schließt zwar dein Szenario aus Konsistenzgründen aus, ist aber kein Problem der geschlossenen Kurve.

Zitat:

Z.B. ist m.E. i.A. nicht möglich, einen Hamiltonschen Formalismus und einen Zeitentwicklungsoperator widerspruchsfrei zu definieren. Wenn man also eine Hamiltonsche Formulierung zur Konstruktion einer Theorie voraussetzt (was die ART nicht tut, jedoch einige Theorien zur QG), dann schließt man pathologische Lösungen per Konstruktion aus. Allerdings ist kein dahinterliegendes physikalisches Prinzip erkennbar.


Benötigt man ein physikalisches Prinzip um nichtperiodische Funktionen auf dem Kreis auszuschließen? Solche Funktionen existieren dort gar nicht. Andererseits sehe ich keinen Grund von den Funktionen, die dort existieren irgendwelche von vornherein auszuschließen. So oder so nützt mir doch ein Ausschlußprinzip hier nichts.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2014 10:32    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
B liegt sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft von A. Trotzdem behauptest du ich sei in die Vergangenheit, und nichtin die Zukunft gereist,

Das stimmt nicht. Ich sage nirgendwo, du seiest nicht in die Zukunft gereist:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Daher reist du lokal in die Zukunft, global jedoch in deine eigene Vergangenheit



index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die Folge von Ereignissen, die du auf ihnen stattfinden lassen willst aber nicht.

Du verstehst den Begriff "Ereignis" nach wie vor falsch. Evtl. habe ich ihn aber auch zu sorglos verwendet. Geometrisch bezeichnet "Ereignis" nicht etwas wie "die Explosion der Rakete" sondern lediglich einen definierten Ort in der Raumzeit: Wikipedia (und Lehrbücher) schreiben in etwa folgendes "... the concept of spacetime combines space and time to a single abstract universe. Mathematically it is a manifold consisting of events ..." Also pure Geometrie.


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Benötigt man ein physikalisches Prinzip um nichtperiodische Funktionen auf dem Kreis auszuschließen? Solche Funktionen existieren dort gar nicht. Andererseits sehe ich keinen Grund von den Funktionen, die dort existieren irgendwelche von vornherein auszuschließen. So oder so nützt mir doch ein Ausschlußprinzip hier nichts.

Der Vergleich hinkt. Im Gegensatz zu den nicht-periodischen Funktionen auf dem Kreis existieren geschlossene zeitartige Kurven im Rahmen der ART. Diese führen potentiell zu Inkonsistenzen (das ist jedenfalls die Ansicht der Experten). Demzufolge erwarten wir, dass ein physikalisches Prinzip existiert, demzufolge eine erweiterte, modifizierte oder umfassende Theorie diese potentiellen Inkonsistenzen eliminiert. Bei der "cosmological protection conjecture" handelt es sich ebenso wie z.B. bei der "cosmic censorship" um den Wunsch, zu verstehen, wie die Theorie sozusagen selbstkonsistenten wird. Bisher verstehen wir das noch nicht ausreichend.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Aug 2014 11:02    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
B liegt sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft von A. Trotzdem behauptest du ich sei in die Vergangenheit, und nichtin die Zukunft gereist,

Das stimmt nicht. Ich sage nirgendwo, du seiest nicht in die Zukunft gereist.


Du sagst aber auch nicht ich sei (global von mir aus) in die Zukunft gereist. ;-) Ich meinte nur Du könntest sowohl das eine wie das andere mit gleichem Recht behaupten. Das ist m.E. der Grund warum keine der Aussagen besonders sinnvoll ist, aber wenn ich mich für eine entscheiden müßte, würde ich sagen ich bin in die Zukunft gereist, einfach auf Basis der Tatsache, daß ich mich an jedem Ereignis in den Vorwärtslichtkegel bewegt habe.

Zitat:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Daher reist du lokal in die Zukunft, global jedoch in deine eigene Vergangenheit


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die Folge von Ereignissen, die du auf ihnen stattfinden lassen willst aber nicht.

Du verstehst den Begriff "Ereignis" nach wie vor falsch. Evtl. habe ich ihn aber auch zu sorglos verwendet. Geometrisch bezeichnet "Ereignis" nicht etwas wie "die Explosion der Rakete" sondern lediglich einen definierten Ort in der Raumzeit: Wikipedia (und Lehrbücher) schreiben in etwa folgendes "... the concept of spacetime combines space and time to a single abstract universe. Mathematically it is a manifold consisting of events ..." Also pure Geometrie.


Über die geometrischen Verhältnisse und die Bedeutung der Begriffe sind wir uns glaube ich einig. Du hast aber ein konkretes Szenario beschrieben, welches im Rahmen "anderer Theorien", wie den Maxwellgleichungen ausformuliert werden muß. Diese Szenario beinhaltet, daß bestimmte Felder an bestimmten Ereignissen x bestimmte Werte A(x) haben. Nur dieses von Dir beschriebene Szenario ist inkonsistent. (Denn es gilt A(x) ungleich A(x), also ist A mehrdeutig.) Ich habe salopp von dem "Ereignis" A(x) gesprochen anstatt von dem Wert des Feldes A am Ereignis x. In diesem Sinne war mein Einwand zu verstehen.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Benötigt man ein physikalisches Prinzip um nichtperiodische Funktionen auf dem Kreis auszuschließen? Solche Funktionen existieren dort gar nicht. Andererseits sehe ich keinen Grund von den Funktionen, die dort existieren irgendwelche von vornherein auszuschließen. So oder so nützt mir doch ein Ausschlußprinzip hier nichts.

Der Vergleich hinkt. Im Gegensatz zu den nicht-periodischen Funktionen auf dem Kreis existieren geschlossene zeitartige Kurven im Rahmen der ART.


Jetzt hast du die Analogie falsch verstanden. Der Kreis ist analog zur zeitartigen geschlossenen Kurve in der Raumzeit. Beide existieren. Dein Szenario im Rahmen der "anderen Theorien" ist analog zur nichtperiodischen Funktion auf dem Kreis. Beide existieren nicht.

Deine Logik, so wie ich sie verstanden habe, suggerierte nun, daß die Nichtexistenz bestimmter Lösung (der Maxwell-Gl. z.B.) ein Konsistenzproblem von Raumzeiten mit geschlossenen zeitartigen Kurven sei, obwohl du wahrscheinlich nicht behaupten würdest, die Existenz von nichtperiodischen Funktionen (auf R, z.B.) sei ein Konsistenzproblem des Kreises. Das ergibt keinen Sinn für mich.

Zitat:

Diese führen potentiell zu Inkonsistenzen (das ist jedenfalls die Ansicht der Experten). Demzufolge erwarten wir, dass ein physikalisches Prinzip existiert, demzufolge eine erweiterte, modifizierte oder umfassende Theorie diese potentiellen Inkonsistenzen eliminiert.


Wie sollen denn "potentielle" Inkonsistenzen eliminiert werden? Egal von welcher wie auch immer perfekt konsistenten Theorie ich ausgehe, ich kann immer sagen: "Und dann gibt es da ein Feld, das macht dies und gleichzeitig was anderes." Schon habe ich wieder eine Inkonsistenz, die genauso konstruiert wurde wie die in deinem Szenario. Sowas muß man nicht durch ein zusätzliches physikalisches Prinzip ausschließen, sondern dadurch, daß man globale topologische Eigenschaften der Raumzeit berücksichtigt und schaut, daß man nicht versucht eine Lösung zu konstruieren, die in der betrachteten Raumzeit gar nicht existiert.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2014 12:11    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du sagst aber auch nicht ich sei (global von mir aus) in die Zukunft gereist. ;-) Ich meinte nur Du könntest sowohl das eine wie das andere mit gleichem Recht behaupten.

Da die Mathematik hier eindeutig ist, wir jedoch immer noch diskutieren, muss es wohl an der Sprache liegen; und dann können wir das doch beenden, oder?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du hast aber ein konkretes Szenario beschrieben, welches im Rahmen "anderer Theorien", wie den Maxwellgleichungen ausformuliert werden muß. Diese Szenario beinhaltet, daß bestimmte Felder an bestimmten Ereignissen x bestimmte Werte A(x) haben ...

Alles Ok, was du schreibst.

Nur eine Kleinigkeit:

1) In einer vier-dim., kovarianten Formulierung müsste man z.B. ausgehend von den Einstein-Maxwell-Gleichungen versuchen, eine gemeinsame Lösung des Elektromagnetismus plus der ART zu finden, wobei letztere wieder zu geschlossenen zeitartigen Kurven führen kann. Gelingt dies, ist die Lösung also global existent und eindeutig, so ist das Szenario konsistent.

2) In einer drei-dim. Hamiltonschen Formulierung musst du zunächst Felder (Metrik + el.-mag.) auf einer raumartigen drei-dim. Cauchy-Fläche festlegen. Für eine Metrik mit geschlossenen zeitartigen Kurven existiert jedoch keine derartige Cauchy-Fläche. D.h. nicht, dass der Ansatz nicht funktioniert; er funktioniert sehr wohl, allerdings kann er prinzipbedingt derartige Lösungen gar nicht produzieren.

D.h. dass die lokal streng äquivalenten Formalismen (1) und (2) global nicht-äquivalent sind; die Lösungsmenge von (2) ist echt kleiner als die von (1). Ursache dafür ist die in (2) notwendige globale Hyperbolizität. Die Frage ist nun, ob aus einem physikalischen Prinzip mathematische Annahmen wie die von (2) folgen können.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sowas muß man nicht durch ein zusätzliches physikalisches Prinzip ausschließen, sondern dadurch, daß man globale topologische Eigenschaften der Raumzeit berücksichtigt und schaut, daß man nicht versucht eine Lösung zu konstruieren, die in der betrachteten Raumzeit gar nicht existiert.

In der Praxis kann und darf man ja nicht zuerst die Raumzeit konstruieren, und anschließend darauf die Lösung einer weiteren Theorie konstruieren. Beide Schritte sind untrennbar verbunden.

D.h. die zentrale Frage ist doch, ob A) Raumzeiten plus die darauf existierenden Felder in einer Form existieren, die geschlossene zeitartige Kurven enthält, wobei die Felder natürlich global definiert, eindeutig und konsistent sein müssen - oder ob es B) ein physikalisches Prinzip gibt, das diese Lösungen vollständig ausschließt.

Je nach mathematischen Ansatz (1) oder (2) wird man zu (A) oder (B) tendieren. Aber es sollte doch eigtl. umgekehrt sein: dass man sich aus physikalischen Gründen für (1) oder (2) entscheidet. Unabhängig von eher philosophischen Fragestellungen ist die Fragestellung jedenfalls ein ernstzunehmendes Thema in der mathematischen Physik.

Anyway - die eigtl. Frage war ja die nach Überlichtgeschwindigkeit. Und meine Aussage war, dass die ART alleine weder dazu, noch zu anderen Formen der "paradoxen Signalübertragung" eine Aussage machen kann. Auch die Propagation von Feldern auf der Raumzeit ist keine Aussage der ART. Tachyonen sind zunächst mit der ART verträglich, scheinen jedoch (im Rahmen der Stringtheorie) auf ein fundamentales Probleme bei der Quantisierung hinzuweisen; wiederum eine Aussage jenseits der ART.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 16. Aug 2014 12:27, insgesamt einmal bearbeitet
Stumpfname



Anmeldungsdatum: 16.08.2014
Beiträge: 3

Beitrag Stumpfname Verfasst am: 16. Aug 2014 12:27    Titel: Antworten mit Zitat

Ahhhh, das hab ich gebraucht:

https://www.youtube.com/watch?v=wDwXOH16USg

Schön ausführlich erklärt, auf Wikipedia hab ich es nie wirklich verstanden. Danke für eure Antworten aber trotzdem.

Ich hatte eigentlich gehofft folgendes Problem mit Überlichtgeschwindigkeit würde sich auflösen, wenn ich erstmal die Problematik der Überlichtgeschwindigkeit verstanden hätte, tut es aber nicht:

Es geht dabei um Raumkrümmung durch potenzielle Energie, ein Bild sagt mehr als tausend Worte:

http://s7.directupload.net/images/140816/mxoa8oha.png
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2014 12:37    Titel: Antworten mit Zitat

Stumpfname hat Folgendes geschrieben:
Ich hatte eigentlich gehofft folgendes Problem mit Überlichtgeschwindigkeit würde sich auflösen, wenn ich erstmal die Problematik der Überlichtgeschwindigkeit verstanden hätte, tut es aber nicht:

Es geht dabei um Raumkrümmung durch potenzielle Energie, ein Bild sagt mehr als tausend Worte:

http://s7.directupload.net/images/140816/mxoa8oha.png

Sorry, nein, das Bild sagt mir leider gar nichts. Ich sehe da kein Problem :-(

Zunächst mal betrachtest du überlichtschnelle Signalübertragung in der SRT. Dazu benötigst du das Konzept des Minkowski-Diagramms bzw. des Lichtkegels. Das hast du verstanden - gut.

Jetzt führst du LASER und potentielle Energien ein; ich sehe nicht, was das ändern sollte.

Wenn du eine (in sehr guter Näherung) flache Raumzeit hast, dann gilt die SRT. Das kannst du bereits mit dem Lichtkegel analysieren. Wenn die Raumzeit stärker gekrümmt ist, dann benötigst du die ART und der Begriff der potentiellen Energie ist nicht mehr anwendbar. Dennoch gilt lokal (also in einer genügend kleinen Umgebung, in der sich die Krümmung nicht bemerkbar macht) wieder die SRT. D.h. bzgl. Überlichtgeschwindigkeiten unterscheidet sich die ART mit Raumkrümmung lokal in Nichts von der SRT ohne Raumkrümmung. Der Unterschied wird erst global relevant.

Kannst du dein Problem noch mal schildern?

PS.: sorry für die abweichende Diskussion in deinem Thread.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Aug 2014 13:04    Titel: Antworten mit Zitat

Klar ich rede strenggenommen immer von der simultanen Lösung der Einsteinschen und aller anderen Feldgleichungen. Oder von einer Näherung mit schwachen Feldern, in der man die Rückwirkung auf die Metrik vernachlässigen kann. Der Unterschied spielt in der Diskussion nicht wirklich eine Rolle und zu streng darf man das auch nicht sehen, sonst wären schon Testteilchen in der Schwarzschildlösung (T_mn = 0) inkonsistent.

TomS hat Folgendes geschrieben:

D.h. dass die lokal streng äquivalenten Formalismen (1) und (2) global nicht-äquivalent sind; die Lösungsmenge von (2) ist echt kleiner als die von (1). Ursache dafür ist die in (2) notwendige globale Hyperbolizität. Die Frage ist nun, ob aus einem physikalischen Prinzip mathematische Annahmen wie die von (2) folgen können.


Irgendwie ist mir immer noch nicht klar, was so ein Prinzip leisten soll. Unter (2) steht keine Annahme, die ich rechtfertigen müßte, sondern, wenn ich das richtig sehe, eine Methode zur Lösung der Feldgleichungen. Es ist doch aber klar, daß jede solcher Lösungen global gültig und konsistent sein muß. Lokale Lösungen bringen nichts, also ist auch egal, ob zwei Formalismen lokal äquivalent sind. Ich muß immer in der Lage sein, meine lokalen Lösungen zu einer globalen Lösung zusammenzukleben.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sowas muß man nicht durch ein zusätzliches physikalisches Prinzip ausschließen, sondern dadurch, daß man globale topologische Eigenschaften der Raumzeit berücksichtigt und schaut, daß man nicht versucht eine Lösung zu konstruieren, die in der betrachteten Raumzeit gar nicht existiert.

In der Praxis kann und darf man ja gar keine Raumzeit konstruieren, und anschließend darauf die Lösung einer weiteren Theorie konstruieren. Beide Schritte sind untrennbar verbunden.


Naja, als Näherung geht das schon mal. Und gerade in der Praxis würde es mich wundern, wenn man mehr als Näherungen für simultane nichttriviale Lösungen von Maxwell und Einsteingl hinbekommt. Spielt aber wie gesagt hier m.E. keine Rolle.

Zitat:

D.h. die zentrale Frage ist doch, ob Raumzeiten plus die darauf existierenden Felder in einer Form existieren, die geschlossene zeitartige Kurven enthält, wobei die Felder natürlich global definiert, eindeutig und konsistent sein müssen - oder ob es ein physikalisches Prinzip gibt, das diese Lösungen vollständig ausschließt.


Wie gesagt, ich finde das eine merkwürdige Forderung. Wenn ART+Maxwell etc. keine simultanen Lösungen mit Zeitschleifen erlauben, dann ist eben "ART+Maxwell" das physikalische Prinzip, was soetwas ausschließt. Wenn sie es nicht ausschließen, brauche ich kein Prinzip mehr, es sei denn ich gehe davon aus, daß sowas auf keinen Fall existieren darf, obwohl es mathematisch nicht inkonsistent wäre. Aber das scheint mir irgendwie unbegründet zu sein.

Zitat:

Je nach mathematischen Ansatz (1) oder (2) wird man dem einen oder dem anderen zuneigen. Aber es sollte doch eigtl. umgekehrt sein: dass man sich aus physikalischen Gründen für (1) oder (2) entscheidet.


Warum? Ich interessiere mich einfach für alle Lösungen von ART+Maxwell die es gibt. Darunter sind entweder welche mit Zeitschleifen oder nicht. Mit beidem kann ich problemlos leben. Wir wissen ja auch, daß es welche mit Zeitschleifen gibt. Aber darin existieren wohl keine anderen Felder (außer vielleicht als Näherung), also ist darin strenggenommen auch keines der Szenarien enthalten, die du beschrieben hast. Ich brauche nach wie vor kein physikalisches Prinzip, welches mir nur eine Teilmenge von konsistenten Lösungen vorschreibt.

Mir ist natürlich klar, daß es außer ART+Maxwell sowieso noch weitere Wechselwrikungen und Quantentheorie gibt. Darin ist dann wieder anderes erlaubt bzw. verboten, aber meine Haltung zur Lösung dieser umfassenderen Theorien wäre prinzipiell dieselbe.

Zitat:

Anyway - die eigtl. Frage war ja die nach Überlichtgeschwindigkeit.


Sorry an dieser Stelle an Stumpfname für's thread-hijacking.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 16. Aug 2014 13:09, insgesamt einmal bearbeitet
Stumpfname



Anmeldungsdatum: 16.08.2014
Beiträge: 3

Beitrag Stumpfname Verfasst am: 16. Aug 2014 13:08    Titel: Antworten mit Zitat

Zu dem Bild:

In meinem Gedankenexperiment krümmen die beiden Teilchen durch ihre Masse und durch die potenzielle Energie (durch ihre gegenseitige Anziehung) auf eine gewisse Weise den Raum. Erhöht man nun den Abstand der Teilchen (in meinem Gedankenexperiment durch Laser realisiert), erhöht sich gemäß der Definition der potenziellen Energie (E=r*F) auch dieselbige.

Dadurch verstärkt sich auch die Raumkrümmung, allerdings nicht nur bei dem verschobenen Teilchen, sondern auch bei dem beliebig weit entfernten anderen Teilchen - und zwar instantan.

Deshalb instantan, weil sonst für den Moment der Übertragung die Energieerhaltung verletzt wäre.
Diese überlichtschnelle Veränderung der Raumkrümmung kann man dann anhand der Krümmung des Laserstrahls messen.

'Tschuldigung, hab' vielleicht ein bisschen wenig zum Bild dazu geschrieben.

Zitat:
dann benötigst du die ART und der Begriff der potentiellen Energie ist nicht mehr anwendbar


Warum soll potentielle Energie in der ART nicht existieren?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2014 13:16    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Unter (2) steht keine Annahme, die ich rechtfertigen müßte, sondern, wenn ich das richtig sehe, eine Methode zur Lösung der Feldgleichungen. Es ist doch aber klar, daß jede solcher Lösungen global gültig und konsistent sein muß.

Nochmal: Die Lösungen im Sinne von (1) müssen global eindeutig und konsistent sein. Für die Lösungen von (2) gilt das selbe. Allerdings ist (2) eine eingeschränkte Variante, d.h. z.B. der Gödelkosmos als Lösung von (1) existiert in (2) einfach nicht. (2) setzt globale Hyberbolizität voraus und produziert nur Lösungen, die das auch erfüllen. Der Gödelkosmos verletzt die globale Hyperbolizität und ist demnach eine Lösung im Sinne von (1), nicht jedoch im Sinne von (2).

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wie gesagt, ich finde das eine merkwürdige Forderung.
viele andere nicht
_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2014 14:03    Titel: Antworten mit Zitat

Stumpfname hat Folgendes geschrieben:
In meinem Gedankenexperiment krümmen die beiden Teilchen durch ihre Masse und durch die potenzielle Energie (durch ihre gegenseitige Anziehung) auf eine gewisse Weise den Raum.

Klar, gemäß der ART krümmt jede Art von Energie (sowie Impuls und Druck) die Raumzeit.

Stumpfname hat Folgendes geschrieben:
Dadurch verstärkt sich auch die Raumkrümmung, allerdings nicht nur bei dem verschobenen Teilchen, sondern auch bei dem beliebig weit entfernten anderen Teilchen - und zwar instantan.

Sicher nicht! Gemäß der ART propagieren alle masselosen Felder sowie die Raumzeitkrümmung selbst mit exakt Lichtgeschwindigkeit.

Stumpfname hat Folgendes geschrieben:
... weil sonst für den Moment der Übertragung die Energieerhaltung verletzt wäre.

Im Rahmen der ART gilt eine lokale Version der Energieerhaltung exakt, und sie ist mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit = Lichtgeschwindigkeit verträglich.

Stumpfname hat Folgendes geschrieben:
Warum soll potentielle Energie in der ART nicht existieren?

Weil sie durch ein allgemeineres Konzept ersetzt werden muss.

Ich verstehe dein Experiment noch nicht gut genug, aber du kannst dir sicher sein, dass da keine Überlichtgeschwindigkeiten auftreten. Gerade das Problem des "instantanen Newtonschen Gravitationspotentials" hat Einstein veranlasst, die ART zu konstruieren. Bereits aus anderen Feldtheorien war jedoch der Begriff des retardierten Potentials bekannt, was eine endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit bedeutet.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Aug 2014 14:44    Titel: Antworten mit Zitat

Stumpfname hat Folgendes geschrieben:
Sorry, aber ich verstehe das immer noch nicht. grübelnd
Kann einer vielleicht ein Minkowski-Diagramm dazu posten?


Ich habe mal versucht eins zu malen, in dem man die Umkehrung von Ursache und Wirkung bei überlichtschnellen Signalen sieht. Die Proportionen habe ich nicht besser hinbekommen.

http://www.pic-upload.de/view-24274413/tachyonic.png.html

Was man sehen soll: Beobachter B schickt ein überlichtschnelles Signal (rot) zu relativ bewegtem Beobachter B'. ts und te, sind Sende- und Empfangsereignisse (bzw. deren Zeiten) für Beobachter B, die gestrichenen Größen gelten für Beobachter B'. Jeweils gepunktet eingezeichnet sind Linien gleichzeitiger Ereignisse für B und B'. Das gelbe Rechteck sind Lichtstrahlen, die B' benutzt um die Sendezeit ts' zu ermitteln. Wie man sieht findet ts' nach te' statt. Überlichtschnell ist das Signal übrigens, weil es eine geringere Steigung als die gelben Lichtstrahlen hat, d.h. es liegt außerhalb des Vorwärtslichtkegels bei ts.

Edit: Mist. Im Bild ist noch ein Fehler. te ist falsch. Die zugehörige gestrichelte Linie muß etwas nach unten verschoben werden, so daß sie te' schneidet. Ich lade gleich eine korrigierte Version hoch.

Edit2: Hab den Link ausgetauscht. Ich hoffe man erkennt es noch einigermaßen.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Aug 2014 15:17    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Unter (2) steht keine Annahme, die ich rechtfertigen müßte, sondern, wenn ich das richtig sehe, eine Methode zur Lösung der Feldgleichungen. Es ist doch aber klar, daß jede solcher Lösungen global gültig und konsistent sein muß.

Nochmal: Die Lösungen im Sinne von (1) müssen global eindeutig und konsistent sein. Für die Lösungen von (2) gilt das selbe. Allerdings ist (2) eine eingeschränkte Variante, d.h. z.B. der Gödelkosmos als Lösung von (1) existiert in (2) einfach nicht. (2) setzt globale Hyberbolizität voraus und produziert nur Lösungen, die das auch erfüllen. Der Gödelkosmos verletzt die globale Hyperbolizität und ist demnach eine Lösung im Sinne von (1), nicht jedoch im Sinne von (2).


Das ist genau verkehrtherum argumentiert: daß eine bestimmte Lösung existiert, beweist man normalerweise durch Einsetzen in die Feldgleichungen. Der Gödelkosmos existiert also. Ob es sich dabei um (1) eine global hyperbolische Raumzeit handelt, ob (2) für jedes Ereignis eine absolute Zukunft existiert und/oder ob (3) geschlossenen zeitartige Kurven vorliegen, sind alles sekundäre Fragen, die Eigenschaften von konkreten Lösungen beschreiben, aber doch nichts mit der Existenz dieser Lösung zu tun haben. Der Gödelkosmos hat eben die Eigenschaft (3), aber nicht (1) und (2). Deswegen muß man ihm doch nicht die Existenz verbieten.
Stumpfname



Anmeldungsdatum: 16.08.2014
Beiträge: 3

Beitrag Stumpfname Verfasst am: 16. Aug 2014 15:37    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Stumpfname hat Folgendes geschrieben:
Dadurch verstärkt sich auch die Raumkrümmung, allerdings nicht nur bei dem verschobenen Teilchen, sondern auch bei dem beliebig weit entfernten anderen Teilchen - und zwar instantan.

Sicher nicht! Gemäß der ART propagieren alle masselosen Felder sowie die Raumzeitkrümmung selbst mit exakt Lichtgeschwindigkeit.


Hier breitet sich ja (wenn ich mich nicht irgendwo vertue) gar kein Feld aus (höchstens eine Veränderung im el. Feld), das ist ja das Problem. Ich könnte mir nur nur vorstellen, dass die Information über das elektrische Potential sich zusammen mit dem elektrischen Feld mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. Nur frage ich mich dann, wo die Energie während dieses Prozesses stecken soll.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Im Rahmen der ART gilt eine lokale Version der Energieerhaltung exakt, und sie ist mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit = Lichtgeschwindigkeit verträglich.


Wie genau gilt denn die Energieerhaltung in der ART? Und was genau ist mit lokal gemeint?

TomS hat Folgendes geschrieben:

Stumpfname hat Folgendes geschrieben:
Warum soll potentielle Energie in der ART nicht existieren?

Weil sie durch ein allgemeineres Konzept ersetzt werden muss.


Was ich bisher weiß, ist nur, dass es das Gravitationspotential mit der ART nicht mehr gibt, klar. Aber von dem allgemeinen Begriff der potentiellen Energie habe ich das noch nicht gehört. Was ist das denn für ein allgemeineres Konzept?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Aug 2014 16:55    Titel: Antworten mit Zitat

Stumpfname hat Folgendes geschrieben:

Wie genau gilt denn die Energieerhaltung in der ART? Und was genau ist mit lokal gemeint?


Energieerhaltung in der ART ist ein kompliziertes Thema. Mal sehen, ob ich das noch einigermaßen verständlich zusammenkriege. Normalerweise bedeutet lokale Erhaltung einer Größe folgendes. Es gibt eine Dichte rho und eine Stromdichte j. Also in diesem Fall eine Energiedichte und eine Energiestromdichte. Die Stromdichte gibt an, wieviel von der Größe pro Zeiteinheit durch eine Fläche strömt (indem man die Stromdichte über die Oberfläche integriert), die Dichte gibt an, wieviel von der Größe in einem gegebenem Volumen vorhanden ist (indem man sie über das Volumen integriert). Ein lokales Erhaltungsgesetz besagt, daß die Menge, die in einem geschlossenen Volumen vorhanden ist, sich nur dadurch ändern kann, daß von außen etwas in das Volumen hineinströmt. Also, wenn du an einem Ort die Menge der Größe erhöhen willst, mußt du von einem anderen Ort etwas hintransportieren. Das unterscheidet ein lokales Erhaltungsgesetz von einem globalen, bei dem eine Größe am Ort x verschwinden kann, wenn nur gleichzeitig irgendwo weit entfernt diesebe Menge der Größe wieder auftaucht. So ein lokales Erhaltungsgesetz gilt, wenn zwischen rho und j eine Kontinuitätsgleichung gilt, die besagt, wie die zeitliche Änderung von rho mit der räumlichen Änderung von j zusammenhängt. Grob gesagt, muß die Summe der Änderungen von j in alle Raumrichtung gleich der zeitlichen Änderung von rho sein.

Nun zur Energieerhaltung in der ART. Dort gilt strenggenommen keine Kontinuitätsgleichung zwischen Energiedichte und Energistromdichte, sondern die zeitliche Änderung von rho plus die räumlichen Änderungen von j ergeben Terme, in denen das Gravitationsfeld auftaucht. Das ist erstmal nicht weiter verwunderlich, da alles was in der Raumzeit Energie und Impuls hat, das Gravitationsfeld verändert. Es sollte also möglich sein, daß Materie oder Felder in einem Volumen das dort herrschende Gravitationsfeld verändern und damit Energie übertragen. Dummerweise lassen sich die Terme mit dem Gravitationsfeld nicht als Dichten und Ströme von Gravitationsenergie interpretieren. D.h. man kann sie nicht einfach integrieren und kriegt dann sowas wie eine sinnvolle Gesamtenergie raus. Das folgt schon daraus, daß man wegen des Äquivalenzprinzips in ein lokales Inertialsystem wechseln kann, in dem das Gravitationsfeld verschwindet. Man bekäme also in einem Nicht-Inertialsystem was anderers raus als in einem Inertialsystem. Aber innerhalb der Grenzen, in denen das lokale System inertial ist, kann ich wieder meine Integrationsprozeduren ausführen und bekomme für alle Materie und Felder (außer der Gravitation) lokale Energieerhaltung.

Dann gibt es noch spezielle Gravitationsfelder, nämlich zeitunabhängige, in denen sich eine eine für alle Beobachter erhaltene Energie definieren läßt (obwohl die Energiemenge natürlich vom Beobachter abhängen kann). Das ist z.B. ein Grund, warum man von der "Masse" eines Schwarzen Loches, dessen Gravitationsfeld ja zeitunabhängig ist, sprechen kann. Die Masse ist einfach seine Gesamtgravitationsenergie, gemessen von einem ruhenden Beobachter.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2014 17:01    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das ist genau verkehrtherum argumentiert: daß eine bestimmte Lösung existiert, beweist man normalerweise durch Einsetzen in die Feldgleichungen. Der Gödelkosmos existiert also.

Das ist schlichtweg unbeweisbar.

Es gibt verschiedene Methoden, eine Feld- oder Quantenfeldtheorie zu konstruieren. Dabei sind
(1) die kovariante und
(2) die kanonische Formulierung
lokal äquivalent, global sind sie jedoch i.A. nicht äquivalent.

Die Lösung der Theorie im Sinne von (1) bedeutet "globale Erfüllung der Feldgleichungen". Die Lösung der Theorie im Sinne von (2) bedeutet "Spezifikation von Anfangsbedingungen auf einer Cauchy-Fläche sowie Zeitentwicklung dieser Anfangsbedingungen".

Die Frage, ob man (1) oder (2) den Vorzug gibt, kann also nicht aus der Theorie gefolgert werden, es ist vielmehr ein Schritt im Zuge der Konstruktion einer Theorie.

Es ist a priori nicht klar, dass (1) die richtige Methode ist. Viele mathematische Physiker, die sich mit Grundlagen der Quantenmechanik oder der Quantengravitation befassen, sind der Meinung, dass man (2) den Vorzug geben sollte. Demzufolge wären die in (1) jedoch nicht in (2) enthaltenen Lösungen unphysikalisch.

Und ob eine mathematische Lösung einer Gleichung auch physikalisch existiert, ist jene metaphysische Frage.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Aug 2014 17:23    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das ist genau verkehrtherum argumentiert: daß eine bestimmte Lösung existiert, beweist man normalerweise durch Einsetzen in die Feldgleichungen. Der Gödelkosmos existiert also.

Das ist schlichtweg unbeweisbar.


Man kann beweisen (d.h. ich habs nicht nachgerechnet, aber glaube mal, daß es irgendjemand getan hat), daß die Gödelmetrik die Einsteinschen Feldgleichungen erfüllt. Damit existiert diese Lösung. Was willst Du denn da noch beweisen? Daß es in ihr eine Cauchyfläche gibt? Warum?

Zitat:

Es gibt verschiedene Methoden, eine Feld- oder Quantenfeldtheorie zu konstruieren. Dabei sind
(1) die kovariante und
(2) die kanonische Formulierung
lokal äquivalent, global sind sie jedoch i.A. nicht äquivalent.

Die Lösung der Theorie im Sinne von (1) bedeutet "globale Erfüllung der Feldgleichungen". Die Lösung der Theorie im Sinne von (2) bedeutet "Spezifikation von Anfangsbedingungen auf einer Cauchy-Fläche sowie Zeitentwicklung dieser Anfangsbedingungen".


Jetzt redest du in (2) aber von der Lösung irgendwelcher anderen Feldgleichungen innerhalb der Raumzeit. Wenn du dafür eine Cauchyfläche vorgibst, mußt du ja eine Kausalstruktur und damit eine Metrik schon festgelegt haben. Oben hast du noch behauptet, man müsse alle Feldgleichungen inklusive der ART gleichzeitig lösen. Da bekäme man ja erst hinterher raus, ob es überhaupt Cauchyflächen gibt.

Ansonsten verstehe ich glaube ich schon was du sagen willst. Du möchtest eben nur solche Lösungen zulassen, die eine irgendwie angenehme Kausalstruktur aufweisen. Ich sehe zwar nach wie vor keinen besonderen Grund dafür nach Prinzipien zu suchen, die alles andere ausschließen, akzeptiere aber, daß es offenbar eine Menge Leute gibt, die das für wichtig halten.

Zitat:

Die Frage, ob man (1) oder (2) den Vorzug gibt, kann also nicht aus der Theorie gefolgert werden, es ist vielmehr ein Schritt im Zuge der Konstruktion einer Theorie.

Es ist a priori nicht klar, dass (1) die richtige Methode ist.


Gut, und warum muß das nun a priori klar sein? Wie gesagt, ich lasse erstmal alle Methoden zu und gucke was dabei so rauskommt.

Zitat:

Viele mathematische Physiker, die sich mit Grundlagen der Quantenmechanik oder der Quantengravitation befassen, sind der Meinung, dass man (2) den Vorzug geben sollte. Demzufolge wären die in (1) jedoch nicht in (2) enthaltenen Lösungen unphysikalisch.

Und ob eine mathematische Lösung einer Gleichung auch physikalisch existiert, ist jene metaphysische Frage.


Ich meine natürlich Existenz im mathematischen Sinne. Daß das Gödeluniversum nicht viel mit unserem Universum zu tun hat, ist doch sowieso schon klar.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2014 17:26    Titel: Antworten mit Zitat

Den Ausführungen von index_razor ist wenig hinzuzufügen. Außer vielleicht, dass man bzgl. der Energie-Impuls-Dichte schon von einer lokalen Kontinuitätsgleichung spricht, obwohl diese eben wg. der Modifizierung durch zusätzlichen Terme nicht integriert werden kann.

Außerdem sollte ich wohl meine Aussage etwas präzisieren. Es ist nicht so, dass in der ART nur eine lokale Energieerhaltung gilt, jedoch keine globale. Das wollte ich nicht andeuten. Es ist so, das lokal eine Erhaltung der Energie-Impuls-Dichte exakt gilt (das wäre die modifizierte Kontinuitätsgleichung), dass jedoch der Begriff Energie als Integral über ein Volumen i.A. nicht sinnvoll definiert werden kann. Es ist also nicht so, dass die Energie global evtl. nicht erhalten ist, sondern dass sie i.A. gar nicht sinnvoll definiert werden kann, so dass die Frage ihrer Erhaltung bedeutungslos wird.

Ich habe dazu mal einen Aufsatz verfasst: http://abenteuer-universum.de/bb/userfiles/Energie_thst_2009-11-24.pdf

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2014 17:44    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Es gibt verschiedene Methoden, eine Feld- oder Quantenfeldtheorie zu konstruieren. Dabei sind
(1) die kovariante und
(2) die kanonische Formulierung
lokal äquivalent, global sind sie jedoch i.A. nicht äquivalent.

Die Lösung der Theorie im Sinne von (1) bedeutet "globale Erfüllung der Feldgleichungen". Die Lösung der Theorie im Sinne von (2) bedeutet "Spezifikation von Anfangsbedingungen auf einer Cauchy-Fläche sowie Zeitentwicklung dieser Anfangsbedingungen".


Jetzt redest du in (2) aber von der Lösung irgendwelcher anderen Feldgleichungen innerhalb der Raumzeit.

Nein, ich rede durchaus auch von der ART selbst. Man kann diese auch kanonisch formulieren; und dann existiert der Gödelkosmos schlichtweg nicht.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Aug 2014 19:03    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Es gibt verschiedene Methoden, eine Feld- oder Quantenfeldtheorie zu konstruieren. Dabei sind
(1) die kovariante und
(2) die kanonische Formulierung
lokal äquivalent, global sind sie jedoch i.A. nicht äquivalent.

Die Lösung der Theorie im Sinne von (1) bedeutet "globale Erfüllung der Feldgleichungen". Die Lösung der Theorie im Sinne von (2) bedeutet "Spezifikation von Anfangsbedingungen auf einer Cauchy-Fläche sowie Zeitentwicklung dieser Anfangsbedingungen".


Jetzt redest du in (2) aber von der Lösung irgendwelcher anderen Feldgleichungen innerhalb der Raumzeit.

Nein, ich rede durchaus auch von der ART selbst. Man kann diese auch kanonisch formulieren; und dann existiert der Gödelkosmos schlichtweg nicht.


Glaubst du wirklich solche Existenzaussagen lassen sich sinnvoll daran knüpfen, welche Formalismen wir für unsere Theorien verwenden?

Wenn eine bestimmte Formulierung der ART eine global hyperbolische Raumzeit voraussetzt, lassen sich nicht-global-hyperbolische Raumzeiten eben nicht so formulieren. Das heißt nicht, daß sie nicht existieren, sondern, daß diese spezielle Formulierung sie ignoriert.

Ich finde es deutlich sachgemäßer davon zu sprechen, daß das Gödeluniversum als mathematische Struktur existiert, die aber keine schöne (in einem präzisen Sinn) Kausalstruktur besitzt und deshalb keine Hamiltonsche Formulierung erlaubt. Du würdest scheinbar lieber sagen, die Hamiltonsche Formulierung erlaubt kein Gödeluniversum und was die Hamiltonsche Formulierung nicht erlaubt, existiert auch nicht. Findest du das nicht irgendwie verdreht? Was ist wenn jetzt in Zukunft irgendeine fundamentale Theorie des Universums gefunden wird, die überhaupt keine Hamiltonsche Formulierung mehr erlaubt? Existiert dann gar nichts mehr? Oder sagen wir lieber "die Forderung nach kanonischem Formalismus war wohl doch zu strikt." Und existiert, wenn wir den kanonischen Formalismus aufgeben, das Gödeluniversum plötzlich auch wieder?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Aug 2014 09:47    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Glaubst du wirklich solche Existenzaussagen lassen sich sinnvoll daran knüpfen, welche Formalismen wir für unsere Theorien verwenden?

Ja.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich finde es deutlich sachgemäßer davon zu sprechen, daß das Gödeluniversum als mathematische Struktur existiert, die aber keine schöne (in einem präzisen Sinn) Kausalstruktur besitzt und deshalb keine Hamiltonsche Formulierung erlaubt. Du würdest scheinbar lieber sagen, die Hamiltonsche Formulierung erlaubt kein Gödeluniversum und was die Hamiltonsche Formulierung nicht erlaubt, existiert auch nicht. Findest du das nicht irgendwie verdreht?

Nein.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was ist wenn jetzt in Zukunft irgendeine fundamentale Theorie des Universums gefunden wird, die überhaupt keine Hamiltonsche Formulierung mehr erlaubt? Existiert dann gar nichts mehr? Oder sagen wir lieber "die Forderung nach kanonischem Formalismus war wohl doch zu strikt." Und existiert, wenn wir den kanonischen Formalismus aufgeben, das Gödeluniversum plötzlich auch wieder?

Was, wenn eine fundamentale Theorie konstruiert wird, die eine Hamiltonsche Formulierung zwingend voraussetzt?

Ich denke, wir haben da einen Dissens bzgl. des Theorieverständnisses. M.E. besteht eine physikalische Theorie aus einem Satz von mathematischen Axiomen sowie Regeln bzgl. Anwendung und Interpretation. Die Frage bzgl. der kanonischen Formulierung gehört mit zur Theoriedefinition.

Btw.: Die Axiome der Quantenmechanik gehen von einer Hamiltonschen Formulierung mit Zeitentwicklungsoperator aus. Ich sehe auch bei anderen Theorien (Quantenfeldtheorie, Quantengravitation) eine Hamiltonsche Formulierung als fundamental an. Das ist aber letztlich keine Frage, die man im Rahmen einer gegebenen Theorie beantworten kann, sondern - wie oben gesagt - eine Frage, die bereits bei der Konstruktion einer Theorie gestellt wird.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Aug 2014 18:52    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Glaubst du wirklich solche Existenzaussagen lassen sich sinnvoll daran knüpfen, welche Formalismen wir für unsere Theorien verwenden?

Ja.


Und du meinst mit
Zitat:

Man kann [die ART] auch kanonisch formulieren; und dann existiert der Gödelkosmos schlichtweg nicht.

nicht dasselbe wie, "man kann den Gödelkosmos nicht mit dem kanonischen Formalismus beschreiben"? Wenn nicht, siehst du einen logischen Unterschied zu deiner Aussage und der folgenden
Zitat:

Man kann Quantenfeldtheorien auch störungstheoretisch formulieren; und dann existieren Bindungszustände schlichtweg nicht.


TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was ist wenn jetzt in Zukunft irgendeine fundamentale Theorie des Universums gefunden wird, die überhaupt keine Hamiltonsche Formulierung mehr erlaubt? Existiert dann gar nichts mehr? Oder sagen wir lieber "die Forderung nach kanonischem Formalismus war wohl doch zu strikt." Und existiert, wenn wir den kanonischen Formalismus aufgeben, das Gödeluniversum plötzlich auch wieder?

Was, wenn eine fundamentale Theorie konstruiert wird, die eine Hamiltonsche Formulierung zwingend voraussetzt?

Was soll dann sein? Ich betrachte weder die Existenz noch die Nichtexistenz eines kanonischen Formalismus als notwendig für irgendetwas. Also stört mich diese Vorstellung auch nicht besonders. Du behauptest ja gewisse Lösungen von Theorien, die eine Hamiltonsche Formulierung nicht erzwingen, hören auf zu existieren, sobald ich mich aus reiner Willkür dazu entscheide, eine Hamiltonsche Formulierung zu verwenden. Einem solchen Willkürakt die Macht der Entscheidung über Existenz und Nichtexistenz zuzugestehen, störte mich hingegen schon etwas.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich denke, wir haben da einen Dissens bzgl. des Theorieverständnisses. M.E. besteht eine physikalische Theorie aus einem Satz von mathematischen Axiomen sowie Regeln bzgl. Anwendung und Interpretation. Die Frage bzgl. der kanonischen Formulierung gehört mit zur Theoriedefinition.


An deiner Aussage über den Dissens könnte was dran sein. Konkret glaube ich der Dissens ist und war von Anfang an, welche Relevanz wir solchen "Theoriekonstruktionsrezepten" einräumen. Du scheinst ja auch die "chronological protection conjecture" in diesem Zusammenhang für wichtig zu halten. Für mich haben solche Rezepte überhaupt keine fundamentale Bedeutung, höchstens eine pragmatische um Unterschiede in konkurrierenden theoretischen Ansätzen deutlich zu machen. Aber wenn von vornherein klar ist, daß eines der Rezepte eine echte Teilmenge eines anderen liefert (global hyperbolische Raumzeiten vs. beliebige pseudoriemannsche Mannigfaltigkeiten), wie deine Versionen (1) und (2) oben, sehe ich allerdings keinen wirklichen Nutzen mehr darin.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Btw.: Die Axiome der Quantenmechanik gehen von einer Hamiltonschen Formulierung mit Zeitentwicklungsoperator aus. Ich sehe auch bei anderen Theorien (Quantenfeldtheorie, Quantengravitation) eine Hamiltonsche Formulierung als fundamental an. Das ist aber letztlich keine Frage, die man im Rahmen einer gegebenen Theorie beantworten kann, sondern - wie oben gesagt - eine Frage, die bereits bei der Konstruktion einer Theorie gestellt wird.


Doch, das kann man innerhalb einer gegebenen Theorie beantworten. Fundamental ist der Hamiltonsche Formalismus für die Theorie, wenn es keine Formulierung der Theorie gibt, die ohne ihn auskommt. Damit ist er nicht fundamental für die ART.

Der ursprüngliche Diskussionspunkt ging auch übrigens nicht um die Konstruktion von Theorien, sondern um die Frage ob Lösungen der ART (eine bereits fertig konstruierte Theorie) mit Zeitschleifen zu Konsistenzproblemen führen. Jetzt scheinst du irgendwie davon abgerückt zu sein und nur noch zu behaupten, daß sie sich nicht innerhalb eines Formalismus beschreiben lassen, den du als fundamental für völlig andere Theorien ansiehst. Dies scheint mir eine weit schwächere Behauptung zu sein.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Aug 2014 19:54    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du behauptest ja gewisse Lösungen von Theorien, die eine Hamiltonsche Formulierung nicht erzwingen, hören auf zu existieren, sobald ich mich aus reiner Willkür dazu entscheide, eine Hamiltonsche Formulierung zu verwenden.

Wenn du dich ernsthaft damit beschäftigst, dann wirst du feststellen, dass es sich dabei keinesfalls um Willkür handelt ;-)


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du scheinst ja auch die "chronological protection conjecture" in diesem Zusammenhang für wichtig zu halten. Für mich haben solche Rezepte überhaupt keine fundamentale Bedeutung, höchstens eine pragmatische um Unterschiede in konkurrierenden theoretischen Ansätzen deutlich zu machen.

Die "chronological protection conjecture" besagt einfach, dass ein (noch zu entdeckendes) fundamentales Prinzip, ein Mechanismus, ... existiert, das/der die Existenz von Zeitschleifen ausschließt. Damit verwandt ist z.B. das "Novikov self-consistency principle", das Zeitschleifen zulässt jedoch daraus resultierende Inkonsistenzen verbietet. Das sind ebenso Vermutungen (= conjecture) wie die, dass keine Singularitäten auftreten.

Aber nur weil es Vermutungen sind bzw. weil man sie noch nicht aus einer umfassenden Theorie ableiten kann, sind sie ja nicht unwichtig, oder?


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Der ursprüngliche Diskussionspunkt ging auch übrigens nicht um die Konstruktion von Theorien, sondern um die Frage ob Lösungen der ART (eine bereits fertig konstruierte Theorie) mit Zeitschleifen zu Konsistenzproblemen führen.

Ja. Und ich habe dazu nur gesagt, dass die ART alleine dazu keine Aussage machen kann.


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Jetzt scheinst du irgendwie davon abgerückt zu sein und nur noch zu behaupten, daß sie sich nicht innerhalb eines Formalismus beschreiben lassen, den du als fundamental für ... andere Theorien ansiehst.

Das ist nicht meine einzige Aussage, aber ja, im engeren Sinne hast du recht.


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Doch, das kann man innerhalb einer gegebenen Theorie beantworten. Fundamental ist der Hamiltonsche Formalismus für die Theorie, wenn es keine Formulierung der Theorie gibt, die ohne ihn auskommt. Damit ist er nicht fundamental für die ART.

Aber andererseits ist die ART selbst weit davon entfernt, fundamental oder vollständig zu sein.


Um es auf den Punkt zu bringen: ich halte die ART für eine unvollständige Theorie (siehe z.B. die Existenz von Singularitäten - auch von nackten, unphysikalische Lösungen wie die Kruskal-Metrik, nicht quantisiert, damit zusammenhängend das black hole information paradox, ...). Damit hat die ART nur beschränkte Glaubwürdigkeit, sowohl was ihre Konstruktionsprinzipien als auch was ihre Lösungen betrifft. Insofern halte ich diverse mathematische Lösungen der ART für physikalisch irrelevant (bzw. nur insofern für relevant, als eine umfassendere Theorie sie modifizieren oder eliminieren sollte). Und ich halte bestimmte Konstruktionsprinzipien (u.a. Mikrokausalität, Unitarität, Hamiltonsche Formulierung) aus heutiger Sicht für unverzichtbar.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Aug 2014 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hm, ich denke ich benötige angesichts einiger früherer Antworten von dir nochmal eine Klarstellung: Sagst du nun eigentlich "das Gödeluniversum existiert nicht, weil es zu Inkonsistenzen führt", oder nur "das Gödeluniversum ist unphysikalisch weil es keine Cauchyfläche enthält." Oder ist das für dich dasselbe? Ich glaube du bist da etwas unentschlossen. "Inkonsistent" ist ein viel schwererer Defekt als "Unphysikalisch". Nichts Inkonsistentes kann existieren, aber vieles was (als Lösungen physikalischer Theorien) existiert, ist unphysikalisch.

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du behauptest ja gewisse Lösungen von Theorien, die eine Hamiltonsche Formulierung nicht erzwingen, hören auf zu existieren, sobald ich mich aus reiner Willkür dazu entscheide, eine Hamiltonsche Formulierung zu verwenden.

Wenn du dich ernsthaft damit beschäftigst, dann wirst du feststellen, dass es sich dabei keinesfalls um Willkür handelt ;-)


Auch nicht im Rahmen der ART? Warum nicht? (Jetzt mal abgesehen von dem praktischen Nutzen, den eine Hamiltonsche Formulierung in der ART haben kann.)

TomS hat Folgendes geschrieben:

Die "chronological protection conjecture" besagt einfach, dass ein (noch zu entdeckendes) fundamentales Prinzip, ein Mechanismus, ... existiert, das/der die Existenz von Zeitschleifen ausschließt. Damit verwandt ist z.B. das "Novikov self-consistency principle", das Zeitschleifen zulässt jedoch daraus resultierende Inkonsistenzen verbietet. Das sind ebenso Vermutungen (= conjecture) wie die, dass keine Singularitäten auftreten.

Aber nur weil es Vermutungen sind bzw. weil man sie noch nicht aus einer umfassenden Theorie ableiten kann, sind sie ja nicht unwichtig, oder?


Nur deshalb natürlich nicht. Mein Kritikpunkt war ja nicht, daß es sich um Vermutungen handelt, sondern, daß die Inkonsistenzen, die man damit auflösen will, gar nicht existieren. Zumindest sehe ich nach wie vor keine resultierenden Inkonsistenzen, die direkt was mit Zeitschleifen zu tun haben. Bisher hast du nur eine Art von Inkonsistenz genannt, die ich in der Form in jeder beliebigen Theorie konstruieren kann.

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Der ursprüngliche Diskussionspunkt ging auch übrigens nicht um die Konstruktion von Theorien, sondern um die Frage ob Lösungen der ART (eine bereits fertig konstruierte Theorie) mit Zeitschleifen zu Konsistenzproblemen führen.

Ja. Und ich habe dazu nur gesagt, dass die ART alleine dazu keine Aussage machen kann.


Kann sie aber. Geschlossene zeitartige Kurven sind in der ART nicht inkonsistent. Dies kann man allein aus der mathematischen (!) Existenz von Lösungen mit solchen Kurven folgern. Wahre Aussagen über existierende mathematische Strukturen können nicht inkonsistent sein.

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Doch, das kann man innerhalb einer gegebenen Theorie beantworten. Fundamental ist der Hamiltonsche Formalismus für die Theorie, wenn es keine Formulierung der Theorie gibt, die ohne ihn auskommt. Damit ist er nicht fundamental für die ART.

Aber andererseits ist die ART selbst weit davon entfernt, fundamental oder vollständig zu sein.


Das stimmt natürlich. Aber gerade wenn man nach einer möglichst vollständigen Theorie sucht, was bringt es dann, sich von vornherein prinzipielle Einschränkungen aufzuerlegen, nur weil diese vielleicht innerhalb anderer, ebenso unvollständiger Theorien erforderlich sind. Sollte man es nicht genau umgekehrt machen und gar nichts ausschließen solange man nur unvollständige Theorien hat?

TomS hat Folgendes geschrieben:

Um es auf den Punkt zu bringen: ich halte die ART für eine unvollständige Theorie (siehe z.B. die Existenz von Singularitäten - auch von nackten, unphysikalische Lösungen wie die Kruskal-Metrik, nicht quantisiert, damit zusammenhängend das black hole information paradox, ...). Damit hat die ART nur beschränkte Glaubwürdigkeit, sowohl was ihre Konstruktionsprinzipien als auch was ihre Lösungen betrifft.


Genau dasselbe kannst du über jede beliebige Theorie sagen. Trotzdem glaubst Du, erfolgreiche Prinzipien aus diesen anderen Theorien hätten irgendeine Autorität innerhalb der ART. Das erscheint mir etwas einseitig.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Aug 2014 21:55    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Damit verwandt ist z.B. das "Novikov self-consistency principle", das Zeitschleifen zulässt jedoch daraus resultierende Inkonsistenzen verbietet.


Je länger ich darüber nachdenke, desto absurder kommt mir das ganze vor (allerdings muß ich erst noch einen langen Wikipedia-Artikel dazu lesen;-))

Hier, was mir bis jetzt absolut nicht einleuchtet:

Wenn tatsächlich Inkonsistenzen aus Zeitschleifen resultieren würden, nützt mir kein Prinzip der Welt irgendetwas, was diese verbietet, aber die Zeitschleifen selbst erlaubt. Ich kann nicht A zulassen, aber Konsequenzen von A verbieten, außer ich will gleich die elementare Logik komplett abschaffen. Andererseits sagt mir dieselbe elementare Logik, daß nichts Existierendes eine inkonsistente Menge von Aussagen erfüllen kann, bzw. daß, über alles was existiert nur eine konsistente Menge von Aussagen wahr sein kann.

Also erst fabuliert man sich, im Widerspruch zur Logik, die Existenz von inkonsistenten Objekten zusammen, und dann erfindet man ein Prinzip was diese gar nicht existierenden Objekte wieder verbietet, oder, noch schlimmer, sie sogar erlaubt aber irgendwie nur die Inkonsistenzen entfernt.

Sorry, falls das etwas polemisch klingt, aber ich kann mir beim besten Willen keinen Reim darauf machen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Aug 2014 23:33    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sagst du nun eigentlich "das Gödeluniversum existiert nicht, weil es zu Inkonsistenzen führt", oder nur "das Gödeluniversum ist unphysikalisch weil es keine Cauchyfläche enthält." ... Ich glaube du bist da etwas unentschlossen.

Ich bin nicht unentschlossen, ich weiß es nicht, und muss daher - wie alle zum ggw. Zeitpunkt - spekulieren. Ich vermute, dass eine umfassende Theorie der Quantengravitation ein Prinzip enthält, demzufolge problematische klassische Lösungen ausgeschlossen oder dynamisch unterdrückt sind. Außerdem vermute ich, dass eine Theorie der Quantengravitation eine Hamiltonsche Formulierung voraussetzt, und demzufolge prinzipbedingt keine klassische Topologie resultieren kann, die geschlossene zeitartige Kurven enthält.


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber gerade wenn man nach einer möglichst vollständigen Theorie sucht, was bringt es dann, sich von vornherein prinzipielle Einschränkungen aufzuerlegen, nur weil diese vielleicht innerhalb anderer, ebenso unvollständiger Theorien erforderlich sind. Sollte man es nicht genau umgekehrt machen und gar nichts ausschließen solange man nur unvollständige Theorien hat?

Prinzipiell korrekt. Dennoch habe ich den Eindruck, das von allen Theorien, die wir heute kennen, die Quantentheorie diejenige ist, die am ehesten als Leitlinie dienen kann (mit Quantentheorie meine ich den allgemeinen Formalismus, nicht eine spezifische Ausprägung wie QM, QED etc.)

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Um es auf den Punkt zu bringen: ich halte die ART für eine unvollständige Theorie (siehe z.B. die Existenz von Singularitäten - auch von nackten, unphysikalische Lösungen wie die Kruskal-Metrik, nicht quantisiert, damit zusammenhängend das black hole information paradox, ...). Damit hat die ART nur beschränkte Glaubwürdigkeit, sowohl was ihre Konstruktionsprinzipien als auch was ihre Lösungen betrifft.


Genau dasselbe kannst du über jede beliebige Theorie sagen. Trotzdem glaubst Du, erfolgreiche Prinzipien aus diesen anderen Theorien hätten irgendeine Autorität innerhalb der ART. Das erscheint mir etwas einseitig.

Nicht innerhalb der ART. Die ART selbst ist endgültig formuliert. Die Antworten auf diese Fragen liegen m.E. außerhalb.

Wie gesagt, ich sehe die Lösung in einer Quantisierung der Gravitation. Und ich denke nicht, dass dabei die Prinzipien der Quantenmechanik aufgegeben werden müssten. Darf dafür sehe ich heute keine Anhaltspunkte.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 18. Aug 2014 08:33    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn tatsächlich Inkonsistenzen aus Zeitschleifen resultieren würden, nützt mir kein Prinzip der Welt irgendetwas, was diese verbietet, aber die Zeitschleifen selbst erlaubt. Ich kann nicht A zulassen, aber Konsequenzen von A verbieten, außer ich will gleich die elementare Logik komplett abschaffen.

Ich denke, ich sollte nochmal klarstellen, warum aus der Existenz der Zeitschleifen nicht zwingend eine Inkonsistenz folgt.

Die Zeitschleifen sind Bestandteil bestimmter Lösungen der ART. Im Zuge dieser Lösungen wird ja wie folgt argumentiert: ich konstruiere eine Lösung für die Raumzeit RZ sowie die an die Raumzeit gekoppelte Materie (mit Energie-Impuls-Tensor T). Anschließend betrachte ich "Testbeobachter" B, B', ... und deren Verhalten in der Raumzeit. Das ist ein übliches Vorgehen, aber natürlich genau das, was hier möglicherweise erst Probleme schafft.

RZ und T sind natürlich konsistent.

Aber die Testbeobachter könnten sich nun so verhalten, dass sie einerseits RZ und T nicht (bzw. nicht wesentlich) stören, andererseits jedoch untereinander Inkonsistenzen hervorrufen. Das ist doch der Kern des "Großvater-Paradoxons". Du lebst in einem Gödel-Kosmos, triffst in deiner Vergangenheit deinen Großvater vor der Zeugung deines Vaters und ermordest den Großvater. Wir nehmen dabei an, dass diese Handlungen von B, B', ... die Topoogie der RZ nicht beeinflussen.

Insofern treten die Paradoxa nicht in der ART selbst auf, sondern im Rahmen einer anderen Theorie, der die zuvor konstruierte Lösung der ART als Grundlage dient.

Nun hast du verschiedene Möglichkeiten, aus dieser Falle zu entkommen.

Ich denke, du entscheidest dich für
1) in einer vollständigen Theorie (ART plus weitere Theorien) und ohne die o.g. Näherung für B, B', ... (d.h. diese müssen in der Beschreibung mittels RZ und T enthalten sein) existiert möglicherweise eine Lösung mit Zeitschleifen, jedoch sicher keine inkonsistente, da die Lösung RZ und T so geartet ist, dass sie in einem Raumzeitpunkt sicher nur genau ein T zulässt, und daher Mehrdeutigkeiten (wir der Vater nun geboren oder nicht?) ausschließt.

Andere Physiker entscheiden sich wohl eher für
2a) es existiert ein (noch unbekanntes) Prinzip, das Zeitschleifen grundsätzlich ausschließt
2b) eine fundamentale Theorie der Quantengravitation setzt die globale Hyperbolizität voraus und eliminiert damit die Zeitschleifen per Konstruktion (dies ist eine Variante von 2a)
2c) Zeitschleifen sind zulässig, allerdings sind die quantenmechanischen Amplituden für inkonsistente Ereignisse bzw. "Historien der Wellenfunktion" unterdrückt bzw. Null.

Ich denke, deine Ansicht (1) sowie (2c) haben viel gemeinsam. Du argumentierst, dass die fundamentale Theorie zunächst mal konsistent ist, d.h. dass T für alle Punkte in RZ eindeutig ist (nur dann handelt es sich um eine Lösung). (2c) unterscheidet sich von (1) im wesentlichen wieder darin, dass die Wellenfunktionen für B, B', ... wieder getrennt von RZ und T betrachtet werden. Wenn das dein Grundproblem ist, dann siehst du (2c) als unzulässige Näherung an, wodurch Scheinparadoxa eingeführt werden. D.h. letztlich behauptest du, dass dein Ansatz (1) auch für eine umfassende Theorie Gültigkeit haben muss und dass die Mathematik selbst dafür sorgt, dass kein Inkonsistenzen auftreten. Wenn man also (2c) ohne die künstlichen B, B' umfassend formulieren würde, dann wäre man wieder bei (1) angelangt.

Damit benötigst du (2a,b) nicht. Du gestattest Zeitschleifen, aber die Theorie ist so geartet, dass sie selbstkonsistent ist (dein Beispiel der nicht-periodischen Funktionen auf dem Kreis - sie existieren einfach nicht).

Hab' ich das so richtig verstanden?

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Mechanik