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Interne Symmetrie zwischen Elektronen und Neutrinos
 
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Blob



Anmeldungsdatum: 04.04.2013
Beiträge: 4

Beitrag Blob Verfasst am: 04. Apr 2013 16:12    Titel: Interne Symmetrie zwischen Elektronen und Neutrinos Antworten mit Zitat

Hallo allerseits,

ich hab mich heute an das Weinberg-Salam-Modell rangewagt und mir das Lehrbuch "Quantum Field Theory" von Lewis H. Rider geschnappt. Aber schon bei den basics steige ich aus.
Zunächst wird die Elektron-Neutrino-Langrangedichte eingeführt und in rechts- und linkshändigen Anteil aufgespalten.



Ok, da komme ich noch mit. Aber dann fragt Ryder nach "internal symmetries" der Lagrangedichte und behauptet: "The transformations must be between particle whose space-time properties are the same, so the only possibility is a mixing of e_L and ny." (S. 299)

Mir ist klar, dass rechts- und links-händige Spinoren nicht die gleichen Raum-Zeit-Eigenschaften haben. Aber warum muss die interne Symmetrie überhaupt zwischen Teilchen sein, die die gleichen Raum-Zeit-Eigenschaften haben?

Ich hab's mal anders probiert und einen fiktiven zweikomponentigen Spinor aus linkshändigem Elektron und rechts(!!)- händigem Elektron kreiert.
Man kann eine beliebige SU(2)-Transformation auf dieses Doublett loslassen


Die obige Lagrangedichte bleibt auch unter dieser Transformation invariant. Eine SU(2)-Traffo zwischen rechtsh. Elektron und Neutrino würde auch funktionieren.
Warum steckt man nun trotzdem die beiden linkshändigen Teilchen in ein Doublett?
Yildirim



Anmeldungsdatum: 03.04.2013
Beiträge: 28

Beitrag Yildirim Verfasst am: 04. Apr 2013 17:44    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo
Meines Wissens nach ist diese Aufteilung der Teilchen in ein Singulett und ein Duplett eine Voraussetzung des Standardmodells, die sich innerhalb des Modells nicht begründen lässt. Du wirst es wohl als Postulat hinnehmen müssen.

Ich lasse mich aber gern eines besseren belehren, wenn hier jemand eine Begründung liefert.
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8576

Beitrag jh8979 Verfasst am: 04. Apr 2013 19:46    Titel: Antworten mit Zitat

Yildirim hat recht. Die spezielle Form des Standardmodells ist natürlich eine Annahme, die man nicht wirklich herleiten oder beweisen kann. Allerdings kann man versuchen sie plausibel zu machen, wie man auf so eine Annahme kommt und das tut Ryder im Kapitel 8.5:

Er geht vom Dirac Lagrangian für Elektronen und Elektron-Neutrinos aus und überlegt welche inneren Symmetrien dieser besitzt. Der wichtige Punkt ist, dass es um innere Symmetrien geht, d.h. Symmetrien die mit der Lorentzgruppe vertauschen. Daraus folgt insbesondere der von Dir zitierte Satz "The transformations must be between particle whose space-time properties are the same, ...". Da eR und eL unterschiedlich transformieren unter der Lorentzgruppe (genauer: unter Boosts) können also nicht ineinander übergehen unter einer inneren Symmetrie. Gleiches gilt fuer eR und ne, "so the only possibility is a mixing of eL and ne".
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Apr 2013 22:27    Titel: Antworten mit Zitat

Man kann das auch so formulieren: zwei Transformationen P und S, die (P) die Helizität und (S) innere Eigenschafen wie schwachen Isospin oder schwache Hyperladung transformieren, müssen vertauschen, d.h. SP = PS.

Ein linkshändiges Elektron kann durch P nur in ein rechtshändiges Elektron überführt werden, P lässt jedoch sämtliche "innere" Quantenzahlen (el.-schw. Ladung, ...) unangetastet; insbs. entsteht kein Zustand mit Neutrinoanteilen o.ä.

Umgekehrt wird S nur auf schwache Quantenzahlen wirken und nicht auf Eigenschaften bzgl. der Raumzeit wirken.

Das gilt auch für andere Symmetrieoperationen der Raumzeit, z.B. Lorentztransformationen L anstelle von P.

Einen wie von dir o.a. Spinor aus rechts- und linkshändigen Anteilen kannst du konstruieren. Dabei wird P zwischen den beiden Spinoranteilen transformieren. S wird bzgl. der beiden Händigkeiten blockdiagonal sein und in beiden Sektoren identisch wirken.

Die Symmetriegruppe des Standardmodells ist "Poincaregruppe * U(1) * SU(2) * SU(3)" wobei ein direktes Produkt vorliegt, d.h. alle Symmetrieoperationen vertauschen.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Blob



Anmeldungsdatum: 04.04.2013
Beiträge: 4

Beitrag Blob Verfasst am: 05. Apr 2013 16:51    Titel: Antworten mit Zitat

Cool! Danke! Das hilft mir schon weiter.
Ich möchte noch sicher gehen, dass ich es verstanden habe:
Also die Poincarétraffos vertauschen mit den internen SU(2)-Traffos. Theoretisch könnte man sich aber ein Modell basteln, indem man eine andere SU(2) (z.B. aus e_R und Neutrino) wählt, die dann allerdings nicht mit der Poincarégruppe vertauschen würde. Und diese Theorie würde nicht unserer Natur entsprechen.
Kann man das so sagen?

Falls das so ist, stellt sich mir aber eine neue Frage, nämlich: Woher wissen wir, dass das linkshändige Elektron in einem Iso-Dublett und das rechtshändige Elektron in einem Iso-Singlett ist? Welche Physik steckt dahinter?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Apr 2013 17:21    Titel: Antworten mit Zitat

Blob hat Folgendes geschrieben:
Cool! Danke! Das hilft mir schon weiter.
Ich möchte noch sicher gehen, dass ich es verstanden habe:
Also die Poincarétraffos vertauschen mit den internen SU(2)-Traffos.

Genau

Blob hat Folgendes geschrieben:
Theoretisch könnte man sich aber ein Modell basteln, indem man eine andere SU(2) (z.B. aus e_R und Neutrino) wählt, die dann allerdings nicht mit der Poincarégruppe vertauschen würde. Und diese Theorie würde nicht unserer Natur entsprechen.

Ja, diese Theorie würde nicht der Natur entsprechen.

Ja, man kann so eine Theorie basteln. Aber es gibt das berühmte Coleman-Mandula no-go-Theorem, welches zunächst besagt, dass innere Symmetrien und Raumzeit-Symmetrien nur trivial d.h. vertauschend kombinierbar sind. Der einzige heute bekannte Ausweg ist der Verzicht auf die implizite Annahme, dass Ladungsoperatoren (als Generatoren der Symmetrietransformation) Skalare sind. Lässt man spinorwertige Ladungen zu, so erhält man mittels dieses Schlupfloches auch nicht-triviale Kombinationen. Die resultierende Symmetriestruktur nennt man Supersymmetrie.

Blob hat Folgendes geschrieben:
Falls das so ist, stellt sich mir aber eine neue Frage, nämlich: Woher wissen wir, dass das linkshändige Elektron in einem Iso-Dublett und das rechtshändige Elektron in einem Iso-Singlett ist? Welche Physik steckt dahinter?

Nun, man beobachtet genau diese Teilchen in der Natur, d.h. konkret linkshändige Iso-Dubletts und rechtshändige Singuletts. Die schwache WW verletzt die Parität maximal. Theoretisch könnten die fehlenden Partner des Singuletts (die entsprechenden Neutrinos) existieren, wären aber freie, nicht wechselwirkende Teilchen.

Die chirale Struktur des SM kann man an der Lagrangedichte ablesen:
http://en.wikipedia.org/wiki/Electroweak_interaction#After_electroweak_symmetry_breaking
Die Terme mit 1-gamma5 entsprechen den Projektoren.

Die chirale Struktur ist übrigens auch der Grund, warum fermionische Massenterme verboten sind. Massenterme für die Eichbosonen zerstören die Eichsymmetrie bereits klassisch; die Theorie ist dann nicht-renormierbar. Massenterme für Fermionen wären klassisch unproblematisch, allerdings tritt in erster Ordnung eine chirale Anomalie auf und zerstört wiederum die Eichsymmetrie. Im Falle nicht-chiralen Theorien wie der QED ist dies unproblematisch, da sich alle Anomalien über alle Teilchensorten exakt aufheben, da rechts- und linkshändige Teilchen mit entgegengesetztem Vorzeichen beitragen. Im Falle chiralen Theorien wie dem SM fehlen die Beiträge einer Händigkeit und die Anomalie bleibt bestehen. Daher muss das Higgsfeld (oder etwas vergleichbares) auch die Massen der Fermionen erzeugen.

Das Wegheben der einzelnen Beiträge zur Anomalie funktioniert nur, wenn alle Multipletts vollständig sind und wenn die Teilchen mit den passenden Ladungen koppeln. Z.B. wäre das SM ohne das Top unvollständig (deswegen musste dieses existieren!). Oder das SM mit Quarkladungen die sich nicht zu Eins addieren wäre ebenfalls inkonsistent (Up mit 2/5, Down mit -1/5, Proton dann mit 3/5).

D.h. man weiß zwar nicht, warum man gerade diese Teilchen, Ladungen, Händigkeiten, Multipletts, Symmetrien etc. beobachtet, aber es ist verdammt schwierig, da ein konsistentes Modell zu basteln, insbesondere wenn es chiral ist.

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