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Ahornsamen Flug
 
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Halturn
Gast





Beitrag Halturn Verfasst am: 10. Dez 2020 12:55    Titel: Ahornsamen Flug Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo, ich habe 2 denke ich sehr schwierige Fragen:

Warum gleiten Ahornsamen flach zu Boden?

Warum fallen Sie nicht auf einer gedachten Geraden rotierend nach unten sondern Trudeln meist auch noch gleichmäßig in Korkenziehermanier?

Meine Ideen:
Zur 1 Frage:

Meine Vorüberlegung hier ist folgende: die Samen gleiten flach drehend nach unten, damit präsentieren Sie doch dem Luftpolster die maximal mögliche Fläche! Sollte es nicht eher so sein, dass Sie mir der Kante voranfallen, da dann der Luftwiderstand am geringsten wäre?

Zur 2 Frage:

Warum sollten sie so gleichmäßig nach unten zirkeln, es scheint hier Luftströmungen und Asymmetrien zu geben, die aber doch zu stabilen Flugzuständen in komplizierten Figuren führen.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 10. Dez 2020 14:34    Titel: Re: Ahornsamen Flug Antworten mit Zitat

Halturn hat Folgendes geschrieben:
Meine Vorüberlegung hier ist folgende: die Samen gleiten flach drehend nach unten, damit präsentieren Sie doch dem Luftpolster die maximal mögliche Fläche! Sollte es nicht eher so sein, dass Sie mir der Kante voranfallen, da dann der Luftwiderstand am geringsten wäre?


Sie tun beides. Versetzte Dich mal in das Ruhesystem des Samens und überlege, aus welcher Richtung die Kante angeströmt wird.
Halturn
Gast





Beitrag Halturn Verfasst am: 10. Dez 2020 15:59    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, ich habe mir da schon viele Überlegungen zu gemacht, sonst hätte ich es auch nicht hier angefragt.

Der Flugsamen ist zunächst so ausgerichtet, dass er mit dem Massezentrum (der schweren Knospe) nach unten fällt und auch von der Richtung her angeströmt wird.
Nur entsteht durch diese Anströmung schon eine Drehung und wird dann durch die Massenträgheit der Samen flach ausgerichtet? Das wären nur Vermutungen.

Zudem habe ich mir auch mal den Spass gemacht und ein paar Samen mit nach drinnen genommen und versucht jeden Luftzug zu unterbinden.

Die meisten der Flugsamen sind in gleichmäßigen Zirkelbewegungen nach unten geschwebt, wobei die Winkelgeschwindigkeit der Samen viel schneller war als die Zirkelbewegung.

Also etwa 30 Umdrehungen des Ahornsamens bei einem Zirkel. (Zirkel verstehe ich hier so, dass der Samen dann nach einer Runde unter der gleichen Stelle fliegt wie eine Runde zuvor.)

Hier müsste doch eine Art Oszillation am Werke sein? Vielleicht wie bei einer Nutation durch die Schwerkraft? Das ist aber wirklich ins Blaue vermutet...
A.T.



Anmeldungsdatum: 06.02.2010
Beiträge: 343

Beitrag A.T. Verfasst am: 10. Dez 2020 16:02    Titel: Re: Ahornsamen Flug Antworten mit Zitat

Halturn hat Folgendes geschrieben:
Meine Frage:
Warum gleiten Ahornsamen flach zu Boden?

Wenn Du "maple seed physics" googlest, findest eine Menge interessanter Artikel dazu:

https://www.grc.nasa.gov/www/k-12/TRC/Aeronautics/Maple_Seed.html

https://dragonfly.tam.cornell.edu/publications/2012_nonlinearity_kapil.pdf

https://www.fzt.haw-hamburg.de/pers/Scholz/arbeiten/TextDesenfans.pdf
Halturn
Gast





Beitrag Halturn Verfasst am: 10. Dez 2020 17:35    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank, gerade im Dragonflyartikel wird sehr schön beschrieben, dass die Autorotation schon vor der Wirksamkeit der aerodynamischen Kraft durch die Ausrichtung am Ast einsetzt. Das verblüfft mich.

Zudem ist mir jetzt klar, dass die Autorotation ein dynamisches Gleichgewicht aus Zentrifugalkraft sowie Drehmoment durch Luftwiderstand ist, was den stabilen Anstellwinkel hervorbringt.

Aber was könnte denn das zirkeln noch erklären? eine Oszillation des ganzen Systems?
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 10. Dez 2020 19:19    Titel: Antworten mit Zitat

Halturn hat Folgendes geschrieben:
Aber was könnte denn das zirkeln noch erklären? eine Oszillation des ganzen Systems?


Die Schraubenbewegung kommt dann zustande, wenn die Bewegung des Rotors eine horizontale Komponente hat. Die Rotorebene kippt dann etwas zur Seite, so dass zusätzlich zum Auftrieb eine horizontale Kraft senkrecht zur Bewegungsrichtung wirktt. Anscheinend ist der Samen so "konstruiert", dass sich ein stationärer Zustand einstellt, bei dem Neigung und Gleitwinkel annähernd konstant bleiben. Das macht durchaus Sinn, weil auf diese Weise ein Translationsauftrieb entsteht, der den Samen länger in er Luft hält. Im Idealfall würde er einfach geradeaus fliegen, wie ein Hubschrauber in Autorotation. Aber das ist ohne aktive Steuerung wohl nicht zu schaffen.
Halturn
Gast





Beitrag Halturn Verfasst am: 10. Dez 2020 20:38    Titel: Antworten mit Zitat

Ok , vielen Dank
Langsam verstehe ich es immer besser.

Nur noch eine Frage, danach lasse ich euch wieder in Ruhe:

Die Initialrotation ist mir klar. Aber die anhaltende Drehung wird immer dadurch erklärt , dass der Auftrieb asymmetrisch anliegt.
Das führt nach meinem Verständnis aber zu einem Kippmoment, warum wird aber die Rotation hierdurch aufrecht gehalten?
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 10. Dez 2020 23:49    Titel: Antworten mit Zitat

Halturn hat Folgendes geschrieben:
Aber die anhaltende Drehung wird immer dadurch erklärt , dass der Auftrieb asymmetrisch anliegt.
Das führt nach meinem Verständnis aber zu einem Kippmoment, warum wird aber die Rotation hierdurch aufrecht gehalten?


Dem Kippmoment wirkt die Zentrifugalkraft entgegen. Bei einer bestimmten Kombination aus Drehzahl und Neigung sollte sich da ein Gleichgewicht einstellen.

Entscheidend für die Aufrechterhaltung der Rotation ist die Tatsache, dass der Samen nicht nur rotiert, sondern auch nach unten sinkt. Dadurch wird der Flügel in seinem Ruhesystem nicht horizontal, sondern schräg von unten angeströmt. Da der daraus resultierende Auftrieb senkrecht zur Strömungsrichtung wirkt, ist er nicht nur nach oben, sondern auch etwas nach vorn gerichtet und weil er asymmetrisch wirkt, bewirkt die nach vorn gerichtete Kraftkomponente ein Drehmoment, das die Rotation antreibt. Mit zunehmender Tangentialgeschwindigkeit wird der nach hinten gerichtete Strömungswiderstand immer größer, bis sich auch hier ein Gleichgewicht einstellt.
Halturn
Gast





Beitrag Halturn Verfasst am: 10. Dez 2020 23:52    Titel: Antworten mit Zitat

Wow, ihr seid klasse! Kann man was spenden an das Board?
A.T.



Anmeldungsdatum: 06.02.2010
Beiträge: 343

Beitrag A.T. Verfasst am: 11. Dez 2020 04:57    Titel: Antworten mit Zitat

Halturn hat Folgendes geschrieben:
Ok , vielen Dank
...warum wird aber die Rotation hierdurch aufrecht gehalten?


Das Video unten könnte hilfreich sein, ab 3:36 min:

https://www.youtube.com/watch?v=BTqu9iMiPIU
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