RegistrierenRegistrieren   LoginLogin   FAQFAQ    SuchenSuchen   
Vierergeschwindigkeit, Viererimpuls
 
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Mechanik
Autor Nachricht
Gast_0708
Gast





Beitrag Gast_0708 Verfasst am: 07. Aug 2017 17:00    Titel: Vierergeschwindigkeit, Viererimpuls Antworten mit Zitat

Hallo,

habe ein Paar Fragen zu Vierervektoren:

a) wenn ich recht verstanden habe, erhalte ich die 4er-Geschwindigkeit, wenn ich den 4er-Ortsvektor nach der Eigenzeit ableite.

Ortsvektor

Eigenzeit ist

sodaß

sofern das bis hierher richtig ist, dann habe ich ja den Lorentzfaktor vor den Vektorkoordinaten.

Bei V = 0,99c habe ich ungefähr Faktor 7.

Würde dann nicht die Geschwindigkeit für die x, y oder z-Komponente deutlich größer als Lichtgeschwindigkeit ?

b) Die t-Komponente ist bei der 4er-Geschwindigkeit = c, auch für ein im Inertialsystem ruhendes Objekt mit x, y und z-Geschwindigkeit = 0.

Heißt das, daß der Raum sich mit Lichtgeschwindigkeit durch die 4te Dimension bewegt ?

c) analog 4er-Impuls. Heißt das, daß ein ruhendes Objekt einen Impuls in Zeitrichtung hat ?

Danke vorab für Hilfestellung ...
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 07. Aug 2017 17:59    Titel: Re: Vierergeschwindigkeit, Viererimpuls Antworten mit Zitat

Gast_0708 hat Folgendes geschrieben:


Bei V = 0,99c habe ich ungefähr Faktor 7.

Würde dann nicht die Geschwindigkeit für die x, y oder z-Komponente deutlich größer als Lichtgeschwindigkeit ?


Wieso glaubst du, daß es so wäre? Die Geschwindigkeit ist doch dieselbe, die du gerade auf 0.99c gesetzt hast.

Zitat:

b) Die t-Komponente ist bei der 4er-Geschwindigkeit = c, auch für ein im Inertialsystem ruhendes Objekt mit x, y und z-Geschwindigkeit = 0.

Heißt das, daß der Raum sich mit Lichtgeschwindigkeit durch die 4te Dimension bewegt ?


Nicht die t-Komponente der Vierergeschwindigkeit ist gleich c, sondern ihre Minkowski-Norm. Und das bedeutet nichts anderes, als daß 1 Sekunde genau die Zeit ist, die das Licht benötigt um 1 Lichtsekunde zu durchqueren. Die universelle Gültigkeit dieser Aussage ist genau die Basis für die Einführung einer Metrik auf der Raumzeit.

Zitat:

c) analog 4er-Impuls. Heißt das, daß ein ruhendes Objekt einen Impuls in Zeitrichtung hat ?


Ja, die "Zeitrichtung" des Viererimpulses nennt man aber gewöhnlich "Energie".
Gast_0708
Gast





Beitrag Gast_0708 Verfasst am: 07. Aug 2017 20:50    Titel: Re: Vierergeschwindigkeit, Viererimpuls Antworten mit Zitat

Danke für Deine hilfreichen Antworten.

[quote="index_razor"]
Gast_0708 hat Folgendes geschrieben:

Nicht die t-Komponente der Vierergeschwindigkeit ist gleich c, sondern ihre Minkowski-Norm. Und das bedeutet nichts anderes, als daß 1 Sekunde genau die Zeit ist, die das Licht benötigt um 1 Lichtsekunde zu durchqueren. Die universelle Gültigkeit dieser Aussage ist genau die Basis für die Einführung einer Metrik auf der Raumzeit.


Ich hatte es so gedacht, daß wenn bei der 4er-Geschwindigkeit die x, y und z-Komponenten jeweils = 0 sind, daß dann die t-Komponente = "c" ist, also quasi die Norm, und somit für ein Objekt, welches sich nicht im Raum bewegt (weil x, y und z ja = 0), es sich nur in der Zeit bewegt, und somit eine t-Komponente von = c hat. Ist das nicht richtig ?

Ich steh da wahrscheinlich auf dem Schlauch, aber um es konkret zu machen, wie wäre denn die 4er-Geschwindigkeit für ein Objekt, welches sich

a) nur in z-Richtung mit 0,8 c bewegt,

b) in x, y und z-Richtung nicht bewegt, also im Raum ruht.

Danke nochmals vorab.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 07. Aug 2017 21:31    Titel: Re: Vierergeschwindigkeit, Viererimpuls Antworten mit Zitat

Gast_0708 hat Folgendes geschrieben:


Ich hatte es so gedacht, daß wenn bei der 4er-Geschwindigkeit die x, y und z-Komponenten jeweils = 0 sind, daß dann die t-Komponente = "c" ist, also quasi die Norm, und somit für ein Objekt, welches sich nicht im Raum bewegt (weil x, y und z ja = 0), es sich nur in der Zeit bewegt, und somit eine t-Komponente von = c hat. Ist das nicht richtig ?


Doch, ich versuche nochmal das besser zu erklären, denn dieses c hat absolut nichts mysteriöses an sich. Also, das ist so: wir wissen, daß die Lichtgeschwindigkeit konstant ist. Das bedeutet aber, daß wir, anstatt die Dauer eines Vorgangs in Sekunden zu messen, auch angeben können, welche Entfernung das Licht in derselben Zeitspanne zurückgelegt hätte. Also statt "Es dauert n Sekunden", können wir genauso sagen "Es dauert so lange, wie Licht braucht um n mal 300000 km zurückzulegen." Also ist 300000km eine genauso gute Zeitenheit wie eine Sekunde. Nichts anderes hat es zu bedeuten, daß im Ortsvektor die Komponenten



stehen. t ist die Zeit in Sekunden, aber ist die Zeit in 300000km.

Bei astronomischen Entfernungen macht man es meist umgekehrt, statt zu sagen "Das Objekt ist soundso viele km entfernt", gibt man die Entfernung in der Zeit an, die Licht bräuchte um dieselbe Entfernung zurückzulegen. Das entspricht der Angabe des Ortsvektors in der Form



Bei theoretischen Überlegungen ist diese Form allerdings recht unpopulär, wahrscheinlich wegen der drei c-Faktoren anstatt nur eines einzigen.

Die weitaus populärste Variante ist aber wirklich alle auftauchenden "Entfernungen", egal ob räumliche oder zeitliche Entfernungen, in derselben Einheit anzugeben, also



zu schreiben. Das ist äquivalent dazu c=1 zu setzen, bzw. alle Geschwindigkeiten als Anteil an der Lichtgeschwindigkeit anzugeben.

Zitat:

Ich steh da wahrscheinlich auf dem Schlauch, aber um es konkret zu machen, wie wäre denn die 4er-Geschwindigkeit für ein Objekt, welches sich

a) nur in z-Richtung mit 0,8 c bewegt,


Dies hat die Vierergeschwindigkeit



Hier ist und . Es handelt sich jeweils um den Einheitsvektor in z-Richtung, bzw. in t-Richtung. Letzterer ist automatisch, bis auf den Faktor c mit der Vierergeschwindigkeit eines im Bezugssystem ruhenden Objekts identisch.

Zitat:

b) in x, y und z-Richtung nicht bewegt, also im Raum ruht.


gast_0708
Gast





Beitrag gast_0708 Verfasst am: 08. Aug 2017 16:56    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen dank für deine Zeit und Mühe, die Du aufgebracht hast, um mir das näherzubringen Thumbs up!

bei habe ich aber wieder die Verständnisschwierigkeit, daß ich eine Vierergeschwindigkeit für ein im Raum ruhendes Objekt habe, dessen Geschwindigkeitsvektor nur aus der t-Komponente besteht und Lichtgeschwindigkeit * Einheitsvektor ist.

Bitte wieder korrigieren wenn falsch, aber wenn ich das zeichnen würde, dann würde ich einen Punkt für das ruhende Objekt machen und daran den Vektor anlegen, der dann parallel zur Zeitachse und in Richtung der fortschreitenden Zeit zeigt und den Wert c * 1 hat. Ist das nicht so ?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Aug 2017 18:22    Titel: Antworten mit Zitat

gast_0708 hat Folgendes geschrieben:
Vielen dank für deine Zeit und Mühe, die Du aufgebracht hast, um mir das näherzubringen :thumb:


Keine Ursache, gern geschehen.

Zitat:

bei habe ich aber wieder die Verständnisschwierigkeit, daß ich eine Vierergeschwindigkeit für ein im Raum ruhendes Objekt habe, dessen Geschwindigkeitsvektor nur aus der t-Komponente besteht und Lichtgeschwindigkeit * Einheitsvektor ist.


Warum ist denn das ein Problem?

Zitat:

Bitte wieder korrigieren wenn falsch, aber wenn ich das zeichnen würde, dann würde ich einen Punkt für das ruhende Objekt machen und daran den Vektor anlegen, der dann parallel zur Zeitachse und in Richtung der fortschreitenden Zeit zeigt und den Wert c * 1 hat. Ist das nicht so ?


Was meinst du denn damit, daß der Vektor "den Wert" c hat? Meinst du die Minkowski-Norm? Dann stimmt das, ist aber nicht davon abhängig ob das Objekt ruht oder nicht.

Ich verstehe auch nicht, was du genau zeichnen willst. Die Weltlinie des Objekts? Das wäre einfach eine Gerade parallel zu in dem System, in welchem es ruht. Es kann im Raumzeit-Diagramm nicht nur durch einen einzelnen Punkt dargestellt werden. Ich bin nicht sicher, daß ich verstehe, worauf du hinaus willst.
Gast_0708
Gast





Beitrag Gast_0708 Verfasst am: 08. Aug 2017 20:39    Titel: Antworten mit Zitat

mein Gedankenknoten ist:

wenn die Vierergeschwindigkeit eine vektorielle, also gerichtete Größe ist, und wenn ich diesen Vektor der Vierergeschwindigkeit zeichne, dann hat der Vektorpfeil eine bestimmte Länge und zeigt irgendwo hin.

Im Falle eines ruhenden Objekts (in den Richtungen x, y und z jeweils v = 0) habe ich nur eine Zeitkomponente des Viererverktors und der dieser reduziert sich zu eben wie Du es oben beschrieben hast, also Lichtgeschwindigkeit mal Einheitsvektor. Für das ruhende Objekt zeigt dieser Pfeil nur in die Zeitrichtung. Da sehe ich immer, daß sich das ruhende Objekt mit Lichtgeschwindigkeit durch die Zeit bewegt, also real wirklich bewegt.

Tut es das und ist das eine zulässige Deutung ? grübelnd
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Aug 2017 19:23    Titel: Antworten mit Zitat

Gast_0708 hat Folgendes geschrieben:

Im Falle eines ruhenden Objekts (in den Richtungen x, y und z jeweils v = 0) habe ich nur eine Zeitkomponente des Viererverktors und der dieser reduziert sich zu eben wie Du es oben beschrieben hast, also Lichtgeschwindigkeit mal Einheitsvektor. Für das ruhende Objekt zeigt dieser Pfeil nur in die Zeitrichtung. Da sehe ich immer, daß sich das ruhende Objekt mit Lichtgeschwindigkeit durch die Zeit bewegt, also real wirklich bewegt.

Tut es das und ist das eine zulässige Deutung ? ?(


Nein, das bedeutet nur, daß du alle Raumzeitintervalle, sowohl die raumartigen als auch die zeitartigen, in Metern mißt, aber die Zeitintervalle, wie üblich in Sekunden. Die Normierung der Vierergeschwindigkeit gibt lediglich den Umrechnungsfaktor an. Du kannst genauso gut Raumzeitintervalle in Sekunden messen, indem du setzt. Dann ist die Vierergeschwindigkeit



Oder du mißt Zeitintervalle in km. Dann ist

und es gilt wieder ()



und für ein ruhendes Objekt gilt in beiden Fällen



Wie würdest du diese Gleichung interpretieren?
Ich



Anmeldungsdatum: 11.05.2006
Beiträge: 913
Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 10. Aug 2017 09:11    Titel: Antworten mit Zitat

Gast_0708 hat Folgendes geschrieben:
Da sehe ich immer, daß sich das ruhende Objekt mit Lichtgeschwindigkeit durch die Zeit bewegt, also real wirklich bewegt.

Tut es das und ist das eine zulässige Deutung ? grübelnd
Wenn du c=1 setzt, ist ganz klar, was du da siehst: dt/dτ. Das gibt an, wieviele Sekunden Koordinatenzeit pro Sekunde Eigenzeit vergehen. Fertig.

Man könnte das stattdessen die Geschwindigkeit nennen, mit der sich das Objekt in die Zukunft bewegt, aber das trägt nichts zur Erhellung dieser einfachen Aussage bei. Im Gegenteil, das klingt unnötig mystisch.
Gast_0708
Gast





Beitrag Gast_0708 Verfasst am: 11. Aug 2017 12:04    Titel: Antworten mit Zitat

Danke nochmal für die Antworten. Mit Setzen von c = 1 habe ich es denke ich verstanden, die t-komponente ist Koordinatenzeit durch Eigenzeit und dann somit dimensionslos. Aber verwässert man dadurch nicht, dass es sich um einen Geschwindigkeitsvektor handelt ? Ich würde als Ergebnis konsequenterweise auch eine Geschwindigkeit erwarten. "Zwingt" mich denn jemand, mit c = 1 zu rechnen oder kann ich alternativ auch mit SI-Einheiten rechnen umd die Geschwindigkeit sichtbar zu machen ...

Folgefrage: Führen die Gleichungen der beiden Relativitätstheorien (RTs) zwingend zu einer Auffassung der Raumzeit als Blockuniversum oder ist es "nur" die allgemeine Auslegung. Gibt es auch zulässige Deutungen der RTs mit einem, nennen wir es mal dynamischen Universum ?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Aug 2017 19:26    Titel: Antworten mit Zitat

Gast_0708 hat Folgendes geschrieben:
Danke nochmal für die Antworten. Mit Setzen von c = 1 habe ich es denke ich verstanden, die t-komponente ist Koordinatenzeit durch Eigenzeit und dann somit dimensionslos. Aber verwässert man dadurch nicht, dass es sich um einen Geschwindigkeitsvektor handelt ? Ich würde als Ergebnis konsequenterweise auch eine Geschwindigkeit erwarten.


Es bleibt ja auch eine Geschwindigkeit unabhängig von der Einheit. Wenn ich 300 km zurücklege und dafür ca. 3 h benötige, dann habe ich eine Geschwindigkeit von durchschnittlich 100 km pro Stunde oder etwa einer 10 millionstel Lichtsekunde pro Sekunde. Das entspricht der einheitenlosen Zahl . Das ist ungefähr so ähnlich, wie .

Zitat:

"Zwingt" mich denn jemand, mit c = 1 zu rechnen oder kann ich alternativ auch mit SI-Einheiten rechnen umd die Geschwindigkeit sichtbar zu machen ...


In der RT bist du gezwungen Zeitintervalle und Raumintervalle zu addieren. Da mußt du doch an irgendeiner Stelle das eine in das andere umrechnen. Du kannst dir aussuchen, ob deine Basiseinheit für beides nun Sekunde oder Kilometer ist. Ich würde sagen c=1 zu setzen bedeutet nur, daß du eine gemeinsame Einheit für Länge und Zeit wählst, aber offen läßt, welche.

Zitat:

Folgefrage: Führen die Gleichungen der beiden Relativitätstheorien (RTs) zwingend zu einer Auffassung der Raumzeit als Blockuniversum oder ist es "nur" die allgemeine Auslegung. Gibt es auch zulässige Deutungen der RTs mit einem, nennen wir es mal dynamischen Universum ?


Bei Wikipedia lerne ich, daß man unter "Blockuniversum" die Auffassung versteht, daß zukünftige Zeitpunkte genauso real sind wie gegenwärtige und vergangene. Es ist leicht nachvollziehbar, daß die Leugnung dieser Sichtweise in der Relativitätstheorie irgendwie unnatürlich wirkt. Schon allein aus dem Grund, daß Zukunft und Vergangenheit relative Begriffe sind.

Aber warum sollte das "zwingend" sein? Man kann sich immer irgendwelche unbeobachtbaren Zusatzstrukturen ausdenken, die eine absolute Grenze zwischen Zukunft und Vergangenheit definieren. Das funktioniert meines Wissens auch ohne große Probleme in der Relativitätstheorie. Man benötigt nur eine integrable Menge von 3dimensionalen raumartigen Flächen in jedem Ereignis, die den unmeßbaren absoluten Raum definieren, der die "absolute Gegenwart" definiert und die "absolute Vergangenheit" von der "absoluten Zukunft" trennt. Für keinen Beobachter macht das einen Unterschied, denn jeder erfährt nur etwas über Ereignisse aus seinem Vergangenheitslichtkegel, die jeweils immer auch sicher in der "absoluten Vergangenheit" liegen. Wäre das dann eine "zulässige Deutung"?

Ich denke diese Frage ob zukünftige Ereignisse "existieren" ist von untergeordneter theoretischer Relevanz. Als Physiker interessiert man sich normalerweise nicht einfach für die Existenz irgendwelcher abstrakten "Ereignisse" des Universums in der Zukunft, sondern dafür, welche Voraussagen meine Bewegungsgleichungen, ausgehend von einer konkreten Situation in der Gegenwart, über den Zustand meines Systems zu beliebigen späteren Zeiten ermöglichen.

Ich denke nicht, daß man behaupten kann, daß die Relativitätstheorie für beliebige Systeme und beliebige Anfangsbedingungen auf diese Frage immer eine definitive Antwort bieten kann. Das kann nicht mal die Newtonsche Mechanik.
Gast_0708
Gast





Beitrag Gast_0708 Verfasst am: 14. Aug 2017 18:30    Titel: Antworten mit Zitat

Danke nochmal für Deine ausführliche Antwort.

Zitat:
Aber warum sollte das "zwingend" sein?


Der Kern meiner Frage ist/war, ob man die RTs auch dynamisch denken bzw. interpretieren kann. In den meisten Quellen zu diesem Thema habe ich die Paarung "spezielle RT --> Blockuniversum" als natürlich gegeben verstanden.

(Siehe hierzu auch wiki "Blockuniversum": "Im modernen Sinne ist die Vorstellung des Blockuniversums mit einer Beschreibung der Raumzeit verbunden, die die Spezielle Relativitätstheorie in der Auffassung von Minkowski nahelegt: Die Raumzeit als vierdimensionaler „Block“ anstelle der "klassischen" Vorstellung eines dreidimensionalen Raumes, der sich auf der Zeitachse bewegt oder dessen Zustände sich innerhalb der Zeit ändern.")

Evtl. kommt man zu anderen Erkenntnissen, wenn man von "etwas" (Raum, 3D-Raum) ausgeht, welches sich durch "etwas anderes" (Zeit, >=4D-Raum) mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, die Vierervektoren quasi wörtlich nimmt (steht und fällt damit, ob die Zeitkomponente der Vierergeschwindigkeit eine geschwindigkeit ist oder nicht.). Z.B. finde ich die Idee interessant, daß die Ausbreitungsgeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle im Raum, v = c_s "nur" die direkte Folge dieser Bewegung des 3D-Raumes durch die >=4D-Zeit ist. Bildlich dargestellt ware dies so etwas wie die Oberfläche eines fließenden Gewässers und die Fließrichtung die Zeitrichtung. Also eine wirkliche Bewegung, und kein Block.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 14. Aug 2017 21:48    Titel: Antworten mit Zitat

Gast_0708 hat Folgendes geschrieben:

Der Kern meiner Frage ist/war, ob man die RTs auch dynamisch denken bzw. interpretieren kann. In den meisten Quellen zu diesem Thema habe ich die Paarung "spezielle RT --> Blockuniversum" als natürlich gegeben verstanden.


Ich denke diese Frage basiert auf einer falschen Gegenüberstellung. "Blockuniversum" und "dynamisches Universum" schließen sich nicht aus und ein "Nicht-Blockuniversum" ist nicht automatisch dynamisch. Dynamisch bedeutet normalerweise, daß sich etwas mit der Zeit ändert. Das tut das Universum in der Allgemeinen Relativitätstheorie nach üblicher Auffassung, ob man es nun "Blockuniversum" nennt oder nicht.

Die meisten sinnvollen Beschreibungen dynamischer Systeme lassen sich übrigens in eine Art "Blockstruktur" verwandeln. Das ist gang und gäbe und hat gar nichts mit der Relativitätstheorie zu tun. Nimm einfach an, du hättest eine Familie zeitabhängiger "Räume"-- Ortsraum, Konfigurationsraum, etc. -- , auf denen du jeweils einen Schnappschuß des aktuellen Geschehens beschreibst. Dann bilde die disjunkte Vereinigung



und du hast einen zeitunabhängigen "ewigen" Block M definiert, auf dem sich die gesamte Dynamik (Historie und Zukunft), inklusive der Änderung der Räume "R" abspielt.

Diese Blockstruktur bezeichnet man normalerweise als "Bündel". Das oben definierte Bündel besteht aus den Paaren (x,t) mit und definiert deshalb eine Abbildung auf M, .

Umgekehrt kann man jedes "Bündel" wieder "dynamisieren", indem man den Raum definiert. Die Relativitätstheorie definiert nun lediglich, im Gegensatz zur Newtonschen Mechanik, keine ausgezeichnete Funktion , sondern höchstens eine beobachterabhängige. Das heißt aber nicht, daß es nicht sinnvoll sein kann, eine bestimmte Funktion willkürlich auszuwählen.

Zitat:

(Siehe hierzu auch wiki "Blockuniversum": "Im modernen Sinne ist die Vorstellung des Blockuniversums mit einer Beschreibung der Raumzeit verbunden, die die Spezielle Relativitätstheorie in der Auffassung von Minkowski nahelegt: Die Raumzeit als vierdimensionaler „Block“ anstelle der "klassischen" Vorstellung eines dreidimensionalen Raumes, der sich auf der Zeitachse bewegt oder dessen Zustände sich innerhalb der Zeit ändern.")


Das ist nur ein sehr oberflächlicher Gegensatz. Die "klassische" Vorstellung kann man ohne weiteres als Blockuniversum formulieren. Der wahre Unterschied zwischen beiden Theorien ist der zwischen "absoluter Gleichzeitigkeit" und "relativer Gleichzeitigkeit". Das hat m.E. rein gar nichts mit der "realen Existenz der Zukunft" zu tun. Wie gesagt, jede Interpretation der RT, in der zukünftige Ereignisse irgendwie unrealer sein sollen als vergangene, wirkt äußerst unnatürlich. Aber logisch zwingend ausgeschlossen ist das m.E. nicht.

Zitat:

Evtl. kommt man zu anderen Erkenntnissen, wenn man von "etwas" (Raum, 3D-Raum) ausgeht, welches sich durch "etwas anderes" (Zeit, >=4D-Raum) mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, die Vierervektoren quasi wörtlich nimmt (steht und fällt damit, ob die Zeitkomponente der Vierergeschwindigkeit eine geschwindigkeit ist oder nicht.).


Ich glaube diesen Punkt hast du noch nicht richtig verstanden. Ob du alle Komponenten der 4er Geschwindigkeit als Geschwindigkeit bezeichnen möchtest, hat gar nichts damit zu tun, ob nun oder . Das ist lediglich eine Frage der gewählten Einheiten. Der Unterschied hat keinerlei physikalische oder philosophische Konsequenzen.

Ansonsten kommt man schon zu interessanten Erkenntnissen, wenn man, wie du letztlich vorschlägst, die Raumzeit in Schichten konstanter Zeit unterteilt und die zeitliche Entwicklung dieser Schichten untersucht. Zum Beispiel gibt es einen Zusammenhang zwischen der äußeren Krümmung dieser Schichten und ihrer Dynamik, bzw. der Dynamik der Raumzeit. Auch verwendet man dies als Ansatz zur kanonischen Quantisierung der Gravitation. (Man bezeichnet das als ADM-Formalismus, oder Hamiltonsche Formulierung der ART.)

Andererseits kommt man auch zu interessanten Erkenntnissen über den Zusammenhang zwischen Äquivalenzprinzip und Raumzeitkrümmung, wenn man den umgekehrten Ansatz macht und die Newtonsche Mechanik in Form eines "Blockuniversums" beschreibt. Die Konstruktion kannst du dir so vorstellen wie ich sie oben beschrieben habe, mit als "absoluter Zeit" auf der "newtonschen Raumzeit". Auf dieser Raumzeit verursacht die Massendichte genau die Krümmung, deren Geodäten den klassischen Orbits der Newtonschen Gravitationstheorie entsprechen.

Zitat:

Z.B. finde ich die Idee interessant, daß die Ausbreitungsgeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle im Raum, v = c_s "nur" die direkte Folge dieser Bewegung des 3D-Raumes durch die >=4D-Zeit ist. Bildlich dargestellt ware dies so etwas wie die Oberfläche eines fließenden Gewässers und die Fließrichtung die Zeitrichtung. Also eine wirkliche Bewegung, und kein Block.


Das verstehe ich nicht so ganz, ich habe aber den Eindruck, das geht eher in die falsche Richtung. Der entscheidende Aspekt ist ja der, zu begründen, warum die Geschwindigkeit der Welle für alle Beobachter dieselbe ist. Es gibt ja gar nicht "den einen Raum", der sich irgendwie durch die Zeit bewegt. Es gibt ja auch nicht die eine Zeit. In der RT bringt jeder Beobachter seinen eigenen Raum und seine Eigenzeit mit. Wenn ich mir ein fließendes Gewässer vorstelle, dann denke ich gleich an ausgezeichnetes Ruhesystem und verstehe nicht, warum c unabhängig vom Bewegungszustand des Beobachters ist.
Gast_0708
Gast





Beitrag Gast_0708 Verfasst am: 17. Aug 2017 17:09    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für Deine ausführliche Erklärung, ich habe sie schon gelesen, kam aber leider noch nicht zum reflektieren. Ich werde wohl erst am Wochenende dazu kommen.
gast_0508
Gast





Beitrag gast_0508 Verfasst am: 25. Sep 2017 16:59    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was meinst du denn damit, daß der Vektor "den Wert" c hat? Meinst du die Minkowski-Norm? Dann stimmt das, ist aber nicht davon abhängig ob das Objekt ruht oder nicht.

Ich verstehe auch nicht, was du genau zeichnen willst. Die Weltlinie des Objekts? Das wäre einfach eine Gerade parallel zu in dem System, in welchem es ruht. Es kann im Raumzeit-Diagramm nicht nur durch einen einzelnen Punkt dargestellt werden. Ich bin nicht sicher, daß ich verstehe, worauf du hinaus willst.


nochmals eine Anmerkung zu diesem Punkt: Wenn ich richtig verstanden habe, dann ist die Vierergeschwindigkeit eines ruhenden Objektes oder auch mit c=1, also der Einheitsvektor selbst. Aus wiki lerne ich, daß ein Einheitsvektor die Länge 1 hat.

Wir reden von der Vierergeschwindigkiet, einer Geschwindigkeit, und von einem Vektor, der die Länge 1 hat. Diesen vektor kann ich zeichnen. Im vorliegenden Fall eines ruhenden Objektes hätte der Geschwindigkeitsvektor die Länge 1, obwohl das Objekt im Raum ruht, und würde parallel zur Zeitachse liegen.

richtig soweit ?

Danke vorab
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 25. Sep 2017 20:00    Titel: Antworten mit Zitat

gast_0508 hat Folgendes geschrieben:

Wir reden von der Vierergeschwindigkiet, einer Geschwindigkeit, und von einem Vektor, der die Länge 1 hat. Diesen vektor kann ich zeichnen. Im vorliegenden Fall eines ruhenden Objektes hätte der Geschwindigkeitsvektor die Länge 1, obwohl das Objekt im Raum ruht, und würde parallel zur Zeitachse liegen.


Die Länge des Vierergeschwindigeitsvektors ist allerdings unabhängig davon ob das Objekt ruht oder nicht. Momentane Ruhe oder Bewegung eines Objekt ist eine relative Eigenschaft (relativ zu anderen Vierergeschwindigkeiten), die Länge (oder Norm) ist eine Eigenschaft eines Vektors allein.
gast_0508
Gast





Beitrag gast_0508 Verfasst am: 26. Sep 2017 10:10    Titel: Antworten mit Zitat

Ist den in der relativistischen Energie-Impuls-Beziehung





das c ebenfalls die Minkowski Norm oder ist dies hier die reale Lichtgeschwindigkeit ?
as_string
Moderator


Anmeldungsdatum: 09.12.2005
Beiträge: 5785
Wohnort: Heidelberg

Beitrag as_string Verfasst am: 26. Sep 2017 11:10    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist die Lichtgeschwindigkeit, aber Du brauchst eine 4 im Exponent beim ersten c.

Gruß
Marco
gast_0508
Gast





Beitrag gast_0508 Verfasst am: 26. Sep 2017 13:27    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für den hinweis, vertippt. So ist es richtig:





das c ebenfalls die Minkowski Norm oder ist dies hier die reale Lichtgeschwindigkeit ?[/quote]
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 26. Sep 2017 19:40    Titel: Antworten mit Zitat

gast_0508 hat Folgendes geschrieben:
Danke für den hinweis, vertippt. So ist es richtig:





das c ebenfalls die Minkowski Norm oder ist dies hier die reale Lichtgeschwindigkeit ?


Man kann nicht sinnvoll beantworten, ob irgendeine Zahl in irgendeiner Gleichung "die" Minkowski-Norm ist. Die Norm welches Vektors denn?

Energie und Impuls sind jeweils die zeitlichen und räumlichen Komponenten eines Vierervektors



Seine Minkwoski-Norm ist

gast_0508
Gast





Beitrag gast_0508 Verfasst am: 27. Sep 2017 13:06    Titel: Antworten mit Zitat

Danke nochmals. Ist das was Du geschrieben hast nicht der Betrag von P ? Ist die Norm nicht eher

[/quote]
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Sep 2017 13:59    Titel: Antworten mit Zitat

gast_0508 hat Folgendes geschrieben:
Danke nochmals. Ist das was Du geschrieben hast nicht der Betrag von P ? Ist die Norm nicht eher



Nein, das war die Minkowski-Norm. "Betrag" ist eher ungebräuchlich in dem Zusammenhang, es ist aber auch nicht besonders sinnvoll einen dieser Begriffe für die von dir als ||P|| bezeichnete Größe zu verwenden. Denn dieses "||P||" hängt nicht von P allein ab. Es handelt sich hier nämlich um die Energie, gemessen von einem momentanen Beobachter , also um die skalare Größe



Wenn du einen anderen Beobachter wählst, bekommst du für dasselbe P ein anderes E, ein anderes p, aber dasselbe m.

Die Minkowski-Norm von P hingegen ist (wieder bis auf Faktoren c, die die Einheiten umrechnen) genau dieses m, d.h. die invariante Masse.
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Mechanik