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Philipp Imhof Gast
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Philipp Imhof Verfasst am: 14. Aug 2013 13:52 Titel: Schwingungssystem |
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Meine Frage:
Gegeben ist das folgende System:
* Ein Teilchen der Masse m_1 gleitet reibungsfrei auf der Geraden y=x und ein zweites Teilchen der Masse m_2 auf der Geraden y=-x.
* Die beiden Teilchen sind durch eine massenlose Feder der Stärke k (ungespannte Länge=0) verbunden.
Gesucht sind die Gleichgewichtslage, die Schwingungsbewegung um dieses Gleichgewicht und die Eigenfrequenzen.
Meine Ideen:
Das erste Teilchen befinde sich an der Stelle (x_1,x_1), das zweite an der Stelle (x_2,-x_2). Ich kann folgende Kräfte ausmachen:
Das erste Teilchen
- wird von der Feder mit der Kraft k(x_2-x_1) nach rechts gezogen, also positives Vorzeichen
- wird von der Feder mit der Kraft k(-x_2-x_1) nach oben oder unten gezogen, je nachdem ob das zweite Teilchen höher oder tiefer (Vorzeichen ergibt sich passend)
- wird von der Gravitation mit der Kraft -m_1*g nach unten gezogen
Analog für das zweite Teilchen.
Nun fehlt irgendwie der Aspekt, dass die Kräfte ja noch von der jeweiligen Gleitscheine "abgelenkt" werden. Wie kann man das schlau umsetzen?
Danke! |
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jh8979 Moderator
Anmeldungsdatum: 10.07.2012 Beiträge: 8584
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jh8979 Verfasst am: 14. Aug 2013 14:10 Titel: |
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Am einfachsten ist es wohl, wenn Du die auftretenden Kräfte in Komponenten entlang der erlaubten Bewegungsrichtung und senkrecht dazu zerlegst. |
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Jayk
Anmeldungsdatum: 22.08.2008 Beiträge: 1450
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Jayk Verfasst am: 14. Aug 2013 14:56 Titel: |
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Ich glaube, Lagrange ist hier wirklich einfacher, unkomplizierter. Bis auf die Gravitation ist die Lagrange-Funktion wunderbar symmetrisch, so leider nicht mehr ganz, aber trotzdem irgendwie schön:
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jh8979 Moderator
Anmeldungsdatum: 10.07.2012 Beiträge: 8584
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jh8979 Verfasst am: 14. Aug 2013 15:07 Titel: |
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Jayk hat Folgendes geschrieben: | Ich glaube, Lagrange ist hier wirklich einfacher, unkomplizierter. |
Diese Aussage stimmt natürlich immer, nicht nur hier |
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Jayk
Anmeldungsdatum: 22.08.2008 Beiträge: 1450
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Jayk Verfasst am: 14. Aug 2013 15:13 Titel: |
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Ja, aber hier wird es, finde ich, besonders deutlich. Ehe ich die Formel für die Kraft gefunden habe und die Komponente entlang der Führungsschiene gefunden habe, bin ich so zehnmal fertig.
Eine Sache finde ich doch bemerkenswert, die man an der Lagrangefunktion sieht: die beiden Massenpunkte schwingen unabhängig voneinander. Das hätte ich nicht gedacht... |
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Philipp Imhof Gast
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Philipp Imhof Verfasst am: 14. Aug 2013 19:26 Titel: |
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Danke für eure Antworten.
@jh8979: Das verstehe ich leider nicht ganz...
@Jayk: Mit der Lagrange-Methode bestimme ich doch nur stationäre Punkte, d.h. ich finde letztlich das Gleichgewicht. Das war allerdings eh nicht das Problem.
Wenn ich aber nun die Schwingungen via 2. Gesetz von Newton berechnen muss, brauche ich doch letztlich die Kräfte trotzdem. Oder verstehe ich etwas falsch? |
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Namenloser324 Gast
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Namenloser324 Verfasst am: 14. Aug 2013 19:36 Titel: |
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Durch die Lagrangegleichung kommst du zur Bewegungsgleichung welche dir die Lösung all deiner Fragen offenbart. |
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Philipp Imhof Gast
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Philipp Imhof Verfasst am: 14. Aug 2013 19:41 Titel: |
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Danke. Mein Fehler. Bei Lagrange dachte ich automatisch an die Lagrange-Multiplikatoren (weil das auch ein Thema im Kurs ist -- ich studiere offensichtlich nicht Physik, sondern Mathe...) und nicht an den Lagrange-Formalismus.
Werde jetzt mal in Wikipedia nachlesen.... |
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Philipp Imhof Gast
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Philipp Imhof Verfasst am: 14. Aug 2013 20:27 Titel: |
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Wow, das hat geholfen: Mit und
sowie
komme ich erfreulicherweise auf dieselbe Gleichung wie Jayk.
Danach für i=1,2, so erhalte ich die beiden DGL
und
Vielen Dank für eure Hilfe! Da habe ich echt was tolles gelernt heute.... |
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Bruce
Anmeldungsdatum: 20.07.2004 Beiträge: 537
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Bruce Verfasst am: 14. Aug 2013 20:43 Titel: |
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Die Berechnung der Bewegungsgleichungen aus dem Newton'schen Kraftgesetz
ist hier nicht weiter schwierig, erfordert allerdings ein klitzekleines bißchen
mehr Nachdenken als die Lagrange- oder Hamillton Maschinerie.
Der Vorteil ist: Man sieht direkt, warum die beiden Teilchen hier entkoppelt sind.
Repräsentieren wir die Richtungen der beiden Gleitschienen durch die
Einheitsvektoren und und die Richtung der Schwerkraft durch
den Einheitsvektor . Dann gilt für die Masse , die entlang
der Schiene mit der Richtung gleitet:
Hier sieht man auf der rechten Seite im Term, der von der Federkraft herrührt,
daß der Anteil mit verschwindet, wenn die beiden Richtungen und
aufeiander senkrecht stehen.
Mit
und
ergibt sich
Beachte: Hier ist nicht entlang der x-Achse gewählt sondern entlang
der Richtung der entsprechenden Schiene. Analog geht es für entlang
der anderen Schiene.
In einfachen Fälle, wie dem hier betrachteten, ist der Newton'sche Ansatz noch machbar.
Meistens ist der Lagrange- oder Hamilton Formalismus für konkrete Rechnungen
haushoch überlegen.
Gruß von Bruce |
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Jayk
Anmeldungsdatum: 22.08.2008 Beiträge: 1450
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Jayk Verfasst am: 15. Aug 2013 00:02 Titel: |
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Nachdenken: Genommen wird die Komponente parallel zu einer erlaubten Bahn (Zwangsbedingung). Achja, das Prinzip von d'Alembert. Da hat sich aber schon jemand die Arbeit gemacht und die Lagrange-Gleichung zweiter Art hergeleitet. Mal im Ernst: Genau da liegt doch die Stärke des Lagrange-Formalismus.
Bruce, da hast du wohl irgendetwas falsch gemacht. Zumindest bin ich auch auf die Gleichung von Philipp Imhof gekommen. Ich rechne mal kurz nach: Die Federkraft auf m1 ist ja eigentlich . Komponente entlang der Schiene = Skalarprodukt mit und mit demselben Vektor multiplizieren: ist die Kraft, die von der Feder herrührt. Dazu kommt die Gravitation: . Damit bekommt man die Gleichung ohne die Wurzel von 2 im Nenner:
EDIT: Sorry, du hast ja geschrieben, dass x1 die Komponente entlang der Schiene ist. Nun wissen wir aber wenigstens, dass die Gleichung korrekt ist. |
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Bruce
Anmeldungsdatum: 20.07.2004 Beiträge: 537
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Bruce Verfasst am: 15. Aug 2013 07:45 Titel: |
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Zitat: |
EDIT: Sorry, du hast ja geschrieben, dass x1 die Komponente entlang der Schiene ist. Nun wissen wir aber wenigstens, dass die Gleichung korrekt ist.
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Danke fürs Nachrechnen, trotz der vorgerückten Uhrzeit (12:02 am, da schlafe ich schon).
Ich wollte dem Fragesteller (Mathe Student ?) auch mal Newton zeigen
Damit für ihn auch noch etwas zu tun bleibt, habe ich mir die abweichende
Skalierung erlaubt.
Und wenn ich die ürsprüngliche Frage richtig verstanden habe, dann bestand
durchaus auch Interesse an der Lösung gemäß Newton.
So hat er jetzt beide Varianten kennengelernt, und sogar jeweils zweimal
unabhängig voneiander durchgerechnet.
Das ist Top-Qualitätssicherung durch das Physikerboard
Gruß von Bruce |
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Philipp Imhof Gast
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Philipp Imhof Verfasst am: 15. Aug 2013 08:55 Titel: |
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Vielen Dank, Bruce (und Jayk fürs Nachrechnen).
Ja, daran bestand in der Tat ein Interesse. So bin ich für künftige Aufgaben in dieser Art deutlich besser gerüstet. Ich hatte sogar einen ähnlichen Ansatz versucht, aber dann dabei etwas falsch gemacht, weil ich die Wurzel-2 nicht mehr los wurde.
Beste Grüsse |
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Jayk
Anmeldungsdatum: 22.08.2008 Beiträge: 1450
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Jayk Verfasst am: 15. Aug 2013 14:21 Titel: |
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Ja, ich hatte auch implizit angenommen, dass er Physikstudent ist (dass Zwangsbedingungen gerade das Thema sind). Als ich dann gelesen hatte, dass er bei Lagrange an Lagrangemultiplikatoren dachte, hatte ich auch so eine Vorahnung. Gegen Mitternacht ist bei mir eine sehr produktive Zeit. Ich möchte aber allen raten, um diese Zeit nichts mehr zu tun, was mit Vektoranalysis zu tun hat: Davon kann man nicht schlafen.
Also generell wirken bei sowas zusätzlich Zwangskräfte. Und das Resultat ist praktisch immer, dass man von der Kraft nur die Komponente nimmt, die parallel zur erlaubten Bahn ist, weil der senkrechte Anteil durch die Zwangskraft kompensiert wird. Wenn es nur eine verallgemeinerte Koordinate gibt, ist manchmal Energieerhaltung einfacher zu handhaben als die Lagrangegleichung 2. Art. Die Zwangskräfte kann man übrigens mit den Lagrangegleichungen 1. Art berechnen.
Für einen Mathestudenten vielleicht interessant: Anstelle der newtonschen Axiome kann man die Mechanik auch auf dem Prinzip der kleinsten Wirkung aufbauen, was zu der Lagrangegleichung 2. Art äquivalent ist. Wie man die Form der Lagrangefunktion herleitet, wird zum Beispiel im Landau/Lifschitz oder auch hier gezeigt: http://matheplanet.com/default3.html?call=article.php?sid=1118&ref=http%3A%2F%2Fwww.google.de%2Furl%3Fsa%3Dt%26rct%3Dj%26q%3D%26esrc%3Ds%26source%3Dweb%26cd%3D3%26ved%3D0CEsQFjAC |
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