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Viele fiktive Welten
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A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 20. Mai 2024 21:56    Titel: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Und die Many-Word-Interpretation der Quantenmechanik macht zwar viele Worte, aber postuliert ohne empirische Notwendigkeit gleich zu Anfang unendlich viele prinzipiell nicht testbare Welten, woraus sie natürlich lauter ebenfalls nie nachprüfbaren Unsinn herleiten kann. Blabla in Reinkultur.


Es ist schon irritierend, wie Sie da über Kollegen reden. .


Über welche Kollegen habe ich geredet? ''sie ... herleiten kann'' ist ein Singular und kann sich daher nur auf die Interpretation beziehen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
dass die Many-Word-Interpretation diese unendlich viele nicht testbaren Welten nicht postuliert, sondern ihre -- aus der unitären Zeitentwicklung inkl. Dekohärenz folgende -- mathematische Existenz auch als reale Existenz akzeptiert.

Soso. Das ist doch Unsinn. Worin besteht denn die von Ihnen behauptete mathematische Existenz einer Welt?

Und welcher Term entspricht unserer Welt? Oder sind die vielen Welten von ganz anderer Art als die unsere? Warum tragen sie dann denselben Namen - das ist doch irreführend! In welchem Sinn sollen Formelterme denn real sein, wenn man nichts davon beobachten kann? Real sind sie nur als Zeichenfolgen....

Ausserdem ist Dekohärenz interpretationsfrei - einfach eine mathematische Eigenschaft von reduzierten Dichtematrizen, ganz im shut-up-and-calculate Stil. Mathematisch existiert da nichts ausser den Dichtematrizen.

Ich empfehle Ihnen, mal das Buch von Schlosshauer zu lesen, oder seinen Überblicksartikel in Physics Reports (vgl. arXiv:1911.06282). Dort lernt man, Dekohärenz ganz ohne spekulativen Schnickschnack zu verstehen. Oder, wenn die Zeit fehlt, meine Zusammenfassung auf
physicsforums.com/threads/what-is-decoherence.1062080/post-7080859
(vor dem ersten Wort des Links bitte drei w und einen Punkt ergänzen - ich darf hier leider keine Links posten)
gfdfsdfasd
Gast





Beitrag gfdfsdfasd Verfasst am: 21. Mai 2024 02:18    Titel: Antworten mit Zitat

Bevor man von unendlich vielen Welten anfängt sollte einem doch erstmal klarwerden was ist diese Welt, Realität was ist das, elektrische Signale interpretiert von dem Gehirn. Letztendlich kann man nicht einmal beweisen das die Welt so ist wie wir sie sehen, villeicht ist alles nur eine Simulation.
Aruna



Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 881

Beitrag Aruna Verfasst am: 21. Mai 2024 05:58    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

TomS hat Folgendes geschrieben:
dass die Many-Word-Interpretation diese unendlich viele nicht testbaren Welten nicht postuliert, sondern ihre -- aus der unitären Zeitentwicklung inkl. Dekohärenz folgende -- mathematische Existenz auch als reale Existenz akzeptiert.

Soso. Das ist doch Unsinn. Worin besteht denn die von Ihnen behauptete mathematische Existenz einer Welt?

Und welcher Term entspricht unserer Welt? Oder sind die vielen Welten von ganz anderer Art als die unsere? Warum tragen sie dann denselben Namen -



Die Antwort auf Ihre Fragen steckt IMO in diesem Zitat aus Ihrem Link:

Maximilian Schlosshauer hat Folgendes geschrieben:
decoherence does not actually destroy the superposition, it simply extends it to include the environment, which (as we shall show, too) precludes the observation of coherence at the level of the system.


Das ist entsprechend in dem von mir im Falsifikationsthread verlinkten Artikel von H.D. Zeh beschrieben: Nach der Wechselwirkung der Umgebung mit einem Superpositionszustand liegt die Umgebung (verschränkt mit dem Zustand) hinterher selbst als Superposition vor.
Die verschiedenen Zweige dieser Superposition sind dann eigene "Welten".
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18307

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Mai 2024 07:56    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Das ist doch Unsinn. Worin besteht denn die von Ihnen behauptete mathematische Existenz einer Welt?

Siehe z.B. Wallace: The emergent Multiverse, diverse Artikel von Zeh et al.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Ausserdem ist Dekohärenz interpretationsfrei - einfach eine mathematische Eigenschaft von reduzierten Dichtematrizen, ganz im shut-up-and-calculate Stil. Mathematisch existiert da nichts ausser den Dichtematrizen.

Natürlich ist die Dekohärenz interpretationsfrei. Aber man kann sie ontisch interpretieren, wenn man möchte. Dass man das nicht muss, ist mir klar.

Jedenfalls liefert die Dekohärenz für einfache berechenbare Modelle mehrere Zweige. Die MWI nimmt das für bare Münze und sagt letztlich, dass wenn darin N mögliche Messergebnisse oder Ereignisse kodiert sind, dann sind diese auch gleichermaßen real.

Egal ob interpretationsfrei oder nicht, die Dekohärenz liefert genau wie der Messprozess nach von Neumann keine mathematische Struktur, in der nur ein einziges Messergebnis vorhanden ist, sondern eben immer alle N, ggf. mit unterschiedlichen Amplituden. Also muss man sie irgendwie interpretieren. Auch die Bornsche Interpretation mittels Wahrscheinlichkeiten ist bereits eine Interpretation.

Everett verwendet letztlich den Formalismus nach von Neumann, jedoch ohne Projektionstulat. Zeh et al. verwenden die Ergebnisse der Dekohärenz, ebenfalls ohne Reduzierung auf einen Zweig. D.h. die Dekohärenz stützt die Everettsche Interpretation auch für den Fall verbesserter Modelle der Messung bei Einbeziehung der Umgebung, d.h. bei unitärer Dynamik des Zustandsvektors des Gesamtsystems. Insbs. erklärt die Dekohärenz die wechselseitige Unsichtbarkeit der Zweige. Angewandt auf genügend kleine Systeme, die unserer Alltagserfahrung nicht zugänglich sind, ist die MWI nicht weiter problematisch.

Ausführlicher gerne nach meinem Urlaub.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 21. Mai 2024 09:16    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aruna hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

Und die Many-Word-Interpretation der Quantenmechanik macht zwar viele Worte, aber postuliert ohne empirische Notwendigkeit gleich zu Anfang unendlich viele prinzipiell nicht testbare Welten,[...]


Wieso muss sie diese vielen Welten postulieren?
Sind die nicht schon in der Quantenmechanik enthalten

Wo sind die enthalten? Von 1925 bis 1957 hat sie niemand dort entdecken können, waren sie vielleicht zu winzig?


Hatte Schrödinger nicht schon 1935 zumindest (eine Superposition aus) zwei Katzen entdeckt, die aus einer Katze bei der (vermittelten) Wechselwirkung mit einem Superpositionszustandes eine radioaktiven Atoms entstehen?

Das ist ein Missverständnis. Schrödinger hat da erstens nichts entdeckt, sondern postuliert, und zweitens hat er nur eine Katze diskutiert, die in unserer einzigen Welt in einer Superposition von lebendig und tot ist. Das ist etwas ganz anderes als zwei Katzen in zwei verschiedenen Welten.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 21. Mai 2024 09:29    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

Aruna hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

TomS hat Folgendes geschrieben:
dass die Many-Word-Interpretation diese unendlich viele nicht testbaren Welten nicht postuliert, sondern ihre -- aus der unitären Zeitentwicklung inkl. Dekohärenz folgende -- mathematische Existenz auch als reale Existenz akzeptiert.

Soso. Das ist doch Unsinn. Worin besteht denn die von Ihnen behauptete mathematische Existenz einer Welt?

Und welcher Term entspricht unserer Welt? Oder sind die vielen Welten von ganz anderer Art als die unsere? Warum tragen sie dann denselben Namen -


[...]
Die verschiedenen Zweige dieser Superposition sind dann eigene "Welten".

Damit wir uns nicht in Spekulationen verlieren, nehmen wir mal ein konkretes Beispiel, den einfachen Fall eines Photons in einem Lichtstrahl fester Frequenz. Dazu gehört ein 2-dimensionaler Zustandsraum von transversalen Polarisationsvektoren. Das Photon sei in einem reinen Zustand. Wählen wir als Basis die links und rechts polarisierten Zustände, so ist

Wählen wir als Basis die horizontal und vertikal polarisierten Zustände, so ist

wobei und durch eine unitäre Transformation ineinander umgerechnet werden können.

Wo sind da die vielen Welten?
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 21. Mai 2024 09:38    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Das ist doch Unsinn. Worin besteht denn die von Ihnen behauptete mathematische Existenz einer Welt?

Siehe z.B. Wallace: The emergent Multiverse, diverse Artikel von Zeh et al.

Bitte zitieren Sie eine Formel, die Ihrer Meinung nach eine Welt mathematisch definiert. Möglichst aus einer Quelle, für die man nichts bezahlen muss. (Das Buch von Wallace habe ich nicht.)

Verschiedene Autoren sind da leider recht unterschiedlicher Meinung, es gibt fast so viele MWIs wie es Arbeiten darüber gibt. Für eine sinnvolle Diskussion brauchen wir aber eine fixe Basis, die allen zugänglich ist.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ausführlicher gerne nach meinem Urlaub.

Wann ist das?
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 21. Mai 2024 09:58    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Egal ob interpretationsfrei oder nicht, die Dekohärenz liefert genau wie der Messprozess nach von Neumann keine mathematische Struktur, in der nur ein einziges Messergebnis vorhanden ist, sondern eben immer alle N, ggf. mit unterschiedlichen Amplituden. Also muss man sie irgendwie interpretieren. Auch die Bornsche Interpretation mittels Wahrscheinlichkeiten ist bereits eine Interpretation.

Und letztere tut schon alles. Die MWI fügt nur unbeobachtbares Blabla hinzu. Sie zeigt nicht einmal, warum sich die Bornsche Regel in unserer Welt - der Welt, an die wir Erinnerungen haben und daher einen riesigen Korpus von physikalischen Messergebnissen - immer bestätigt hat.

Die Eindeutigkeit des Messergebnisses kommt daher, dass das Ablesen eines makroskopischen Zeigers immer nur ein Ergebnis liefert. Das ist (ganz unabhängig von Dekohärenzüberlegungen) eine triviale Folge des lokalen Gleichgewichts, in dem ein Objekt, das sich wie ein Zeiger verhält, notwendigerweise ist. So modelliert die Thermodynamik nämlich makroskopische Objekte.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 21. Mai 2024 11:58    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Das ist doch Unsinn. Worin besteht denn die von Ihnen behauptete mathematische Existenz einer Welt?

Siehe z.B. Wallace: The emergent Multiverse, diverse Artikel von Zeh et al.

Bitte zitieren Sie eine Formel, die Ihrer Meinung nach eine Welt mathematisch definiert. Möglichst aus einer Quelle, für die man nichts bezahlen muss. (Das Buch von Wallace habe ich nicht.)

In Ihrem FAQ (physikerboard.de/topic,69235,-faq---dekohaerenz.html)
haben sie ja die grundlegenden Dekohärenzformeln. Wo sind da die vielen Welten?
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 837

Beitrag Qubit Verfasst am: 21. Mai 2024 15:44    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
[..]hat er nur eine Katze diskutiert, die in unserer einzigen Welt in einer Superposition von lebendig und tot ist. Das ist etwas ganz anderes als zwei Katzen in zwei verschiedenen Welten.


Aber man könnte es so interpretieren, denn quantenmechanische Superpositionen lassen sich selbst nicht beobachten.
Wenn man allerdings hier "Viele Welten" bemüht, muss man auch sehen, dass eben diese (unbeobachtbaren) Superpositionen allen Welten zugleich eigen sein müssen.
Unabhängig davon ist die Frage der Messung (und Bornschen Regel) zu sehen.
Aber in gewisser Weise ist eine Messung dann eine "Rekonstruktion" eines "Weltenzweiges" (oder wie immer man das nennen möchte..)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18307

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Mai 2024 17:16    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
In Ihrem FAQ (physikerboard.de/topic,69235,-faq---dekohaerenz.html)
haben sie ja die grundlegenden Dekohärenzformeln. Wo sind da die vielen Welten?

Die vielen – in diesem Fall nur zwei – Welten nach der Zeitentwicklung stecken in der rechten Seite der Gleichungen
TomS hat Folgendes geschrieben:
Das System ist initial in einem Zustand



mit







präpariert.

Die Zeitentwicklung führt auf



mit



Dies ist die vollständige mathematische Struktur des Gesamtzustandes nach Messung mit Messdauer.

Beide Messergebnisse sind mathematisch noch vorhanden. Die MWI sagt schlicht, dass diese mathematische Struktur die tatsächlich vorhandene Realität nach der Messung zutreffend beschreibt.

[quote="A.Neumaier"]Die MWI fügt nur unbeobachtbares Blabla hinzu. [quote="A.Neumaier"]u.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Sie zeigt nicht einmal, warum sich die Bornsche Regel in unserer Welt - der Welt, an die wir Erinnerungen haben und daher einen riesigen Korpus von physikalischen Messergebnissen - immer bestätigt hat.

Das ist in der Tat ein strittiger Punkt.

Er ist aber wohl für alle Interpretationen strittig.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Die Eindeutigkeit des Messergebnisses kommt daher, dass das Ablesen eines makroskopischen Zeigers immer nur ein Ergebnis liefert. Das ist (ganz unabhängig von Dekohärenzüberlegungen) eine triviale Folge des lokalen Gleichgewichts, in dem ein Objekt, das sich wie ein Zeiger verhält, notwendigerweise ist. So modelliert die Thermodynamik nämlich makroskopische Objekte.

Ich wüsste nicht, dass es eine quantenmechanische Berechnung gibt, die das als Ergebnis liefert. Es ist lediglich so, dass wenn man alle bis auf einen Zweig rechts wegwirft, das Ergebnis natürlich zu Ihrer Erwartung passt; das funktioniert, ist aber keine Begründung, warum man die Zweige wegwerfen sollte, obwohl sie mathematisch dastehen.

Wenn es quantenmechanische aucn so trivial wäre, wäre das Messproblem ja gelöst.

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A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 21. Mai 2024 18:48    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
In Ihrem FAQ (physikerboard.de/topic,69235,-faq---dekohaerenz.html)
haben sie ja die grundlegenden Dekohärenzformeln. Wo sind da die vielen Welten?

Die vielen – in diesem Fall nur zwei – Welten nach der Zeitentwicklung stecken in der rechten Seite der Gleichungen

Hmm - ''der Gleichungen''??? Ich sehe 6 Gleichungen, alle mit unterschiedlicher rechter Seite. Der Plural macht also keinen Sinn.

Ich erkenne immer noch keine mathematische Definition des Begriffs 'Welt'.
Welcher Term der rechten Seite welcher Gleichung ist eine Welt?
TomS hat Folgendes geschrieben:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das System ist initial in einem Zustand



mit







präpariert.

Die Zeitentwicklung führt auf



mit



Dies ist die vollständige mathematische Struktur des Gesamtzustandes nach Messung mit Messdauer.

Beide Messergebnisse sind mathematisch noch vorhanden. Die MWI sagt schlicht, dass diese mathematische Struktur die tatsächlich vorhandene Realität nach der Messung zutreffend beschreibt.


Aber wo sind da die Welten, in denen das passieren soll? Es scheint ja nur eine Messung (Singular!) zu geben, aber 2 Welten....
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 21. Mai 2024 18:58    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:

quantenmechanische Superpositionen lassen sich selbst nicht beobachten.

Doch.

Bei einem optischen Qubit kann man z.B. beliebige Superpositionen von up und down beobachten - einfach durch eine geeignete Drehung des Polarisators vor einem Photodetektor.

Bei zwei oder mehr verschränkten Qubits braucht man kompliziertere Versuchsanordnungen, aber es geht im Prinzip auch. (Literatur: Leonhardt und Neumaier in Google Scholar eingeben!)
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 837

Beitrag Qubit Verfasst am: 21. Mai 2024 21:17    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:

quantenmechanische Superpositionen lassen sich selbst nicht beobachten.

Doch.

Bei einem optischen Qubit kann man z.B. beliebige Superpositionen von up und down beobachten - einfach durch eine geeignete Drehung des Polarisators vor einem Photodetektor.


Naja, das ist nicht ganz das, was ich mir unter "Beobachtung" eines quantenmechanischen Überlagerungszustandes vorstelle. Dazu müsste man ja in der entsprechenden Basis beide Basiszustände simultan beobachten und nachweisen. Das geht meiner Meinung nach nicht.

Aber nehmen wir mal dieses einfachste Setup (ganz im Feynman'schen Sinne) und spielen die Interpretationen durch:

Also, zB. ein Photon wird im 45-Polfilter präperiert, in der V-H-Basis misst man dann im entsprechenden Analysator (V oder H) eine Wahrscheinlichkeit von 50% eines Photonen-Ensembles. Ganz nach der Bornschen Regel.

Nach der Kopenhagener Interpretation würde ich sagen, dass die Superposition nicht als ontisch betrachtet wird, das man da gar keine ontischen Aussagen machen kann, und dann erst im Akt der Messung (Heisenberg-Schnitt) auf den entsprechenden Basiszustand projiziert. Der Überlagerungszustand ist sowas wie eine Kenntnis eines "Kataloges" an Möglichkeiten. Und entweder stimmt dann der "projizierte Zustand" mit dem Analysator überein oder auch nicht (50:50).

Nach den "Vielen Welten" würde ich aber meinen - da jeder Überlagerungszustand immer eben nur in "Vielen Welten" existiert - hat man es hier mit sowas wie zwei "verschränkten" Photonen zu tun (aber in 2 Welten), von dem das eine immer im V-, das andere im H-Zustand ist. Jedoch ist der Zustand in einer Welt immer erratisch. Bei einer Messung stimmt nun der Zustand mit dem Analysator überein oder auch nicht. Aber beides ist der Fall. Die Bornsche Regel gilt zwar erstmal nur für alle Welten, aber aufgrund der "Verschränkung" gilt sie ebenso für jede Welt für sich.
Kollaps oder Heisenberg-Schnitte spielen hier keine Rolle.

Das mal grob beschrieben.
Wie wird denn der quantenmechanische Überlagerungszustand in der "Thermalen Interpretation" interpretiert?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18307

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Mai 2024 21:39    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber wo sind da die Welten, in denen das passieren soll? Es scheint ja nur eine Messung (Singular!) zu geben, aber 2 Welten....

Es gibt eine globale Welt, eine Messung, zwei Messergebnisse d.h. zwei dekohärente Zweige (die de Witt als einzelne Welten bezeichnet hat), die sich direkt nach der Messung nur durch die Messergebnisse (in allen damit verschränkten Freiheitsgraden) unterscheiden *)

Das Ergebnis ist mathematisches gemäß Dekohärenz nichts geheimnisvolles. Allerdings verzichtet die MWI darauf, zu argumentieren, dass weil nur ein Messergebnis beobachtet wird, auch nur eines real ist; alle bleiben real. Die wechselweise Unsichtbarkeit der Zweige wird wiederum durch die Dekohärenz sichergestellt.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 22. Mai 2024 13:00, insgesamt 2-mal bearbeitet
Aruna



Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 881

Beitrag Aruna Verfasst am: 21. Mai 2024 22:25    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aruna hat Folgendes geschrieben:

Hatte Schrödinger nicht schon 1935 zumindest (eine Superposition aus) zwei Katzen entdeckt, die aus einer Katze bei der (vermittelten) Wechselwirkung mit einem Superpositionszustandes eine radioaktiven Atoms entstehen?

Das ist ein Missverständnis. Schrödinger hat da erstens nichts entdeckt, sondern postuliert, und zweitens hat er nur eine Katze diskutiert, die in unserer einzigen Welt in einer Superposition von lebendig und tot ist. Das ist etwas ganz anderes als zwei Katzen in zwei verschiedenen Welten.


Was passiert, wenn jemand in die Box schaut, oder die Katzensuperposition sonstwie mit der Umgebung/Welt wechselwirkt, so dass gilt:
"Die Dekohärenz zerstört die Superposition nicht wirklich, sondern erweitert sie lediglich um die Umgebung"?
Wie sieht das aus, wenn die Katzensuperposition, oder die Photonensuperposition um die die Umgebung erweitert wird?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18307

Beitrag TomS Verfasst am: 22. Mai 2024 08:29    Titel: Antworten mit Zitat

Die Dekohärenz wirkt nicht erst beim Öffnen der Box, sondern bereits innerhalb der luftgefüllten (!) Box.

Die Verzweigung innerhalb der (ideal hermetisch verschlossenen) Box propagiert beim Öffnen in die Umgebung der Box.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18307

Beitrag TomS Verfasst am: 22. Mai 2024 09:45    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber wer will denn auf den Kollaps verzichten …

Jeder der sich die Frage stellt, wie Kollaps und unitäre Zeitentwicklung vertragen können. Daraus folgt zunächst die Ablehnung des Kollaps als simples Postulat, stattdessen entweder die Erklärung des Kollaps (z.B. Penrose, GRW) mittels einer anderen Dynamik oder die gänzliche Ablehnung, insbs. also die MWI (Everett et al.)

Und warum diese Frage? Weil der Kollaps im Kontext eines Systems von Axiomen oder Postulaten der Quantenmechanik völlig widersinnig erscheint, da er der unitären Zeitentwicklung widerspricht. Und weil er zumindest in der ursprünglichen Version nach von Neumann sicher falsch ist, d.h. einigen Beobachtungen widerspricht. Weil er im Rahmen der Dekohärenz unmotiviert ist, da niemand sagen kann, auf welchen Unterraum man denn genau projizieren soll.

Deswegen lehnen ihn viele Physiker ab, auch außerhalb der MWI.

Ja, der Kollaps funktioniert rein praktisch. Die Frage ist jedoch, warum. Um diese zu beantworten, muss man ohne implizite Annahme von Kollaps und Wahrscheinlichkeiten zu überlegen beginnen.

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A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 22. Mai 2024 14:59    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:

quantenmechanische Superpositionen lassen sich selbst nicht beobachten.

Doch.

Bei einem optischen Qubit kann man z.B. beliebige Superpositionen von up und down beobachten - einfach durch eine geeignete Drehung des Polarisators vor einem Photodetektor.


Naja, das ist nicht ganz das, was ich mir unter "Beobachtung" eines quantenmechanischen Überlagerungszustandes vorstelle. Dazu müsste man ja in der entsprechenden Basis beide Basiszustände simultan beobachten und nachweisen. Das geht meiner Meinung nach nicht.

Nur nicht simultan. Aber das war in Ihrer Frage noch nicht drin....
Qubit hat Folgendes geschrieben:

Aber nehmen wir mal dieses einfachste Setup (ganz im Feynman'schen Sinne) und spielen die Interpretationen durch:

Also, zB. ein Photon wird im 45-Polfilter präperiert, in der V-H-Basis misst man dann im entsprechenden Analysator (V oder H) eine Wahrscheinlichkeit von 50% eines Photonen-Ensembles. Ganz nach der Bornschen Regel.

Aber wenn man in der korrekt gedrehten Basis misst, bekommt man eine Wahrscheinlichkeit von 100 %.
Qubit hat Folgendes geschrieben:

Wie wird denn der quantenmechanische Überlagerungszustand in der "Thermalen Interpretation" interpretiert?

Genau so wie in shut-up-and-calculate: Als reiner Zustand (Dichtematrix vom Rang 1).
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 22. Mai 2024 15:12    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber wo sind da die Welten, in denen das passieren soll? Es scheint ja nur eine Messung (Singular!) zu geben, aber 2 Welten....

Es gibt eine globale Welt, eine Messung, zwei Messergebnisse

???
In der globalen Welt gibt es nur ein Messergebnis. Wo kommt das zweite her? In den Dekohärenzformeln kommt gar kein Messergebnis vor, die Formeln gelten nämlich völlig unabhängig von einer Messung. Man hat eine Dichtematrix, die in der einselektierten Basis diagonal ist. Nicht mehr und nicht weniger. Egal, in welcher Basis man später misst.
TomS hat Folgendes geschrieben:

d.h. zwei dekohärente Zweige (die de Witt als einzelne Welten bezeichnet hat), die sich direkt nach der Messung nur durch die Messergebnisse (in allen damit verschränkten Freiheitsgraden) unterscheiden *)

Mich interessiert die mathematische Definition einer Welt. Sie hatten ja behauptet, deren Existenz sei mathematisch garantiert. Sie drücken sich um eine präzise Sprache. Wenn etwas aber mathematisch garantiert ist, lässt es sich ganz präzise sagen. Also sagen Sie es bitte präzise, oder nehmen Sie Ihre Behauptung zurück!
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 22. Mai 2024 15:21    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber wer will denn auf den Kollaps verzichten …

Jeder der sich die Frage stellt, wie Kollaps und unitäre Zeitentwicklung vertragen können.

Die vertragen sich doch problemlos, weil sie in disjunkten Anwendungsbereichen gelten: Kollaps bei Wechselwirkung mit einem Messgerät, unitäre Entwicklung bei einem isolierten System. Beides gleichzeitig widerspricht sich zwar, aber nur weil die Voraussetzungen sich widersprechen. Es gibt also kein logisches Problem.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Und weil er zumindest in der ursprünglichen Version nach von Neumann sicher falsch ist, d.h. einigen Beobachtungen widerspricht.

In meinem Buch Coherent Quantum Physics habe ich das in Kapitel 14 ausführlichst diskutiert. Die Bornsche Regel in ihrer normalen Lehrbuchform hat eben ihre Grenzen. Aber wenn man das Ergebnis von Messprozessen úber POVMs definiert, wie es in der Quanteninformationstheorie gemacht wird, verschwinden diese Probleme - aber nicht der Kollaps. Der wird immer gebraucht.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 22. Mai 2024 16:25    Titel: Antworten mit Zitat

gfdfsdfasd hat Folgendes geschrieben:
Realität was ist das, elektrische Signale interpretiert von dem Gehirn.
Wenn das Ihre Auffassung von Realität ist, so sind doch wohl zumindest elektrische Signal und das Gehirn auch real. Und warum dann nicht auch die Objekte, die diese elektrischen Signale auslösen? Aus Konsistenzgründen sollten die auch real sein. Und damit sind Sie schon beim üblichen Realitätsbegriff....
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 22. Mai 2024 20:02    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber wer will denn auf den Kollaps verzichten …

Jeder der sich die Frage stellt, wie Kollaps und unitäre Zeitentwicklung vertragen können.

Die vertragen sich doch problemlos, weil sie in disjunkten Anwendungsbereichen gelten: Kollaps bei Wechselwirkung mit einem Messgerät, unitäre Entwicklung bei einem isolierten System.

Bedeutet das denn der Kollaps lässt sich, ähnlich wie die Bornsche Regel, unter bestimmten Bedingungen aus der Tatsache herleiten, dass das Quantensystem nicht abgeschlossen ist, sondern mit einem makroskopischem System wechselwirkt? Was genau wären die Voraussetzungen dafür? Oder wird er einfach "gebraucht" in dem Sinne, dass man ihn in bestimmten Situationen postulieren muss, damit das richtige Ergebnis rauskommt?
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 22. Mai 2024 20:24    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber wer will denn auf den Kollaps verzichten …

Jeder der sich die Frage stellt, wie Kollaps und unitäre Zeitentwicklung vertragen können.

Die vertragen sich doch problemlos, weil sie in disjunkten Anwendungsbereichen gelten: Kollaps bei Wechselwirkung mit einem Messgerät, unitäre Entwicklung bei einem isolierten System.

Bedeutet das denn der Kollaps lässt sich, ähnlich wie die Bornsche Regel, unter bestimmten Bedingungen aus der Tatsache herleiten, dass das Quantensystem nicht abgeschlossen ist, sondern mit einem makroskopischem System wechselwirkt?

Ja, genau. Dafür gibt es die Theorie der offenen Systeme.
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
[
Was genau wären die Voraussetzungen dafür?

Es muss eine physikalische Situation vorhanden sein, die tatsächlich einem mikroskopischen Messprozess entspricht. Bei einer photographischen Platte hat man z.B. eine lichtempfindliche Emulsion, die aus metastabilen Molekülen besteht, die unter dem Einfluss von Licht zerfallen.

Wegen der Metastabilität hat einfallendes Licht eine Symmetriebrechung zur Folge, die zufällige Zerfallsereignisse mit einer Rate proportional zur einfallenden Intensität produziert. Die korrekte Poissonverteilung für kohärent einfallendes Licht ergibt sich dabei aus der Quantennatur des Detektors. Die Natur der Lichtquelle ist unerheblich, da spielt nur deren Intensität (und eine Mindestfrequenz) eine Rolle.

In einem Doppelspalt-Experiment entsteht so allmählich das bekannte Interferenzmuster, weil dort, wo die Intensität hoch bzw. gering ist, auch die Rate im Poissonprozess hoch bzw. gering ist.
Aruna



Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 881

Beitrag Aruna Verfasst am: 22. Mai 2024 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Dekohärenz wirkt nicht erst beim Öffnen der Box, sondern bereits innerhalb der luftgefüllten (!) Box.


dennoch ist dann in der Box eine Superposition enthalten (die die Luftmoleküle mit einschließt), oder nicht?

TomS hat Folgendes geschrieben:

Die Verzweigung innerhalb der (ideal hermetisch verschlossenen) Box propagiert beim Öffnen in die Umgebung der Box.


Ja, so würde ich das Zitat von Schlosshauer auch verstehen.
Daher würde es mich interessieren, wie jemand, der an einen Kollaps, also die Zerstörung der Superposition, glaubt, das Zitat von Schlosshauer interpretiert.
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 22. Mai 2024 21:25    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

Es muss eine physikalische Situation vorhanden sein, die tatsächlich einem mikroskopischen Messprozess entspricht. Bei einer photographischen Platte hat man z.B. eine lichtempfindliche Emulsion, die aus metastabilen Molekülen besteht, die unter dem Einfluss von Licht zerfallen.

Wegen der Metastabilität hat einfallendes Licht eine Symmetriebrechung zur Folge, die zufällige Zerfallsereignisse mit einer Rate proportional zur einfallenden Intensität produziert. Die korrekte Poissonverteilung für kohärent einfallendes Licht ergibt sich dabei aus der Quantennatur des Detektors. Die Natur der Lichtquelle ist unerheblich, da spielt nur deren Intensität (und eine Mindestfrequenz) eine Rolle.


Vielen Dank für die Antwort. Ich bin aber noch nicht sicher ob ich verstehe, wo in Ihrer Beschreibung der Kollaps stattfindet. In Ihrem Beispiel wären für mich das einfallende Licht das "Quantensystem" und die Photoplatte der "Detektor", an dem letztlich eine makroskopische Größe abgelesen wird. Wenn ich Sie richtig verstehe, beschreiben Sie das Zustandekommen dieser makroskopischen Größe (Konzentration der zerfallenen Moleküle o.ä.) am Detektor. Ich verstehe, dass in ihrem Beispiel die Quantennatur des Lichts gar keine Rolle spielt, sondern nur die des Detektors. Unter dem Kollaps habe ich nun aber immer gerade die Aussage verstanden, dass nach der Messung ein bestimmter Zustand des Quantensystems vorliegt, an dem gemessen wird (also in diesem Fall des einfallenden Lichts).

Also wenn man z.B. die Energie eines Teilchens misst, dann soll nach der Messung das Teilchen im Eigenzustand zu der gemessenen Energie vorliegen. (Bei kontinuierlichen Spektren wird dann stattdessen oft verlangt, dass das System im Bild eines Projektors E(I) aus dem Spektralmaß der gemessenen Observable liegt, wobei I ein Intervall ist, das den Messwert enthält und dessen Länge mit der Messunsicherheit zusammenhängt.) Soweit ich Ihre Beschreibung verstehe, ist sie aber unabhängig von dieser Aussage oder nicht?
Sonnenwind



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Beiträge: 698

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 22. Mai 2024 21:50    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber wer will denn auf den Kollaps verzichten …

Jeder der sich die Frage stellt, wie Kollaps und unitäre Zeitentwicklung vertragen können.

Die vertragen sich doch problemlos, weil sie in disjunkten Anwendungsbereichen gelten: Kollaps bei Wechselwirkung mit einem Messgerät, unitäre Entwicklung bei einem isolierten System. Beides gleichzeitig widerspricht sich zwar, aber nur weil die Voraussetzungen sich widersprechen. Es gibt also kein logisches Problem.

Es stellt sich aber die Frage, ab wann ein Ding ein Messgerät darstellt und nicht einfach eine leichte Störung des Systems, wie z.B. die Hintergrundstrahlung.

Eine Unterscheidung von Makrowelt und Mikrowelt ist künstlich, strenggenommen sind auch Messgeräte Quantenobjekte.

Die Bohmsche Mechanik ist hingegen die eierlegende Wollmilchsau. Sie benötigt keinen Kollaps und somit auch keine Unterscheidung zwischen Mikro- und Makrokosmos, und keine viele Welten, bei denen man definieren muss, wann sie sich teilen.

Abgesehen davon dachte ich, Sie vertreten die Thermale Interpretation, vetreten hier aber die Kollaps-Interpretation.

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Das Photon: Eine Geschichte voller Missverständnisse.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 22. Mai 2024 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber wer will denn auf den Kollaps verzichten …

Jeder der sich die Frage stellt, wie Kollaps und unitäre Zeitentwicklung vertragen können.

Die vertragen sich doch problemlos, weil sie in disjunkten Anwendungsbereichen gelten: Kollaps bei Wechselwirkung mit einem Messgerät, unitäre Entwicklung bei einem isolierten System. Beides gleichzeitig widerspricht sich zwar, aber nur weil die Voraussetzungen sich widersprechen. Es gibt also kein logisches Problem.

Es stellt sich aber die Frage, ab wann ein Ding ein Messgerät darstellt und nicht einfach eine leichte Störung des Systems, wie z.B. die Hintergrundstrahlung.

Ja. Das ist aber eine Frage der Festkörperphysik, keine der Interpretation.
Die Instrumentebauer wissen, wie sie ein Gerät bauen müssen, damit ihre Kunden sicher sein können, dass das Gerät auch das Gewünschte misst. Da steckt eine Menge nichttriviale Physik dahinter!
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:


Eine Unterscheidung von Makrowelt und Mikrowelt ist künstlich, strenggenommen sind auch Messgeräte Quantenobjekte.

Nicht nur strenggenommen, sondern immer. Auch die Beobachter....
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Die Bohmsche Mechanik ist hingegen die eierlegende Wollmilchsau.
Sie benötigt keinen Kollaps und somit auch keine Unterscheidung zwischen Mikro- und Makrokosmos, und keine viele Welten, bei denen man definieren muss, wann sie sich teilen.

Dafür kann sie keine Poincare-invariante Quantenfeldtheorie. Die ist aber die eierlegende Wollmilchsau unserer heutigen Physik.
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Abgesehen davon dachte ich, Sie vertreten die Thermale Interpretation, vetreten hier aber die Kollaps-Interpretation.

Die thermale Interpretation leitet den beobachteten Kollaps unter den richtigen Voraussetzungen her.
Qubit



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Beiträge: 837

Beitrag Qubit Verfasst am: 22. Mai 2024 23:36    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

Qubit hat Folgendes geschrieben:

Wie wird denn der quantenmechanische Überlagerungszustand in der "Thermalen Interpretation" interpretiert?

Genau so wie in shut-up-and-calculate: Als reiner Zustand (Dichtematrix vom Rang 1).


Ah, okay, das klingt für mich erstmal recht instrumentalistisch und positivistisch, was die Interpretation quantenmechanischer Zustände betrifft. (( Das ist mir persönlich an Physik aber etwas zu wenig. ))
Dann geht es in der TI wohl auch eher darum die Statistik der Quantenmessungen zu verstehen, oder? Wie anderswo ausgeführt also die Koppelung eines offenen quantenmechanischen Systems an die Umgebung/Messapparat.. aber das lässt sich vielleicht besser im Thread "Die Thermale Interpretation" verstehen, wenn da einmal die grundlegenden Ideen dieser Interpretation stringent dargestellt werden.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 23. Mai 2024 12:08    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber wo sind da die Welten, in denen das passieren soll? Es scheint ja nur eine Messung (Singular!) zu geben, aber 2 Welten....

Es gibt eine globale Welt, eine Messung, zwei Messergebnisse

???
In der globalen Welt gibt es nur ein Messergebnis.

Je Zweig und je Beobachter gibt es ein Messergebnis. In der einen globalen Welt kommen alle vor – im Beispiel im FAQ zwei, nämlich "aa" und "bb", während die gemischten "ab" und "ba" verschwinden.





Die Zweige "sieht man" insbs. nach Ausspuren der Umgebung. Der Koeffizient



verschwindet extrem schnell für genügend viele Umgebungsfreiheitsgrade, d.h. genügend großes N. Die Umgebung erzwingt sozusagen die Orthogonalität verschiedener Komponenten. Damit bleiben zwei Messergebnisse und zwei Zweige.



was aussieht wie ein klassisches statistisches Ensemble zweier Zustände; ist es aber nicht, es handelt sich weiterhin um die näherungsweise Beschreibung eines Systems.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
In den Dekohärenzformeln kommt gar kein Messergebnis vor, die Formeln gelten nämlich völlig unabhängig von einer Messung. Man hat eine Dichtematrix, die in der einselektierten Basis diagonal ist. Nicht mehr und nicht weniger. Egal, in welcher Basis man später misst.

Das entspricht genau dann einer Messung, wenn die einselektierten Basis der Basis entspricht, in der man messen möchte, d.h. wenn die gewünschte Korrelation zwischen Messgröße und einselektierter Basis vorliegt, wenn also der Hamiltonian geeignet gewählt (das Gerät geeignet konstruiert) ist. Ja, andernfalls findet natürlich ebenfalls Einselektion statt, aber eben keine Messung.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Mich interessiert die mathematische Definition einer Welt. Sie hatten ja behauptet, deren Existenz sei mathematisch garantiert. Sie drücken sich um eine präzise Sprache. Wenn etwas aber mathematisch garantiert ist, lässt es sich ganz präzise sagen. Also sagen Sie es bitte präzise, oder nehmen Sie Ihre Behauptung zurück!

Ich hoffe, das ist jetzt klar.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18307

Beitrag TomS Verfasst am: 23. Mai 2024 12:40    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber wer will denn auf den Kollaps verzichten …

Jeder der sich die Frage stellt, wie Kollaps und unitäre Zeitentwicklung vertragen können.

Die vertragen sich doch problemlos, weil sie in disjunkten Anwendungsbereichen gelten: Kollaps bei Wechselwirkung mit einem Messgerät, unitäre Entwicklung bei einem isolierten System. Beides gleichzeitig widerspricht sich zwar, aber nur weil die Voraussetzungen sich widersprechen. Es gibt also kein logisches Problem.

Ich denke, das ist das zentrale Missverständnis.

Gemäß Everett et al. – siehe z.B. Wallace – liegen der Quantenmechanik zwei fundamentale Axiome zugrunde:
1. Der physikalische Zustand eines abgeschlossenen Systems wird durch einen Einheitsvektor in einem separablen Hilbertraum beschrieben.
2. Die Zeitentwicklung dieses Einheitsvektor erfolgt immer unitär.

Ende!

Alles weitere – Wahrscheinlichkeiten, Projektionspostulat bzw. Kollaps, die spezielle Auszeichnung einer Messung … – sind nicht Gegenstand der Axiome, sondern Konsequenzen für spezielle Systeme.

Eine Messung ist lediglich ein Spezialfall, in dem das abgeschlossene Gesamtsystem aus zwei gezielt miteinander in Wechselwirkung zu bringenden Subsystemen besteht – zusätzlich gestört durch die Umgebung, gegebenenfalls beobachtet durch einen Beobachter – alles jedoch Bestandteil des abgeschlossenen Gesamtsystem. Daher erfolgt dessen Zeitentwicklung für die Messung selbstverständlich unitär. Aufgrund der Konstruktion des Messgerätes resultiert eine geeignete Einselektion in der gewünschten Zeigerbasis der zu messenden Größe. Bezieht man den Beobachter beziehungsweise dessen quantenmechanische Freiheitsgrade mit in die Betrachtung ein, so unterliegt das Gesamtsystem wiederum einer unitären Zeitentwicklung, die Verzweigung gemäß die Kohärenz einschließlich der Freiheitsgrade des Beobachters folgt aus der Dynamik, d.h. der Form des Hamiltonoperators. Damit verzweigt auch der Beobachter, so dass seine subjektive Wahrnehmung im Herausbilden eines einzelnen klassischen Zustandes bzw. Messergebnis aus den N möglichen Zuständen besteht, die objektiv weiterhin existieren. Dazu bedarf es keine einzigen anderen Gleichung als derjenigen, die im Rahmen der Dekohärenz diskutiert werden.

Die fundamentale Unterscheidung zwischen normaler unitärer Zeitentwicklung und Messung ist letztlich ein historisch bedingtes Vorurteil, das uns Bohr fest in unsere Köpfe und Lehrbücher eingehämmert haben. Die Dekohärenz erklärt, warum es praktisch zuverlässig funktioniert, Everett et al. interpretieren die Mathematik geeignet und zeigen, dass ein Kollapspostulat überflüssig ist – wenn man die resultierenden "vielen Welten" akzeptiert. De Witt hat den Begriff der "vielen Welten" – ich nenne sie Zweige – deswegen eingeführt, weil jeder einzelne Zweig je Beobachter "in diesem Zweig" wie eine Welt "erscheint".

Nun ist offensichtlich klar, dass die Konsequenz der sich unentwegt unendlich oft verzweigenden "Welten" ontisch eine absolute Zumutung ist, weswegen die Mehrzahl der Physiker diesen letzten Schritt nicht mitgeht. Ausgehend von den beiden oben genannten Axiomen für ein abgeschlossenes Gesamtsystem – zum Beispiel für das gesamte Universum – ist die Einführung eines Kollapspostulates jedoch weiterhin völlig unlogisch.

Eine elegante Lösung wäre natürlich, wenn man zeigen könnte, dass die im Rahmen der Dekohärenz verwendeten mathematischen Methoden zu grob sind, d.h. dass es sich bei der Verzweigung lediglich um ein Artefakt einer unzureichenden Näherung handelt, und dass letztlich aus der unitären Dynamik ein einziger ausgezeichneter Zeigerzustand resultieren kann. Damit wäre die MWI obsolet. Ich hatte den Eindruck, Sie in einem Ihrer Artikel dahingehend verstanden zu haben, dass sie letzteres für zutreffend halten.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Und weil er zumindest in der ursprünglichen Version nach von Neumann sicher falsch ist, d.h. einigen Beobachtungen widerspricht.

In meinem Buch Coherent Quantum Physics habe ich das in Kapitel 14 ausführlichst diskutiert. Die Bornsche Regel in ihrer normalen Lehrbuchform hat eben ihre Grenzen. Aber wenn man das Ergebnis von Messprozessen úber POVMs definiert, wie es in der Quanteninformationstheorie gemacht wird, verschwinden diese Probleme - aber nicht der Kollaps. Der wird immer gebraucht.

POVM ist natürlich zutreffend.

Und ja, selbstverständlich wird ein Kollaps immer benötigt, jedoch nicht als Bestandteil des Aktionen Systems, sondern als Ergebnis der Militärdynamik der Unit Ähren, Dynamik für sehr spezielle Systeme. Der Kollaps ist in diesem Fall rein episch, in der einen globalen Welt findet er schlichtweg nicht statt.

Wie gesagt, Literatur nach meinem Urlaub, ab dem 1. Juni.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 23. Mai 2024 13:17    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber wo sind da die Welten, in denen das passieren soll? Es scheint ja nur eine Messung (Singular!) zu geben, aber 2 Welten....

Es gibt eine globale Welt, eine Messung, zwei Messergebnisse

???
In der globalen Welt gibt es nur ein Messergebnis.

Je Zweig und je Beobachter gibt es ein Messergebnis. In der einen globalen Welt kommen alle vor

Offenbar hatte ich Ihren bisher undefinerten Begriff 'globale Welt' missverstanden. Ich hatte gedacht, das sei unsere Welt, aber nach Ihrer Erklärung ist es einfach der Zustandsvektor von S+E. Ein hochtrabender Name, der aber nicht viel mit unserer Welt zu tun hat. Und Ihre Welten sind dann die Terme in der einselektierten Zerlegung. Ist das so?
TomS hat Folgendes geschrieben:

zwei, nämlich "aa" und "bb", während die gemischten "ab" und "ba" verschwinden.

Es kommen zwei Terme vor, die Sie willkürlich als zwei Messergebnisse interpretieren. Die Bezeichnungsweise fällt also vom Himmel. Wobei, 'Zweig' ein mathematisch einigermassen sinnvoller Name ist, ''Messergebnis'' aber an dieser Stelle unmotiviert erscheint. Wer misst da wo?
TomS hat Folgendes geschrieben:

Die Umgebung erzwingt sozusagen die Orthogonalität verschiedener Komponenten. Damit bleiben zwei Messergebnisse und zwei Zweige.

Nicht die Umgebung, sondern die durch H gegebene Dynamik. Genaugenommen hat man also 4 Welten, von denen sich zwei innerhalb sehr kurzer Zeit aus der globalen Welt verabschieden.

Was die Welten sind, hängt ausserdem vom gemessenen System ab. Diese Welten sind also nicht objektive physikalische Objekte, sondern modellabhängige Ingredienten, die für jede Messsituation anders sind. Kein gutes Zeichen für eine Ihterpretation, die Objektivität beansprucht....
TomS hat Folgendes geschrieben:




was aussieht wie ein klassisches statistisches Ensemble zweier Zustände; ist es aber nicht, es handelt sich weiterhin um die näherungsweise Beschreibung eines Systems.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
In den Dekohärenzformeln kommt gar kein Messergebnis vor, die Formeln gelten nämlich völlig unabhängig von einer Messung. Man hat eine Dichtematrix, die in der einselektierten Basis diagonal ist. Nicht mehr und nicht weniger. Egal, in welcher Basis man später misst.

Das entspricht genau dann einer Messung, wenn die einselektierten Basis der Basis entspricht, in der man messen möchte, d.h. wenn die gewünschte Korrelation zwischen Messgröße und einselektierter Basis vorliegt, wenn also der Hamiltonian geeignet gewählt (das Gerät geeignet konstruiert) ist. Ja, andernfalls findet natürlich ebenfalls Einselektion statt, aber eben keine Messung.

Das heisst, der 'man' der da misst oder nicht misst, ist ausserhalb aller betrachteten Welten. Damit de Witt Kosmologie machen kann, hat er die MWI aber als Interpretation betrachtet, in der kein Beobachter mehr gebraucht wird. (Ich habe sein Buch genau gelesen, kenne mich also aus.) Also muss in Ihren Verständnis von de Witt noch ein Wurm drin sein....
TomS hat Folgendes geschrieben:

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Mich interessiert die mathematische Definition einer Welt. Sie hatten ja behauptet, deren Existenz sei mathematisch garantiert. Sie drücken sich um eine präzise Sprache. Wenn etwas aber mathematisch garantiert ist, lässt es sich ganz präzise sagen. Also sagen Sie es bitte präzise, oder nehmen Sie Ihre Behauptung zurück!

Ich hoffe, das ist jetzt klar.

Jetzt verstehe ich wenigstens Ihren Sprachgebrauch.

Wenn das aber alles ist, dann sind alle diese Welten willkürlich hinzugefügter Schnickschnack ohne jegliche physikalische Relevanz. In diesen fiktiven Welten gibt es keine sinnvolle Dynamik, keine Bäume, keinen Sternhimmel, keine anderen Beobachter. Es passiert dort nichts. Sie sind nur oberflächliches Blendwerk, das suggerieren soll, dass ein Verständnis da sei, das über die Dekohärenz hinausgeht.

Mathematisch garantiert sind nicht diese Welten, sondern die Diagonalblöcke in der reduzierten Dichtematrix und deren Partner in der Superposition der globalen Welt. Daraus Welten zu machen ist einfach eine gewaltige Übertreibung.

Und es ist natürlich klar, dass durch blosses Bennenen von Termen mit hochtrabenden Namen keinerlei Probleme gelöst werden können, es also unmöglich ist, aus dieser Interpretation die Bornsche Regel herzuleiten.
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 23. Mai 2024 17:30    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

TomS hat Folgendes geschrieben:

zwei, nämlich "aa" und "bb", während die gemischten "ab" und "ba" verschwinden.

Es kommen zwei Terme vor, die Sie willkürlich als zwei Messergebnisse interpretieren. Die Bezeichnungsweise fällt also vom Himmel. Wobei, 'Zweig' ein mathematisch einigermassen sinnvoller Name ist, ''Messergebnis'' aber an dieser Stelle unmotiviert erscheint. Wer misst da wo?

Ich vermute, TomS mag das bestätigen oder korrigieren, er geht davon aus, dass man ohne weiteres annehmen dürfe, die Zustände enthielten bereits das Messgerät samt eindeutiger mit den Eigenwerten der gemessenen Observable korrelierten Anzeige und sogar eventuell den Beobachter, der das Messgerät abgelesen hat. In dieser Vorstellung enthält dann also der Zustand nicht nur "alle möglichen Messwerte", sondern sogar die verzweigten Wahrnehmungen der Experimentatoren. Die Situation ist völlig analog zu der, dass die Katze in der Box zwar durch Wechselwirkung mit der Umgebung ihre Interferenzfähigkeit in der "Basis" {lebendig, tot} verloren hat, aber trotzdem noch beide Komponenten in der reduzierten Dichtematrix vorhanden sind. Ebenso ist, in dieser Vorstellung, der 'man', der misst also Teil dieser "Welten/Zweige".

Dies ist die Situation, die TomS nach meinem Verständnis für mathematisch gut begründet ansieht und von der er sagt, die MWI nehme sie lediglich als bare Münze.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 23. Mai 2024 18:49    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

dass man ohne weiteres annehmen dürfe, die Zustände enthielten bereits das Messgerät samt eindeutiger mit den Eigenwerten der gemessenen Observable korrelierten Anzeige und sogar eventuell den Beobachter, der das Messgerät abgelesen hat.

Was die Quantenzauberer nicht alles in einem einzigen Qubit unterbringen....

Einstein soll mal gesagt haben, man soll soweit wie möglich vereinfachen, aber das geht dann doch zu weit....
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 23. Mai 2024 20:12    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber wer will denn auf den Kollaps verzichten …

Jeder der sich die Frage stellt, wie Kollaps und unitäre Zeitentwicklung vertragen können.

Die vertragen sich doch problemlos, weil sie in disjunkten Anwendungsbereichen gelten: Kollaps bei Wechselwirkung mit einem Messgerät, unitäre Entwicklung bei einem isolierten System. Beides gleichzeitig widerspricht sich zwar, aber nur weil die Voraussetzungen sich widersprechen. Es gibt also kein logisches Problem.

Ich denke, das ist das zentrale Missverständnis.

???

Ich kenne keinen Physiker, der behauptet, ein System sei während seiner Messung isoliert. Weshalb sollte es sich also unitär verhalten? Wo ist da ein Missverständnis?

Das kleinste isolierte System ist das uns zugängliche Universum als Ganzes. Mit dem rechnet aber kein Physiker, der Vorhersagen für ein kleines System im Labor oder Messungen an ihm macht. Diese kleinen Systeme sind allesamt nicht isoliert, dafür gilt die unitäre Dynamik also höchstens näherungsweise (oder für einige wenige präparierte Moden). Und die Qualität der Näherung nimmt exponentiell mit der Zeit ab, was genug Spielraum für die Vereinbarkeit der beiden Standpunkte lässt.
TomS hat Folgendes geschrieben:


Gemäß Everett et al. – siehe z.B. Wallace – liegen der Quantenmechanik zwei fundamentale Axiome zugrunde:
1. Der physikalische Zustand eines abgeschlossenen Systems wird durch einen Einheitsvektor in einem separablen Hilbertraum beschrieben.
2. Die Zeitentwicklung dieses Einheitsvektor erfolgt immer unitär.

Ende!

Alles weitere – Wahrscheinlichkeiten, Projektionspostulat bzw. Kollaps, die spezielle Auszeichnung einer Messung … – sind nicht Gegenstand der Axiome, sondern Konsequenzen für spezielle Systeme.

Konzequenzen, die er leider nicht herleitet! (Bzw. versuchte er es in seiner Dissertation, machte aber einen Zirkelschluss. ich habe seine Dissertation vor vielen Jahren genau studiert.) Daher ist sein minimalistischer Ansatz zwar elegant, führt aber nicht zum Ziel. (De Witt dagegen machte sich nicht einmal diese Mühe.)
TomS hat Folgendes geschrieben:

Eine Messung ist lediglich ein Spezialfall, in dem das abgeschlossene Gesamtsystem aus zwei gezielt miteinander in Wechselwirkung zu bringenden Subsystemen besteht – zusätzlich gestört durch die Umgebung, gegebenenfalls beobachtet durch einen Beobachter – alles jedoch Bestandteil des abgeschlossenen Gesamtsystem.

... also des gesamten Universums. Da stimme ich mit Ihnen überein. Aber damit hat die von Ihnen präsentierte Rechnung ja nichts zu tun.
TomS hat Folgendes geschrieben:

Daher erfolgt dessen Zeitentwicklung für die Messung selbstverständlich unitär.

Nur die des Universums. Also S+E+M+B+alles übrige, was auf E (Umgebung) oder M (Messgerät) oder B (Beobachter) direkt oder indirekt einwirkt.
TomS hat Folgendes geschrieben:

Aufgrund der Konstruktion des Messgerätes resultiert eine geeignete Einselektion in der gewünschten Zeigerbasis der zu messenden Größe.

Aber des gesamten Universums? Dekohärenztheorie betrachten keine komplizierten Systeme! Und abgelesen wird das Messergebnis nicht vom Universum, sondern von einem winzigen Teil desselben, der irgendwo am Messgerät sitzt.
TomS hat Folgendes geschrieben:

Bezieht man den Beobachter beziehungsweise dessen quantenmechanische Freiheitsgrade mit in die Betrachtung ein, so unterliegt das Gesamtsystem wiederum einer unitären Zeitentwicklung,
die Verzweigung gemäß die Kohärenz einschließlich der Freiheitsgrade des Beobachters folgt aus der Dynamik, d.h. der Form des Hamiltonoperators.

Ja.
TomS hat Folgendes geschrieben:

Damit verzweigt auch der Beobachter,

Nein, nur die Dichtematrix des Universums. Der Beobachter ist aber keine Dichtematrix, sondern ein physikalisches Objekt.
TomS hat Folgendes geschrieben:

so dass seine subjektive Wahrnehmung im Herausbilden eines einzelnen klassischen Zustandes bzw. Messergebnis aus den N möglichen Zuständen besteht,

Wie wollen Sie aus den paar Formeln, die Sie hingeschrieben haben, etwas über die subjektive Wahrnehmung des Beobachters herauslesen? Sicher nicht mit rationalen Schlüssen, denn die Bewusstseinsforschung tappt da ja noch im Dunkeln!

Da braucht man also wieder Ihre Zaubertricks....
TomS hat Folgendes geschrieben:

Die fundamentale Unterscheidung zwischen normaler unitärer Zeitentwicklung und Messung ist letztlich ein historisch bedingtes Vorurteil

Nein, es ist einfach die Unterscheidung, ob ein kleines System (mit dem man tatsächlich Rechnungen anstellt), genug isoliert ist, um sich unitär zu verhalten oder ob es mit einem Messapparat verbunden ist. Diese unterscheidung gilt heute noch genauso und hat sich bewährt, weil sie in der Praxis korrekte Ergebnisse liefert.
TomS hat Folgendes geschrieben:

Die Dekohärenz erklärt, warum es praktisch zuverlässig funktioniert,

Nein, das tut sie nicht. Sie erklärt nicht den in der Praxis notwendigen Kollaps. Dazu braucht man die allgemeinere Theorie der offenen Systeme (sie z.B. das Buch von Breuer & Petruccione).
TomS hat Folgendes geschrieben:

Everett et al. interpretieren die Mathematik geeignet und zeigen, dass ein Kollapspostulat überflüssig ist – wenn man die resultierenden "vielen Welten" akzeptiert.

.... und so tut, als würde daraus das in unserer einen Welt beobachtete Verhalten bei Messungen folgen. Das können sie nämlich nicht zeigen! Da kommt also eine Hoffnung ins Spiel statt eines logischen Schlusses.
TomS hat Folgendes geschrieben:

De Witt hat den Begriff der "vielen Welten" – ich nenne sie Zweige – deswegen eingeführt, weil jeder einzelne Zweig je Beobachter "in diesem Zweig" wie eine Welt "erscheint".

Es erscheint de Witt so, nun ja, seine Erscheinungen sind jedenfalls subjektiv. Dagegen, die Terme Zweige zu nennen, habe ich nichts. Die Zweige haben allerdings mit unserer Welt wenig zu tun.
TomS hat Folgendes geschrieben:

Nun ist offensichtlich klar, dass die Konsequenz der sich unentwegt unendlich oft verzweigenden "Welten" ontisch eine absolute Zumutung ist,

Nicht nur ontisch, auch schon logisch. Mathematisch kann man das sich unentwegt unendlich oft verzweigende gar nicht fassen. Versuchen Sie doch einmal ein dynamisches Modell dafür hinzuschreiben, das wir diskutieren könnten! Mit nicht nur einem System, das gemessen wird, sondern mit Messungen verschiedener Beobachter an verschiedenen Stellen, damit der Verzweigungsmechanismus auch etwas nichttriviales zu tun hat!
TomS hat Folgendes geschrieben:

Ausgehend von den beiden oben genannten Axiomen für ein abgeschlossenes Gesamtsystem – zum Beispiel für das gesamte Universum – ist die Einführung eines Kollapspostulates jedoch weiterhin völlig unlogisch.

unlogisch???

Axiomensysteme müssen nicht unbedingt alles erklären. Im Rahmen von Laborexperimenten ist die Einführung eines Kollapspostulates völlig rational und experimentell extrem gut bestätigt. Die Herleitung aus einer allgemeineren Annahme (dem Axiom einer unitären Dynamik für das gesamte universum) bekommt dadurch nur den Status eines ungelösten Problems, wie viele andere Probleme in der Physik auch. Wir halten ja die Theorie der Atomkerne (Hadrodynamik) auch nicht für unlogisch, nur weil wir sie nicht aus dem Standardmodell herleiten können!
TomS hat Folgendes geschrieben:

Eine elegante Lösung wäre natürlich, wenn man zeigen könnte, dass die im Rahmen der Dekohärenz verwendeten mathematischen Methoden zu grob sind, d.h. dass es sich bei der Verzweigung lediglich um ein Artefakt einer unzureichenden Näherung handelt, und dass letztlich aus der unitären Dynamik ein einziger ausgezeichneter Zeigerzustand resultieren kann. Damit wäre die MWI obsolet. Ich hatte den Eindruck, Sie in einem Ihrer Artikel dahingehend verstanden zu haben, dass sie letzteres für zutreffend halten.

Ja. Die thermische Interpretation ist mit den obengenannten beiden Annahmen Everetts verträglich, ohne bizarre Welten postulieren zu müssen. Ausgeführt in Section 10.3 meines Papers, v5.
TomS hat Folgendes geschrieben:

Und ja, selbstverständlich wird ein Kollaps immer benötigt, jedoch nicht als Bestandteil des Aktionen Systems, sondern als Ergebnis der Militärdynamik der Unit Ähren, Dynamik für sehr spezielle Systeme.

Uiui, das war wohl eine der seltenen Vakuumfluktuationen.... (Die Smilies hier sehen alle schrecklich aus, sonst hätte ich hier eins gesetzt.)
TomS hat Folgendes geschrieben:

Der Kollaps ist in diesem Fall rein episch, in der einen globalen Welt findet er schlichtweg nicht statt.

In dem abgeschlossenen System namens Universum findet er natürlich nicht statt, das hat auch nie jemand behauptet. Aber in gewissen seiner Untersysteme, die sich durch POVMs approximieren lassen, schon - das weiss man experimentell!
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 23. Mai 2024 20:25    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

dass man ohne weiteres annehmen dürfe, die Zustände enthielten bereits das Messgerät samt eindeutiger mit den Eigenwerten der gemessenen Observable korrelierten Anzeige und sogar eventuell den Beobachter, der das Messgerät abgelesen hat.

Was die Quantenzauberer nicht alles in einem einzigen Qubit unterbringen....

Einstein soll mal gesagt haben, man soll soweit wie möglich vereinfachen, aber das geht dann doch zu weit....


Allerdings. Ich hoffe ich habe TomS keine Absurditäten unterstellt, die er in Wahrheit gar nicht vertritt.

Ich bin mir allerdings auch selbst nicht sicher welche Rolle die Anzahl der Freiheitsgrade spielt. Man kann ja auch mit vielen Freiheitsgraden unrealistische Annahmen machen, z.B. dass das Messgerät durch eine Wellenfunktion mit ~ Variablen beschrieben werde, darunter einer "Winkelvariable" für den Zeigerstand und dem ganzen Rest von irrelevanten Freiheitsgraden (die sich zwar ändern dürfen, aber keinen Einfluss auf den Zeigerstand haben). Dann käme man mit linearer Zeitentwicklung wieder auf dieselbe Schlussfolgerung: Superposition von makroskopisch unterscheidbaren Zeigerzuständen. Dieses Modell entspricht, wenn ich das richtig sehe, im Prinzip der Diskussion des Messprozesses in Ballentines Buch "Quantum Mechanics, a Modern Development" (Abschnitt 9.2. A General Theorem of Measurement Theory). Ich denke auch da steckt der Wurm im Modell des Messgeräts und seiner Dynamik, insbesondere der Definition der Zeigervariablen und ihrem Zusammenhang mit den restlichen "mikroskopischen" Freiheitsgraden. Zumindest glaube ich, dass die Vorstellung, der Endzustand des Messprozesses enthalte "alle möglichen Messergebnisse" im wesentlichen auf diese Art der Modellierung zurückgeht. Dies ist vielleicht die zentrale Stelle des Arguments und eine gründliche Kritik wert.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 23. Mai 2024 20:42    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Man kann ja auch mit vielen Freiheitsgraden unrealistische Annahmen machen, z.B. dass das Messgerät durch eine Wellenfunktion mit ~ Variablen beschrieben werde,

Ja. Es ist aus der statistischen Mechanik wohlbekannt, dass ein makroskopisches System nicht durch eine Wellenfunktion beschrieben werden kann, sondern durch eine Dichtematrix (auch statistischer Operator genannt), die eine dissipative, im wesentlichen hydrodynamischen Dynamik besitzt. Im Sinn der Dekohärenztheorie ist das die reduzierte Dichtematrix des makroskopischen Systems - das sich ja gar nicht von seiner Umgebung isolieren lässt, also immer dekohärent ist.

Von daher sind all die Überlegungen, die von einem Messgerät in einem reinen Zustand ausgehen (und das sind insbesondere alle MWI-Argumente) von vornherein verfehlt.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 23. Mai 2024 22:49    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

Es muss eine physikalische Situation vorhanden sein, die tatsächlich einem mikroskopischen Messprozess entspricht. Bei einer photographischen Platte hat man z.B. eine lichtempfindliche Emulsion, die aus metastabilen Molekülen besteht, die unter dem Einfluss von Licht zerfallen.

Wegen der Metastabilität hat einfallendes Licht eine Symmetriebrechung zur Folge, die zufällige Zerfallsereignisse mit einer Rate proportional zur einfallenden Intensität produziert. Die korrekte Poissonverteilung für kohärent einfallendes Licht ergibt sich dabei aus der Quantennatur des Detektors. Die Natur der Lichtquelle ist unerheblich, da spielt nur deren Intensität (und eine Mindestfrequenz) eine Rolle.


Vielen Dank für die Antwort. Ich bin aber noch nicht sicher ob ich verstehe, wo in Ihrer Beschreibung der Kollaps stattfindet. In Ihrem Beispiel wären für mich das einfallende Licht das "Quantensystem" und die Photoplatte der "Detektor", an dem letztlich eine makroskopische Größe abgelesen wird. Wenn ich Sie richtig verstehe, beschreiben Sie das Zustandekommen dieser makroskopischen Größe (Konzentration der zerfallenen Moleküle o.ä.) am Detektor. Ich verstehe, dass in ihrem Beispiel die Quantennatur des Lichts gar keine Rolle spielt, sondern nur die des Detektors. Unter dem Kollaps habe ich nun aber immer gerade die Aussage verstanden, dass nach der Messung ein bestimmter Zustand des Quantensystems vorliegt, an dem gemessen wird (also in diesem Fall des einfallenden Lichts).

Man muss beachten, dass der Kollaps in einen Eigenzustand des gemessenen Systems nicht allgemeingültig ist. Dieser projektive Kollaps gilt zwar für den Kollaps, der beim Durchgang durch den Doppelspalt entsteht, aber nicht für den Kollaps am Detektor, wo das Photon verschwindet. Die korrekte Modellierung eines allgemeinen Kollapses ist als POVM, während der Kollaps auf einen Eigenzustand dem Spezialfall einer projektiven Messung entspricht, wo das POVM ein PVM ist. (Für die Begriffe siehe z.B. 'Quantum instrument' in der englischen Wikipedia.)

In Wirklichkeit misst man die Intensität des einfallenden Lichts, auf das der Detektor gemäss einem Poissonprozess reagiert. Im Bild von Photonen besteht hier der Kollaps darin, dass sich ein {0 oder 1}-Photonenzustand in einen definitiven 0-Photonenzustand verwandelt. Denn sehr schwaches Licht (wie man es im Doppelspaltexperiment braucht, damit das Muster erst allmählich entsteht) ist ein kohärenter Zustand, der eine Superposition des 0-Photonenzustands und des 1-Photonenzustands ist, wobei der Anteil des 1-Photonenzustands die Intensität liefert. (Alles bis auf Terme höherer Ordnung in der Intensität.)
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 23. Mai 2024 22:57    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Man kann ja auch mit vielen Freiheitsgraden unrealistische Annahmen machen, z.B. dass das Messgerät durch eine Wellenfunktion mit ~ Variablen beschrieben werde,

Ja. Es ist aus der statistischen Mechanik wohlbekannt, dass ein makroskopisches System nicht durch eine Wellenfunktion beschrieben werden kann, sondern durch eine Dichtematrix (auch statistischer Operator genannt), die eine dissipative, im wesentlichen hydrodynamischen Dynamik besitzt. Im Sinn der Dekohärenztheorie ist das die reduzierte Dichtematrix des makroskopischen Systems - das sich ja gar nicht von seiner Umgebung isolieren lässt, also immer dekohärent ist.


Aber auf dies und auf den Doppelspalt sollten Sie lieber im Thread über die Thermale Interpretation antworten....
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18307

Beitrag TomS Verfasst am: 24. Mai 2024 11:44    Titel: Re: Viele fiktive Welten Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Es kommen zwei Terme vor, die Sie willkürlich als zwei Messergebnisse interpretieren.

Warum willkürlich??

Das Subsystem "Messgerät" ist so konstruiert, dass es genau diese Basis und damit diese Zweige selektiert.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Nicht die Umgebung, sondern die durch H gegebene Dynamik. Genaugenommen hat man also 4 Welten, von denen sich zwei innerhalb sehr kurzer Zeit aus der globalen Welt verabschieden.

Sie haben recht.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Was die Welten sind, hängt ausserdem vom gemessenen System ab. Diese Welten sind also nicht objektive physikalische Objekte, sondern modellabhängige Ingredienten, die für jede Messsituation anders sind.


A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Kein gutes Zeichen für eine Ihterpretation, die Objektivität beansprucht....

Das liegt doch einfach an der Übersetzung von Mathematik in Umgangssprache.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
In den Dekohärenzformeln kommt gar kein Messergebnis vor, die Formeln gelten nämlich völlig unabhängig von einer Messung. Man hat eine Dichtematrix, die in der einselektierten Basis diagonal ist. Nicht mehr und nicht weniger. Egal, in welcher Basis man später misst.

Natürlich gilt die Dekohärenz immer, hier insbesondere im Falle einer Messung. Und warum bitteschön wollen Sie später messen? Es geht um genau die Einsektion und Dekohärenz im Zuge einer Messung.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Das heisst, der 'man' der da misst oder nicht misst, ist ausserhalb aller betrachteten Welten.

Nö. Warum?

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Damit de Witt Kosmologie machen kann, hat er die MWI aber als Interpretation betrachtet, in der kein Beobachter mehr gebraucht wird. (Ich habe sein Buch genau gelesen, kenne mich also aus.) Also muss in Ihren Verständnis von de Witt noch ein Wurm drin sein....

Ich habe de Witt nicht gelesen, ich weiß nur, dass er derjenige war, der den unsäglichen Begriff der vielen Welten geprägt hat.

Und natürlich braucht es Beobachter, die eine Messung durchführen und auswerten, nur dass sie eben keine im Bohrschen Sinne ausgezeichnete Rolle spielen, sondern dass es sich einfach um Subsysteme handelt, die im Sinne einer Wechselwirkung und Verschränkung an der Messung beteiligt sind.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Wenn das aber alles ist, dann sind alle diese Welten willkürlich hinzugefügter Schnickschnack ohne jegliche physikalische Relevanz.

Diese Welten sind noch nicht künstlich hinzugefügt, es sind genau die Zweige, die im Zuge der Dekohärenz entstehen. Wer fügt denn da etwas hinzu?

Umgekehrt wird ein Schuh daraus: wenn man eine dieser vielen Welten künstlich auswählt und alle anderen verwirft, dann muss man erklären, warum diese und keine andere.

Schauen Sie doch noch mal die beiden genannten Axiome an: diese wählen sicher keinen Zweig aus. Wie würden Sie diese denn geeignet ergänzen?

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
In diesen fiktiven Welten gibt es keine sinnvolle Dynamik, keine Bäume, keinen Sternhimmel, keine anderen Beobachter. Es passiert dort nichts.

Es passiert all das, was im Gesamtsystem gemäß der unitären Dynamik eben passiert.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Sie sind nur oberflächliches Blendwerk, das suggerieren soll, dass ein Verständnis da sei, das über die Dekohärenz hinausgeht.

Es geht überhaupt nicht darum, über die Dekohärenz hinauszugehen, es geht ausschließlich darum, die mathematische Struktur, die aus der Dekohärenz folgt – viele Zweige – und die offensichtlich nicht dem entspricht, was wir beobachten – ein Messergebnis, ein Zweig – vernünftig zu interpretieren.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Mathematisch garantiert sind nicht diese Welten, sondern die Diagonalblöcke in der reduzierten Dichtematrix und deren Partner in der Superposition der globalen Welt. Daraus Welten zu machen ist einfach eine gewaltige Übertreibung.

Hatte ich doch oben schon geschrieben, natürlich erscheint es uns als Zumutung, dies als zutreffende Repräsentation der tatsächlichen Realität, d.h. diese real existierenden Zweige zu akzeptieren.

Aber noch mal, das Ergebnis steht mathematisch da.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
… es also unmöglich ist, aus dieser Interpretation die Bornsche Regel herzuleiten.

Das ist in vielen Interpretationen unmöglich, auch wenn das Gegenteil behauptet. In dieser Interpretationen haben sich die Physiker wenigstens die Karten gelegt und wissen, dass die o.g. Axiome dazu nicht ausreichend sind.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 24. Mai 2024 12:43, insgesamt 3-mal bearbeitet
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