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Herleitung der Lorentz-Transformation
 
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Quantumdot
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Beitrag Quantumdot Verfasst am: 24. Apr 2024 01:37    Titel: Herleitung der Lorentz-Transformation Antworten mit Zitat

Ich lese häufig, dass man zur Herleitung der Lorentztransformation das Folgende postuliert

1. Die Raumzeit ist homogen
2. Der Raum ist isotrop
3. Es gilt das Relativitätsprinzip

Man beachte, dass hier noch nicht die Rede von der Lichtgeschwindigkeit als Grenzgeschwindigkeit ist.

Wir bewegen uns hierbei im Rahmen der SRT, d.h. die geometrische Bühne ist der Minkowski-Raum. Sind 1 und 2 nicht eine Folge der zugrundeliegenden Geometrie? Es gibt in der Mathematik den Begriff des "homogenen riemannschen Raums". Ein riemannscher Raum ist homogen, wenn es eine Isometriegruppe gibt, die transitiv auf diesen Raum wirkt. Beim Minkowski-Raum kann man diese Eigenschaft nachweisen (die Isometrie-Gruppe wird sich als die Poincaré-Gruppe herausstellen) und damit handelt es sich um einen homogenen riemannschen Raum. Diese mathematische Definition fasst meines Wissens nach die Begriffe homogen und isotrop zusammen. D.h. die Isotropie ist dort bereits inkludiert (und ich glaube die Boosts auch).
D.h. man muss das eigentlich gar nicht postulieren.
Ich würde die folgenden Postulate bevorzugen.

1. Die Raumzeitstruktur wird beschrieben als Minkowski-Raum
2. Es gilt das Relativitätsprinzip

Das Relativitätsprinzip macht eine Aussage über das Verhalten von Teilchen in dieser Raumzeit (während das erste Postulat sich ausschließlich auf die Geometrie bezieht und noch keinen Bezug zu Teilchen aufweise). Demnach bewegen sich Teilchen auf Trajektorien, die Lösung einer Gleichung sind, die symmetrisch bzgl der Isometriegruppe ist, d.h. die Gruppe bildet Lösungen auf Lösungen ab.

Ich würde noch als drittes Postulat hinzuziehen
3. Es gilt das Determinismusprinzip

Nach diesem Prinzip ist die Bewegung eines Teilchens vollständig durch die Angabe seiner Geschwindigkeit und seines Ortes vorherbestimmt. Das erzwingt, dass die Beschleunigung am Ort x eine Funktion des Ortes und der Geschwindigkeit sein muss, also etwa so d^2x/dt^2=f(x, dx/dt).
In Verbindung zu Postulat zwei reduziert sich das für ein 1-Teilchensystem auf
d^2x/dt^2=0

Erst für Systeme mit mehr als einem Teilchen wird es nicht trivial.

Das sollte ausreichen, um alles Weitere herzuleiten.

Ich würde mich über Feedback freuen. Habe ich einen Gedankenfehler oder kann man das so machen?

Kann man sich plausibel machen warum man es gerne hätte, dass die transitive Isometriegruppe gleichzeitig eine Symmetriegruppe der Bewegungsgleichung ist außer dass halt Experimente sowas nahelegen?
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 24. Apr 2024 09:33    Titel: Re: Herleitung der Lorentz-Transformation Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Man beachte, dass hier noch nicht die Rede von der Lichtgeschwindigkeit als Grenzgeschwindigkeit ist.


Das bedeutet, dass die Galilei-Transformation als Grenzfall enthalten ist.

Ich habe mal eine Herleitung gesehen, die auch auf Homogenität und Isotropie verzichtet hat. Das führt zu einer Art Möbiustransformation, die die Lorentz-Transformation als Spezialfall enthält.

Es kommt immer drauf an, was man will. Um am Ende bei der SRT zu landen, braucht man neben Homogenität und Isotropie beide Einsteinschen Postulate.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 24. Apr 2024 09:59    Titel: Re: Herleitung der Lorentz-Transformation Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Ich lese häufig, dass man zur Herleitung der Lorentztransformation das Folgende postuliert
1. Die Raumzeit ist homogen
2. Der Raum ist isotrop
3. Es gilt das Relativitätsprinzip

Ich würde die folgenden Postulate bevorzugen.
1. Die Raumzeitstruktur wird beschrieben als Minkowski-Raum
2. Es gilt das Relativitätsprinzip

Einstein musste ohne die Minkowski-Raumzeit auskommen, da ihm diese unbekannt war. Außerdem war er kein großer Fan von sehr mathematischen Argumentationen; er kam immer von der Physik her.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Quantumdot
Gast





Beitrag Quantumdot Verfasst am: 24. Apr 2024 10:08    Titel: Re: Herleitung der Lorentz-Transformation Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Einstein musste ohne die Minkowski-Raumzeit auskommen, da ihm diese unbekannt war. Außerdem war er kein großer Fan von sehr mathematischen Argumentationen; er kam immer von der Physik her.


Stimmst du mir denn zu, dass man es in der Nachbetrachtung so machen kann, dass man die geometrische Bühne als ein Postulat einführt bzw das Postulat ist dann, dass die jeweilige mathematische Struktur geeignet ist die physikalische Raumzeit (näherungsweise) zu beschreiben?
Und zusätzlich braucht man dann noch ein oder zwei Postulate, die Aussagen darüber treffen wie sich Teilchen in dieser Raumzeit verhalten. z.B. dass die transitive Isometriegruppe (hier die Poincaré-Gruppe) Lösungen auf Lösungen abbildet.

Anders als Einstein bin ich ein Fan von sehr mathematischen Darstellungen. Big Laugh
Ich bin auch der Meinung, dass sich die Grundlagen der Physik mit Prädikatenlogik und mathematischen Strukturen formulieren lassen.
Quantumdot
Gast





Beitrag Quantumdot Verfasst am: 24. Apr 2024 10:10    Titel: Re: Herleitung der Lorentz-Transformation Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Man beachte, dass hier noch nicht die Rede von der Lichtgeschwindigkeit als Grenzgeschwindigkeit ist.


Das bedeutet, dass die Galilei-Transformation als Grenzfall enthalten ist.


Ja die Galilei-Transformation ist einfach der Grenzwert, wenn man die Grenzgeschwindigkeit gegen unendlich laufen lässt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 24. Apr 2024 11:37    Titel: Re: Herleitung der Lorentz-Transformation Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Stimmst du mir denn zu, dass man es in der Nachbetrachtung so machen kann, dass man die geometrische Bühne als ein Postulat einführt bzw das Postulat ist dann, dass die jeweilige mathematische Struktur geeignet ist die physikalische Raumzeit (näherungsweise) zu beschreiben?

Ja, klar.

Die Invarianz unter Translationen führt übrigens auf die Poincaré-Gruppe.

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Und zusätzlich braucht man dann noch ein oder zwei Postulate, die Aussagen darüber treffen wie sich Teilchen in dieser Raumzeit verhalten. z.B. dass die transitive Isometriegruppe (hier die Poincaré-Gruppe) Lösungen auf Lösungen abbildet.

Ich denke, der weseniche Schritt ist die Konstruktion unitärer Darstellungen dieser Symmetrien auf dem Hilbertraum (Weyl, Wigner).

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 24. Apr 2024 11:47    Titel: Antworten mit Zitat

Siehe hier:

https://en.wikipedia.org/wiki/History_of_Lorentz_transformations
https://en.wikipedia.org/wiki/Wigner%27s_classification
Quantumdot
Gast





Beitrag Quantumdot Verfasst am: 26. Apr 2024 14:39    Titel: Re: Herleitung der Lorentz-Transformation Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich denke, der weseniche Schritt ist die Konstruktion unitärer Darstellungen dieser Symmetrien auf dem Hilbertraum (Weyl, Wigner).


Du hast da schon einen Schritt weitergedacht als ich.
Mir ging es erstmal nur um "klassische Materie", d.h. wie man Teilchen in der klassischen Physik darstellt.
Demnach ist für mich ein Teilchen ein Tupel
Dabei ist gamma eine Trajektorie, m eine positive reelle Zahl ( kann in der Relativitätstheorie auch null sein), und die q's sind Kopplungskonstanten an Wechselwirkungsfelder, auch Ladungen genannt. Diese können jede beliebige reelle Zahl annehmen.

In der klassischen Physik gibt es jetzt eine (Differential)Gleichung, welche diese Größen miteinander Verknüpft (entspricht etwa dem zweiten newtonschen Axiom). Das Standardproblem der klassischen Mechanik ist es dann das gamma zu finden welches diese Gleichung löst. Nun besagt das Relativitätsprinzip in dieser Darstellung, dass die Isometriegruppe der Raumzeit (ich betrachte jetzt mal der Einfachheit halber nur die newtonsche und die speziell relativistische Raumzeit), d.h. die Poincaré sich auf diese Gleichung überträgt. D.h. führe ich eine Poincaré Transformation auf Lösungen dieser Gleichung aus, erhalte ich wieder eine Lösung dieser Gleichung.

Meine Frage ist hierbei, ob es reine Empirie ist, dass die Isometrie-Gruppe der Raumzeit sich auf die Gleichung der Teilchen-Trajektorien überträgt oder dies logisch erzwungen wird.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 26. Apr 2024 15:45    Titel: Re: Herleitung der Lorentz-Transformation Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich denke, der wesentiche Schritt ist die Konstruktion unitärer Darstellungen dieser Symmetrien auf dem Hilbertraum (Weyl, Wigner).


Du hast da schon einen Schritt weitergedacht als ich.
Mir ging es erstmal nur um "klassische Materie", d.h. wie man Teilchen in der klassischen Physik darstellt.
Demnach ist für mich ein Teilchen ein Tupel
Dabei ist gamma eine Trajektorie, m eine positive reelle Zahl ( kann in der Relativitätstheorie auch null sein), und die q's sind Kopplungskonstanten an Wechselwirkungsfelder, auch Ladungen genannt. Diese können jede beliebige reelle Zahl annehmen.

In der klassischen Physik gibt es jetzt eine (Differential)Gleichung, welche diese Größen miteinander Verknüpft (entspricht etwa dem zweiten newtonschen Axiom). Das Standardproblem der klassischen Mechanik ist es dann das gamma zu finden welches diese Gleichung löst.

Also für die Vierergeschwindigkeit u als tangentialen Einheitsvektor an die Trajektorie gamma, bzw. für den Viererimpuls p=mu die Geodätengleichung (wie bei dir in einer flachen Raumzeit) plus einen Kraft-Term auf der rechten Seite



wobei F aus einer Lagrangefunktion folgt und vom Ort und der Geschwindigkeit abhängen kann.

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Nun besagt das Relativitätsprinzip in dieser Darstellung, dass die Isometriegruppe der Raumzeit (ich betrachte jetzt mal der Einfachheit halber nur die newtonsche und die speziell relativistische Raumzeit), d.h. die Poincaré sich auf diese Gleichung überträgt. D.h. führe ich eine Poincaré Transformation auf Lösungen dieser Gleichung aus, erhalte ich wieder eine Lösung dieser Gleichung.

Ja.







https://en.wikipedia.org/wiki/Poincar%C3%A9_group

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Meine Frage ist hierbei, ob es reine Empirie ist, dass die Isometrie-Gruppe der Raumzeit sich auf die Gleichung der Teilchen-Trajektorien überträgt oder dies logisch erzwungen wird.

Nur dass ich dich richtig verstehe:

Wäre dem nicht so, dann wäre (im kräftefreien Fall und für eine reine Lorentz-Transformation) für die Isometrie





die transformierte Trajektorie keine Lösung:



(was im kräftefreien Fall trivialerweise nicht korrekt ist, aber es geht ja um eine prinzipielle Frage)
Quantumdot
Gast





Beitrag Quantumdot Verfasst am: 26. Apr 2024 19:29    Titel: Re: Herleitung der Lorentz-Transformation Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Nur dass ich dich richtig verstehe:

Wäre dem nicht so, dann wäre (im kräftefreien Fall und für eine reine Lorentz-Transformation) für die Isometrie





die transformierte Trajektorie keine Lösung:



(was im kräftefreien Fall trivialerweise nicht korrekt ist, aber es geht ja um eine prinzipielle Frage)


Ja, also es wäre nicht notwendigerweise korrekt. Meine Frage ist nun, ob man sowas ohne Empirie ausschließen kann. Also ob es logisch oder mathematisch inkonsistent wäre sowas zu haben.
Ich finds erstmal nicht offensichtlich warum die Symmetrien der Raumzeitgeometrie sich auf die Gesetze der Teilchenbahnen 1 zu 1 so übertragen wie sie es nach dem Relativitätsprinzip machen.

Ist das etwas, das man akzeptieren muss, wie bspw die Vakuumlichtgeschwindigkeit als Grenzgeschwindigkeit oder gibt es da einen logischeren Zugang?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Apr 2024 00:17    Titel: Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Ja, also es wäre nicht notwendigerweise korrekt. Meine Frage ist nun, ob man sowas ohne Empirie ausschließen kann.

Die Empirie ist in der Physik natürlich immer das entscheidende Kriterium.

Dazu müssten wir z.B. physikalisch nachweisen, dass bestimmte Lösungen der Bewegungsgleichungen in der Realität nicht auftreten. D.h. im Laborexperiment würden bestimmte Anfangsbedingungen nicht auf die erwartete Wurfparabel führen, sondern auf etwas anderes.

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Also ob es logisch oder mathematisch inkonsistent wäre sowas zu haben.

In der Form, wie wir unsere Theorien formulieren, wäre es inkonsistent. Wir konstruieren eine Lagrangefunktion, die eine gewisse Symmetrie aufweist; diese überträgt sich aber automatisch auf die Bewegungsgleichungen und deren Lösungen. Man müsste also an diesem Konstruktionsmechanismus etwas ändern.

Wieso sollte ein rotierter Kepler-Orbit kein gültiger Orbit sein? Wie konstruierst du eine Theorie auf einer Raumzeit mit einer gewissen Symmetrie, wobei die Lösungen nicht unter diese Symmetrie transformieren?

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Ich finds erstmal nicht offensichtlich warum die Symmetrien der Raumzeitgeometrie sich auf die Gesetze der Teilchenbahnen 1 zu 1 so übertragen wie sie es nach dem Relativitätsprinzip machen.

Es geht nicht nur um das Relativitätsprinzip.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 27. Apr 2024 07:50, insgesamt einmal bearbeitet
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8583

Beitrag jh8979 Verfasst am: 27. Apr 2024 01:10    Titel: Antworten mit Zitat

Eine Lösung der Bewegungsgleichung ist eine Menge von Punkten in der Raumzeit. Wie können diese eine Symmetrie aufweisen, die die Gleichung selber nicht hat?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Apr 2024 07:56    Titel: Antworten mit Zitat

Ein Beispiel:

Im n-dim. euklidischen Raum lautet die Lagrange-Funktion des nicht-relativistischen freien Teilchens.



(r ist eine vektorielle Größe)

Daraus folgen die Bewegungsgleichungen und deren Lösungen





Galilei-Transformationen angewandt auf Lösungen liefern wieder Lösungen. Tatsächlich erhält man die Menge aller Lösungen als Orbit der Galilei-Gruppe. Das ist mit der ersten Gleichung unvermeidlich. Die Galilei-Gruppe ist die Symmetrie dieser Lagrange-Funktion, daher folgen auch die entsprechenden Erhaltungsgrößen Energie, Impuls und Drehimpuls.

Damit wir also im n-dim. euklidischen Raum, auf dem die Galilei-Gruppe eine Symmetrie darstellt, Lösungen bzw. eine Lösungsmenge erhalten, die ihrerseits nicht wie oben unter der Galilei-Gruppe transformieren, benötigen wir andere Bewegungsgleichungen. Entweder wir geben den Lagrange-Formalismus komplett auf, oder wir modifizieren die Lagrange-Funktion geeignet. Nun ist es jedoch so, dass die Eigenschaft, "die Menge aller Lösungen ist gerade der Orbit der Galilei-Gruppe" für alle Lagrange-Funktion gilt, die diese Symmetrie aufweisen; wir müssen die Symmetrie also brechen. Das gilt aber auch, wenn wir die Bewegungsgleichungen anders herleiten.

1. Eine Brechung geschieht z.B. dadurch, dass wir die Bewegung auf eine Kugeloberfläche mit Radius a beschränken, also



Nun haben wir die Invarianz unter Galilei-Transformation auf die Invarianz unter Rotationen reduziert; die Drehimpulse sind erhalten, die Menge aller Lösungen ist gerade der Orbit der Rotationsgruppe.

2. Eine andere Möglichkeit wäre, ein Zwei-Körper-Problem zu betrachten, in dem das Potential nicht alleine eine Funktion des Abstandes der beiden Körper ist, eine Richtung ausgezeichnet wird o.ä.

Beispiele wären anisotrope Zwei-Körper-Potentiale V(|s|), wobei e eine ausgezeichnete Richtung bezeichnet


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Quantumdot
Gast





Beitrag Quantumdot Verfasst am: 27. Apr 2024 10:18    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:


1. Eine Brechung geschieht z.B. dadurch, dass wir die Bewegung auf eine Kugeloberfläche mit Radius a beschränken, also



Nun haben wir die Invarianz unter Galilei-Transformation auf die Invarianz unter Rotationen reduziert; die Drehimpulse sind erhalten, die Menge aller Lösungen ist gerade der Orbit der Rotationsgruppe.

2. Eine andere Möglichkeit wäre, ein Zwei-Körper-Problem zu betrachten, in dem das Potential nicht alleine eine Funktion des Abstandes der beiden Körper ist, eine Richtung ausgezeichnet wird o.ä.

Beispiele wären anisotrope Zwei-Körper-Potentiale V(|s|), wobei e eine ausgezeichnete Richtung bezeichnet



Solche Situationen mit Symmetriebrechungen treten doch tatsächlich auf, wenn man offene Systeme betrachtet oder? Offene Systeme sind immer unvollständige Beschreibungen. Man hat bspw ein externes Kraftfeld und macht sich keine weiteren Gedanken darüber was dieses Kraftfeld erzeugt. Soweit ich weiß, kann es kein Lagrangian für ein abgeschlossenes System geben, der nicht die Raumzeitsymmetrien aufweist und das muss man aufgrund von Empirie postulieren oder?
In effektiven Beschreibungen können aber Symmetrien gebrochen werden und solche Lagrangians auftreten wie du sie angegeben hast. So jedenfalls mein Verständnis
Quantumdot
Gast





Beitrag Quantumdot Verfasst am: 27. Apr 2024 10:21    Titel: Antworten mit Zitat

Im Falle der Einschränkung der Bewegung auf eine Kugeloberfläche, verwendet man auch eine effektive unvollständige Beschreibung. Denn was verursacht die Einschränkung der Bewegung auf die Kugeloberfläche? Das ist das Resultat von Kraftfeldern anderer Teilchen, die man explizit nicht in die Berechnung mit einbezieht, sondern stattdessen effektiv als Zwangsbedingung einführt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Apr 2024 11:05    Titel: Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Soweit ich weiß, kann es kein Lagrangian für ein abgeschlossenes System geben, der nicht die Raumzeitsymmetrien aufweist …

Nein.

Warum? Mathematisch kann ich irgendwas hinschreiben.

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
… und das muss man aufgrund von Empirie postulieren oder?

Ja.

Letztlich gibt uns der Erfolg recht, dass die abstrakten Prinzipien der kleinsten Wirkung sowie der Raumzeit- plus innerer Symmetrien funktieren, d.h. auf Theorien führen, aus denen empirisch überprüfbare und insbs. zutreffende Vorhersagen folgen.

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
In effektiven Beschreibungen können aber Symmetrien gebrochen werden und solche Lagrangians auftreten wie du sie angegeben hast. So jedenfalls mein Verständnis

Ja.

Ein einfaches Beispiel wäre ein Potential zweier Körper, wobei einer unendlich schwer und deswegen ortsfest ist.

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
Im Falle der Einschränkung der Bewegung auf eine Kugeloberfläche, verwendet man auch eine effektive unvollständige Beschreibung. Denn was verursacht die Einschränkung der Bewegung auf die Kugeloberfläche? Das ist das Resultat von Kraftfeldern anderer Teilchen, die man explizit nicht in die Berechnung mit einbezieht, sondern stattdessen effektiv als Zwangsbedingung einführt.

Jein.

In der Praxis wäre das so. Ich habe das aber bewusst offengelassen, da ich einfach zeigen wollte, dass man zwingend eine derartige Symmetriebrechung bzw. -reduzierung benötigt. Dabei war mir zunächst egal, woher diese stammen könnte.

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Quantumdot
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Beitrag Quantumdot Verfasst am: 27. Apr 2024 13:14    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

In der Praxis wäre das so. Ich habe das aber bewusst offengelassen, da ich einfach zeigen wollte, dass man zwingend eine derartige Symmetriebrechung bzw. -reduzierung benötigt. Dabei war mir zunächst egal, woher diese stammen könnte.


Letztlich ist es aber auch nur Ausdruck einer unvollständigen Beschreibung.
Klassischer Anwendungsfall ist das Fadenpendel.
Der Lagrangian

hat offenbar keine Translationssymmetrie.
Die Bewegung unterliegt einer Zwangsbedingung, die implizit in der Wahl der generalisierten Koordinate phi versteckt ist. Diese Einschränkung resultiert in der Aufhängung des Fadenpendels. An dieser Aufhängung samt Faden sind Teilchen mit ihren Wechselwirkungen beteiligt, die man für die praktische Berechnung ignoriert. Bezieht man all das mit ein, erhält man einen komplizierteren Lagrangian, der aber wieder eine Translationssymmetrie aufweist. Der Symmetriebruch ist lediglich das Resultat einer unvollständigen Beschreibung.
Deswegen verstehe ich das Jein nicht. Mir fällt keine Situation ein in der die von dir offen gelassene Ursache für die Einschränkung der Bewegung woanders herkommen könnte.
Quantumdot
Gast





Beitrag Quantumdot Verfasst am: 27. Apr 2024 13:16    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hatte noch vergessen zu erwähnen, dass im Falle des Fadenpendels zusätzlich noch mit reinspielt, dass die gravitative Wechselwirkung der Teilchen der Erde effektiv als homogenes Feld modelliert werden, was auch Teil der unvollständigen Beschreibung ist.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18117

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Apr 2024 13:44    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bestreite nicht, dass es sich bei den genannten (tatsächlich bei beliebigen?) Systemen um genau diese Ursache für die Symmetriebrechung handelt; ich wollte das lediglich nicht thematisieren.

Meine Argumentation war einfach: wenn die Menge aller Lösungen einer Bewegungsgleichung nicht eine gewisse Symmetrie aufweisen soll, wenn also nicht alle Transformationen Lösungen in Lösungen überführen sollen, dann muss ich diese Symmetrie reduzieren, brechen, oder von Beginn an vermeiden.

Dazu wollte ich lediglich Beispiele anführen, in denen die Symmetrie der Bewegungsgleichung nicht der Symmetrie der Raumzeit entspricht; es ging mir nicht darum, zu erklären wieso dies der Fall ist.

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