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Wasserdichtigkeit von Uhren - dynamischer Druck
 
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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18199

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Sep 2019 12:34    Titel: Wasserdichtigkeit von Uhren - dynamischer Druck Antworten mit Zitat

Beim Wassersport gilt der Gesamtdruck



wobei die Terme für den Oberflächendruck (ca. 1 bar), den Druck der Wassersäule sowie den hydrodynamischen Druck stehen.

Letzterer ist für laminare Anströmungen mit der Strömungsgeschwindigkeit v leicht zu berechnen und für "normale" Bewegungen beim Schwimmen oder Tauchen sicher klein gegen die beiden ersten Terme. Der hydrodynamischen Druck wächst jedoch quadratisch mit der Strömungsgeschwindigkeit v.

Die Frage ist, ob jemand eine Quelle, Messungen, Werte ... für lokale Geschwindigkeits- oder Druckprofile bei turbulente Strömungen kennt - z.B. beim Bauchplatscher, zu flachen Eintauchen eines Turmspringers, dem Sturz von einem Jetski o.ä.?

Letztlich geht es um eine Sicherheitsreserve bei Taucheruhren: Taucher "denken" in Tauchtiefe, aber die Physik und die Normen halten sich an die herrschenden Drücke; Normen für Uhren gehen dabei m.W.n. von statischen Szenarien aus.

Die Frage ist, welche lokalen Gesamtdrücke / Druckspitzen bei typischen Wassersportarten auftreten können.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Frankx



Anmeldungsdatum: 04.03.2015
Beiträge: 985

Beitrag Frankx Verfasst am: 03. Sep 2019 17:47    Titel: Antworten mit Zitat

Meines Wissens sind die Angaben WR 50m, 100m, 200m, keineswegs so zu verstehen, dass dies den realen zulässigen Tauchtiefen entspricht.

Als normaler Sporttaucher bewegt man sich bis ca. 40m Wassertiefe. Eine Uhr mit der Angabe WR 50m ist dennoch dafür nicht geeignet. Die kann man zum Schwimmen und Duschen nehmen.

Für Schnorcheln reicht WR 100m und zum richtigen Tauchen ab WR 200m.

Wenn mir jemand eine Uhr mit WR 50m zeigt, frage ich immer: 50m tief oder weit?


.
franz



Anmeldungsdatum: 04.04.2009
Beiträge: 11583

Beitrag franz Verfasst am: 03. Sep 2019 21:23    Titel: Re: Wasserdichtigkeit von Uhren - dynamischer Druck Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Letztlich geht es um eine Sicherheitsreserve bei Taucheruhren

Brutale Frage: Lohnt sich dieser Aufwand für klassische Taucheruhren überhaupt noch (wiki spricht von eher modischen Accessoires und Luxusobjekten)?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18199

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Sep 2019 22:02    Titel: Antworten mit Zitat

Frankx hat Folgendes geschrieben:
Meines Wissens sind die Angaben WR 50m, 100m, 200m, keineswegs so zu verstehen, dass dies den realen zulässigen Tauchtiefen entspricht.

Gemäß Norm wird der Druck angegeben, die Tauchtiefe dient nur zur Orientierung.

franz hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Letztlich geht es um eine Sicherheitsreserve bei Taucheruhren

Brutale Frage: Lohnt sich dieser Aufwand für klassische Taucheruhren überhaupt noch?

Für Nerds? Ja?

Ernsthaft: es geht um die physikalische Frage insbs. nach den Druckspitzen z.B. beim Sprung vom 3-Meter-Brett.

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Nescio



Anmeldungsdatum: 05.12.2015
Beiträge: 279

Beitrag Nescio Verfasst am: 04. Sep 2019 13:37    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn es dir um die Druckspitzen beim Auftreffen auf eine Wasseroberfläche geht, dann ist die oben genannte Bernoulli-Gleichung ungeeignet, da diese nur im stationären Zustand gilt. Der Einschlag ins Wasser ist nicht stationär und durch die Trägheit des zu verdrängenden Wassers wird der maximale Druck deutlich höher sein. Alternativ könnte man wohl die Navier-Stokes-Gleichungen verwenden, aber dort gibt es keine einfache analytische Lösung.

In der Literatur findet man jedoch, dass der maximale Einschlagsdruck dem Wasserhammerdruck

entspricht. Dabei ist die Dichte, c die Schallgeschwindigkeit und v die Einschlagsgeschwindigkeit.
Z.B. im Preview dieses Artikels findet man diese Information. Leider habe ich keinen Open-Access Artikel mit dem selben Inhalt gefunden, aber vielleicht lässt sich mit der Information über den Wasserhammerdruck mehr auffinden.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18199

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Sep 2019 23:04    Titel: Antworten mit Zitat

Nescio hat Folgendes geschrieben:

In der Literatur findet man jedoch, dass der maximale Einschlagsdruck dem Wasserhammerdruck



entspricht.

Super, danke für diesen Hinweis.

Leider gilt die von dir genannte Gleichung m.W.n. nur für offene, ideal steife Rohre, die instantan an einer Stelle geschlossen werden, wodurch das Wasser nicht ausweichen kann.

Zurück zu Bauchplatschern oder Uhren ...

Ein vernünftiges Szenario wäre, dass ein Körper der Masse m mit flacher oder kugelförmiger Oberfläche auf eine unendlich ausgedehnte Wasseroberfläche auftrifft und das Wasser teilweise verdrängt. Dadurch reduziert sich der Druckstoß, dem der Körper ausgesetzt ist, im Vergleich zum maximalen Druckstoß nach Joukowsky.

Kennst du dafür eine Gleichung? Oder Literatur?

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Nescio



Anmeldungsdatum: 05.12.2015
Beiträge: 279

Beitrag Nescio Verfasst am: 05. Sep 2019 00:06    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
The pressure developed in the high-speed impact between a liquid and a solid surface is of interest in connection with [...] and the entry of blunt missiles or other projectiles into water. In this type of impact compressibility phenomena rather than flow phenomena initially predominate in the liquid, and the maximum impact pressures developed are equal or related to "the water-hammer pressure" ...

Das ist aus der Einleitung des Artikels. Ich hatte bei meiner Suche auch andere Quellen gefunden, in denen es um das Auftreffen von Flüssigkeitstropfen auf feste Oberflächen ging. Dort ist ebenfalls der Wasserhammerdruck aufgetaucht, z.B. hier. Dort könnte die Flüssigkeit ebenfalls zur Seite ausweichen. Die Gleichung gilt also nach meinem Verständnis nicht nur für Rohre die geschlossen sind.

Mal eine ganz andere Frage: Wenn der für die Uhr angegebene Druck nur sehr kurzzeitig deutlich überschritten wird, sind dann überhaupt Beschädigungen zu erwarten? Die Angabe geht ja offenbar von Druckwirkung über längere Zeiten aus. Meiner Meinung nach könnten sehr kurzzeitige Druckspitzen ja ganz andere Auswirkungen haben als längere.

Edit: Vielleicht könnte das hier etwas sein, ab Kapitel 3.1 schien es interessant zu werden. Hab aber nicht alles gelesen.


Zuletzt bearbeitet von Nescio am 05. Sep 2019 00:36, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18199

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Sep 2019 00:33    Titel: Antworten mit Zitat

Aber die Einleitung besagt doch auch, dass darüber keine Einigkeit besteht oder bestand ...

Der Punkt ist, dass - wenn man die in der Gleichung relevante Geschwindigkeit v mit der Eintauchgeschwindigkeit gleichsetzt - man unrealistisch hohe Drücke erhält. Probier’s doch mal mal für die Fallhöhe h mit



sowie



aus. 200 bar für einen Fall aus 10 m Höhe ...

Ein weiterer Punkt ist der Vergleich einer unendlich ausgedehnten Platte mit einem kleineren Gegenstand. Im Falle der Platte kann die inkompressible Flüssigkeit nicht ausweichen und der Druck muss maximal sein. Im Falle eines kleineren (ggf. stromlinienförmigen) Gegenstandes kann die Flüssigkeit (leichter) ausweichen, der Druck sollte sich reduzieren.

Ein dritter Punkt ist folgende Betrachtung: wenn verschiedene Gegenstände beim Fall in die Flüssigkeit kontinuierlich jedoch unterschiedlich von v auf Null abgebremst werden, kann im Moment des Aufpralls nicht v alleine maßgebend sein.

Es muss einen geometrischen Faktor geben (der kann in Spezialfällen auch Eins sein)

Zu deiner anderen Frage: ich diskutiere das gerade mit ein paar Uhren-Enthusiasten. Viel wichtiger als die von dir genannten Punkte sind persönliche Erfahrungen, Hörensagen, Rolex Submariner vs. Omega Seamaster ... Im Ernst: das Thema Tauchen ist inzwischen klar; dominierend ist der statische Druck, alles weitere wird von den Sicherheitsreserven der Hersteller abgefangen. Das Thema Wasserspringen ist noch offen, da die Herstellerangaben hier unvollständig oder uneinheitlich bis widersprüchlich sind bzw. keine Tests vorliegen, und da die Normen diesbzgl. nichts sagen.

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Duke711



Anmeldungsdatum: 26.01.2017
Beiträge: 434

Beitrag Duke711 Verfasst am: 05. Sep 2019 00:42    Titel: Antworten mit Zitat

Wäre mir neu das eine Beschädigung vor einer Zeitverzögerung halt macht. Im günstigen Fall wird das Gehäuse einfach nur plastisch verformt, im ungünstigen Fall bilden sich Risse.

Ich sehe zwar keinen Sinn in der Aufgabe, der Organismus ist ja nicht wirklich stabil, auf jeden Fall labiler als ein Metallgehäuse und von daher können beim einem unbedenklichen Sprung in das Fluid keine für das Uhrengehäuse bedenkliche Kräfte auftreten.

Ihr sucht tatsächlich nach einer geschlossenen Lösung bzw. Gleichung? Das kann nicht euer ernst sein. Empirische Gleichungen und Polynome mag es unzählige geben, sind aber doch alle an den experimentellen Koresett beschränkt.

Ich kann dazu gerne meinen Computer Fragen, der kennt die Antwort. Falls Ihr euch etwas in Matlab einarbeiten und z.B. eine Algorithmus modifizieren wollt. Der aus einen vorgegebenen Rundkurs die ideale Fahrlinie mit der kürzesten Rundenzeit ermittelt. Wäre doch eine spannende Frage für das Forum.
Literatur bezüglich Matalb ist bei Bedarf ausreichend vorhanden.

Dann kann ich für Euch gerne ein entsprechendes Modell erstellen, wie gesagt, der Computer kennt die Antwort und vorallem wie viele Sprünge maximal erlaubt sein dürfen. Denn auch die Anzahl der Sprünge spielt eine entscheidene Rolle.
Und ja dieser Vorschlag ist durchaus ernst gemeint.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18199

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Sep 2019 00:49    Titel: Antworten mit Zitat

Der schwache Punkt bei einer Uhr ist nicht das Gehäuse, eher das Glas und die Dichtungen, evtl. die Krone.

Zunächst geht es nicht um die eigtl. Zerstörung sondern ausschließlich um den zu erwartenden Druckstoß beim Eintauchen, d.h. um das zeitabhängige Druckprofil um den eintauchenden Körper (unendliche Platte, Kugel, Zylinder).

Im einfachen Fall der Rohrleitungen siehe hier:

https://en.m.wikipedia.org/wiki/Water_hammer
https://en.m.wikipedia.org/wiki/Water_hammer#/media/File%3AWater_hammer_pressure.jpg

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Nescio



Anmeldungsdatum: 05.12.2015
Beiträge: 279

Beitrag Nescio Verfasst am: 05. Sep 2019 01:00    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hatte im Edit meines vorherigen Posts noch eine Quelle hinzugefügt, die ebenfalls behauptet, dass "Skalak and Feit (1966) obtained the same result for the impact of a rigid solid with a plane liquid surface by using retarded potentials." (Gemeint ist der Wasserhammerdruck)

Zitat:
wenn man die in der Gleichung relevante Geschwindigkeit v mit der Eintauchgeschwindigkeit gleichsetzt - man unrealistisch hohe Drücke erhält. Probier’s doch mal mal für die Fallhöhe h mit

Ich weiß, das habe ich ebenfalls probiert. Aber IMO sind diese Drücke nicht unrealistisch, wenn dieser Druck nur für einen Zeitraum von Milli- oder sogar Nanosekunden wirkt. Jedenfalls wäre das für mich nicht offensichtlich.

Zitat:
Es muss einen geometrischen Faktor geben (der kann in Spezialfällen auch Eins sein)

Richtig es gibt da scheinbar Vorfaktoren, welche jedoch in der Größenordnung von 1 liegen. Jedenfalls habe ich das bisher herausgelesen.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Zu deiner anderen Frage: ich diskutiere das gerade mit ein paar Uhren-Enthusiasten. Viel wichtiger als die von dir genannten Punkte sind persönliche Erfahrungen, Hörensagen, Rolex Submariner vs. Omega Seamaster ...

Soso, Hörensagen ist also viel Wichtiger als die von mir genannten Punkte... Big Laugh

TomS hat Folgendes geschrieben:

Das Thema Wasserspringen ist noch offen, da die Herstellerangaben hier unvollständig oder uneinheitlich bis widersprüchlich sind bzw. keine Tests vorliegen, und da die Normen diesbzgl. nichts sagen.

Selbst wenn die Drücke von 200 bar stimmen, aufgrund des kurzen Zeitraums kann sich das Material ja auch elastisch verformen und anschließend in die ursprüngliche Form zurückkehren. Wenn Schallwellen durch das Material wandern tut es ja auch nicht anderes. Ob kurzzeitige Drücke die Uhr beschädigen können oder nicht ist dehalb für mich völlig unklar.
Nescio



Anmeldungsdatum: 05.12.2015
Beiträge: 279

Beitrag Nescio Verfasst am: 05. Sep 2019 01:16    Titel: Antworten mit Zitat

Duke711 hat Folgendes geschrieben:

Ich kann dazu gerne meinen Computer Fragen, der kennt die Antwort.

Ich habe hier ganz einfach kein fertiges Simulationsprogramm für Fluiddynamik herumliegen und habe auch keine Erfahrung damit. Und die Belastung des Materials der Uhr müsste es auch berechnen. Wenn du sowas hast dann tu es. Spotten kann ja jeder.
Duke711



Anmeldungsdatum: 26.01.2017
Beiträge: 434

Beitrag Duke711 Verfasst am: 05. Sep 2019 03:05    Titel: Antworten mit Zitat

Nescio hat Folgendes geschrieben:
Duke711 hat Folgendes geschrieben:

Ich kann dazu gerne meinen Computer Fragen, der kennt die Antwort.

Ich habe hier ganz einfach kein fertiges Simulationsprogramm für Fluiddynamik herumliegen und habe auch keine Erfahrung damit. Und die Belastung des Materials der Uhr müsste es auch berechnen. Wenn du sowas hast dann tu es. Spotten kann ja jeder.


Warum sollte ich das tun, schon mal überlegt das dies einen gewissen Arbeitsaufwand und Energiekosten in Anspruch nimmt ?

Von sozialer Gemeinschaft noch wie was gehört, vielleicht solltest Du noch mal meine unsprüngliche Antwort durchlesen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18199

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Sep 2019 09:56    Titel: Antworten mit Zitat

@Nescio: danke, deine Hinweise haben mir sehr geholfen.

Wie immer muss man nur wissen, nach was man suchen soll. Im vorliegenden Fall handelt es sich um das sogenannte Water Entry Problem. Man findet für einfache Geometrien in führender Ordnung Lösungen in Form von Integralen bzw. spezieller Funktionen.

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Nescio



Anmeldungsdatum: 05.12.2015
Beiträge: 279

Beitrag Nescio Verfasst am: 05. Sep 2019 12:39    Titel: Antworten mit Zitat

@Duke711 Dann habe ich dich wohl wirklich falsch verstanden. Ich hatte gedacht deine Antwort wäre sarkastisch gemeint gewesen.

@TomS Sehr gut. In der Tat, die richtigen Schlüsselwörter muss man kennen.
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